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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK-Folge vom 1. Juli 2015

Hier ist die BPK-Folge von heute: Die kürzeste aller bisherigen Zeiten. Es waren nur eine Handvoll Kollegen da und die Fragen an unsere Bundesregierung​ sind wohl schon im Sommerurlaub…
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Naive Fragen zur BND-„Aufklärung“ (2:35 – 9:00 min)
– Herr Seibert, ich wollte zur sogenannten BND-Aufklärung kommen: Warum hat man sich im Kanzleramt für Kurt Graulich als Sonderermittler entschieden?
– Ich habe erst einmal eine Lernfrage, Herr Seibert: Aus welchem Topf wird Herr Graulich bezahlt werden? Kommt das aus dem Bundestagshaushalt oder dem des Kanzleramtes? Wissen Sie das?
– Ich habe noch eine Frage zu Ihren Abwägungen: Welchen konkreten Völkerrechtsbruch befürchtet das Kanzleramt beim Einblick in die Selektoren-Liste durch Kontrolleure, die dafür grundgesetzlich zuständig sind?
– Herr Schäfer, Sie haben ja für das Kanzleramt diese völkerrechtliche Frage geprüft. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass es keine völkerrechtlichen Probleme gäbe. Wissen Sie im Auswärtigen Amt, welchen konkreten Völkerrechtsbruch das Kanzleramt befürchtet?
– Herr Schäfer, ich verstehe es einfach nicht: Sie prüfen für das Kanzleramt die völkerrechtlichen Probleme, sagen hier in der Bundespressekonferenz, dass es völkerrechtlich keine Probleme gäbe, wenn die Selektoren-Liste an die Parlamentarier gegeben werden würde, Herr Seibert sagt jetzt, es gebe Befürchtungen, dass es einen Völkerrechtsbruch geben könnte, und Sie können jetzt nicht sagen, warum.

Ehe für alle (9:00 – 10:00 min)
– Herr Seibert, mich würde interessieren, wie die Kanzlerin auf die Entscheidung des amerikanischen Supreme Court reagiert hat, die Ehe für alle landesweit zu legalisieren.
– Führt das denn zu neuen Überlegungen, die Ehe für alle hier in Deutschland auch möglich zu machen?

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Vollständiges BPK-Transkript vom 1. Juli 2015:

STS SEIBERT: In der Kabinettssitzung ging es heute um den Haushalt bzw. die Haushaltsaufstellung 2016 und den Finanzplan des Bundes bis 2019. Weil der Finanzminister schon ausführlich darüber berichtet hat, werde ich mich auf einige wenige Punkte beschränken. Anwesend im Kabinett wie immer, wenn es um das Thema Haushalt geht waren heute auch der Bundesbankpräsident und die vizepräsidentin.

Nur noch einmal die wichtigsten Punkte: Die Bundesregierung setzt ihre verantwortungsvolle und erfolgreiche Haushaltspolitik der vergangenen Jahre mit diesem Regierungsentwurf des Haushalts 2016 und des Finanzplans bis 2019 fort. Wichtige Wegmarken der letzten Jahre waren der Haushalt 2014, der erstmals ohne neue Kredite ausgeglichen werden konnte und dann der Haushalt 2015, der schon erstmals in der Aufstellung ohne Neuverschuldung aufkam. Diese Entwicklung führt der Regierungsentwurf für 2016 und den Finanzplan bis 2019 fort, und zwar nachhaltig abgesichert. Das vorrangige Ziel Haushaltsausgleich ohne Neuverschuldung ermöglicht es uns außerdem, weiter in die Politikfelder der Zukunft zu investieren.

Der Bund leistet so einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Maastricht-Schuldenstandsquote. Wir haben ja seit 2013 eine kontinuierliche Rückführung dieser Quote. Das Ziel der Bundesregierung ist, diese Schuldenstandsquote bis Ende 2016 auf unter 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. Damit würde sich Deutschland dann wieder dem Maastricht-Referenzwert von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts annähern.

Diese erfolgreiche Sanierung des Bundeshaushalts ist das Ergebnis einer klugen und wachstumsorientierten Konsolidierungspolitik, die gleichzeitig wichtige Akzente in den zentralen Politikbereichen und den Zukunftsbereichen der Politik setzt. Ich will nur kurze Elemente davon erwähnen. Eines dieser Elemente sind die wichtigen Zukunftsinvestitionen im 10-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm für die Jahre 2016 bis 2018. Gegenüber dem Soll 2015 steigen die Investitionen mit diesem Regierungsentwurf um 14,6 Prozent, also fast 4 Milliarden Euro.

Wir setzen auch die Umsetzung des Koalitionsvertrages in dem Sinne fort, dass wir die finanziell prioritären Maßnahmen weiter umsetzen, mit einem Gesamtvolumen von mehr als 23 Milliarden Euro für die gesamte Legislaturperiode. Das sind Mittel, die schwerpunktmäßig in die Bereiche Bildung und Forschung, Entlastung der Länder und Kommunen, öffentliche Verkehrsinfrastruktur und Entwicklungszusammenarbeit fließen.

Kurz zusammengefasst: Das ist erneut ein Haushalt, der gut ist für unser Land, gut ist für die Bürger und vor allem auch gut ist für künftige Generationen in Deutschland.

Das wäre heute mein Bericht aus dem Kabinett.

DR. SCHÄFER: Der Außenminister ist in den letzten Tagen bereits mehrfach in Wien gewesen; das wird Ihnen nicht entgangen sein. Da geht es ihm darum, im Rahmen der E3+3 jetzt eine abschließende Lösung mit dem Iran über das iranische Atomprogramm zu finden. Er reist heute Abend allerdings schon wieder ab und wird morgen Früh einen Termin in Wien wahrnehmen, der mit dem iranischen Atomprogramm nichts zu tun hat: Er wird morgen die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa besuchen und dort eine Rede vor dem Ständigen Rat der OSZE halten.

Ich erzähle Ihnen vielleicht nur in ein paar Takten etwas zum Hintergrund dieses Besuches und seiner Rede. Sie wissen vielleicht, dass Deutschland sich entschieden hat, im Jahre 2016 den Vorsitz in der OSZE zu übernehmen. Gerade vor dem Hintergrund der Bemühungen der OSZE und des Anteils der OSZE an einer Überwindung und Beilegung der Ukraine-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig auch heutzutage noch die OSZE als ein verbindendes Forum für Dialog und Zusammenarbeit, für Vertrauensbildung und Rechtsstaatlichkeit in Europa ist. Herr Steinmeier misst dem deutschen Engagement in der OSZE einen hohen Stellenwert ein. Das ist auch der Grund, aus dem die Bundesregierung sich dazu entschieden hat, im Jahre 2016 den Vorsitz in der OSZE zu übernehmen.

In seiner Rede wird Herr Steinmeier skizzieren, in welchen Feldern er als deutscher Vorsitz besondere Akzente setzen möchte und wie wir mit unseren OSZE-Partnern gemeinsam die OSZE stärken können. Er wird am Rande seines Besuches auch mit hochrangigen Vertretern der OSZE sprechen. Er wird dort die Rede halten; die ist presseöffentlich im Livestream der OSZE einsehbar. Im Anschluss wahrscheinlich gegen 11.30 Uhr wird er auch für eine Pressekonferenz zur Verfügung stehen.

FRAGE DR. DELFS: Ich habe eine Frage zu Griechenland an Herrn Seibert und Frau Tiesenhausen. Es gibt Berichte, dass die Kanzlerin am Montagabend bei der SPD-Fraktion unter anderem auch davon geredet habe, dass sie bereit wäre, Griechenland eine Schuldenerleichterung und auch eine Überführung von Verbindlichkeiten gegenüber der EZB zum ESM zu gewähren. Zur selben Zeit hat der Finanzminister die Unionsfraktionen unterrichtet und hat diese beiden Punkte nicht genannt. Jetzt ist meine Frage: Sind das zwei unterschiedliche Positionen, die die beiden dort einnehmen? Können Sie noch einmal kurz darstellen, was jetzt genau die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage ist?

STS SEIBERT: Ich berichte grundsätzlich nicht aus internen Sitzungen der Fraktionen, das wissen Sie. Noch einmal grundsätzlich will ich sagen, dass Sie gar keine unterschiedliche Position zwischen dem Bundesfinanzminister und der Bundeskanzlerin in Sachen Griechenland finden oder entdecken werden.

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Dem habe ich nichts hinzuzufügen, Herr Delfs.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Das ist jetzt erstaunlich. Herr Seibert, dann möchte ich noch einmal konkret nachfragen: Ist die Position der Kanzlerin tatsächlich, dass sie Griechenland eine Schuldenerleichterung und auch diese Übertragung der Verbindlichkeiten in den ESM angeboten hat? Stimmt das?

STS SEIBERT: Das ist doch etwas, was kein einzelner Regierungschef je anbieten könnte. Die Eurozone hat immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie willens und in der Lage ist, erforderliche Maßnahmen zur Finanzierung Griechenlands und zur Sicherung der Schuldentragfähigkeit zu ergreifen. Aber Voraussetzung dafür war natürlich immer die Umsetzung der gemeinsam vereinbarten Programme. Die Konditionalität ist etwas, das zwischen Griechenland und den Institutionen besprochen werden muss, und dann ist in der Eurogruppe über Maßnahmen zur Sicherung der Schuldentragfähigkeit zu reden. Es gibt ganz klare Regeln, was innerhalb des ESM und nun befinden wir uns ja dann für die Zukunft, nachdem das zweite Hilfsprogramm ausgelaufen ist, im Geltungsbereich des ESM überhaupt denkbar ist und was nicht. Darüber wird dann vielleicht zur gegebenen Zeit gesprochen werden müssen. Ich verweise wirklich noch einmal auf die Ansprache der Bundeskanzlerin heute im Bundestag, die sich ja sehr ausführlich zum Thema Griechenland geäußert hat und damit eigentlich für heute zu diesem Thema alles gesagt hat.

FRAGE VALASSOPOULOS: Herr Seibert, Herr Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat heute in einem Interview behauptet, die Austeritätspolitik der Bundesregierung sei gescheitert, es habe viel zu viel Druck auf Griechenland gegeben. Griechenland braucht Reformen, das ist klar, aber der Druck war zu hoch. Auch wenn Griechenland viele Fehler gemacht hat: Irland wird von Ihnen ja immer als gutes Beispiel genannt.

(das Mobiltelefon des Fragestellers klingelt)

Entschuldigung.

VORS. DETJEN: Kurzer Anruf von Piräus.

ZUSATZ VALASSOPOULOS: Ja, dort hält Herr Tsipras gerade eine Fernsehansprache.

STS SEIBERT: Das ist jedenfalls ein schöner Klingelton, der uns in Sommerferienstimmung versetzt wo wir noch nicht ganz angekommen sind.

ZUSATZ VALASSOPOULOS: Wir haben dieses Jahr kein Geld für Ferien; mit geschlossenen Banken ist das ja so.

STS SEIBERT: Und wir sind noch nicht so weit.

FRAGE VALASSOPOULOS: Wenn Irland mit seinem Austeritätsprogramm ein gutes Beispiel ist und die Zahlen in Irland und Portugal so viel besser sind als in Griechenland, wie kann es dann sein, dass die Krankenhäuser in Dublin, in Cork und in Lissabon in einer schrecklichen Situation sind und Parteien wie Sinn Féin deren Wahlergebnis von 4 Prozent auf jetzt 26 Prozent gestiegen ist so viel Zuspruch bekommen? Ist es nur Monetarismus, den wir in der Europäischen Union suchen?

STS SEIBERT: Ich sehe mich überhaupt nicht in der Lage, jetzt mit Ihnen über den Zustand der Krankenhäuser in Cork, Dublin, Lissabon oder sonst wo zu diskutieren. Ich verweise noch einmal auf die Rede, die die Bundeskanzlerin heute im Bundestag eigentlich ja erst vor einer Stunde gehalten hat. Darin hat sie sehr klar herausgearbeitet, dass es in Europa und gerade auch innerhalb der Eurozone darum geht, dass man eine Rechts- und eine Verantwortungsgemeinschaft hat, und dass es darum geht, dass man Verträge und Vereinbarungen miteinander achtet und gemeinsam auf die Stabilität der Eurozone hinarbeitet. Das ist der Kern der Auseinandersetzung oder der Herausforderung, vor der wir jetzt stehen, und das war auch der Kern unserer Euro-Politik in den vergangenen Jahren. Das ist meine Antwort dazu.

FRAGE LANGE: Herr Seibert, ich hätte eine Frage zu den Regeln, nach denen Hilfsgelder vergeben werden. Beim zweiten Hilfspaket waren Sanktionen im Grunde genommen nicht vorgesehen. Es gab keine, und dies mit dem bekannten Ergebnis, wie ich es jetzt einmal salopp sage, dass Griechenland dann gemacht hat, was es wollte. Muss man bei weiteren Hilfsprogrammen eventuell darauf achten, schärfere Regeln und gegebenenfalls Sanktionen einzuführen, um halt auch Schuldnerländer zum Handeln zu bewegen oder zwingen zu können?

STS SEIBERT: Vielleicht will Frau Tiesenhausen darauf genauer eingehen. Ich kann nur sagen, dass alle künftigen Hilfsanträge natürlich ist die griechische Regierung jederzeit eingeladen, einen solchen zu stellen, wenn sie das will im Rahmen der üblichen Verfahren geprüft werden und dass dafür dann natürlich das, was im ESM-Vertrag festgelegt ist, einschlägig ist.

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Ich würde vielleicht nur noch grundsätzlich die Bemerkung machen, dass es sich um Hilfsprogramme handelt. Insofern ist die Begrifflichkeit „Sanktionen“, glaube ich, nicht die treffende. Es geht um Angebote, die mit einer Konditionalität verbunden sind. Das wäre auch im ESM wir sind ja jetzt im Rechtsregime des ESM der Fall. Insofern geht es um Hilfe zur Selbsthilfe, und „Sanktionierung“ ist, glaube ich, nicht die Kategorie, in der sich die Dinge da abspielen.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, ich habe noch eine Frage zum möglichen weiteren Ablauf. Die Kanzlerin hat ja heute noch einmal betont, dass vor einem Referendum auf jeden Fall keine Verhandlungen stattfinden werden. Was passiert eigentlich, wenn Herr Tsipras, der ja öfter überraschende Wendungen macht, heute das Referendum absagen sollte? Wann könnten die Verhandlungen frühestens weitergehen bzw. so muss man ja sagen wann könnten neue Verhandlungen wieder aufgenommen werden?

STS SEIBERT: Wir bewegen uns jetzt erst einmal in den Realitäten, wie sie sich heute darstellen. Heute hören wir aus Griechenland, dass ein Regierungssprecher noch einmal betont hat, dass das Referendum stattfinden wird. Es gibt auch keine anderen Anzeichen. Deswegen hat die Bundeskanzlerin vorhin sehr klar gesagt: Wir warten das Referendum ab, zu dem die griechische Regierung selbstverständlich in jeder Hinsicht legitimiert ist, und vorher kann über kein Programm verhandelt werden. Danach müsste ein Antrag gestellt werden, und entsprechend dem Recht, das dann im Rahmen des ESM gilt, wäre der dann, und zwar unter Mitwirkung des Bundestags, zu behandeln. Über alle anderen möglichen, überraschenden Verläufe werde ich hier nicht spekulieren.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, ich wollte zur sogenannten BND-Aufklärung kommen: Warum hat man sich im Kanzleramt für Kurt Graulich als Sonderermittler entschieden?

STS SEIBERT: Sie zäumen das Pferd komplett von der falschen Seite auf. Die Entscheidung über den Vorschlag liegt beim parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Die Bestellung desjenigen, der dann diese Rolle einnehmen wird, wird von der Bundesregierung vorgenommen. Jetzt warten wir darauf, welche Person der parlamentarische Ausschuss vorschlagen wird.

FRAGE: Aus Kreisen der SPD ist der Name Kurt Graulich jetzt auch bestätigt worden. Es wird wohl so aussehen, dass er als Einzelkämpfer unterwegs sein wird. Das heißt, ihm steht kein technisch kompetentes Team zur Seite, wohl aber ein Fragerecht, aber genau gegenüber den gleichen Personen, die der Ausschuss schon gehört hat. Er darf also dem BND dieselben Fragen stellen, die den Ausschussmitgliedern schon nicht ausreichend beantwortet worden sind. Warum erachtet die Bundesregierung dieses Mittel der Vertrauensperson als ein legitimes Mittel der parlamentarischen Kontrolle bzw. geheimdienstlichen Kontrolle?

STS SEIBERT: Ich verweise auf das, was wir vor etwa zwei Wochen, als dieses Thema zuerst hochkam, hier sehr ausführlich dazu gesagt haben; das jetzt zu wiederholen, hat wenig Sinn.

Ansonsten haben Sie offensichtlich Informationen aus Kreisen des Untersuchungsausschusses, die ich als Regierungssprecher offiziell nicht habe. Deshalb kann ich auch nicht darüber sprechen, was einzelnen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses jetzt personell vorschwebt. Wir werden abwarten, dass der Untersuchungsausschuss, wie es die Bundesregierung ihm eben angeboten hat, seinen Personalvorschlag macht. Über den wird die Bundesregierung entscheiden. Dann könnte diese Person die Arbeit aufnehmen.

ZUSATZFRAGE: Der Aufgabenbereich dieser Person ist ja schon definiert. Man hat gesagt: Wir setzen eine Vertrauensperson ein, und die soll das untersuchen. Also müsste man sich zu diesen Fragestellungen doch generell schon Gedanken gemacht haben. Wie kann eine Kontrolle gewährleistet werden, wenn dieselben Fragen, die im Ausschuss gestellt worden sind, einfach nur noch einmal von einer anderen Person gestellt werden, ohne dass eine Vereidigung der Zeugen stattfinden würde? Im Grunde genommen fragt man wieder bei dem in der Affäre Beschuldigten nach, ob er bereit ist, das einzugestehen.

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen die Überlegungen der Bundesregierung ich könnte auch sagen, die Werteabwägungen hier ja Mitte Juni sehr deutlich dargelegt. Über einzelne Funktionsweisen, die diese Vertrauensperson hat, kann ich hier jetzt auch nicht weiter berichten. Die Überlegungen, die dahinter standen, und die Abwägung, die dahinter stand, habe ich Ihnen hier damals sehr deutlich erklärt.

FRAGE JUNG: Ich habe erst einmal eine Lernfrage, Herr Seibert: Aus welchem Topf wird Herr Graulich bezahlt werden? Kommt das aus dem Bundestagshaushalt oder dem des Kanzleramtes? Wissen Sie das?

STS SEIBERT: Danach will ich mich gerne erkundigen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie das nachreichen?

STS SEIBERT: Ja, wenn ich eine Antwort auf meinen Erkundigungswunsch erhalte, dann werde ich Ihnen das nachreichen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe noch eine Frage zu Ihren Abwägungen: Welchen konkreten Völkerrechtsbruch befürchtet das Kanzleramt beim Einblick in die Selektoren-Liste durch Kontrolleure, die dafür grundgesetzlich zuständig sind?

STS SEIBERT: Die Bundesregierung bzw. Deutschland sind ein Geheimschutzabkommen eingegangen. Das sieht vor, dass man konsultieren muss. Das sind die Bestimmungen dieses Geheimschutzabkommens, die ich jetzt natürlich auch nicht en détail erklären kann. Aber das ist ein völkervertragsrechtliches Abkommen. Sowohl dieses Abkommen als natürlich auf der anderen Seite auch die Kontrollfunktion eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sind ins Auge zu fassen, und im Rahmen genau dieser Abwägung ist die Bundesregierung zu dem Entschluss gekommen, dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss diese Einsetzung eines unabhängigen, sachverständigen Vertrauensmannes oder einer Vertrauensfrau vorzuschlagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Schäfer, Sie haben ja für das Kanzleramt diese völkerrechtliche Frage geprüft. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass es keine völkerrechtlichen Probleme gäbe. Wissen Sie im Auswärtigen Amt, welchen konkreten Völkerrechtsbruch das Kanzleramt befürchtet?

DR. SCHÄFER: Ich habe dem, was Herr Seibert gesagt hat, und dem, was ich hier auf Ihre mehrfache Nachfrage zu unserem Gutachten schon gesagt habe, nichts hinzuzufügen.

STS SEIBERT: Vielleicht wollen wir noch hinzufügen, dass der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags in seiner Sitzung am 18. Juni den Vorschlag der Bundesregierung als sachgerecht bewertet hat.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Schäfer, ich verstehe es einfach nicht: Sie prüfen für das Kanzleramt die völkerrechtlichen Probleme, sagen hier in der Bundespressekonferenz, dass es völkerrechtlich keine Probleme gäbe, wenn die Selektoren-Liste an die Parlamentarier gegeben werden würde, Herr Seibert sagt jetzt, es gebe Befürchtungen, dass es einen Völkerrechtsbruch geben könnte, und Sie können jetzt nicht sagen, warum.

DR. SCHÄFER: Wenn Sie mich schon in Ihrer Frage zitieren, dann würde ich in Zukunft Wert darauf legen, dass Sie mich so zitieren, wie ich mich tatsächlich eingelassen habe. Ich habe nicht gesagt, dass es keine Probleme gibt, sondern ich habe darauf hingewiesen, dass es sozusagen eine Situation unterschiedlicher Interessenlagen gibt und dass es aus Sicht des Auswärtigen Amtes im Wege der praktischen Konkordanz möglich sein muss und möglich sein kann, eine vernünftige Lösung zu finden. Genau diese Lösung ist gefunden worden.

FRAGE LANGE: Herr Seibert, können Sie uns schon sagen, ob die Bundeskanzlerin in diesem Jahr hier in diesem Hause eine Sommer-Pressekonferenz geben wird, vielleicht auch schon, wann, also vor der Sommerpause oder nach der Sommerpause? Ich befürchte, ich weiß schon, was Sie sagen werden, aber ich versuche es trotzdem.

STS SEIBERT: Einmal sehen, ob das mit dem übereinstimmt, was Sie befürchten: Ich würde sagen, dass wir heute den 1. Juli haben, dass die Sommerpause noch ein bisschen auf sich warten lässt und dass wir die Termine wie immer am Freitag der Vorwoche bekannt geben. Dann würden Sie auch das rechtzeitig erfahren.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, mich würde interessieren, wie die Kanzlerin auf die Entscheidung des amerikanischen Supreme Court reagiert hat, die Ehe für alle landesweit zu legalisieren.

STS SEIBERT: Der Supreme Court, das oberste Gericht der USA, hat eine Entscheidung für die USA gefällt. Das haben wir zur Kenntnis genommen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Führt das denn zu neuen Überlegungen, die Ehe für alle hier in Deutschland auch möglich zu machen?

STS SEIBERT: Dazu kann ich Ihnen keine neuen Überlegungen präsentieren. Wir haben hier ja sehr ausführlich darüber gesprochen, und daran hat sich durch die Entscheidung, die der Supreme Court in den USA für die USA gefällt hat, nichts geändert.

FRAGE DR. DELFS: Ich versuche es einmal mit einer Terminfrage. Die Kanzlerin hat gestern beim Besuch des kosovarischen Ministerpräsidenten schon ihre Balkanreise erwähnt, die, glaube ich, jetzt Anfang Juli, also Anfang dieses Monats, ansteht. Können Sie schon irgendwie sagen, wann diese Reise genau stattfinden wird und welche Länder die Kanzlerin dabei bereiten wird?

STS SEIBERT: Ich möchte jetzt eigentlich nicht mit der Übung brechen, dass wir die Termine immer am Freitag bekannt geben. Sie hat erwähnt, dass sie eine Balkanreise machen wird. Das ist tatsächlich eine sehr konkrete Planung. Sie wird sehr bald stattfinden. Sie ist ein Ausweis dessen, dass die Bundesregierung und auch die Bundeskanzlerin persönlich ein großes Interesse an den Staaten im westlichen Balkan haben, dass sie auch sehr wohl wissen, welch große Verantwortung Europa für den Weg dieser Staaten hat und dass die europäische Perspektive für diese Staaten sicherlich mitentscheidend dafür sein wird, dass sie weiterhin einen guten Weg gehen können. Die Details werden wir Sie dann rechtzeitig wissen lassen.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Wäre es vorstellbar, dass sie auf dieser Balkanreise auch noch einen Abstecher nach Griechenland machen wird?

STS SEIBERT: Dazu hat die Bundeskanzlerin ja bei einer anderen Pressekonferenz in dieser Woche, als auch schon jemand danach fragte, ob sie jetzt eine Griechenland-Reise plane, schon etwas gesagt: Sie plant so eine Reise nicht. Griechenland ist vor dem Referendum in einer Art Wahlkampf. Auch das ist eine Art von Wahlkampf. Da wäre eine solche Reise nicht angezeigt. Im Übrigen ist eine Reise auch nicht nötig, um zum einen zu wissen, was in Griechenland los ist, und zum anderen dafür, dass die Griechen wissen, wie wir über die Sachlage denken.

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