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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 1. August 2016

Käse statt Krise! ▼ BPK vom 1. August 2016

Themen: Pro-Erdoğan-Demonstration in Köln, EU-Türkei-Abkommen, Stresstest für EU-Banken, Ausweitung des „Digitalen Testfelds Autobahn“, Demonstration von Rechtsextremen im Regierungsviertel, Auswirkungen der Wiener Vereinbarungen über das iranische Atomprogramm, Urteil des OLG Düsseldorf zur Übernahme von Tengelmann durch Edeka, Reise des Bundeslandwirtschaftsministers nach Moskau, Auswirkungen der Negativzinsen für neu ausgegebene deutsche Staatsanleihen auf den Bundeshaushalt, Debatte über ein Burka-Verbot, Einsatz der Bundeswehr im Innern
Naive Fragen zu:
Deutsch-türkisches Verhältnis (ab 1:00 min)
– ist es richtig, dass der deutsche Botschafter bzw. sein Stellvertreter oder Gesandter in Ankara einbestellt wurde? Ist das eine Einbestellung, oder ist das wieder eine verschärfte Form der Terminvereinbarung? Wie bewerten Sie das? (4:55 min)
– Wer ist dieser Gesandte? Sie haben jetzt nicht das Wort „Einbestellung“ benutzt. Ich habe aber gefragt, ob es eine Einbestellung war; denn eine Einbestellung ist ja quasi das letzte Mittel vor der Ausweisung. Das ist eine Art öffentliche Rüge. (6:29 min)
– Wie oft wurde der deutsche Botschafter oder dessen Vertreter dieses Jahr schon einbestellt, und wie oft haben Sie den türkischen Botschafter dieses Jahr schon einbestellt? (7:40 min)
– können Sie uns kurz sagen, wie viele Flugzeuge mit Flüchtlingen täglich aus der Türkei nach Deutschland kommen? (35:20 min)
– bewerten Sie die Äußerungen der türkischen Regierung als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland? (35:20 min)
– wie bewertet die Kanzlerin, dass zigtausende Deutsche für ein fremdes Staatsoberhaupt demonstrieren und ihm huldigen? (38:06 min)
– Dies ist einfach nur an Herr Nannt die Erinnerung, dass Sie uns noch etwas zu den Aufklärungsflügen nachreichen wollten. (44:40 min)

Bundeswehr-Redaktion hat Angst vor Demonstranten (ab 49:52 min)
– dieses Wochenende gab es im Regierungsviertel ja eine angemeldete Demonstration von Rechtsextremen, für die, glaube ich, 5000 Menschen angemeldet waren. Es sind am Ende ein paar weniger geworden. Es war angemeldet, durch die Reinhardtstraße laufen zu wollen. Da ist die Bundeswehr-Redaktion. Mir ist am Freitag aufgefallen, dass jegliche Hinweise auf die Präsenz der Bundeswehr-Redaktion in dem Gebäude in der Reinhardtstraße verschleiert wurden, und zwar mit Mülltüten auf den Schildern und Tarn-Tesa auf den Klingeln. Man hat also völlig versteckt, dass es dort die Bundeswehr gibt. Mich würde interessieren, warum das geschehen ist. Ist Abtauchen die beste Verteidigung?

Gabriel und Edeka/Tengelmann (ab 57:55 min)
– wenn das alles nicht heimlich war, wenn sich Herr Gabriel mit dem Edeka-Chef und dem Tengelmann-Chef trifft, warum gibt es davon dann keine Protokollnotizen? (ab 1:03:00 min)
– Können wir die Dokumentation auch vorgelegt bekommen?
– Wenn der Edeka-Chef und der Tengelmann-Chef eine Audienz mit dem Minister haben wollen, dann bekommen sie sie, aber wenn der Rewe-Chef eine haben will, dann bekommt er sie nicht. Warum nicht?

Russland
– das Weiße Haus hat seine Sprache gegenüber dem russischen Präsidenten verschärft. Vizepräsident Biden hat Putin einen Diktator genannt. Schließt sich die Bundesregierung dieser Einschätzung mittlerweile an? (1:11:30 min)
– Warum nicht?

Burka-Verbot (ab 1:17:20 min)
– wie bewertet die Kanzlerin, dass in den letzten Tagen wieder eine neue oder die alte Debatte über ein Burka-Verbot aufgekommen ist?
– Ich habe immer gelernt, dass ein generelles Burka-Verbot nicht mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Habe ich das richtig gelernt?
– Das heißt, ich verstehe Sie richtig, dass die Kanzlerin von einem Burka-Verbot nichts hält?

Bundeswehr im Innern (ab 1:20:30 min)
– wie ist die Definition einer terroristischen Großlage? (1:24:10 min)

 
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 1. August 2016:

Vorsitzender Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’IN DEMMER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
SRS’IN DEMMER: Zum vergangenen Wochenende: Die Bundesregierung begrüßt den friedlichen Verlauf der gestrigen Demonstration und Gegendemonstrationen in Köln. Sie bedankt sich ausdrücklich bei den Sicherheitsbehörden in Köln und Nordrhein-Westfalen, die dafür gesorgt haben, dass es zu keinen nennenswerten Zwischenfällen gekommen ist.

FRAGE DR. RINKE: Frau Demmer, ich habe eine Frage zu einer Äußerung des türkischen Justizministers, der sich sehr kritisch darüber geäußert hat, dass Herr Erdoğan nicht zugeschaltet sein durfte. Er sagt, dass Deutschland ab jetzt Worte wie „Menschenrechte“, „Rechtsstaat“ und „Demokratie“ in der Diskussion mit der Türkei nicht mehr in den Mund nehmen dürfe. Vielleicht könnte ich dazu bitte eine Reaktion haben.

Dann hätte ich ganz gerne von Herrn Schäfer zum Thema Türkei gewusst, ob er meint, dass bei dem Visaabkommen mit der Türkei durch den Notstand, der ausgerufen wurde, die 70 Punkte, die von der EU-Kommission schon erfüllt wurden, noch einmal überprüft werden sollten, um zu wissen, ob sie von der Türkei zwar vielleicht früher eingehalten wurden, aber mittlerweile nicht mehr eingehalten werden.

SRS’IN DEMMER: Herr Rinke, wie Sie wissen, hat das Bundesverfassungsgericht den Antrag der Veranstalter der Pro-Erdoğan-Demonstration in Köln auf einstweilige Verfügung abgelehnt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird vonseiten der Bundesregierung nicht kommentiert.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ich wollte auch keinen Kommentar zum Bundesverfassungsgericht, sondern einen Kommentar zu dem Kommentar des türkischen Justizministers.

SRS’IN DEMMER: Den kommentieren wir auch nicht.

DR. SCHÄFER: Das Thema EU-Türkei-Vereinbarung und in diesem Zusammenhang auch das Thema der Visaliberalisierung, also der Freistellung türkischer Staatsangehöriger von der Visumspflicht bei der Einreise in den Schengen-Raum, ist beiden Seiten Europa und der Türkei sehr wichtig.

Als diese Vereinbarung am 18. März getroffen, unterzeichnet worden ist, war allen Beteiligten, auch auf türkischer Seite, bewusst, welche Bedingungen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Visaliberalisierung in Kraft treten kann. Die berühmten 72 Punkte sind ja nicht nachgelegt worden, sondern sie sind seit Jahren sozusagen als Aufgabenheft bekannt, nicht nur für die Türkei, sondern jedenfalls grosso modo auch für die anderen Staaten für den Kosovo, wie auch die Ukraine und Georgien , die sich mit Europa auf eine mögliche Visaliberalisierung und Visabefreiung für eigene Staatsangehörige geeinigt haben.

Deshalb können wir gut nachvollziehen, was bereits gestern Abend als Reaktion von der Europäischen Kommission auf die Äußerung des türkischen Außenministers gesagt worden ist, nämlich dass es einfach dabei bleibt, dass die Voraussetzungen für die Umsetzung der Visaliberalisierung erfüllt sein müssen, erfüllt sein sollten.

Herr Rinke, das bedeutet natürlich nicht, dass man einen Haken, den man irgendwann einmal an eine der Voraussetzungen gemacht hat, stehen lässt, sondern dass das im Lichte der aktuellen Lage natürlich zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung über die tatsächliche Umsetzung erfolgt, vorliegen muss. Das ist Aufgabe der Kommission. Ich glaube, sie braucht da keine Nachhilfe aus Berlin, sondern es ist doch normales Verwaltungshandeln, dass das im Lichte der aktuellen Lage in der Türkei überprüft wird.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, ist es richtig, dass der deutsche Botschafter bzw. sein Stellvertreter oder Gesandter in Ankara einbestellt wurde? Ist das eine Einbestellung, oder ist das wieder eine verschärfte Form der Terminvereinbarung? Wie bewerten Sie das?

DR. SCHÄFER: Im Geschäftsverkehr zwischen Staaten ist es eine tagtäglich hundertfach vorkommende Normalität, dass der Vertreter eines Landes in seinem Gastland in das Außenministerium gebeten wird. Das passiert in der Türkei. Das passiert auch anderswo jeden Tag. Das passiert auch in Berlin ständig und dutzendfach. Deshalb ist das zunächst einmal überhaupt nichts Außergewöhnliches.

Ich kann tatsächlich bestätigen, dass unser Gesandter eine Einladung erhalten hat, in 23,5 Minuten zu einem Gespräch in das türkische Außenministerium zu kommen. Ich vermute und nehme an, ohne dass ich das mit Gewissheit sagen kann, dass es um die letzten Ereignisse am Wochenende, vielleicht auch um die Demonstrationen, die gestern in Köln glücklicherweise so friedlich abgelaufen sind, gehen könnte. Ich habe keine Ahnung, aber das nehme ich an. Das ist doch eine schöne Gelegenheit für einen Austausch zwischen der deutschen und der türkischen Regierung.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wer ist dieser Gesandte? Sie haben jetzt nicht das Wort „Einbestellung“ benutzt. Ich habe aber gefragt, ob es eine Einbestellung war; denn eine Einbestellung ist ja quasi das letzte Mittel vor der Ausweisung. Das ist eine Art öffentliche Rüge.

DR. SCHÄFER: Nein. Das wird komischerweise von Ihnen und Ihren Kollegen immer so verstanden. Das Wort „Einbestellung“ ist kein förmlicher, technischer Begriff, ein völkerrechtlicher schon gleich gar nicht, sondern Ausdruck üblicher Gepflogenheiten zwischen Staaten. „Einbestellung“ bedeutet in diesem Fall, dass die Gastregierung wünscht, mit dem Vertreter einer ausländischen Regierung ein Gespräch zu führen. Es ist gute Gepflogenheit, solchen Einladungen zu Gesprächen Folge zu leisten. Ob Sie das jetzt „Einbestellung“ oder „Einladung zum Gespräch“ nennen, macht in der Sache überhaupt keinen Unterschied. Ich glaube auch nicht, dass es als eine Rüge gemeint ist. Aber das werden wir dann sehen, wenn wir erfahren, in welcher Weise das türkische Außenministerium Sie und uns alle öffentlich über den Verlauf des Gesprächs unterrichten wird.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie oft wurde der deutsche Botschafter oder dessen Vertreter dieses Jahr schon einbestellt, und wie oft haben Sie den türkischen Botschafter dieses Jahr schon einbestellt?

DR. SCHÄFER: Das weiß ich nicht auswendig. Ich bin aber sicher, dass es ganz viele Gelegenheiten gab, mit dem türkischen Botschafter hier in Berlin zu reden. Er hat uns ja leider bereits vor etwa sechs oder acht Wochen verlassen. Zurzeit gibt es zwar einen Geschäftsträger, aber keinen türkischen Botschafter in Berlin. Wir würden uns sehr freuen, wenn sein Nachfolger ganz bald und so schnell wie möglich bei uns hier in Berlin seinen Dienst antreten kann, weil das die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei noch intensiver und noch fruchtbarer gestalten würde.

In Ankara haben wir einen Botschafter. Martin Erdmann ist zurzeit im Urlaub. Es hat in den letzten Tagen Gerüchte und Berichte darüber gegeben, dass Herr Erdmann hier und da, im türkischen Außenministerium oder in anderen Ministerien, nicht so willkommen sei, wie dies eigentlich üblich ist. Vielleicht ist das heutige Gespräch eine Gelegenheit, auch diese Punkte zur Sprache zu bringen; denn wir haben so viel mit der Türkei zu besprechen, dass es ganz wichtig ist, dass der Botschafter diese Gespräche höchstselbst mit dem türkischen Außenministerium wo auch immer in der türkischen Regierung führen kann. Wir würden uns darüber freuen, wenn das nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub genauso geschehen würde, wie es unter befreundeten Regierungen und echten Partnern üblich wäre.

Der Kollege heißt Dölger und ist der zweite Mann in unserer Botschaft.

FRAGE DR. SCHMIESE: Ich möchte gerne von Ihnen eine Antwort auf die Äußerung des türkischen Außenministers hören. Ich zitiere einmal, was er der „FAZ“ gesagt hat:

„Wenn es nicht zu einer Visaliberalisierung kommt, werden wir gezwungen sein, vom Rücknahmeabkommen und der Vereinbarung vom 18. März Abstand zu nehmen.“

Wie bewerten Sie diese Äußerung? Ist das ein Ultimatum? Die Frage ist an Frau Demmer oder auch an Herrn Schäfer gerichtet. Was, glaubt die Bundesregierung, wäre, wenn die Türkei tatsächlich von der Vereinbarung vom 18. März Abstand nähme?

SRS’IN DEMMER: Die EU und die Bundesregierung stehen zu den Vereinbarungen mit der Türkei. Die Bundesregierung geht nach wie vor davon aus, dass die Türkei die mit der EU geschlossene Vereinbarung vom 18. März 2016 weiterhin erfüllt.

Die Bundeskanzlerin hat erst vor wenigen Tagen darauf hingewiesen, dass es im gegenseitigen Interesse ist, dass nicht vor unseren Augen täglich Menschen in der Ägäis ertrinken, ihr Leben lassen und Illegalität den ägäischen Raum beherrscht. Natürlich wird die Bundesregierung die Entwicklung zusammen mit den EU-Institutionen und den übrigen Mitgliedstaaten weiterhin aufmerksam verfolgen.

ZUSATZFRAGE DR. SCHMIESE: Warum wird dann dieser Satz so ausgesprochen, dass es wie ein Ultimatum klingt? Noch einmal die Frage: Glauben Sie, dass es ein Ultimatum ist? Sie gehen davon aus, die Türkei habe weiterhin Interesse daran. Warum spricht dann der türkischen Außenminister diesen Satz?

DR. SCHÄFER: Mir scheint es leicht nachvollziehbar, dass für die türkische Seite dieser Teil der Vereinbarung von ganz besonderer Bedeutung ist, dass es für die Menschen in der Türkei wichtig ist in der Sache, aber vielleicht auch symbolhaft , dass sie für eine Einreise in den Schengen-Raum, in die Europäische Union nicht mehr auf die Erteilung eines Visums angewiesen sind. Das können wir gut nachvollziehen. Das ist auch der Grund dafür, dass das Teil dieser Vereinbarung geworden ist. Das ändert aber doch nichts daran, dass das, was am 18. März vereinbart worden ist, weiter gilt, wie Frau Demmer es gerade ausgeführt hat. Das bedeutet nichts anderes, als dass die lange vereinbarten Voraussetzungen dafür vorliegen müssen.

Ich kann jetzt auf Anhieb nicht nachvollziehen, das als ein Ultimatum oder eine Drohung zu sehen. Ich glaube, das ist ein kräftiger Ausdruck der türkischen Verhandlungsposition.

ZUSATZFRAGE DR. SCHMIESE: Diese Frage richtet sich an alle Häuser: Der türkische Sportminister war in Köln. Er behauptet, er sei mit mehreren deutschen Ministern im Gespräch und erwarte eine Antwort, warum Erdoğan nicht habe sprechen dürfen. Mit welchen Ministerinnen oder Ministern ist denn der Sportminister im Gespräch?

VORS. SZENT-IVÁNYI: Kann irgendjemand etwas dazu beitragen? – Das ist nicht der Fall. Das ist auch eine Antwort.

ZUSATZFRAGE DR. SCHMIESE: Heißt das, das, was er behauptet, stimmt nicht, oder wissen Sie es nicht?

DR. SCHÄFER: Ich kann für das Auswärtige Amt sagen, dass uns über das Wochenende hinweg per Verbalnote notifiziert worden ist, dass der türkische Sportminister die Absicht gehegt hatte, nach Deutschland zu kommen. Wir wissen, dass er diese Absicht in die Tat umgesetzt hat. Mir ist nicht bekannt, dass es darüber hinaus Kontakte zwischen dem deutschen Außenminister und dem türkischen Sportminister gegeben hat. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass es noch am Freitagnachmittag einen direkten telefonischen Kontakt zwischen Herrn Steinmeier und seinem türkischen Amtskollegen Çavuşoğlu gegeben hat.

DR. PLATE: Ich habe das nicht unmittelbar zu ergänzen, weil jedenfalls mir kein solcher Gesprächswunsch, Gesprächsversuch oder gar ein geglücktes Gespräch mit dem Bundesinnenminister bekannt ist.

Man muss aber sagen: Der Vorgang, den Sie beschreiben, ist ja ein Vorgang in der Zuständigkeit der nordrhein-westfälischen Landesbehörden, insbesondere des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. Letztlich geht es um einen versammlungsrechtlichen Sachverhalt. Vielleicht lohnt es sich, da noch einmal nachzuhören, inwieweit ein Kontakt beispielsweise zum nordrhein-westfälischen Innenminister bestanden hat.

FRAGE DR. VON MALLINCKRODT: Mich würde daran anschließend ganz generell eine Reaktion der Bundesregierung, Frau Demmer, über die Kritik an dem Live-Schaltungsverbot von Erdoğan interessieren, die aus der Türkei kommt.

Die Frage, vermutlich an das BMI gerichtet, Herr Plate: Können Sie zum Thema Flüchtlingspakt, Eins-zu-eins-Mechanismus sagen, ob es neue Zahlen gibt, wie viele Flüchtlinge mittlerweile von den griechischen Inseln und auch von Italien zurück in die Türkei und im Gegenzug nach Europa und Deutschland gekommen sind? Ich glaube, die letzten Zahlen, die zumindest ich gefunden habe, stammen von Anfang Juli. Vielleicht gibt es neue Zahlen dazu.

SRS’IN DEMMER: Ich habe dem eben hier Gesagten nichts hinzuzufügen.

DR. PLATE: Sie haben nach Zahlen gefragt. Ganz neue Zahlen müsste man immer bei der EU-Kommission abrufen. Das ist öffentlich abrufbar. Sie hat extra eine Website dazu, auf der sie die Zahlen tagesaktuell aktualisiert. Die aktuellsten Zahlen, die ich habe, sind 468 Rückführungen von Griechenland in die Türkei. Das ist Stand 28. Juli. Das ist der aktuellste Stand, der dem Bundesinnenministerium vorliegt. Was das sogenannte Eins-zu-eins-Resettlement angeht, sind es insgesamt aktueller Stand 28. Juli 849 Aufnahmen von Resettlement-Flüchtlingen in die verschiedenen EU-Staaten, davon 294 nach Deutschland im Moment.

ZUSATZFRAGE DR. VON MALLINCKRODT: Man kann sich natürlich die Zahlen von der EU holen. Aber mich würde auch Ihre Einschätzung dazu interessieren, wie sich das entwickelt hat; denn es ist ja sehr zögerlich losgegangen. Deutet sich da eine Besserung an, dass es doch noch mehr wird? Wenn nein, was sind nach wie vor die Probleme?

DR. PLATE: Ich weiß jetzt nicht ganz genau, worauf sich Ihre Bewertung, die nicht meine ist, bezieht, dass es zögerlich losgegangen sei. Man muss den Prozess in zwei Teile zerlegen: einmal in den Prozess Rückführung. In der Tat sind die Zahlen da noch nicht besonders hoch. Das hängt aber damit zusammen darüber haben wir hier schon häufig gesprochen; auch ich selbst , dass viele Asylverfahren, die direkt nach dem Beginn der Umsetzung der EU-Türkei-Erklärung begonnen worden sind, in Griechenland noch nicht abgeschlossen sind, auch nicht mit einem negativen Ergebnis für den Antragsteller bzw. die Antragstellerin. Das ist aber logischerweise die Voraussetzung für eine Rückführung. Das ist eigentlich nur ein Beleg dafür, dass, genau wie wir es hier und wie es auch die griechischen Behörden gesagt haben, die Prüfung der Asylanträge sorgfältig erfolgt und nicht übers Knie gebrochen wird.

Was die Resettlement-Aufnahme angeht, erinnere ich noch einmal daran, dass sie nach dem Wortlaut und Sinn der gemeinsamen Erklärung nicht unmittelbar von der Anzahl der Rückführungen insgesamt abhängen sollte, sondern von der Anzahl der zurückgeführten Syrer. Gemessen daran ist die Aufnahme durch die EU-Staaten alles andere als zögerlich vorangekommen, weil die EU-Staaten bislang doch in erheblichem Umfang, gemessen an der Vereinbarung, in Vorleistung gegangen sind. Natürlich wird das Ganze an Dynamik gewinnen, wenn mehr Asylverfahren mit dem Ergebnis entschieden sind, dass Ausreisepflichten entstehen. Wo keine Ausreisepflichten entstehen, kann es auch keine Rückführungen geben.

DR. SCHÄFER: Ich würde gerne noch zwei Sätze ergänzen.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Bitte, Herr Schäfer.

DR. SCHÄFER: Erster Satz: Ich muss mich korrigieren. Die Kollegin hat mich gerade darauf hingewiesen. Das freundliche Gespräch im türkischen Außenministerium findet nicht in zwölf Minuten statt, sondern um 13.30 Uhr deutscher Zeit, also nicht zum Mittagessen, sondern zum Nachmittagskaffee oder tee.

Die zweite Bemerkung: Vielleicht noch einen Satz zum Thema Rechtsstaatlichkeit, weil ich mir gerade einmal habe schildern lassen, wie das gelaufen ist. Es gab eine polizeiliche Anordnung im Zusammenhang mit den Demonstrationen, die gestern in Köln geplant gewesen sind. Gegen diese polizeiliche Anordnung, die unter anderem Auflagen enthielt, ist Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht erhoben worden, dann wiederum Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht und dann wiederum vor dem Bundesverfassungsgericht. Innerhalb weniger Stunden haben sich drei Gerichte mit diesen Fragen beschäftigt. Ich finde, das ist ein ganz schöner Ausdruck von Rechtsstaatlichkeit.

FRAGE ZIEDLER: Ich habe eine Frage zum gemeinsamen Grenz- und Küstenschutz der Europäischen Union, der Ende Juni beschlossen worden ist. In diesem Zusammenhang die Frage, ob sich die Bundesregierung eventuell davon verspricht, im Laufe der Zeit, wenn das tatsächlich umgesetzt wird, weniger abhängig von dem EU-Türkei-Abkommen zu sein, weil dann die Europäische Union möglicherweise den Außengrenzschutz selbst sicherstellen kann. Oder gibt es da aus Ihrer Sicht keinen direkten Zusammenhang?

DR. PLATE: Fachlich federführend ist für die Frage der EU-Küstenwache das Bundesinnenministerium; denn auch Experten aus unserem Hause haben das mit verhandelt.

Einen unmittelbaren Zusammenhang sehe ich da, ehrlich gesagt, nicht. Das Stichwort ist auch hier, wie bei vielen Dingen: Das eine tun, ohne das andere zu lassen.

Natürlich ist eine europäische Küstenwache ein wichtiger Baustein für eine Verbesserung des Außengrenzschutzes. Aber es geht auch darum das ist eine zentrale Botschaft der EU-Türkei-Erklärung , dass man illegale Fluchtwege, die, wie wir alle wissen, sehr gefährlich sind und mit schrecklichen Opfern einhergehen, durch legale Wege ersetzen will. Deswegen ist es doch etwas verkürzt betrachtet, zu sagen: Wenn wir die Außengrenzen schützen können, dann brauchen wir das andere nicht mehr. Denn zumindest die Komponente der Aufnahme von Schutzbedürftigen auf legalem Wege, die direkte ungefährliche Aufnahme, ohne dass es darauf ankommt, wer den Schleppern am meisten bezahlen kann, sondern auf eine Prüfung der Schutzbedürftigkeit, ist doch eine zentrale Komponente, die eine europäische Küstenwache, so ausgereift das Konzept am Ende auch ist, natürlich nicht erfüllen kann.

FRAGE HÜBSCHEN: Herr Plate, noch einmal zum Resettlement-Abkommen. Es gab in der Vergangenheit Berichte, die von der Bundesregierung auch bestätigt wurden, dass die Türkei Menschen, denen bereits die Ausreise im Rahmen des Resettlement-Programms bewilligt wurde, insbesondere Akademikern, die Ausreise zum Teil verweigert. Ist das nach wie vor so? Haben Sie inzwischen von der türkischen Seite Gründe dafür geliefert bekommen?

Herr Dr. Schäfer, Sie haben gesagt, Sie könnten jetzt nicht beziffern, wie oft der türkische Botschafter, zumal er ja inzwischen abberufen wurde, einbestellt worden ist. Wurde denn der türkische Geschäftsträger nach dem Putschversuch in der Türkei seitens des Auswärtigen Amtes einbestellt?

DR. PLATE: Ich denke, ich darf beginnen, weil die erste Frage an mich ging. – Ich darf eine kleine Korrektur anbringen, weil Sie gesagt haben, die Bundesregierung habe etwas bestätigt. Dann kam eine längere Ausführung, dass die Bundesregierung jedenfalls zum Teil etwas bestätigt und zum Teil nicht bestätigt habe, wenn ich das so sagen darf. Eine Bestätigung, dass die Türkei ich gebe es jetzt nur sinngemäß wieder, weil ich es nicht mehr wörtlich in Erinnerung habe keine Akademiker ausreisen lasse und dass das der Grund für Ausreiseverweigerungen sei, haben Sie von der Bundesregierung meines Erachtens nicht bekommen. Ich kann das auch heute nicht bestätigen.

Richtig ist, dass es Ausreiseverweigerungen gegeben hat. Das ist nach wie vor ein Thema. Auch in letzter Zeit hat es Nichterteilungen von Ausreisegenehmigungen für einen geplanten Flug gegeben. Mir sind nach wie vor, jedenfalls im Wesentlichen, keine Begründungen dafür bekannt. Ich kann jetzt nicht ausschließen, weil ich nicht jeden Tag mit den Kollegen spreche, dass es in Einzelfällen Begründungen gegeben hat. Aber das ist mir jedenfalls nicht bekannt.

Richtig ist, dass die Bundesregierung täglich mit den türkischen Stellen über diverse gegenseitige Wünsche hinsichtlich der Resettlement-Aufnahme im Gespräch ist. Das ist ein schwieriger Prozess, den es vor der EU-Türkei-Erklärung nicht gegeben hat. Das ist ein Prozess, bei dem beide Seiten eine hohe Lernkurve haben, bis dies optimal funktioniert. Auch jetzt gibt es immer wieder Hindernisse, über die man reden muss.

Ich kann Folgendes dazu sagen: Am Anfang wurde beispielsweise sehr viel mit den Türken darüber geredet: Kann man es irgendwie hinbekommen, dass viele von den Personen, die wir aufnehmen, bereits Familienanschluss in Deutschland haben? Das hat am Anfang nicht so gut funktioniert. Inzwischen funktioniert es aber wirklich gut. Bei den letzten Flügen, die mir bekannt sind, war die Quote ziemlich hoch.

Auch die Frage der Ausbildung oder welche Ausbildung jemand hat, ist ein Thema. Dazu war schon zu lesen, die Türken würden per se gar keine Akademiker ausreisen lassen. Das kann ich explizit nicht bestätigen. Das wird zwar nicht statistisch erfasst. Aber zumindest haben stichprobenartige Befragungen bei den Gekommenen ergeben, dass auch Akademiker darunter waren. Nichtsdestotrotz ist das ein Thema, bei dem unsere Experten mit den Türken weiter in Verhandlungen sind. Weitere Details kann ich jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht dazu nennen.

DR. SCHÄFER: Zu der an mich gerichteten Frage: Ich bin sicher, dass es in den letzten zweieinhalb Wochen seit dem 15. Juli zu einer Menge Gespräche mit der türkischen Botschaft, ganz bestimmt auch mit dem Geschäftsträger gekommen ist. Ich kann allerdings nicht bestätigen, dass es aus Anlass des Putschversuches solche Gespräche gegeben hat. Die sind aber auch, wenn Sie so wollen, gleich mehrfach „konsumiert“, weil der Außenminister ich weiß gar nicht, wie häufig, jedenfalls viele Male direkten Kontakt mit seinem türkischen Amtskollegen gehabt hat, auch um all die Punkte und Gravamina auf direkte Art und Weise der türkischen Regierung zu übermitteln, über die wir in den letzten zwei Wochen auch an dieser Stelle sehr intensiv gesprochen haben: Fragen im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit, mit Verhältnismäßigkeit, mit Maß – all das, was uns und auch Sie mit Blick auf die Türkei zu Recht bewegt.

ZUSATZFRAGE HÜBSCHEN: Herr Dr. Plate, ändern denn die hohe Lernkurve, die Sie angesprochen haben, und die Einschränkung, dass es bisher nicht optimal läuft, etwas an der grundsätzlich positiven Bewertung des Abkommens seitens der Bundesregierung? Schränken die praktischen Probleme, die es nach wie vor gibt, die positive Bewertung ein?

Herr Dr. Schäfer, gab es im Zuge der aktuellen diplomatischen Entwicklungen die Überlegung, den deutschen Botschafter aus der Türkei abzuziehen? Wenn nein, warum nicht? Das wäre ja ein starkes diplomatisches Signal.

DR. PLATE: Vielleicht ganz kurz zu Ihrer ersten Frage. Die Antwort ist relativ einfach: Nein. Ich will das aber auch gerne begründen, und zwar gerade mit der Lernkurve. Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, dass es gerade an all den Stellen, an denen man vielleicht erst eine gemeinsame Linie finden musste mit „man“ meine ich insbesondere die Bundesregierung und die türkischen Stellen , nach und nach Verhandlungserfolge gegeben hat, die dazu geführt haben, dass sich die gemeinsame Linie der Linie annähert, die wir uns vorstellen. Ich habe auch keine Signale, dass das bei den Türken andersherum zu beurteilen wäre.

DR. SCHÄFER: Ich kann nicht von Überlegungen im Auswärtigen Amt oder innerhalb der Bundesregierung berichten, unseren Botschafter aus der Türkei abzuziehen. Ich glaube, es wäre auch kontraproduktiv, so etwas zu tun. Es gibt so viele Dinge mit einem so wichtigen Land wie der Türkei zu besprechen, dass der Abbruch von Dialog und Kommunikation ganz sicher nicht das richtige Mittel wäre. Im Gegenteil: Wir wünschen uns, dass wir einen möglichst intensiven Dialog mit der Türkei pflegen, und zwar über all die Themen, die uns und der Türkei wichtig sind. Dazu gehört die EU-Türkei-Vereinbarung, wobei da zunächst einmal Brüssel eindeutig der erste Ansprechpartner der Türkei sei müsste. Herr Plate hat ja gerade ausgeführt, in welcher Weise, etwa beim Resettlement, es auch direkte und bilaterale Kontakte gibt.

Es gibt so viel mit der Türkei zu besprechen. Ich beschränke mich einfach einmal auf Fragen der Außenpolitik, die uns und Herrn Steinmeier besonders am Herzen liegen. Es wird ganz sicher keine Einigung auf irgendeine politische Lösung in Syrien ohne die Beteiligung der Türkei geben. Die Türkei ist unglaublich von dem jetzt im sechsten Jahr laufenden Bürgerkrieg in Syrien betroffen. Drei Millionen Flüchtlinge sprechen da eine deutliche Sprache. Die Türkei tut da unheimlich viel. Wir sind der Türkei für ganz viel dankbar, was sie im Zusammenhang mit der Betreuung der Flüchtlinge in der Türkei tut.

Der gesamte Nahe und Mittlere Osten ist, wie Sie wissen, in Aufruhr oder aus den Fugen geraten, wie auch immer Sie das bezeichnen wollen. Auch da ist die Türkei für uns im Südosten des NATO-Bündnisgebiets, aber auch als bilateraler Partner ein ganz wichtiger Ansprechpartner für Bemühungen um Stabilität im Bündnisgebiet.

SRS’IN DEMMER: Ich würde das gerne noch bekräftigen. Die Kanzlerin hat hier an dieser Stelle am vergangenen Donnerstag noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht, wie wichtig es ist, den Gesprächsfaden aufrechtzuerhalten.

FRAGE VON DER MARK: Herr Schäfer, Sie haben das Telefonat von Herrn Steinmeier mit seinem Amtskollegen am Freitag angesprochen. Können Sie vielleicht etwas zum Inhalt sagen? Wäre es, wenn man erst am Freitag telefoniert hat, nicht möglich, am Montag noch einmal zu telefonieren?

Sie haben die Einbestellung als übliche Gepflogenheit bezeichnet. Die letzten Anlässe Böhmermann, die Armenien-Resolution waren da eher kontrovers. Würden Sie dies jetzt als ähnlich kontrovers einschätzen? Wie gut sind denn die diplomatischen Beziehungen momentan?

DR. SCHÄFER: Zwischen Deutschland und der Türkei?

ZUSATZ VON DER MARK: Ja.

DR. SCHÄFER: Sie haben absolut recht: Wenn man am Freitag miteinander telefoniert hat, dann kann man auch am Montag miteinander telefonieren. Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Das ist völlig richtig. Das könnte man tun, wenn man es wollte und wenn es dafür einen Anlass gibt. Ich bin sicher, dass immer dann, wenn einer der beiden es für richtig hält, ein solches Gespräch stattfinden würde. Wenn die beiden das für richtig halten, dann würden wir Sie und Ihre Kollegen das auch wissen lassen.

Es ist jetzt nicht an mir, den Inhalt dieses Gesprächs im Detail nachzuzeichnen. Dass es um aktuelle Fragen im deutsch-türkischen Verhältnis ging, auch um die Veranstaltung von Köln vom Sonntag, können Sie sich denken. Das kann ich hiermit auch bestätigen.

Immer dann, wenn der Begriff der Einbestellung durch die Medien geistert, wie heute wieder, und irgendwelche wie sagt die dpa so schön? zuverlässigen Quellen in Ankara schon vor einem solchen Gespräch darüber Bescheid wissen, dass es ein solches Gespräch geben könnte, kann man sich nach dem gesunden Menschenverstand schon denken, dass da keine gewöhnlichen Themen angesprochen werden sollen. Ganz offensichtlich ist es irgendjemandem in Ankara ganz wichtig, die Öffentlichkeit, auch die Öffentlichkeit in Deutschland, wissen zu lassen, dass ein solches Gespräch stattfinden wird.

Ich hatte schon gesagt, was wir glauben, was das Thema dieses Gesprächs sein könnte. Es ist im Zweifel so, dass wir bei diesem Thema nicht ausschließlich nur einer Meinung sind und uns gemeinsam sagen, wie recht wir beide Seiten haben; das vermute ich einmal.

Zu Fragen der Rechtsstaatlichkeit habe ich gerade schon ein paar Andeutungen gemacht. Ich nehme an, dass vielleicht auch Herr Dölger auf Vorhalt von türkischer Seite etwas zur Rechtsstaatlichkeit in Deutschland zu sagen haben wird. Das weiß ich aber nicht genau. Schauen wir einmal, was aus diesem Gespräch herauskommt und was dann die zuverlässigen Quellen Sie darüber wissen lassen.

Grundsätzlich zu den deutschen diplomatischen Beziehungen mit der Türkei: Die Türkei ist wie soll ich sagen? jahrhundertelang, jahrzehntelang, jahrelang ein wichtiger und auch guter Partner Deutschlands und Europas gewesen. Wir haben in der Vergangenheit immer einmal wieder Phasen gehabt, in denen es gerumpelt hat, und andere Phasen, in denen es außerordentlich gut gegangen ist. Jetzt haben wir eine Phase, in der es eher ein bisschen rumpelt, würde ich sagen. Aber ich glaube, die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sowie und auch die persönlichen Beziehungen zwischen den handelnden Personen, die ja auf beiden Seiten schon wirklich lange in Amt und Würden sind die Bundeskanzlerin, der Außenminister und ihre jeweiligen Counterparts in der Türkei , sind so eng und so tief, dass ich ziemlich zuversichtlich bin, dass es uns auch gelingen wird, diese nicht ganz leichte Phase in den bilateralen Beziehungen mit der Türkei wieder zu überwinden und in etwas Besseres zu verwandeln. Ich bin da also sehr zuversichtlich.

FRAGE DR. RINKE: Herr Schäfer, jetzt muss ich wegen Ihrer letzten Bemerkung vor der eigentlichen Frage doch noch einmal kurz nachfragen: Die türkische Seite hat doch bis auf Herrn Erdoğan eigentlich keine Kontinuität, was die Personen angeht. Wie lange kennt Außenminister Steinmeier seinen Counterpart denn eigentlich schon? Das würde mich jetzt einfach einmal interessieren, weil der ja neu ist.

Die eigentliche Frage richtet sich auch an Herrn Schäfer: Ist denn eigentlich vorstellbar, dass mit der Türkei eine Visafreiheit vereinbart wird, wenn dort noch der Notstand oder der Ausnahmezustand gilt? Der war nämlich für drei Monate verhängt worden und müsste eigentlich rechnerisch bis Mitte Oktober gelten. Gleichzeitig hatte der türkische Außenminister diese Forderung gestellt, dass die Visafreiheit bis Anfang bzw. Mitte Oktober zustande gekommen sein solle. Ist es also vorstellbar, mit einem Land im Ausnahmezustand eine solche Vereinbarung zu treffen?

DR. SCHÄFER: Zur ersten Frage: Ich kann Ihnen kein Jahr und auch kein konkretes Datum nennen. Ich würde sagen, dass sich Herr Steinmeier und Herr Çavuşoğlu, der ja auch schon in der Vergangenheit in anderer Funktion Teil des türkischen Kabinetts war, seit vielen, vielen Jahren kennen. Da gibt es lange, gute und auch vertrauensvolle Kontakte, die es beiden Seiten möglich machen, miteinander offen und, wenn es sein muss, auch Tacheles zu reden.

Auf Ihre zweite Frage würde ich antworten: Jetzt gehen wir zunächst einmal davon aus, dass das, was vom türkischen Präsidenten verkündet und vom türkischen Parlament indossiert worden ist, nämlich ein Ausnahmezustand von drei Monaten, das ist, was passieren wird. Natürlich haben Sie recht, Herr Rinke: Wir können nicht ausschließen, und das schließt ja auch der türkische Präsident nicht aus, dass er den Ausnahmezustand noch einmal verlängern wird. Was das für die Visaliberalisierung bedeutet, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Ich möchte auch nicht darüber spekulieren.

FRAGE SCHULTE: Herr Schäfer, ich will noch einmal nachhaken und den türkischen Außenminister zitieren. Er wünscht sich ja oder erwartet einen konkreten Termin für die Visaliberalisierung. Er macht das genau an diesem Zeitraum fest, Anfang oder Mitte Oktober. Dazu habe ich zwei Fragen: Ist es aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll, einen konkreten Termin über eine geglückte Vereinbarung überhaupt zu vereinbaren? Es hakt ja wirklich an relevanten Stellen. Ist also sozusagen ein konkreter Termin sinnvoll?

Zweite Frage: Ist Anfang bzw. Mitte Oktober realistisch?

DR. SCHÄFER: Der Termin Oktober steht ja, glaube ich, jetzt im öffentlichen Raum, weil der türkische Präsident selbst den ursprünglich einmal avisierten Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Visaliberalisierung, nämlich den Juli dieses Jahres, angesichts der nicht ganz einfachen Gespräche und Diskussionen über die Terrorgesetzgebung verschoben hatte. Das heißt, soweit ich es beurteilen kann, ist von europäischer Seite das Datum Oktober nie bekräftigt oder zugesagt gewesen.

Wenn Sie nach einem konkreten Zeitpunkt fragen, so wäre meine Antwort darauf: Der konkrete Zeitpunkt ist dann eingetreten, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Das kann man sozusagen nicht auf ein Datum, auf die Stunde und Minute genau festlegen, sondern es geht um den politischen Moment, die politische Sekunde, in der die Voraussetzungen erfüllt sind und sich beide Seiten darüber einig sind, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. Dann kann der nächste Schritt gegangen werden.

FRAGE JUNG: Herr Plate, können Sie uns kurz sagen, wie viele Flugzeuge mit Flüchtlingen täglich aus der Türkei nach Deutschland kommen?

Herr Schäfer, Frau Demmer, bewerten Sie die Äußerungen der türkischen Regierung als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland?

DR. PLATE: Ich verstehe die Frage nicht. Deswegen kann ich sie, glaube ich, nicht beantworten. Vielleicht liegt sie auch nicht in meinem Zuständigkeitsbereich, sondern eher in dem des Verkehrsministeriums. Ich weiß schlicht und einfach überhaupt nicht, worauf Sie hinauswollen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Was?

DR. PLATE: Ist „Was?“ jetzt die Erläuterung?

ZUSATZ JUNG: Es geht um das Resettlement-Programm.

DR. PLATE: Ah, okay!

ZURUF JUNG: Das ist doch logisch!

DR. PLATE: Ich habe doch berichtet, wie viele gekommen sind. Insofern verstehe ich es jetzt nicht, wenn eine Frage wiederholt wird. Dann können wir darauf verzichten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie viele kommen jeden Tag mit dem Flugzeug her?

DR. PLATE: Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass bisher 294 gekommen sind und dass es bislang für weitere oder auch geplante Flüge keine Ausreisegenehmigungen gegeben hat. Es hat überhaupt keinen Sinn, irgendeine Zahl von statistisch soundso viel Flügen pro Tag zu nennen. Es ist doch auch völlig irrelevant, ob 294 Flüchtlinge in zwei, drei, zwölf oder 25 Flugzeugen gekommen sind. Ich kann also, ehrlich gesagt, überhaupt keinen Sinn in dieser Frage erkennen. Deswegen kann ich das echt nicht beantworten.

DR. SCHÄFER: Das mit der Einmischung in innere Angelegenheiten ist ja ein Argument, das man immer wieder von Staaten hört, die, was die Rechtsstaatlichkeit, den Zustand der Demokratie und der Freiheitsrechte angeht, irgendwie nicht ein ganz so hohes Niveau zu bieten haben, wie es Deutschland zu bieten hat. Ich glaube, deshalb sind wir, was so etwas angeht, auch eher unempfindlich, weil wir es auch in der innenpolitischen Debatte gewohnt sind, sozusagen tagtäglich mit Kritik der Opposition oder mit Kritik der Medien an der Regierung umzugehen, auch wenn wir natürlich darunter leiden. Deswegen glaube ich, dass wir es gut aushalten, wenn wir auch aus dem Ausland Kritik erfahren, auch wenn es harte Kritik ist. Wir überlassen es dann Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen, das richtig einzusortieren. Ich glaube, wir haben jetzt kein schlechtes Gewissen, was den Zustand der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Deutschland angeht. Ganz im Gegenteil sind wir eigentlich ganz stolz darauf, welche Debatten bei uns geführt werden können und in welcher Weise unsere Demokratie, unser Rechtsstaat und die freiheitlich-demokratische Grundordnung in unserem Land funktionieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Verstehe ich das richtig, dass Sie das schon als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten ansehen?

Frau Demmer, wie bewerteten die Kanzlerin, dass zigtausende Deutsche für ein fremdes Staatsoberhaupt demonstrieren und ihm huldigen?

DR. SCHÄFER: Nein, kein Problem mit der Einmischung in innere Angelegenheiten.

SRS’IN DEMMER: In Deutschland gilt das Recht der freien Meinungsäußerung.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ja, aber es geht ja darum, dass Deutsche einem anderen Staatenführer huldigen. Wie bewerten Sie das?

SRS’IN DEMMER: Auch das ist, solange es friedlich abläuft, von unserem Grundgesetz gedeckt.

FRAGE DR. VON MALLINCKRODT: Mich würde, Herr Plate und vielleicht auch Herr Schäfer, eine Einschätzung Ihrer Ministerien interessieren, die ja ganz genau die Fluchtwege und auch die aktuellen Fluchtbewegungen von Syrien aus beobachten. Gäbe es das EU-Türkei-Abkommen und den Flüchtlingspakt jetzt auf einmal nicht mehr, würden Sie dann aktuell damit rechnen, dass die Flüchtlingszahlen nach Europa wieder steigen würden? Was ich damit meine, ist: Glauben Sie, dass die Situation zurzeit so ist etwa die Fluchtbewegung von Syrien in die Türkei oder die Fluchtbewegungen aus den benachbarten Ländern rund um Syrien , dass dieser Flüchtlingspakt noch so unabdingbar ist, um die Zahl der Flüchtlinge nach Europa gering zu halten?

DR. PLATE: Ich kann ja einmal beginnen. Richtig ist: Das Leid in der Welt wird nicht weniger. Wir beobachten, dass zum Beispiel über das zentrale Mittelmeer eine hohe Zahl an Flüchtlingen kommt, inzwischen, wenn man das mit dem Vorjahreszeitraum vergleicht, auch sogar mehr Flüchtlinge als im Vorjahreszeitraum. Das war nicht immer so. Die Zahl lag lange leicht darunter oder ungefähr auf einem ähnlichen Level. Inzwischen liegt sie darüber. Aber zum Beispiel Syrer und Iraker sind auf dieser Route nach wie vor nur in einem sehr geringen Umfang festzustellen. Das ist also offensichtlich für die Personen aus diesem Gebiet keine Ausweichroute, jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang.

Was die hypothetische Fragestellung angeht, was mit den Personen aus dieser Region oder aus anderen Regionen passieren würde, wenn es eine EU-Türkei-Erklärung nicht gäbe: Möglich ist es, ehrlich gesagt, natürlich, dass die Zahl dann größer werden würde. Aber ich bitte um Nachsicht. Sie erwarten hier seriöse, belastbare Informationen, und ich kann mich an Spekulationen zu dieser Frage, ehrlich gesagt, nicht beteiligen.

DR. SCHÄFER: Nur noch eine Ergänzung zu der Frage von Herrn Rinke, weil die Kollegen es mich haben wissen lassen: Der türkische Außenminister ist ja zum zweiten Mal Außenminister. Er war es schon von August 2014 bis August 2015. Ich glaube, dann hat er Wahlkampf gemacht. Dann ist zwischenzeitlich der damalige Staatssekretär im türkischen Außenministerium, Herr Sinirlioğlu, Außenminister gewesen. Herr Çavuşoğlu war zwischendurch auch einmal Europaminister und war Anfang des Jahrzehnts einige Jahre lang Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats als Abgeordneter des türkischen Parlaments. Aus all diesen Funktionen kennen sich die beiden.

ZUSATZFRAGE DR. VON MALLINCKRODT: Herr Plate, weil Sie gesagt, möglich sei es natürlich, dass die Flüchtlingszahlen dann wieder steigen würden, habe ich eine Nachfrage. Es gibt ja bei Ihnen natürlich Prognosen und Einschätzungen dazu, was wäre, wenn es so wäre, wie die aktuelle Situation ist und was die Fakten sind. Deswegen stelle ich noch einmal die Frage: Ist Ihre Antwort, dass Sie davon ausgehen würden, dass die Zahlen dann wieder in einem erheblichen oder geringen Ausmaß steigen würden? Können Sie das noch einmal ein bisschen konkretisieren?

DR. PLATE: Nein. Wenn Sie sagen, dass wir dazu Prognosen haben, dann muss ich dem widersprechen. Prognosen gibt es dazu nicht. Natürlich beobachten wir, und zwar mit Unterstützung vor allem des AA, sowohl die Situation in Herkunfts- als auch in Transitländern von Flüchtlingen. Wir schauen uns das natürlich sehr genau an. Aber es bleibt bei dem, was ich gesagt habe, und das können Sie, auch wenn Ihnen das sozusagen besser gefallen würde, nicht in eine andere Aussage umdeuten. Ich habe gesagt: Es ist möglich, dass das passieren wird. Aber ich kann das nicht belegen, und ich spekuliere hier auch nicht darüber, ob es passieren wird.

Richtig ist, und das habe ich hier ja schon mehrfach vorgetragen, dass die gesamte Situation sowohl in den Herkunfts- als auch in den Transitländern, was das Funktionieren der EU-Türkei-Erklärung angeht, natürlich nach wie vor eine gewisse Fragilität besitzt. Deswegen müssen wir uns potenziell auf alles einstellen, und das tun wir auch.

DR. SCHÄFER: Die Wahrheit ist, glaube ich: Solange es uns nicht gelingt, im sechsten Jahr dieses Bürgerkriegs in Syrien irgendwie einer politischen Lösung näherzukommen, die den Menschen, die noch in Syrien verblieben sind, aber auch den Menschen, die in der Region Zuflucht gefunden haben, eine echte Perspektive gibt, in ihre Heimat zurückzukehren, müssen wir uns genau so, wie Herr Plate sagte, bei dem Fluchtdruck, der seine Quelle in den fürchterlichen Ereignissen in Syrien wie jetzt zuletzt dem Belagerungsring um Aleppo findet, darauf einstellen, dass alles Mögliche passieren kann.

Ich habe es an dieser Stelle schon sehr häufig gesagt: Ich kann da nur empfehlen, sozusagen so empathisch wie möglich mit diesen Millionen Menschen zu sein, die alles verloren haben, die ihre Heimat nicht freiwillig aufgeben, sondern die aus der Heimat weggebombt worden sind und weiterhin weggebombt werden, die für sich einfach keine Perspektive mehr sehen, in diesem geschundenen Land, wie Syrien eines ist, überhaupt eine Lebensperspektive zu haben, und die deshalb in der Region und anderswo Zuflucht suchen, in allererster Linie erst einmal in der Türkei. Wir müssen davon ausgehen, dass dort vielleicht schon mehr als 3 Millionen Menschen Zuflucht gefunden haben, und man kann das, was die Türkei für diese Menschen tut, gar nicht hoch genug schätzen – einschließlich der Schulbildung für Kinder mit Unterstützung der Europäischen Union und auch von uns, einschließlich der Betreuung und der Integration in den Arbeitsmarkt und einschließlich vieler anderer Dinge, die für eine Perspektive für diese Menschen von großer Bedeutung sind.

FRAGE JUNG: Dies ist einfach nur an Herr Nannt die Erinnerung, dass Sie uns noch etwas zu den Aufklärungsflügen nachreichen wollten.

NANNT: Da schlage ich vor, dass Sie einfach einmal direkt das Einsatzführungskommando anrufen und genau sagen, über welchen Zeitraum Sie Angaben haben wollen. Dann können wir Ihnen genau und detailliert für diesen Zeitraum, den Sie brauchen, auch die Informationen geben.

ZUSATZ JUNG: Ich habe letzte Woche gefragt, ob es Aufklärungsflüge in den Wochen zuvor gab.

NANNT: Sagen Sie einfach das Datum, und dann bekommen Sie das; gar kein Thema.

FRAGE LANGE: Ich hätte gerne vom Finanzministerium gewusst, wie Sie den Ausgang dieses Banken-Stresstests beurteilen und ob es schon Konsequenzen gibt bzw. ob Sie schon Konsequenzen aus dem Ergebnis dieses Tests ableiten können.

DR. KALWEY: Dazu kann ich Ihnen wenig sagen. Für die Konsequenzen müssen Sie sich natürlich an die Aufseher wenden. Das ist ein Stresstest, der von der EBA und der EZB durchgeführt worden ist. Jetzt ist es erst einmal zentral, dass die Ergebnisse und bankenaufsichtlichen Schlussfolgerungen, die aus dem Stresstest resultieren, transparent kommuniziert werden. Das ist aber natürlich nicht an uns.

Zu den einzelnen Ergebnissen: Sie wissen, dass wir uns dazu nicht äußern und das auch nicht kommentieren. Insgesamt kann ich Ihnen vielleicht sagen, dass die Stresstest-Ergebnisse zeigen, dass die deutschen Institute auch für die im Stresstest simulierten erheblichen Verschlechterungen der weltwirtschaftlichen Lage ausreichende Polster gebildet haben. Die durchschnittliche Kapitalisierung der deutschen Banken liegt oberhalb des europäischen Durchschnitts.

FRAGE DR. RINKE: Frau Kalwey, auch wenn Sie einzelne Banken nicht kommentieren wollen, können Sie vielleicht eine Einschätzung über das doch etwas überraschende Abschneiden irischer Banken abgeben, die ja nun auch eher schlecht abgeschnitten haben. Ist das für Sie im Finanzministerium ein Grund zur Besorgnis?

Zweite Frage, auch eher zu einem Land: Gibt es bei Ihnen noch die Besorgnis, dass die italienische Regierung als Konsequenz aus diesen Stresstests und Problemen der Banken eine staatliche Lösung anstrebt?

DR. KALWEY: Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass wir uns jetzt nicht im Einzelnen zu den Stresstest-Ergebnissen äußern, schon gar nicht, wenn es darum geht, die Ergebnisse in anderen Ländern zu kommentieren. Unsere Haltung zum Bereich der italienischen Banken ist bekannt. Der Minister hat sich wiederholt dazu geäußert. Es liegt jetzt, wie gesagt, in der Verantwortung der gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dabei ist uns wichtig, und das hat auch der Minister immer wieder betont, dass die geltenden Regeln eingehalten werden.

FRAGE DR. KÜRSCHNER: Frau Moosmayer, ich habe eine Frage zum automatisierten Autofahren. Die „BILD“-Zeitung meldet ja, dass dafür sechs Städte ausgewählt worden sind. Wenn das so ist, was wird denn dann ab wann passieren?

Was heißt „Realverkehr“? Mit diesem Wort wird der Minister ja zitiert. Was bedeutet das in den Städten? Was ändert sich?

MOOSMAYER: Vielen Dank, Herr Kürschner. Das ist die logische Weiterentwicklung des „Digitalen Testfelds Autobahn“, das wir ja seit einem Jahr auf der A9 haben. Die Testfelder sind dazu da, dass die Unternehmen und Hersteller innovative Entwicklungen hinsichtlich des automatisierten Fahrens in der Praxis erproben können. Das passiert auf Initiative der Hersteller selbst. Das heißt, die schlagen uns vor, was sie dort machen wollen, und das können sie dann eben dort in den realen Zusammenhängen machen.

Dieses Testfeld wird jetzt auf kommunale Testfelder ausgeweitet. Der Minister hat ja auch angekündigt, dass man in diesen doch sehr komplexen städtischen Verkehren ebenfalls Innovationen testen möchte. Das sind jetzt die ersten sechs Städte, die auf Grundlage bestimmter Kriterien ansässige Unternehmen und andere Voraussetzungen, die diese Städte mitgebracht haben ausgewählt worden sind. Die Liste ist nicht abschließend. Sie ist offen. Es können noch weitere hinzukommen.

Für diese Anwendungen stehen insgesamt 80 Millionen Euro bereit. Wie die verteilt werden, hängt davon ab, wie die konkreten Vorschläge nachher ausgestaltet sein werden.

ZUSATZFRAGE DR. KÜRSCHNER: Ab wann geht es los?

MOOSMAYER: Es geht jetzt los. Die Anträge sind jetzt gestellt worden. Was dann tatsächlich vor Ort zu sehen sein wird, hängt wirklich davon ab, wie komplex die Vorschläge sind. Manchmal sind Infrastruktureingriffe notwendig bzw. Dinge müssen montiert werden. Andere Dinge können relativ schnell ohne Infrastruktureingriffe passieren. Das hängt jetzt davon ab, was dann im Einzelnen vorgeschlagen wird.

FRAGE JUNG: Herr Nannt, dieses Wochenende gab es im Regierungsviertel ja eine angemeldete Demonstration von Rechtsextremen, für die, glaube ich, 5000 Menschen angemeldet waren. Es sind am Ende ein paar weniger geworden. Es war angemeldet, durch die Reinhardtstraße laufen zu wollen. Da ist die Bundeswehr-Redaktion. Mir ist am Freitag aufgefallen, dass jegliche Hinweise auf die Präsenz der Bundeswehr-Redaktion in dem Gebäude in der Reinhardtstraße verschleiert wurden, und zwar mit Mülltüten auf den Schildern und Tarn-Tesa auf den Klingeln. Man hat also völlig versteckt, dass es dort die Bundeswehr gibt. Mich würde interessieren, warum das geschehen ist. Ist Abtauchen die beste Verteidigung?

NANNT: Dieses Thema das sage ich ganz ehrlich sagt mir überhaupt nichts. Aber ich wüsste auch nicht, was daran jetzt ministerielles Handeln wäre. Dazu kann ich nichts sagen. Das weiß ich wirklich nicht. Das habe ich noch nicht gehört.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie uns nachreichen, warum das geschehen ist und warum man da offensichtlich Angst hat?

NANNT: Ich habe es Ihnen gerade gesagt: Ich wüsste jetzt nicht, was daran ministerielles Handeln wäre. Das müsste ich prüfen. Ich muss mich da erst einmal schlaumachen.

ZURUF JUNG: Es geht um die Bundeswehr-Redaktion, die Teil der Bundeswehr ist.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Dr. Schäfer, ich habe zwei Fragen zum Iran. Irans Revolutionsführer hat heute das Nuklearabkommen sehr scharf kritisiert und gesagt, dass es immer noch nicht zu spürbaren Erleichterungen im Alltagsleben der Iraner gekommen sei, dass die Amerikaner diese Erleichterungen in den Verhandlungen weiterhin torpedierten und das auch weiterhin nicht alle Sanktionen aufgehoben seien. Dazu hätte ich gerne einfach eine Reaktion.

Eine zweite Frage: Die EU-Außenbeauftragte, Frau Federica Mogherini, hat sich für eine Beitrittsperspektive des Iran in der Welthandelsorganisation ausgesprochen. Wie steht Ihre Regierung dazu?

DR. SCHÄFER: Auf die zweite Frage habe ich keine gute Antwort. Vielleicht kann das federführende Wirtschaftsministerium dazu etwas sagen.

Zur ersten Frage vielleicht nur so viel: Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass sich die E3+3 inklusive Deutschlands an Buchstaben und Geist der Vereinbarungen vom 14. Juli 2015 halten und gehalten haben. Wir haben unverzüglich nach dem Inkrafttreten des Abkommens all das getan, zu dem wir uns verpflichtet haben, nämlich insbesondere die Suspendierung und Aufhebung aller relevanten Sanktionen. Es ist jetzt unsere Hoffnung, und es gibt auch ganz konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Folgen für den Handel und vielleicht auch für Investitionen im Iran aus Deutschland und aus den anderen Staaten der E3+3 zeitigt.

Ich meine zu wissen, dass sich die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Iran in den letzten Monaten mit zweistelligen Wachstumsraten ganz positiv entwickelt haben. Wenn das eine Folge der Wiener Vereinbarungen vom 14. Juli und ihres Inkrafttretens vom Januar dieses Jahres ist, dann wäre das ganz in unserem Sinne. Dafür hat sich die Bundesregierung eingesetzt. Der Außenminister ist mehrfach in Teheran gewesen im Oktober des letzten Jahres und im Februar dieses Jahres , der Wirtschaftsminister ist im Iran gewesen, und die Wirtschaftsdelegationen aus den Bundesländern sind auch zahlreich im Iran gewesen. Das heißt, an einer tatkräftigen Unterstützung vonseiten der deutschen Politik zur Förderung von Handel und Investitionen mangelt es sicher nicht.

Probleme, die sich etwa aus Schwierigkeiten im Zahlungswesen wegen Sanktionen ergeben, die außerhalb des Rahmens der Wiener Vereinbarungen über das iranische Atomprogramm noch bestehen sollten, etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika, erkennen wir. Daran arbeiten wir auch im Kontakt mit unseren amerikanischen Freunden und Partnern.

Ansonsten ist es natürlich Aufgabe der iranischen Regierung, dafür zu sorgen, dass sich die neuen Möglichkeiten und Chancen, die die Aufhebung der Sanktionen bietet, auch in sozialem und wirtschaftlichem Wachstum im Iran niederschlagen. Dafür kann man die Bundesregierung nun weiß Gott nicht auch noch verantwortlich machen, sondern das ist eine Aufgabe der iranischen Regierung. Unsere Zusagen und auch das, was wir vorher in Aussicht gestellt haben, haben wir auf Punkt und Komma eingehalten.

ZUSATZ TOWFIGH NIA: Sie haben den Spielball jetzt natürlich auf die iranische Seite zurückgeschmissen. Dennoch ist das Bankenproblem ja weiterhin akut. Das heißt, es kommt kein Handel zustande, solange große Banken nicht bereit sind, große Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Dabei ist ja Amerika das Problem.

DR. SCHÄFER: Es kann sein, dass Sie recht mit dem haben, was Sie sagen. Nun ist es so, dass private Banken angesichts ihrer Risiko- und Chancenanalyse selbst entscheiden, welche Geschäfte sie tätigen und welche Finanzierungen sie vornehmen. Das ist nicht etwas, auf das jetzt die Bundesregierung oder die Regierungen der anderen E3+3-Staaten unmittelbaren, direkten Einfluss hätten.

Es hat in der Vergangenheit in Berlin auch unter Beteiligung des Auswärtigen Amtes Gespräche mit deutschen oder europäischen Banken gegeben. Ich weiß, dass unsere britischen und französischen Partner genau das Gleiche getan haben, um immer wieder zum Ausdruck zu bringen, dass es vonseiten der deutschen und der europäischen Politik keine Hindernisse und Hemmnisse für ein Engagement europäischer Banken bei der Finanzierung von Handels- oder Investitionsgeschäften mit dem Iran gibt. Ich kann hier auch öffentlich bekräftigen, dass das so ist.

Aber Sie haben recht, Herr Towfigh Nia: Es gibt in der Tat noch Sanktionen in den Vereinigten Staaten von Amerika, die womöglich aus Sicht bestimmter Banken ein Risikopotenzial beinhalten, die deshalb selbstständig abwägen, in welcher Weise sie sich im Iran-Geschäft engagieren.

DR. BRAAMS: Wir haben diese Äußerungen zur Kenntnis genommen. Ich kann sie jetzt nicht näher kommentieren. Wie auch von Herrn Schäfer ausgeführt wurde, ist es für uns wichtig, dass diese Prozesse mit der Aufhebung der Sanktionen jetzt gut voranschreiten und dass die Umsetzungsarbeiten gut laufen. Bislang sind wir mit der Umsetzung auf EU-Ebene sehr zufrieden. Natürlich muss sich das alles bewähren. Wir sind in der Phase, in der die Unternehmen gerade erst wieder Geschäftsbeziehungen aufnehmen. Wir beobachten diese Lage sehr genau. Wie Sie wissen, gibt es Kontakt. Es gab Auslandsreisen des Ministers und der Staatssekretäre zu diesem Thema.

Das Gleiche gilt auch hinsichtlich des Themas der Banken. Auch da gibt es ja auch unter Mitwirkung unserer Seite die verschiedenen Guidelines, die dazu veröffentlicht worden sind. Wir stehen auch in Kontakt mit den deutschen Banken, um dort eben darauf hinzuwirken, dass es eine mögliche Intensivierung und eine Beschleunigung der Intensivierung der deutsch-iranischen Finanzbeziehungen geben kann.

FRAGE HÜBSCHEN: Frau Dr. Braams, zur Ministererlaubnis in Sachen Edeka/Tengelmann: Wieso hat Minister Gabriel bei seiner Pressekonferenz die Gespräche zwischen Herrn Mosa, Herrn Bsirske und ihm selbst nicht angesprochen? Waren das Sechs-Augen-Gespräche? Warum hat er die Gespräche mit Herrn Joos nicht angesprochen?

DR. BRAAMS: Vielen Dank für die Frage. Vielleicht zunächst einige Anmerkungen vorab: Der Minister hat in seiner Pressekonferenz am 13. Juli Stellung zu Hauptkritikpunkten des Oberlandesgerichts Düsseldorf genommen. Diese Pressekonferenz hat er gegeben. Man darf das jetzt nicht mit einer Anhörung, einem Gerichtsverfahren oder Ähnlichem vergleichen, sondern er ist ja sehr ausführlich in seiner einstündigen Pressekonferenz auf diese Hauptkritikpunkte eingegangen. Das, was er dort gesagt hat, finden Sie auch alles auf unserer Internetseite.

Zum anderen haben wir zu diesem Punkt ja auch noch einmal in der Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage Stellung genommen. Das sind die Anfragen 78 und 79 aus dem Monat Juli. Auch dies ist auf unserer Internetseite veröffentlicht worden.

Wichtig ist es dem Minister in seiner Pressekonferenz gewesen, seine Auffassung zu den Hauptkritikpunkten zu verdeutlichen. Er hat klargestellt, dass es entgegen der Auffassung des OLG Düsseldorf keine Vier- oder Sechs-Augen-Gespräche und auch keine Geheimgespräche mit den Herren Haub und Mosa gegeben habe das möchte ich noch einmal zurückweisen , sondern dass eben die verfahrensleitenden Beamten im BMWi diese Gespräche wie üblich vorbereitet haben und auch anwesend waren.

ZUSATZFRAGE HÜBSCHEN: Können Sie noch einmal begründen, warum es Gespräche mit Herrn Bsirske und Herrn Mosa gegeben hat? Es war auch noch offen, ob das ein Sechs-Augen-Gespräch war.

DR. BRAAMS: Auch das wird in der Antwort auf die Parlamentarische Anfrage, auf die ich ja schon hingewiesen hatte, dargestellt. All diese Gespräche sind, wie wir schon dargestellt haben, üblich, möglich und zulässig; das möchte ich hier noch einmal betonen. Ich möchte auch noch einmal betonen, dass wir auch die klare Rechtsauffassung vertreten, dass das Verfahren regelgerecht abgelaufen ist; denn alle Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zum rechtlichen Gehör. Auch in der Pressekonferenz am 13. Juli, die Sie angesprochen haben, hat der Minister bereits betont, dass es diese Gespräche mit Antragstellern und Gewerkschaften gegeben habe. Wir haben dann noch einmal konkretisiert, dass es dieses Gespräch am 22. Dezember gegeben hat, vermittelt von Wirtschaftsminister Gabriel, aber eben auch unter Teilnahme von Herrn Bsirske. Den genauen Wortlaut finden Sie also, wie gesagt, in der Antwort auf die Parlamentarische Anfrage.

All diese Gespräche sind in einem solchen Verfahren absolut üblich. Sie dienen der internen Willensbildung, und sie haben Eingang in diese interne Willensbildung gefunden. Gerade die ist im Verfahren der Ministererlaubnis entscheidend, denn nur so ist der Minister beispielsweise zu der Entscheidung gelangt, dass der ursprüngliche Antrag von Edeka so nicht ausreichend ist. Deshalb sind gerade die sehr harten, aufschiebenden Bedingungen ergangen. Diese Bedingungen dienen der Sicherung von Arbeitsplätzen und dem Gemeinwohlgrund, den wir hier ja sehr deutlich gemacht haben. Genau darum ist es wichtig, dass diese Gespräche geführt werden. Sie haben Eingang in diese Nebenbestimmungen gefunden, und entsprechend dieser Nebenbestimmungen hat es eine ausreichende Möglichkeit für rechtliches Gehör der Beteiligten gegeben.

ZUSATZFRAGE HÜBSCHEN: Ich habe es immer noch nicht genau verstanden. Am 22. Dezember gab es also dieses Gespräch zwischen Mosa, Bsirske und Gabriel. Waren die Herren dabei zu dritt, oder war da noch jemand dabei?

Letzter Zusatz: Sie haben darauf hingewiesen, dass das nach Ihrer Auffassung rechtlich alles in Ordnung gewesen sei. Heißt das, das Wirtschaftsministerium hält auch daran fest, gegen diesen vorläufigen Beschluss des OLG eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen zu wollen?

DR. BRAAMS: Vielleicht noch einmal zu Ihrer letzten Frage: Ob wir Rechtsmittel einlegen werden, prüfen wir derzeit. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Wir prüfen, ob wir Rechtsmittel einlegen werden.

ZUSATZFRAGE HÜBSCHEN: Gibt es da eine Deadline? Müssen Sie das also bis zu einem bestimmten Zeitpunkt tun?

DR. BRAAMS: Es gibt dafür eine Frist. Die Frist beträgt einen Monat. Sie können sicher sein, dass wir innerhalb der Frist fristgemäß und ordnungsgemäß darüber entscheiden werden, ob wir Rechtsmittel einlegen werden.

Vielleicht lassen Sie mich zum Punkt des Gesprächs am 22. September dann noch einmal aus der Antwort auf die Parlamentarische Anfrage zitieren, in der das ja dargelegt ist:

„Auf Initiative von Herrn Mosa hat Bundesminister Gabriel im Nachgang des Gesprächs vom 18. Dezember 2015 kurzfristig ein Gespräch von Herrn Mosa mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft ver.di, Herrn Frank Bsirske, vermittelt. Dieses Gespräch fand am 22. Dezember 2015 im Beisein von Bundesminister Gabriel statt. Es diente dem Meinungsaustausch beider Herren über die Erfolgsaussichten möglicher Tarifverhandlungen und hatte keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens zur Ministererlaubnis.“

FRAGE JUNG: Frau Braams, wenn das alles nicht heimlich war, wenn sich Herr Gabriel mit dem Edeka-Chef und dem Tengelmann-Chef trifft, warum gibt es davon dann keine Protokollnotizen?

DR. BRAAMS: Wie gesagt, ich weise noch einmal den Vorwurf der Geheimgespräche zurück. Die Verfahren sind in dieser Form üblich, zulässig und möglich, und sie sind hinreichend dokumentiert worden. Die dazu notwendigen Gesprächsvorbereitungen gibt es in der Verfahrensakte. Das ist nach unserer Rechtsauffassung eine ausreichende Dokumentation.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können wir die Dokumentation auch vorgelegt bekommen?

Wenn der Edeka-Chef und der Tengelmann-Chef eine Audienz mit dem Minister haben wollen, dann bekommen sie sie, aber wenn der Rewe-Chef eine haben will, dann bekommt er sie nicht. Warum nicht?

DR. BRAAMS: Auch hierzu kann ich noch einmal auf die Pressekonferenz am 13. Juli verweisen, denn zu dieser Frage hat der Minister dort Stellung genommen. Es gibt in diesem Verfahren eben Antragssteller das sind die Herren Haub und Mosa und es gibt Verfahrensbeteiligte. Das ist eben ein rechtlicher Unterschied, deshalb wurde mit dem Antragsstellern eben gesprochen und mit den Verfahrensbeteiligten nicht. Aber auch hier noch einmal der Hinweis: Alle Verfahrensbeteiligten hatten mehrmals die Möglichkeit zum rechtlichen Gehör.

FRAGE JUNG: Können wir die Gesprächsinhalte einsehen?

DR. BRAAMS: Auch hier noch einmal der Hinweis: Die Antworten auf die Parlamentarischen Anfragen werden bei uns auf der Internetseite veröffentlicht. Darin wird dargelegt, was dazu darzulegen ist. Es gibt auch noch weitere Parlamentarische Anfragen, die wir jetzt alle zügig beantworten werden, und wie üblich werden wir die Antworten veröffentlichen.

FRAGE LANGE: Ich hätte noch eine Frage an das Landwirtschaftsministerium zur Moskaureise des Ministers. Die Pressemitteilungen habe ich gelesen. Was mir noch nicht ganz klar ist: Es wurde auch über die russischen Sanktionen gegen europäische Agrarprodukte gesprochen. Was ist denn nun dabei herausgekommen? Die Deadline auf russischer Seite ist ja der 5. August, wenn ich das richtig weiß. Hat Moskau signalisiert, dass die Sanktionen an der Stelle vielleicht gelockert oder aufgehoben werden?

HEINZELMANN: Vielen Dank für die Frage. Vielleicht ganz kurz noch einmal zur Einordnung, weil das häufig durcheinandergebracht wird: Russland hat als Teil der Reaktionen auf die Sanktionen Europas ein sogenanntes Lebensmittelembargo gegen Lebensmittel aus Europa und damit auch aus Deutschland erhoben. Bundesminister Schmidt hat auf seiner Reise in Moskau gegenüber allen Gesprächspartnern deutlich gemacht, dass die Aufhebung der EU-Sanktionen ganz klar mit der Umsetzung des Friedensabkommens Minsk 2 zusammenhängt. Darüber hinaus ist nicht über konkrete Daten gesprochen worden, sondern es ging generell darum auszuloten, wie auch im Rahmen bzw. ohne Umgehen des russischen Lebensmittelembargos die Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten weiterhin möglich ist.

ZUSATZFRAGE LANGE: Ich würde das gerne noch auf das Außenministerium erweitern: Und zwar hat Herr Schmidt sich die Auffassung von Herrn Steinmeier zu eigen gemacht, dass man die Sanktionen gegen Russland sukzessive Schritt für Schritt zurückführen könne. Was ist denn da beim Außenministerium der aktuelle Stand? Gibt es jetzt schon so viel Bewegung bei der Umsetzung des Minsker Abkommens, dass das möglich ist?

Frau Demmer, auch an Sie die Frage: Mein letzter Stand, was die Kanzlerin und das Kanzleramt insgesamt angeht, ist, dass man das im Kanzleramt so nicht so sieht, also dass man sich gegen eine schrittweise Aufhebung der Sanktionen ausgesprochen hat. Gibt es da einen neuen Stand?

DR. SCHÄFER: Zunächst würde ich mich ausdrücklich hinter das stellen, was der Landwirtschaftsminister ich glaube, der „BILD“-Zeitung“ letzte Woche gesagt hat. Er hat, glaube ich, expressis verbis gesagt korrigieren Sie mich, wenn es nicht stimmt : „Käse statt Krise“. Es wäre schön, wenn uns das bald gelingen könnte. Dafür, dass unsere Landwirte, europäische Landwirte, bald auch wieder ihre qualitativ hochwertigen Agrarprodukte den russischen Konsumenten zum Kauf anbieten können, gibt es natürlich auch Unterstützung aus dem Auswärtigen Amt. Die russischen Sanktionen sind offensichtlich nach dem Motto „Wurst und Widerwurst“ Thema Landwirtschaft die Reaktion auf unsere Sanktionen. Sie sind vor einiger Zeit auch wieder verlängert worden. Das bedauern wir, weil es natürlich auch Folgen für den russischen Agrarmarkt hat die Preise gehen hoch, es gibt Mangelerscheinungen. Ich weiß nicht, ob das alles im Interesse des russischen Konsumenten ist.

Sie haben aber nach dem Stand der Minsker Verhandlungen im Normandie-Format gefragt, Herr Lange. Der Sachstand ist wie folgt: Es ist richtig und bleibt so, dass die Sanktionen eine Funktion der Fortschritte in der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen sind. Wenn wir also Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen erzielen, dann das ist die feste Überzeugung des Außenministers, die er auch letzte Woche in mehreren Interviews zum Ausdruck gebracht hat bestünde auch die Möglichkeit, die Sanktionen sukzessive zu lockern.

Hinter den Kulissen wir sind eigentlich ganz froh darum, dass das Schlaglicht der Öffentlichkeit zurzeit in andere Richtungen geht gibt es an der Seite unserer französischen Partner intensive Verhandlungen mit Moskau und Kiew. In einem Interview in der letzten Woche hat Herr Steinmeier davon gesprochen, dass er hofft, dass es bis spätestens September zu auch öffentlich zu erklärenden Fortschritten in den Verhandlungen über die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen kommen kann. Da sind wir noch nicht. Das ist alles furchtbar kompliziert.

Wir bewegen uns im Grunde seit dem Gipfeltreffen vom 1. Oktober 2015 in Paris in drei Baustellen vor und wieder zurück: bei der allgemeinen Frage der Sicherheit, bei der Umsetzung der Minsker Verpflichtungen zur Durchführung von Lokalwahlen und bei der Sicherstellung von Sicherheit für diese Lokalwahlen. Der Fortschritt ist da eine Schnecke. Wir haben bei weitem nicht die Fortschritte erzielt, die wir uns seit Oktober gewünscht hätten. Das hat eine Menge Gründe, die eigentlich ausschließlich in Moskau und in Kiew zu suchen sind. Die Konfliktparteien sind einfach bislang noch nicht bereit gewesen, die politischen Kompromisse einzugehen, die erforderlich sind, um Minsk umzusetzen. Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung des politischen Prozesses sind insbesondere aus Kiewer Sicht nachvollziehbar.

Gleichwohl können Sie sich darauf verlassen, dass die Bundesregierung und der Außenminister, auch die Kollegen im Kanzleramt und ganz bestimmt auch die Bundeskanzlerin gemeinsam mit unseren französischen Partnern alles tun werden, um darauf hinzuwirken, dass diese politische Kompromissfähigkeit entsteht. Denn es würde niemandem dienlich sein, diesen Konflikt zu verewigen oder gar zu einem „frozen conflict“ zu machen. Das Anschwellen der militärischen Auseinandersetzungen vor Ort im Donbas ist besorgniserregend. Wir werden auch nicht müde, das unseren Gesprächspartnern in Moskau und Kiew zu sagen.

SRS’IN DEMMER: Wie Sie wissen, hat die Kanzlerin auch gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten in den vergangenen eineinhalb Jahren sehr viel Zeit und Kraft investiert, um diesen Konflikt zu entschärfen. In unzähligen Telefonaten und persönlichen Begegnungen ging es vorrangig darum, einen offenen Krieg mitten in Europa zu verhindern. Leider wie Herr Schäfer gesagt hat treten wir in diesem Prozess nun seit Monaten auf der Stelle, was die konkreten Umsetzungen der Vereinbarungen angeht. Trotzdem bedarf es weiter intensiver Bemühungen der Partner im Normandie-Format, da nach Lösungen zu suchen.

FRAGE JUNG: Zum Thema Russland: Herr Schäfer, das Weiße Haus hat seine Sprache gegenüber dem russischen Präsidenten verschärft. Vizepräsident Biden hat Putin einen Diktator genannt. Schließt sich die Bundesregierung dieser Einschätzung mittlerweile an?

DR. SCHÄFER: Nein.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum nicht?

DR. SCHÄFER: Wir würden einen Diktator einen Diktator nennen, wenn er ein Diktator wäre.

ZUSATZ JUNG: Aber Saudi-Arabien nennen Sie ja auch keine Diktatur, sondern ein Königreich.

DR. SCHÄFER: Da würde ich exakt das Gleiche sagen.

FRAGE DR. RINKE: Eine Frage an das Finanzministerium: Es gibt einen Bericht der „BILD“-Zeitung, dass wegen der Negativzinsen Herr Schäuble bzw. das Finanzministerium im ersten Halbjahr 1,5 Milliarden Euro durch die Ausgabe von Bundesanleihen verdient habe. Können Sie das kommentieren oder die Zahl bestätigen?

Können Sie uns vielleicht eine Kalkulation für das Gesamtjahr nennen?

Würden Sie generell sagen, dass durch die höheren Steuereinnahmen und durch diesen Sondereffekt mit den Negativzinsen neue Spielräume im Bundeshaushalt entstehen?

DR. KALWEY: Die Zahlen, die da genannt sind, gehen aus unserem aktuellen Monatsbericht hervor, den Sie auch auf unserer Internetseite finden.

Die Zinsausgaben des Bundes summierten sich im ersten Halbjahr auf rund 7,5 Milliarden Euro. Die größten darin enthaltenen Positionen sind erstens die regulären Zinszahlungen aus den Coupons, die nicht negativ werden können, zweitens die bei Fälligkeit im Bundeshaushalt abgerechneten Zahlungen aus den sechs- und zwölfmonatigen unverzinslichen Schatzanweisungen des Bundes, den sogenannten Bubills, die seit einiger Zeit mit negativen Diskontsätzen begeben werden, und drittens die Agien und Disagien aus neuen Emissionen.

Aus neuen Emissionen wurden 2016 bisher überwiegend Agien eingenommen. Agien ergeben sich, wenn die Rendite bei einer Emission unter dem festgelegten Coupon liegt, was bei negativen Renditen oder aber auch bei fallenden Zinsen der Fall ist. Je nachdem, ob die positiven oder negativen Zahlen überwiegen, ergeben sich entsprechend auch positive oder negative Zinsausgaben. Der aktuelle Monatsbericht für Juni 2016 zeigt, dass die monatlichen saldierten Zinszahlungen im Januar, Februar und April positiv und im März, Mai und Juni negativ waren. In allen Monatsbeträgen sind die genannten Agien aufgrund von negativen Renditen enthalten. Wie gesagt, in drei Monaten sind die saldierten Zinszahlungen negativ.

Mit Blick auf Ihre zweite Frage ist dabei natürlich noch wichtig, dass das unterjährige Zahlen sind. Wir haben gerade die erste Hälfte des Jahre hinter uns, das heißt, wir können jetzt nichts über mögliche Effekte oder mögliche Auswirkungen sagen, keine Prognose treffen und auch keine Stellungnahme dazu abgeben, wie sich das weiterentwickeln wird. Wir müssen einfach die weitere Entwicklung im Laufe des Jahres abwarten.

Das führt mich letztendlich auch zu Ihrer dritten Frage: Wie gesagt, das sind unterjährige Zahlen, und wir müssen uns anschauen, wie die weitere Entwicklung verläuft.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Heißt das jetzt, dass Sie die Zahl von 1,5 Milliarden Euro bestätigen? Ich habe die verschiedenen Positionen, die Sie genannt haben, jetzt nicht nachgerechnet, weil mir der Monatsbericht nicht vorliegt. Stimmt das also, beträgt das Saldo 1,5 Milliarden Euro?

Eine Nachfrage zu dem zweiten Teil: Wenn das zwölfmonatige Anleihen sind, müsste sich der Effekt dann nicht automatisch fortsetzen, sodass auch für das Finanzministerium erkennbar sein müsste, wohin die Zahlen bis Jahresende gehen?

DR. KALWEY: Das wollte ich Ihnen damit eigentlich darstellen. Ich wollte Ihnen aber vor allem auch die Gesamtzahl für das erste Halbjahr nennen, denn die ist ja wichtig: Das sind die 7,5 Milliarden Euro. Die Zahl von 1,5 Milliarden Euro bezieht sich auf die Monate März, Mai und Juni. Noch einmal: Wir müssen jetzt einfach die weitere Entwicklung abwarten. Über irgendwelche möglichen Entwicklungen oder Spekulationen, wie sich das weiterentwickelt, werde ich mich an dieser Stelle auch nicht äußern.

FRAGE OETKER: Frau Moosmayer und Frau Gütte, weckt es denn Begehrlichkeiten, wenn Sie wissen, dass da am Jahresende noch was drin sein könnte, zum Beispiel mit Blick auf die Stichworte Infrastruktur oder Familiengeld?

MOOSMAYER: Ich kann da gerne auf den Investitionshochlauf verweisen, den Minister Dobrindt schon vor einiger Zeit vorgestellt hat, der sicherstellt, dass wir mit 40 Prozent mehr im Haushalt unsere notwendigen Investitionen in die Bundesverkehrswege durchaus tätigen können. Von daher sind wir momentan sehr gut ausgestattet.

GÜTTE: Danke für die Frage. Begehrlichkeiten, ja. Die Ministerin hat in den vergangenen Tagen angekündigt, dass in unserem Hause an einem Gesetzentwurf für die Finanzierung eines Präventionsprogramms gegen Islamismus gearbeitet wird. Wir würden uns natürlich freuen, wenn dafür Gelder fließen.

FRAGE JUNG: Frau Demmer, wie bewertet die Kanzlerin, dass in den letzten Tagen wieder eine neue oder die alte Debatte über ein Burka-Verbot aufgekommen ist?

Herr Plate, weil Sie Verfassungsministerium sind: Ich habe immer gelernt, dass ein generelles Burka-Verbot nicht mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Habe ich das richtig gelernt?

SRS’IN DEMMER: Wie immer, wenn Juristen im Spiel sind, gilt: Es kommt darauf an.

Zur von Artikel 4 des Grundgesetzes geschützten Religionsfreiheit gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten auch in Bezug auf Bekleidungsvorschriften und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln. Artikel 4 überlässt es dabei dem Einzelnen zu entscheiden, welche religiösen Symbole er anerkannt oder verehrt und welche er ablehnt. Die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes verbürgte Glaubensfreiheit ist vorbehaltlos gewährleistet. Einschränkungen müssen sich daher aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu zählen die Grundrechte Dritter sowie die Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang.

Im Rahmen der privaten Lebensgestaltung ist das religiös motivierte Tragen eines Kopftuchs in der Öffentlichkeit als Ausdruck einer bestimmten religiösen Überzeugung durch Artikel 4 des Grundgesetzes geschützt. Anders verhält es sich, wenn die Kopftuch bzw. Gesichtsverschleierung tragende Person im Staatsdienst steht: Hier kollidieren diese Rechte mit dem staatlichem Neutralitätsgebot.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das heißt, ich verstehe Sie richtig, dass die Kanzlerin von einem Burka-Verbot nichts hält?

SRS’IN DEMMER: Ich glaube, Sie haben mich jetzt richtig verstanden, oder? Ich habe jetzt doch wirklich ausführlich berichtet.

DR. PLATE: Ich weiß nicht, ob es von meiner Seite noch sehr viel zu ergänzen gibt. Vielleicht nur Folgendes: Für eine Regelung, die ein pauschales Burka-Verbot enthalten würde, wäre jedenfalls nach der föderalen Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht der Bund zuständig, sondern dafür wären die Länder zuständig. Für den Bund hat sich der Innenminister politisch ja schon mehrfach dazu geäußert, dass er nicht dafür ist. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

FRAGE HÜBSCHEN: Nur noch einmal eine Lernfrage, die lustig klingt, aber nicht so gemeint ist: Heißt das, ich darf eine Burka zur Religionsausübung tragen, aber bei einer Demo, bei der ja das Vermummungsverbot gilt, darf ich das nicht? Welches Recht bricht da also welches?

DR. PLATE: Ich tue mich jetzt, ehrlich gesagt, ein bisschen schwer im verfassungsrechtlichen oder vielleicht auch einfach-rechtlichen Beurteilen von Einzelfallfragen, während mir gleichzeitig aber nicht der ganze Sachverhalt bekannt ist, weil Sie jetzt nur ein Segment des Sachverhalts herausgreifen. Wenn Sie wollen, stellen Sie einmal ein paar Konstellationen zusammen, und dann will ich gerne versuchen, bezüglich dieser Konstellationen nachzureichen, wie das jeweils zu beurteilen ist.

Ich will aber, wenn es sich um das Versammlungsrecht handelt, ehrlich gesagt, jetzt auch nicht zu hohe Erwartungen wecken, weil das Versammlungsrecht bekanntlich Ländersache ist.

FRAGE LANGE: Ich hätte noch gerne das Bundesverteidigungsministerium zum Thema Bundeswehreinsatz im Innern gefragt. Herr Nannt, ich kann mich noch ziemlich genau daran erinnern, dass auch von Ihrer Seite öfter beklagt wurde, dass die Bundeswehr an ihren Grenzen angelangt sei, auch durch die Auslandseinsätze. „Grenzen“ heißt personelle Ausstattung und auch Ausrüstung. Sind Sie in der Lage, das, was die Ministerin jetzt angedacht hat, personell zu leisten, oder brauchen Sie dafür weitere finanzielle Mittel?

Die zweite Frage: Sind Soldaten kraft ihrer Ausbildung, so sie nicht Feldjäger sind, also normale Soldaten, überhaupt in der Lage, hoheitliche Aufgaben im Innern wahrzunehmen?

NANNT: Vielleicht fange ich mit der zweiten Frage an. Zu den Fähigkeiten: Wenn man das Spektrum der Bundeswehr insgesamt sieht, dann stellt man fest, dass wir natürlich vielfältige Fähigkeiten anbieten können, seien es Leistungen im Bereich Sanität, ABC, Pionierleistungen, Kampfmittelabwehr, Logistik und vielleicht auch psychologische Betreuung. Unsere Sanitäter haben auch im Bereich Schuss- und Brandverletzungen vielseitige Erfahrungen. Das heißt, wir können dort letztendlich unterstützen.

Wichtig ist das habe ich schon letzte Woche deutlich gemacht; das hat auch die Ministerin wiederholt deutlich gemacht erst einmal die Verantwortung der Polizei. Das heißt, dies wäre immer nur eine Unterstützungsleistung, wenn die Polizei an ihre Kapazitätsgrenzen stößt.

Ein Beispiel: Unsere Militärpolizei übt auch im Ausland vielfältige Tätigkeiten aus, die genauso Polizeitätigkeiten bzw. ihnen sehr ähnlich sind. Wir haben diese Fähigkeiten und können dort auch unterstützen.

Ihre erste Frage betraf die Ressourcen. Wir sprechen dann natürlich von ganz klaren Ausnahmefällen. Beispielsweise bei einer terroristischen Großlage geht es darum, in solchen Ausnahmesituationen wirklich zu reagieren. Natürlich können wir in solchen Ausnahmesituationen unterstützen. Uns ist es wichtig, einsatzbereite Kräfte dafür zu haben. Um einsatzbereite Kräfte haben zu können, ist es uns wichtig, dass wir das auch einüben. Auch das habe ich schon dargestellt.

Wie geht es weiter? Wir treffen uns im Spätsommer im Bereich der Verteidigungsministerin, des Innenministers, der Innenministerkonferenz und der Sprecher der A- und B-Länder und besprechen dort Szenarien und den weiteren Weg. Ziel ist, noch im Herbst dieses Jahres eine Stabsrahmenübung durchzuführen. Hierbei geht es aber nicht um Fähigkeiten, sondern das Entscheidende sind für uns Verfahren, Meldewege, Abläufe, Informationswege und Alarmierungsketten. Das wollen wir trainieren und einüben, sodass wir im Bedarfsfall unterstützen können, wie die Polizei oder auch die Länderbehörden dies benötigen.

ZUSATZFRAGE LANGE: Sie sind jetzt meiner einen Frage geschickt ein bisschen ausgewichen. Ich habe ja extra „nicht Feldjäger“ gesagt. Dass Feldjäger das können, das weiß ich. Ich meine aber normale Soldaten. Oder ist gar nicht daran gedacht, normale Soldaten, also Wehrdienstleistende, beispielsweise im öffentlichen Straßenverkehr einzusetzen?

NANNT: Es macht jetzt keinen Sinn, über irgendwelche konkreten Einzelfälle zu sprechen, sondern es geht insgesamt um die Unterstützungsleistung. Man muss dann immer sehen, wie die Situation ist. Deswegen wollen wir das jetzt trainieren, einstudieren und üben. Natürlich kann die Bundeswehr auch im Bereich hoheitlicher Tätigkeiten unterstützen, und zwar im Rahmen ihres verfassungsrechtlichen Auftrags. Dann werden diejenigen Kräfte bereitgestellt, die jeweils von der Polizei zu einer Unterstützungsleistung angefordert werden. Klar, natürlich können wir unterstützen.

FRAGE JUNG: Herr Nannt, wie ist die Definition einer terroristischen Großlage?

NANNT: Ich mache jetzt hier keine Definition einer terroristischen Großlage. Das ist ein ganz klarer Punkt, wie es im Grundgesetz vorgegeben ist. Es könnte ein Szenario sein, dass es an einem Ort oder vielleicht an mehreren Orten zu Tätigkeiten von Terroristen kommt. Aber ich mache jetzt hier keine Definition, weil ich auch gar kein Jurist bin, der so etwas machen kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Es gibt ja bestimmt Juristen im Verteidigungsministerium. Könnten Sie uns die Antwort nachreichen? – Danke schön.

NANNT: Sie haben keine Frage gestellt. Sie haben letztlich nur gesagt, was ich machen soll.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie uns die Antwort bitte nachreichen?

NANNT: Ich prüfe, ob ich dazu etwas nachreichen kann.

ZUSATZ JUNG: Das werden Sie ja wissen. Wenn Sie von einer terroristischen Großlage sprechen, was Sie immer wieder wiederholen, dann sollten Sie uns einmal sagen, was Sie darunter verstehen.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Der Sprecher hat gesagt, er werde das prüfen.

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