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Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 11. November 2016

Streit(er) kehrt zurück ► BPK vom 11. November 2016

Themen: Personalie, Termine der Bundeskanzlerin (9. Integrationsgipfel der Bundesregierung, Besuch der Jugendfeuerwehr in Berlin-Wedding, Deutscher Arbeitgebertag 2016, Kabinettssitzung, Nationaler IT-Gipfel 2016, Besuch von US-Präsident Obama in Berlin, Treffen der Bundeskanzlerin und des US-Präsidenten mit den Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Großbritanniens, Spaniens und Italiens, Gespräch mit dem spanischen Ministerpräsidenten, Gespräch mit der britischen Premierministerin), Reise des Bundesaußenministers in die Türkei, Gespräch der Außenminister der Europäischen Union zur Wahl des US-Präsidenten, EU-Außenrat, Telefonat der Bundeskanzlerin mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump, Klimaschutzplan 2050, Arbeit der Untersuchungskommission Volkswagen, Diskussion um Schuldenerleichterungen für Griechenland, Angriff auf das deutsche Generalkonsulat in Masar-e-Scharif, Terminabsage der Bundeskanzlerin beim VDMA, auf Facebook veröffentlichte Karte mit jüdischen Einrichtungen in Berlin

Naive Fragen zu:
Merkels Dinner mit Obama
– Sie sagten, dass das Abendessen im kleineren Rahmen stattfinden wird. Was heißt das, wer wird daran noch teilnehmen eventuell auch Wirtschaftsvertreter? (7:35 min)
– Können Sie uns nachreichen, wer diese herausragenden Persönlichkeiten sind?
– Sie sagten uns, was die Kanzlerin am Telefon Herrn Trump mitgeteilt hat. Was hat Herr Trump denn Frau Merkel mitgeteilt? (15:33 min)
– hat sich der Außenminister, der oberste Diplomat des Landes, schon dazu durchgerungen, Herrn Trump zu gratulieren? Wenn nein: Warum nicht? (15:33 min)
– Gibt es denn Themen, über die man mit Obama nächste Woche noch reden sollte, die der Kanzlerin wichtig sind und die vielleicht noch dringend gelöst werden sollten? Ich denke da zum Beispiel an die Drohnenmorde über Ramstein, denn die Drohnen stehen jetzt ja Herrn Trump zur Verfügung. (17:30 min)

Klimaschutzplan (ab 20:00 min)
– können Sie einmal erläutern, was ein Umlaufverfahren ist? (23:50 min)
– wann möchte das BMWi das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland abgeschaltet sehen? was ist die Position des Umweltministeriums zu dieser Frage? (23:50 min)

Steinmeiers Reise in die Türkei
– Sie hatten jetzt kein Treffen mit Oppositionellen angekündigt. Wie kommt das? (26:50 min)
– Heißt das, der Außenminister wird in ein Gefängnis gehen, in dem zum Beispiel die HDP-Chefs sitzen? (30:40 min)

Angriff auf deutsches Generalkonsulat in Masar-e-Scharif (ab 40:35 min)
– die Taliban haben sich zu diesem Anschlag so geäußert, dass das ein Vergeltungsanschlag gegen die Bundesrepublik war. Sie haben uns in den letzten Tagen immer wieder gesagt, dass der Luftangriff der Amerikaner letzte Woche, bei dem mehrere Dutzend Zivilisten gestorben sind, keine Operation im Rahmen von Resolute Support war. Sie sind die Einzigen, die das nicht sagen. Resolute Support selbst spricht auch davon, dass das eine Operation war. Darum noch einmal: War der Luftangriff in der letzten Woche ein Angriff von Resolute Support? War die Bundeswehr daran beteiligt? (45:50 min)
– Herr Schäfer, Sie haben in den letzten Jahren die Taliban immer wieder nicht als Terroristen bezeichnet. Eben haben Sie es getan. Das heißt, jetzt sind die Taliban nicht mehr die „Insurgenz“, sondern Terroristen? (45:50 min)
– werden Afghanen aus Deutschland zurück nach Masar-e-Scharif geschickt? (45:50 min)
– Das heißt, Sie sehen gar keinen Zusammenhang zwischen dem US-Luftangriff, der letzte Woche den Taliban gegolten hat, aber mehrere Dutzend Zivilisten getötet hat, und dem Anschlag gestern? (55:20 min)

 
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 11. November 2016:

FICHTNER: Es gibt eine neue Kollegin im Pressereferat des BMUB, Friederike Langenbruch. Sie wird sich Ihnen kurz vorstellen.

LANGENBRUCH: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich sehr, heute hier zu sein. Noch einmal: Friederike Langenbruch ist mein Name. Ich bin seit dem 1. September im Team von Nikolai Fichtner und Michael Schroeren, und ich war vorher einige Jahre Pressesprecherin beim Flughafenverband. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.

VORS. MAIER: Vielen Dank, Frau Kollegin. Wir wünschen Ihnen eine angenehme und interessante Zusammenarbeit. Herzlich willkommen! Das Wort hat jetzt Herr Streiter.

SRS STREITER: Guten Tag, Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie üblich zunächst einmal der Ausblick auf die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche:

Einen Termin hatten wir Ihnen bereits am Mittwoch angekündigt, deshalb möchte ich nur noch einmal ganz kurz daran erinnern: Am Montag, dem 14. November, lädt die Bundeskanzlerin zum 9. Integrationsgipfel ins Bundeskanzleramt ein. Der Gipfel dient dem Austausch über erfolgreiche Ansätze zur besseren Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft.

Vor diesem Gipfel, ab 10 Uhr, besucht die Kanzlerin die Jugendfeuerwehr in Berlin-Wedding. Diese ist ein besonders gutes Beispiel für gelungene interkulturelle Öffnung und Partizipation.

Am Dienstag, dem 15. November, wird die Bundeskanzlerin am Deutschen Arbeitgebertag 2016 der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, teilnehmen und dort gegen 10.30 Uhr eine Rede halten. Darin wird sie insbesondere auf aktuelle wirtschaftspolitische Themen eingehen.

Am Mittwoch tagt wie üblich um 9.30 Uhr das Bundeskabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin.

Am Donnerstag, dem 17. November, wird die Bundeskanzlerin am Nationalen IT-Gipfel 2016 teilnehmen. Dieser Gipfel findet in Saarbrücken statt. Die Bundeskanzlerin wird dort gegen 10.45 Uhr eintreffen. Bei einem kurzen Rundgang wird sie zunächst verschiedene Präsentationen zu digitalem Lernen und Wissen besichtigen. Gegen 11.25 Uhr wird die Bundeskanzlerin eine Rede halten, in der sie unter anderem auf die Chancen und Herausforderungen der digitalen Bildung eingehen wird.

Schließlich wird am Donnerstag US-Präsident Barack Obama in Berlin erwartet. Wir freuen uns, dass der Präsident die entsprechende Einladung der Bundeskanzlerin angenommen hat. Präsident Obama wird am Donnerstag um 15.15 Uhr zunächst von der Bundeskanzlerin im Bundeskanzleramt begrüßt. Danach werden beide ein bilaterales Gespräch führen. Anschließend ist eine gemeinsame Pressebegegnung geplant. Für den Abend hat die Bundeskanzlerin Präsident Obama zu einem gemeinsamen Abendessen in einem kleineren Rahmen in das Bundeskanzleramt eingeladen.

Im Rahmen des Besuchs von Präsident Obama findet am folgenden Tag, am Freitag, dem 18. November, um 10 Uhr ein Treffen mit weiteren Staats- und Regierungschefs statt. An diesem Treffen werden der französische Präsident Hollande, die britische Premierministerin May sowie die spanischen und italienischen Ministerpräsidenten Rajoy und Renzi teilnehmen.

Im Anschluss daran wird die Bundeskanzlerin den spanischen Ministerpräsidenten zu einem gemeinsamen Arbeitsmittagessen empfangen. Dies ist der erste Besuch von Ministerpräsident Rajoy in Deutschland nach dessen Wiederwahl zum spanischen Regierungschef; insofern ist es gewissermaßen ein Antrittsbesuch. Im Anschluss an dieses Arbeitsessen ist für 13.30 Uhr eine Pressebegegnung vorgesehen.

Last but not least wird die Bundeskanzlerin gegen 14.15 Uhr noch ein bilaterales Gespräch mit der britischen Premierministerin May führen.

Ein detailliertes Presseprogramm wird Ihnen noch rechtzeitig zugehen.

Soweit zu den öffentlichen Terminen der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche.

VORS. MAIER: Dann hat das Auswärtige Amt noch eine Mitteilung zu machen.

DR. SCHÄFER: Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Der Außenminister hat es gestern bereits selber in seiner Rede in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag gesagt, und ich möchte das hier wiederholen und ein wenig erläutern: Herr Steinmeier wird am Sonntagnachmittag zu einer dreitägigen Reise aufbrechen, die ihn am Dienstag dann in die Türkei, nach Ankara, führt, um dort mit Vertretern der türkischen Regierung und der türkischen Zivilgesellschaft das Gespräch zu suchen. Er tut damit das, was er gestern auch in seiner Rede angekündigt hat, nämlich den Dialog mit Ankara zu suchen, und zwar so breit und so tief, wie das zurzeit nur möglich ist. Ich glaube, es ist für beide Seiten ein sehr schwieriges Jahr gewesen, mit tiefen Zäsuren für die Türkei, mit dem Konflikt mit den Kurden im Südosten des Landes, der täglich Opfer fordert, mit tödlichen Anschlägen des IS auch in der Türkei und dann natürlich mit dem zum Glück gescheiterten Putschversuch im Juli.

Bevor Herr Steinmeier am Montagabend gen Ankara aufbricht, wird er zunächst Zeit in Brüssel verbringen. Für den Sonntagabend das wissen Sie vielleicht schon hat Federica Mogherini, die Hohe Beauftragte für die europäische Außenpolitik, die Außenminister der Europäischen Union zu einem Abendessen eingeladen, bei dem es um Beratungen nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gehen soll.

Am Morgen des Folgetags, also am Montagmorgen, geht es dann gleich mit dem regulären Außenrat der Europäischen Union los. Nicht alle, aber die meisten wichtigen Themen sind auf der Tagesordnung. Es geht um die Türkei, es geht um Syrien, es geht um Irak. Am Montagnachmittag werden sich dann die Außenminister zusammen mit den Verteidigungsministern also auch mit Frau von der Leyen im sogenannten Jumbo-Rat treffen, um miteinander über die globale Strategie der Europäischen Union angesichts der großen außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen für Europa zu sprechen und Europa in diesem Bereich voranzubringen.

Über den Reiseverlauf am Dienstag kann ich Ihnen noch keine ganz konkreten Angaben machen. Die Vorbereitung ist mit unseren türkischen Partnern noch sehr im Fluss, aber Sie können sich denken, dass natürlich Gespräche mit dem türkischen Außenminister und anderen Vertretern der türkischen Regierung auf dem Programm stehen, ebenso wie Termine mit anderen türkischen Parteien und Vertretern der Zivilgesellschaft.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

FRAGE JUNG (zum Besuch des US-Präsidenten): Herr Streiter, Sie sagten, dass das Abendessen im kleineren Rahmen stattfinden wird. Was heißt das, wer wird daran noch teilnehmen eventuell auch Wirtschaftsvertreter?

SRS STREITER: An dem Abendessen werden einige herausragende Persönlichkeiten teilnehmen, die sich in besonderer Weise um die transatlantische Zusammenarbeit gekümmert haben. Ich kann Ihnen da aber keine näheren Auskünfte geben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie uns nachreichen, wer diese herausragenden Persönlichkeiten sind?

SRS STREITER: Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das nachreichen kann. Warten wir einmal ab, wer kommt.

FRAGE RIEDEL: Angesichts des Wahlergebnisses in den USA: Worüber will die Kanzlerin jetzt eigentlich noch im Wesentlichen mit Obama sprechen? Wahrscheinlich war doch eher die Erwartung gewesen, dass die Wahl anders ausgeht und man dann sozusagen einen logischeren Übergang zwischen den Präsidenten gehabt hätte.

SRS STREITER: Ich glaube, die Bundeskanzlerin hat schon in ihrem Statement zur Wahl des neuen amerikanischen Präsidenten ziemlich klar gemacht, dass es hier um eine über jahrzehntelange enge Beziehung zwischen Amerika und Deutschland geht. Insofern kann ich den Bruch, den Sie da sehen, gar nicht erkennen. Im Übrigen gibt es ja auch noch einige sachliche Themen zu besprechen ich werfe nur einmal das Wort TTIP in den Raum.

FRAGE DR. DELFS: Erste Frage: Herr Streiter, hat die Kanzlerin mittlerweile eigentlich mit dem neu gewählten US-Präsidenten gesprochen?

Zweite Frage: Wird sie mit dem noch amtierenden US-Präsidenten denn auch irgendwie über den künftigen US-Präsidenten sprechen? Denn es gibt ja noch relativ viele Unklarheiten, was der eigentlich vorhat.

SRS STREITER: Danke für die Frage. Ich hätte es hier eben neben einem weiteren Punkt auch noch gleich erwähnen können: Die Bundeskanzlerin und der designierte amerikanische Präsident Donald Trump haben gestern miteinander telefoniert. In diesem Gespräch hat die Bundeskanzlerin Donald Trump zu seinem Erfolg bei der Präsidentschaftswahl gratuliert, und sie hat betont, dass Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika durch gemeinsame Werte eng verbunden sind. Die Bundeskanzlerin hat dem designierten Präsidenten auf der Grundlage der traditionell sehr guten und freundschaftlichen Beziehungen beider Länder eine enge Zusammenarbeit zugesagt. Sie freut sich darauf, ihn spätestens zum G20-Gipfel im nächsten Jahr in Deutschland begrüßen zu können.

Den zweiten Teil Ihrer Frage habe ich jetzt schon wieder vergessen.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Das war die Frage, ob sie mit dem noch amtierenden Präsidenten auch über Herrn Trump reden wird. Denn man weiß ja eigentlich noch gar nicht genau, was Herr Trump vorhat. Er hat sich vor der Wahl ja zum Teil sehr extrem geäußert, und da gibt es ja bestimmt auch noch Klärungsbedarf. Erhofft sie sich von ihrem Treffen mit Obama da auch noch ein bisschen Aufklärung?

SRS STREITER: Hier gilt wie immer, dass es schwierig ist, vor einem Gespräch zu sagen, wie dieses Gespräch verlaufen wird. Insofern kann ich dazu jetzt gar nichts sagen.

FRAGE ENGELKE: Herr Streiter, zwei Fragen zu dem Abendessen mit Präsident Obama: Sie hatten gesagt, dass einige herausragende Persönlichkeiten teilnehmen würden. Es wird also eher ein kleineres Abendessen, keine große Runde?

SRS STREITER: Wie Sie schon am Ort der Veranstaltung sehen das findet ja im Kanzleramt statt , ist die Größe ordentlich begrenzt.

ZUSATZFRAGE ENGELKE: Man kann da ja auch eine größere Veranstaltung machen. Es ist also eher etwas kleines?

SRS STREITER: Eher etwas kleineres.

ZUSATZFRAGE ENGELKE: Bisher scheint es ja nicht so starke Verbindungen zu dem Trump-Team gegeben zu haben. Hat sich das jetzt verändert? Die Kanzlerin hat ja mit dem designierten Präsidenten gesprochen. Gibt es schon Kontakte zwischen dem Kanzleramt und Vertretern seines Teams?

SRS STREITER: Die beste Quelle ist ja immer, wenn man mit denen spricht, um die es geht, und die Bundeskanzlerin hat gestern mit Donald Trump selber gesprochen. Es ist ja auch nicht so, dass er in der Vergangenheit ein völlig unbekannter Mensch gewesen wäre.

ZUSATZFRAGE ENGELKE: Aber getroffen haben sie sich ja noch nicht, oder?

SRS STREITER: Nein. Es gab auch keine Gelegenheit und keinen Grund dafür.

ZUSATZFRAGE ENGELKE: Gibt es darüber hinaus Verbindungen, zum Beispiel zwischen Herrn Heusgen und der Person wer auch immer das ist , die bei Trump für Außenpolitik zuständig ist?

SRS STREITER: Es gibt durchaus Kontaktmöglichkeiten.

ZUSATZFRAGE ENGELKE: Kontaktmöglichkeiten, ja. Sind die auch schon genutzt worden?

SRS STREITER: Ich vermute es einfach mal; ich gehe einmal blind davon aus. Sie haben es hier ja mit einer Bundesregierung zu tun, die ständig mit allen Menschen der Welt möglichst viel Kontakt hat.

ZUSATZFRAGE ENGELKE: Herr Schäfer, können Sie dazu etwas sagen?

DR. SCHÄFER: Sie haben vielleicht ein Interview des Außenministers auf einem großen Onlineportal gelesen, in dem er auch genau diese Frage gestellt bekommen hat. Die Antwort darauf lautet: Viele Experten in Washington rätseln haben zumindest gerätselt oder rätseln noch immer darüber, wer denn tatsächlich Donald Trump außenpolitisch beraten hat und vielleicht bald beraten wird und Teil des neuen Teams auch außenpolitischen Teams des Präsident-elect werden wird. Die Zeitungen auch in Deutschland sind voll mit Spekulationen darüber. Vielleicht gibt es jetzt bereits erste Entscheidungen des neuen Präsidenten und seines Teams darüber, wer dafür in Betracht kommt. Die Wahrheit ist: Niemand in Washington wusste das so genau. Herr Steinmeier etwa hat mehrfach mit Henry Kissinger gesprochen zuletzt Ende September in New York und auf seine Frage „Wer ist es denn, der Donald Trump im Wahlkampf außenpolitisch berät, und was will dieser Mann eigentlich?“ hat er dann auch nur Schulterzucken und Fragezeichen geerntet. Ich glaube, wir müssen uns alle zusammen ein ganz klein wenig gedulden und versuchen, mit den Fragezeichen, die da im Raum stehen, zu leben.

Es ist natürlich eine ungewöhnliche Situation, dass so viel Ungewissheit besteht, und diese Ungewissheit schürt natürlich auch Unsicherheit. Ich fürchte, von dieser Seite, von dieser Regierung, von dieser Bank aus können wir diese Unsicherheit schlecht auflösen, und zwar einfach deshalb, weil nicht wir es sind, die diese Ungewissheit und damit auch die Unsicherheit schüren. Vielmehr kommt die Unsicherheit von der anderen Seite des Teiches, und von da erwarten wir dann bald auch Antworten und zwar solche, die natürlich auch der Öffentlichkeit deutlich machen, was die Pläne des amerikanischen Präsidenten in der Innen- und Außenpolitik sind. Wir werden uns aber, wie Herr Streiter gerade schon ganz richtig gesagt hat, natürlich auch bemühen, hinter den Kulissen Kontakte zu denjenigen aufzunehmen, von denen wir wissen, ahnen oder vermuten, dass sie eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der neuen amerikanischen Politik spielen werden oder spielen können.

FRAGE JUNG: Herr Streiter, Sie sagten uns, was die Kanzlerin am Telefon Herrn Trump mitgeteilt hat. Was hat Herr Trump denn Frau Merkel mitgeteilt?

Herr Schäfer, hat sich der Außenminister, der oberste Diplomat des Landes, schon dazu durchgerungen, Herrn Trump zu gratulieren? Wenn nein: Warum nicht?

SRS STREITER: Ich habe dazu alles gesagt, was ich dazu zu sagen habe.

DR. SCHÄFER: Dem kann ich mich jetzt auch zu der Frage, die Sie an mich gerichtet haben, eigentlich nur anschließen. Der Außenminister hat vorgestern und gestern das gesagt, was er sagen wollte. Im Übrigen ist er Außenminister und nicht Regierungschef. Die Bundeskanzlerin hat sich ja gleich nach Bekanntwerden der Ergebnisse bzw. einige Stunden später als Vertreterin der Bundesregierung geäußert und eine Gratulation zum Ausdruck gebracht.

ZUSATZFRAGE STREITER: Das heißt, es ist davon auszugehen, dass Herr Steinmeier ihm gar nicht mehr gratulieren wird? Gratuliert denn das Auswärtige Amt als solches dem neuen US-Präsidenten, wenn Herr Steinmeier das schon nicht macht?

DR. SCHÄFER: Na ja, der Außenminister vertritt das Auswärtige Amt, Herr Jung; das dürfte selbst Ihnen schon aufgefallen sein, nehme ich an.

FRAGE EDDY: Herr Streiter, können Sie sagen, wie lange das Gespräch zwischen Frau Merkel und Herrn Trump gedauert hat?

SRS STREITER: Ich kann Ihnen das nicht sagen. Ich weiß es auch nicht.

FRAGE RIEDEL: Ging die Initiative für das Gespräch von der Kanzlerin aus, hat sie also angerufen, um ihm zu gratulieren, oder hat er angerufen, weil er einmal mit der wichtigsten europäischen Regierungschefin sprechen wollte?

SRS STREITER: Auch darüber kann ich Ihnen nichts sagen. Offenbar wollten beide miteinander sprechen, sonst hätten sie ja nicht miteinander gesprochen.

FRAGE JUNG: Gibt es denn Themen, über die man mit Obama nächste Woche noch reden sollte, die der Kanzlerin wichtig sind und die vielleicht noch dringend gelöst werden sollten? Ich denke da zum Beispiel an die Drohnenmorde über Ramstein, denn die ja Drohnen stehen jetzt ja Herrn Trump zur Verfügung.

SRS STREITER: Herr Jung, ich würde Sie um eines bitten: Lassen Sie einfach dieses Wort „Drohnenmorde“ sein. Das hier ist nicht die richtige Veranstaltung, um politische Statements loszuwerden.

Ansonsten hatte ich ja schon angedeutet, worüber man mit Herrn Obama noch reden könnte.

FRAGE DR. DELFS: Nur eine technische Frage, Herr Streiter: Wird es eigentlich nach dem Treffen mit den EU-Regierungschefs auch noch einen Pressetermin geben? In der ersten Fassung der Terminübersicht, die wir erhalten haben, war das noch nicht enthalten.

SRS STREITER: Da ist noch einiges im Fluss. Aber gute Frage, ich schaue einmal nach. Nein.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Nein?

SRS STREITER: Nein.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Also definitiv Nein?

SRS STREITER: Nein.

ZUSATZ DR. DELFS: Okay.

SRS STREITER: Es kann aber sein, dass es nach dem Gespräch mit Premierministerin May einen Termin gibt. Aber das ist noch unklar.

FRAGE ENGELKE: Herr Streiter, ich hatte bezüglich des Treffens mit Obama eine Sache vergessen: Sie hatten gesagt, TTIP könne ein Thema sein. Gibt es die Erwartung der Bundesregierung, dass sich in dieser „lame duck session“, also bis zum 20. Januar, noch etwas in Sachen TTIP tut?

SRS STREITER: Jedenfalls hat sich die Haltung der Bundesregierung nicht verändert. Die Bundesregierung hält TTIP nach wie vor für ein sehr wichtiges Vorhaben im Rahmen der transatlantischen Beziehungen. Von „lame“ würde ich da nicht reden. Es gibt einen amerikanischen Präsidenten und es gibt einen gewählten Nachfolger; aber da ist immer einer im Amt, und der dreht ja nicht Däumchen.

SRS STREITER: Ich wollte Ihnen etwas zum Thema Klimaschutzplan 2050 sagen. Über den vom Bundesumweltministerium vorgelegten Entwurf dieses Klimaschutzplans sind ja sehr lange und intensive Verhandlungen geführt. Der Klimaschutzplan 2050 soll aufzeigen, wie Deutschland das Ziel einer weitgehenden Treibhausgasneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts erreichen kann. Ziel ist es, den Treibhausgasausstoß bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren.

Dieser Klimaschutzplan ist im Rahmen der gesetzten Ziele durch Technologieneutralität und Innovationsoffenheit gekennzeichnet. Er bietet Orientierung für die nächsten Investitionen, insbesondere für die Etappe bis zum Jahr 2030. Gesetzgeberische Maßnahmen werden dann durch den Deutschen Bundestag getroffen. Dabei wird die Bundesregierung die wirtschaftlichen, die sozialen und ökologischen Folgen der konkreten Maßnahmen jeweils abschätzen und politisch bewerten. Insbesondere werden die im Klimaschutzplan vereinbarten Sektorziele einer umfassenden Folgenabschätzung unterzogen, deren Ergebnis mit den Sozialpartnern diskutiert und die im Jahr 2018 eine Anpassung dieser Sektorziele ermöglichen wird.

Alle bisher noch offenen Fragen konnten nun einvernehmlich geklärt werden. Es wird einen Kabinettsbeschluss in einer besonderen Form geben, nämlich im Umlaufverfahren. Dieses Umlaufverfahren startet ungefähr jetzt oder ist gerade gestartet und soll am Montag um 12 Uhr abgeschlossen sein. Damit hat die Bundesregierung vor Beginn des Ministersegments auf der Konferenz in Marrakesch ein starkes Signal der Entschlossenheit gesetzt, die Ergebnisse der Konferenz von Paris umzusetzen.

FICHTNER: Sie können es sich vorstellen: Ministerin Hendricks ist froh und erleichtert über diese Einigung. Sie dankt ihren Kabinettskollegen für die konstruktive Mitarbeit und die Kraftanstrengung der letzten Tage.

Herr Streiter hat es ja schon gesagt: Bis Montag soll im Umlaufverfahren ein Beschluss gefasst werden. Deswegen ist Ministerin Hendricks sehr zuversichtlich, dass sie den Plan pünktlich zum Beginn des Ministersegments in Marrakesch vorstellen kann. Das ist ein wichtiges Signal dafür, dass Deutschland beim Klimaschutz handlungsfähig bleibt.

DR. BARON: Ich würde das bitte gerne auch noch kurz ergänzen wollen: Auch für den Bundeswirtschaftsminister kann ich sagen, dass er sehr begrüßt, dass eine Einigung erzielt wurde und jetzt eine sehr gute und ausgewogene Lösung gefunden werden konnte, mit der die Umweltministerin eben zur Klimaschutzkonferenz nach Marrakesch reisen kann. Es geht um eine klare strategische Ausrichtung bis zum Jahr 2050, und es ist wichtig, dass diese ausgewogene Lösung erzielt werden konnte, bestehend eben aus Energie- und Klimapolitik, aber auch Modernisierungspolitik, und zwar mit dem Ziel der Investitions- und Arbeitsplatzsicherung.

FRAGE RIEDEL: Mich würde dann interessieren, worin diese ausgewogenen Lösungen der letzten Streitpunkte jetzt bestehen. Die Kohle war ja wohl noch ein Problem, und der Verkehr war ein größeres Problem. Vielleicht dürfte man erfahren, worauf man sich da jetzt vonseiten der zuständigen Ministerien geeinigt hat.

FICHTNER: Wie gesagt: Es gibt ein Umlaufverfahren. Solange das Umlaufverfahren läuft, haben wir noch keinen formellen Beschluss. Deswegen bitte ich Sie um Verständnis, dass wir so lange auch nicht zu den Inhalten Stellung nehmen können.

FRAGE JUNG: Herr Streiter, können Sie einmal erläutern, was ein Umlaufverfahren ist?

Frau Baron, wann möchte das BMWi das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland abgeschaltet sehen?

SRS STREITER: Das Umlaufverfahren ist in § 20 der Geschäftsordnung der Bundesregierung geregelt. Es wird dann genutzt, wenn das Bundeskabinett sozusagen nicht körperlich zusammentritt, sondern wenn die Minister an verschiedenen Orten verstreut sind. Das bedeutet, dass jeder Minister ein Exemplar dieser Vorlage ausgehändigt bekommt und dass er dies unterschreiben muss.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber wer macht die Vorlage? Von wem kommt die Vorlage?

SRS STREITER: Die kommt vom Bundesumweltministerium. Es ist also wie bei einer ganz normalen Kabinettsvorlage, nur dass sie halt nicht auf den Kabinettstisch liegt, sondern dass sie dem Minister oder der Ministerin dort vorgelegt wird, wo er oder sie sich gerade befindet. Dafür ist Zeit bis Montag.

DR. BARON: Ich kann das gerne noch ergänzen. Wie Sie ja wissen, ist die Energiewirtschaft in Deutschland privatwirtschaftlich organisiert. Insofern gibt es jetzt natürlich auch einfach privatwirtschaftliche Unternehmen, die da ihre Strategien bestimmen und festlegen. Für den Bundeswirtschaftsminister kann ich nur noch einmal das sagen und Bezug auf das nehmen, was er in dieser Woche ja schon gesagt hat: Es geht, wie gesagt, um Ausgewogenheit und eben auch um ambitionierte Energie- und Klimapolitik, aber auch um eine effiziente Modernisierungs- und Wachstumspolitik, das heißt, eben auch um Strukturpolitik und Arbeitsplatzsicherung.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die Frage war: Wann wollen Sie das letzte Kohlekraftwerk geschlossen sehen?

Herr Fichtner, was ist die Position des Umweltministeriums zu dieser Frage?

DR. BARON: Ich habe die Position dargelegt, und das ist derzeit die Haltung.

FICHTNER: Ministerin Hendricks hat unabhängig von den konkreten Inhalten des Plans immer gesagt, dass es hierbei nicht darum geht, sich jetzt über letzte Kohlekraftwerke und Ausstiegsdaten zu streiten, sondern dass es darum geht, eine Debatte darüber zu führen, wie man in diesen Ausstieg einsteigen kann und dabei Strukturbrüche vermeidet.

FRAGE ENGELKE: Ich habe nur eine praktische Frage: Das Gespräch im Kanzleramt über den Bundespräsidenten heute Abend oder heute Nachmittag ist ja abgesagt worden, weil Herr Gabriel krank ist. Ist dieser Kompromiss dann also erzielt worden, als er noch sprechfähig war?

DR. BARON: Ja. Sie können davon ausgehen, dass Minister Gabriel diesem Kompromiss seine Zustimmung erteilt hat und dass er sich darüber freut, dass die Einigung erzielt wurde. Ja, er hat dem zugestimmt.

FRAGE JUNG (zur Reise des Bundesaußenministers in die Türkei): Herr Schäfer, Sie hatten jetzt kein Treffen mit Oppositionellen angekündigt. Wie kommt das?

DR. SCHÄFER: Wenn ich davon gesprochen habe, dass wir planen, im Zuge dieser Reise auch mit politischen Parteien in der Türkei zu reden, dann sind das durchaus Parteien, die nicht unbedingt in Regierungsverantwortung stehen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Heißt das, der Außenminister wird in ein Gefängnis gehen, in dem zum Beispiel die HDP-Chefs sitzen?

DR. SCHÄFER: Ich muss Ihnen hinsichtlich des konkreten Verlaufs der Reise einstweilen noch einiges schuldig bleiben, weil die Sache im Fluss ist. Aber dass er das Thema von inhaftierten Abgeordneten der HDP mit im Gepäck hat, davon dürfen Sie ausgehen.

FRAGE MEIER: Herr Dr. Schäfer, wird sich Herr Steinmeier denn für die Freilassung der Verhafteten explizit einsetzen?

DR. SCHÄFER: Jedenfalls hat die Bundesregierung zu diesem Thema, nämlich der Festnahme von Abgeordneten des türkischen Parlaments, alles Notwendige gesagt. Dass wir uns dafür einsetzen, dass diese Abgeordneten ihrer Arbeit im türkischen Parlament weiterhin nachgehen können, ist richtig. Das geht schlecht, wenn man im Gefängnis ist.

FRAGE PAPPAS: Plant der Minister, die Ankündigung von Herrn Erdoðan, die Türkei vergrößern zu wollen, zur Sprache zu bringen?

DR. SCHÄFER: Wir haben eine solche Fülle von Themen im Gepäck, zu denen ganz bestimmt auch diese Frage gehört, dass es gar nicht so einfach ist, anzufangen und dann schnell wieder aufzuhören, weil es eben so viele Punkte gibt, über die es sich, so glauben wir, mit der Türkei zu sprechen lohnt.

Sie haben, glaube ich, in der letzten Woche schon einmal die Frage zur Gültigkeit des Vertrags von Lausanne gestellt. Immerhin gibt es seither eine sehr klare, sehr eindeutige Äußerung des türkischen Außenministers in einem Interview mit der „Neuen Züricher Zeitung“ aus der vergangenen Woche, in dem er gesagt hat, dass die Türkei in keiner Weise beabsichtige, die gültigen Staatsgrenzen und damit den Vertrag von Lausanne von 1923 infrage zu stellen. Das ist eine Aussage, an der wir uns zunächst einmal orientieren. Ob und in welcher Weise dieses Thema ansonsten zur Sprache kommen wird, kann ich schlecht vorhersagen.

ZUSATZFRAGE PAPPAS: Aber es gibt auch die Äußerungen von Herrn Erdoðan selbst, und

DR. SCHÄFER: Ja, das stimmt.

ZUSATZFRAGE PAPPAS: Es ist schon so, wenn ich das so salopp sagen darf, dass er dauernd zündelt. Er stellt dauernd die Frage nach der Vergrößerung seines Landes, und das ist offensichtlich eine propagandistische Vorarbeit in diese Richtung. Ist das für Sie nicht eine Frage, die Beunruhigung bereitet?

DR. SCHÄFER: Dass wir uns mit dieser Frage beschäftigt haben, mögen Sie daran ermessen, dass ich Ihnen letzte Woche auf diese Frage die gleiche Frage bereits eine Antwort gegeben habe. Diese Antwort gilt weiterhin. Ich habe heute einfach nur ergänzt, dass wir zur Kenntnis genommen haben, dass sich der türkische Außenminister sehr klar und sehr eindeutig zu den gültigen Außengrenzen der Türkei bekannt hat.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, ist es also eine Option, dass Herr Steinmeier ein Gefängnis besucht, in dem die HDP-Chefs sitzen?

DR. SCHÄFER: Das habe ich nicht gesagt. Die Reise des Außenministers führt nach Ankara. Wir werden, vermute ich, nach Mitternacht türkischer Zeit ankommen und werden im Laufe des Dienstags wieder zurückfliegen. Wenn ich richtig informiert bin, werden die inhaftierten Abgeordneten eher im Südosten der Türkei festgehalten, und deshalb ist das logistisch nicht ganz einfach.

FRAGE MENN: Herr Hille, Ihr Minister hatte ja vor knapp einem Jahr eine unabhängige Untersuchungskommission eingesetzt, die Licht in das Dunkel des Abgasskandals bringen sollte. Jetzt ist herausgekommen bzw. öffentlich geworden, dass die Untersuchten in schriftlicher Form quasi Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse nehmen konnten. Bleiben Sie dabei, dass das eine unabhängige Kommission ist?

HILLE: Sie haben es ja einleitend sehr richtig dargestellt: Der Minister hat unverzüglich nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe aus den USA eine Untersuchungskommission eingesetzt, bestehend aus Fachleuten aus unserem Haus, Fachleuten vom KBA und wissenschaftlicher Begleitung durch Prof. Wachtmeister von der TU München. Die Untersuchungskommission hat dann das KBA beauftragt, Untersuchungen vorzunehmen. Das KBA hat Beiträge erarbeitet, die Prof. Wachtmeister wissenschaftlich begutachtet hat. Diese Begutachtungen waren dann Grundlage für die Beratung der Untersuchungskommission und Grundlage für den Bericht, den die Untersuchungskommission erstellt hat.

Mit den deutschen Herstellern, die Typzulassungen in Deutschland haben ich weiß nicht, inwieweit Sie in diesem Thema drinstecken , wurden die Maßnahmen der Hersteller zum Rückruf im Rahmen einer Serviceaktion bindend festgelegt und natürlich auch besprochen. Daher verstehe ich den Dreh, der heute in diese Geschichte kommt, nicht wirklich.

ZUSATZFRAGE MENN: Dass Sie die besprechen, mag ja aus Ihrer Sicht auch irgendwie opportun sein. Aber ist es denn noch unabhängig, wenn quasi der Untersuchte Formulierungshilfen und Darstellungsmöglichkeiten hat, um in diesen Bericht hineinzukommen?

HILLE: Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, woher Sie diese Information haben, dass es um Formulierungshilfen und Darstellungshilfen gehen würde. Technische Fragen wurden mit den Herstellern erörtert. Das erklärt sich, denke ich, von selbst, wenn man solche Untersuchungen durchführt. Die Maßnahmen, die die Hersteller im Rahmen einer Serviceaktion durchgeführt haben, sind abgestimmt worden.

Vielleicht noch einmal zwei Worte zum gesamten Ablauf der Untersuchung: Nach der Untersuchung sind die Fahrzeuge, wie Sie wissen, in drei Kategorien eingeteilt worden. In Gruppe 1 waren Fahrzeuge, bei denen keine Zweifel bestanden, also Fahrzeuge, die keine illegalen Abschalteinrichtungen verwendet haben. In Gruppe 3 waren die Fahrzeuge von VW, bei denen klar war, dass dort eine illegale Abschalteinrichtung verwendet worden ist. In Gruppe 2 haben sich die Fahrzeuge befunden, bei denen Zweifel daran bestanden, dass die Abschalteinrichtung vollumfänglich durch Motorschutzgründe gerechtfertigt ist. Für diese Gruppe hat der Minister die sogenannte Serviceaktion mit den Autoherstellern vereinbart. Das ist nichts, das man verbindlich festlegen konnte, weil eben nicht verbindlich klar war, dass es sich dabei um illegale Abschalteinrichtungen handelte. Dass diese Serviceaktion natürlich mit den Herstellern abgestimmt werden muss, wenn es um die Frage geht, was im Rahmen einer solchen Serviceaktion überhaupt möglich ist, erschließt sich, glaube ich, jedem.

ZUSATZFRAGE MENN: Dann habe ich noch eine Frage zum Präsidenten des Kraftfahrt-Bundesamtes. Der Hersteller Opel hat sich offenbar beschwert und dann quasi Formulierungshilfe im Rahmen dieser Untersuchung gegeben. Finde Sie es im Angesicht von mehreren tausend Toten jedes Jahr, die, wie das Umweltbundesamt ausgeführt hat, durch Stickoxide schwere gesundheitliche Schäden erleiden, angemessen, dass der Präsident des KBA diese Mail dann quasi an untere Fachebenen weiterleitet und diese Mail „mit industriefreundlichen Grüßen“ beschließt? Ist dieser Ton angemessen?

HILLE: Wie Sie schon zu Recht gesagt haben, handelt es sich dabei um eine interne Mail des Kraftfahrt-Bundesamtes. Es wird Sie nicht wundern, dass ich die an dieser Stelle nicht kommentiere.

ZUSATZ MENN: Aber die Ergebnisse sind ja heute Nacht im Untersuchungsausschuss öffentlich besprochen worden.

HILLE: Das ändert ja nichts an der Tatsache, dass es sich um eine interne Mail des Kraftfahrt-Bundesamtes handelt, und ändert auch nichts an der Aussage, dass ich die an dieser Stelle nicht kommentiere.

FRAGE: Herr Hille, der erwähnte Prof. Wachtmeister hatte ja auch schon bezahlte Jobs für die Autoindustrie inne. Inwiefern kann man da von einer Beihilfe zu einer unabhängigen Untersuchung sprechen?

HILLE: Ich habe Ihnen ja gerade dargestellt, wie die Untersuchungskommission zusammengesetzt ist: Experten aus unserem Haus, Experten des KBA und Prof. Wachtmeister, der als Experte in diesem Bereich gilt. Wie es bei Experten häufig der Fall ist, werden sie von allen möglichen Seiten angefragt, und daran ist, glaube ich, auch nichts verwerflich.

FRAGE PAPPAS: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Dr. Weißgerber, die Regierung Obama hatte immer die Position des IWF unterstützt, Schuldenerleichterungen für Griechenland herbeizuführen. Der zukünftige US-Präsident Trump behauptete im Wahlkampf, dass das eigentlich ein Problem Deutschlands sei. Erwarten Sie eine Änderung der Position von Washington und des Präsidenten Trump bzw. bereiten Sie sich darauf vor?

DR. WEISSGERBER: Es hat zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn, darüber zu spekulieren, wie die Politik des zukünftigen Präsidenten Trump in Bezug auf Griechenland aussehen wird. Insofern wäre es jetzt völlig unseriös, hier irgendetwas dazu zu sagen.

Unsere Haltung zum Thema Griechenland ist hinlänglich bekannt. Für uns gilt das, was im Mai innerhalb der Eurogruppe beschlossen wurde. Diese Verfahren wurden damals von allen Beteiligten gemeinsam so beschlossen, auch vom IWF. Das gilt für uns weiterhin.

ZUSATZFRAGE PAPPAS: Der IWF zeigte sich zuletzt bereit, sich am Griechenland-Programm zu beteiligen, wenn die Maßnahmen für die Schuldenerleichterung im Dezember präsentiert werden. Die sollen nicht unbedingt gleich umgesetzt werden, aber sie sind notwendig für die Schuldenanalyse des IWF. Sind Sie bereit, so etwas zu akzeptieren?

DR. WEISSGERBER: Wir kennen diese Äußerung des IWF jetzt nicht. Auch da gilt das, was ich eben gesagt habe: Die Verfahren, die im Mai gemeinsam beschlossen worden sind, sind für uns maßgeblich. Deswegen hat sich unsere Position nicht geändert.

FRAGE DR. DELFS: Herr Weißgerber, es gibt heute eine Vorabmeldung darüber, dass es bei Ihnen im Haus hinsichtlich der Unabhängigkeit der FED unter einem Präsidenten Trump die Befürchtung gebe, dass dann möglicherweise Frau Yellen aus dem Amt gedrängt werden könnte, um sie sozusagen auf republikanische Linie zu bringen. Gibt es bei Ihnen solche Befürchtungen? Ich glaube, es ist auch die Rede von einem entsprechenden Bericht oder Papier bei Ihnen. Existiert so etwas?

Die Frage könnte ich vielleicht noch an Frau Baron weiterreichen. Bei Ihnen gibt es offenbar auch schon irgendeinen Bericht, der negative Auswirkungen auf die Wirtschaft durch einen Präsidenten Trump befürchtet. Können Sie dazu kurz etwas sagen, Frau Baron?

DR. WEISSGERBER: Ehrlich gesagt können wir nicht nachvollziehen, wie diese Meldung zustande kommt. Wir kennen solche Äußerungen nicht, und insofern kommentieren wir sie auch nicht.

DR. BARON: Ich kann mich im Wesentlichen nur anschließen. Ich weiß nicht genau, worauf Sie Bezug nehmen. Etwaige interne Vermerke würden wir nicht kommentieren. Wie es sich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen verhält, dazu hatte ich am Mittwoch hier schon Stellung genommen. Die Wahl als solche hat keine gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen. Natürlich ist es selbstverständlich, dass wir die wichtigen und guten Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den USA fortführen wollen. Sie wissen, wir haben die Herbstprojektion im Oktober vorgestellt. Wir haben heute auch noch einmal einen Bericht zur wirtschaftlichen Lage dargestellt. Und diese Informationen gelten.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Eine Nachfrage an Herrn Weißgerber. Das können wir also als Dementi verstehen? Sie dementieren diese Geschichte?

DR. WEISSGERBER: Wir kommentieren das nicht und können nicht nachvollziehen, wo das herkommen soll. Wir kennen das nicht.

FRAGE MÜLLER-THUM: Ich habe eine Frage an das Bundesverteidigungsministerium und das Auswärtige Amt zum Anschlag in Afghanistan. Der Außenminister hat vorhin die schnelle Hilfe, die geleistet wurde, gelobt. Nun hören wir aber, dass es 90 Minuten gedauert hat, bis die QRF, die ja nun einmal Quick Reaction Force heißt, im Camp Marmal überhaupt losgefahren ist. Können Sie bitte sagen, was der Sachstand ist?

KLEBB: Eine Quick Reaction Force in Afghanistan können Sie, glaube ich, nicht mit einer Polizei in Berlin vergleichen, die ständig in Bereitschaft ist, um sofort um den nächsten Häuserblock zu fahren. Die Fahrt aus einem militärischen Camp in Afghanistan hinaus bedarf an sich schon einer gewissen Vorbereitung. Von daher sind festgelegte Zeiten, die einzuhalten sind und die auch geübt werden, vorgegeben. Ob diese Zeiten heute Nacht erreicht und auch eingehalten wurden, ist mir derzeit nicht bekannt. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass es einige Zeit in Anspruch nimmt, bis die Alarmierung durch ist, die Soldaten die Fahrzeuge besetzt haben und dann geschlossen herausmarschiert sind. Das ist also ein durchaus übliches Verfahren.

Zu dem Verfahren, wie es heute Nacht gewesen ist, liegen mir derzeit keine Informationen vor.

DR. SCHÄFER: Ich möchte eigentlich sagen, dass es, nach dem, was in der Nacht passiert ist, Ihr gutes Recht ist, sofort Kritik zu üben oder kritische Fragen zu stellen oder Haare in der Suppe zu finden. Das sollen Sie tun.

Ich für meinen Teil möchte mich, wie das der Außenminister getan hat, ausdrücklich im Namen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort in Lebensgefahr waren, bei all denjenigen ausdrücklich und in aller Form bedanken, die unter Einsatz ihres Lebens dafür gesorgt haben, dass tatsächlich niemandem ich sage: niemandem , der Angehöriger oder Mitarbeiter des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Masar-e-Scharif war, ein Haar gekrümmt worden ist. Das waren Angehörige der deutschen Polizei, der Bundespolizei, der Bundeswehr und auch Soldaten aus anderen Ländern Georgien, Belgien und, wie ich glaube, Lettland die, wie gesagt, bereit waren, ihr Leben zu geben und uns in einer bedrohlichen Situation bei einem schwer bewaffneten terroristischen Angriff Hilfe zu leisten. Diesen Dank bringe ich hiermit noch einmal ausdrücklich zum Ausdruck. Vielen Dank!

ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Herr Klebb, wenn Sie sagen, dass es festgelegte Zeiten gibt und dass Sie noch nicht genau sagen können, wie die Zeiten heute Nacht ausgesehen haben, können Sie uns eine ungefähre Idee davon geben, was sozusagen die Richtzeiten sind, die man eigentlichen erreichen sollte, um bereit zu sein auszurücken?

Die zweite Frage vielleicht an Herr Dr. Schäfer: Sie sind ja nicht glücklich mit der Frage, ob das zu lange gedauert hat. Ich hörte zum Beispiel, die Georgier seien 30 Minuten vorher da gewesen. Das sagt, glaube ich, schon etwas aus.

DR. SCHÄFER: Eher als wer?

ZUSATZ MÜLLER-THUM: Als die Deutschen.

KNEBB: Dann lassen Sie mich einmal beginnen. Zur Frage, ob ich Ihnen Richtzeiten nennen kann: Nein, das kann ich nicht. Das ist in den Einsätzen unterschiedlich und das ist möglicherweise von der jeweiligen militärischen Sicherheitslage abhängig. Von daher kann ich keine Richtzeiten nennen. Das würden auch einfach nur Spekulationen sein.

Ich freue mich über das, was Herr Dr. Schäfer gerade gesagt hat, und dass wir dazu beitragen konnten, dass bei der Rettung der Angehörigen des Generalkonsulats und der Evakuierung aus derzeitiger Sicht vieles sehr gut gelaufen ist, sodass keine Personenschäden bei diesem Personenkreis feststellbar waren.

DR. SCHÄFER: Vielleicht ergänze ich noch so viel: Im Camp Marmal in der nördlichen Speiche des Resolute-Support-Einsatzes der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan geht es, wie anderswo auch, arbeitsteilig zu. Die Arbeitsteilung ist so, dass die schnelle Eingreiftruppe, die dort stationiert ist, nicht nur, aber im Wesentlichen aus georgischen Soldaten zusammengesetzt ist. Es gibt auch eine außerordentlich gute Zusammenarbeit mit den Angehörigen der Bundeswehr, die diese georgische schnelle Eingreiftruppe in jeder denkbaren Form ausbilden und unterstützen. Da jetzt Unterschiede herzuleiten, wer wann wo da war, haben nichts mit der Geschwindigkeit von unterschiedlichen Nationalitäten zu tun, sondern mit der unterschiedlichen Aufgabenverteilung. Im Wesentlichen waren die Georgier die schnelle Eingreiftruppe, die genau für diese Art von Fällen ausgebildet und vorbereitet waren.

FRAGE JUNG: Herr Klebb, die Taliban haben sich zu diesem Anschlag so geäußert, dass das ein Vergeltungsanschlag gegen die Bundesrepublik war. Sie haben uns in den letzten Tagen immer wieder gesagt, dass der Luftangriff der Amerikaner letzte Woche, bei dem mehrere Dutzend Zivilisten gestorben sind, keine Operation im Rahmen von Resolute Support war. Sie sind die Einzigen, die das nicht sagen. Resolute Support selbst spricht auch davon, dass das eine Operation war. Darum noch einmal: War der Luftangriff in der letzten Woche ein Angriff von Resolute Support? War die Bundeswehr daran beteiligt?

Herr Dr. Schäfer, Sie haben in den letzten Jahren die Taliban immer wieder nicht als Terroristen bezeichnet. Eben haben Sie es getan. Das heißt, jetzt sind die Taliban nicht mehr die „Insurgenz“, sondern Terroristen?

Herr Dimroth, werden Afghanen aus Deutschland zurück nach Masar-e-Scharif geschickt?

KLEBB: Ich darf einmal anfangen, Herr Jung. Ich glaube, nach einem verheerenden Anschlag der Taliban die Äußerungen und Behauptungen, die die Taliban selber herausgeben, als Gradmesser dafür zu nehmen, ob die Äußerungen am letzten Mittwoch und Montag hier in der Regierungspressekonferenz richtig waren, halte ich für unzweckmäßig.

Das Bundesverteidigungsministerium, für das ich hier sprechen darf, bleibt bei den Äußerungen von Mittwoch und Montag.

DR. SCHÄFER: Ich freue mich, dass der Kollege aus dem Verteidigungsministerium so gewählte Worte gefunden hat. Ich hätte wahrscheinlich auf Ihre Frage, Herr Jung, leicht andere gefunden. Das lasse ich aber jetzt einmal.

Ich glaube, dass das, was gestern Abend geschehen ist, ohne jeden Zweifel ein terroristischer Angriff ist. Ich habe auch hier oder anderswo niemals etwas anderes gesagt, als dass die Taliban terroristische Angriffe praktizierten. Dass sie gleichzeitig auch als „Insurgenz“ bezeichnet werden können, schließt sich damit überhaupt gar nicht aus.

Auch noch den Taliban auf den Leim zu gehen, indem man die Kausalbeziehung, die sie herleiten, hernimmt, um daraus Fragen abzuleiten, finde ich angesichts dessen, was da geschehen ist, gerade zu abwegig.

DR. DIMROTH: Ich glaube, ein Frageteil richtete sich an mich.

Es ist ja so, wie Sie wissen, Herr Jung, dass unser Hauptaugenmerk insgesamt bei dem Thema „vollziehbar ausreisepflichtige Aufhältige in Deutschland“ auf dem Teilgebiet der freiwilligen Rückkehr und der geförderten freiwilligen Rückkehr liegt. Dabei ist es so, dass im Jahr 2016 über 3000 freiwillige Rückkehrmaßnahmen für Menschen aus Afghanistan bewilligt wurden. Uns erschließt sich natürlich nicht, in welche Bereiche, welche Regionen diese Menschen dann letztlich gehen. Es ist ihre eigene Entscheidung und liegt in ihrer eigenen Verantwortung.

Soweit es um den Bereich der zwangsweisen Rückführung geht, ist es so, dass letztlich die afghanischen Kräfte und die afghanische Administration entscheiden, wie und wo Menschen tatsächlich unterkommen und untergebracht werden, sodass ich Ihnen Ihre Frage, ob Menschen nach Masar-i-Scharif zurückgeführt werden, nur so beantworten kann, dass das nicht Teil der Rückführungsmaßnahme der Bundesregierung ist, sondern in den Händen der afghanischen Regierung liegt, wie dann in solchen Fällen weiter vorzugehen ist.

FRAGE DR. MAYNTZ: Wie bewertet die Bundesregierung diesen offensichtlich sehr professionell vorbereiteten Anschlag? Welche Konsequenzen zieht sie für die Bewertung der Sicherheitslage?

Wie geht es mit der diplomatischen Arbeit weiter?

DR. SCHÄFER: Herr Steinmeier hat heute unmittelbar nach seinen öffentlichen Äußerungen im Auswärtigen Amt eine Sitzung des Krisenstabs des Auswärtigen Amtes geleitet. Auch in dieser Sitzung ging es um genau die Fragen, die Sie völlig zu Recht stellen, Herr Mayntz. Bevor wir dazu öffentlich Stellung nehmen, macht es Sinn, sich zunächst erst einmal wirklich darüber klar zu werden, was da geschehen ist und was gegebenenfalls getan werden kann, um gegen diese Art von relativ kompliziertem Angriff in mehreren Wellen besser geschützt zu sein.

Wenn ich Sie richtig verstehe, geht Ihre Frage ja darüber hinaus, und zwar zum Einsatz in Afghanistan als Ganzem. Dazu gilt, glaube ich: Niemand in der Politik der Bundesregierung, aber auch niemand von den Kolleginnen und Kollegen, die in Kabul oder Masar-e-Scharif für die deutsche Entwicklungspolitik, die deutsche Polizei oder die Bundeswehr in Afghanistan im Einsatz ist, hat eine naive Vorstellung davon, dass sie bereit sind, für Deutschland Risiken auf sich zu nehmen im Zweifel sogar, wie wir gestern Abend gesehen haben, auch Risiken gegen den eigenen Leib und das eigene Leben.

Wir und auch die Kolleginnen und Kollegen tun das deshalb, weil sie davon überzeugt sind, dass es sich lohnt, Engagement für Afghanistan zu zeigen. Es ist uns in den letzten 15 Jahren gelungen zu verhindern, dass Afghanistan zu dem wird, was es vor 2001 war, nämlich ein Hort und eine Brutstätte des internationalen Terrorismus. Das ist Afghanistan heute nicht. Natürlich gibt es Terrorismus. Darüber haben wir ja gerade geredet. Aber dieser Terrorismus, den wir in der Welt beobachten, von IS und anderswo, hat nicht mehr seine Herkunft aus Afghanistan.

Wir haben in den vergangenen Jahren ganz viel dafür getan, die Bildungschancen von jungen Afghanen, besonders von jungen Mädchen in Afghanistan, zu verbessern. Wir haben die Infrastruktur ausgebaut. Ich glaube, man kann guten Gewissens sagen: Das Leben ist für die meisten Menschen in Afghanistan in den letzten 15 Jahren eher besser und nicht schlechter geworden. Natürlich gibt es davon auch Ausnahmen, und natürlich sind wir noch nicht am Ende unserer Arbeit.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Ereignisse des gestrigen Abends und der gestrigen Nacht ein grundsätzliches Umdenken Deutschlands oder der internationalen Gemeinschaft im Hinblick auf die weiter notwendige Hilfe für Afghanistan auslösen werden. Aber natürlich werden wir uns ganz konkret mit den Ereignissen beschäftigen. Wir werden prüfen und prüfen müssen, wie wir die Sicherheitslage für unsere Kolleginnen und Kollegen verbessern können, damit so etwas im besten Fall niemals mehr passiert.

Aber noch einmal: Jeder weiß, dass es in einem Land wie Afghanistan keine umfassende hundertprozentige Sicherheit geben kann.

ZUSATZFRAGE DR. MAYNTZ: Das war jetzt mittel- und langfristig von Ihnen interpretiert. Das insinuierte auch meine Frage.

Und wie ist es kurzfristig? Die Arbeit des Generalkonsulats kann ja erst einmal nicht wieder aufgenommen werden. Macht man die konsularischen Aufgaben vom Camp Marmal aus?

DR. SCHÄFER: Stand heute der Kollege aus dem Verteidigungsministerium mag es ergänzen : Die Protection Force, also die Sicherheitskräfte der Bundeswehr, sichert das Gelände des Generalkonsulates. Wir werden jetzt unter diesem Schutz schauen, was mit den Räumlichkeiten, mit dem Gebäude des Generalkonsulats, geschehen ist und ob es möglich ist, kurzfristig und mit welchem Aufwand dort wieder die Arbeit aufzunehmen.

Der amtierende Generalkonsul und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind noch in der Nacht ins Camp Marmal gebracht worden. Sie haben dort auch die Nacht verbracht. Dort haben sie natürlich auch Arbeitsmöglichkeiten. Denn der Generalkonsul Deutschlands in Masar-e Scharif ist gleichzeitig der zivile Vertreter von Resolute Support bzw. vom deutschen Kontingent in Masar-e Scharif. Er hat dort ohnehin Arbeits- und Unterkunftsmöglichkeiten. Ich bin ganz sicher, dass die Gastfreundschaft der Bundeswehr auch für den Rest der Kolleginnen und Kollegen aus dem Generalkonsulat gilt. Deshalb sind wir da auch jetzt, wenige Stunden nach diesem Ereignis, arbeitsfähig. Was das jetzt für die betroffenen Kollegen bedeutet, wie wir uns um sie im Sinne der Fürsorge kümmern, ob es angezeigt ist, sie nach Deutschland zurückzubringen oder das einige von ihnen wünschen, damit sie sich von dem Schock und dem Trauma erholen können, das wird jetzt alles geprüft auch unter Beteiligung unseres psychosozialen Dienstes. Sie können sich ganz fest darauf verlassen, dass alles getan wird, damit diejenigen, die gestern Abend unter akuter Lebensgefahr standen, möglichst keine langfristigen Folgen davon tragen. Wir werden auch unsere Arbeit da oben im Norden Afghanistans fortsetzen.

FRAGE MÜLLER-THUM: Herr Schäfer, ich kann Ihre abschätzige Bemerkung zum Thema „den Taliban auf den Leim gehen“ nicht so ganz nachvollziehen. Es geht doch darum, dass man ein paar Fakten klärt. Dazu gehört doch auch die Frage: Haben die Deutschen die Geheimdienstaufklärung für den Angriff letzte Woche geliefert?

Ich hoffe, dass Sie keinem hier im Raum unterstellen wollen, dass wir daraus die Schlussfolgerungen ziehen würden, dass das, was gestern in Masar-e Scharif passiert ist, ein irgendwie zu rechtfertigender Racheakt wäre.

DR. SCHÄFER: Überhaupt nicht. Nein, das tue ich auch gar nicht.

ZUSATZFRAGE MÜLLER: Aber die Frage ist doch sicherlich erlaubt, ob die Deutschen an dem Angriff in der letzten Woche, zum Beispiel durch den Geheimdienst, beteiligt gewesen sind?

DR. SCHÄFER: Da haben Sie völlig Recht. Ich finde die Frage total legitim. Nur mich hat verärgert das will ich ehrlich sagen , dass Herr Jung die Behauptung der Taliban zum Anlass nimmt, die Frage, die er schon dreimal gestellt hat, noch einmal zu stellen. Das war der Grund, weshalb ich mir erlaubte, meine Bemerkung zu machen. Denn die gleiche Frage hat Herr Jung Sie können es bestätigen, Herr Jung vorgestern und letzte Woche auch schon gestellt. Sie haben immer die gleiche Antwort bekommen.

ZUSATZ JUNG: Ja, weil die Amerikaner etwas anderes sagen. Resolute Support sagt etwas anderes. Resolute Support äußert sich zu diesem Angriff. Sie haben da offenbar die Verantwortung übernommen. Die einzigen, die nichts dazu sagen, sind Sie. Sie sagen, wir haben damit nichts zu tun.

VORS. MAIER: Ist das Ihre Frage, Herr Kollege?

ZUSATZFRAGE JUNG: Nein, die Frage wäre ähnlich gewesen, wie sie die Kollegin gerade gestellt hat. Das heißt, Sie sehen gar keinen Zusammenhang zwischen dem US-Luftangriff, der letzte Woche den Taliban gegolten hat, aber mehrere Dutzend Zivilisten getötet hat, und dem Anschlag gestern?

DR. SCHÄFER: Das ist auch in vielerlei anderer Hinsicht eine total falsche Erklärung der Taliban. Zur Kenntnis. Ich mache sie mir aber nicht zu Eigen.

FRAGE DR. DELFS: Herr Streiter, ich habe nur eine kurze Frage. Die Kanzlerin hat ja heute einen Termin beim VDMA abgesagt. Können Sie kurz erklären warum? Normalerweise nimmt sie eigentlich immer ihre Termine wahr.

SRS STREITER: Diesen Termin nimmt sie deshalb heute nicht wahr, weil es Terminschwierigkeiten gibt. Das ist auch einer der vielen guten Gründe, weshalb wir Termine normalerweise immer am Freitag bekannt geben, weil sich manchmal etwas ändert. Das kommt eben auch im Leben einer Bundeskanzlerin vor. Es gibt einfach ein Terminproblem. Was sie stattdessen macht, das kann ich Ihnen nicht sagen und das werde ich Ihnen auch nicht sagen.

DR. SCHÄFER: Ich würde gern noch einen Satz zu Afghanistan loswerden, weil Herr Jung ja immer von einer NATO-Operation spricht. Die Kollegen, die mir hier jetzt dankenswerterweise zugeschaut haben, haben gerade selber in die Erklärung der amerikanischen Streitkräfte hineingeschaut. Dort heißt es, die Amerikaner hätten in einer Pressemitteilung mitgeteilt, dass es sich bei dem Angriff um eine US-Operation gehandelt habe, nicht um eine Operation der NATO und nicht um eine Operation von Resolute Support. Das bedeutet, das ist eine Aktion im Rahmen der bilateralen amerikanischen „Counter-terrorism“-Maßnahmen und keine Aktion von Resolute Support. Vielleicht das nur zur Klarstellung.

FRAGE: Eine Frage an das Justizministerium: Am 9. November wurde über Facebook eine Karte mit jüdischen Institutionen in Berlin veröffentlicht, unter dem Titel „Juden unter uns“. Facebook hat an dem Abend gesagt, sie sehen kein Problem damit. Es wurde gelassen. Am nächsten Morgen aber wurde das gelöscht. Ich wollte fragen: War Ihr Ministerium da tätig? Wenn ja, wann wurden Sie darüber alarmiert? Was waren dann die nächsten Schritte?

Dazu auch an das BMI eine Frage: Unter den Institutionen, die dort aufgelistet waren, waren mehrere kleinere israelische Läden, die überhaupt keinen normalen Schutz wie eine große Synagoge oder große anerkannte jüdische Institutionen haben. Sehen Sie die Notwendigkeit, jetzt extra Sicherheitsmaßnahmen für diese kleinen Läden voranzubringen?

MALACHOWSKI: Danke für die Frage. Denn sie erlaubt mir noch einmal klarzustellen, dass unser Ministerium in keinster Weise daran beteiligt ist, was Facebook von seiner Seite herunternimmt oder nicht. Das ist allein eine unternehmerische Entscheidung von Facebook. Es gibt tatsächlich eine Taskforce von uns, die versucht, Hinweise an Facebook zu geben. Ob das in diesem Fall erfolgt ist, das weiß ich nicht. Ich habe diesen Fall der Presse entnommen, jetzt nicht über ministeriale Kanäle.

Hatten Sie noch weitere Fragen?

ZUSATZFRAGE: Ich wollte wissen, ob Sie irgendwer darüber informiert hat.

MALACHOWSKI: Also ich persönlich habe das aus der Presse entnommen. Insofern haben Sie und Ihre Kollegen mich darüber informiert.

DR. DIMROTH: Ich kann dazu nur ganz allgemein etwas sagen: Es ist natürlich aufs Schärfste zu verurteilen, dass hier besonders jüdische Einrichtungen mit verunglimpfender Sprache oder der Aufforderung zu Straftaten in den Blick genommen werden. Ich sage noch einmal ganz ausdrücklich: Das ist keine Bemerkung zu diesem konkreten Einzelfall, sondern eine allgemeine Bemerkung.

Zu Ihrer Frage der hinreichenden Schutzmaßnahmen: Ich gehe davon aus, dass sicher auch das zuständige Land Berlin solche Entwicklungen zur Kenntnis nimmt und in eigener Verantwortung darüber entscheidet, ob und inwieweit beispielsweise Maßnahmen des Objektschutzes auf andere Einrichtungen ausgeweitet werden müssen, die derzeit nicht geschützt sind. Das entzieht sich aber in der Verantwortung dem Zuständigkeitsbereich des Bundes und des Bundesinnenministers, sondern das ist tatsächlich eine Aufgabe, die in der Verantwortung des Landes Berlin liegt.

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