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Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 15. Februar 2017

Feuerlöscher ► BPK vom 15. Februar 2017

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes über die Verarbeitung von Fluggastdaten, Änderung des Energie- und des Stromsteuergesetzes, Entwurf eines Gesetzes über den Abschluss der Rentenüberleitung, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung, aktuelle Lage der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt, Verhandlungen über die Übernahme von Opel durch das französische Unternehmen PSA), anstehende Zeugenaussagen im NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages, G20-Außenministertreffen in Bonn, Teilnahme des Bundesaußenministers am Matthiae-Mahl in Hamburg, Münchner Sicherheitskonferenz, Treffen der Außenminister im Normandie-Format in München, Nahostpolitik der USA, Diskussion über die Begrenzung von Managergehältern, Bericht der deutschen Nachrichtendienste zu einer möglichen russischen Desinformationskampagne, Steuersystem Madeiras, Wechsel von Personal aus dem Auswärtigen Amt ins Bundespräsidialamt, Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf für ein Verpackungsgesetz

Naive Fragen zu:
Opel (ab 9:20 min)
– könnten Sie bitte „kurzfristig“ definieren, Herr Seibert? (ab 23:50 min)
– Sie sagten im NSA-UA, dass Sie nur so viel wissen, wie Sie wissen müssen. Kann es also sein, dass Sie einfach nicht wissen, ob es um dieses Thema ging?
– Sie wissen also mehr… als sonst?

Fluggastdaten-Speicherung (ab 25:19 min)
– können Sie uns kurz ausführlich informieren, welche abrufbaren Daten über mich als Passagier gespeichert werden und welche nicht?
– Ein Datensatz, der gespeichert werden soll, sind die Essenswünsche von mir als Passagier. Wie hilft das im Kampf gegen den Terrorismus zu wissen, was ich als Essenswunsch auf meinem Flug habe?
– Nachreichung Plate (43:11 min)
– Nachfrage + Nachreichung II (1:07:35 min)

NSA-Untersuchungsausschuss (ab 27:23 min)
– war der NSA-UA Thema im Kabinett, wo Sie, Herr Altmaier, morgen Frau Merkel teilnehmen bzw. teilgenommen haben?
– Herr Seibert, zu Ihrer Aussage: “Ich bekomme konkrete Empfehlungen für das, was ich sage, aus der Abteilung zugeliefert.” (Chef BK + Abteilung 6) Bekommen Sie auch aus anderen Abteilungen im Bundeskanzleramt zugeliefert, was Sie zu welchen Themen auch immer sagen müssen? Oder betrifft das nur das Thema Geheimdienste, wo Sie Rede- und Wortempfehlungen erhalten? (ab 28:35 min)
– Haben Sie zur RegPK von heute konkrete Empfehlungen bekommen, was Sie zu sagen haben? Wenn ja, von wem?

Zweistaaten-Lösung Nahost (ab 33:00 min)
– das Weiße Haus sagte: Die neue US-Regierung verzichtet auf alle Vorbedingungen für eine Friedenslösung zwischen Israelis und den Palästinensern. Welche Vorbedingungen hat denn die Bundesregierung? (ab 40:25 min)
– Herr Seibert, Sie sagten, dass die Bundesregierung die Siedlungspolitik der Israelis „in vielen Punkten sehr kritisch“ sehen. In welchen Punkten denn nicht? Welche Punkte unterstützen Sie?
– haben Sie sich vielleicht versprochen, Herr Seibert? Lehnen Sie die Siedlungspolitik komplett ab…? ist ja relevant

Managergehälter (ab 58:00 min)
– Maas: es brauche ein Maximalverhältnis zwischen Vorstandsgehältern und Durchschnittslöhnen im Unternehmen? Was für ein maasvolles Verhältnis stellt sich der Minister denn vor? (1:00:18 min)
– und die Kanzlerin?

Wechsel aus dem AA ins Schloss Bellevue (ab 1:09:13 min)
– wie viele offene Stellen wird es bald im AA geben? Steini nimmt einige Leute mit ins Präsidialamt. Wer muss da alles mit? Gehen Sie oder Herr Schäfer da mit?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 15. Februar 2017:

STS SEIBERT: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich beginne mit einer wichtigen Maßnahme für unsere Sicherheit. Das Kabinett hat heute einen Gesetzentwurf über die Verarbeitung von Fluggastdaten besprochen, ein Gesetz, mit dem Terrorismus und schwere Kriminalität effektiver bekämpft werden können, ein Gesetz für unsere Sicherheit. Dieses Gesetz setzt die sogenannte EU-PNR-Richtlinie um, also eine europäische Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdaten.

Was wird da geschehen? Künftig werden Fluggastdaten von Flügen übermittelt, die von Deutschland aus in einen Drittstaat gehen, also einen Staat außerhalb der Europäischen Union, oder von einem Drittstaat aus nach Deutschland starten. Erfasst sind aber auch Flüge zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Das betrifft Fluggastdaten für alle Flüge des Linienverkehrs, des Charter- und des Taxiverkehrs, nicht für Flüge, die militärischen Zwecken dienen.

Es handelt sich bei diesen Fluggastdaten, die nach diesem Gesetzentwurf erfasst werden, ausschließlich um Informationen, die die Fluggäste bei der Reservierung oder bei der Buchung von Flügen oder beim Check-In eines Fluges zur Verfügung gestellt haben, also Name, Adresse, weitere Kontaktdaten, Angaben zur Reiseroute, Reisedaten und die Zahlungsart. – So viel erst einmal dazu.

Der zweite Punkt im Kabinett war die Änderung des Energie- und des Stromsteuergesetzes. Das Ziel dieser Gesetzesänderung ist es, Elektro- und Plug-In-Hybridfahrzeuge, die im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden, steuerbegünstigt den Oberleitungsbussen und dem Schienenbahnverkehr gleichzustellen. Außerdem ist beschlossen worden, dass die bisherige Steuerbegünstigung für Erdgas, das als Kraftstoff verwendet wird, über 2018 hinaus bis 2026 verlängert wird, wobei diese Begünstigung in den letzten drei Jahren des Zeitraums bis 2026 stufenweise verringert wird. Die bisherige Steuerbegünstigung für Flüssiggas, auch Autogas genannt, hingegen wird Ende 2018 aufgehoben.

Dann ging es um zwei wichtige rentenpolitische Beschlüsse. Das eine betrifft darüber wurde lange diskutiert die Angleichung der Rentenwerte in Ost und West. Das ist ein Schritt, mit dem dann bald 30 Jahre nach dem Mauerfall auch in der Rentenversicherung die Unterschiede zwischen Ost und West beseitigt werden. Konkret wird der Rentenwert Ost ab dem 1. Juli 2018 an den im Westen angeglichen, und zwar in sieben Schritten. Zugleich werden auch die übrigen, zurzeit noch nach Ost und West unterschiedlichen Rechengrößen schrittweise angepasst. Das heißt, nach und nach wird auch die bisherige Hochwertung der Verdienste in den neuen Bundesländern für die Rentenberechnung abgeschmolzen. Die entfällt dann zum 1. Januar 2025. Ab 2025 also wird dann die Rentenanpassung vorgenommen, und zwar auf Grundlage einer gesamtdeutschen Lohnentwicklung und einheitlicher gesamtdeutscher Rechengrößen. Diese Angleichung wird auf die gesetzliche Unfallversicherung und auf die Alterssicherung der Landwirte übertragen.

Damit wir das Beitragsziel für 2030 einhalten können, sieht dieser Gesetzentwurf vor, dass der Bundeszuschuss erhöht wird. Das wird 2022 beginnen. Ab dann werden die Bundesmittel schrittweise jährlich erhöht werden. Es geht mit zusätzlichen 200 Millionen Euro im Jahr 2022 los, und in den Jahren 2023 bis 2025 wird es jeweils um 600 Millionen Euro gehen. Ab 2025 wird der Bundeszuschuss dann dauerhaft jährlich 2 Milliarden Euro höher ausfallen.

Der zweite wichtige Beschluss betrifft die sogenannten Erwerbsminderungsrenten, also Menschen, die frühzeitig in Rente gehen müssen, da sie krankheitsbedingt nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt arbeiten können. Das sind derzeit jährlich etwa 170 000 Menschen. Für diese Gruppe ist dies dann schon die zweite Verbesserung ihrer Situation in dieser Legislaturperiode. Es ist nämlich so, dass die Betroffenen in dieser schwierigen Situation oft nicht ausreichend abgesichert sind, und mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf werden diese künftigen sogenannten Erwerbsminderungsrenten spürbar erhöht.

Wie macht man das? Indem man die sogenannte Zurechnungszeit für die Rentenberechnung von 2018 bis 2024 schrittweise um drei Jahre verlängert. Das heißt also, die Rente für Erwerbsgeminderte wird ab 2024 so berechnet, als ob diese Menschen mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen anstatt bis 62 bis 65 gearbeitet hätten. Auch diese schrittweise Verlängerung der Zurechnungszeit wird in der Alterssicherung der Landwirte eingeführt.

Das nächste Thema des Bundeskabinetts, eingebracht vom Bundesinnenminister, war die Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung. Es handelt sich dabei um ein gemeinsames Konzept des Bundesinnenministeriums und des Deutschen Olympischen Sportbundes, erstellt unter Mitwirkung der Sportminister der Bundesländer. Das Ziel dieser Maßnahme ist es, die Transparenz der Spitzensportförderung durch dieses vorgelegte Konzept zu verbessern. Wir wollen vor allem die Fördermittel sehr viel genauer auf das Erfolgspotenzial von Athleten und Athletinnen in einzelnen Sportarten und einzelnen Disziplinen konzentrieren. Wir wollen auch das, was man die duale Karriere von Spitzenathletinnen nennt, also ihre berufliche Laufbahn abseits des Sports, optimieren, und dafür stellt diese Reform wesentliche Weichen. Für detaillierte Nachfragen ist, denke ich, das Bundesinnenministerium sicherlich gewappnet.

Fast zum Schluss hat die Bundesarbeitsministerin dem Kabinett über die aktuelle Lage der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt berichtet. Das war zunächst einmal eine Gelegenheit, sich noch einmal vor Augen zu führen, welch gute Entwicklung am Arbeitsmarkt wir auch im Jahr 2016 verzeichnen konnten. Es ist der höchste Wert von Erwerbstätigen in Deutschland seit der Wiedervereinigung, nämlich 43,4 Millionen Menschen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist weiterhin positiv.

Wie sich die Effekte der Flüchtlingszuwanderung auf den Arbeitsmarkt langfristig auswirken werden, ist momentan noch nicht abschätzbar. Die Folgen der Zuwanderung durch Flüchtlinge beginnen sich gerade erst statistisch auszuwirken. Was sich jetzt schon zeigt, ist, dass der Kurs der Bundesregierung Ausbau der Sprachförderung, Maßnahmen zur beruflichen Qualifikation dieser Menschen der richtige Weg ist, um eine erfolgreiche Arbeitsmarktbeteiligung von Flüchtlingen zu ermöglichen.

Zu guter Letzt ging es tatsächlich um das Thema, auf das Sie wahrscheinlich warten: Die Bundeswirtschaftsministerin, Frau Zypries, hat dem Kabinett anschließend zum Thema Opel vorgetragen, und dieses Thema wurde dann in der Runde beraten. Opel ist ein innovatives Unternehmen mit langer Tradition am Standort Deutschland, und der Bundesregierung ist an einer erfolgreichen Zukunft von Unternehmen und Standorten sehr gelegen. Natürlich handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung, die da ansteht, und ich habe dazu jetzt keine Bewertung auszusprechen. Gleichwohl ist es bei der Konstellation, die hier vorliegt, und auch bei der Bedeutung für Arbeitsplätze an mehreren deutschen Standorten klar, dass wir, die Bundesregierung, diesen Vorgang auch begleiten werden.

Jetzt werden erst einmal die Fachminister, also Frau Zypries und Herr Dobrindt, sowie das Bundeskanzleramt Gespräche führen, auch mit der französischen Regierung. Wir werden diese Gespräche und die Erkenntnisse aus diesen Gesprächen innerhalb der Bundesregierung möglichst eng koordinieren, und die Bundeskanzlerin wird stets über alle Entwicklungen informiert sein.

FRAGE HELLER: Ich würde gerne, Herr Seibert und Frau Alemany, zunächst einmal wissen, wie die Informationsstränge und auch Zeitpunkte, an denen die Bundesregierung von diesem Merger erfahren hat, ausgesehen haben.

Ich möchte zum Zweiten gerne wissen, wie die Bundesregierung abseits so mancher Kritik an der Kommunikation dieser ganzen Geschichte diesen Merger im Hinblick auf seine ökonomischen Auswirkungen und auch im Hinblick auf das Zusammenrücken der deutsch-französischen Industrie bewerten.

STS SEIBERT: Wollen Sie anfangen, Frau Alemany?

ALEMANY: Gerne, Herr Seibert. Wie Sie ja gestern auch den Presseberichten und verschiedenen Äußerungen entnehmen konnten, hat das relativ kurzfristig das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Ministerin Zypries hat sich gestern ja auch schon entsprechend geäußert und hat betont, dass sie es nicht akzeptabel findet, dass eine solche Entscheidung an die Öffentlichkeit gelangt, ohne dass vorher mit dem Betriebsrat, der IG Metall und den Beschäftigten gesprochen wird. Wichtig ist jetzt, dass das Unternehmen auch die Verantwortung für die Standorte, für das Entwicklungszentrum und für die Sicherung von Beschäftigung übernimmt. Frau Zypries hat auch deutlich gemacht, dass sie diese klare Erwartung gegenüber dem Unternehmen und General Motors hegt.

Wir sind in engen Kontakt getreten. Die Ministerin wird noch heute mit ihrem französischen Pendant, Minister Sapin, in Kontakt treten und darüber sprechen. Aber das BMWi ist auch schon mit den Arbeitnehmervertretern, der IG Metall und dem Opel-Chef in Kontakt getreten. Wir werden innerhalb der Bundesregierung und natürlich auch mit den Beteiligten und Betroffenen auch weiterhin im engen Austausch bleiben. Jetzt ist es wichtig, dass die Dinge erst einmal in Ruhe besprochen werden und dass die Arbeitnehmer jetzt voll in den weiteren Prozess einbezogen werden.

STS SEIBERT: Ich kann auch nur hinzufügen, dass das natürlich eine unternehmerische Entscheidung ist, die ich hier heute nicht bewerte. Aber die Bundesregierung wird sich im Lichte der Gespräche, die sie jetzt mit allen Beteiligten führt, dann auch eine Meinung dazu bilden.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, nach Aussage von Peugeot wird es ein Treffen zwischen der Kanzlerin und dem Peugeot-Chef geben. Können Sie dazu irgendetwas sagen? Können Sie das bestätigen?

Zweite Frage, vielleicht auch an Frau Alemany: Ist dieser geplante GM-Verkauf für Sie jetzt eigentlich auch schon so eine erste Folge der Trump-Politik „America first“, oder sehen Sie da keinen Zusammenhang?

STS SEIBERT: Ich weiß nicht genau, Herr Delfs, auf welche Aussage Sie sich beziehen. Ich kenne nur die Aussage, die in den Medien zu hören war, nämlich dass es die Bereitschaft des Peugeot-Chefs gab, sich zu treffen. Ich kann Ihnen sagen: Als ich mich hierher aufgemacht habe, hat es eine offizielle Anfrage der PSA-Spitze an das Büro der Bundeskanzlerin jedenfalls nicht gegeben.

Wir sind jetzt ja ich habe es zu beschreiben versucht in der Phase, in der zunächst einmal die zuständigen Fachminister mit allen Beteiligten sprechen und in der dann wirklich sehr eng koordiniert wird, was aus diesen Gesprächen für die Bundesregierung hervorgeht.

ALEMANY: Zu Ihrer zweiten Frage: Ich habe Spekulationen, die in den Medien geäußert wurden, auch gelesen, aber an Spekulationen beteiligen wir uns nicht.

FRAGE GEERS: Herr Seibert, befürchtet die Bundesregierung angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen Opel seit 1999 steckt das Unternehmen hat seitdem keine Gewinne mehr geschrieben und stand auch so schon einmal zum Verkauf an jemand anderen , dass hier möglicherweise Standorte bzw. Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen?

STS SEIBERT: Ich möchte hier über das hinaus, was ich gesagt habe, keine Einordnung vornehmen. Opel ist aus unserer Sicht und nach unserer Überzeugung ein innovatives Unternehmen mit einer langen Tradition am Standort Deutschland. Es gibt hier wichtige Opel-Standorte, sowohl in der Produktion als auch in der Forschung und Entwicklung, und an deren erfolgreicher Zukunft ist uns gelegen.

ZUSATZ GEERS: Das Unternehmen schreibt aber rote Zahlen!

STS SEIBERT: Aber Sie werden mich nicht dazu bringen, dass ich hier Unternehmensergebnisse bewerte.

FRAGE MADELIN: Herr Seibert, war das Thema Opel auch ein Thema, als sich die Bundeskanzlerin und der französische Premierminister am Montag, glaube ich getroffen haben?

Frau Barra, die Chefin von GM, ist heute in Rüsselsheim. Sind dort Gespräche mit der Bundeskanzlerin oder mit anderen Mitgliedern der Bundesregierung geplant?

STS SEIBERT: Die Antwort auf Ihre erste Frage ist Nein.

Die Antwort auf Ihre zweite Frage ist, dass ich Ihnen vorgetragen habe, dass die zuständigen Fachminister und auch das Bundeskanzleramt jetzt in Gespräche mit den Beteiligten eintreten, und diesbezüglich kann ich Ihnen hier noch keine endgültige Liste vortragen.

ZUSATZFRAGE MADELIN: Darf ich eine Zusatzfrage stellen, vielleicht an Frau Alemany und den Sprecher des Verkehrsministeriums? Gibt es Gespräche, die mit Frau Barra innerhalb der nächsten Stunden geplant sind?

ALEMANY: Zu einzelnen Gesprächen kann ich Ihnen nichts sagen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die Gespräche, die wir heute führen, telefonisch stattfinden werden.

SUSTECK: Herr Madelin, ich kann Ihnen bestätigen, dass Minister Dobrindt Gespräche mit Opel und auch mit der französischen Regierung führen wird. Diese Gespräche werden heute stattfinden. Darüber hinaus kann ich Ihnen jetzt aber auch keine einzelnen Gesprächspartner nennen.

FRAGE HELLER: Ich würde mir gern erläutern lassen, ob es irgendwelche Vorgaben für Genehmigungen, für Prüfungen auf behördlicher Ebene, sei es auf Ebene der Bundesregierung oder auf Ebene des Kartellamtes, für einen Merger dieser Art geben muss. Gibt es irgendwelche Prozeduren und Instrumente, die bei einem Merger zwischen einem deutschen und einem französischen Unternehmen anfallen?

ALEMANY: Wenn Sie schon wissen, wie der Merger genau verlaufen wird, dann wissen Sie mehr als ich. Wie Sie den Äußerungen entnommen haben, gibt es jetzt Gespräche zwischen den Unternehmen, die schon weit fortgeschritten, aber noch nicht finalisiert sind. Wir können uns immer erst dann äußern, wenn es tatsächlich Verträge, die unterzeichnet werden, oder spruchreife Entscheidungen gibt. So weit sind wir nicht.

Wenn es so weit ist, wird sich das natürlich im Rahmen des Kartellrechtlichen und unserer anderweitigen Regularien abspielen müssen. Aber da das alles noch im Konjunktiv ist, kann ich mich dazu nicht im Detail äußern.

ZUSATZFRAGE HELLER: Wenn Sie von kartellrechtlichen Bedingungen und Ähnlichem sprechen, will ich noch einmal nachfragen: Ist der Merger eines deutschen Unternehmens mit einem französischen Unternehmen außerhalb des Sicherheitsbereiches in irgendeiner Weise von Gesetzen in Deutschland berührt, das heißt, muss dann irgendein Prüfverfahren ansetzen ganz allgemein?

ALEMANY: Es ist immer noch eine sehr weit gefasste Frage. Es gibt die Kartellregelungen mit den Umsatzschwellen, die Sie kennen: EU-rechtliche Umsatzschwellen, deutsche kartellamtliche Umsatzschwellen. Die gibt es. Außerhalb von sicherheitsrelevanten Bereichen sehe ich darüber hinaus momentan keinerlei Sonderregularien.

ZUSATZFRAGE HELLER: Ich möchte gern zu den geplanten Gesprächen nachfragen: Verstehe ich es richtig, dass es bisher noch keine Ministergespräche gegeben hat, Sie also bislang von der französischen Regierungsseite über diesen Merger noch nicht informiert worden sind, und das erste heute zum Beispiel mit dem Telefonat von Herrn Sapin anläuft?

ALEMANY: Da kann ich mich nur wiederholen: Was die Ministerin gestern zum Thema Öffentlichkeit und Kommunikation erzählt hat, ist breit durch die Medien gelaufen, gestern auch im Fernsehen. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Ansonsten wurden heute im Laufe des Tages schon Gespräche geführt und werden auch noch weiter Gespräche geführt.

FRAGE LANGE: Können Sie sagen, mit welchem Ziel diese Gespräche geführt werden? Sie sagen uns, Sie wüssten noch nichts über den Deal. Was wird denn dann besprochen?

ALEMANY: Sie haben die Antwort schon in Ihrer Frage gegeben: Ziel ist es natürlich, den weiteren Prozess eng zu begleiten, Informationen zu erhalten, Transparenz herzustellen und auch unsere Erwartungen an das Unternehmen zu formulieren.

ZUSATZFRAGE LANGE: Die da wären?

ALEMANY: Zum Beispiel die volle Transparenz gegenüber den Arbeitnehmern, die Einbeziehung der Arbeitnehmer und der Arbeitnehmervertreter im weiteren Gesprächsprozess, Verkaufsprozess, Verhandlungsprozess und natürlich unser vorrangiges Interesse an Arbeitsplatzerhalt und Standortsicherung und auch Sicherung betrieblicher Vereinbarungen, die ja derzeit da sind.

FRAGE HELLER: GM ist ein amerikanisches Unternehmen. Haben Sie vor, Kontakt zur amerikanischen Regierung aufzunehmen, auch wenn da möglicherweise noch kein Wirtschaftsminister installiert ist? Ich weiß nicht, ob Herr Ross überhaupt zuständig wäre. Ist das auch einer der Gesprächspartner für Sie, bei dem Sie nachhaken wollen das frage ich das Kanzleramt genauso wie die anderen beiden Ministerien , um Klarheit darüber zu erlangen, was hinter der Verkaufsabsicht steht?

ALEMANY: Mit Sicherheit ist es sinnvoll, auch mit diesem Gesprächspartner zu sprechen.

FRAGE MADELIN: Ich möchte fragen, Frau Alemany, ob Sie es prinzipiell als ein Problem ansehen, dass der französische Staat Aktionär von PSA ist.

Herrn Westhoff wollte ich fragen: Ich meine, Frau Nahles hat auch von Gesprächen gesprochen. Ist sie selber in Kontakt mit der französischen Arbeitsministerin? Gibt es andere Minister, die darin mit involviert sind? Es scheint mir fast das ganze Kabinett dabei zu sein.

ALEMANY: Einzelne Eigentümerstrukturen bewerte ich hier nicht.

WESTHOFF: Ich kann auch nur bestätigen, dass die Arbeitsministerin in Kontakt mit ihrer französischen Amtskollegin El Khomri ist. Ich kann jetzt nicht genau sagen, ob das Gespräch schon stattgefunden hat oder ob es erst noch stattfinden wird. Aber auf jeden Fall ist man auch in engem Kontakt und Austausch, sodass es auch auf Ebene der Arbeitsministerinnen zu Gesprächen kommt. Insofern kann ich das nur für die Ministerin bestätigen.

Sie hat sich heute Morgen in einer Pressekonferenz zu einem anderen Thema kurz auch zu diesem Vorgang geäußert und ist darauf gedrungen, dass die Arbeitnehmervertreter und die Arbeitnehmer in den weiteren Prozess eng eingebunden werden.

ZUSATZFRAGE MADELIN: Vielleicht gibt es andere Kabinettsmitglieder. Ich denke an das Finanzministerium. Vielleicht ist es auch im Gespräch?

DR. WEISSGEBER: Wir sind an dem Vorgang nicht beteiligt.

VORS. SZENT-IVANYI: Vielleicht können wir die Frage umdrehen: Wer ist noch beteiligt außer den bisher genannten?

STS SEIBERT: Vielleicht wollen wir sie die Fragen stellen lassen.

VORS. SZENT-IVANYI: Na ja, als Leiter der Pressekonferenz kann ich durchaus eingreifen, um möglicherweise den Zeitplan etwas abzukürzen. Also ist das offenbar nicht der Fall.

FRAGE HELLER: Ich wundere mich immer noch über einen Punkt. Herr Seibert, ist es nicht ungewöhnlich, dass die Regierungschefs der beiden Länder vor Kurzem miteinander gesprochen haben und dass, wenn eine Transaktion dieser Größenordnung in Vorbereitung ist bei einem Unternehmen, das zum Teil im Besitz des französischen Staates ist , kein Sterbenswörtchen darüber geredet wird, oder haben Sie das könnte vielleicht eine Antwort sein den Eindruck, dass die französische Regierung auch nicht Bescheid wusste?

STS SEIBERT: Ich möchte Ihnen diese Bewertung überlassen und habe hier auch keine Eindrücke zu vermelden. Ich kann Ihnen sagen, dass es bei der Begegnung mit Herrn Cazeneuve kein Thema war, dass es dennoch eine mit wirklich wichtigen Themen der deutsch-französischen Zusammenarbeit und der europäischen Aktualität vollgepackte Begegnung war, die die Bundeskanzlerin als sehr gut und sehr nützlich empfunden hat.

FRAGE FIEDLER: Habe ich es richtig verstanden, dass mit Frau Merkel noch keine Gespräche geplant sind, dass sie also jetzt noch keine Gesprächstermine festgesetzt hat? Wäre sie denn bereit, sich mit PSA-Peugeot zu treffen, wenn eine offizielle Anfrage kommen würde?

STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin schließt selbstverständlich nicht aus, auch auf ihrer Ebene Gespräche zu führen. Aber jetzt sind erst einmal die zuständigen Minister dran, inklusive des Bundeskanzleramts. Das habe ich Ihnen berichtet. Das wird sehr eng koordiniert. Die Bundeskanzlerin wird über alle Schritte, alle Entwicklungen und alle Erkenntnisse stets im Bilde sein.

FRAGE: Herr Seibert, nur eine Verständnisfrage: Heißt das, dass die Bundesregierung von diesem Übernahmeansinnen seit gestern weiß, oder seit wann wissen Sie davon?

STS SEIBERT: Frau Alemany hat das schon dargestellt und ihre Ministerin auch: Kurzfristig.

FRAGE JUNG: Können Sie bitte „kurzfristig“ definieren, Herr Seibert?

STS SEIBERT: Nein.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie sagten zu Ihrer Rolle im NSA-Untersuchungsausschuss, dass Sie nur so viel wissen, wie Sie wissen müssen. Kann es also sein, bezogen auf die Frage von Herrn Heller, dass Sie einfach nicht wissen, ob es zwischen Herrn Hollande und Frau Merkel um dieses Thema ging?

STS SEIBERT: Erstens. Herr Hollande war gar nicht da. Es war Herr Cazeneuve. So viel weiß ich.

Zweitens bin ich sehr dafür, dass wir meine Aussage im NSA-Untersuchungsausschuss nicht mit dieser Materie hier vermengen. Beide haben nichts miteinander zu tun. Ich habe Ihnen hier das gesagt, was ich weiß und was ich heute sagen kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wissen Sie also mehr als sonst?

STS SEIBERT: Es wird sinnlos auf diese Art und Weise.

FRAGE GEERS: Gibt es einen Zeitplan, bis wann die Gespräche beendet sein sollen oder bis wann man Klarheit haben möchte?

STS SEIBERT: Nein. Ich kann Ihnen keinen Zeitplan nennen. Ich denke, das gilt auch für das Wirtschaftsministerium. Aber es ist auch klar, dass wir uns jetzt mit einiger Dringlichkeit an diese Gespräche machen.

FRAGE JUNG: Zu den Fluggastdaten: Herr Seibert, können Sie uns kurz ausführlich informieren, welche abrufbaren Daten über mich als Passagier nun gespeichert werden und welche nicht?

STS SEIBERT: Kurz zu informieren und ausführlich zu informieren ist nicht immer das Gleiche, aber ich bin sicher, dass Herr Plate beides schafft.

DR. PLATE: Ich werde es versuchen. Vielleicht zunächst einmal das ist vielleicht recht formal, aber trotzdem wichtig : Jetzt passiert gar nichts anders als gestern, weil es erst einmal nur ein Gesetzentwurf des Kabinetts ist, der das parlamentarische Verfahren noch durchlaufen muss.

Ansonsten ergeben sich die personenbezogenen Daten, die übermittelt und gespeichert werden dürfen, aus Anhang 1 der PNR-Richtlinie. Wir haben auf unsere Website extra FAQ gestellt, in denen sie alle aufgelistet sind. Das sind insgesamt 19 Punkte.

Wenn dringendes Interesse besteht, kann ich das vorlesen. Aber zur Abkürzung würde ich meinen, dass es angesichts der Tatsache, dass das auf unserer Website so abrufbar ist, vielleicht gar nicht schlecht ist, dass ich einfach darauf verweise.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ein Datensatz, der gespeichert werden soll, sind die Essenswünsche von mir als Passagier. Wie hilft es im Kampf gegen den Terrorismus, zu wissen, welchen Essenswunsch ich auf meinem Flug habe?

DR. PLATE: So ins Detail kann ich jetzt, ehrlich gesagt, von dieser Stelle aus nicht gehen.

ZURUF JUNG: Das ist einer der Punkte, die Sie gerade

DR. PLATE: Es sind sehr viele Punkte. Ich kann jetzt nicht die Historie zu jedem Einzelpunkt auswendig nacherzählen, wie das in die Richtlinie gekommen ist, deren Umsetzung das ja ist. Ich will gern versuchen, für Sie zu recherchieren, wie dieser sehr spezielle Punkt offenbar in die Richtlinie gekommen ist. Dann reiche ich das sehr gern nach.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert, war der NSA-Untersuchungsausschuss, an dem Sie, Herr Altmaier und Frau Merkel morgen teilnehmen, Thema im Kabinett?

STS SEIBERT: Nein. Aber ich sehe auch gar keinen Grund, warum das heute ein Kabinettsthema hätte sein sollen. Die Zeugenaussagen haben stattgefunden, und eine findet noch statt. Das geht alles seinen parlamentarischen Weg.

FRAGE: Eine Frage an Herrn Seibert zu der Zeugenaussage der Bundeskanzlerin morgen: Können Sie uns irgendetwas darüber berichten, wie sie sich darauf vorbereitet? Hat sie sich dazu noch einmal Akten kommen lassen, oder ist Ihnen bekannt, wie sie in diese Befragungen hineingeht?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen dazu überhaupt nichts berichten. Die Bundeskanzlerin wird wie auch bei früheren Auftritten als Zeugin in Untersuchungsausschüssen mit der großen Bereitwilligkeit hineingehen, diesem parlamentarischen Gremium nach bestem Wissen und Gewissen Rede und Antwort zu stehen.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, in Ihrer Aussage sagten Sie: Ich bekomme konkrete Empfehlungen für das, was ich sage, aus der Abteilung zugeliefert. Da ging es um die Abteilung 6 des Bundeskanzleramts.

Bekommen Sie auch aus anderen Abteilungen im Bundeskanzleramt zugeliefert, was Sie zu welchen Themen auch immer sagen müssen, oder ist das Thema Geheimdienste das einzige Thema, zu dem Sie Redeempfehlungen und Wortempfehlungen erhalten?

STS SEIBERT: Ich möchte jetzt grundsätzlich werden: Ich werde meine Zeugenaussage im NSA-Untersuchungsausschuss hier nicht fortsetzen.

ZUSATZ JUNG: Es war eine allgemeine Frage zu Ihrer Rolle als Staatssekretär und Regierungssprecher.

STS SEIBERT: Nein, das war keine allgemeine Frage. Sie bezog sich auf meine Zeugenaussage im NSA-Untersuchungsausschuss. Ich werde diese Zeugenaussage, die abgeschlossen ist, hier nicht fortsetzen. Sie sind nicht der Fragesteller im Untersuchungsausschuss.

ZUSATZFRAGE JUNG: Haben Sie zur RegPK von heute konkrete Empfehlungen bekommen, was Sie zu sagen haben? Wenn ja, von wem?

STS SEIBERT: Ich habe mich zur RegPK von heute wie vor jeder RegPK mit vielen Kollegen aus dem Bundeskanzleramt, aus den Ministerien, aus meinem eigenen Bundespresseamt unterhalten und mir Informationen geben lassen. Das verstehe ich als meine Vorbereitung auf Ihre Fragen. Ich denke, weniger würde Sie auch enttäuschen.

FISCHER: Ich möchte Sie über die Reisepläne des Bundesaußenministers informieren. Er wird morgen nach Bonn reisen, um dort am Donnerstag und Freitag das G20-Außenministertreffen zu leiten. Der Außenminister sagte dazu heute:

„Außenpolitik ist mehr als Krisenmanagement und muss mehr sein. Wir sind gut beraten, nicht ständig mit dem Feuerlöscher von einem Brand zum nächsten zu laufen. Deshalb ist es so wichtig, sich im Kreise der 20 größten Staaten gemeinsam den Ursachen von Konflikten und den Möglichkeiten friedlicher Krisenprävention und Konfliktbeilegung zu widmen.

Kein Staat der Welt kann die großen internationalen Probleme unserer Zeit alleine angehen. Terrorismus, Wasserknappheit, Flucht und Vertreibung und humanitäre Notlagen bewältigt man nicht mit Abschottung. Der Klimawandel lässt sich nicht mit Stacheldraht bekämpfen.

Die Zufälle der internationalen Diplomatie wollen es, dass es nicht nur für mich“

also den Außenminister

„eine Premiere … ist.

Die Weltpolitik macht in diesen Tagen Halt in Deutschland. Wir wollen in Bonn und dann in München“

bei der Münchner Sicherheitskonferenz

„diese Gelegenheit nutzen, auch die großen Fragen auf der Agenda anzugehen.“

Sie sehen also, dass es in Bonn darum gehen wird, über Ursachen von Krisen und Konflikten zu sprechen und zu diskutieren, wie wir diese Welt nachhaltig und friedlich gestalten können. Das ist für den Außenminister ein wichtiger Austausch jenseits der täglichen Krisendiplomatie.

Ich kann Ihnen auch noch sagen, dass sich der Außenminister sehr darauf freut als Gastgeber und, wenn Sie so wollen, bei sich zu Hause in Deutschland die Außenminister der G20 zu empfangen und, wo dies noch nicht erfolgt ist, zu ersten offiziellen Gesprächen kennenzulernen.

Am Rande des Außenministertreffens wird es auch das wird Sie nicht überraschen um die großen Fragen der Weltpolitik gehen, die großen Krisen. Es wird auch Gelegenheit zu bilateralen Gesprächen geben, zum Beispiel mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow oder dem chinesischen Außenminister.

Am Freitagabend wird Außenminister Gabriel nach Hamburg weiterreisen, wo er auf Einladung des Ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt gemeinsam mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau und der kanadischen Außenministerin Freeland am Matthiae-Mahl teilnimmt.

Am späten Freitagabend geht es dann schließlich weiter nach München, wo der Außenminister am Samstag an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnimmt. Über die Sicherheitskonferenz wissen Sie schon sehr viel; Herr Ischinger war ja hier. Aber vielleicht wissen Sie noch nicht, dass der Außenminister seine Amtskollegen aus Frankreich, Russland und der Ukraine zu einem Treffen im Normandie-Format eingeladen hat, das am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz stattfinden wird.

Hintergrund ist, dass es nach den jüngsten Eskalationen rund um die Stadt Awdijiwka in der Nähe von Donezk um eine Rückkehr zur Waffenruhe gehen soll und um den Abzug von Truppen und schweren Waffen von der Kontaktlinie. Außerdem wollen die Außenminister über die nächsten Schritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen beraten.

Das war es von mir. Vielen Dank.

FRAGE HELLER: Sie haben eben, meine ich, das Wort „Feuerlöscher“ genannt. Einer der Brandherde ist ja seit ewigen Zeiten der Nahe Osten, Israel. Sind Sie schon so weit, einzuschätzen, was das, was aus Amerika zu Israel kommt, wirklich ist? Ist das schon eine Kurswende weg von einer Zwei-Staaten-Lösung, oder ist es das noch nicht? Gibt es dazu noch Erklärungsbedarf gegenüber dem amerikanischen Kollegen in den nächsten Tagen in Bonn? Wie interpretieren Sie das?

Daran schließt sich die Frage an: Die Konsultationen zwischen der israelischen und der deutschen Regierung sind ja abgesagt worden. Stehen dahinter nicht auch politische Faktoren wie Änderungen in der Israelpolitik der Vereinigten Staaten wie die, die wir gerade jetzt erleben?

FISCHER: Was den letzten Punkt angeht, so sind die Konsultationen verschoben worden. Die Begründung hat Herr Seibert, denke ich, hier auch schon vorgetragen.

Was Ihre Frage zur amerikanischen Politik angeht: Sicherlich wird es am Rande des G20-Treffens und auch am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz die Gelegenheit geben, den Gesprächsfaden, den der Außenminister sehr schnell nach seinem Amtsantritt mit seinem amerikanischen Kollegen aufgenommen hat, zu verfestigen und auch über diese Themen zu sprechen. Was die konkreten Presseberichte angeht, so verstehe ich Ihr großes Interesse an einer raschen Kommentierung. Aber ich würde doch vorschlagen, dass wir noch ein bisschen Geduld haben. Letztlich wird das Treffen zwischen dem amerikanischen Präsidenten Trump und dem israelischen Premierminister Netanjahu erst heute stattfinden. Wenn ich richtig informiert bin, werden die beiden im Anschluss vor die Presse treten. Ich bin sicher, dass wir danach ein sehr viel klareres Bild haben.

Was uns angeht, so ist klar, dass wir trotz aller Schwierigkeiten davon überzeugt sind, dass die Zwei-Staaten-Lösung die einzige Lösung ist, die dauerhaften Frieden bringen und auch die berechtigten Erwartungen beider Seiten erfüllen kann. Das ist auch der Weg, auf den sich Israelis und Palästinenser durch die Unterzeichnung der Oslo-Verträge verständigt haben.

ZUSATZFRAGE HELLER: Ich möchte noch einmal nachfragen, denn die Frage war mir schon wichtig. Gibt es für die Absage der Konsultationen abseits von technischen Gründen, Termingründen nicht auch politische Gründe angesichts dieser Entwicklung, die im Moment im Fluss ist?

STS SEIBERT: Wir haben die Gründe genannt, die dieser Verschiebung in das nächste Jahr zu Grunde liegen. Das ist so mit der israelischen Regierung abgesprochen.

Wir haben überhaupt keine veränderte Position in Fragen der Siedlungspolitik. Diese deutsche Position ist in vielen Punkten sehr kritisch; sie ist im Übrigen den israelischen Freunden sehr bekannt. Sie war auch schon kritisch, als zum Beispiel die letzten Regierungskonsultationen stattfanden, und sie haben der Abhaltung dieser Konsultationen in keiner Weise im Wege gestanden. Unsere Freundschaft zum Staat Israel ist eine so tiefe, eine so enge, dass es möglich ist, einander auch in aller Freundschaft Kritisches zu sagen. Das war so, und das wird so bleiben.

FRAGE DR. DELFS: Herr Fischer, Herr Seibert, bitte verdeutlichen Sie ganz kurz die Bewertung der Bundesregierung dieses neuen Siedlungsgesetzes und erklären noch einmal, ob Sie nach diesem Gesetz eine Möglichkeit für eine Zwei-Staaten-Lösung sehen, das nach Meinung vieler eine Zwei-Staaten-Lösung fast unmöglich gemacht hat.

STS SEIBERT: Die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung ist ja hinlänglich bekannt und oft vorgetragen worden. Der Siedlungsbau in den besetzten Gebieten ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Als solcher gefährdet er einen dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Dieses Gesetz, das die Knesset jetzt beschlossen hat, das widerrechtliche Besetzungen privaten palästinensischen Landes nachträglich legalisiert, sehen wir in genau diesem Zusammenhang eben sehr kritisch.

Ich sage noch einmal das, was für das Auswärtige Amt gerade gesagt wurde: Für uns bleiben die Bemühungen um eine Zwei-Staaten-Lösung der Grundpfeiler unserer Nahostpolitik. Das werden wir auch in unseren Gesprächen und Kontakten mit allen Akteuren weiterhin zum Ausdruck bringen. Wir sind unverändert davon überzeugt, dass nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung in der Lage ist, den Interessen beider Seiten Israelis wie Palästinensern gerecht zu werden und Israel dauerhaften Frieden bringen kann. Das ist unser Interesse.

FISCHER: Ich kann das ergänzen. Ich glaube, wir hatten hier erstmals im letzten Dezember über das Legalisierungsgesetz gesprochen und anlässlich der Verabschiedung in diesem Monat wieder und wieder. Wir haben uns dazu klar geäußert, und daran hat sich auch nichts geändert.

Es ist schon so, dass viele hier in Deutschland, die, wie wir alle, in tiefer Verbundenheit zu Israel stehen, von diesem Schritt enttäuscht worden sind und das Vertrauen, das wir in das Bekenntnis der israelischen Regierung zur Zwei-Staaten-Lösung hatten bzw. haben, durchaus nachhaltig erschüttert worden ist. Es ist so, wie Herr Seibert sagt und wie auch ich es gerade gesagt habe: Wir halten daran fest. Wir glauben, dass nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israelis und Palästinensern dauerhaften Frieden für die Region bringen kann und damit sowohl im Interesse der Palästinenser als auch unserer israelischen Freunde ist.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Ich verstehe das nicht ganz. Gerade, wenn die Bundesregierung von ihrer Meinung so überzeugt ist und auch Sie sagen, dass man durchaus kritisch mit der israelischen Regierung spricht, wären diese Regierungskonsultationen besonders jetzt total wichtig gewesen. Ich verstehe nicht, warum man sie in so einer Situation verschiebt. Es ist doch eher so, dass man sie fast vorziehen müsste.

STS SEIBERT: Wir haben den Grund für die Verschiebung genannt.

FISCHER: Es gibt ja diverse Möglichkeiten, im Gespräch mit der israelischen Regierung zu stehen. Das tun wir auf den verschiedensten Ebenen: Wir haben eine Botschaft vor Ort; wir stehen hier im Gespräch mit der israelischen Botschaft. Ich sehe jetzt gerade nicht, dass es einen mangelnden Austausch zwischen Deutschland und Israel gibt. Ich glaube, unsere Haltung ist der israelischen Regierung auch wohl bekannt.

FRAGE JUNG: Zwei Lernfragen. Herr Fischer, das Weiße Haus hat gesagt, dass die US-Regierung auf alle Vorbedingungen für eine Friedenslösung verzichtet. Welche Vorbedingungen hat die Bundesregierung in Bezug auf die Friedensgespräche zwischen beiden Seiten?

Herr Seibert, Sie sagten, dass die Bundesregierung die Siedlungspolitik der Israelis in vielen Punkten sehr kritisch sehe. In welchen Punkten denn nicht? Welche Punkte unterstützt man?

FISCHER: Wenn ich anfangen darf, Herr Jung: Ich kenne bis jetzt nur anonyme Quellen aus der amerikanische Administration, die in Presseberichten genannt werden. Deshalb hatte ich darum gebeten, dass wir uns in dieser Frage der Bewertung der amerikanischen Politik noch ein wenig gedulden, und zwar so lange gedulden, bis zumindest der amerikanische Präsident und der israelische Premierminister ihre Gespräche abgeschlossen haben und wir dann erfahren, was dort besprochen wurde. Dafür gibt es heute Abend die Gelegenheit, wenn die beiden vor die Presse treten. Dann wird es sicherlich auch Gespräche mit der amerikanischen Administration, aber auch mit unseren israelischen Freunden darüber geben, wie die Gespräche gelaufen sind. Auf dieser Grundlage werden wir das dann bewerten und unsere Meinung zum Ausdruck bringen.

Was die Haltung der Bundesregierung ist, haben wir hier, glaube ich, hinreichend klar gemacht. Für uns wird sich der Frieden zwischen Israelis und Palästinensern nur im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung finden lassen.

STS SEIBERT: Ich habe meinen Aussagen zur Siedlungspolitik und zu dem jüngsten von der Knesset beschlossenen Gesetz hier nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Haben Sie sich vielleicht versprochen, Herr Seibert? Lehnen Sie die Siedlungspolitik komplett ab oder, wie Sie gerade gesagt haben, in sehr vielen Punkten? Das ist ja relevant.

STS SEIBERT: Ich habe der Aussage nichts hinzuzufügen.

FRAGE: Herr Fischer, nur eine kurze Frage zum G20-Außenministertreffen. Ist mit einer Abschlusserklärung, einem Papier oder Ähnlichem zu rechnen oder (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)?

FISCHER: Es ist ja ein informelles Treffen der Außenminister. Es findet erst zum zweiten Mal statt; das erste Treffen hat in Mexiko stattgefunden. Soweit ich mich entsinne, gab es damals auch keine Abschlusserklärung. Das Neue ist, dass dieses Mal 18 der 20 Außenminister teilnehmen. Ich gehe davon aus, dass, da es einen informellen Charakter hat, es am Ende die Abschlusspressekonferenz des Außenministers geben wird, in der dieser die Ergebnisse des G20-Außenministertreffens zusammenfassen wird.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Herr Plate hat noch eine Nachlieferung.

DR. PLATE: Es war noch etwas offen. Ich hatte jetzt noch einmal Gelegenheit, die umfangreiche Liste der Daten, die nach dem PNR-Modell übermittelt und gespeichert werden dürfen, durchzusehen. Essenswünsche sind, ehrlich gesagt, nicht dabei. Woher Sie das haben, kann ich Ihnen natürlich nicht sagen. Sie sind nicht dabei. Wenn es so berichtet würde, dass das eine Grundlage für die Übermittlung von Essenswünschen schafft, ist das nicht zutreffend.

FRAGE SCHELD: Ich habe anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz und des G20-Außenministerstreffens eine Frage an die Bundesregierung, vor allem an Herrn Seibert und Herrn Nannt: Ergibt sich aus der aktuellen weltpolitischen Lage und aus der neuen US-Administration aus Sicht der Bundesregierung irgendeine Notwendigkeit, die Grundzüge der deutschen Sicherheitspolitik zu überarbeiten oder bleibt alles beim Alten?

STS SEIBERT: Ich glaube, eine Außen- und Sicherheitspolitik, die nicht auch Entwicklungen mit einbezieht und immer auch selber in der Entwicklung bleibt, wäre falsch. Aber ich will Ihnen gar nichts weiter verraten – außer, dass die Bundeskanzlerin am Samstag um 9 Uhr eine außen- und sicherheitspolitische Rede in München halten wird, nach der Sie hoffentlich klarer sehen.

NANNT: Als Ergänzung kann ich nur sagen: Wie Sie ja wissen, haben wir 2016 das Weißbuch der Bundesregierung veröffentlicht, in dem unsere Position steht. Das sind natürlich die langfristigen Züge. Dass wir insgesamt mehr Verantwortung übernehmen müssen ich glaube, das hatte ich am letzten Freitag schon einmal gesagt , ist Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor drei Jahren, also 2014, gewesen, wo sich die Ministerin unter anderem dazu eingelassen hat.

Viele Bemühungen, die wir unternehmen auch auf dem NATO-Verteidigungsministertreffen heute und morgen, wo Absichtserklärungen mit europäischen Partnern unterzeichnet werden , laufen genau in diese Richtung, dass man insgesamt sagt: Wir wollen mehr Verantwortung übernehmen. Wir müssen quasi eine faire Lastenverteilung bewegen. Das ist ein Zug, der schon länger da ist.

FRAGE WONKA: Herr Fischer, Herr Seibert, zum Stichwort Münchner Sicherheitskonferenz. Dort tritt auch der türkische Premierminister auf. Meine Frage: Hat Herr Yýldýrým für seinen Auftritt in München eine Genehmigung und ein Visum erhalten, oder/und hat er für einen Wahlkampfauftritt im Ruhrgebiet im Rahmen seiner Visite eine Genehmigung seitens des Auswärtigen Amtes oder ein entsprechendes Visum erhalten? Soweit ich weiß, sind Wahlkampfauftritte von ausländischen Politikern genehmigungspflichtig. Mich würde interessieren: Wer hat diese Genehmigung erteilt und wieso?

FISCHER: Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass der türkische Premierminister in der Tat Teilnehmer an der Münchner Sicherheitskonferenz sein wird. Deshalb ist es für uns auch keine Überraschung, dass er nach Deutschland kommen wird.

Was die Frage von öffentlichen Auftritten angeht, so ist es, glaube ich, eine Sache der Länderbehörden, über die diese zu entscheiden haben. Näheres kann Ihnen sicherlich der Kollege aus dem Innenministerium oder aus dem Justizministerium erläutern.

Was ich dazu sagen kann, ist, dass uns hohe Repräsentanten der Türkei natürlich willkommen sind und dass gerade in schwierigen Zeiten Begegnung, Dialog und Austausch wichtig sind. Dafür wird es auch am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz Gelegenheit geben. Aber wir wünschen uns natürlich auch, dass wir dabei fair und rücksichtsvoll miteinander umgehen. Hier in Deutschland haben mehr als drei Millionen Menschen ihre Wurzeln der Türkei. Viele von ihnen nehmen weiter regen Anteil an den politischen Entwicklungen in der Türkei. Das respektieren wir. Aber das will ich auch klar sagen: Wir wollen auch nicht, dass die innenpolitischen Auseinandersetzungen aus der Türkei zu uns nach Deutschland getragen werden.

DR. PLATE: Vielleicht nur ganz kurz, weil ich angesprochen worden bin: Ich glaube, es besteht ein bisschen eine Fehlvorstellung, wie das bei solchen Ereignissen oder geplanten Ereignissen, Auftritten zu laufen hat. Sie sprachen von einer Genehmigungspflicht von Wahlkampfauftritten. So kann man das, glaube ich, pauschal nicht sagen. Man muss in solchen Fällen zwei Rechtskreise unterscheiden. Das ist einmal der völkerrechtliche und außenpolitische Rechtskreis, der insbesondere die Frage betrifft: Ist es okay, ist, wenn man so will, der Gaststaat in dem Fall Deutschland damit einverstanden, dass ein Teil der Wahl eines bestimmten Landes dort im Gaststaat durchgeführt wird? Ist es für die Bundesrepublik Deutschland in Ordnung, dass Türken dort auch an einer türkischen Wahl teilnehmen, ohne sich sozusagen örtlich, räumlich in die Türkei zu begeben? Das ist sozusagen etwas vor die Klammer Gezogenes, das üblicherweise im Wege eines Austausches von Verbalnoten zwischen den Staaten geklärt wird. Ich glaube, das ist bei der bevorstehenden Wahl bzw. dem Referendum noch nicht abschließend erfolgt, wobei der konkrete Sachstand sicher beim AA liegen müsste. Meines Wissens liegt aber so eine Bitte der Türken schon vor.

Der zweite Sachverhalt ist ein innerstaatlicher Sachverhalt. Wenn man sozusagen einen rechtlichen Anfasser für solche Themen sucht, ist das letztlich eine Frage des Versammlungsrechts. Seit der Föderalismusreform liegt das Versammlungsrecht in der Zuständigkeit der Länder. Das heißt, in dem Land, in dem gegebenenfalls ein solcher Auftritt absolviert werden soll rechtstechnisch ist das eine Versammlung , müsste man das sozusagen nach den Vorschriften des einschlägigen Landesversammlungsgesetzes beantragen. Soweit es um NRW geht Oberhausen war ja Thema , wäre das in NRW der Fall, soweit es vielleicht in München einen Auftritt geben soll, wäre das in München der Fall. Häufig ist es ja auch so je nachdem, ob es unter freiem Himmel stattfindet oder nicht , dass das nach deutschem Versammlungsrecht nur angezeigt werden muss, was sozusagen von Artikel 8 des Grundgesetzes getragen ist. Dann müsste die Versammlungsbehörde ganz normal im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Versammlungsgesetzes, prüfen, ob es Anlass zum Einschreiten gibt oder nicht. Das ist von denen ganz normal zu beantworten.

ZUSATZFRAGE WONKA: Das heißt, Bundesbehörden haben keinerlei Möglichkeit, einen Wahlkampfauftritt eines türkischen oder eines ausländischen Staatspolitikers in Deutschland zu verbieten oder zu unterbinden? Ist das richtig? Oder gibt es für den Bund, wenn man will, eine Möglichkeit, einen Wahlkampfauftritt eines türkischen Ministerpräsidenten in Deutschland zu verhindern?

FISCHER: Herr Plate hat es ja gerade erläutert. Das sind Fragen des Versammlungsrechts, die hier betroffen sind. Die Entscheidung darüber liegt in den Händen der zuständigen Behörden vor Ort.

Was ich dazu nur sagen kann: Es hat in der Bundesrepublik Deutschland in der Vergangenheit auch Wahlkampfauftritte von Politikern anderer Länder und nicht nur ausschließlich aus der Türkei gegeben – und dieses Land steht immer noch.

ZUSATZ WONKA: Aber nur wenige Länder wollen die Todesstrafe einführen und die Demokratie abschaffen.

FISCHER: Ich glaube, die Einführung der Todesstrafe ist nicht im Verfassungsreferendum vorgesehen. Insofern ist das nicht so. Aber es gibt auch andere Länder, mit denen wir gute Beziehungen pflegen, in denen es die Todesstrafe noch gibt. Sie kennen unsere Haltung zur Todesstrafe: Wir lehnen sie ab und fordern diese Länder auch auf, die Todesstrafe nicht anzuwenden bzw. sie abzuschaffen. Aber das ist ja in der Türkei nicht der Fall, weil es dort die Todesstrafe nicht gibt und weil auch eine Einführung derzeit im legislativen Prozess keine Rolle spielt.

Darüber hinaus wissen Sie natürlich, dass wir die Entwicklung in der Türkei genau verfolgen. Deshalb verfolgen wir auch den Prozess der Verabschiedung der türkischen Verfassung sehr genau. Sie kennen unsere Haltung bezüglich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei. Wir appellieren in all unseren Gesprächen, aber eben auch öffentlich an die Türkei, dass sie sich nachdrücklich für den Schutz und die Stärkung dieser Rechte einsetzt.

FRAGE ROBECK-KRAUSE: Herr Seibert, ich versuche es trotzdem noch einmal: Wie problematisch findet es denn die Kanzlerin persönlich vielleicht haben Sie da etwas Einblick , dass der türkische Premierminister sozusagen auf deutschem Boden dafür werben wird, in der Türkei die Demokratie zu schwächen oder gar abzuschaffen?

Wenn ich eine zweite Frage direkt an Dr. Plate stellen kann: Im Sommer ist, wenn ich mich recht erinnere, der Auftritt des türkischen Sportministers in Köln vom Bundesverfassungsgericht bestätigt abgesagt worden. Warum geht das in diesem Fall dann nicht?

STS SEIBERT: Sie haben vielleicht verfolgt, wie sich die Bundeskanzlerin bei ihrem Besuch kürzlich in Ankara sehr klar zur innenpolitischen Entwicklung in der Türkei geäußert hat, zu Erwartungen und Hoffnungen, die wir dabei auch haben, gerade weil wir es im vergangenen Sommer natürlich sehr begrüßt haben, dass der blutige Putsch gegen die türkische Demokratie verhindert werden konnte. Weil wir auf der Seite der gewählten Regierung und der demokratischen Institutionen des Landes stehen, haben wir jetzt natürlich die Hoffnung, dass diese demokratischen Institutionen auch gestärkt sind, dass die „checks and balances“, die Gewaltenteilung in der Türkei, intakt ist usw. Dazu hat sich die Bundeskanzlerin ja sehr geäußert.

Zu der Veranstaltung in Oberhausen ist, glaube ich, hier alles gesagt. Ich will es noch einmal sagen: Wir gehen selbstverständlich auch davon aus, dass alle Beteiligten dieser Veranstaltung in Oberhausen sicherstellen werden, dass dabei nicht innertürkische Konflikte in irgendeiner Weise hier auf deutschem Boden ausgetragen werden. Das ist wichtig.

DR. PLATE: Vielleicht nur in aller Kürze. Ihre Frage beinhaltet in gewisse Weise eine Unterstellung. Sie fragten: Warum geht das hier nicht?

ZURUF ROBECK-KRAUSE: Das war eher eine Wissensfrage.

DR. PLATE: Es hat hier auf Bank niemand gesagt, dass das hier nicht geht. Wir haben nur gesagt: Über die gegebenenfalls angemeldete oder noch anzumeldende Versammlung zu befinden, ist Sache der zuständigen Versammlungsbehörde. Zu welchem Urteil sie kommt, ob sie das sozusagen durchgehen lässt, ob sie einschreitet, hängt ja nun vom Sachverhalt, namentlich den Details der Anmeldung der Versammlung meistens wird es sich um eine bloße Anmeldung handeln , ab.

Weil mir, ehrlich gesagt, der Sachverhalt, der dem damaligen Urteil des Verwaltungsgerichts Köln, wenn ich das richtig sehe, zugrunde lag, und die tragenden Gründe eins zu eins nicht mehr erinnerlich sind, will ich vielleicht nur ein Beispiel bilden. Wenn in einer Versammlungsanmeldung trotz einer erwarteten großen Zahl von Versammlungsteilnehmern zum Beispiel eine erkennbar zu niedrige Anzahl von Ordnern angegeben ist, die die Anmelder beabsichtigen aufzustellen, dann ist es selbstverständlich möglich, Auflagen bis hin zu einem Verbot der Versammlung zu erlassen. Dass das pauschal nicht geht, wäre jedenfalls etwas, was ich, ehrlich gesagt, schon sehr im Randbereich meiner Zuständigkeit jedenfalls so nicht bestätigen könnte. Richtig ist nur: Das Versammlungsrecht ist Sache der Länderbehörden.

FRAGE WONKA: Herr Fischer, ist Ihnen bekannt, dass Herr Erdoðan angekündigt hat, dass er, sobald das Referendum durch ist, für die Einführung der Todesstrafe eintreten wird? Insofern gibt es durchaus einen Zusammenhang zwischen dem Referendum und der Todesstrafe. Es wundert mich, dass Sie das nicht sehen.

Herr Seibert, schließen Sie aus, dass sich die Bundesregierung wegen des Flüchtlingsdeals mit der Türkei derzeit in besonderer Weise entgegenkommend gegenüber türkischen Regierungspolitikern verhält?

FISCHER: Wenn ich vielleicht mit der Todesstrafe anfangen kann: Ich habe mich darauf bezogen, dass die Todesstrafe was sehr gut hätte sein können nicht Teil der Verfassungsreform ist. Dass es dazu eine Diskussion in der Türkei gibt, wissen wir alle. Dazu haben wir uns hier sehr klar geäußert, und wir haben auch die Implikationen, die das mit Blick auf den EU-Beitritt der Türkei hätte, sehr klar dargestellt; das wissen unsere Gesprächspartner in der Türkei also. Dementsprechend gibt es da, glaube ich, auch gar nicht viel mehr hinzuzufügen. Diese Bundesregierung wie auch alle Vorgängerbundesregierungen lehnt die Todesstrafe ab und lehnt vor allen Dingen auch ihre Wiedereinführung ab. Das gilt gegenüber der Türkei, das gilt aber auch gegenüber allen anderen Ländern, die sich mit solchen Absichten tragen sollten oder wo es öffentliche Diskussionen dazu geben könnte.

STS SEIBERT: Meine Antwort auf Ihre Frage ist: Ja.

Ich will zum EU-Türkei-Abkommen noch einmal sagen: Dieses Abkommen ist im deutschen und im europäischen Interesse, es ist genauso im türkischen Interesse, und es ist ein Abkommen, das eine humanitäre Wirkung gebracht hat, die man nicht unterschätzen sollte. Das massenhafte Sterben auf diesem Teil des Mittelmeers, in der Ägäis, hat seitdem nahezu aufgehört. Vorher sind Hunderte ertrunken; seit diesem Abkommen glücklicherweise nur noch sehr wenige. Natürlich ist jeder Einzelne zu viel, aber die Zahlen sind nicht zu vergleichen mit den Zahlen vor Inkrafttreten dieses Abkommens. Bei allen Problemen ist das etwas, was man herausstreichen muss.

FRAGE LANGE: Ich habe eine Frage an das Justizministerium zum Stichwort Managergehälter: Hat der Minister ein Gesetz in der Pipeline, um zum Beispiel den Forderungen im Koalitionsvertrag zu diesem Thema nachzukommen, also mehr Transparenz herzustellen?

An das Finanzministerium: Welche Haltung hat der Finanzminister dazu? Zuletzt hat er ja in einer Talkshow gesagt, man müsse der Wirtschaft notfalls Hilfestellung geben.

DR. BAER-HENNEY: Vielen Dank für die Frage, Herr Lange. Der Minister hat sich gestern dazu geäußert; auf diese Äußerung spielen Sie hier ja wahrscheinlich an. Er hat dabei auch noch einmal klargestellt, dass es um eine Unterstützung des Entwurfs der SPD-Fraktion geht. Es wird nichts Eigenes aus unserem Haus vorgelegt.

DR. WEISSGERBER: Ihre Frage beantworte ich gerne: Tatsächlich findet aktuell im politischen Raum eine Diskussion über die Begrenzung von Managergehältern statt. Minister Schäuble hat seine Haltung zu Managergehältern immer wieder klar gemacht, zuletzt, wie Sie sagen, in der TV-Sendung „Maischberger“. Der Minister hat gesagt, dass der Gesetzgeber tätig werden könnte, wenn die Wirtschaft nicht selbst eine angemessene Ausgestaltung ihrer Managergehälter regeln sollte das wäre ja eigentlich der Normalfall in einer freiheitlichen Ordnung, so wie ihn ja auch der Corporate Governance Kodex vorsieht.

Ansonsten gibt es noch einen Punkt aus dem Koalitionsvertrag, der umzusetzen ist, nämlich was das zuständige Unternehmensgremium für die Festsetzung von Managergehältern angeht. Das betrifft in erster Linie das Gesellschafts- und Vertragsrecht und damit eben die Kollegin des Bundesjustizministeriums. Für uns wäre dann im Zuge eines möglichen Gesetzgebungsprozesses zu prüfen, ob auch steuerliche Aspekte zu regeln sind. Man muss eben sagen, dass die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Managergehältern nicht trivial ist; das muss verfassungsrechtlich gut begründet sein. Dabei gibt es auch Abgrenzungsprobleme, denn wie Sie wissen, sind nach dem Nettoprinzip Gehälter grundsätzlich steuerlich als Betriebsausgaben abziehbar. Das muss man dann also in einem solchen möglichen Gesetzgebungsverfahren sehr sorgfältig prüfen.

FRAGE JUNG: Frau Baer-Henney, Ihr Minister meinte, es müsse ein Maximalverhältnis zwischen Vorstandsgehältern und Durchschnittslöhnen geben. Was für ein maßvolles Verhältnis stellt sich der Minister denn vor?

DR. BAER-HENNEY: Ich habe dem, was der Minister gestern gesagt hat, nichts hinzuzufügen; das steht jetzt erst einmal für sich. Wie gesagt gibt es einen Entwurf aus der SPD-Fraktion, und der wird damit flankiert. Aber das, was der Minister gestern gesagt hat, ist das, was wir zu dem Thema zu sagen haben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Eine eigene Haltung über ein Maximalverhältnis hat der Minister also nicht?

DR. BAER-HENNEY: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass sich der Minister gestern dazu geäußert hat, und das ist das, was ich Ihnen dazu sagen kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert, hat die Kanzlerin eine Vorstellung eines Maximalverhältnisses?

STS SEIBERT: Keine, die ich Ihnen hier nennen könnte, nein. Ich weiß es nicht.

FRAGE DR. TUYALA: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert zum Thema Russland. Herr Seibert, Sie hatten ja vor geraumer Zeit angekündigt, dass der BND-Bericht zur vermeintlichen russischen Desinformationskampagne veröffentlicht werden würde und sogar öffentliche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden sollten. Davon ist jetzt keine Rede mehr. Wie kommt es dazu, dass Ihrer Ankündigungen bislang keine Taten gefolgt sind? Waren das Fake News?

STS SEIBERT: Herr Tuyala, Sie verpassen immer die entscheidendsten und schönsten Sitzungen hier, nämlich die Regierungspressekonferenz die letzte oder die vorletzte, ich weiß es nicht , in der wir auf die Frage des heute nicht anwesenden Herrn Jolkver genau darüber gesprochen haben. Ich würde Sie bitten, sich das im Protokoll noch einmal genau anzuschauen.

Kurzzusammenfassung: Ich habe das nicht versprochen. Ich habe zu dem Zeitpunkt, als diese Meldung aufkam, gesagt, dass dieser Bericht geprüft wird und ich noch nicht sagen könne, welche Konsequenzen daraus ergehen. Das ist etwas anderes, als eine Veröffentlichung zu versprechen. Damit erledigt sich dann auch der zweite Teil Ihrer Frage: Nein, das was Sie gesagt haben, war es natürlich nicht.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Gut, aber trotz allem wurde ja angekündigt, dass der Bericht veröffentlicht werden sollte.

STS SEIBERT: Nicht von mir.

ZUSATZ DR. TUYALA: Nee, aber im Zusammenspiel von Kanzleramt und halt dem BND selber, wie ja Herr Mascolo selber in der „„Süddeutschen Zeitung“ geschrieben hat. Es wurde also angekündigt, dass der Bericht veröffentlicht werden soll.

STS SEIBERT: Entschuldigung, es wurde von mir nicht für die Bundesregierung angekündigt und auch nicht für das Bundeskanzleramt angekündigt; da kann ich jetzt bestimmte Medienartikel nicht kommentieren. Ich habe es hier nicht angekündigt.

ZUSATZ DR. TUYALA: Gut. Jetzt weg von Ihnen Herr Seibert:

STS SEIBERT: Ja gut, aber ich rede ja von den Fakten.

ZUSATZ DR. TUYALA: Es wurde aber trotz allem argumentiert, dass der Bericht jetzt nicht veröffentlicht werden würde, weil er halt keine Beweise zutage gefördert hätte. Das ist natürlich eine ziemlich kuriose Argumentation, und die Leute wundern sich darüber, warum denn entlastende Materialien nicht veröffentlicht werden, sondern dass Materialen nur dann veröffentlicht würden, wenn sie Beweise für eine Desinformationskampagne zutage gefördert hätten.

STS SEIBERT: Sie beziehen sich auf einen Zeitungsbericht, nicht auf offizielle Aussagen. Diesen Zeitungsbericht kommentiere ich nicht. Ich habe mich in der Regierungspressekonferenz, deren Protokoll Sie vielleicht doch noch nachlesen werden, dazu geäußert. Etwas Neues habe ich dazu nicht zu sagen. Was ich auch gesagt habe, ist, dass die Nichtveröffentlichung eines Berichtes in keiner Weise bedeutet, dass es das Thema, um das es bei diesem Bericht ging, nicht gibt. Das Thema Desinformation ist ein reales Thema das allerdings kann ich aus meiner täglichen Beobachtung sagen.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Definitiv. Darf ich noch kurz eine Nachfrage dazu stellen?

VORS. SZENT-IVÁNYI: Die letzte, Herr Kollege.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Das ist durchaus ein reales Thema. Nun soll ja auch weiter ermittelt werden, obwohl keine Beweise gefunden wurden. Wie erklären Sie sich das? Es wird argumentiert, dass die Russen schlicht und ergreifend zu schlau gewesen wären, um sich erwischen zu lassen. Das ist eine recht abenteuerliche Argumentation, denn das bedeutet ja letztendlich, dass die Tatsache, dass man keine Beweise hat, der Beweis dafür ist, dass der Angeklagte in Anführungsstrichen eventuell doch schuldig ist. Können Sie diesen Hintergrund, diese Argumentation etwas beleuchten?

STS SEIBERT: Abenteuerlich finde ich, dass Sie mir nun permanent einen Zeitungsartikel entgegenhalten, in dem es keine offiziellen Äußerungen gibt und der auch nicht dem entspricht, was ich hier gesagt habe. Deswegen werde ich da nichts beleuchten, nein.

Ich sage noch einmal: Das Thema Desinformation ist ein Thema, mit dem man sich nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und im Übrigen auch in Übersee beschäftigen muss, weil es zugenommen hat und weil es eine Wucht hat, die es vorher noch nicht gab. Dabei geht es um Desinformation, die manchmal hausgemacht in Deutschland entsteht, um Desinformation, die manchmal aus dem Ausland zu uns getragen wird. Ich kann Ihnen, wenn Sie wollen, regelmäßige Beispiele nennen aber nicht hier. Ich glaube aber, diese Beispiele kennen Sie auch.

ZUSATZ DR. TUYALA: Nee

VORS. SZENT-IVÁNYI: Pardon, jetzt muss ich hier einmal reingehen, Herr Kollege. Ich finde es durchaus legitim, wie Herr Seibert geantwortet hat eventuell müssten Sie Ihre Fragetechnik ändern. Ich möchte aber nicht, dass es hier zum Dialog kommt.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium zum Themenkomplex Steuervergünstigungen/Madeira: Inwiefern gibt es denn jetzt aus Ihrer Sicht Handlungsbedarf oder Gesprächsbedarf mit Portugal oder auf europäischer Ebene, mit der EU-Kommission, wenn sich herausstellt, dass die Bedingungen, unter denen diese Steuervergünstigungen gewährt worden sind, offensichtlich nicht erfüllt worden sind? Was ist da die Position des BMF?

DR. WEISSGERBER: Können Sie kurz sagen, worauf Sie Bezug nehmen? Ich kenne den Vorgang Madeira jetzt nicht.

ZUSATZ: Es geht um die Berichterstattung des Bayerischen Rundfunks zum Themenkomplex Madeira, wo seit den 80er-Jahren besondere Steuersätze gelten von 5 Prozent zum Beispiel , die auf EU-Ebene gewährt wurden, mit der Bedingung, dass vor allen Dingen die regionale Wirtschaft davon profitieren soll, auch was die Schaffung von Arbeitsplätzen angeht, was aber nach den Recherchen so nicht der Fall zu sein scheint.

DR. WEISSGERBER: Ich kann jetzt von hier aus keinen Kommentar zum Steuersystem von Madeira abgeben, ich bitte da um Verständnis. Es gibt innerhalb der Europäischen Union verschiedene Steuersätze. Deutschland setzt sich intensiv für eine Mindestbesteuerung ein. Das muss in den verschiedenen Gremien innerhalb der EU und der OECD besprochen werden. Wir als deutsche Bundesregierung können jetzt aber zum Steuersystem von Madeira keine Stellung nehmen, da bitte ich um Verständnis.

ZUSATZ: Es ist ja eine Regelung auf europäischer Ebene, die auch vonseiten der EU-Kommission genehmigt worden ist. Deswegen hätte es ja sein können, dass Sie in diesen Prozess involviert gewesen sind. Das ist ja auch gerade verlängert worden.

DR. WEISSGERBER: Dazu kann ich aktuell nichts sagen.

FRAGE JUNG (zur Fluggastdatenspeicherung): Bevor ich meine Frage an das Auswärtige Amt stelle: Herr Plate, Sie hatten uns, glaube ich, nicht richtig informiert, als Sie gesagt haben, dass die Essenswünsche nicht gespeichert werden. Das Department of Homeland Security der Amerikaner fordert die Speicherung dieser Informationen, und in Ihrem FAQ, auf das Sie uns vorhin hingewiesen haben, steht unter der Frage „Welche personenbezogenen Daten dürfen übermittelt und gespeichert werden?“:

„14. Sitzplatznummer und sonstige Sitzplatzinformationen“

Darum geht es; diese Sitzplatzinformationen sind die Essenswünsche, und die Europäer müssen das an das Department of Homeland Security weitergeben. Insofern glaube ich, dass Sie uns da nicht richtig informiert haben.

DR. PLATE: Zum einen hatten Sie mich gar nicht richtig zitiert. Ich habe gar nicht gesagt, dass das nicht gespeichert würde; ich habe nur gesagt: Auf der Liste der Daten, die übermittelt und gespeichert werden, steht nichts von Essenswünschen. Ich kann aber konkret auch sagen, dass zu Punkt 14, Sitzplatzinformationen, Essenswünsche definitiv nicht dazugehören. Woher Sie es haben, weiß ich inzwischen, denn Sie haben mir eine dpa-Meldung geschickt. Die eigentliche Quelle ist aber wahrscheinlich immer noch nicht eine dpa-Meldung, sondern der Gesetzentwurf, und darin steht wirklich nichts von Sitzplatzinformationen Entschuldigung, ich korrigiere mich: Darin steht natürlich schon etwas von Sitzplatzinformationen, aber darin steht wirklich nichts von Essenswünschen. Auch in der Richtlinie steht nach meinem Kenntnisstand nichts von Essenswünschen. Was ein anderes Ministerium eines Drittstaats fordert oder nicht fordert, scheint mir ohne dass ich diese Forderung kenne für die Frage, was der deutsche Gesetzentwurf enthält, doch recht irrelevant zu sein.

FRAGE JUNG: Das können wir ja an anderer Stelle noch fortsetzen. Herr Fischer, noch ganz kurz zum Wechsel von Herrn Steinmeier ins Bundespräsidialamt: Er nimmt da ja viele Leute aus Ihrem Ministerium mit. Wer muss denn da alles mit oder wer geht da mit, und wie viele Stellen werden frei? Gehen Sie oder Herr Schäfer da mit?

FISCHER: Ich verstehe jetzt nicht genau, worauf Sie mit Ihrer Frage hinaus wollen. Sowohl Herr Schäfer als auch ich sind im Auswärtigen Amt, und so, wie ich das überblicke, werden wir das auch bleiben. In der Tat wird es einige Personalwechsel geben. Wenn Sie gestern die Übergabeveranstaltung gesehen haben, in der unsere neuen Staatssekretäre von Außenminister Gabriel willkommen geheißen wurden Staatssekretär Lindner und Staatssekretär Sontowski , dann werden Sie auch mitbekommen haben, dass dort Staatssekretär Steinlein seine Abschiedsrede gehalten hat und auch angekündigt hat, dass er ins Bundespräsidialamt wechseln wird. Ich glaube aber, eine abschließende Liste von Kolleginnen und Kollegen, die ins Bundespräsidialamt wechseln, werde ich Ihnen hier nicht geben können zumal es ja auch gute Praxis ist, dass Kolleginnen und Kollegen aus dem Auswärtigen Amt in anderen Bundesbehörden arbeiten. Im Bundeskanzleramt sind eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen, die in der außenpolitischen Abteilung oder in der Europaabteilung arbeiten. Auch im Bundespräsidialamt ist es gute Praxis, dass Kolleginnen und Kollegen aus unserem Haus zum Beispiel in die dortige außenpolitische Abteilung wechseln. Von daher ist das jetzt auch nichts Außergewöhnliches, und von daher kann ich auch keine abschließende Liste geben, weil es sozusagen immer einen Austausch zwischen diesen Behörden gibt.

FRAGE CHASE: Meine Frage geht an Herrn Dr. Plate und eventuell auch an Herrn Seibert: Gestern hat Schleswig-Holstein angekündigt, bis auf Weiteres keine Menschen mehr nach Afghanistan abzuschieben. Die Bundesregierung will mehr und schnellere Abschiebungen. Wie geht man in diesem Konflikt zwischen dem Bund und einigen Ländern weiter vor? Sind Sanktionen gegen die Bundesländer eine Option?

DR. PLATE: Ich denke, ich übernehme die Antwort erst einmal. Klar, der Abschiebestopp nach Afghanistan aus Schleswig-Holstein ist uns natürlich bekannt. Der Bundesinnenminister hat sich in einem Schreiben, schon bevor es zu diesem Abschiebestopp gekommen ist, an die Länder gerichtet auch speziell in einem Schreiben an Schleswig-Holstein als Reaktion auf diesen Abschiebestopp und ihnen mitgeteilt, dass er das im Moment für das falsche Signal hält. Er hat das auf der Linie, die ich hier schon mehrfach vorgetragen habe, auch etwas ausführlicher begründet.

Richtig ist aber, dass das alles ein geordnetes Verfahren ist. Im Aufenthaltsgesetz ist die Möglichkeit von Abschiebestopps geregelt. Länder können grundsätzlich Abschiebestopps für einen kurzen Zeitraum verfügen. Wenn das einen bestimmten Zeitraum übersteigt, ist das nur mit Zustimmung des Bundesinnenministeriums weiter möglich. Das ist die Rechtslage. Insofern können wir im bundesdeutschen Rechtsstaat etwaige Sanktionen oder was auch immer Sie meinen allenfalls in dem Rahmen in Betracht ziehen, in dem die geltende Rechtslage es vorsieht und diese habe ich gerade beschrieben.

STS SEIBERT: Herr Plate hat das perfekt beantwortet. Ich kann dem nichts hinzufügen.

ZUSATZFRAGE CHASE: Ist das Modell vonseiten des Innenministeriums also, einfach abzuwarten, einfach die dreieinhalb Monate abzuwarten und dann mal zu schauen?

DR. PLATE: Das betrifft im Moment erst einmal Schleswig-Holstein. Die geltende Rechtslage sieht, wie schon gesagt, vor, dass Länder in eigener Zuständigkeit für einen begrenzten Zeitraum Abschiebestopps verfügen können. An diese Rechtslage sind, so steht es im Grundgesetz, alle staatlichen Stellen gebunden, auch das Bundesinnenministerium.

Wenn Sie sagen, wir würden nur abwarten, dann trifft es das sicherlich nicht. Ich habe ja gerade schon von einem Brief berichtet, den der Bundesinnenminister als Reaktion auf diesen Abschiebestopp an seinen schleswig-holsteinischen Amtskollegen geschrieben hat. Das würde ich jedenfalls nicht unter die Überschrift „abwarten“ fassen. Aber die Bewertung überlasse ich Ihnen.

FRAGE ROBECK-KRAUSE: Ich habe noch eine Frage an das Bundesumweltministerium. Es geht um die Ausweitung der Getränkepfandpflicht. Wie geht Ihre Ministerin mit dem Votum des Bundesrates um? Besteht aus Sicht Ihrer Ministerin dabei überhaupt ein Handlungsbedarf?

WETTERN: Ja. Zunächst einmal begrüßen wir, dass Anträge, die darauf abzielten, das Verpackungsgesetz zu verhindern, im Bundesrat keine Mehrheit gefunden haben. Das ist wichtig, weil die Länder mit den Forderungen zur Änderung der Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen im Prinzip Gefahr laufen, sich sagen wir es einmal so nicht ganz so gut zu präsentieren.

Der Bundesrat fordert in seiner Stellungnahme zum Verpackungsgesetz, dass die Pfandpflicht grundlegend geändert werden muss und zukünftig völlig unabhängig vom Getränk gelten kann, also zum Beispiel auch für Wein. Das legt natürlich die Frage nah, was „unabhängig vom Getränk“ bedeutet. Im Zweifelsfall werden auch noch andere Länder dazukommen und erklären, dass bestimmte Getränke, die in dem jeweiligen Land produziert werden, ausgenommen werden müssen.

Die Pfandpflicht ist im Übrigen aus guten Gründen auf diejenigen Getränkeverpackungen beschränkt, für die dieser Markteingriff unter dem Aspekt der verfassungsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Dazu muss also sorgfältig zwischen dem ökologischen Nutzen des Pfandes und der damit verbundenen Belastung für Wirtschaft und Verbraucher abgewogen werden. Das ist ein Punkt dabei. Ein weiteres Kriterium ist die Frage, ob in bestimmten Bereichen der Einsatz wiederbefüllbarer Flaschen technisch möglich und zulässig ist. Das wäre zum Beispiel bei Sekt nicht der Fall. Die Kriterien sind aber entgegen der Annahme des Bundesrates keineswegs sachfremd.

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