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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 20. April 2018

Buddy der Bosse ► RegPK vom 20. April 2018

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Hannover Messe 2018, Treffen mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Empfang des australischen Premierministers, Kabinettssitzung, Girls’ Day, Eröffnung der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung, Treffen mit dem albanischen Ministerpräsidenten, Reise nach Washington), Frauen in Führungspositionen im BMWi, Nuklearabkommen mit dem Iran, mögliche US-Sanktionen gegen deutsche Firmen im Zusammenhang mit dem Projekt Nord Stream 2, Reisen des Bundesaußenministers (G7-Außenministertreffen in Toronto, Vereinte Nationen, zweite Brüsseler Konferenz zum Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“), Ermittlungsverfahren gegen eine Mitarbeiterin des BAMF wegen der Verleitung zu Asylmissbrauch, vorgezogene Neuwahlen in der Türkei, Softwarenachrüstungen bei Diesel-Kfz, Standortkonzepte zur Infrastrukturgesellschaft und zum Fernstraßenbundesamt, Zukunft der deutschen Opel-Standorte, Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien, Besuch des französischen Präsidenten bei der Bundeskanzlerin, Prüfung von HIV-Heimtests, mutmaßliche Chemiewaffeneinsatz in Syrien, türkische Militäroffensive auf Afrin, Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem indischen Premierminister, Wahl eines neuen Staatspräsidenten in Kuba, Entschärfung einer Fliegerbombe in Berlin, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Musterfeststellungsklage, angebliche Funde von Chemiewaffen deutscher Herkunft in Ost-Ghuta, Vorratsdatenspeicherung

Termine der Kanzlerin (ab 0:35 min)

Naive Fragen zu:
Girls Day (ab 4:20)
– gibt es einen Girls’ Day im BMI? (ab 5:45 min)
– Mit Involvierung von Herrn Seehofer?

US-Drohnenprogramm (17:58 min)
– gibt es eigentlich eine gemeinsame EU-Position zum US-Drohnenprogramm? Das wird die Kanzlerin ja bestimmt auch ansprechen.

Merkel mit UN-Flüchtlingskoordinator (23:22 min)
– Herr Seibert, Sie sagten auch etwas zu einem Treffen mit dem UN-Flüchtlingskoordinator oder vertreter. Was hat die Kanzlerin da denn im Gepäck? Vielleicht mehr Geld für die UN-Flüchtlingshilfe?

Betrugsvorwürfe im Bremer BAMF (ab 26:20 min)
– Eine kurze Verständnisfrage: Herr Seibert, Sie sagten gerade, dass die Vorgänge aufgeklärt und untersucht werden müssten. Ist das ein neues Prinzip innerhalb der Bundesregierung? (ab 36:28 min)
– Ihre Politik und Ihre Entscheidungen der letzten Wochen basierten nicht auf irgendwelchen Sachen, die erstmal untersucht werden müssen.

Neuwahlen in der Türkei (ab 41:30 min)
– mich würde anders herum einmal interessieren, ob die Kanzlerin plant, in dieser Zeit in die Türkei zu reisen; das hat die Kanzlerin in der Vergangenheit vor Wahlterminen ja auch getan; sie hat Herrn Erdoğan den Gefallen getan und für Fotos in Ankara zur Verfügung gestanden. Ist das diesmal auch wieder in Planung, gibt es da Wünsche von türkischer Seite? (ab 46:58 min)
– Ist es ausgeschlossen für die Kanzlerin, während der Wahlkampfzeit in die Türkei zu reisen?

Syrien (ab 1:07:15 min)
– haben Sie uns die völkerrechtliche Bewertung des türkischen Angriffs auf Afrin mitgebracht? (ab 1:09:53 min)
– Die Türken besetzen seit einem Monat Afrin. Ist das für die Bundesregierung mittlerweile auch eine Besatzung?
– Wann können wir damit rechnen?

Kubas neuer Präsident (1:14:37 min)
– Miguel Diás-Canel wird der neue Staatspräsident von Kuba. Hat die Kanzlerin schon gratuliert?

Urteil zu Vorratsdatenspeicherung (ab 1:20:20 min)
– Gibt es aktuell Provider, die Daten der Bürger auf Vorrat speichern? (ab 1:21:49 min)
– Das weiß die Bundesregierung nicht?
– Frau Einhorn, wissen Sie das?
– Kennen Sie die Unternehmen, die dieser Verpflichtung nachkommen?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 20. April 2018:

STS SEIBERT: Guten Tag! Am Sonntag und am Montag wird die Bundeskanzlerin auf der Hannover Messe sein. Das hatten wir Ihnen bereits angekündigt, auch die verschiedenen Formate der Begegnung mit dem Präsidenten des mexikanischen Partnerlandes, Enrique Peña Nieto, sodass ich das jetzt hier nicht noch einmal erwähnen muss.

Am Montag um 14 Uhr dann wieder in Berlin wird die Bundeskanzlerin mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Herrn Filippo Grandi, zu einem Gespräch zusammentreffen. Vor dem Gespräch sind kurze Pressestatements geplant.

Noch ein weiterer Termin für den Montag: Um 18.45 Uhr empfängt die Bundeskanzlerin den australischen Premierminister Malcolm Turnbull ebenso im Kanzleramt. Vor diesem Gespräch sind Pressestatements geplant. Die Themen sind die bilateralen Beziehungen und natürlich auch die regionalen, die wirtschaftspolitischen und die globalen Fragen sowie insbesondere ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien.

Am Mittwoch findet um 9.30 Uhr zum bekannten Zeitpunkt die Sitzung des Bundeskabinetts statt.

Dann das ist schon gute Tradition wird die Bundeskanzlerin den bundesweiten Girls’ Day einläuten. Das ist dann der 18. bundeweite Mädchen-Zukunftstag. Es ist der Kanzlerin auch in diesem Jahr ein persönliches Anliegen, dass gerade junge Frauen die große Vielfalt der MINT-Berufe Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik für sich als Perspektive entdecken. Auch wenn sich das Image technischer Berufe bei Frauen sicherlich über die Jahre positiv verändert hat: Viele entscheiden sich immer noch überproportional häufig für sogenannte typisch weibliche Berufsbilder. Das hat auch der gerade in dieser Woche vorgelegte Berufsbildungsbericht 2018 gezeigt.

Die Bundeskanzlerin wird im Kanzleramt 24 Mädchen aus drei Berliner Schulen zu Gast haben. Es wird einen Technik-Parcours geben. Die Bundeskanzlerin trifft diese Mädchen um 11.15 Uhr. Dann gibt es ein Foto, sie hält ein kurzes Statement, und sie wird auch den Parcours besuchen.

Am Mittwochmittag dann hier in Berlin auf dem Messegelände Berlin ExpoCenter Airport die Eröffnung der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung durch die Bundeskanzlerin. Partnerland der ILA ist in diesem Jahr Frankreich. Frankreich wird, so die Planung, durch die Staatssekretärin im französischen Wirtschaftsministerium, Delphine Gény-Stephann, und die französische Botschafterin hier in Berlin, Frau Descôtes, vertreten sein.

Gegen 13.15 Uhr findet die Eröffnungsansprache der Bundeskanzlerin statt und dann ein Rundgang, bei dem sie eine Reihe deutscher, französischer und internationaler Aussteller besuchen wird. Der Fokus liegt auf deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekten aus den Bereichen zivile Luftfahrt, militärische Kooperation und Raumfahrt.

Wir sind immer noch beim Mittwoch. Um 15.30 Uhr ist wieder ein internationaler Gast im Kanzleramt, und zwar der Ministerpräsident Albaniens, Edi Rama. Im Mittelpunkt des Gesprächs stehen die bilateralen Beziehungen, regionale Fragen, auch der Stand der EU-Annäherung Albaniens. Vor dem Gespräch sind für 15.30 Uhr Pressestatements vorgesehen.

Wir hatten Sie auch schon über die dann folgende Reise der Bundeskanzlerin nach Washington zu Gesprächen mit Präsident Trump im Weißen Haus zumindest informiert. Das wird am Freitag, dem 27. April, sein. Sobald wir noch nähere Details für Sie haben, informieren wir Sie auch über diese. Mehr kann ich im Moment für die kommende Woche nicht ankündigen.

FRAGE WONKA: Zum Stichwort Girls’ Day wollte ich vom Wirtschaftsministerium etwas wissen. Weil Herr Seibert vom dem Motto sprach, dass Frauen die Chancen im Beruf und in der beruflichen Perspektive entdecken, wollte ich fragen, welche beruflichen Perspektiven der neue Wirtschaftsminister Frauen in seiner Führungsstruktur zu geben gedenkt.

EINHORN: Vielen Dank für die Frage. Bei uns sieht es so aus, dass die drei Parlamentarischen Staatssekretäre schon längst bekannt und benannt sind. Jetzt haben wir auch den neuen beamteten Staatssekretär, Herrn Nußbaum. Weitere beamtete Staatssekretäre oder -sekretärinnen stehen noch aus. Die Ernennung ist noch nicht abgeschlossen. Ich muss noch um ein bisschen Geduld bitten. Was die Karrierechancen der Benannten angeht, werden wir ja dann sehen.

ZUSATZFRAGE WONKA: Das heißt, dass bisher keine Frauen im obersten Führungssegment auftauchen, ist irgendwie Vergangenheitslast für Herrn Altmaier und soll mit den letzten noch ausstehenden Berufungen korrigiert werden?

EINHORN: Ich würde jetzt bei zwei oder drei Wochen im Amt noch nicht von Vergangenheit sprechen. Das ist einfach ein Prozess, der noch läuft. Es kommen noch beamtete Staatssekretäre, und dann werden wir sehen, um wen es sich dabei handelt.

FRAGE JUNG: Gibt es einen Girls’ Day im BMI?

KORFF: Ja, es gibt den Girls’ Day im BMI. Das genaue Programm kenne ich nicht. Aber ich weiß, dass es einen Girls’ Day im BMI gibt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Mit Involvierung von Herrn Seehofer?

KORFF: Ich sagte ja gerade: Ich kenne das genaue Programm nicht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie das nachreichen?

KORFF: Auch das kann ich gerne nachreichen.

FRAGE JOLKVER: Herr Seibert, wird es ein Briefing vor der Reise der Kanzlerin nach Washington geben?

STS SEIBERT: Das kann ich Ihnen heute bisher nicht ankündigen.

FRAGE GEBAUER: Auch eine Frage zu der USA-Reise: Es gab gestern aus den USA Spekulationen aufgrund der Diktion der amerikanischen Mitteilung, dass es keine richtige Pressekonferenz, sondern nur sogenannte Statements oder eine „press availability“ der beiden Staatschefs in Washington gibt. Wissen Sie, ob es eine Pressekonferenz gibt? Wenn es keine geben wird, warum eigentlich nicht?

STS SEIBERT: Ich kenne diese Spekulationen nicht. Ich sehe auch keinen Grund für sie, auch nicht in der amerikanischen Ankündigung und schon gar nicht in unserer. Wir haben eine Pressekonferenz angekündigt, und darauf stellen wir uns ein.

FRAGE MÜLLER-THUM: Herr Seibert, können Sie schon sagen, wer noch mitreisen wird, was zum Beispiel Wirtschaftsvertreter angeht?

STS SEIBERT: Das ist eine eintägige Reise. Die Bundeskanzlerin hat ja außer dem Besuch in Washington kein weiteres Programm. Ganz im Zentrum werden die Gespräche im Weißen Haus stehen. Insofern gehe ich jetzt, Stand heute, von der üblichen Begleitung der Bundeskanzlerin durch ihre engen politischen Berater aus.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, ein Thema, was angesprochen werden wird, ist ja wahrscheinlich das Thema Handel. Wie optimistisch ist denn die Bundesregierung, dass man die doch nahende Frist des 1. Mai für Schutz- oder Strafzölle gegen europäische Aluminium- und Stahlprodukte zumindest verlängern kann?

STS SEIBERT: Ich habe hier solche Gefühle nicht auszudrücken. Die US-Entscheidung, die EU von diesen Zöllen auf Stahl und Aluminium vorerst auszunehmen, läuft zum 1. Mai aus. Das ist eine kurze Frist, die da noch verbleibt. Insofern sieht man schon daran, dass das eine Angelegenheit großer Dringlichkeit ist.

Wir wollen nicht in eine Spirale der Handelsmaßnahmen kommen, bei der zum Schluss davon sind wir überzeugt alle beide Seiten verlieren werden. Wir sind an einem fairen internationalen multilateralen Handel interessiert. Wir werden uns auch weiterhin gegen Protektionismus aussprechen. Ich bin sicher, dass die Bundeskanzlerin im Rahmen dieses Washington-Besuchs auch die Gelegenheit finden wird, die deutsche Haltung, die Haltung der Bundesregierung, gegenüber dem US-Präsidenten zu verdeutlichen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Herr Scholz hat ja gerade Gespräche in Washington geführt. Haben Sie schon eine Rückmeldung bekommen, wie erfolgreich die sind? Ist Ihr Optimismus nach diesen Gesprächen gewachsen, dass es gelingt, diese Frist zu verlängern?

STS SEIBERT: Ich weiß nicht, ob das Ministerium von Herrn Scholz dazu etwas sagen will.

Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass es weitere Gespräche der EU mit den USA gibt, weil die Maßnahmen der US-Seite aus unserer Sicht, wie wir es auch schon gesagt haben, nicht gerechtfertigt sind und weil wir die Gefahr sehen, dass es zu Eskalationen, zu einer Spirale von Maßnahmen führen kann, die sicherlich beiden Seiten nicht nützen wird. Deswegen werden wir unsere Überzeugung klarmachen. Das hat Herr Scholz gestern im Weißen Haus gegenüber dem Vizepräsidenten und seinen übrigen Gesprächspartnern getan, und das wird die Kanzlerin am nächsten Freitag tun.

DR. FEHLING: Herr Scholz hat sich gestern kurz dazu geäußert. Viel mehr werde ich dazu auch nicht sagen. Es geht darum, jetzt gemeinsam mit den USA gute Lösungen zu finden.

FRAGE WONKA: Herr Seibert, Wenn Sie sagen „Wir haben eine Pressekonferenz angekündigt“, schlussfolgere ich dann richtig, dass das auch mit den amerikanischen Partnern vorher so abgesprochen war und dass eine Pressekonferenz bedeutet, dass zumindest in dem üblichen Format drei Fragen von jeder der beiden Seiten je nachdem, wie die Teilnehmer gestimmt sind gestellt werden dürfen?

STS SEIBERT: Sie sind schon so lange dabei. Zumindest seit ich dabei bin, ist das übliche Format immer zwei Fragen von beiden Seiten.

Wenn wir hier einen Besuch ankündigen, dann kündigen wir natürlich die Programmpunkte so an, wie wir sie mit unseren Gastgebern besprochen haben.

ZUSATZFRAGE WONKA: Inklusive der Pressekonferenz?

STS SEIBERT: In allen Programmpunkten.

FRAGE JOLKVER: Weil wir schon beim Thema „Scholz in Washington“ sind, würde ich gerne beim Finanzministerium nachfragen, ob das Thema „Folgen der amerikanischen Russland-Sanktionen“ für die deutsche Wirtschaft in dem Gespräch mit Pence angeschnitten wurde.

DR. FEHLING: Zu Einzelheiten der Gesprächsinhalte kann ich Ihnen hier nichts Weiteres mitteilen. Minister Scholz hat erklärt, dass es eine große Bandbreite an Gesprächsthemen mit den USA gibt. Dabei möchte ich es gerne belassen.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Teilt denn das Wirtschaftsministerium die Befürchtung zum Beispiel des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, dass die USA-Sanktionen gegen Russland massive negative Folgen für die deutschen Unternehmen haben werden, inklusive Deutsche Bank, Commerzbank oder auch andere Konzerne?

EINHORN: Wir sehen uns die neuerlichen US-Sanktionsmaßnahmen gegen Russland genau an und sind auch noch dabei, diese zu prüfen. Wir stehen auch im engen Kontakt mit den Unternehmen und mit der US-amerikanischen Seite. Wir können hier noch keine wirtschaftlichen Auswirkungen kommentieren oder darstellen. Aber wir prüfen das auf jeden Fall auch im Hinblick auf die eventuellen Auswirkungen auf deutsche Unternehmen.

ZUSATZFRAGE JOLVKER: Letzte Frage an Herrn Seibert: Wird die Kanzlerin das Thema in Washington ansprechen?

STS SEIBERT: Ich kann jetzt wirklich nicht vorwegnehmen, was die Bundeskanzlerin in Washington alles ansprechen wird. Ich bin ganz sicher, dass neben den Handelsfragen, über die wir hier gesprochen haben, auch Fragen der internationalen Lage und dazu gehört natürlich beispielsweise auch das Verhalten Russlands ein Thema sein wird. Ich möchte hier nicht ins Detail gehen. Aber dazu ist dann sicherlich später noch Gelegenheit.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, ich wollte zur Frage zurückkommen, was die Deadline am 1. Mai angeht. Das sind ja wirklich nur noch ein paar Tage, die zwischen dem Besuch der Kanzlerin und diesem Ablaufen der Deadline liegen. Ist die Erwartung der Bundesregierung, dass einfach durch nochmalige Darstellung der deutschen Position der US-Präsident überzeugt werden kann, dass er doch noch einmal die Deadline verlängert, oder hat die Kanzlerin irgendetwas im Gepäck, was ihn möglicherweise ein bisschen besänftigen könnte?

STS SEIBERT: Ich sage es noch einmal: Wir haben immer darauf hingewiesen, dass wir gute transatlantische Beziehungen, auch gute transatlantische Handelsbeziehungen wollen. Wir wollen deswegen im Rahmen der WTO-Regeln zu dem Thema, das zwischen uns steht, die Gespräche mit den USA fortsetzen. Es handelt sich ja hier nicht um ein bilaterales Thema, sondern um ein Thema, das die ganze EU betrifft. Deswegen ist natürlich für uns der Austausch in dieser Frage beispielsweise mit den Franzosen gestern war der französische Präsident Macron hier , aber auch mit den anderen europäischen Partnern immens wichtig, der ganz enge Kontakt zu Frau Malmström, die in der Kommission dieses Thema bearbeitet und die mit unserem Wirtschaftsminister im engen Kontakt steht.

Ich will jetzt hier nicht Weiteres über die anstehenden Gespräche der Bundeskanzlerin zu diesem Thema sagen.

FRAGE BLANK: Herr Seibert, gestern hat die Kanzlerin noch länger mit Herrn Macron gesprochen und sich auch, wie sie beide gesagt haben, über den Besuch abgestimmt. Können Sie ein paar Details dazu sagen, unter anderem, was den Handel angeht? Sind Sie zu einer Einigung gekommen?

Was den Iran angeht, arbeitet Europa, auch eng zusammen mit Frankreich und Deutschland, offensichtlich daran, eine Position gegenüber dem konkreten Raketenprogramm des Iran zu finden. Können Sie etwas zu dem Stand der Dinge sagen?

STS SEIBERT: Ich möchte über die sehr intensiven und tiefen Gespräche der Bundeskanzlerin mit dem französischen Präsidenten hier nichts weiter im Detail sagen. Die beiden haben sich in einer kurzen Pressekonferenz gestern im Humboldt Forum präsentiert. Wir machen auf vielen Gebieten Fortschritte. Es ist eine Zwischenstation auf dem Ziel des im späten Juni stattfindenden Europäischen Rates, bei dem Deutschland und Frankreich auf zahlreichen Gebieten gemeinsame Positionen vorstellen wollen. Bis zu diesem Zeitpunkt wollen wir diese erarbeitet haben. Wir sind auf der Wegstrecke, das zu erarbeiten und machen Fortschritte. Mehr möchte ich jetzt hier im Detail nicht sagen. Was ich gerade zum Handel gesagt habe, kann ich hier noch einmal wiederholen, was ich nicht so sehr sinnvoll finde.

ZUSATZ BLANK: Die Frage bezog sich nicht auf die EU-Reformen, sondern auf die nächste Woche und die Abstimmung gegenüber dem Auftreten bei Herrn Trump.

STS SEIBERT: Die beiden haben in der Tat auch über ihre jeweiligen bevorstehenden Washington-Besuche gesprochen und werden miteinander gut abgestimmt bleiben, wie sich das zwischen Deutschland und Frankreich auch gehört.

ZUSATZFRAGE BLANK: Könnten Sie oder vielleicht auch das Außenamt etwas zu diesem Raketenprogramm sagen und auch dazu, was man diesbezüglich auf europäischer oder auf deutscher Ebene plant?

BREUL: Das ist, ehrlich gesagt, nicht überraschend: Wir haben eine gemeinsame EU-Position, nämlich die, dass wir das iranische ballistische Raketenprogramm mit großer Sorge sehen, dass wir den Iran dazu auffordern, auch die einschlägigen VN-Sicherheitsratsresolutionen umzusetzen und wir innerhalb der EU und auch gemeinsam mit unseren amerikanischen Partnern beraten, wie wir mit dieser anhaltenden Nonkonformität des Iran mit dem Völkerrecht umgehen.

Von daher: Wir haben eine EU-Position. Entscheidend ist das, was der Iran macht. Wir beobachten das sehr genau und werden gemeinsam damit umgehen.

ZUSATZFRAGE BLANK: Nach meinen Informationen wird auf EU-Ebene an einer Reaktion auf dieses ballistische Raketenprogramm gearbeitet und nicht in dem Rückzug, in den Sie jetzt gerade gegangen sind. Da gibt es offensichtlich aktuelle Gespräche.

BREUL: Genau! Das ist Teil einer laufenden Debatte. Es gab am Montag eine Sitzung der EU-Außenminister, bei der das zur Sprache gekommen ist und nach der der Außenminister sich auch geäußert hat. Das ist nichts Neues, sondern das ist unsere fortlaufende Auseinandersetzung und Weiterentwicklung unserer Iran-Politik innerhalb der EU.

ZUSATZ BLANK: Ehrlich gesagt, finde ich es unbefriedigend, weil ich eigentlich nur ganz kurz den Sachstand von vor der Reise der Kanzlerin nach Washington abfragen wollte, wie der aktuelle Stand ist und mit welcher Position man in diese Gespräche am Freitag hineingeht.

BREUL: Genau das habe ich doch gerade getan.

ZUSATZ BLANK: Sehr allgemein.

FRAGE JUNG: Herr Breul, gibt es eigentlich eine gemeinsame EU-Position zum US-Drohnenprogramm? Das wird die Kanzlerin ja bestimmt auch ansprechen.

BREUL: Einen unmittelbaren Zusammenhang zu der Reise der Kanzlerin kann ich jetzt nicht erkennen. Ich kann mich gerne einmal schlau machen, was in den zuständigen EU-Ratsarbeitsgruppen über dieses Thema beraten wird. Das kann ich gerne nachreichen.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, Herr Breul, eine Frage zum Iran. Der US-Präsident muss bis zum 12. oder 14. Mai entscheiden, wie er sich in Sachen Nuklearprogramm entscheidet. Gibt es eigentlich irgendwelche Vorkehrungen, Vorgespräche, Vorbereitungen für den Fall, dass er negativ entscheidet?

STS SEIBERT: Ich kann an dieser Stelle und zum heutigen Tag nur noch einmal wiederholen, wie wir zu diesem JCPoA, also dem Nuklearabkommen mit Iran, stehen. Wir Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich haben das schon im Oktober 2017 in einer gemeinsamen Erklärung ganz klargemacht. Die Haltung ist völlig unverändert. Wir sind diesem JCPoA und der vollständigen Umsetzung des Abkommens durch alle Seiten verpflichtet. Wir sehen es als ein Abkommen in unserem gemeinsamen nationalen Sicherheitsinteresse. Es war das Ergebnis langer ich denke: 13-jähriger diplomatischer Bemühungen. Es war ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass das iranische Nuklearprogramm nicht zu militärischen Zwecken verwendet wird. Es wurde einstimmig vom UN-Sicherheitsrat bestätigt. Insofern stehen wir hinter diesem Abkommen.

Trotzdem da sind wir wieder bei dem Thema haben wir schon in der damaligen Erklärung wie auch mehrfach seit dem ganz deutlich gemacht, dass wir uns ebenso über das ballistische Raketenprogramm und über die regionalen Aktivitäten des Irans Sorgen machen, weil auch das Raketenprogramm und die regionalen Aktivitäten unsere europäischen Sicherheitsinteressen berühren.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, ich will noch einmal zu Sanktionen fragen. Unabhängig von den Sanktionen, die direkt gegen Russland erhoben werden, gibt es ja auch einige, die sich möglicherweise gegen deutsche und europäische Firmen richten, die an Nord Stream 2 mitarbeiten werden.

Ist die Position der Bundesregierung, dass deutsche und europäische Firmen von diesen drohenden Sanktionen ausgenommen werden müssen, und wird Frau Merkel das gegenüber Herrn Trump sagen?

STS SEIBERT: Zunächst einmal gibt es diese Sanktionen noch nicht. Ich will jetzt nicht mutmaßen. Die Bundeskanzlerin wird sicherlich, wenn das Thema kommt, unsere Haltung als die der Bundesregierung zum gesamten Nord-Stream-2-Projekt noch einmal deutlich darlegen, und zwar sowohl zu der unternehmerischen Seite als auch zu dem politischen Umfeld, in dem dieses Projekt wirkt.

FRAGE JOLKVER: Herr Seibert, wie wichtig ist für die Kanzlerin die Ansicht, dass die Sanktionen gegenüber Russland zwischen den USA und der Europäischen Union abgestimmt werden sollten?

STS SEIBERT: Meinen Sie Sanktionen in dem Zusammenhang, den ihr Kollege angesprochen hat, oder Sanktionen wegen der Krim oder der Ostukraine?

ZUSATZ JOLKVER: Ich meine generell Sanktionen gegenüber Russland. Es hieß ja immer, die Sanktionen sollten zwischen den USA und der EU abgestimmt werden.

STS SEIBERT: Ja, das ist sicherlich auch sehr wünschenswert. So wird es ja auch im Zusammenhang mit den Sanktionen wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und den Sanktionen wegen der Destabilisierung der Ostukraine gehandhabt.

Aber es fällt mir schwer, über Sanktionen, die es noch gar nicht gibt, zu mutmaßen.

ZUSATZ JOLKVER: Entschuldigung, aber es gibt jetzt Sanktionen gegen sieben russische Unternehmen und zwölf russische Konzerne.

STS SEIBERT: Das ist richtig. Aber ich sprach gerade von denen, die ihr Kollege meinte.

Wir werden da, wo die Interessen deutscher Unternehmen und der deutschen Industrie berührt sind, natürlich auf allen Arbeitsebenen auch unsere Punkte deutlich machen und klar machen, wo wir Sorgen haben und unerwünschte Effekte sehen.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, Sie sagten auch etwas zu einem Treffen mit dem UN-Flüchtlingskoordinator oder vertreter. Was hat die Kanzlerin da denn im Gepäck? Vielleicht mehr Geld für die UN-Flüchtlingshilfe?

STS SEIBERT: Es handelt sich um den Hohen Flüchtlingskommissar der UN, Herrn Filippo Grandi. Die Bundeskanzlerin hatte vor gar nicht so langer Zeit schon ein Treffen mit ihm und dem Chef der Internationalen Organisation für Migration. Es gibt eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und dem UN-Flüchtlingskommissar. Deutschland ist ein bedeutender Unterstützer der Arbeit des UN-Flüchtlingskommissars, auch ein finanzieller Unterstützer. Das hat er selbst auch mehrfach hervorgehoben.

Wir werden zum Beispiel sicherlich über die Möglichkeiten sprechen das war ein großes Thema bei der vergangenen Begegnung mit Herrn Grandi , in Libyen noch mehr im Sinne humanitärer Versorgung von Flüchtlingen und Migranten zu erreichen, die dort gestrandet sind. Das ist ein wichtiger Punkt in der Arbeit des UNHCR. Dann wird man sehen, wo deutsche Unterstützung noch zusätzlich gefragt sein kann. Ich kann dazu jetzt nichts vorwegnehmen.

BREUL: Außenminister Maas wird morgen eine Reise über drei Stationen antreten. Er reist zunächst nach Toronto zum G7-Außenministertreffen. Dort sind im Kreise der Amtskollegen intensive Gespräche geplant, unter anderem zum Verhältnis zu Russland, zur Ukraine-Krise, zu Syrien, zum Iran und zu Nordkorea. Auch langfristige strategische Fragen wie Konfliktprävention und Friedenssicherung stehen dort auf der Agenda.

Am Montag geht es dann direkt weiter zum zweiten Besuch von Herrn Maas bei den Vereinten Nationen. Der Außenminister wird dort an einer Veranstaltung des Präsidenten der Generalversammlung teilnehmen und zum Thema „Konfliktprävention und Friedenssicherung“ sprechen. Geplant sind auch Gespräche und Treffen am Rande, bei denen Außenminister Maas für die deutsche Kandidatur als nicht ständiges Mitglied im Sicherheitsrat 2019/2020 werben wird.

Dienstagnacht geht es dann zurück nach Brüssel, wo am Mittwoch die zweite Brüsseler Konferenz für Syrien und die Nachbarländer stattfinden wird, geleitet von der EU. Den Co-Vorsitz hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Herr Guterres. Bei der Konferenz wird die Unterstützung für den politischen Prozess unter Ägide der Vereinten Nationen erneut bekräftigt werden. Im Fokus steht aber die humanitäre Hilfe und Unterstützung für die Menschen in Syrien und den Nachbarländern.

FRAGE WONKA: Herr Seibert, zum Thema des Vorwurfs des Verdachts der Bestechlichkeit und bandenmäßigen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragsstellung beim BAMF, Außenstelle Bremen, würde mich interessieren, ob dieser Vorgang, der im Moment läuft, für die Bundesregierung derzeit nur einen kriminalpolizeilichen Effekt hat, oder ob möglicherweise auch politische Schlussfolgerungen für die Aufstellung und die Beschäftigung mit dem Thema Asyl in Deutschland zu ziehen sind.

Gibt es Kenntnisse das geht an Sie oder an das BMI darüber, ob Bremen der absolute Ausnahme-, Einzel-, Sonderfall ist, oder gibt es jetzt Anlass, an allen Stellen beim BAMF und seinen Außenstellen noch einmal nachzuforschen, inwieweit Korruption bei der Vergabe von Schutzberechtigungsstatus möglich ist?

STS SEIBERT: Was es gibt und wovon wir alle vor noch nicht allzu langer Zeit erfahren haben, ist, dass es Ermittlungen gegen einzelne Personen unter einem erheblichen Verdacht gibt. Ich denke, die Reihenfolge müsste sein: Die Justiz macht ihre Arbeit, ermittelt, was war, und dann wertet man das aus. Ich sehe mich hier nicht in der Lage, Ihnen jetzt schon zu einem Vorgang, von dem ich eigentlich nur ein paar Überschriften kenne, politische Konsequenzen anzukündigen. Das hielte ich auch für völlig falsch.

Vielleicht will das BMI etwas dazu sagen, aber ich denke, erst einmal müssen diese sehr ernsthaften Verdachtsmomente geklärt und es muss ermittelt werden. Genau dies scheint ja nun im Gange zu sein.

KORFF: Genau. Ich kann tatsächlich gern ergänzen und erst einmal seitens des BMI für das BAMF die Meldung bestätigen, dass es dieses Ermittlungsverfahren wegen der Verleitung zu Asylmissbrauch gegen eine Mitarbeiterin des BAMF gibt. Die Ermittlungen werden von der Staatsanwaltschaft Bremen geführt. Das wissen Sie. Sie hat es eben auch bestätigt.

Mit Blick auf den Einzelfall können wir, wie Sie ja wissen, angesichts des laufenden Ermittlungsverfahrens keine weiteren Informationen geben.

Allerdings sind aus unserer Sicht die beiden Hinweise relevant, dass das BAMF bei der zuständigen Staatsanwaltschaft unmittelbar nach Bekanntwerden Strafanzeige gegen die Mitarbeiterin gestellt hat das BAMF arbeitet bei der Aufklärung dieses konkreten Falles eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen und dass die betroffene Beamtin von den Dienstgeschäften entbunden wurde. So viel zum konkreten Fall.

Darüber hinaus stimme ich Herrn Seibert natürlich zu, dass wir uns erst einmal das Ergebnis der Ermittlungen in dem Fall anschauen müssen.

Über die Maßnahmen, die das Bundesamt zur Qualitätssicherung in den letzten Jahren eingeführt hat, wurde an dieser Stelle schon häufig berichtet. Das könnte ich gern wiederholen. Aber im Grunde ist es nicht so, dass das ein völlig neues Phänomen wäre und sich das Bundesamt angesichts dieses Falles erstmalig mit Korruptionsbekämpfung auseinandersetzen müsste. Nein, das Gegenteil ist der Fall: In den letzten Jahren und verstärkt im letzten Jahr wurden Maßnahmen eingeführt. Letztlich zeigt sich das ja auch daran, dass dieser Fall aufgedeckt und zur Strafanzeige gebracht wurde.

ZUSATZFRAGE WONKA: Frau Korff, Sie sprachen die Maßnahmen zur Qualitätssicherung an. Gehörte dazu nicht auch die Tatsache, dass man die BAMF-Entscheidung über Asylfälle nicht nach eher willkürlichen Maßgaben von einem Bundesland in ein anderes Bundesland ziehen kann, oder stand das bisher nicht im Fokus?

Es ist ja Tatsache, dass das geschehen ist, dass Fälle aus Niedersachsen ausdrücklich nach Bremen, zur BAMF-Entscheidung für Bremen, mit ausweislich deutlich höherer Anerkennungsquote als in anderen Ländern gezogen wurden. Ist das der Normalzustand, oder ist das die Ausnutzung einer Regelungslücke? Ist das zu akzeptieren?

KORFF: Das betrifft den konkreten Fall. Deswegen

ZUSATZ WONKA: Aber Tatsache ist deswegen wurde ja Strafanzeige gestellt

KORFF: Ja, aber die einzelnen Vorgehensweisen dieser Mitarbeiterin oder vielleicht auch der Struktur sind ja nun Gegenstand der Ermittlungen. Ich kann das jetzt in dieser Form nicht bestätigen.

FRAGE JESSEN: Ich habe zwei Fragen an Frau Korff. Erstens: Sie haben erwähnt, dass das BAMF selbst Strafanzeige gestellt hat. Das hat es aber wohl doch erst getan, nachdem es vonseiten des niedersächsischen Innenministeriums darauf aufmerksam gemacht wurde. Es geht um 1200 Verdachtsfälle. Bedeutet das nicht, dass die Innenrevision des BAMF selbst nicht gut genug aufgestellt ist? Denn das hätte eigentlich schon vorher auffallen können.

Zweitens: Die relativ hohe Anerkennungsquote in Bremen hat möglicherweise auch damit zu tun, dass im Bremer BAMF die Anhörung und die Entscheidung in der Hand ein und derselben Person liegen. Das ist in anderen BAMF-Außenstellen offenbar voneinander getrennt. Ist es tatsächlich so, dass die einzelnen BAMF-Außenstellen selbstständig entschieden können, wie das Prozedere der Entscheidungsfindung abläuft? Hält das BMI eine einheitliche Regelung für geboten?

KORFF: Zur letzten Frage, zur Frage der Trennung von Anhörung und Entscheidung, haben wir uns auch in der Vergangenheit schon häufig geäußert. Ja, das BMI hält eine Trennung von Anhörung und Entscheidung für ein richtiges Instrument. Wir haben oft gesagt, warum das wichtig ist. Dass es allerdings in der Vergangenheit aus organisatorischen Gründen oder im Einzelfall manchmal trotzdem möglich sein musste, die beiden Funktionen in einer Person zu vereinen, ist so. Das wird auch in Zukunft immer einmal wieder der Fall sein, sei es aus fachlichen oder aus organisatorischen Gründen. Das Ziel des BMI und auch des BAMF ist es, zu einer weitgehenden Trennung von Anhörung und Entscheidung zu kommen.

Wie es in dem konkreten Fall war, kann ich Ihnen tatsächlich nicht sagen. Ich kann in diesem Moment zu diesen und allen weiteren den Fall betreffenden Fragen keine Auskunft geben.

ZUSATZ JESSEN: Meine erste Frage war, ob es zutrifft, dass der Hinweis über 1200 Verdachtsfälle vom niedersächsischen Innenministerium kam und nicht von der BAMF-Innenrevision selbst.

KORFF: Dazu kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Angaben machen.

FRAGE MÜLLER-THUM: Frau Korff, ich möchte zum einen die Frage von Herrn Wonka noch einmal stellen, weil sie ja nicht den aktuellen Fall betrifft. Die Frage ist: Passiert es oft, dass Flüchtlinge in andere Bundesländer zur Entscheidung gebracht werden? Ist das erlaubt?

Die zweite Frage: Sie haben eben gesagt, das BAMF habe unmittelbar nach Bekanntwerden Strafanzeige gestellt. Heißt das, unmittelbar nach September 2016, als Herr Pistorius an Herrn Weise geschrieben hat? Wann ist das passiert, und wann hat das BMI von der Sache erfahren?

KORFF: Das alles kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Wir werden die Prozesse sicherlich heute noch im Einzelnen, soweit es der Fall anbietet, noch einmal darlegen. Im Moment kann ich Ihnen dazu keine weiteren Angaben machen.

ZUSATZ MÜLLER-THUM: Auch nicht zu der ersten Frage?

KORFF: Doch. Zu der ersten Frage: Es ist so, dass es bestimmte Das liegt aber sozusagen an der Verteilung von bestimmten Staatsangehörigkeiten auf die Länder. Es ist ja bekannt, dass es bestimmte Gruppen gibt, die in manchen Ländern stärker vertreten sind als in anderen Bundesländern. Inwieweit diese Verlagerung von Zuständigkeiten innerhalb der Außenstellen möglich ist, wie Sie es ansprachen, weiß ich schlichtweg nicht. Auch das werde ich gern nachreichen.

FRAGE JUNG: Eine kurze Verständnisfrage: Herr Seibert, Sie sagten gerade, dass die Vorgänge aufgeklärt und untersucht werden müssten. Ist das ein neues Prinzip innerhalb der Bundesregierung?

STS SEIBERT: Das ist eine rhetorische Frage. Ich habe dazu gesagt, was ich zu sagen habe.

ZUSATZ JUNG: Ihre Politik und Ihre Entscheidungen der letzten Wochen basierten nicht auf irgendwelchen Sachen, die erstmal untersucht werden müssen.

STS SEIBERT: Deswegen sage ich ja, dass das eine rhetorische Frage war.

ZUSATZ JUNG: Aber Sie können die Frage ja trotzdem beantworten. Ist das jetzt neu?

STS SEIBERT: Bezogen auf das, was jetzt angeblich im BAMF passiert sein soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft, wie es auch sein muss. Danach sind daraus Schlüsse zu ziehen.

FRAGE STEINER: Frau Korff, zur Größenordnung: Ich vermute, dass man Sie mit dieser Information vielleicht schon ausgestattet hat, ansonsten bitte ich um Nachlieferung. In den vergangenen Jahren wurde im BAMF über eine Vielzahl von Fällen entschieden. Da ist es nicht ungewöhnlich, dass der eine oder andere Fall auch mal schief entschieden wird oder vielleicht auch mal etwas vorkommt. Ich wüsste aber gern: Von wie vielen Fällen, die auch nur annähernd in diese Richtung gehen Vorwurf der Bestechlichkeit oder der Vorteilsnahme oder Ähnliches , ist Ihnen im BMI bekannt? Ist das sozusagen eine von einer Millionen Entscheidungen, oder wie muss ich mir das grob vorstellen? Welche Größenordnung hat das?

KORFF: Ich habe diese Zahl tatsächlich eben von meinen Kollegen erbeten, aber noch nicht bekommen.

ZUSATZFRAGE STEINER: Dann möchte ich aber auch noch um die Nachlieferung des genauen Ablaufs bitten, also um das, was die Kollegen schon ansprachen: Brief Pistorius an Weise im September 2016? Dann würde mich natürlich auch die Reihenfolge interessieren: Wann wurde die Strafanzeige gestellt, und ab wann hatte das BAMF selbst dann Ihres Wissens Kenntnis? Danke.

KORFF: Ja.

FRAGE DR. RINKE: Frau Korff, die Zahl der Fälle möchte ich auch wissen. Betreffen diese Fälle vor allem Entscheider, die nach 2015 eingestellt wurden? Denn damals musste das BAMF das Personal ja entschieden aufstocken. Es gab ja immer die Vermutung, dass die Qualifizierung dieser Mitarbeiter möglicherweise ein Problem darstellen könnte. Betreffen diese Fälle also vor allem Mitarbeiter, die nach 2015 eingestellt wurden, oder betreffen sie auch Entscheider, die schon vorher im BAMF waren? Es wäre nett, wenn Sie das auch mit nachreichen könnten.

KORFF: Das versuchen wir. Im Sommer letzten Jahres haben wir im Zuge des Falles Franko A. schon sehr ausführlich Stellung zu diesen Fragen genommen. Aber mittlerweile brauche ich einen neuen Stand, und den gebe ich Ihnen dann sehr gern.

FRAGE MÜLLER-THUM: Frau Korff, gehen Sie von Korruption im Sinne finanzieller Vorteilsnahme aus, oder war das möglicherweise eine Art humanitärer Aktion nach dem Motto „Die Jesiden müssen wir aber “ usw.?

KORFF: Das ist nun wirklich Gegenstand der Ermittlungen.

FRAGE WONKA: Herr Seibert, Sie sind jetzt auch schon eine Weile im Amt. Deswegen noch einmal meine Frage: Haben wir es nach Ihrer derzeitigen Wahrnehmung mit einem kriminalpolizeilichen oder mit einem politischen Schadensfall zu tun, der sich entwickelt?

STS SEIBERT: Ich weiß von diesen Ermittlungen seit ein paar Stunden, als die Meldung der Medien herauskam, und ich bin nicht in der Lage, das zu beurteilen. Ich finde es weiterhin richtig, dass man diese Ermittlungen durchführt, bevor man dann sieht das BMI wird sich auch im Laufe des Tages noch einmal äußern , was dort wirklich stattgefunden hat und ob das zu notwendigen Konsequenzen über den einzelnen Fall hinaus führen muss.

ZUSATZFRAGE WONKA: Wäre das, wenn es ihn noch gäbe, ein Fall für den Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung?

STS SEIBERT: Es wird auch in der jetzigen Aufstellung der Bundesregierung immer die Personen geben, die sich darum kümmern, wenn es etwas gibt, worum wir uns politisch in diesem Fall kümmern müssen aber das werden wir später sehen.

FRAGE STEINER: An Frau Korff, wahrscheinlich auch ein Fall für die Nachlieferung: Mich würden der Schutzstatus und die Schutzquote bei Jesiden interessieren sofern man sie überhaupt als solche herausrechnen kann, denn die haben ja unterschiedliche Staatsangehörigkeiten. Das scheint, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ja doch etwas höher zu sein.

KORFF: Auch das der Gedanke kam mir eben, während ich hier saß habe ich angefordert. Ich habe noch nichts bekommen.

FRAGE GEBAUER: Nach der gestrigen Ankündigung vorgezogener Neuwahlen in der Türkei ist ja wieder ein bisschen die Diskussion aufgeflammt, was mit möglichen Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Deutschland ist. Deswegen ganz konkret die Frage an das Auswärtige Amt: Gilt weiterhin die im letzten Jahr ausgesprochene Note, dass Wahlkampfauftritte türkischer Politiker bzw. überhaupt ausländischer Politiker ab drei Monaten vor dem Wahltermin in Deutschland unzulässig sind, oder wird die jetzt noch einmal neu aufgelegt? Was ist da der Stand der Dinge?

BREUL: Die kurze Antwort ist: Ja, mit der von Ihnen gemachten Einschränkung. Das ist also keine Note, die sich speziell an die Türkei richtet, sondern an alle Staaten, die hier in Deutschland vertreten sind.

ZUSATZFRAGE GEBAUER: Das heißt klipp und klar: Es wird keine Auftritte türkischer Politiker vor der Wahl hier in Deutschland geben?

BREUL: Ich kann die Note gerne noch einmal zitieren. Da wird gesagt:

„Auftritte ausländischer Amtsträger bei Veranstaltungen in Deutschland, die sich an Wahlberechtigte des auswärtigen Staates richten, bedürfen der Genehmigung der Bundesregierung.

Die Genehmigung wird grundsätzlich nicht erteilt, wenn der Auftritt in einem Zeitraum von weniger als drei Monaten vor dem Termin von Wahlen oder Abstimmungen liegt; diese Regelung gilt grundsätzlich nicht für Mitgliedstaaten der Europäischen Union.“

FRAGE BLANK: Herr Breul, gibt es eine Reiseplanung des türkischen Präsidenten Erdoğan nach Deutschland? Soweit ich weiß, hatte er geplant, im Mai sozusagen zum Antrittsbesuch zur Kanzlerin nach Deutschland zu kommen. Besteht dieser Reisewunsch der Türkei noch oder gibt es da keine Planungen mehr?

STS SEIBERT: Ob es Reisewünsche der Türkei gibt, müsste ich Sie bitten, die türkische Seite zu fragen.

ZUSATZ BLANK: Sie wüssten garantiert

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir die Termine wie immer rechtzeitig bekanntgeben und ich Ihnen heute einen solchen Besuch nicht ankündigen kann.

ZUSATZFRAGE BLANK: Wenn Sie erlauben: Ich habe ja gefragt, ob Ihnen Planungen zu einem Besuch von Herrn Erdoğan in Deutschland bei der Kanzlerin bekannt sind. Dazu können Sie also auch nichts sagen?

STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin hatte vor mehreren Wochen auf eine ähnliche Frage gesagt, dass es natürlich vorstellbar ist, dass es auch wieder einen Besuch des türkischen Präsidenten gibt. Konkrete Planungen gab es zu dem Zeitpunkt nicht, und von denen kann ich Ihnen auch jetzt nicht berichten.

FRAGE STEINER: Herr Breul, Sie haben uns die Note ja eben noch einmal verlesen. Wenn ich mich richtig erinnere, sind Sie selber Jurist. In der Note steht das schöne Wort „grundsätzlich“, und „grundsätzlich“ meint juristisch immer: Eine Ausnahme ist möglich. Glauben Sie, dass Ausnahmen möglich sind in diesem Fall?

BREUL: Das ist eine spekulative Frage. Es liegt kein Antrag der türkischen Seite vor, einen Auftritt wahrzunehmen.

ZUSATZFRAGE STEINER: Gibt es denn einen Antrag auf Unterstützung zur Durchführung dieser Wahl bei den hier berechtigten Mitbürgern?

BREUL: Der liegt uns noch nicht vor. Ich glaube aber auch, dass das ein bisschen zu früh wäre. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das eine politische Ankündigung des Präsidenten. Die Umsetzung im Parlament mit der genauen Bestätigung des Wahltermins soll, soweit ich gehört habe, heute oder morgen erfolgen. Dann wäre sozusagen der logische Schritt, diesen Antrag zu stellen. Für den gilt eine andere Frist, nämlich eine von zwei Monaten. Die Bundesregierung wird das dann, wenn der Antrag gestellt wird, gemeinsam mit den zuständigen Behörden das sind insbesondere das BMI und die Sicherheitsbehörden der Länder, in denen die Wahllokale beantragt werden prüfen und rasch bescheiden.

FRAGE JESSEN: Herr Breul, da der 24. Juni innerhalb der Dreimonatsfrist läge, würde dieses Grundsatzprinzip der Dreimonatsfrist für Wahlkampfveranstaltungen gelten. Wie verhielte es sich bei Veranstaltungen, die als Kulturveranstaltungen deklariert würden? Wird dann geprüft, inwiefern ein möglicher Bezug zur Wahl hergestellt wird, oder gilt dann diese Regelung erst einmal gar nicht?

BREUL: Ich habe dem Wortlaut der Note eigentlich nichts hinzuzufügen; die ist da präzise genug und definiert, welche Veranstaltungen einer Genehmigung bedürfen. Wir erwarten natürlich von allen Vertretungen, die damals angeschrieben wurden also sämtliche ausländische Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland , dass dieses Verfahren eingehalten wird.

ZUSATZFRAGE JESSEN: In diesem Zusammenhang: Da die Entscheidungshoheit bei Kommunen und Ländern, glaube ich, liegt, gibt es auch immer wieder die Forderung, dass es da eine bundeseinheitliche Regelung geben sollte, damit die nicht im Regen stehen gelassen werden. Wie stehen Sie zu dieser Forderung? Ist das in Arbeit oder sehen Sie das mit der von Ihnen eben noch einmal vorgetragenen Entscheidung abgedeckt?

BREUL: Diese Forderungen sind mir, ehrlich gesagt, nicht bekannt, und ich glaube, das läge wahrscheinlich auch eher im Geschäftsbereich des BMI. Mir ist davon also nichts bekannt.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, mich würde anders herum einmal interessieren, ob die Kanzlerin plant, in dieser Zeit in die Türkei zu reisen; das hat die Kanzlerin in der Vergangenheit vor Wahlterminen ja auch getan; sie hat Herrn Erdoğan den Gefallen getan und für Fotos in Ankara zur Verfügung gestanden. Ist das diesmal auch wieder in Planung, gibt es da Wünsche von türkischer Seite?

STS SEIBERT: Es ist unnötig zu sagen, dass ich der Wertung, die in Ihrer Frage enthalten ist, in keiner Weise zustimme. Ansonsten habe ich Ihnen hier keine Reisepläne in diese Richtung zu verkünden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist es ausgeschlossen für die Kanzlerin, während der Wahlkampfzeit in die Türkei zu reisen?

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen dazu im Moment nichts zu verkünden.

FRAGE: Herr Breul, Sie haben gerade die Note vorgelesen. Da heißt es „Amtsträger“. Meine Lernfrage dazu: Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

BREUL: Das sind die Personen, die ein öffentliches Amt innehaben.

ZUSATZFRAGE: Staatlich oder Partei?

BREUL: Staatlich.

ZUSATZFRAGE: Mit dem Begriff sind also Oppositionspolitiker oder auch andere Politiker, die den Parteien angehören, gar nicht gemeint?

BREUL: Die Note ist, glaube ich, ausreichend präzise, und sie gilt so, wie ich sie gerade eben vorgelesen habe.

FRAGE KREUTZFELDT: An das Verkehrsministerium: Herr Strater, der Minister hat sich jetzt ja noch einmal zu den freiwilligen Diesel-Softwarenachrüstungen geäußert. Können Sie eine genaue Zahl nennen, wie viele von den freiwilligen Nachrüstungen eigentlich schon umgesetzt worden sind?

Er hat ja angekündigt, er würde da jetzt mehr Druck machen. Da würde mich interessieren: Was für Druckmittel hat der Minister gegen die Autokonzerne?

STRATER: Er hat ja angekündigt, dass er die 5,3 Millionen Fahrzeuge, die auch von der Autoindustrie angekündigt worden sind, bis Ende dieses Jahres nachgerüstet, umgerüstet, mit Softwareupdates umgerüstet haben möchte. Das macht er auch gegenüber der Autoindustrie sehr klar. Der Stand der Dinge ist: Zum jetzigen Zeitpunkt sind bereits rund bzw. gut 2,5 Millionen Fahrzeuge mit Softwareupdates umgerüstet worden. Ich kann Ihnen jetzt nicht einen genauen Stand sagen, welche Anträge sozusagen von den Herstellern beim Kraftfahrt-Bundesamt vorliegen. Weil auch immer berichtet wurde, dass es vielleicht einen Flaschenhals beim Kraftfahrt-Bundesamt gebe: Den gibt es nicht. Das Kraftfahrt-Bundesamt bearbeitet Anträge, die ihm vorgelegt werden, zügig ab. Es ist hier also an den Herstellern, zügig solche Umrüstkonzepte vorzulegen, und dann kann das Kraftfahrt-Bundesamt die auch abarbeiten. Genaue Zahlen habe ich dazu jetzt aber nicht.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Die zweite Frage war noch nicht beantwortet: Welche Druckmittel hat der Minister, wenn er sagt, er werde den Druck jetzt erhöhen?

STRATER: Zu formalistischen Druckmitteln mag ich mich hier jetzt nicht äußern. Sie kennen ja die Aussagen von ihm: Er ist nicht der Buddy der Bosse, sondern der Kumpel der Fließbandarbeiter. Das macht er auch in Austausch mit der Autoindustrie deutlich. Sie wissen auch, dass wir erreicht haben, dass sich die Automobilindustrie mit einem Beitrag von 250 Millionen Euro am „Sofortprogramm Saubere Luft“ beteiligt. Auf dieser Linie bewegt er sich weiter. Dazu, wie das jetzt formalistisch ausgestaltet ist, möchte ich mich hier jetzt nicht äußern.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Die Zahl von 2,5 Millionen Fahrzeugen, die bisher umgerüstet worden sind, entspricht ja ziemlich genau den verpflichtenden Umrüstungszahlen von VW. Heißt das im Umkehrschluss, dass hinsichtlich der freiwilligen Umrüstungen der anderen bisher gar nichts passiert ist?

STRATER: Nein, das heißt es nicht. Wir waren bei dem verpflichtenden Rückruf von VW ja unter 2,5 Millionen. Da sind wir in diesem Fahrzeugsegment bei etwas über 90 Prozent. Natürlich sind auch schon Fahrzeuge dabei, die in der freiwilligen Serviceaktion umgerüstet worden sind, und auch im Rahmen der insgesamt 5,3 Millionen Fahrzeuge sind schon Umrüstungen in Vorbereitung bzw. stehen kurz bevor. Aber wie gesagt, einen genauen Stand kann ich Ihnen da jetzt nicht nennen.

FRAGE: Meine Frage geht auch an das Verkehrsministerium: Der Termin Ende 2018 für die freiwilligen Umrüstungen ist ja letzten August auf dem Nationalen Forum Diesel beschlossen worden; das heißt, dieser Termin ist schon länger bekannt. Warum ist dieser Zeitplan jetzt notwendig? Sehen Sie da vielleicht Versäumnisse durch den Amtsvorgänger von Herrn Scheuer?

An das BMU: Halten sie die Softwarenachrüstungen für ausreichend oder haben Sie möglicherweise noch andere Wünsche, um die angestrebten Zielmarken beim Stickoxid zu erreichen?

STRATER: Ich möchte hier jetzt nicht Versäumnisse zuordnen oder so etwas. Ich habe ja die Zahl genannt, bei der wir jetzt sind, nämlich rund bzw. gut 2,5 Millionen. Das heißt, wir haben noch ein gutes Stück zu gehen. Jetzt ist April, bis Ende des Jahres ist also noch ein Stück Zeit. Wir brauchen die Zusagen der Hersteller bzw. die Konzepte der Hersteller aber, damit wir diese Zielmarke erreichen, und die fordert der Minister ein.

LANGENBRUCH: Ich kann für Bundesumweltministerin Schulze sagen, dass sie sich vor zwei Tagen noch einmal zum Thema technische Nachrüstungen geäußert hat. Sie hat ihre Forderung bekräftigt, dass umfangreiche technische Nachrüstungen sinnvoll wären. Der aktuelle Stand ist ja, dass es eine Expertengruppe beim Verkehrsministerium gibt, die die Machbarkeit von Nachrüstungen bewerten soll. Aus Sicht des Bundesumweltministeriums muss diese Expertengruppe jetzt schnell ihre Ergebnisse vorlegen. Die Ministerin hatte selbst auch noch einmal in einem anderen Interview gesagt, dass das gemacht werden muss, was technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist so steht das ja auch im Koalitionsvertrag. Wir sind jetzt gespannt auf die Ergebnisse dieser Expertengruppe.

FRAGE KREUTZFELDT: Herr Strater, erfolgreich war ja jetzt die verpflichtende Umrüstung bei VW, während bei der freiwilligen Umrüstung bisher offensichtlich sehr wenig passiert ist. Gibt es als Konsequenz daraus in Ihrem Hause irgendwelche Überlegungen, wenn jetzt der eindringliche Appell des neuen Ministers genauso wenig fruchten sollte wie die Appelle des vorherigen Ministers, auch bei den übrigen Konzernen auf verpflichtende Umrüstungen auszuweichen, weil das offensichtlich besser funktioniert?

STRATER: Sie kennen ja den Hintergrund von verpflichtenden Rückrufen, nämlich dass illegale Abschalteinrichtungen verwendet worden sind. Es gibt natürlich auch Fahrzeuge, wo dies nicht der Fall ist, bei denen wir eine freiwillige Serviceaktion durchführen. Wie der Minister sich äußert, wenn die Zielmarke nicht erreicht wird, sehen wir dann.

FRAGE JESSEN: Da Sie die Rolle des Kraftfahrt-Bundesamtes angesprochen haben, Herr Strater: Warum wurde dem Chef des Kraftfahrt-Bundesamtes die Genehmigung verweigert, als Zeuge in Gerichtsprozess auszusagen der Richter wollte ihn hören , in dem es um erhöhte Abgaswerte bei Porsche geht? Das würde der Aufklärung doch nur dienlich sein.

STRATER: Ich möchte zunächst einmal Medienberichten widersprechen, wonach Minister Scheuer hier irgendwelche Ermittlungen blockiere, Bosse schütze oder die Autoindustrie schütze. Das ist nicht der Fall.

Zum Hintergrund erkläre ich Ihnen einmal den Weg, wie das Kraftfahrt-Bundesamt die Ermittlungen unterstützt, nämlich über die Staatsanwaltschaften. Die Staatsanwaltschaften führen die Ermittlungen durch, und wenn die Staatsanwaltschaften Informationsbedarf haben, dann unterstützt das Kraftfahrt-Bundesamt die Staatsanwaltschaften mit Informationen sehr transparent und stellt ihre Untersuchungsergebnisse den Staatsanwaltschaften zur Verfügung. Insofern sehe ich hier keine Blockade von irgendwelchen Ermittlungen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wenn sich ein unabhängiger Richter in einem konkreten Fall von der sachkundigen Aussage des Chefs des Kraftfahrt-Bundesamtes Aufklärung erhofft und das ist hier ja wohl der Fall , warum darf der dann nicht aussagen?

STRATER: Ich habe ja den Weg beschrieben, wie das Kraftfahrt-Bundesamt Ermittlungen unterstützt. Das ist der Weg für Behörden, die im Übrigen natürlich auch der Neutralität verpflichtet sind. Wenn Sie sich allein einmal die Vielzahl der Zivilprozesse anschauen, dann sehen Sie, dass sich auch ein pragmatisches Problem stellen würde, wenn das jeder Richter machen würde. Noch einmal: Der Weg ist der über die Staatsanwaltschaften. Das Kraftfahrt-Bundesamt stellt Untersuchungsergebnisse für die Prozesse zur Verfügung und die werden dort thematisiert.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das heißt, das, was wir hier erleben, ist ein Präzedenzfall oder genereller Fall und es wird nie vorkommen, dass der Chef einer Behörde eine Genehmigung zur Aussage vor einem Gericht erhält.

STRATER: Ich kann das hier nicht verallgemeinern, ich kann mich nur zu diesem Fall äußern.

FRAGE: Die Aufforderung, einen Zeitplan zu erstellen, ist ja seit gestern Abend öffentlich. Haben Sie schon erste Reaktionen von den Autokonzernen bekommen?

Zweite Frage: Andreas Scheuer stellt heute ja in Nürnberg sein Konzept zur Neuorganisation der Bundesfernstraßen und der Autobahnen vor. Können Sie dazu bitte noch einmal zwei Sätze sagen? Warum ist das notwendig und was sind die größten Veränderungen?

STRATER: Ich bin mir nicht sicher, ob das seit gestern Abend bekannt ist, der Minister hat sich dazu mehrfach geäußert. Es bleibt aber bei dem, was ich dazu gesagt habe.

Zur Infrastrukturgesellschaft und zum Fernstraßenbundesamt, zur Reform der Autobahnverwaltung, möchte ich hier jetzt nur ganz wenig sagen, weil es dazu gleich in Nürnberg eine Pressekonferenz geben wird, in der sich der Verkehrsminister selber äußern wird. Nur so viel: Minister Scheuer hat auf der Verkehrsministerkonferenz seine Standortkonzepte zur Infrastrukturgesellschaft und zum Fernstraßenbundesamt vorgestellt. Das ist ein Reformvorhaben, das in der vergangenen Legislaturperiode begonnen wurde. Der Bund wird die Verantwortung für die Bundesautobahnen ab 2021 übernehmen. Es handelt sich um die größte Reform in der Geschichte der Autobahnen, das System wird komplett neu geordnet. Wie gesagt, der Bund wird Planung, Bau, Betrieb, Erhalt und Finanzierung der 13 000 Kilometer an Autobahnen übernehmen. Mit dieser Gesellschaft und dem Fernstraßenbundesamt wird das effizient zentral organisiert sein und kompetent regional aufgestellt sein so hat sich der Minister ja auch schon in unserer Pressemitteilung geäußert. Das Standortkonzept ist getragen von strukturpolitischem Bewusstsein. Die regionale Verantwortung wird durch die Standorte gestärkt und es wird Präsenz in der Fläche gezeigt. Besonders wichtig sind dabei die Mitarbeiter und die Expertise vor Ort. Hier werden auch umfassende Sicherheiten gegeben, was ihren Arbeitsplatz angeht.

Einzelheiten können Sie unserer Pressemitteilung entnehmen, die wir eben verschickt haben. Darin sind auch die Standorte der Infrastrukturgesellschaft mit insgesamt zehn Niederlassungen, Außenstellen und Betriebsdienststellen aufgeführt. Es sind auch die Kriterien aufgeführt, die zur Auswahl dieser Standorte geführt haben. Das können Sie dort alles noch einmal nachlesen.

FRAGE LANGE: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium und an das Arbeitsministerium zu Opel: Die Kanzlerin hat bei der MPK Ost davon gesprochen, es habe Zusammenkünfte der beiden Ministerien mit Opel bzw. mit Vertretern der Standorte gegeben. Ich wüsste gerne ein paar Details dazu und was überhaupt der Stand ist.

Herr Seibert, hat das vielleicht gestern beim Treffen der Kanzlerin mit Herrn Macron eine Rolle gespielt? Frankreich ist ja Anteilseigner bei PSA.

JÄGER: Ich kann grundsätzlich bestätigen, dass Bundesminister Heil gemeinsam mit Wirtschaftsminister Altmaier mit der Konzernführung in Gesprächen ist. Es ist Herrn Heil sehr wichtig, dass alles Menschenmögliche getan wird, damit Beschäftigung und Standorte in Deutschland gesichert werden. Die bestehenden Zusagen müssen eingehalten werden und das Prinzip der Sozialpartnerschaft beibehalten werden. Mehr lässt sich dazu erst einmal nicht sagen.

STS SEIBERT: Der Bundeskanzlerin ist, wie sie das in Bad Schmiedeberg gesagt hat, sehr wichtig, dass die Bundesregierung mit allen Beteiligten im Gespräch ist. Das ist der Fall. Sie sieht die Bundesregierung auch zusammen mit den Landesregierungen in der Pflicht, alles, was politisch möglich ist, zu tun, damit Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland gesichert sind. Über Einzelheiten des Gesprächs mit Präsident Macron kann ich jetzt über das hinaus, was wir schon gesagt haben und was auch in der Pressekonferenz eine Rolle spielte, keine Auskunft geben.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, hat es ein Treffen im Kanzleramt gegeben? Wie schaltet sich also das Kanzleramt selber ein? Treffen sich die Minister möglicherweise dort? Der Betriebsrat von Opel hat ja gerade bekanntgegeben, dass Peugeot 3800 Beschäftigte bis 2020 abbauen möchte.

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen von keinem Treffen im Kanzleramt berichten, aber das Kanzleramt ist natürlich in sehr engem Kontakt sowohl mit dem Arbeitsministerium als auch mit dem Wirtschaftsministerium, die ihrerseits ja an den Gesprächen teilnehmen.

FRAGE FIJAVŽ: Herr Breul, zu Slowenien und Kroatien: Kroatien lehnt es weiterhin ab, den Schiedsspruch über die Grenze mit Slowenien auszuführen. Was ist die Position der neuen Bundesregierung in dieser Frage, hat sie sich verändert? Unternimmt Deutschland etwas, damit diese Entscheidung umgesetzt wird?

BREUL: Vielen Dank für die Frage. Die Position der Bundesregierung hat sich nicht verändert. Wir erwarten, dass Slowenien und Kroatien bilateral eine Einigung finden, die den Schiedsspruch umsetzt. Das erfordert Kooperation und Dialogbereitschaft auf beiden Seiten; das will ich ausdrücklich sagen. Probleme lassen sich innerhalb der EU leichter lösen als außerhalb der EU. Durch die Umsetzung des Schiedsspruchs können beide Seiten eine Vorbildrolle in der gesamten Region einnehmen; denn wie Sie wissen, gibt es auch bei anderen Ländern in der Region durchaus noch strittige Fragen. Beide Seiten haben bislang bekräftigt, dass sie keine einseitigen Schritte unternehmen werden, die Zwischenfälle an einer Grenze verursachen könnten. Davon gehen wir weiter fest aus, und wir erinnern beide Seiten daran, dass sie konkrete und konstruktive Vorschläge zur Umsetzung einbringen und sich entsprechend einigen müssen.

ZUSATZFRAGE FIJAVŽ: Bleibt es dabei, dass diese Entscheidungen des Schiedsgerichts bzw. der Gerichte zu befolgen und zu implementieren sind?

BREUL: Ja, das habe ich damit sagen wollen. Grundsätzlich ist es so, dass die internationale Schiedsgerichtbarkeit ein wertvolles Instrument des Völkerrechts ist und eine wichtige Rolle bei der Beilegung zwischenstaatlicher Konflikte spielt. Ganz unabhängig vom Inhalt der Entscheidung ist es aus Sicht der Bundesregierung ein wichtiges Prinzip, dass diese Entscheidungen befolgt werden und von den Parteien umgesetzt werden.

ZUSATZFRAGE FIJAVŽ: Unternimmt Deutschland etwas, damit diese Entscheidung umgesetzt wird?

BREUL: Wie gesagt, wir sehen das als eine Angelegenheit zwischen Slowenien und Kroatien und fordern beide Seiten auf, wie ich es gerade betonte, konkrete und konstruktive Schritte zu unternehmen, damit dieses Urteil umgesetzt wird.

FRAGE MÜLLER-THUM: Herr Seibert, noch einmal zurück zum Treffen Merkel-Macron: Sie haben jetzt schon mehrfach darauf verwiesen, dass die beiden sich in der Pressekonferenz geäußert hätten. Das hilft natürlich wenig, weil die Pressekonferenz vor den Gesprächen stattgefunden hat. Können Sie vielleicht doch noch ein bisschen etwas dazu sagen, wie die Fortschritte aussehen, von denen Sie gesprochen haben? Da ging es ja, glaube ich, um das Thema EU-Reform.

STS SEIBERT: Ehrlich gesagt geht es natürlich um sehr viel mehr als um dieses Thema, und ich glaube, das wurde in der Pressekonferenz auch schon klar. Es geht um ein gemeinsames europäisches Asylsystem, es geht um eine gemeinsame europäische Außenpolitik, es geht um Bankenunion, es geht um Kapitalmarktunion, es geht um und damit kommen wir zu Ihrem Thema die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion und einige der dazu vorliegenden Vorschläge von beiden Seiten. Wir sind das habe ich vorhin zu sagen versucht und ich sage es gerne noch einmal mitten im Arbeitsprozess. Das gemeinsame Ziel ist, dass wir von durchaus an einigen Punkten unterschiedlichen Überzeugungen kommend Kompromisse erarbeiten, eine gemeinsame Linie erarbeiten, mit der wir, Deutschland und Frankreich, in den Europäischen Rat Ende Juni gehen.

Es wird bis dahin noch intensive weitere Gespräche geben. Es ist für Mai oder für Juni das weiß ich jetzt nicht ganz genau, jedenfalls vor dem Europäischen Rat ein kleiner Ministerrat zwischen Deutschland und Frankreich mit den Ministern aus den entsprechenden Ressorts geplant, damit wir eine gemeinsame Grundlage erarbeiten. Wir sind mittendrin. Ich glaube, die Sache wird nicht besser, wenn ich Zwischenergebnisse herausgebe. Aber gestern sind wieder Fortschritte auf verschiedenen Gebieten gemacht worden, und nun werden die Teams beider Seiten intensiv weiter arbeiten.

ZUSATZFRAGE MÜLLER: Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Pressekonferenzen vor den Gesprächen zunehmen und das eine ziemliche Pest ist. Können Sie uns einmal Zahlen sagen, wie oft Pressekonferenzen vor den Gesprächen stattfinden und wann sie danach stattfinden?

STS SEIBERT: Nein, das kann ich natürlich nicht.

ZUSATZFRAGE MÜLLER: Warum nicht?

STS SEIBERT: Ich habe die Zahlen nicht. Wir können ein bisschen zu zählen anfangen.

Das Entscheidende ist doch hier: Wir haben ein Ziel, und das ist Ende Juni der Europäische Rat. Seien Sie ganz sicher, dass nach diesem Europäischen Rat, auf dem Ergebnisse präsentiert werden, informiert wird. Jetzt sind wir in einem sicherlich hoch interessanten Arbeitsprozess Deutschlands und Frankreichs zu wichtigen Themen. Ich verstehe absolut Ihr Interesse, jedes Zwischenergebnis nachvollziehen zu können. Aber ich glaube, Sie müssen auch das Interesse der beiden miteinander arbeitenden Seiten verstehen, erst einmal etwas gemeinsam zu schaffen. Da ist es nicht sinnvoll, nach jedem Treffen zu sagen: Also das haben wir, das steht noch aus, hier wackelt es ein bisschen. Das hielte ich für falsch, und das halten offensichtlich auch die Franzosen für falsch. Wichtig ist, dass wir gemeinsam auf dem Weg zum Europäischen Rat im Juni vorankommen, und das tun wir.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium. Es geht um die Prüfung der Heimtests, die eine HIV-Infektion erkennen lassen. Welchen Stand hat die Prüfung und wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?

BERVE-SCHUCHT: Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Die Prüfung läuft noch; sie ist noch nicht abgeschlossen. Wann es so weit wird, dazu kann ich im Moment nichts sagen.

ZUSATZFRAGE: Es gab ja zuletzt auch Äußerungen von Ärzteverbänden und auch von HIV-Initiativen, die sich positiv ausgesprochen haben. Würde das dieses Verfahren beschleunigen?

BERVE-SCHUCHT: Das geht ein in die Überlegung im Gesundheitsministerium. Mehr kann ich dazu im Moment nicht sagen.

FRAGE DR. RINKE: Eine Frage an das Auswärtige Amt: Es geht um Syrien und die Untersuchung des mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatzes. Die OPCW-Inspekteure konnten ja immer noch nicht zu der Stelle gelangen. Sieht das Auswärtige Amt darin eine systematische Verhinderung der Aufarbeitung? Hat man überhaupt noch die Hoffnung in der Bundesregierung, dass die Prüfer irgendwelche Nachweise von Chemiewaffen feststellen können?

BREUL: In der Tat: Nach Auskunft der OVCW war das „fact-finding team“ immer noch nicht in Duma. Es hat bisher lediglich Erkundungen der Sicherheitslage durch ein Team der Vereinten Nationen, also ein Sicherheitsteam, gegeben. Dabei kam es zu Gewehrfeuer und Explosionen. Wann und ob das Team überhaupt nach Duma reisen kann, hängt natürlich ganz entscheidend von der Sicherheitslage ab. Wir möchten hier die von Russland gemachten Sicherheitszusagen für genau diese OVCW-Mission noch einmal unterstreichen.

Also zunächst ist es wichtig, dass sie vor Ort sind. Sie können sich sicher ausmalen, dass gerade für die chemische Forensik, also die Entnahme von Umweltproben und biomedizinischen Proben, der Zeitpunkt ein entscheidender ist. Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Beweissicherung erschwert. Chemische Nachweise für die Verwendung von Chlorgas sind schon nach der jetzigen Zeitspanne, wenn überhaupt, nur sehr schwer zu führen. Der Nachweis für Nervengifte, also etwa Sarin, könnte auch jetzt noch geführt werden.

Ich möchte aber betonen, dass diese chemische Forensik, die ich gerade beschrieb, nur ein Aspekt der Ermittlungen ist. Dieses „fact-finding team“ der OVCW befragt auch Zeugen, Ärzte und Opfer und wird sich ein genaues Bild der Lage vor Ort verschaffen. Also trotz der jetzt schon fortgeschrittenen Zeit drängen wir darauf, dass das OVCW-Team reist. In jedem Fall ist es gut, wenn es reist, um sich ein Bild vor Ort zu machen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Sehen Sie den Versuch einer systematischen Verhinderung der Untersuchung?

BREUL: Lassen Sie es mich einmal so sagen: Es mutet doch etwas seltsam an, dass Russland Sicherheitsgarantien ausspricht, dann ein Vorausteam der Vereinten Nationen unter Beschuss gerät und keinen sicheren Zugang bekommt, und zur gleichen Zeit ist es einem Team russischer Journalisten möglich, den Einschlagsort zu besuchen. Das wirft doch einige Fragen auf.

FRAGE JUNG: Können wir beim Thema Syrien allgemein bleiben?

VORS. SZENT-IVÁNYI: Ja.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Breul, haben Sie uns die völkerrechtliche Bewertung des türkischen Angriffs auf Afrin mitgebracht?

BREUL: Zu dem, was wir hier schon mehrfach ausgeführt haben, habe ich heute nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die Türken besetzen seit einem Monat Afrin. Ist das für die Bundesregierung mittlerweile auch eine Besatzung?

BREUL: Wie gesagt: Zu der Bewertung des türkischen Vorgehens in Afrin habe ich heute nichts Neues hinzuzufügen.

ZURUF JUNG: Das sind ja zwei verschiedene Paar Schuhe.

BREUL: Trotzdem sage ich: Ich habe zu der Bewertung des türkischen Vorgehens in Afrin heute nichts Neues hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wann können wir damit rechnen?

BREUL: Auch auf diese Frage habe ich schon mehrfach geantwortet.

FRAGE JESSEN: Bei Kämpfen um Afrin wurde offenbar ein deutscher Staatsbürger getötet, der sich wohl der YPG angeschlossen hat. Haben Sie Erkenntnisse darüber, ob das ein Einzelfall war? Gibt es mehrere? Wie schätzen Sie diese Zahlen ein?

BREUL: Wie Sie wissen das haben wir hier auch schon mehrfach diskutiert , ist es für uns schwierig, Informationen zu bekommen, gerade zu deutschen Staatsangehörigen, weil wir nicht in Syrien vertreten sind und deshalb keine eigenen konsularischen Möglichkeiten haben. Aus diesem Grund habe ich keine eigenen Erkenntnisse, die ich Ihnen vortragen könnte.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Da Sie ja in anderen Fällen, die sich auch in Syrien ereignen, auf Erkenntnisse von verbündeten oder befreundeten Nationen zurückgreifen können, werden Sie versuchen, sich einen Überblick zu verschaffen, in welchem Umfang deutsche Staatsbürger an Kämpfen in Syrien beteiligt sind und uns das gegebenenfalls nachliefern?

BREUL: Wenn wir Hinweise darauf bekommen, dass in Syrien deutsche Staatsangehörige in irgendeiner Form in Not geraten oder vom Konflikt getroffen sind, versuchen wir dem selbstverständlich, so gut es geht nachzugehen. Aber wie ich vorhin schon sagte: Das ist für uns sehr schwierig.

FRAGE BLANK: Herr Seibert, am vergangenen Freitag ich habe das gerade anhand des Protokolls nachgeprüft haben Sie in der Tat nur den Besuch von Herrn Modi heute Abend bei der Bundeskanzlerin angekündigt, ohne irgendwelche Themen zu nennen. Können Sie heute sagen, worum es da geht?

STS SEIBERT: Ich sehe mich jetzt außerstande, Ihnen einzelne Themen zu nennen. Ich glaube, es spricht für sich, dass der Ministerpräsident eines 1,3-Milliarden-Menschen-Volkes bei uns immer ein sehr willkommener Gast und Gesprächspartner ist. Wir haben intensive wirtschaftliche gemeinsame Interessen. Es ist hoch interessant, von Herrn Modi seine Einschätzung der Lage in seiner Region zu hören. Alle aktuellen Fragen der internationalen Politik über das Bilaterale hinaus werden heute Abend eine Rolle spielen. Aber ich kann es Ihnen jetzt nicht im Detail auflisten.

ZUSATZFRAGE BLANK: Wird es in diesem Jahr noch eine deutsch-indische Regierungskonsultation geben?

STS SEIBERT: Ich bin jetzt ein bisschen überfragt, in welchem Rhythmus wir da stehen. Das reiche ich gern nach.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, können Sie ganz kurz bestätigen: Es gibt heute auch kein Statement oder keine Pressekonferenz zu dem Termin. Ist das richtig?

STS SEIBERT: Nein. Es ist gut, dass der indische Ministerpräsident auf seiner Reise die Zeit gefunden hat, am Freitagabend noch in Berlin vorbei zu kommen. Wir freuen uns über die Gelegenheit zu diesem Gespräch. Aber es wird ein reines vertrauliches Gespräch bleiben.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Kurz nachgefragt: Ist das aufgrund des indischen Ministerpräsidenten oder der Kanzlerin? Warum ist das so?

STS SEIBERT: Darin sollten Sie keine besonderen Gründe suchen. Es ist so vereinbart: Man will die Zeit möglichst intensiv für das Gespräch nutzen, weil es vieles zu besprechen gibt. So ist das.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, Miguel Diás-Canel wird der neue Staatspräsident von Kuba. Hat die Kanzlerin schon gratuliert?

STS SEIBERT: Nein. Wir haben jetzt Kenntnis genommen von seiner Wahl durch das Parlament in Havanna. Wie in solchen Fällen üblich wird es einen Glückwunsch geben, und den werde ich Ihnen dann zum Amtsantritt bekannt geben – oder wann auch immer der richtige Zeitpunkt ist. Aber heute kann ich es Ihnen noch nicht sagen.

Wir hoffen, dass auch unter seiner Führung der Weg der vorsichtigen wirtschaftlichen wie politischen und gesellschaftlichen Reformen in Kuba anhält.

Das ist es, was ich heute dazu sagen kann. Alles andere wird nachgereicht.

FRAGE KREUTZFELDT: Eine kurze Frage an das Wirtschaftsministerium und an das Verkehrsministerium. Sie beide liegen ja in dem Bombenentschärfungskreis, der jetzt evakuiert wurde. Ich soll noch fragen, wie sich das auf die Arbeit auswirkt. Haben die Kolleginnen und Kollegen für den Rest des Tages frei, oder müssen sie alle um den Block gehen und am Nachmittag weitermachen, machen sie Homeoffice, oder sind sie woanders untergeschlüpft? Was ist in Ihren Ministerien los?

STRATER: Ich sitze hier.

ZURUF KREUTZFELDT: Ja, aber es gibt ja noch ein paar andere. Was ist mit denen, die nicht in der BPK sitzen?

STRATER: Wir dürfen das Gebäude nicht betreten. Das ist eine polizeiliche Anordnung.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Ja, aber was machen die Leute jetzt?

STRATER: Ich hoffe, dass sie, soweit das möglich ist, mobil arbeiten, so wie wir das auch tun, damit wir handlungsfähig sind.

EINHORN: Wir vom BMWi haben drei Liegenschaften in Berlin, in der Scharnhorststraße, in der Hannoverschen Straße und in Alt-Moabit. Die Liegenschaft in der Scharnhorststraße ist heute den ganzen Tag über geschlossen, sprich, dort waren keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und dort werden heute auch keine mehr sein. Das betrifft ca. tausend Beschäftigte. Teilweise konnten sie Büros in den anderen beiden Liegenschaften beziehen. Teilweise arbeiten sie zu Hause mobil. Teilweise haben sie einen Tag dienstfrei bekommen.

KORFF: Vielleicht darf ich dazu kurz ergänzen, weil es heute auch Medienberichte dazu gab, dass das bei uns auch der Fall sei. Das BMI liegt nicht in dem Sperrkreis. Aber es gab Medienberichte, auch bei uns hätten alle Mitarbeiter frei. Dem ist nicht so.

FRAGE LANGE: Ich habe eine Frage zur Musterfeststellungklage. Ich glaube, das richtet sich an das BMJV. Nach einem Bericht der „WirtschaftsWoche“ ist das Thema kommenden Mittwoch im Kabinett. Was können Sie mir dazu sagen?

KALL: Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Ressortabstimmung noch läuft, aber auf einem sehr guten Weg ist. Der Gesetzentwurf wird bald im Kabinett beraten. Aber den genauen Termin kann ich Ihnen noch nicht nennen.

ZUSATZFRAGE LANGE: Ist der Bericht der „WirtschaftsWoche“ denn falsch, oder ist er richtig?

KALL: Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir voll im Zeitplan liegen, der im Koalitionsvertrag ja ganz klar verankert ist. Zum 1. November muss die Musterfeststellungsklage eingeführt sein, um drohende Verjährungen am Ende dieses Jahres zu verhindern. Dieser Zeitplan wird eingehalten. Das ist alles, was ich Ihnen während der gerade noch laufenden Abstimmung dazu sagen kann.

FRAGE: Herr Breul, eine Frage zum Thema Syrien: Hat das Auswärtige Amt eigene Erkenntnisse darüber, dass in Ost-Ghuta chemische Waffen deutscher Herkunft gefunden wurden? Das behauptete gestern jedenfalls die Sprecherin des russischen Außenministeriums.

BREUL: Nein, wir haben keine eigenen Erkenntnisse. Ich bin, ehrlich gesagt, auch nicht sicher, welche Zusammenhänge die russische Seite hier herzustellen versucht.

Ich kann Ihnen generell sagen, dass es innerhalb der EU aufgrund des syrischen Umgangs mit dieser Chemikalie einen Genehmigungsvorbehalt von Chlorausfuhren nach Syrien gibt. Angesichts der Lage vor Ort werden für die Ausfuhren von Chlor nach Syrien keine Genehmigungen erteilt. Nach unserer Kenntnis sind auch in den letzten Jahren keine entsprechenden Ausfuhranträge gestellt worden. Vielleicht hat das BMI mehr Details dazu.

Klar ist aber auch: Chlor wird in vielen Bereichen verwendet, unter anderem für Trinkwasseraufbereitung. Der Stoff an sich ist nicht verboten. Ich denke, man sollte sich hier auch nicht ablenken lassen. Das Entscheidende ist der Einsatz von Chlor als Waffe. Verantwortlich für die grausamen Geschehnisse in Duma sind diejenigen, die Giftgas gegen Menschen eingesetzt haben. Über die Verantwortlichkeiten haben wir uns ja hier schon intensiv ausgetauscht.

EINHORN: Ich kann Ihnen sagen, dass uns auch keine Erkenntnisse dazu vorliegen.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Herr Seibert hat noch etwas nachzutragen.

STS SEIBERT: Ich war nach deutsch-indischen Regierungskonsultationen gefragt worden. Die hat es bisher vier Mal gegeben: 2011, 2013, 2015 und 2017. Wir haben einen zweijährigen Rhythmus vereinbart; demzufolge wäre es 2019 wieder so weit.

FRAGE JESSEN: Eine Frage, ich vermute an BMI und BMJV: Das Verwaltungsgericht Köln hat entschieden, dass Telekommunikationsunternehmen nicht verpflichtet sind, Verbindungsdaten zu speichern. Es stützt sich auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, derzufolge das europäische Recht das nationale überlagere. Was bedeutet das für die Vorratsdatenspeicherung? Die wäre damit tot.

KORFF: Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich das Urteil nicht kenne.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wäre es möglich, das vielleicht bis zur nächsten Regierungspressekonferenz zu beantworten? Das ist wirklich ein tiefgehendes Schiff.

KORFF: Ja.

KALL: Ich kann für das BMJV bezüglich der Vorratsdatenspeicherung, die in der Strafprozessordnung geregelt ist und in unserem Federführungsbereich liegt, ergänzen, dass es schon verschiedene gerichtliche Entscheidungen gab, so auch des Oberverwaltungsgerichts Münster, also eine Instanz weiter, die wir natürlich nicht kommentieren können, dass aber die Bundesnetzagentur im letzten Sommer, glaube ich, schon entschieden hat, dass die Vorratsdatenspeicherung gegenüber dem Provider nicht durchgesetzt wird. Die finale Klärung das ist ein anhängiges Verfahren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird man abwarten müssen.

FRAGE JUNG: Gibt es aktuell Provider, die Daten der Bürger auf Vorrat speichern?

KALL: Das müssen Sie die Provider fragen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das weiß die Bundesregierung nicht?

KALL: Ich kann das von hier aus nicht beurteilen. Sie könnten einmal bei der Bundesnetzagentur das ist der Bereich des Bundeswirtschaftsministerium nachfragen; Sie könnten bei den Providern nachfragen. Ich habe ja gesagt, dass diese Verpflichtung derzeit nicht durchgesetzt wird und es jetzt auf die gerichtliche Klärung ankommt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Frau Einhorn, wissen Sie das?

EINHORN: Der Stand ist: Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung gilt. Was die Bundesnetzagentur im vergangenen Sommer getan hat, ist, eine Mitteilung zu veröffentlichen, wonach sie erst einmal von Anordnungen und sonstigen Maßnahmen gegen die Unternehmen absieht, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen oder nachkämen, um alle Unternehmen mit Eingaben als klagende Unternehmen gleichzustellen. Diese Mitteilung gilt bis heute. Das ist der Stand.

ZUSATZFRAGE JUNG: Kennen Sie die Unternehmen, die dieser Verpflichtung nachkommen?

EINHORN: Die kenne ich nicht, aber ich habe dazu mit den Unternehmen auch keinen Kontakt.

 

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