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Bundesregierung für Desinteressierte: Sehenswerte BPK vom 13. Juni 2018

Handlungslücke ► RegPK vom 13. Juni 2018

Themen: Lösung im Namensstreit zwischen Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Treffen des Bundesaußenministers mit dem Außenminister der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Kabinettssitzung (Einführung des Anspruchs auf befristete Teilzeitbeschäftigung, Entwurf eines Klimaschutzberichtes 2017 zum Aktionsprogramm Klimaschutz 2020, Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe), Mordfall Susanna F., sogenannter Masterplan des Bundesinnenministers, Fund von Sprengmaterial in Köln, Hilfskonzept für Opfer der Colonia Dignidad, Abschalteinrichtungen für Abgasreinigungsanlagen bei Diesel-Pkw, Handelsstreit mit den USA, G7-Gipfeltreffen in Kanada, Medienberichte über einen Aufenthalt in Deutschland eines der angeblichen Drahtzieher des Putschversuchs in der Türkei, Fußball-Weltmeisterschaft in Russland, Integrationsgipfel der Bundeskanzlerin, europäische Zusammenarbeit in der Asyl- und Flüchtlingspolitik, Treffen von US-Präsident Trump und Kim Jong-un in Singapur, Fastenbrechen nach dem Ramadan

Ohne naive Fragen heute. Dafür mit Fragen der Hans Jessen Show.

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Nachreichung:

Das BMI teilt mit: 

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Nachgang zur Regierungspressekonferenz vom 11. Juni 2018 übersende ich die Antworten zu den noch offenen Fragen:

Am späten Vormittag des 7. Juni 2018 nahm der Präsident des Bundespolizeipräsidiums aktiv telefonischen Kontakt zu Dilshad Barzani auf. Am späten Vormittag des 8. Juni 2018 informierte Dilshad Barzani Herrn Dr. Romann telefonisch, dass kurdische Sicherheitsbehörden die Person in den frühen Morgenstunden im Raum der Stadt Zakho (in der Grenznähe zur Türkei) ‎angetroffen und sistiert hätten. Herr Barzani bot im Weiteren an, den Bashar über Erbil nach Deutschland abzuschieben.

Der Präsident der Bundespolizei hat Herrn Minister Seehofer am Samstagnachmittag, 09.06.2018, während des etwa einstündigen Aufenthaltes aus Erbil angerufen und über die bevorstehende Abschiebung informiert. Herr Minister hat sich durch ihn die Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestätigen lassen. Anschließend telefonierte der im BMI zuständige Staatssekretär mit dem Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums.

Da die präventivpolizeilichen Maßnahmen der Abschiebung und der Luftsicherheit in der originäen Zuständigkeit der Bundespolizei liegen, hat der Präsident weder das AA noch das BMJV unterrichtet.

Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 13. Juni 2018:

STS SEIBERT: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich würde vor dem Bericht aus dem Kabinett gerne ein anderes Thema vorwegschieben:

Die Bundesregierung begrüßt nachdrücklich, dass die Regierungen Griechenlands und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien nach intensiven Verhandlungen und unter Vermittlung der Vereinten Nationen für ihren langjährigen Namensstreit eine Kompromisslösung gefunden haben. Sie haben es sicherlich gehört: Die beiden Seiten haben sich einvernehmlich auf den Staatsnamen Republik Nordmazedonien geeinigt. Wir beglückwünschen beide Ministerpräsidenten, beide Regierungen zu dieser Einigung, und wir hoffen, dass diese nun getroffene Vereinbarung auch sehr bald unterzeichnet werden kann und dass es in beiden Länder ausreichend Unterstützung für sie gibt. Das wäre für beide Seiten, für Griechenland wie für die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, ein historischer Fortschritt. Das würde Hürden für die mazedonische Integration sowohl in die euro-atlantischen Strukturen als auch in die europäischen Strukturen beseitigen. Das ist die Frucht langjähriger Bemühungen, ganz besonders auch des Vermittlers der Vereinten Nationen. Deswegen ist Matthew Nimetz in diesem Zusammenhang wirklich dankend zu erwähnen. So viel dazu.

ADEBAHR: Wenn ich passend dazu ganz kurz etwas anfügen darf: Ich möchte gerne ankündigen, dass der Bundesaußenminister morgen seinen mazedonischen Amtskollegen Nikola Dimitrov im Auswärtigen Amt treffen wird. Eine Mitteilung für eine Pressebegegnung werden wir gleich auch noch herausschicken. Es ist natürlich schön, dass das Gespräch jetzt nach dieser sehr freudigen Nachricht stattfinden wird. Dieses Thema wird natürlich auch im Mittelpunkt des Gesprächs stehen, so wie auch Fragen der EU- und der NATO-Annäherung von Mazedonien.

Vielleicht auch das noch, weil wir einige Anfragen bekommen haben: Nein, wir wissen noch nicht, ob es jetzt mit Bindestrich oder ohne Bindestrich geschrieben wird. Die Vereinbarung wird ja wahrscheinlich erst am Samstag unterzeichnet, und dann werden wir Gewissheit über die genaue Schreibweise des neuen Namens haben.

STS SEIBERT: Dann kommen wir zu den Themen des Kabinetts.

Zunächst hat sich das Kabinett mit einem wichtigen Thema der Gleichstellungs-, der Arbeits- und der Familienpolitik befasst alles drei in einem : Es geht um die Einführung einer Brückenteilzeit. Beschäftigte, die für eine bestimmte Zeit in Teilzeit arbeiten wollen, müssen nicht unfreiwillig in Teilzeit bleiben. Das gilt insbesondere, aber natürlich nicht nur, für Frauen, die etwa nach einer Familienphase ihre beruflichen Pläne voll verwirklichen möchten. Wer nach einer Teilzeitphase wieder in Vollzeit arbeiten möchte, hat künftig das Recht, zu der ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren. Das sieht dieser Gesetzentwurf vor. Dieser Gesetzentwurf wurde heute im Kabinett beschlossen.

Neben dem bestehenden Anspruch auf unbefristete Teilzeit wird es also künftig auch einen Anspruch auf diese Brückenteilzeit, also befristete Teilzeit, geben. Diese darf ein Jahr nicht unterschreiten und fünf Jahre nicht überschreiten. Danach gilt automatisch die frühere Arbeitszeit. Der neue Anspruch ist nicht an einen bestimmten Grund geknüpft also Kindererziehung oder Pflege Angehöriger. Er muss dem Arbeitgeber schriftlich angezeigt werden. Diese Regelungen gelten nicht für kleine Unternehmen mit bis zu 45 Mitarbeitern. Für Unternehmen von 46 bis 200 Mitarbeitern wird eine sogenannte Zumutbarkeitsgrenze eingeführt. Das heißt praktisch, dass pro 15 Beschäftigten nur jeweils einem Antrag auf Brückenteilzeit entsprochen werden muss. Unabhängig von der Betriebsgröße wird der Arbeitgeber verpflichtet, den Veränderungswunsch der Arbeitszeit mit dem Arbeitnehmer zu besprechen. Dazu kann dann auf Wunsch des Arbeitnehmers der Personal- oder der Betriebsrat hinzugezogen werden. So viel dazu erst einmal.

Das zweite Thema im Kabinett war der Entwurf eines Klimaschutzberichtes 2017 zum Aktionsprogramm Klimaschutz 2020. Um das deutsche Klimaschutzziel für 2020 zu erreichen das Ziel heißt, die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu dem Jahr 1990 um 40 Prozent zu reduzieren , hat die Bundesregierung im Dezember 2014 das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz beschlossen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass man jährlich in einem Klimaschutzbericht über den Stand der Umsetzung usw. berichtet deswegen also nun der Klimaschutzbericht 2017.

Ausgangspunkt für das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 war, dass man im Jahre 2014 eine Handlungslücke zu dem für 2020 beschlossenen Klimaziel identifizierte, nämlich von 5 bis 8 Prozentpunkten. Der jetzt ermittelte Zwischenstand zeigt, dass die Maßnahmen des Aktionsprogramms zwar wirken, dass aber davon auszugehen ist, dass die ursprünglich erwarteten Minderungen nicht vollständig erreicht werden. Das hat auch mit Faktoren wie der in den letzten Jahren ausgesprochen positiven Konjunkturentwicklung und mit einem deutlichen Bevölkerungswachstum zu tun, das damals nicht so erwartet wurde und das höhere Emissionen mit sich gebracht hatte, als man ursprünglich bei der Berechnung zugrunde gelegt hatte.

Das dritte Thema ist eine wichtige Nachricht für die Pflegeberufe. Es betrifft die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe, die heute im Kabinett vorgestellt wurde. Sie regelt nun die Details für die einheitliche Ausbildung entweder zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann. Das ist in der vergangenen Legislaturperiode im Pflegeberufsgesetz beschlossen worden.

Jetzt also die Details: Mindestens 2100 Stunden Unterricht und 2500 Stunden Praxis muss diese Ausbildung für die Pflegeberufe beinhalten. Zwei Jahre lang lernen die angehenden Pflegekräfte gemeinsam das ist dann ein Wechsel zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung und Unterricht. Nach einer Zwischenprüfung können sie dann ab dem dritten Jahr entweder diese generalistische Ausbildung fortsetzen oder zwischen Kinder-, Kranken- und Altenpflege wählen. Es werden künftig also übergreifende pflegerische Qualifikationen vermittelt, und damit werden die Berufsausbildungen für diese drei Gebiete Kinder-, Kranken- und Altenpflege zusammengeführt. Diese neuen Ausbildungsgänge sollen 2020 starten und werden nach Überzeugung der Bundesregierung die Pflegeberufe aufwerten, weil sie die Einsatz- und die Aufstiegsmöglichkeiten der Pflegekräfte erhöhen. Das Ziel ist, dass sich möglichst viele Menschen für diesen verantwortungsvollen Beruf entscheiden. Denn das ist auch klar: Gute Pflege braucht gut ausgebildete Pflegekräfte.

FRAGE: An Herrn Seibert zum Thema Mazedonien: Welche Rolle hat die Bundesregierung bei der Erzielung der Vereinbarung zwischen Athen und Skopje gespielt?

STS SEIBERT: Die wichtigste Rolle haben sicherlich die Bemühungen der Vereinten Nationen und ganz besonders des Vermittlers Matthew Nimetz gespielt. Die Bundesregierung ist von beiden Seiten regelmäßig über den Fortgang der Verhandlungen und Gespräche informiert worden. Die Bundeskanzlerin war über die Entwicklungen auch fortlaufend unterrichtet und hat selbst wiederholt mit beiden Ministerpräsidenten sowohl mit Herrn Zaev auf der mazedonischen Seite als auch mit Herrn Tsipras auf der griechischen Seite gesprochen, zuletzt, wenn ich mich richtig erinnere, beim Westbalkangipfel in Sofia. Das ist ja erst einige Wochen her.

FRAGE PAPPAS: Eine Frage sowohl an Herrn Seibert als auch an Frau Adebahr: Es gibt eine Reihe von Voraussetzungen bis zum endgültigen Inkrafttreten dieser Vereinbarungen, zum Beispiel ein Referendum in Mazedonien. Wie sicher sind Sie sich, dass diese Vereinbarung schon jetzt einen endgültigen Status hat?

Zweite Frage: Was bedeutet das für das Bemühen, schon auf dem Gipfel jetzt im Juni eine Entscheidung über Verhandlungen zur Aufnahme Mazedoniens und des Westbalkans in die EU und auch in die NATO zu treffen?

STS SEIBERT: Sie haben völlig recht, da müssen noch mehrere Hürden genommen werden. Deswegen habe ich ja für die Bundesregierung auch die Hoffnung ausgedrückt, dass die Vereinbarung sehr bald unterzeichnet werden kann und dass sie auf beiden Seiten auch die entsprechende Unterstützung erfährt. Zunächst einmal muss unterzeichnet werden, dann folgt in beiden Ländern die parlamentarische Ratifikation, dann muss die Verfassung in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien geändert werden, verbunden mit einem Referendum, und das soll möglicherweise mit Neuwahlen zusammenfallen. Ich möchte nicht bewerten, wie hoch diese Hürden sind. Ich kann nur ganz klar sagen: Wir sind froh, dass es nach wirklich Jahren von Verhandlungen zu dieser Einigung gekommen ist, und hoffen nun, dass beide Seiten diese Einigung, die einen historischen Fortschritt für beide Seiten bedeuten kann, auch nutzen und umsetzen.

ZUSATZFRAGE PAPPAS: Was bedeutet das für die Aufnahmeverhandlungen?

STS SEIBERT: Dazu kann ich nur das sagen, was wir grundsätzlich dazu sagen: Die Annäherung an die Europäische Union setzt voraus, dass das betreffende Land für jeden Schritt die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Deswegen erwartet die Europäische Union von allen Ländern in der Region natürlich auch von diesem einen entschlossenen Reformkurs. Ministerpräsident Zaev und seine Regierung haben einen entschlossenen, ambitionierten Plan vorgelegt.

ZUSATZFRAGE PAPPAS: Sie sprechen von Hoffnung. Betrachten Sie das also nicht als endgültige Tatsache?

STS SEIBERT: Ich glaube, Sie wollen jetzt sehr interpretieren. Ich habe nachdrücklich begrüßt, dass es zu dieser Vereinbarung gekommen ist, aber wir müssen doch auch der Tatsache ins Auge sehen, dass da jetzt noch mehrere Schritte zu gehen sind. Unsere Hoffnung ist, dass diese Vereinbarung bald unterzeichnet wird und dass sie in beiden Ländern ausreichende Unterstützung erfährt. Wir sind überzeugt: Darin liegt für beide Seiten ein historischer Fortschritt.

ADEBAHR: Und wir werden mit beiden Seiten im engen Gespräch bleiben und den Prozess natürlich begleiten. Wenn wir dazu beitragen können, in die richtige Richtung zu gehen diese Umsetzung wird sich ja bis in den Herbst hinziehen , dann stehen wir dazu natürlich sehr gern bereit. Die Gespräche beginnen auch morgen schon mit dem Außenminister. So gehen wir voran.

FRAGE: An das Außenministerium zu dem geplanten Treffen von Herrn Maas mit dem mazedonischen Außenminister: Haben Sie etwas zum Inhalt der Gespräche gesagt? Ich war jetzt nicht von Anfang an da und weiß nicht, ob sie dazu schon etwas gesagt haben.

ADEBAHR: Ich habe kurz gesagt, dass es natürlich um die aktuelle Namensfrage und natürlich auch um weitere Entwicklungsperspektiven für Mazedonien gehen wird. Alle diese Themen werden morgen zur Sprache kommen.

ZUSATZFRAGE: Wird es auch eine Presseerklärung der beiden geben, und wenn ja, um wie viel Uhr?

ADEBAHR: Es wird eine gemeinsame kurze Pressekonferenz geben. Die genaue Uhrzeit teilen wir nachher noch in einem Ticker mit.

FRAGE HELLER: An das Auswärtige Amt zum Mordfall Susanna: Laut Berichten gab es eine Protestnote der irakischen Regierung in Verbindung mit der Auslieferung des mutmaßlichen Täters. Ist Ihnen da irgendetwas vonseiten der irakischen Regierung zugegangen, ist Ihnen eine Protestnote zugegangen?

ADEBAHR: Wir haben die Presseberichte über eine Äußerung des Sprechers des Außenministers war das wohl gesehen. Uns ist keine Note zugegangen, und auch die irakische Seite in Bagdad ist bisher nicht für ein Gespräch zu diesem Fall auf uns zugegangen. Wenn das der Fall sein sollte, dann stehen wir natürlich zu Gesprächen bereit. Bisher ist es nicht so.

FRAGE JESSEN: An das BMI: Worin bestand oder besteht eigentlich die Rechtsgrundlage für den Auslandseinsatz der Bundespolizei? Sie haben ja nachgereicht, dass der Minister von Herrn Romann darüber informiert wurde und ihn dabei auch der Rechtmäßigkeit der Aktion versichert habe. Worin bestand oder besteht also die Rechtsgrundlage im Bundespolizeigesetz über diesen Auslandseinsatz?

PETERMANN: Ich möchte ganz gern die Gelegenheit nutzen, mich noch einmal dafür zu entschuldigen, dass ich Ihnen am Montag eine falsche Information weitergegeben habe falsch insoweit, als ich einen anderen Kenntnisstand hatte, was sicherlich der Situation des Wochenendes geschuldet war. Es ist in der Tat so, dass der Minister in Erbil, aus Erbil heraus durch Herrn Romann informiert wurde. Zu der weiteren Frage, die gestellt wurde: Es fand dann im Anschluss auch ein Telefonat zwischen Herrn Romann und dem zuständigen Staatssekretär statt. Gestatten Sie mir, dass ich das auch noch sage: Es handelte sich um einen Linienflug, und zwar sowohl bei der Hinfahrt wie auch bei der Rückfahrt.

Zu der Frage nach der Rechtmäßigkeit der Maßnahme: Das ist ein wichtiger Punkt. Der Minister hat sich in dem Gespräch mit Herrn Romann versichern lassen, dass diese Maßnahme rechtmäßig sei das ist ein ganz entscheidender Punkt , und Herr Romann hat ihm das bestätigt. Hintergrund bzw. Grundlage ist die Tatsache, dass es sich um eine Abschiebung von Erbil nach Deutschland handelt. Die Abschiebung erfolgte in Verantwortung der regionalen kurdischen Behörden im Nordirak. Die Bundespolizei ist dabei zuständig für die Abschiebung von Personen aus dem Ausland nach Deutschland im Zusammenhang mit der grenzpolizeilichen Bearbeitung und Annahme bezüglich der abzuschiebenden Personen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Da Sie gesagt haben, es sei sowohl die telefonische Unterrichtung des Ministers erfolgt als auch weiterhin Gespräche mit dem Staatssekretär: Das bedeutet, es gab vorab keine Absprache, Genehmigung, Beauftragung durch Führungsebenen des Ministeriums, sondern dann nur sozusagen im Verlauf der Durchführung keine Vorab-Absprache?

Zweitens. Meine Frage war ja: Worin besteht die Rechtsgrundlage für einen Auslandseinsatz? Denn es war ja ein Einsatz auf ausländischem Territorium, in ausländischem Rechtsgebiet, und wenn ich das Bundespolizeigesetz richtig gelesen habe, sind Auslandseinsätze nur dann zulässig, wenn dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, wie etwa das Ins-Benehmen-Setzen mit dem Auswärtigen Amt. Das hat ja nach dem, was wir hier vor zwei Tagen gehört haben, alles nicht stattgefunden. Welcher Paragraf des Bundespolizeigesetzes bietet hier also die Rechtsgrundlage?

PETERMANN: Ich kann Ihnen jetzt keinen Paragrafen nennen, aber ich kann Ihnen sagen, dass die kurdischen Behörden den Beschuldigten abschieben wollten. Er wurde von den kurdischen Behörden ins Flugzeug gesetzt, und die Bundespolizei war zum Schutze des Luftverkehrs, zum Schutze der Luftsicherheit der übrigen Personen, die sich an Bord befunden haben, anwesend. Nach der Landung in Frankfurt am Main wurde der Beschuldigte dann durch die Bundespolizei den dortigen hessischen Behörden zugeführt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das beantwortet aber eigentlich nicht die Frage, da Herr Romann und die anderen Polizisten ja sozusagen nach deutschem Recht eingesetzt wurden oder sich selbst eingesetzt haben. Welches war die Rechtsgrundlage ihres Tätigwerdens im Ausland? Das war ja, wie Sie selbst gesagt hatten, am Montag nicht nur die Herstellung der Sicherheit, sondern es hat so sagten Sie eine Untersuchung durch eine Polizeiärztin stattgefunden. Das sind ja, wenn man so will, weitere polizeiliche Aufgaben. Welches war die deutsche Rechtsgrundlage dafür?

PETERMANN: Es handelte sich um präventivpolizeiliche Maßnahmen im Vorfeld zur Herstellung der Luftsicherheit. Dafür ist die Bundespolizei zuständig.

FRAGE DIEKMANN: Wenn ich das noch einmal richtig zusammenfasse: Es gibt kein Auslieferungsabkommen zwischen Deutschland und dem Irak. Ich habe hier eine Mail aus dem Bundesjustizministerium, in der wörtlich erklärt wird: „Wenn die zuständige Staatsanwaltschaft, in diesem Fall Deutschland, einen Haftbefehlt erwirkt und ein Auslieferungsersuchen stellt, wird dieses über das Bundesamt für Justiz und das Auswärtige Amt an die Botschaft des Irak geleitet. Diese leitet das Ersuchen an die staatlichen Stellen im Irak weiter.“

Das wäre in dem Fall ja nicht die kurdische Zentralregierung, sondern die irakische Regierung. Das ist ja nicht passiert. Deswegen muss ich mich auch noch einmal anschließen und fragen: Was war da die Rechtsgrundlage?

PETERMANN: Möchten Sie etwas dazu sagen, Herr Kall? Ich glaube, Sie haben das am Montag auch schon gesagt, aber vielleicht wollen sie es wiederholen.

KALL: Gerne, ja. Ich habe am Montag versucht, den Unterschied zwischen einer Auslieferung und einer Abschiebung zu erläutern. Ein Auslieferungsverfahren mit einem Auslieferungsersuchen Deutschlands an den Irak, hat es nicht gegeben. Ein solches ist bei der Landesjustiz in Hessen vorbereitet worden, aber das ist nie an den Irak gestellt worden. Insofern gab es kein Auslieferungsverfahren und insofern kann das Bundesjustizministerium da auch keine rechtliche Beurteilung vornehmen, weil es um allein polizeiliche Maßnahmen ging, die die Bundespolizei durchgeführt hat, und damit im Verantwortungsbereich des BMI liegt.

ZUSATZFRAGE DIEKMANN: Dann noch eine Nachfrage an Herrn Seibert und an Frau Petermann: Sollte es jetzt trotzdem weiterhin Zweifel an dieser Auslegung geben und das Auswirkungen auf den Prozess gegen Ali B. haben, wie geht die Bundesregierung dann damit um?

STS SEIBERT: Mit dem Verfahren sind jetzt erst einmal die hessischen Polizeibehörden und die hessischen Justizbehörden befasst. Den weiteren Fortgang sollten wir abwarten, anstatt zu spekulieren.

PETERMANN: Das sehe ich auch so. Es wurde ja auch von dem Richter, der die Untersuchungshaft angeordnet hat, kein Zweifel an der Rechtmäßigkeit gesehen.

FRAGE GEBAUER: Frau Petermann, vielleicht noch eine kleine Protokollnotiz: Sie haben sich gerade für die Falschinformation entschuldigt; das nehmen wir sicherlich alle an. Ich muss aber ganz ehrlich sagen: Wenn Sie als Ministerium mehr als 24 Stunden brauchen, um so eine einfache Frage, nämlich ob, wann und wie der Minister unterrichtet wurde das war hier am Montag zehn Minuten oder eine Viertelstunde lang Thema , sozusagen in der Nachlieferung zu beantworten, dann wirkt das irgendwie befremdlich. Das ist ja nun eine ganz einfache Frage, zu der man auch am Montag schon die Antwort hätte nachreichen können. Aber gut, es ist so gelaufen, wie es gelaufen ist; ich wollte es nur einmal sagen, weil das für die Berichterstattung einfach schwierig ist. Sie haben das ja selber gelesen: Am Dienstag war die Berichterstattung dadurch einfach im Kern irgendwie falsch, und das ist letztlich misslich gelaufen.

Trotzdem noch einmal zwei Fragen: Sie haben es in Ihrer Nachlieferung so dargestellt, als ob es eine Initiative der kurdischen Regionalregierung gab, diesen Mann abzuschieben. Wer hat diese Initiative eigentlich an wen in Deutschland herangetragen? Denn auch das ist ja ein ungewöhnlicher Vorgang. Normalerweise würde man annehmen, dass die kurdische Regionalregierung sich vielleicht beim Generalkonsulat bzw. beim Auswärtigen Amt meldet, aber nicht zwingend gerade beim Bundespolizeipräsidenten, der für diese Frage erst einmal überhaupt nicht zuständig ist. Die Frage ist also: Wer hat diese Initiative an Deutschland kommuniziert, und wann ist das geschehen?

PETERMANN: Wenn Sie so Spitz auf Knopf fragen, dann kann ich Ihnen das nicht sagen, weil ich dazu keine Informationen habe. Ich könnte nur mutmaßen, und das möchte ich an dieser Stelle nicht machen.

ZUSATZ GEBAUER: Dann muss ich leider auch in diesem Fall um eine Nachlieferung bitten, natürlich auch verbunden mit der Bitte, dass sie noch heute stattfindet.

PETERMANN: So schnell als möglich.

ZUSATZFRAGE GEBAUER: Wenn ich noch eine Zusatzfrage stellen darf: Inwieweit waren bei dieser gesamten Kommunikation, die es da zwischen Erbil und Berlin zwischen wem auch immer gegeben hat, Behörden des Bundeskanzleramts involviert?

STS SEIBERT: Dazu kann ich Ihnen keine Angaben machen.

ZUSATZ GEBAUER: Auch da würde ich um eine Nachlieferung bitten, auch wenn sie nur ist, dass die entsprechenden Gremien des Bundestages dann darüber unterrichtet werden.

FRAGE GIRSCHICK: Gegen den Bundespolizeipräsidenten Romann wurde ja Anzeige wegen Entführung erstattet. Was sagt denn das BMI dazu? Sieht es irgendeinen Handlungsbedarf?

PETERMANN: Dazu kann ich nicht Stellung nehmen. Ich kenne die Anzeige nicht, ich kenne die Inhalte nicht; das möchte ich an dieser Stelle nicht tun.

FRAGE JESSEN: An das Auswärtige Amt: Frau Adebahr, das Bundespolizeigesetz sieht ja vor, dass bei Auslandseinsätzen der Bundespolizei und das war einer zwingend ein Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt über den Einsatz hergestellt werden muss. Hat es eine solche Einvernehmensherstellung gegeben?

ADEBAHR: Ich kann Ihnen sagen, dass am Freitag, dem 8. Juni, das BKA das AA um Zustimmung zur Bewilligung der internationalen Ausschreibung zur Festnahme nach dem üblichen Verfahren was das übliche Verfahren gewesen wäre gebeten hat. Seit diesem Zeitpunkt und darüber hinaus hat es keine Bitte der Innenbehörden an uns gegeben, irgendwie weiter in dieser Sache tätig zu werden.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das bedeutet, für den Einsatz und Ablauf, wie er konkret im Ausland stattgefunden hat, gab es kein Einvernehmen, keine Einverständniserklärung seitens des Auswärtigen Amtes gegenüber dem BMI?

ADEBAHR: Das ist korrekt.

FRAGE WONKA: Frau Adebahr, Frau Petermann, wann erfahren deutsche Stellen, dass Abzuschiebende aus dem Ausland auf dem Weg nach Deutschland sind? Bei Eintreffen des Flugzeuges in Deutschland, bei Betreten des Flugzeuges im Ausland? Welche Regeln gibt es dafür?

PETERMANN: Ich kann Ihnen dazu jetzt keine Regelungen nennen und würde das nachreichen.

ZUSATZFRAGE WONKA: Da ginge es mir dann insbesondere auch um die Frage: Ist es Pflicht, ist es Usus, dass Abschiebungen vorab angekündigt werden, sodass sich deutsche Behörden darauf einstellen können? Ich kann mir schlecht vorstellen, dass Abzuschiebende in ein Flugzeug gesetzt werden und dann, wenn sie in Frankfurt aussteigen und kontrolliert werden, sagen „Ich bin abgeschoben“ und verhaftet werden, und wenn nicht, können sie weitergehen. So ein Verfahren kann ich mir schlicht nicht vorstellen. Das heißt, die Provinzregierung im Nordirak müsste doch eine Behörde möglicherweise die Bundespolizei informiert haben „Morgen, in dem Flieger, sitzt jemand“, und daraufhin hat sich die Bundespolizei dann in Bewegung gesetzt. Das ist der Hintergrund meiner Frage. Vielleicht können Sie das noch einmal erklären?

PETERMANN: Ich würde gerne noch eine Nachlieferung auf die Frage von Herrn Jessen zur Rechtsgrundlage für die präventivpolizeilichen Maßnahmen geben: Ich habe gerade die Information bekommen, dass sich das nach § 4a Bundespolizeigesetz richtet.

FRAGE GIRSCHICK: Von irakischer Seite heißt es ja, es sei rechtswidrig und in der irakischen Verfassung nicht vorgesehen, dass Staatsbürger abgeschoben werden. Wie bewertet das Auswärtige Amt diese Rechtsgrundlage und die Tatsache, dass der Mann trotzdem abgeschoben wurde? Ist das eine innerirakische Angelegenheit, oder wie ist das?

ADEBAHR: Wie gesagt, wir haben zur Kenntnis genommen, dass es wohl diese Äußerung gab. Bisher ist die irakische Seite nicht auf uns zugegangen, um über diesen Fall zu sprechen. Insofern: Wenn sie das tun wollte, dann wären wir natürlich gesprächsbereit.

FRAGE JESSEN: Frau Petermann, § 4a setzt ja nicht § 8 desselben Gesetzes außer Kraft. In dem ist eben geregelt, dass solche Auslandseinsätze nur nach erfolgtem Einverständnis bzw. nach erfolgter Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt erfolgen dürfen. Daher noch einmal die Frage: Wenn der eine Paragraf gilt und eingehalten wurde, warum dann nicht der andere auch?

PETERMANN: Für präventivpolizeiliche Maßnahmen ist die Bundespolizei immer zuständig, erst recht an Bord eines deutschen Linienflugzeuges.

ZUSATZ JESSEN: Aber, mit Verlaub, es war ein Auslandseinsatz. Nach einer Auskunft, die die Bundesregierung selbst gegenüber dem Bundestag gegeben hat, ist es für Einsätze an Bord von Flugzeugen anders als bei Schiffen nicht so, dass man auf deutschem Territorium handelt, sondern es gilt das Recht des Gebietes, in dem das Flugzeug sich aufhält. Es war also ein Einsatz auf irakischem Staatsgebiet, und dafür wäre nach § 8 zwingend das Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt nötig gewesen. Daran fehlt es doch.

PETERMANN: Herr Jessen, gut, dass Sie mir noch einmal die Gelegenheit geben, das klarzustellen: Es handelt sich um keinen Auslandseinsatz. Vielmehr wurde Ali B. in Verantwortung der kurdischen Sicherheitsbehörden in Erbil an Bord eines deutschen Luftfahrzeugs, eines deutschen Fliegers gebracht und von dort nach Frankfurt geflogen, weil er abgeschoben werden sollte, und die deutsche Bundespolizei war präventivpolizeilich an Bord, um die Luftsicherheit zu gewährleisten. Es war kein Auslandseinsatz.

ZUSATZ JESSEN: Mit Verlaub, Frau Petermann, damit steht diese Aussage im Widerspruch zu dem, was die Bundesregierung im Bundestag erklärt hat, nämlich dass entscheidend das geltende Recht des Gebietes sei, in dem das Luftfahrzeug sich aufhält. Es war irakisches Rechtsgebiet, und damit war es ein Einsatz auf irakischem Staatsgebiet. Was ist das denn anderes als Ausland?

FRAGE HELLER: Ich habe noch eine ganz dumme Frage eines juristischen Laien: Wenn es denn so ist, wie das die irakische Regierung jetzt offenbar feststellt, dass es einen solchen Vorgang der Abschiebung nach der dortigen Verfassung gar nicht geben kann und Sie sagen, Sie seien gesprächsbereit: Ist es theoretisch vorstellbar, dass dieser womöglich unrechtmäßige Vorgang rückabgewickelt wird? Oder ist das jetzt völlig ausgeschlossen?

ADEBAHR: Das ist, glaube ich, eine Frage, die sehr spekulativ ist und die ich an das BMJV abgeben würde.

KALL: Da würde sich mir auch die Frage stellen, wie denn eine solche Rückabwicklung aussehen sollte. Sollte das so aussehen, dass die Bundespolizei sozusagen in den Irak zurückfliegt und dann mit einem Auslieferungsersuchen noch einmal alles von vorne beginnt? Das ist natürlich schwer vorstellbar. Die juristischen Fragen werden sich auch nicht hier in der Bundespressekonferenz klären, sondern im Rahmen des Strafverfahrens, das geführt wird und das ja auch über mehrere Instanzen führen kann. Insofern: Wenn sich juristische Fragen stellen, werden Gerichte diese klären.

FRAGE WONKA: Erste Frage: Herr Seibert, hat sich im Kabinett zufälligerweise jemand für den Masterplan des Herrn Seehofer interessiert?

Zweite Frage: Könnten Sie mir netterweise sagen, seit wann die Bundeskanzlerin die 63 Punkte des Herrn Seehofer in seinem Masterplan zur Kenntnis genommen hat?

STS SEIBERT: Erste Antwort: Dieses Thema war heute keines im Bundeskabinett.

Zweite Antwort: Die Bundeskanzlerin und der Innenminister sind natürlich seit geraumer Zeit in laufenden Gesprächen über diesen sogenannten Masterplan. Ich kann Ihnen hier nicht sagen, an welchem Punkt genau welcher Punkt davon besprochen wurde. Die Kanzlerin hat sich gestern ja sehr klar geäußert; sie findet den sogenannten Masterplan des Innenministers als eine Zusammenstellung all dessen, was wir innenpolitisch, außenpolitisch, europapolitisch auf diesem Gebiet der Migrationspolitik brauchen und anstreben, ausgesprochen wichtig. Zu einem der Punkte in diesem Masterplan gibt es noch Gesprächsbedarf, und die Bundeskanzlerin und der Innenminister habe beide ihrer Fraktion gestern erklärt, dass über diesen Punkt noch weiter beraten wird. Diese Gespräche bitte ich abzuwarten.

ZUSATZFRAGE WONKA: Herr Seibert, haben Sie irgendeinen Grad der Beunruhigung bei Ihrer Kanzlerin festgestellt, als in der gestrigen Debatte in der Unionsfraktion kein CDU-Politiker und kein CSU-Politiker die Position der Bundeskanzlerin in der Debatte, im Streit um den einen von 63 Punkten eingenommen hat, sondern alle entweder neutral waren oder sich aufseiten von Herrn Seehofer versammelt haben? In welcher Form beeinflusst das das weitere politische Handeln der Kanzlerin?

STS SEIBERT: Herr Wonka, ich bin hier nicht für die Einschätzung nicht öffentlich tagender Fraktionssitzungen zuständig

ZURUF WONKA: Sie waren doch dabei!

STS SEIBERT: und nehme deswegen jetzt auch keine Einschätzung vor. Ich habe Ihnen die Haltung der Bundeskanzlerin zu dem Masterplan erklärt, die grundsätzlich sehr unterstützend ist. Sie hält ihn für wichtig. Es gibt den einen Punkt, über den noch weiter beraten wird. Das ist der Fraktion gestern von beiden auch so mitgeteilt worden.

Die Haltung der Bundeskanzlerin darüber hinaus ist bekannt. Sie hat sie gestern nach dem Gespräch mit Bundeskanzler Kurz noch einmal gesagt. Wir müssen die migrationspolitische Aufgabe, die sich uns allen gemeinsam in Europa stellt, auch gemeinsam und mit europäischem Vorgehen lösen.

FRAGE DIEKMANN: Eine Frage an Frau Petermann: Gestern Abend gab es in Köln eine Festnahme. Ein Tunesier ist, glaube ich, immer noch festgenommen. Dort soll Sprengmaterial gefunden worden sein. Ist das richtig?

PETERMANN: Dazu kann ich nichts sagen. Dazu müssten Sie beim zuständigen Land Nordrhein-Westfalen nachfragen.

ZUSATZ DIEKMANN: Okay. Dann können Sie meine weiteren Fragen auch nicht beantworten, oder?

PETERMANN: Nein.

FRAGE GIRSCHICK: Eine Frage an das Auswärtige Amt: Der Bundestag hat im Zusammenhang mit der sogenannten Colonia Dignidad und Chile vor einem Jahr beschlossen, dass die Bundesregierung bis Ende Juni 2018 ein Konzept für Hilfeleistungen für Opfer der Colonia vorlegen soll. Es geht um einen Hilfsfonds und um kriminaltechnische Unterstützung bei der Ermittlung in Chile.

Wie weit ist das Konzept, und welche konkreten Hilfeleistungen werden angeboten, da jetzt Ende Juni naht?

ADEBAHR: Es ist richtig, dass wir bis Ende Juni aufgefordert sind, ein Hilfskonzept vorzulegen. Wir arbeiten daran; die Arbeiten daran laufen. Ich möchte um Verständnis dafür bitten, dass ich angesichts der laufenden Arbeiten und vor Übermittlung an den Bundestag noch nicht zu den konkreten Inhalten, die sich darin wiederfinden werden, Stellung nehmen kann.

Grundsätzlich ist es richtig, dass wir natürlich ein großes Interesse an der Aufklärung der Vergangenheit der Colonia Dignidad haben. Die chilenische Seite hat in der gemischten Kommission und auch gegenüber der Justizdelegation das war in Chile im April zum Beispiel um kriminaltechnische Unterstützung gebeten. Wir prüfen das, wir prüfen andere Sachen, und wir sind dabei, genaue Angaben dazu, was konkret benötigt wird, wie wir am besten unterstützen können und wo es am sinnvollsten ist, tätig zu werden, mit der chilenischen Seite aufzunehmen. Dieser Abstimmungsprozess läuft. Wir hoffen, dass wir Ende Juni so weit sind.

FRAGE HELLER: Ich habe eine Frage an das Bundesverkehrsministerium. Es geht noch einmal um den Fall Daimler in Verbindung mit Abschalteinrichtungen für Abgasreinigungsanlagen. Der Minister hat in der Vergangenheit von der theoretischen Möglichkeit gesprochen, Bußgelder gegen Daimler zu verhängen. Ich meine, eine Summe in Höhe von 5000 Euro pro Fahrzeug war dafür im Gespräch.

Ist die Möglichkeit, Bußgeld von Daimler zu verlangen, nach Montag inzwischen vom Tisch, oder ist das als theoretische oder auch praktische Möglichkeit immer noch virulent?

STRATER: Ich kann dazu nur so viel sagen, dass am Montag das besprochen worden ist, was wir am Montagabend kommuniziert haben, dass nämlich für deutschlandweit 238 000 Dieselfahrzeuge von Daimler wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen unverzüglich ein amtlicher Rückruf angeordnet wird. Europaweit sind davon 774 000 Fahrzeuge betroffen. Alles Weitere haben Sie ja der Kommunikation entnommen.

Zum Thema Ordnungsgeld: Über das Thema Ordnungsgeld ist bei dem Treffen am Montag zwischen dem Minister und Daimler-Chef Zetsche nicht gesprochen worden.

ZUSATZFRAGE HELLER: Wenn nicht darüber gesprochen wurde, ist das Thema aber noch nicht vom Tisch. Folgere ich das richtig?

STRATER: Was entschieden worden ist, das haben wir kommuniziert. Worüber nicht gesprochen worden ist, dazu haben wir noch nichts gesagt.

FRAGE JESSEN: Eine Frage an das BMU: Steht eigentlich noch die Forderung, dass Sie technische Nachrüstungen, und zwar zu Lasten der Hersteller von Dieselfahrzeugen, für geboten, möglich und zumutbar halten? In jüngerer Vergangenheit sind von der Bundeskanzlerin ja Zweifel an der Möglichkeit solcher Maßnahmen geäußert worden.

KÜBLER: Selbstverständlich stehen wir nach wie vor dazu. Die Softwareupdates reichen nicht aus, um die Luftverbesserung herbeizuführen. Die Ministerin hat jüngst einen Vorschlag gemacht, der es vielleicht auch den beteiligten Partnern sowohl in der Industrie als auch in der Regierung leichter macht, den technischen Nachrüstungen zuzustimmen, nämlich einen Stufenplan, nach dem zuerst in den am stärksten belasteten Städten geschaut wird, wie viele Fahrzeuge dort im Umkreis sind, wie viele Pendler in diese Städte fahren.

Das ist vom Volumen her wesentlich weniger als in ganz Deutschland alle Diesel nachzurüsten. Nach unseren Berechnungen würde es bei den 17 am stärksten belasteten Städten umgerechnet 2,9 Milliarden Euro kosten, diese Dieselfahrzeuge nachzurüsten. Technisch ist das längst machbar. Es gibt solche zusätzlichen technischen Nachrüstsets. Der ADAC und andere haben auch nachgewiesen, dass dies sowohl finanziell als auch zeitlich machbar ist.

Wir fordern dies weiterhin. Ich denke, dabei wird es auch Bewegung geben müssen. Denn die Luftreinhaltung ist unser Ziel. Wenn sie nicht kommt und sie kann nur über technische Nachrüstung erfolgreich verlaufen , dann wird es weitere Fahrverbote geben. Wir haben sie in Hamburg. Wir werden sie bald in Aachen haben. Weitere Städte folgen. Das kann nicht Ziel von irgendjemandem sein.

STRATER: Herr Jessen, Sie haben mich zwar nicht gefragt, aber vielleicht kommt das jetzt noch.

ZURUF JESSEN: Das hätte ich jetzt getan!

STRATER: Ich möchte zu dem Thema nicht das Altbekannte sagen, was wir immer dazu gesagt haben. Wir haben rechtliche, technische und auch finanzielle Bedenken bei dem Thema.

Ich möchte nur noch einen Aspekt erwähnen, der in der Debatte viel zu selten erwähnt wird, und zwar ist das das Thema CO2-Ausstoß. Ein Auto mit Hardwarenachrüstung verbraucht mehr Kraftstoff. Das können Sie in allen wissenschaftlichen Untersuchungen, die wir auch auf unserer Homepage haben, nachlesen. Das ist übrigens auch bei den ADAC-Tests nachgewiesen worden. Mehr Kraftstoffverbrauch bedeutet mehr CO2-Ausstoß. Aber es kann doch nicht Sinn der Sache sein, dass wir eine Lösung anstreben, die mehr CO2-Ausstoß und damit einen CO2-Anstieg zur Folge hat. Wir reden hier über Klimaschutzpläne und darüber, wie es uns gelingen kann, CO2 zu reduzieren. Eine Hardwarenachrüstung hat zur Folge, dass wir mehr CO2 ausstoßen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Herr Kübler, das ist, wenn man so will, ein Spiel: CO2 gegen NOx. Haben Sie das in Ihren Berechnungen in ihrem Stufenplan in irgendeiner Form bilanziert? Kann man das?

KÜBLER: Die Zahlen dazu kann ich nicht nennen. Es ist mit Sicherheit eine Summe, die zusammenkommt. Es ist bei den CO2-Berechnungen aber nicht so eklatant, wie wir sie jetzt zum Beispiel bei der Klimaschutzlücke haben, die wir im heutigen Klimaschutzbericht dargestellt haben. Da waren wir von einer CO2-Einsparung in Höhe von insgesamt bis zu 10 Millionen Tonnen im Verkehrsbereich ausgegangen, prognostiziert bis 2020, und wir werden maximal vielleicht um die zwei Millionen Tonnen einsparen. Das ist jetzt schon die Summe, die wir haben. Die CO2-Emissionen, die noch dazukämen, wenn man jetzt vom Diesel auf den Benziner ausweicht, werden nicht eklatant zu Buche schlagen.

Wir haben auch immer gesagt: Es geht nicht darum, das eine gegen das andere auszuspielen. Auch der Diesel soll eine Zukunft haben. Das kann er, die Technik gibt es. Die neuen 6d sind auf der Straße. Sie müssen bloß eine größere Marktdurchdringung erreichen. Gleichzeitig fördern wir verschiedentlich sowohl im Pkw-Bereich als auch im Lkw-Bereich die Elektromobilität, alternative Antriebe. Wir haben ein Paket auf dem Tisch, das jetzt auch EU-weit besprochen werden soll und in dem es um CO2-Grenzwerte geht. Sie sind ambitioniert. Dazu stehen wir weiter. Ich hoffe, dass sich in der Regierung dazu auch noch eine Meinung bildet, die zu ambitionierten Zielen führt. Auch da würden wir dann solche Differenzen zwischen Diesel- und Benzinemissionen wieder auffangen.

FRAGE DR. DELFS: Ich habe eine Frage zum Handelsstreit mit den USA. Herr Seibert, die Kanzlerin hat gestern Abend bei einer Veranstaltung hier in Berlin gesagt, dass das Argument, dass Europa einen Handelsüberschuss hat, im Grunde genommen, auf der Tatsache beruht, dass die Dienstleistungen nicht mit einberechnet würden. Wenn man sie einberechnete, dann hätten in Wirklichkeit die USA einen Handelsüberschuss.

Können Sie kurz sagen, woher die Kanzlerin die Zahlen hat? Wenn Sie das sagen, könnten Sie dann vielleicht auch sagen, was die Zahlen eigentlich sind, die das Kanzleramt dazu hat? Das ist vielleicht eine Frage auch an Frau Alemany.

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen jetzt hier keine Zahlen präsentieren. Das Thema, das Sie ansprechen, ist vielfach publizistisch bearbeitet worden. Ich könnte Ihnen eine ganze Reihe von Artikeln dazu nennen. Aber natürlich hat die Kanzlerin auch Zahlen. Ich habe sie, wie gesagt, hier nicht dabei.

Richtig ist aber: Die Handelsbilanz ist nur eine von mehreren Komponenten der Leistungsbilanz. Eigentlich ist es zielführender, sich die gesamte Leistungsbilanz anzuschauen, also nicht nur auf den Warenhandel zu schauen, sondern zum Beispiel auch auf die Bilanz bei Dienstleistungen und bei den sogenannten Primär- und Sekundäreinkommen. Dann ergibt sich ein anderes Bild. Bei allen Komponenten der Leistungsbilanz außer dem Warenhandel haben nämlich die USA im Verhältnis zur Europäischen Union Überschüsse. Das ändert natürlich die Gesamtbetrachtung, und zwar durchgehend schon seit vielen Jahren.

Aber dessen ungeachtet: Wir würden gern beiderseits Handelshemmnisse abbauen. Dafür werden wir uns deswegen auch weiterhin einsetzen für offene Märkte und für freien Handel.

ALEMANY: Ich kann eigentlich nur unterstreichen, was Herr Seibert schon gesagt hat. Wir hatten das Thema des Leistungsbilanzüberschusses schon häufig hier an dieser Stelle. Wie Sie wissen, hängt das von der Qualität der Produkte ab. Es hängt von der Wettbewerbsfähigkeit der unterschiedlichen Industrien in den Ländern ab. Die Ehrlichkeit gebietet eigentlich, zu schauen, welche Währungsräume man betrachtet. Spricht man von dem Währungsraum Europa oder von Deutschland als Teil davon? Denn dann muss man den Währungsraum Europa mit dem Währungsraum USA vergleichen und nicht zum Beispiel einzelne Bundesstaaten miteinander.

Wie Herr Seibert schon sagte, hat die EU einen Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA, wenn man Waren und Dienstleistungen zusammen nimmt. Aber beim Leistungsbilanzsaldo haben die USA einen Überschuss gegenüber der EU. Ich kann ihn Ihnen auch beziffern: Im Jahr 2017 betrug er 14 Milliarden US-Dollar.

Man muss immer genau betrachten, worüber man spricht. Bei der Leistungsbilanz werden alle Zahlungsströme in den Bereichen Waren, Dienstleistungen, Primäreinkommen das sind auch Überschüsse und Umsätze der Firmen und Tochterfirmen und Sekundäreinkommen mit einberechnet. Waren und Dienstleistungen werden zur Handelsbilanz zusammengefasst. Sie allein ist aber nicht aussagekräftig, wenn es um wirtschaftliche Beziehungen zueinander geht. Denn darin sind die Primäreinkommen nicht enthalten. Das betrifft wenn wir über Dienstleistungen reden, zum Beispiel die großen Digitalkonzerne, die sehr viele Gewinne machen. Diese wären darin nicht enthalten.

Insgesamt ist diese Debatte, wenn man sie verkürzt führt, also nicht wirklich zielführend. Herr Seibert hat schon ausgeführt, dass wir ja im Gespräch mit den Amerikanern sind, um die Handelshemmnisse, die bestehen, und mögliche Ungleichgewichte oder unfaire Aspekte so es sie denn gibt gemeinsam erörtern und abstellen zu können.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Eines verstehe ich nicht ganz. Die Debatte über Handel läuft jetzt, meine ich, eigentlich schon über ein Jahr. Wenn ich mich recht entsinne, war damals noch Wilbur Ross auf dem letzten Wirtschaftstag der CDU und hat dort einen längeren Beitrag gehalten. Ich verstehe nicht, warum die Bundesregierung eigentlich erst jetzt auf die Idee kommt, dass man sich ja auch einmal die Leistungsbilanz anschauen könnte. Das wirkt ein bisschen so, als ob man jetzt ein bisschen krampfhaft nach Argumenten sucht, mit denen man den US-Präsidenten davon abhalten könnte, Strafzölle auf deutsche Autos oder überhaupt auf Autoimporte einzuführen.

STS SEIBERT: Nein, das möchte ich zurückweisen. Die Bundesregierung hat, seitdem mit der aktuellen Trump-Administration die Diskussion begann, immer dafür geworben, ein etwas breiteres Bild anzusehen. Wir haben immer dafür geworben, dass beispielsweise auch die Investitionen aus Deutschland in den USA, die erheblich höher sind als die amerikanischen Investitionen in Deutschland, mit in das Bild hineinzunehmen sind. Wir haben immer dafür geworben, dass man sich anschauen muss, dass große deutsche Autohersteller große Fabriken in den USA haben, aus denen heraus sie Autos ihrer Marken in alle Welt exportieren. Das alles gehört in das Bild.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, am Montag haben Sie gesagt, Sie wüssten noch gar nicht, ob die per Tweet vorgenommene Rücknahme der Einverständniserklärung der USA unter der G7-Abschlusserklärung überhaupt tatsächlich in Kraft getreten ist. Wissen Sie das heute? Ist das also nach wie vor eine gemeinsame G7-Abschlusserklärung, oder haben die USA ihre Zustimmung zurückgezogen, sodass es dann eigentlich nur eine G6 ist, also sieben minus eins?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen dazu heute keinen neuen Stand geben. Sie müssten, ehrlich gesagt, die kanadischen Gastgeber, die in diesem Jahr die G7-Präsidentschaft haben, fragen, ob bei ihnen so etwas eingegangen ist.

Nichtsdestoweniger ist mit dem Tweet des US-Präsidenten eine Situation eingetreten, auf die alle auch schon reagiert haben. Unsere Reaktion war wie die vieler G7-Partner die Reaktion, dass wir zu dem stehen, was in Kanada beschlossen wurde.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das ist unbestritten. Die Frage war nur ich dachte, die Bundesregierung hätte auch ein Interesse daran, es selbst zu erfahren und auch zu kommunizieren , ob es nach wie vor eine G7-Abschlusserklärung oder ob es eigentlich eine G6-Abschlusserklärung ist.

STS SEIBERT: Es ist das, was es ist: eine Abschlusserklärung, die im Geiste des Konsenses von allen sieben Gipfelteilnehmern beraten, intensiv bearbeitet und beschlossen wurde und zu der sich der US-Präsident anschließend, als er schon nicht mehr in Kanada war, so geäußert hat, wie er sich geäußert hat.

FRAGE DR. DELFS (zum Handelsstreit mit den USA): Noch einmal zu den Worten der Kanzlerin gestern Abend. Sie hat dort ja auch ihren Vorschlag ein bisschen ausgeführt, den sie ja auch schon in Kanada gemacht hatte, nämlich dass es künftig eine Art Kommunikation zwischen der EU und den USA geben sollte, damit, wie sie sagte, nicht noch einmal einseitig agiert wird. Das bezog sich ja wahrscheinlich auf mögliche Strafzölle auf Autoeinfuhren.

Können Sie kurz erläutern, ob es von der amerikanischen Seite jetzt schon eine Antwort auf diesen Vorschlag gibt? Wenn ich es richtig verstanden habe, dann haben bisher doch alle außer den USA, im Grunde genommen, diesen Vorschlag gutgeheißen. Wie groß ist Ihr Optimismus, dass die USA das auch mitmachen werden? Nach den letzten Tweets des US-Präsidenten hat man ja eher den Eindruck, dass er nicht unbedingt Lust auf große Studien hat, die man hin und her wälzt und studiert. Das alles klingt ja relativ komplex. Der amerikanische Präsident macht, finde ich, eher den Eindruck, dass er ein einfaches Argument bevorzugen würde und nicht so ganz komplexe ökonomische Debatten führen will.

STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin hat sich dazu gestern geäußert. Wir halten es für richtig, dass beide Seiten wenn die Amerikaner es auch tun, dann auch wir Europäer einmal genau analysieren, welche strategische Bedeutung die Automobilindustrie für Europa und für die einzelnen Mitgliedsstaaten hat und wie die Verflechtungen im Sinne der Zulieferketten usw. unter den einzelnen Mitgliedsstaaten sind, und dass wir danach mit den Amerikanern ins Gespräch darüber kommen. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, wie derzeit die amerikanische Reaktion darauf ist. Aber es wird ja auf beiden Seiten an diesen Studien auch erst gearbeitet.

FRAGE: Die türkischen Medien berichten heute, dass der Drahtzieher des Putschversuchs in der Türkei vor zwei Jahren in Berlin oder in Deutschland gesehen wurde. Fahnden die deutschen Behörden nach Adil Öksüz, dem Drahtzieher des Putschversuchs? Der Außenminister a. D. hat Anfang des Jahres gesagt, falls ausreichend Beweise gegen Öksüz vorliegen würden, würden die deutschen Behörden aktiv werden.

ADEBAHR: Im Gespräch mit der türkischen Seite ist das natürlich Thema gewesen. Die Aussage, die Herr Gabriel damals getätigt hat, steht so. Ich denke, auch die grundsätzliche Aussage steht weiterhin so. Aber ob es konkret eine aktuelle Entwicklung gibt, vermag ich nicht zu sagen.

ZUSATZFRAGE: Vielleicht das Innenministerium?

PETERMANN: Nein, ich habe keine Information dazu.

ZUSATZFRAGE: Der „SPIEGEL“ hat in der aktuellen Ausgabe berichtet, dass die Bundesregierung eine Neubewertung der Gülen-Bewegung durchführt. Macht die Bundesregierung eine neue Bewertung? Haben Sie Erkenntnisse, die Sie uns vielleicht mitteilen können?

ADEBAHR: Wie Sie wissen, kommentieren wir Berichterstattung es handelte sich um einen mutmaßlichen vertraulichen und internen Bericht der Botschaft nicht. Das würde ich hier auch nicht tun.

Ich kann Ihnen sagen, dass sich die Bundesregierung und auch das Auswärtige Amt bei der Bewertung der Gülen-Bewegung wie aller Vorgänge in der Türkei auf verschiedene Quellen stützen. Dazu gehören natürlich Berichte der Botschaft. Dazu gehören türkische Quellen und Informationen unserer Partner. Es gehören auch nachrichtendienstliche Informationen dazu. In der Gesamtschau aller uns vorliegenden Informationen können wir nicht ausschließen, dass Mitglieder der Gülen-Bewegung am Putschversuch in der Türkei beteiligt waren.

FRAGE JÖRGES: Ich möchte noch einmal auf den Masterplan zurückkommen und die Frage an das Justizministerium stellen: Wie beurteilen Sie eigentlich die Möglichkeit der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze? Müsste sich die Ministerin nicht vor diesem Hintergrund in die Diskussion über dieses Thema öffentlich einbringen, oder sind Sie der Meinung, dass dieses Thema nach den Machtinteressen innerhalb der Union allein von Kanzlerin und Innenministerium geklärt werden darf?

KALL: Wir können und wir werden das erst beurteilen, wenn uns konkrete Gesetzentwürfe und ein konkreter Masterplan vorliegen. Wie Sie wissen, ist das noch nicht so. Entsprechend konnte das Bundesjustizministerium auch noch keine Entwürfe des BMI prüfen, weil sie uns schlicht noch nicht vorliegen.

ZUSATZFRAGE JÖRGES: Das finde ich jetzt ein bisschen elegant aus der Affäre gezogen. Diesen Entwurf kennt in der endgültigen Fassung auch das Kanzleramt noch nicht. Sie müssen doch eine Meinung haben, unter welchen Bedingungen Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden können. Abstrakt betrachtet: Was ist möglich und was nicht?

KALL: Ich kann Ihnen hier keine abstrakte Beurteilung anbieten. Es kommt wirklich darauf an, wie das in den Entwürfen des BMI konkret gefasst wird, und die liegen uns noch nicht vor. Zuständig für diesen gesamten Bereich ist das Bundesinnenministerium. Insofern müssten Sie auch zu den rechtlichen Beurteilungen primär das Bundesinnenministerium fragen. Wir werden das prüfen, sobald uns Entwürfe vorliegen.

ZUSATZFRAGE JÖRGES: Der Passus des europäischen Asylrechts, auf den sich die Diskussionen beziehen, ist ja lange bekannt. Ihn gibt es seit Jahren. Wie interpretiert ihn das Bundesjustizministerium?

KALL: Wie gesagt, kann ich Ihnen hier keine abstrakte rechtliche Beurteilung

ZURUF JÖRGES: Er liegt vor! Das ist Dublin III! Wie interpretieren Sie die Möglichkeit, nach Dublin III Flüchtlinge zurückzuweisen?

VORS. FELDHOFF: Herr Jörges, Sie müssen sich deswegen doch nicht aufregen. Das lohnt sich nicht.

KALL: Ich kann Ihnen auch zur Dublin-III-Verordnung hier keine abstrakte Rechtsauslegung des Bundesjustizministeriums anbieten, weil für den gesamten Bereich des Migrationsrechtes das Bundesinnenministerium zuständig ist. Dazu müssten Sie meine Kollegin fragen. Wir werden, wie gesagt, Entwürfe mitprüfen, so wie es in der Geschäftsordnung der Bundesregierung vorgesehen ist, sobald sie uns vorliegen.

FRAGE WONKA: Herr Seehofer sagt: Den 63-Punkte-Plan kennen nur er und die Kanzlerin. Seit wann kennt die Kanzlerin den 63-Punkte-Plan in seiner von Seehofer fertiggestellten Form?

STS SEIBERT: Herr Wonka, wenn ich mich recht erinnere, haben Sie die Frage vor einer halben Stunde, als wir das Thema hatten, auch schon gestellt, jedenfalls fast genau so.

VORS. FELDHOFF: Daran erinnere ich mich auch.

STS SEIBERT: Deswegen ist meine Antwort auch fast genau so wie vorhin.

ZUSATZFRAGE WONKA: Was hat die Kanzlerin seitdem unternommen? Wenn sie den Plan in seiner genauen Formulierung kennt und sonst niemand in der Regierung, was hat die Kanzlerin dann seitdem unternommen, um eine Linie für die Regierung zu finden?

VORS. FELDHOFF: Herr Wonka, dieses Thema hatten wir doch vorhin schon. Wir haben vorhin, vor einer guten halben Stunde, dieses Thema umfassend diskutiert. Herr Jörges hat eben interessanterweise einen neuen Aspekt aufgebracht, deshalb habe ich seine Frage zugelassen. Aber ich möchte ungern, dass wir die ganze Debatte an dieser Frage jetzt neu beginnen.

FRAGE GIRSCHICK: Herr Seibert, zum Thema Fußball-WM gab es offensichtlich noch keine endgültigen Reisepläne von Mitgliedern der Bundesregierung. Daher meine Frage zunächst an Sie: Wird es da eine Abstimmung innerhalb der Bundesregierung geben, wer möglicherweise fährt und wie die Programme gestaltet werden? Was können Sie uns diesbezüglich zu Plänen der Kanzlerin sagen?

Die Frage, ob gefahren wird und wie ein Programm aussehen würde, möchte ich auch an das Auswärtige Amt und an das BMI richten.

STS SEIBERT: Zur Frage einer möglichen Reise der Bundeskanzlerin gilt das, was Sie am Sonntagabend im deutschen Fernsehen gesagt hat. Kann sein.

Zur Frage der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung: Das hatten wir hier schon mehrfach, es wurde sogar schon irgendwie quer durch die Reihen gefragt, wer alles fährt. Ich habe in Erinnerung, dass der Bundesinnenminister, der ja auch Bundessportminister ist, es zumindest für möglich hielt, dass er fährt; ich weiß aber nicht, ob sich das konkretisiert hat. Das hatten wir hier aber bereits relativ ausführlich.

ZUSATZ GIRSCHICK: Aber es hätte sich seitdem ja schon konkretisieren können.

STS SEIBERT: Noch hat das große Turnier nicht begonnen.

ADEBAHR: Herr Maas hat bisher keine Pläne, zu fahren.

PETERMANN: Der Bundesinnenminister möchte gerne fahren, soweit sein Terminkalender es zulässt.

ZUSATZFRAGE GIRSCHICK: Wie sähe das Programm dann im Umfeld aus, mit wem würde er sich möglicherweise jenseits des Fußballstadions auf politischer Ebene treffen?

PETERMANN: Dazu kann ich keine Aussagen treffen, weil keine konkrete Planung vorliegt.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, nur noch einmal zur Klärung: Bezieht sich ihr Satz „Kann sein“ darauf, dass sie generell irgendwann fährt, oder bezieht er sich auf die Frage, ob sie fahren würde, wenn Deutschland in irgendeinem Finale steht?

STS SEIBERT: Wenn ich mich an die Frage von Anne Will am Sonntagabend richtig erinnere, dann lautete die ganz allgemein „Werden Sie dahinfahren?“, und die Antwort war nach meiner Erinnerung „Kann sein“. Ausformuliert bleibt es bei dem, was wir immer gesagt haben, nämlich dass wir Ihnen mögliche Pläne dann bekanntgeben, wenn sie konkret sind.

FRAGE GIRSCHICK: Sollte zum Beispiel der Bundesinnenminister fahren, wird dann innerhalb der Regierung abgestimmt, was er an Programmpunkten jenseits des Fußballstadions noch wahrnimmt?

STS SEIBERT: Ich finde es schwierig, über noch gar nicht beschlossene Reisen nun schon programmatisch zu sprechen. Der Bundesinnenminister wie auch alle anderen wird seine Entscheidung fällen, so das nicht schon geschehen ist, und wird sich das dann im Rahmen seiner Ressortzuständigkeit überlegen.

FELDHOFF: Dann habe ich Herrn Wonka auf der Liste stehen. Herr Wonka, haben Sie noch ein anderes Thema oder wollten Sie noch einmal zum Masterplan fragen?

FRAGE WONKA: Ja, ich wollte Herrn Seibert fragen: Wieso hat die Kanzlerin heute am Integrationsgipfel teilgenommen?

STS SEIBERT: Weil es ich glaube, zum zehnten Mal der sogenannte Integrationsgipfel der Bundeskanzlerin ist. Sie hat im Vorfeld des Gipfels heute Mittag einen Besuch bei einem Fußballverein hier in Berlin, bei Viktoria Mitte, gemacht, der eine beispielgebende Integrationsarbeit für Mädchen und junge Frauen im Bereich von Fußball leistet. Jetzt, während wir hier sitzen, findet der Integrationsgipfel statt. Das ist ihr seit Beginn ihrer Kanzlerschaft ein besonders wichtiges Thema. Sie war es, die die Integrationsstaatsministerin im Bundeskanzleramt angesiedelt hat. Das ist ein wichtiger Punkt unserer gesellschaftlich-politischen Aufgaben.

ZUSATZFRAGE WONKA: Bedauert die Bundeskanzlerin, dass sie Herrn Seehofer nicht begrüßen konnte, sondern dieser nur seinen Staatssekretär geschickt hat?

STS SEIBERT: Ich weiß nicht, ob sie sich dazu bei der Eröffnung des Gipfels geäußert hat. Sie weiß ja nun seit einiger Zeit, dass Herr Seehofer selber nicht teilnehmen wollte, sondern den Parlamentarischen Staatssekretär Wanderwitz schickt. Das wird nichtsdestotrotz ein wichtiger Integrationsgipfel.

ZUSATZFRAGE WONKA: Die Frage war nach dem Bedauern. Dass sie das weiß, wissen wir auch.

STS SEIBERT: Sie hat es zur Kenntnis genommen.

FRAGE AUDINO: Ich habe eine Frage zum Thema Migration an Herrn Seibert: Was ist die Einschätzung der Kanzlerin über die Kooperation zwischen Berlin, Wien und Rom gegen die illegale Migration? Man hat heute von einer neuen Achse Rom-Berlin-Wien gesprochen. Was ist die Einschätzung der Kanzlerin und der Bundesregierung dazu?

STS SEIBERT: Ich weiß nicht, wer von einer Achse gesprochen hat. Wir haben jedenfalls die ganz klare Überzeugung, dass es ich habe vorhin versucht, es zu erklären um gemeinsame europäische Lösungen für eine Herausforderung geht, die uns alle zusammen in Europa angeht. Es geht um Europa, es geht um den Schengen-Raum als den Raum der Freizügigkeit, den jeder Bürger täglich erleben kann. Das steht auf dem Spiel, und daher setzt sich die Bundeskanzlerin mit allen Kräften und in vielen Gesprächen mit europäischen Kollegen für eine einheitliche Antwort der Europäischen Union auf diese Herausforderung ein. Deutschland ist ein großes, ein starkes Land inmitten der Europäischen Union; wir tragen sicherlich eine besondere Verantwortung dafür, dass Europa zusammensteht und zusammen handelt. Dabei ist Italien ein sehr wichtiger Partner. Italien ist aufgrund seiner geografischen Lage sehr stark von der Ankunft großer Zahlen von Flüchtlingen und Migranten betroffen. Unsere Überzeugung ist es, dass kein einzelnes Land mit den Aufgaben, die sich daraus ergeben, alleine gelassen werden sollte. Deswegen unterstützen wir Italien und halten wir Italien für einen wichtigen Partner bei der Suche nach europäischen Lösungen.

FRAGE GEBAUER: Ich habe noch eine Nachfrage an Herrn Seibert zum Integrationsgipfel: Herr Seehofer hat heute gesagt, dass er schon vor langer, langer Zeit er hat es nicht genauer gesagt der Kanzlerin mitgeteilt hat, dass er nicht an dem Integrationsgipfel teilnehmen würde. Können Sie diese lange, lange Zeit vielleicht ungefähr eingrenzen? Sind das zwei Wochen, ist das eine Woche, sind das wenige Tage?

Er hat heute auch einmal sehr konkret gesagt, dass die Absage darauf fuße, dass dort eine Journalistin teilnimmt, die sich in einem Zeitungsbeitrag kritisch mit dem Heimatbegriff, den die CSU vertritt, auseinandergesetzt hat; den hat er auch konkret benannt, am 29. Mai ist der erschienen. Wie bewerten Sie das bzw. wie bewertet man im Kanzleramt, dass ein Minister an so einer Konferenz nicht teilnimmt, weil dort eine unliebsame Medienvertreterin anwesend sein wird, deren Meinung ihm nicht passt das hat er heute ganz offen gesagt , und dass er darauf so eine Absage begründet?

STS SEIBERT: Ich werde das nicht weiter bewerten. Die Bundeskanzlerin hat das, wie ich gesagt habe, zur Kenntnis genommen.

Was den Zeitraum betrifft: Das ist nicht erst seit wenigen Tagen bekannt.

PETERMANN: Ich kann dazu noch sagen, dass in der Tat nicht erst seit wenigen Tagen bekannt ist, dass abgesagt wurde, sondern schon seit geraumer Zeit.

FRAGE AUDINO: Noch ein Nachtrag zu meiner Frage von vorhin zum Thema Migration: Über die Achse Rom-Berlin-Wien hat Kanzler Kurz heute gesprochen.

STS SEIBERT: Okay, dann werde ich das einmal nachlesen.

FRAGE DR. DELFS: Ich hatte genau dieselbe Frage.

VORS. FELDHOFF: Dann ist sie ja beantwortet.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Ich meine einfach das Wording. „Achse der Willigen“ weckt so komische Assoziationen. Finden Sie, dass Wording ist glücklich gewählt? – Das wäre meine Frage. Aber Sie können das ja noch einmal nachlesen.

STS SEIBERT: Ja.

FRAGE JESSEN: Zum Korea-Gipfel: Frau Adebahr, gibt es Anzeichen dafür, dass es im Zuge der Annäherung im Hinblick auf die nukleare Ausstattung auch zu Annäherungsprozessen zwischen Nordkorea und Südkorea kommt?

Spielt die Bundesregierung als eine Regierung, die sich sozusagen mit Wiedervereinigungsprozessen zwischen Staaten ganz gut auskennt, dabei eine Rolle? Es war ja in der Vergangenheit mehrfach ein Thema, dass Deutschland in besonderer Weise dazu beisteuern könnte, solche Prozesse zu regeln.

ADEBAHR: Ich kann Ihnen keine Auskunft darüber geben, inwieweit in den Gesprächen über das hinaus, was öffentlich bekannt ist auch über diese konkrete Frage gesprochen worden ist. Natürlich haben wir von südkoreanischer Seite in den letzten Monaten auch immer wieder das Interesse gehört, zu annähernden, erst einmal humanitären Schritten zwischen beiden Staaten zu kommen. Sicherlich ist dieses Interesse auch nach dem Gipfel weiter vorhanden. Wir schauen uns die Situation genau an.

Zur Rolle Deutschlands: Es ist im Moment, kurz nach dem Gipfel, spekulativ, welche Rolle wir dort wie spielen könnten, wenn es einen konkreten Prozess in diese Richtung geben sollte. Ich weiß nicht, ob Herr Seibert das ergänzen möchte.

STS SEIBERT: Die Frage nach der Wiedervereinigung, die wir dem koreanischen Volk innig wünschen, scheint mir, ehrlich gesagt, dennoch sehr weit vorausgegriffen.

Gestern gab es, und das begrüßen wir sehr, mit dieser Begegnung in Singapur zwischen Präsident Trump und Kim Jong-un einen ersten wichtigen Schritt in Richtung einer Lösung des Konflikts um Nordkoreas Raketen- und Nuklearprogramm. Nun wird es natürlich entscheidend auf die konkreten Schritte ankommen, die sich daran anschließen; das hat der Außenminister gestern in seiner ersten Reaktion ja schon gesagt. Denn das Ziel muss ja sein, dass diese Denuklearisierung vollständig ist, dass sie überprüfbar ist und dass sie unumkehrbar ist. Diese konkreten Schritte sollten nun gegangen werden. Aber gestern war ein erster wichtiger Schritt, den die Bundesregierung sehr begrüßt.

FRAGE: Herr Seibert, am Freitag feiern die Muslime ihr Fastenbrechen. Wird es eine Grußbotschaft der Kanzlerin geben?

STS SEIBERT: Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Sie hat in der Vergangenheit anlässlich des Ramadan, glaube ich, auch schon selbst am Fastenbrechen teilgenommen. Daran erinnere ich mich sogar. Ich habe in diesem Jahr auch mit der Integrationsstaatsministerin an einem Fastenbrechen teilgenommen, was ein sehr schönes Erlebnis war. Aber ich kann Ihnen das jetzt konkret nicht sagen.

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