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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 24. April 2020

Themen: Tod Norbert Blüms, Termine der Bundeskanzlerin (Videokonferenz der WHO, Coronakabinett, Petersberger Klimadialog, Kabinettssitzung, Sondersitzung des Kabinetts zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft, Gespräch mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder), Coronapandemie (Wirtschaftshilfen für die Autoindustrie, Lockerungen und Öffnungen, Reisebeschränkungen in die Schweiz und nach Frankreich, Bundesliga-Fußballspiele, Reproduktionsfaktor, Schutzmasken, Sonderprämie für Pflegekräfte, Tracing App, Konzepte für eine Öffnung von Gottesdiensten, Ideen zur Eindämmung des Virus in anderen Ländern, Kosten für die Rückholung von deutschen Staatsangehörigen aus dem Ausland, gestrige Videokonferenz des Europäischen Rates, Verteilung von Geflüchteten in Quarantäne innerhalb der EU, Regeln für den Grenzverkehr, Finanzierung der Krisenmaßnahmen, Verhandlungen mit der Lufthansa über staatliche Hilfen, Videokonferenz der Kanzlerin mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften, Diskussion um Gutscheine für entgangene Leistungen und Konsumgutscheine, Demonstrationen von Extremisten), geplante Videokonferenz im Normandie-Format, Ölpreis

Naive Fragen zu:
„Green Recovery“ (ab 7:14)
– Die Ministerin hat sich ja auch in Sachen Wirtschaftshilfe für die Autoindustrie geäußert. Dazu habe ich eine Verständnisfrage: Eine Art Abwrackprämie für Verbrenner jeglicher Art soll es nach ihr nicht geben, korrekt? (ab 8:52)
– Eine Förderung von umweltschädlichen Autos kommt mit der Umweltministerin nicht infrage, habe ich Sie da richtig verstanden?
– Wird sie bei dem Spitzentreffen im Kanzleramt im Mai dabei sein?

Bundesliga (ab 22:40)
– wie steht die Kanzlerin zum Thema „Sonderrolle Bundesliga“? (ab 26:35)
– ich habe noch nicht ganz verstanden, auf welcher Entscheidungsgrundlage Herr Seehofer als Sportminister ein Okay oder ein Nicht-Okay geben würde.

Corona-App (ab 37:38)
– Wer verhandelt da mit wem? Verhandelt das Kanzleramt nur mit Apple oder auch mit Google? (ab 41:57)
– Wenn Sie „unterschiedliche Ebenen“ sagen, wie viele Ebenen und welche Ebenen sind das?
– Sie haben immer wieder gesagt, dass Transparenz Vertrauen in der Bevölkerung schaffen kann. Wo ist die hier? Das verstehe ich überhaupt nicht (ab 44:48)
– Frankreich verlangt öffentlich von Apple, dass zügig Einschränkungen für den Einsatz der Bluetooth-Funktechnik auf seinen iPhones aufzuheben sind. Verlangt das die Bundesregierung auch von Apple? Können Sie das zumindest sagen?
– Sie hatten gerade die Augen verzogen, als das BMI meinte, dass Sie federführend sind. Stimmt das?

Ölpreis (ab 58:47)
– Wie bewerten Sie, dass der Ölpreis gerade kollabiert und teilweise ins Minus geht? Ist das gut für das Klima?
– wie bewerten Sie das aus wirtschaftlicher Sicht? Sind eigentlich alle Lager, in denen Öl in Deutschland gelagert werden können, voll?

Verschwörer (ab 1:15:06)
– was machen der Verfassungsschutz und das Innenministerium in Sachen Verschwörungstheoretiker, undRechtsextremisten, die jetzt jede Woche nicht nur in Berlin, sondern mittlerweile auch schon in anderen Städten gegen den Staat und gegen eine angebliche „Coronadiktatur“ demonstrieren? Sehen Sie dort eine Radikalisierung? Was tun Sie dagegen?

Bildung (1:15:06)
– Die Familienministerin hat ja den Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung von digitalen Geräten gelobt. Ich würde gerne vom Ministerium wissen, welches Notebook man für 150 Euro kaufen kann.
– Nachreichung BMFSFJ: „Wie aus Ihrer Frage schon hervorgeht, handelt es sich um einen Zuschuss, den wir begrüßen, mit dem in der Regel aber kein Neugerät gekauft werden kann.“

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 24. April 2020:

SRS’IN DEMMER: Bevor ich mit den Terminen beginne, würde ich mich gerne noch zum Tode Norbert Blüms äußern.

Mit großer Betroffenheit hat die Bundeskanzlerin heute vom Tod des langjährigen Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Kenntnis erhalten. Seinen Angehörigen und seinen Freunden spricht die Bundeskanzlerin ihr tief empfundenes Mitgefühl und ihre Anteilnahme aus. Ich darf für die Bundeskanzlerin sagen, dass sie mit Norbert Blüm in der Zeit von 1990 bis 1998 im Kabinett von Helmut Kohl zusammengearbeitet hat und dass Norbert Blüm ihre Arbeit stark geprägt hat.

Norbert Blüm war ein Politiker, der moderne Sozialpolitik für alle verständlich formulieren konnte. Er bleibt als Persönlichkeit in Erinnerung, die stets nah an den Menschen war. Er kannte Werkbank und Ministerschreibtisch. Sein Herz schlug für die Menschen, die mit ihrer Arbeit unser Land aufgebaut haben. Er hat die soziale Marktwirtschaft entscheidend mitgeprägt. Die Einführung der Pflegeversicherung ist sein großes Verdienst für alle Menschen in unserem Land.

Nun möchte ich, wie üblich, mit einem Blick auf die Termine der Bundeskanzlerin beginnen, die ich Ihnen heute nennen kann. Über mögliche Änderungen und zusätzliche Termine informieren wir Sie natürlich wie gewohnt rechtzeitig.

Bereits am heutigen Freitag wird die Bundeskanzlerin mit anderen Staats- und Regierungschefs und internationalen Gesundheitsorganisationen an einer presseöffentlichen Videokonferenz auf Einladung der Weltgesundheitsorganisation teilnehmen. Im Rahmen dieser Videokonferenz werden Gesundheitsorganisationen eine internationale Initiative zur Forschung und Entwicklung von Impfstoffen, Arzneimitteln und Diagnostika gegen COVID-19 und einen Aufruf zu deren Finanzierung vorstellen. Das ist ein wichtiger Meilenstein in Vorbereitung auf eine von der EU-Kommission organisierte internationale Geberkonferenz am 4. Mai, bei der die Bundeskanzlerin die Co-Gastgeberschaft übernehmen wird.

Die Initiative geht auf den außerordentlichen G20-Gipfel vom 26. März dieses Jahres zurück. Dort hatte sich die G20 dazu verpflichtet, die globalen Anstrengungen zur Bekämpfung der COVID-19-Krise zu intensivieren und dabei das Mandat der WHO zu stärken. Die Bundeskanzlerin begrüßt diese Initiative sehr und wird ein kurzes Statement halten. Die Videokonferenz findet zwischen 15 und 16 Uhr statt und wird per Livestream von der WHO übertragen.

Die Bundeskanzlerin wird sich auch in der kommenden Woche wieder mit den zuständigen Ministerinnen und Ministern zur Lage in der Coronapandemie besprechen. Dieses sogenannte Coronakabinett findet wie in den vergangenen Wochen am Montag und dann auch am Donnerstag statt.

Am Dienstag, dem 28. April, wird die Bundeskanzlerin am Petersberger Klimadialog teilnehmen. Dieser findet in diesem Jahr per Videokonferenz statt. Die Bundeskanzlerin wird das sogenannte High-Level-Segment um 15.10 Uhr mit einem Eingangsstatement eröffnen. Ebenfalls erwartet wird die Teilnahme von UN-Generalsekretär António Guterres.

Die Corona-Pandemie stellt die internationalen Klimaverhandlungen vor neue Herausforderungen: Die VN-Klimakonferenz COP26 wurde, wie Sie wissen, auf das kommende Jahr verschoben. Das bedeutet aber nicht, dass wir die Klimaschutzziele aus dem Paris-Abkommen aus den Augen verlieren. Die Bundesregierung hält in Form einer Videokonferenz am Petersberger Klimadialog fest, um weiterhin einen Austausch zu den wichtigen dieses Jahr anstehenden Fragen des Klimaschutzes zu ermöglichen und Impulse für die Vorbereitung der COP26, die dann im nächsten Jahr stattfindet, zu geben.

Die Reden und der anschließende Austausch können ab 15.10 Uhr unter www.bmu.de/livestream im Livestream verfolgt werden.

Am Mittwoch, dem 29. April, findet dann wie üblich um 9.30 Uhr unter der Leitung der Bundeskanzlerin die reguläre Kabinettssitzung statt.

Direkt im Anschluss an die Kabinettssitzung werden sich die Mitglieder des Kabinetts in einer Sondersitzung mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft befassen, die ja am 1. Juli beginnen wird. Dabei wird es vor allem um die Auswirkungen der Coronapandemie auf die Präsidentschaft gehen, sowohl inhaltlich als auch organisatorisch. Als Gast wird der Generalsekretär des Rates, Herr Jeppe Tranholm-Mikkelsen, teilweise per Zuschaltung an der Sitzung teilnehmen.

Am Donnerstag, dem 30. April, wird es, wie Sie bereits wissen, eine weitere Bund-Länder-Schaltkonferenz mit der Bundeskanzlerin geben. Dazu hat sich die Bundeskanzlerin ja bereits gestern in ihrer Pressekonferenz geäußert. Details werden wir Ihnen rechtzeitig mitteilen.

FICHTNER: Ulrike hat gerade den Petersberger Klimadialog angesprochen. Ich kann dazu kurz ergänzen. Eingeladen hat die Bundesumweltministerin zusammen mit ihrem britischen Amtskollegen Alok Sharma, dem designierten Präsidenten der nächsten Weltklimakonferenz, die nächstes Jahr stattfinden wird. Teilnehmen werden rund 30 Klimaministerinnen und Klimaminister aus aller Welt, repräsentativ zusammengestellt aus den unterschiedlichen Staatengruppen, die in der Klimadiplomatie eine wichtige Rolle spielen.

Der Klimadialog findet zum ersten Mal digital statt vieles wird anders sein, manches bleibt aber auch gleich. Hauptthema in diesem Jahr ist das, was international die „Green Recovery“ genannt wird. Da geht es darum, wie der Neustart der Wirtschaft so organisiert werden kann, dass die Weltgemeinschaft krisenfester und klimaverträglicher aus der Pandemie gehen kann. Wir finden, dass das ein Thema ist, das auch auf internationaler Ebene und auch von den für Klimaschutz zuständigen Ministerinnen und Ministern besprochen werden sollte.

Zum Ablauf hat Ulrike Demmer bereits einiges gesagt. Wir beginnen am Montag um 10.30 Uhr mit einer Pressekonferenz mit Svenja Schulze, dem Ökonomen Nicholas Stern und der Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbunds, Sharan Burrow. Dann wird es weitere Treffen geben, die nicht presseöffentlich sind, und am Dienstag findet dann der Höhepunkt statt, nämlich das Ministertreffen mit dem High-Level-Segment, an dem auch der UN-Generalsekretär und die Bundeskanzlerin teilnehmen. Das wird bei uns auf der Webseite dann öffentlich für Sie verfügbar sein.

FRAGE JUNG: Herr Fichtner, zum Thema „Green Recovery“: Die Ministerin hat sich ja auch in Sachen Wirtschaftshilfe für die Autoindustrie geäußert. Dazu habe ich eine Verständnisfrage: Eine Art Abwrackprämie für Verbrenner jeglicher Art soll es nach ihr nicht geben, korrekt?

FICHTNER: Die Ministerin hat sich dazu heute in einem Interview geäußert. Da ging es um eine Innovationsprämie. Sie hat jetzt nicht gefordert, dass so etwas morgen kommt, sondern sie hat ihren Kompass für den Erfolg von solchen Maßnahmen definiert und hat dort gesagt, dass Klimaschutz, Innovation und Arbeitsplätze Maßstab für gute Konjunkturpolitik sind. Jede Maßnahme, die künftig in der Bundesregierung beraten wird, wird sie auf diese Maßstäbe abklopfen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Eine Förderung von umweltschädlichen Autos kommt mit der Umweltministerin nicht infrage, habe ich Sie da richtig verstanden?

FICHTNER: Ich kann noch einmal sagen, was sie in dem Interview formuliert hat. Sie hat gesagt:

„Falsch wäre es, jetzt Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und hohem CO2-Ausstoß zu fördern, die dann weitere zehn, 15 Jahre auf unseren Straßen fahren. Daher bin ich gegen eine einfache Neuauflage der Abwrackprämie. Sie hat der Umwelt nicht genützt.“

Das ist das, was die Ministerin gesagt hat. Damit will ich nicht sagen, dass es heute eine tagesaktuelle Debatte gibt; vielmehr ist das etwas, was in späteren Phasen der Krisenbewältigung kommen wird. Dann kennen Sie jetzt schon den Kompass, der die Umweltministerin in diesen Beratungen leiten wird.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wird sie bei dem Spitzentreffen im Kanzleramt im Mai dabei sein?

FICHTNER: Das weiß ich nicht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das wissen Sie nicht?

FICHTNER: Nein, das weiß ich nicht.

SRS’IN DEMMER: Sie meinen das Spitzentreffen heute?

ZUSATZ JUNG: Nein, den Autogipfel.

SRS’IN DEMMER: Ach, den Autogipfel. Nein, das weiß ich jetzt auch nicht.

ZUSATZ JUNG: Da müsste sie doch dabei sein.

FICHTNER: Das ist ja noch ein bisschen hin.

SRS’IN DEMMER: Wir halten Sie auf dem Laufenden.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe noch eine ganze Reihe von Fragen zu den Terminen.

Zunächst einmal zur heutigen Sitzung der WHO: Gibt es in der Bundesregierung mittlerweile eine Verständigung zwischen den verschiedenen Häusern, ob man verstärkt in die Finanzierung der WHO einsteigt? Das war ja in den letzten Tagen offen geblieben. Zahlt man zum Beispiel als Ersatz für die ausfallenden Zahlungen der USA mehr Geld, also über die 5 Millionen hinaus, die vom Auswärtigen Amt zur Verfügung gestellt werden? Wird die Bundeskanzlerin das heute ankündigen?

SRS’IN DEMMER: Da würde ich Herrn Burger um die Antwort bitten.

BURGER: Ich hatte hier vor zwei Tagen ja schon kurz dazu ausgeführt. Frau Demmer hat es angedeutet: Wir sprechen in der Bundesregierung gerade sehr intensiv darüber sowohl unter den vielen verschiedenen beteiligten Ressorts als auch mit dem Bundestag , wie wir unser Engagement zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ausweiten können. Wir sind uns innerhalb der Bundesregierung einig, dass wir hier einen globalen Ansatz verfolgen müssen; denn kein Land kann diese Pandemie allein erfolgreich bekämpfen. Das wird vielmehr nur gelingen, wenn es überall auf der Welt gelingt. Deswegen verfolgen wir hier einen umfassenden politischen Ansatz auch als Teil deutscher Außenpolitik. Das ist natürlich ein wahnsinnig breites Feld, das ganz verschiedene Bereich umfasst: vom Gesundheitsmanagement über Themen wie Stabilisierung und monetäre Hilfe bis hin zur Entwicklungspolitik. Es gibt auch eine ganze Reihe von Maßnahmen, die in die Bereiche wirtschaftliche Erholung und finanzielle Stabilisierung fallen. Insofern sind da natürlich eine ganze Reihe von Ressorts betroffen.

Ich hatte hier vor zwei Tagen konkret zu der Frage „Tritt die Bundesregierung jetzt ein, um den Zahlungsstopp der USA in Bezug auf die WHO auszugleichen?“ gesagt, dass unser Ansatz im Moment darin besteht, mit den USA weiter Gespräche zu führen, auch gemeinsam mit anderen Partnern, weil wir der Meinung sind, dass die Arbeit der WHO die breitestmögliche internationale Unterstützung bekommen sollte. Gleichzeitig ist es natürlich so, dass die WHO wie auch viele andere internationale Organisationen, die insbesondere im Bereich der humanitären Hilfe tätig sind, Zusatzbedarfe angemeldet haben. Es gibt einen Bedarfsplan bzw. einen Hilfsaufruf der Vereinten Nationen in Höhe von etwa 2 Milliarden US-Dollar. Es gibt einen weiteren Hilfsaufruf der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung vom März in Höhe von noch einmal 800 Millionen Schweizer Franken. Deutschland will sich daran als zweitgrößter humanitärer Geber natürlich entsprechend unseres Gewichts beteiligen. Wir werden Sie dazu in den nächsten Tagen und Wochen auch weiter auf dem Laufenden halten. Aber wie gesagt, derzeit laufen diese Gespräche zwischen den Ressorts und auch mit dem Bundestag noch.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Nur um es richtig zu verstehen: Die Kanzlerin wird deswegen heute darauf zielte die Frage ein bisschen über das hinaus, was bekannt war, keine weiteren Finanzzusagen machen?

SRS’IN DEMMER: Ich kann den Gesprächen naturgemäß nicht vorgreifen. Wie gesagt, sie begrüßt diese Initiative sehr. Es wird danach eine Pressekonferenz geben. Ansonsten schließe ich mich Herrn Burgers Ausführungen voll und ganz an.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Und sie nimmt an der Pressekonferenz teil? Das ist ja eine WHO-Veranstaltung.

SRS’IN DEMMER: Ich kläre das.

FRAGE: An Frau Demmer und an das Auswärtige Amt: Außenminister Maas hat angekündigt, dass nächste Woche eine Videokonferenz im Normandie-Format stattfinden soll. Findet diese am 30. April statt? Ist das ein Treffen im Rahmen der Vorbereitung eines Gipfeltreffens im Normandie-Format? Wann kann dieses Gipfeltreffen stattfinden? Was erwartet die Bundesregierung von diesem Gespräch?

SRS’IN DEMMER: Die Pandemie stellt natürlich auch bei diesem Thema eine große Herausforderung dar. Die Bundeskanzlerin und Präsident Putin haben in ihrem letzten Gespräch einen Austausch vereinbart. Zu einem weiteren Gipfeltreffen im Normandie-Format kann ich Ihnen hier jetzt leider nichts sagen. Wir werden Termine aber wie immer am Freitag der Vorwoche ankündigen.

Darüber hinaus stehen die Außenminister von Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland natürlich im Austausch und möchten, wie Sie ja auch schon wissen, in der nächsten Woche zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen miteinander sprechen.

Daneben arbeitet die Bundesregierung auf Beamtenebene aber fortlaufend gemeinsam mit Frankreich an Fortschritten in wichtigen Einzelfragen, mit dem Ziel, die Schlussfolgerungen, die auf dem Pariser Gipfel im Dezember getroffen worden sind, umzusetzen. Dazu gehören natürlich vorrangig die Einhaltung der Waffenruhe und die Schaffung weiterer Entflechtungszonen für den Rückzug von Truppen und Gerät.

BURGER: Der Minister hat vorgestern schon genau das gesagt, worauf in der Frage auch Bezug genommen wird, nämlich dass wir für nächste Woche eine Videokonferenz im Normandie-Format geplant haben. Eine konkretere, präzisere Terminankündigung kann ich Ihnen heute noch nicht machen.

Ich glaube, zu den Themen hat Frau Demmer alles Wesentliche gesagt. Der Minister hat auch selber schon vorgestern dazu gesagt: Wir müssen feststellen, dass wesentliche Teile der Beschlüsse des Normandie-Gipfels von Paris noch nicht umgesetzt sind, und deswegen ist unsere Erwartung natürlich, dass wir mit diesem erneuten Treffen als Videokonferenz einen Impuls geben wollen, damit die Umsetzung dieser Beschlüsse nun endlich vorankommt.

FRAGE DUNZ: Wie verhält es sich mit den Konferenzen der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin am 30. April und am 6. Mai? Über was wird an welchen Tagen beraten? Ist es nicht riskant, erst den 6. Mai für Gespräche über Lockerungen zu nennen, wenn einige Länder ab dem 4. Mai bereits weitere Öffnungen zulassen?

SRS’IN DEMMER: Bund und Länder hatten ja frühzeitig vereinbart, sich fortlaufend auf der Ebene der Regierungschefinnen und Regierungschefs über das jeweils vor allem an der epidemiologischen Gesamtsituation orientierte gemeinsame weitere Vorgehen abzusprechen. Diesem Zweck dienen selbstverständlich beide Termine. Über die Details kann ich Ihnen hier jetzt noch keine Auskunft geben.

Wir haben ja bei dem letzten Beschluss, den Bund und Länder gemeinsam gefasst haben, gemeinsam über Lockerungen und Öffnungen entschieden. Welche Auswirkungen diese Lockerungen und Öffnungen haben, lässt sich im Verlauf dieser Pandemie eben immer nur zehn bis 14 Tage später erkennen. Diese Zeitverläufe bestimmen eben auch den Rhythmus weiterer möglicher Öffnungen und Lockerungen. Im Anschluss an die MPK auch schon am 30. April wird aber eine Presseunterrichtung stattfinden.

FRAGE DR. RINKE: Wenn die weiteren wegweisenden Beschlüsse zu Öffnungen erst am 6. Mai fallen: Haben Sie die Sorge bzw. hat die Kanzlerin die Sorge, dass einzelne Bundesländer dann mit weiteren Entscheidungen über das hinaus, was bisher bekannt ist, voranpreschen?

Zweite Frage ich weiß nicht, an wen die sich richtet; wahrscheinlich auch an Frau Demmer : Das Hamburger Verwaltungsgericht hat vorgestern ja die 800-Quadratmeter-Grenze verworfen. Wird das möglicherweise eines der Themen sein, über die Bund und Länder am 30. April erneut beraten?

SRS’IN DEMMER: Ich habe ja schon mehrfach gesagt, dass ich Ihnen zu Details über die Themen der beiden Treffen, über die wir hier sprechen, hier jetzt noch keine Auskunft geben kann. Ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, dass die Wirkungen der Maßnahmen und Lockerungen, die von Bund und Ländern in der letzten Videokonferenz beschlossen wurden, erst mit 14 Tagen Verzögerung zu erkennen sind. Das bestimmt den Rhythmus weiterer Lockerungen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das heißt, Sie gehen davon aus, dass kein Land jetzt weiter vorprescht?

SRS’IN DEMMER: Ich spekuliere jetzt hier nicht, sondern das ist das, was unser Handeln bestimmt.

FRAGE DAPP: Eine Frage an Herrn Alter. Der SWR berichtet, dass die Reisebeschränkungen in die Schweiz und nach Frankreich gelockert wurden. Ist das richtig? Warum wurden sie gelockert? Wer darf jetzt zusätzlich über die Grenze?

ALTER: Es gibt keine Lockerungen bei den Grenzkontrollen an allen deutschen Binnengrenzen. Wir haben sie ja vor gut sechs Wochen eingeführt. Im Laufe der Zeit mussten wir feststellen das ist, glaube ich, auch für jeden nachvollziehbar , dass es bei einer solchen Vielzahl von Entscheidungen wir haben ja im Moment sehr starke Beschränkungen, die außergewöhnlich sind immer wieder auch zu Einzelfallentscheidungen kommt, die schwierig zu handeln sind.

Es hat im Laufe der letzten Wochen dazu einen intensiven Austausch gegeben, auch mit der Bundespolizei. Dort gab es eben Sachverhalte, die sich auch stark auf das Familienleben ausgewirkt haben, etwa wenn sich Ehegatten besuchen sollten oder wenn es darum ging, das Kind zu besuchen, für das man sorgeberechtigt ist, das aber im jeweiligen Nachbarland lebte.

Diese Sachverhalte sind geklärt. Die Bundespolizei hat schon am 17. April einen entsprechenden Erlass vom Bundesinnenministerium erhalten, dass eine Reise zu einem Familienangehörigen auch im rechtlichen Sinne das gilt auch für eingetragene Lebenspartnerschaften ein triftiger Einreisegrund ist. Insofern sind diese Reisen möglich. Das ist aber mitnichten eine Lockerung, sondern es ist eine Klärung bestimmter Einzelfälle, um familiäre Härten zu vermeiden.

FRAGE TIEDE: Ich habe eine Frage an das Arbeitsministerium und an das Gesundheitsministerium. Es betrifft einen Bericht darüber, wie die Bundesliga wieder starten könnte, und zwar werden in einer Stellungnahme des Arbeitsministeriums an das Gesundheitsministerium zwei Varianten durchgespielt. Die eine davon ist: Die Bundesliga-Profis laufen mit sportgerechten Masken auf, die alle 15 Minuten gewechselt werden müssen. Eine andere ist, dass sämtliche Spieler und alle Personen um die Mannschaften herum bis zum Saisonende in Quarantäne müssten. Was ist an dem Papier dran, und wer hat es erstellt? Was passiert jetzt damit, und wie sieht das Gesundheitsministerium diese Stellungnahme des Arbeitsministeriums?

SCHNEIDER: Ich kann gern beginnen und bestätigen, dass das BMAS über arbeitsschutzrechtliche Fragen mit der DFL in Gesprächen ist. Selbstverständlich geht es bei einer möglichen Wiederaufnahme von Spielen in der Bundesliga auch darum, Fragen zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz zu berücksichtigen. Uns geht es tatsächlich darum, praktikable Lösungen zu finden, die auch auf breite Akzeptanz treffen. Ich möchte aber gleich vorwegschieben, dass die Entscheidung darüber, ob tatsächlich eine Wiederaufnahme stattfindet, nicht vom Bundesarbeitsministerium getroffen wird.

Weil Sie das Papier angesprochen haben: Dazu kann ich nur sagen, dass es sich dabei um erste Überlegungen auf Arbeitsebene gehandelt hat. Darüber haben sich die Kolleginnen und Kollegen des BMAS mit dem BMWi ausgetauscht.

KAUTZ: Ich kann dazu eigentlich nur sagen: Das ist kein Papier des Arbeitsministeriums an das Gesundheitsministerium, sondern das ist ein Papier des Arbeitsministeriums, soweit ich das weiß. Die Kollegin hat ja ausgeführt, dass es sich bei dieser Geschichte darum handelt, Arbeitsschutz zu beurteilen. Das ist klassischerweise eine Frage des anderen Ressorts.

ZUSATZFRAGE TIEDE: Das heißt dann, dass die Experten in Ihrem Haus dafür sind, dass entweder alle in Quarantäne gehen, also der gesamte Stab mit Spielern, oder alle mit sportgerechten Atem- und Nasenschutzbedeckungen spielen?

SCHNEIDER: Wie gesagt: Das waren allererste Überlegungen auf Arbeitsebene. Das ist keine politische Entscheidung gewesen. Das Arbeitsministerium ist in Gesprächen mit der DFL. Die Gespräche dauern an. Ich kann über den Inhalt der Gespräche deshalb hier nicht berichten. Aber wir sind jetzt in Gesprächen über genau diese Fragen jenseits dessen, was es an ersten Überlegungen innerhalb des Referates gab.

ZUSATZFRAGE TIEDE: Aber die Meinung hat sich nicht geändert oder jetzt doch im Laufe der Zeit?

SCHNEIDER: Wie gesagt, das waren erste Ideen und Überlegungen des Referates. Das ist sozusagen keine Position des Bundesministeriums insgesamt. Die Leitung des Ministeriums ist in Gesprächen mit der DFL. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie da der Stand ist. Die Gespräche dauern an. Am Ende wird man sehen, was dabei herauskommt.

FRAGE DR. RINKE: Ich hätte ganz gern das Gesundheitsministerium gefragt, wie denn die Haltung Ihres Ministeriums zu dieser Frage ist. Herr Spahn hatte ja zumindest Sympathie dafür durchschwingen lassen, dass man Geisterspiele wiederaufnehmen könnte. Gibt es bei Ihnen entsprechende Überlegungen, wie die Spieler sich schützen müssen, wenn sie wieder spielen, auch bei Geisterspielen?

KAUTZ: Nein, die gibt es nicht, weil es, wie gesagt, Aufgabe des Arbeitsministeriums ist. Das Konzept der DFL sieht so aus, dass ausschließlich Profis bei den Spielen anwesend wären. Deswegen hat die Beurteilung dieses Konzepts etwas mit Arbeitsschutz zu tun und liegt damit im Ressort des Arbeitsministeriums.

FRAGE JUNG: Ich würde gern wissen, wie die Kanzlerin zu dem Thema „Sonderrolle der Bundesliga und Vorbildfunktion für eine Gesellschaft, die sich in Quarantäne befindet bzw. in eingeschränktem Modus agiert“ steht.

Herr Alter, ich habe noch nicht ganz verstanden, auf welcher Entscheidungsgrundlage Herr Seehofer ein Okay oder ein Nicht-Okay geben würde.

SRS’IN DEMMER: Ich kann ganz allgemein sagen, dass für das gesellschaftliche Miteinander der Sport sehr wichtig ist und die Bundesregierung den Sport natürlich im Auge behält. Weltweit wurden tatsächlich fast alle Sport-Großveranstaltungen von Olympia-Qualifikationswettkämpfen bis zu anderen Turnieren abgesagt. In Deutschland sind, wie in vielen anderen Staaten auch, die Sportanlagen geschlossen. Der Sport ist und bleibt Gegenstand der aktuellen Beratungen. Auch vor diesem Hintergrund erarbeitet die Sportministerkonferenz aktuell ein Positionspapier zum stufenweisen Wiedereinstieg in den Trainings-, aber auch in den Wettkampfbetrieb.

Zu Geisterspielen hat sich, wenn ich richtig informiert bin, auch das Robert-Koch-Institut geäußert.

ZUSATZFRAGE JUNG: Negativ.

Aber ich wollte von der Kanzlerin oder von Ihnen wissen, was sie konkret zu den Profi-Fußballern sagt, also nicht zum Breitensport allgemein, sondern von der Sonderrolle der Bundesliga.

SRS’IN DEMMER: Ich habe Ihnen zum Thema Sport jetzt alles gesagt, was ich Ihnen von dieser Position aus sagen kann.

ALTER: Für das Bundesinnenministerium, das ja auch für Sport zuständig ist, ist die Position so, dass wir natürlich zunächst einmal die Vereinbarungen vom 15. April sehen, die die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs getroffen hat. Diese gelten zunächst bis Anfang Mai, und sie gelten auch für den Sport uneingeschränkt.

Selbstverständlich ist auch das BMI bereit, sich für eine Phase, die das erlaubt, an konzeptionellen Überlegungen zu beteiligen, wie man schrittweise wieder in den Profisport, auch in den Fußball, einsteigen kann. Das sind aber Vorüberlegungen. Ob man zu einer Entscheidung kommen kann, das wieder zuzulassen, ist zunächst einmal davon abhängig, wie sich die Gesundheitslage in Deutschland entwickelt. Da muss man sich die Ergebnisse anschauen. Es ist, glaube ich, auch jedem klar das ist jetzt von mir eine Betrachtung aus der Fernsicht, weil ich kein Mediziner bin: Wenn man Regeln aufstellt und beurteilen will, wie diese Maßnahmen wirken, dann ist es notwendig, dass sich alle an diese Regeln halten. Sonst wird das Ergebnis verwischt.

Insofern ist es so, dass wir uns an konzeptionellen Überlegungen beteiligen, im Moment jedoch noch keine Entscheidungsgrundlage haben, um darüber zu entscheiden, ob es notwendig ist oder nicht. Wir nehmen aber die Konzepte zur Kenntnis, wir nehmen an den Gesprächen teil und beobachten sehr genau, wie sich die Gesamtlage entwickelt.

SRS’IN DEMMER: Von mir vielleicht noch ergänzend hinzu: Das bemisst sich natürlich alles an den Regeln, die wir uns grundsätzlich gegeben haben. Sie gelten natürlich auch für den Sport und für Sportler.

FRAGE: Meine Frage bezieht sich auf den R-Faktor. Helmholtz-Forscher sagen, es wäre gut, den R-Faktor weiter zu senken, etwa auf 0,2. Dafür wären weitere Restriktionen denkbar gewesen. Hat die Bundesregierung dieses Ziel verworfen, und reicht ihr ein R-Faktor von ungefähr 1?

KAUTZ: Ich kann mich an dieser Stelle nur wiederholen. Die Einschätzung der epidemiologischen Lage allein von diesem R-Faktor abhängig zu machen, ist zu unterkomplex. Deswegen wäre auch dieses Ziel ebenfalls nicht ausreichend, um davon Handlungsanweisungen abzuleiten.

FRAGE LANDWEHR: Können Sie sagen, wie viele Schutzmasken derzeit beschafft werden, wie die Logistik organisiert ist und welche Unternehmen die Schutzmasken transportieren?

KAUTZ: Bis vorgestern sind insgesamt 108 Millionen Schutzmasken nach Deutschland gekommen und zum großen Teil auch verteilt worden. Wir haben ein Logistikunternehmen für die Distribution engagiert. Es gibt verschiedene Wege, die ich hier schon häufiger dargestellt habe, die wir auch schon häufiger dargestellt haben, wie Schutzmasken beschafft werden: a) direkt, b) mit Hilfe von deutschen Unternehmen, dann über Ausschreibungsverfahren, die laufen. Das sind die Wege.

FRAGE TIEDE: Die Leopoldina hat gefordert, dass man repräsentative Testgruppen machen sollte, dass man also den Bevölkerungsdurchschnitt in Deutschland regelmäßig durchtesten soll, um eine belastbare Datenbasis für alles andere zu haben. Ist damit begonnen worden? Ist der Ratschlag befolgt worden, oder wann ist damit zu rechnen?

KAUTZ: Diesem Ratschlag ist bislang nicht gefolgt worden. Ich kann hier auch nicht jede wissenschaftliche Forderung oder Einstellung kommentieren.

Ich kann Ihnen sagen, dass wir daran arbeiten, Tests auszuweiten, die Test-Strategie auszuweiten, vor allen Dingen auch in Pflegeeinrichtungen vermehrt zu testen. In dieser Woche hat sich auch der Herr Minister dazu geäußert.

Reihentestungen, Durchschnittstestungen, machen nur dann Sinn das sagen jedenfalls die Experten vom RKI , wenn relativ wenige Personen positiv getestet oder vermutet werden, um einen Eindruck zu bekommen. Sonst hat man Falschaussagen, und dann bringen die Tests nichts. Also man müsste dann die Gruppen immer weiter verkleinern, um einen Aussagewert des Tests zu bekommen. Sie sagen, der Aufwand würde nichts nutzen.

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen aber für das Wissenschafts- und Forschungsministerium sagen: Sie unterstützen eine solche repräsentative Forschung. Vielleicht stellen Sie ihre Frage dort noch einmal. Sie sind heute nicht da.

FRAGE BUSCHOW: Ich würde gern noch einmal zu dem Thema 6. Mai zurückkommen. Was wird also am 30. April entschieden, was am 6. Mai? Es gab ja bei den letzten Beratungen schon in manchen Bereichen die konkreten Hinweise, dass sich etwas lockern könnte. Das waren zum einen die religiösen Veranstaltungen und zum anderen, dass über Konzepte für Besuchsverbote in Heimen nachgedacht werden sollte. Verstehe ich es jetzt richtig, dass darüber erst am 6. Mai entschieden wird? Vielleicht kann zum Bereich Religion auch das BMI ergänzen, welche Zeitschiene für Lockerungen vielleicht das BMI oder Bund und Länder im Kopf haben.

Zu den Besuchsverboten noch einmal an Herrn Kautz die Frage: Gibt es denn, wie es das gerade mit den Vertretern der Religionsgemeinschaften gibt, auch bei Ihnen im Haus Gespräche über Konzepte, wie man Besuchsverbote in Pflegeeinrichtungen lockert, Besuche möglich macht, oder ist das den Einrichtungen allein überlassen?

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen jetzt nicht vorgreifend sagen, welche Themen an welchen der beiden Termine besprochen werden. Zu Details werden wir bestimmt noch später Auskunft geben können. In ihrem Beschluss vom 15.04.2020, also dieses Jahres, hat die Bundeskanzlerin ja mit den Regierungschefs der Länder, wie Sie gerade richtig festgestellt haben, zum Ausdruck gebracht, dass sie sich der Bedeutung der Religionsfreiheit bewusst sind. Die Religionsausübung stellt ein besonders hohes Gut dar. Gerade vor dem Hintergrund der Belastungen in der Pandemie und ihrer Folgen, die das für die Menschen mit sich bringt, kann natürlich gelebter Glaube Kraft und Zuversicht spenden.

Nach allem, was wir aber über die Zusammenkünfte wissen sowie darüber, wie sich der Virus verbreitet und welche Ansteckungsgefahr gerade für vulnerable Gruppen besteht, sind eben auch die Einschränkungen, was den Besuch von Kirchen und Gottesdiensten anbelangt, notwendig.

Das BMI hat nun gemeinsam mit Vertretern der großen Religionsgemeinschaften das Gespräch gesucht und aufgenommen, um möglichst einvernehmlich eine Lösung zu finden, wie Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen wieder ermöglicht werden können. Dazu wird jetzt gemeinsam mit den Kirchen und Glaubens- und Religionsgemeinschaften ein Konzept erarbeitet, wie eine Fortsetzung der Ausübung von Religion in den Gotteshäusern möglich sein wird.

Wann das genau im Gespräch mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder Thema sein wird, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Dem kann ich jetzt hier einfach noch nicht vorgreifen.

KAUTZ: Frau Buschow, wir entscheiden nicht zentral, wie sich Pflegeeinrichtungen zu verhalten haben. Wir können das ist auch über das Robert-Koch-Institut passiert Empfehlungen abgeben, wie Gesundheitseinrichtungen ihre Mitarbeiter und Patienten bzw. Pflegeeinrichtungen ihre Bewohner schützen können. Es liegt dann im Bereich der Länder bzw. der Einrichtungen, sich genau darum zu kümmern und sich daran zu orientieren.

Sie fragten danach, was wir machen. Mit der Teststrategie, was ich gerade gesagt habe, ist zu ermöglichen, dass die Kosten für solche Reihentests übernommen werden. Wenn man der Logik von Tests folgt, wie sie auch finanziert werden, zum Beispiel in der gesetzlichen Krankenversicherung, dann folgt das einem bestimmten Muster. Bei einer Reihentestung würde man zum Beispiel auch asymptomatische Patienten testen.

FRAGE: An das BMAS und BMG noch einmal die Frage: Es gab die offene Frage, wie die Prämie für die Pflegekräfte finanziert wird, ob von den Krankenversicherungen oder vom Bund. Gibt es mittlerweile eine Einigung in dieser Frage?

KAUTZ: Wir sind in intensiven Gesprächen. Der Minister hat gesagt, dass wir in dieser bzw. in der nächsten Woche es ist Freitag; dann rechne ich mit der nächsten Woche zu einem Ergebnis kommen.

FRAGE: Eine Frage zum Thema Tracing-App an Herrn Kautz und Frau Demmer. Es gibt einen offenen Brief von verschiedenen netzpolitischen Organisationen. Der Chaos Computer Club schreibt: Verfolgt die Bundesregierung das bisher präferierte Konzept weiter, kann kein Vertrauen bei den Nutzern aufkommen, und ein Scheitern wäre unausweichlich.

Halten Sie es für denkbar, dass die Bundesregierung diese Konzeptfrage dezentral versus zentral noch einmal überdenkt? Es ist nicht unwichtig, was andere da sagen. Apple und Google haben sich ja dezidiert für ein dezentrales Modell ausgesprochen. Gibt es Bestrebungen der Bundesregierung, die beiden Unternehmen dazu zu bringen, auch einen zentralen Ansatz möglich zu machen?

SRS’IN DEMMER: Zunächst einmal: Es werden auf unterschiedlichen Ebenen Gespräche zu diesem Thema geführt, denen ich jetzt hier nicht vorgreifen kann. Die Bundesregierung hat großes Vertrauen in das System, das derzeit bei Fraunhofer getestet wird. Das System, das wir in Auftrag gegeben haben, entspricht den genannten Kriterien. Wichtig ist uns, dass es epidemiologisch sinnvoll ist, dass es schnell kommt, dass es freiwillig und datenschutzkonform ist und es unseren Vorstellungen von IT-Sicherheit entspricht. Das sind unsere Prämissen, nach denen wir hier vorgehen.

Sie sprechen die Differenzen zwischen zentraler und dezentraler Speicherung an. Ob nach den Prämissen, die wir uns gegeben haben, auch ein dezentrales System genutzt werden kann, nämlich freiwillig, datenschutzkonform und IT-sicher, das wird am Ende das BSI für uns beurteilen, das diese App ja derzeit auch schon prüft.

Richtig ist: Bei einem zentralen Server müssen Sie demjenigen vertrauen, der ihn pflegt, also in diesem Fall möglicherweise einer staatlichen Stelle. Bei einem dezentralen System müssen Sie Apple und Google vertrauen, die das pflegen. Aber, wie gesagt: Es ist ein Prozess, in dem wir uns hier befinden.

Ich möchte wirklich noch einmal betonen, dass bei einer App, für die wir uns am Ende entscheiden, die folgenden Kriterien wichtig sind: epidemiologisch sinnvoll, schnell, freiwillig, datenschutzkonform und IT-sicher. Der aktuelle Vorschlag, der gerade geprüft wird, entspricht diesen Kriterien.

ZUSATZFRAGE: Wenn Sie sagen, das BSI muss es letztendlich bewerten, heißt das, die Frage zentral versus dezentral ist für die deutsche App noch nicht final entschieden?

SRS’IN DEMMER: Das System, das wir gerade untersuchen, wäre in der Tat Dieser Vorschlag enthält einen Back-End-Server. Die Sinnhaftigkeit dessen wäre, dass damit die genannten epidemiologischen Berechnungen, die uns wichtig sind und die uns andere Möglichkeiten bei der Bewertung der Ausbreitung der Pandemie bieten, möglich wären sowie eine Anbindung an Laborserver, die möglicherweise einen zusätzlichen Gewinn bei der Bewertung des Fortschreitens der Pandemie bedeutet.

Trotzdem: Selbst wenn man sich für ein zentrales System entscheidet, bleiben die Kriterien bestehen, die ich eben genannt habe, die von zentraler Bedeutung für die Frage sind, ob wir uns für ein solches System entscheiden: Freiwilligkeit, Datenschutzsicherheit und IT-Sicherheit.

FRAGE SORGE: Wie weit sind die Gespräche des Kanzleramts mit Apple über die Entwicklung im Rahmen des Projekts PEPP-PT?

FRAGE JUNG: Ich habe auch eine Frage zu den Gesprächen des Kanzleramtes in Sachen Apple: Wer verhandelt da mit wem?

Verhandelt das Kanzleramt nur mit Apple oder auch mit Google?

SRS’IN DEMMER: Wie gesagt, es werden Gespräche auf verschiedensten Ebenen geführt. Zu genauen Details, also wer mit wem spricht, kann ich Ihnen hier leider keine Auskunft geben.

ZURUF JUNG: Warum nicht?

SRS’IN DEMMER: Das sind vertrauliche Gespräche.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wenn Sie „unterschiedliche Ebenen“ sagen, wie viele Ebenen und welche Ebenen sind das?

SRS’IN DEMMER: Sie müssen sich leider damit zufriedengeben, dass ich Ihnen sage: Es werden zu diesem Thema auf unterschiedlichen Ebenen Gespräche geführt. Das Thema ist der Bundesregierung wichtig das wird Herr Kautz auch noch einmal bestätigen können , aber über die Gespräche, die vertraulich und im Hintergrund zu diesem Thema geführt werden, kann ich Ihnen jetzt hier keine Auskunft geben.

FRAGE DR. RINKE: Herr Kautz hatte ja schon klargemacht, dass das Gesundheitsministerium auch diesen zentralen Ansatz befürwortet und es mit großer Sympathie sieht. Ich hätte ganz gerne vom Innenministerium gewusst, ob das dort genauso ist. Das BSI ist ja eben erwähnt worden. Das ist eine Ihnen nachgeordnete Behörde. Sind Sie auch für die Verwendung dieser RKI- und HHI-App?

ALTER: Das BSI ist in diesen Prozess als eine Behörde eingebunden, die im Bereich der Informationssicherheit über sehr viel fachspezifische Kenntnisse und über sehr viel Kompetenz verfügt. Sie prüft gewissermaßen dienstleistend die Optionen, die auf dem Tisch liegen, und wird jeweils dazu eine Bewertung abgeben. Dann muss in der Gesamtabwägung eine Entscheidung getroffen werden. Sie können sich vorstellen, dass in einer digitalisierten Welt auf verschiedenen Wegen Datensicherheit hergestellt werden kann. Insofern ist diese Entscheidung nicht allein davon abhängig zu machen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Wer trifft innerhalb der Bundesregierung letztlich die Entscheidung? Das Gesundheitsministerium, das in Sachen App eigentlich federführend ist, oder müssen Sie Ihre Zustimmung geben?

ALTER: Die Federführung für diesen Vorgang liegt im Moment beim Bundesgesundheitsministerium. Für den Bereich der Datensicherheit ist das BSI als Dienstleister in diesen Prozess eingebunden.

FRAGE DAPP: Ich wollte nach dem Zeitplan fragen, wenn noch so grundsätzliche Fragen zu klären sind. Bis wann soll es die App denn spätestens für die Verbraucher geben?

SRS’IN DEMMER: Wir können Ihnen jetzt hier kein Datum nennen. Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet. Es werden mit Hochdruck viele Gespräche geführt. Natürlich ist es in unserem Interesse, so etwas so schnell wie möglich verfügbar zu haben, aber es muss dann natürlich auch funktionieren. Wie gesagt, wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung.

FRAGE JUNG: Ich möchte alle Kollegen, die sich mit IT auskennen, noch einmal bitten, dass Sie genau zuhören, was hier gerade gesagt wurde.

Frau Demmer, Sie haben immer wieder gesagt, dass Transparenz Vertrauen in der Bevölkerung schaffen kann. Wo ist die hier? Das verstehe ich überhaupt nicht.

Frankreich verlangt öffentlich von Apple, dass zügig Einschränkungen für den Einsatz der Bluetooth-Funktechnik auf seinen iPhones aufzuheben sind. Verlangt das die Bundesregierung auch von Apple? Können Sie das zumindest sagen?

SRS’IN DEMMER: Wir stehen mit Apple genau dazu in Verbindung. Wir brauchen Apple und Google, weil sie uns, wenn wir dieses Kontaktsystem über Bluetooth aufbauen, einen Schnittstellenzugang ermöglichen. Beide Konzerne haben angekündigt, dass sie das bis Mai ändern, dass sie also den Zugang verschaffen. Die Bundesregierung begrüßt das. Aber natürlich gibt es noch offene Fragen. Über die Details das müssen Sie verstehen können wir nichts sagen. Wir führen Gespräche, aber können hier nicht eins zu eins alle Gespräche wiedergeben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Kautz, Sie hatten gerade die Augen verzogen, als das BMI meinte, dass Sie federführend sind. Stimmt das?

KAUTZ: Das war wahrscheinlich ein Luftzug oder so.

SRS’IN DEMMER: Was letztlich zu klären ist, ist die Frage, ob die Schnittstellen auch Apps zulassen, die sich epidemiologisch sinnvoll in das öffentliche Gesundheitswesen integrieren lassen und das auch noch datenschutzkonform und sicher. Darüber wird derzeit gesprochen.

FRAGE: Meine Frage bezieht sich auf Gottesdienste und Glaubensgemeinschaften. Die Kirchen und Glaubensgemeinschaften haben inzwischen ihre Konzepte für eine Öffnung der Gottesdienste übermittelt. Heute hat das BMI mit den Ländern darüber beraten. Was sehen die Konzepte vor? Wann werden Gottesdienste wieder möglich sein?

Es war immer vom 30. April die Rede, um über die Öffnung der Gottesdienste zu entscheiden. Steht dieser Termin? Wie sehen diese Konzepte aus?

ALTER: Zur Zeitplanung hat Frau Demmer, glaube ich, das Notwendige gesagt. Dem muss ich nichts hinzufügen.

Ich kann gerne noch einmal etwas zum Sachstand sagen. In der Tat ist es so, dass die Konzepte der Religionsgemeinschaften bei uns eingegangen sind. Das war eine zweistellige Anzahl von Konzepten, die aus dem sehr konstruktiven und wirklich hilfreichen Gespräch, das vergangene Woche Freitag im BMI geführt wurde, resultierte. Das BMI hat jetzt auf der Grundlage dieser Vorschläge, die bei uns eingegangen sind, Empfehlungen eine Art Rahmenkonzept erarbeitet, das derzeit mit dem Robert-Koch-Institut abgestimmt wird, gleichzeitig aber natürlich auch mit den Ländern zu konsultieren ist, weil die formaljuristische Zuständigkeit für derartige Regelungen nicht beim Bund, sondern bei den Ländern liegt. Dieser Prozess läuft. Wir sind einen deutlichen Schritt weitergekommen, als dass diese Konzepte bei uns vorliegen und zusammengeführt wurden. Aber über die Ergebnisse und die konkreten Regelungen kann ich momentan noch nichts sagen.

Die Gespräche mit den Ländern laufen, und sie werden auch in der kommenden Woche im Coronakabinett fortgesetzt. Dazu, ob und inwieweit Ende nächster Woche darüber entschieden werden kann, hat sich Frau Demmer bereits geäußert.

FRAGE DR. RINKE: Herr Alter, eine Nachfrage. Einige Bundesländer sind schon längst wieder aktiv geworden. Haben Sie einen Überblick darüber, welche Bundesländer im Moment Gottesdienste erlauben? Das soll in Nordrhein-Westfalen, und Sachsen-Anhalt der Fall sein. Gibt es darüber einen Überblick? Das fällt ja offenbar schon wieder auseinander.

ALTER: Den Überblick gibt es bei uns im Haus. Ich habe ihn jetzt hier nicht verfügbar, kann Ihnen ihn aber, wenn Sie ihn von uns benötigen, gerne nachliefern.

ZUSATZ DR. RINKE: Gerne.

ALTER: Das ist ja keine neue Situation. Es ist bei anderen Themen auch der Fall gewesen, dass die Dinge sich unterschiedlich schnell entwickeln. Wir haben als BMI zugesagt, dass wir darauf hinwirken und unseren Beitrag dazu leisten wollen, dass es möglichst einheitliche Regelungen in den Ländern gibt. Ich habe eben bereits auf die Zuständigkeitsverteilung hingewiesen. Diesen Weg gehen wir auch zu Ende. Deswegen haben wir jetzt die Konzepte zusammengeführt und wollen möglichst schnell zu Ergebnissen kommen, damit Entscheidungen getroffen werden können.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ist denn Ihr Eindruck bei der Prüfung, dass sich die Länder, die es gemacht haben, an die Empfehlungen Ihres Rahmenkonzepts halten?

ALTER: Das kann ich im Moment wirklich nicht beurteilen. Wie ich schon sagte: Unsere Fachabteilung hat eine zweistellige Anzahl von Vorschlägen zusammengeführt. Ich selbst habe das Konzept noch nicht lesen können. Insofern wäre das jetzt Spekulation. Ich kann das hier an dieser Stelle jetzt nicht beantworten.

FRAGE TIEDE: Trügt der Eindruck, dass es nicht an den jüdischen und den christlichen Religionsgemeinschaften liegt, dass man nicht zu Potte kommt und dass man noch keine Lösung gefunden hat?

ALTER: Es liegt nach unserer Einschätzung überhaupt nicht an den Religionsgemeinschaften.

Ich kann es nur noch einmal wiederholen das hat auch der Bundesinnenminister in dieser Woche hausintern mehrfach gesagt : Es waren ausgesprochen hilfreiche Gespräche. Es gab von keiner Seite ein Drängen oder Unverständnis. Im Gegenteil. Die Religionsgemeinschaften haben sich sehr verständnisvoll gezeigt, was die derzeitigen Beschränkungen angeht. Gleichwohl auch das hatte Frau Demmer schon gesagt spielt die Möglichkeit der Religionsausübung, wie viele anderen Themen auch, eine sehr, sehr wichtige Rolle, und deswegen beschäftigen wir uns damit.

Im Moment ist es so, dass wir von allen Beteiligten in der vorgegebenen oder in der vereinbarten Frist die Konzepte übermittelt bekommen haben, die sehr gut und sehr tragfähig waren. Jetzt ist von uns ein administrativer Prozess zu leisten, auch in der Kommunikation mit den Ländern. Insofern kann ich diese Vermutung, die Sie aufmachen, nicht teilen.

FRAGE SCHREIBER: Präsident Trump hat gestern offen über die Verwendung von UV-Licht und Injektionen von Desinfektionsmitteln spekuliert. Was hält die Bundesregierung von diesen Ideen? Können derartige Spekulationen und Ideen nicht auch schädlich sein, sollte zum Beispiel jemand die Idee haben, das zu versuchen?

SRS’IN DEMMER: Ich kommentiere hier mögliche Konzepte, die in anderen Nationen vorgetragen werden, nicht.

FRAGE DR. RINKE: Können wir die Frage dann an das Gesundheitsministerium weiterreichen? Es gibt ja über das hinaus, was Sie eben erwähnt haben, auch Ansätze, so zum Beispiel in Frankreich eine Nikotinstudie. Sind das Sachen, mit denen sich in Deutschland das Gesundheitsministerium beschäftigt?

KAUTZ: Wir haben andere Studien. Die Studienlage, die Wissenschaftslage haben wir natürlich im Blick. Ansonsten würde ich mich den Worten der Kollegin Demmer anschließen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Um es konkret zu machen: Gibt es in Deutschland Studien über Desinfektionsmittel, UV-Licht und Nikotin?

KAUTZ: Sie müssen entschuldigen: Ich habe die komplette wissenschaftliche Studienlage in Deutschland nicht komplett im Überblick.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Es geht mir darum, ob das Ministerium einen Überblick darüber hat, was gemacht wird. Vielleicht können Sie uns das nachreichen?

KAUTZ: Das kann ich gerne tun. Ich glaube, das ist sehr relevant.

FRAGE: Die Rückholaktionen sind beendet. Wie hoch sind die Gesamtkosten? Was müssen rückgeholte Personen bezahlen?

BURGER: Ich muss ein bisschen korrigieren: Die Rückholaktion ist nicht beendet. Richtig ist, dass heute der letzte von 20 Rückholflügen aus Südafrika in Frankfurt gelandet ist. In Südafrika gab es ursprünglich etwa 15 000 deutsche Reisende, die dort gestrandet waren. Damit sind wir zum ersten Mal seit Beginn dieser Aktion an einem Punkt, wo keine weiteren Charterflüge mehr in Planung sind. Die Rückholaktion ist damit nicht beendet, denn wir wissen, dass sich immer noch Deutsche im Ausland befinden, die zurück möchten. Das sind sicherlich mehrere Hundert. Wir kümmern uns jetzt mit den frei gewordenen Kapazitäten an unseren Botschaften und Konsulaten weiter um diejenigen, bei denen sich diese Rückkehr schwierig gestaltet. Dabei geht es oft um sehr komplizierte Einzelfälle, um Menschen, die ohne Transportmöglichkeiten Hunderte oder Tausende Kilometer vom nächsten Flughafen entfernt sitzen. Deswegen werden jeweils individuelle und pragmatische, teils auch kreative Lösungen gefragt sein.

Wir arbeiten aber auch eng mit unseren europäischen Partnern zusammen, auf deren Rückholflügen viele Deutsche in den letzten Tagen und Wochen nach Hause zurückkehren konnten. Umgekehrt haben wir auch viele Europäer und Drittstaatsangehörige mitgenommen.

Was die Kosten angeht, so hatten wir dazu vom Deutschen Bundestag insgesamt 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt bekommen, um diese Flüge und andere Kosten zunächst einmal vorfinanzieren zu können. Die Frage, in welcher Höhe die Teilnehmer an solchen Flügen hinterher an den Kosten beteiligt werden, haben wir zunächst einmal zurückgestellt, weil wir erst einmal sichergehen wollten, dass alle zurückgebracht werden können, ohne in Vorleistung zu treten. Wir sind jetzt in der Phase, wo wir uns langsam einen Überblick über die Kosten verschaffen können, die tatsächlich angefallen sind. Es wird auch Zuschüsse vonseiten der Europäischen Union dafür geben, dass wir europäische Staatsangehörige aus anderen Staaten mitgenommen haben. Es wird in den nächsten Tagen und Wochen darüber entschieden und die betroffenen Personen werden darüber informiert, wie hoch die Kostenbeteiligung ausfällt. Ich darf noch einen Punkt ergänzen das haben wir auch immer wieder so gesagt : Ein Orientierungspunkt dafür sind die Kosten eines Economytickets.

FRAGE PUGLIESE: Ich habe eine Frage zur gestrigen Sitzung des Europäischen Rates: Würde die Bundeskanzlerin im Rahmen des Fonds als Instrument zum wirtschaftlichen Aufschwung eher Zuschüsse oder eher Kredite bevorzugen?

SRS’IN DEMMER: Die Bundeskanzlerin hat sich in ihrer Pressekonferenz gestern dazu geäußert. Das wird jetzt alles zu diskutieren sein. Sie hat gesagt, dass sie natürlich mit höheren Beiträgen auch für Deutschland rechnet und dass das richtig und gut sei. Wir sollten im Geiste der Solidarität über einen begrenzten Zeitraum bereit sein, höhere Beiträge zum europäischen Haushalt zu leisten. Die Kommission soll jetzt Vorschläge machen, wie ein solcher Fonds umsetzbar ist. Darüber wird gemeinsam mit der weiteren Haushaltsplanung der EU nachgedacht werden müssen.

FRAGE DR. RINKE: Frau Demmer, Herr Kolberg, auf diese konkrete Frage ist die Bundeskanzlerin in der gestrigen Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel nicht eingegangen. Einige Länder fordern, dass es Zuschüsse und keine Kredite gibt. Gibt es bei der Bundesregierung eine Präferenz, ob man im Rahmen dieses Wiederaufbaufonds, also dieses „recovery fund“, die Leistung als Zuschüsse oder als Kredite gewährt?

SRS’IN DEMMER: Ich bleibe dabei: Das sind Ausgestaltungen, zu denen die Kommission Vorschläge machen wird. Denen kann ich hier nicht vorgreifen.

KOLBERG: Dem kann ich mich anschließen. Gestern ist ein wichtiger Schritt getan worden, um eine solidarische und große Antwort auf die Herausforderungen zu geben, die es gerade auf EU-Ebene mit dem Coronavirus gibt. Es wurde einem beispiellosen Hilfspaket zugestimmt. Um das schnell umzusetzen, werden diese Arbeiten jetzt mit Hochdruck vollzogen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen?

KOLBERG: Die Arbeiten werden gerade geleistet. Sobald Entscheidungen getroffen werden, werden wir diese hier vorstellen.

FRAGE TIEDE: Herr Kolberg, es sind gestern Positionen zwischen unterschiedlichen Staaten ausgetauscht worden, die unterschiedliche Positionen haben. Wie war denn die deutsche Position?

KOLBERG: Die Kanzlerin hat nach der Veranstaltung zum Ausdruck gebracht, welche Position wir haben. Wir wollen eine solidarische und große Antwort auf die Herausforderungen, die da sind, und diese wurde gegeben. Es wurden auch gemeinsamen Verabredungen getroffen, die jetzt notwendig sind, um die Hilfe umzusetzen. Es gibt drei Elemente. Dann kommt dieser „recovery fund“ hinzu, hinsichtlich dessen jetzt die Arbeiten laufen. Wir haben alles dazu gesagt, was dazu zu sagen ist.

FRAGE JUNG: Zum Ölpreis hätte ich noch eine Frage an das Umweltministerium und das Wirtschaftsministerium: Wie bewerten Sie erstens, dass der Ölpreis gerade kollabiert und teilweise ins Minus geht? Ist das gut für das Klima?

Frau Baron, wie bewerten Sie das aus wirtschaftlicher Sicht? Sind eigentlich alle Lager, in denen Öl in Deutschland gelagert werden können, voll? Das scheint ja jetzt nämlich das große Problem zu sein, dass alle Supertanker und alle Lager voll mit Öl sind und das Öl nicht mehr abgenommen werden kann. Wie ist die Lage in Deutschland?

DR. BARON: Ja, vielen Dank für die Frage! – Wir beobachten die Entwicklung auf den internationalen Ölmärkten natürlich sehr genau. Wir geben aber keine Ölpreisprognosen ab und geben damit auch keine Kommentierung der Preislage ab. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet ist, da die Märkte aktuell ja auch sehr liquide sind. Alles andere ist eben eine Marktfrage, eine Frage der Beschaffung.

Natürlich gibt es Ölbevorratungspflichten auf internationaler Ebene, die durch die Internationale Energieagentur koordiniert werden. Aber das ist ein Instrument der Krisenvorsorge. Was aktuelle Knappheitsfragen angeht, sind die Märkte aber sehr liquide.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber ich habe genau das Gegenteil gefragt! Es ging nicht um die Knappheit, sondern darum, ob die Lager voll sind. Können Sie dazu etwas sagen?

DR. BARON: Das ist, wie gesagt, eine Marktfrage. Der Markt wird ja von Händlern bewirtschaftet. Deshalb müssten Sie danach die relevanten Verbände fragen. Das ist keine Frage, die wir staatlich erfassen.

FICHTNER: Die derzeit geringe Nachfrage nach Öl ist ja nur eines von vielen Symptomen der aktuellen Coronakrise. Dafür gilt im Grunde wie für andere Umwelteffekt dieser Krise auch: Das geht nicht auf ein nachhaltiges Klimaschutzkonzept zurück. Deswegen ist diese geringe Nachfrage auch kein Umwelterfolg, über den man sich irgendwie freuen könnte, sondern die Arbeit muss weitergehen, damit die Ölnachfrage letztlich auch nach der Krise gering bleibt, weil es bessere Alternativenergien gibt.

FRAGE SCHIRMACHER: An das Umweltministerium und an Frau Demmer zu Halbzeitbilanz für das Klimaschutzprogramm, also völlig Corona-unabhängig: Halten die Sektoren ihre Minderungsziele ein?

FICHTNER: Jetzt würde ich gerne zurückfragen, aber das geht ja nicht. Ich verstehe die Frage nicht. Ich weiß nicht, was mit „Halbzeit“ gemeint ist. Wir haben ja im Februar einmal Zahlen vorgestellt. Ich wüsste nicht, was jetzt mit „Halbzeit“ gemeint sein soll. Stellen Sie also bitte gerne noch einmal konkretere Fragen direkt an uns.

VORS. WOLF: Noch ein Hinweis an die Kollegin Schirmacher: Das Landwirtschaftsministerium ist heute nicht da.

FRAGE WILKE: Zur Situation der „Alan Kurdi“: Die Flüchtlinge dort sind alle negativ getestet worden. Wie steht es mit der Verteilung der Flüchtlinge auf EU-Länder? Was plant Deutschland?

ALTER: Der Sachverhalt ist ja im Grunde genommen den meisten bekannt. Es gibt im Moment die Situation, dass sich insgesamt 180 Personen auf einer Fähre vor der italienischen Insel Sizilien befinden, die dort von zwei Schiffen aufgenommen worden sind. Derzeit befinden sich diese Personen in einer 14-tägigen Quarantäne. Insofern ist jedenfalls akut noch kein operativer Handlungsbedarf gegeben.

Gleichwohl befindet sich das Bundesinnenministerium in intensiven Gesprächen mit der italienischen Regierung und auch mit der europäischen Kommission, weil wir den Entscheidungsbedarf sehen. Es muss entschieden werden, wie mit diesen 180 Menschen umzugehen ist. Im Moment finden die Gespräche statt, aber es ist noch keine Entscheidung über eine Verteilung getroffen worden.

Es gelten aber die Prinzipien, die wir auch in der Vergangenheit deutlich gemacht haben: Es ist nach Möglichkeit eine Verteilung auf mehrere EU-Mitgliedstaaten in europäische Solidarität zu erreichen. Aber es gibt eben im Moment eine außergewöhnliche Situation in allen EU-Mitgliedstaaten. Deswegen sind die Gespräche nicht einfacher geworden.

FRAGE HAUCK: Warum wurden die Erleichterungen für Familien an den Grenzübergängen nur gegenüber der Bundespolizei und nicht gegenüber den Ländern kommuniziert? Die Information wurde erst mit sieben Tagen Verspätung öffentlich.

ALTER: Zunächst einmal besteht kein Bedarf, das gegenüber den Ländern zu kommunizieren, weil die Länder nicht operativ in die Grenzkontrollen eingebunden sind. Grenzkontrollen werden von der Bundespolizei und in einigen Fällen von beauftragten Landesbehörden, die dazu aber mit der Bundespolizei in Kontakt stehen, vorgenommen. Insofern ist es richtig, dass das Bundesinnenministerium über diese Entscheidungspraxis zunächst einmal die Bundespolizei informiert. Alles darüber Hinausgehende ist sozusagen ein Add-on im Rahmen der behördlichen Information. Das haben wir auch getan. Insofern ist das richtig gelaufen.

FRAGE DAPP: Geht es dabei nur um die Grenzen zu Frankreich und zur Schweiz oder auch um andere?

ALTER: Es geht um die Grenzen, an denen Grenzkontrollen stattfinden und an denen es auch zu Zurückweisungsentscheidungen kommen kann. Ich will es noch einmal sagen: Es ist nicht so, dass wir Lockerungen beschlossen hätten oder für bestimmte Personengruppen Ausnahmen geregelt hätten, sondern wir haben im Laufe der vergangenen Wochen einfach festgestellt, dass es in bestimmten, besonders sensiblen Fallkonstellationen zum Teil uneinheitliche Entscheidungen gab, was nicht ausbleibt, wenn man sagt „Man braucht einen triftigen Grund“. Das ist etwas Unbestimmtes. Wir haben das jetzt nachgeregelt und diese Fälle geklärt. Überall dort, wo diese Fälle zur Anwendung kommen, gilt diese Entscheidung.

FRAGE: Ich wollte noch einmal auf das Thema Finanzierung/Kosten zurückkommen, Herr Kolberg. Da massieren sich ja mittlerweile nicht nur international, sondern auch national Programme und Ankündigungen, die gemacht wurden. Die Parteichefs sind am Mittwochabend gefragt worden, ob sie eigentlich einen Überblick über all das haben, was sie da beschließen. Frau Kramp-Karrenbauer hat gesagt: „Nein, eigentlich nicht so richtig“. Läuft da bei Ihnen intern so ein bisschen die Uhr mit? Wird das alles noch von den 157 Milliarden Euro abgedeckt, die da einmal beschlossen worden sind, oder sind wir darüber schon hinaus?

KOLBERG: Der Minister hat sich ja gestern bei Ihnen in „ARD Extra“ zu diesem Thema geäußert. Wir haben diese Punkte natürlich im Blick. Im Nachtragshaushalt ist Vorsorge getroffen worden, um jetzt kraftvoll in der Krise zu handeln. Wir werden ja demnächst auch die Steuerschätzung vorlegen. Darin werden wir auch noch einmal genau auf diesen Aspekt eingehen, wie die Mindereinnahmen aussehen, und das dann eben auch in Beziehung dazu setzen, welche gesetzlichen Ausgaben jetzt geplant sind. Über diesen Stand werden wir dann noch einmal berichten.

ZUSATZFRAGE: (Anfang ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) das Ganze zurückführt, also am Ende auch refinanziert?

KOLBERG: Genau, das ist ja auch schon im Nachtragshaushalt eingeplant. Auch das hat der Minister ja gestern ausgeführt, also dass es darin eben Planungen dazu gibt, wie die Schulden, die wir jetzt aufnehmen müssen, um gut durch die Krise zu kommen, dann wieder zurückgeführt werden. Wir gehen jetzt im Moment im Nachtragshaushalt davon aus, dass die Verschuldung auf 75 Prozent des BIP steigen wird. Das ist weniger als in der Finanzkrise. Wie sich die Entwicklung dann genau darstellen wird, werden wir dann genauer sagen können, wenn die Steuerschätzung vorliegen wird.

FRAGE DR. DELFS: Können Sie etwas zum Stand der Verhandlungen mit der Lufthansa über Staatshilfen bzw. eine Staatsbeteiligung sagen? Mit wie viel Geld und in welcher Form wird die Bundesregierung die Lufthansa finanziell unterstützen?

DR. BARON: Nein, ich kann Einzelfälle in keinerlei Form kommentieren. Es gilt hier das, was wir die letzten Male gesagt haben: Natürlich haben wir mit den Programmen, die wir als Bundesregierung vorgestellt haben beispielsweise mit den KfW-Sonderprogrammen , Hilfsprogramme für alle Branchen und Unternehmen aller Größenordnungen zur Verfügung gestellt. Einzelfälle kann ich jedoch in keiner Form kommentieren.

FRAGE BAUCHMÜLLER: Frau Demmer, es läuft oder lief heute die Videokonferenz zwischen der Kanzlerin und den Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften? Können Sie schon etwas zu den Inhalten sagen? In welcher Form wird später denn noch über den Inhalt berichtet werden?

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen jetzt hier zu den Inhalten nicht mehr als das sagen, was Herr Seibert hier angekündigt hat. Aber gegebenenfalls reichen wir das nach.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe zwei kurze Fragen an das Wirtschaftsministerium. Zum einen hätte ich ganz gerne gewusst, wie der Stand ist, was die Voucher-Lösung angeht. Die Lufthansa ist ja eben erwähnt worden. Die Bundesregierung muss ja noch klären, ob es bei dieser Voucher-Lösung für Pauschalreisen und Flugreisen bleibt. Vielleicht können Sie uns sagen, was der letzte Stand ist. Das bezieht sich, glaube ich, auch auf das Justizministerium.

Zweitens, nachdem der ifo-Index heute auf den historisch tiefsten Stand gefallen ist: Sieht das Wirtschaftsministerium eigentlich den Bedarf für Autokaufprämien oder Konsumgutscheine?

DR. BARON: Vielen Dank. Vielleicht beginne ich mit Ihrer letzten Frage und gebe dann, was die Gutscheinlösung angeht, erst einmal an das Justizministerium weiter. Ich kann dazu dann auch gerne noch einmal etwas ergänzen.

Zum Thema der Automobilbranche hat sich der Minister in dieser Woche ja schon öffentlich geäußert. Es ist natürlich klar, dass wir das haben wir innerhalb der Bundesregierung noch immer deutlich gemacht neben den Akutmaßnahmen, den Soforthilfen und Kreditprogrammen, die aktuell auf den Weg gebracht wurden, im weiteren Verlauf dieser Krise immer Schritt für Schritt schauen und prüfen müssen, ob weitere Hilfen notwendig sind. Das ist auch der Fall. Die Minister Scholz und Altmaier haben ja auch bereits deutlich gemacht, dass wir zu späteren Zeitpunkten natürlich auch über Konjunkturprogramme nachdenken müssen. Dafür ist jetzt aber noch nicht der Zeitpunkt gekommen, sondern das wird dann eben zu Zeitpunkten zu diskutieren sein, an denen wir in einer Wiederbelebungsphase der Wirtschaft sein werden.

Noch einmal zur Automobilindustrie: Auch dazu hat sich der Minister ja geäußert und gesagt, dass man natürlich prüfen müsse, welche Vorschläge es da gibt. Es gibt jetzt ja verschiedene Vorstellungen in der Automobilbranche. Dazu hat er deutlich gemacht, dass man natürlich nicht eins zu eins Modelle aus der Vergangenheit und alte Abwrackprämien wiederholen könne und diese eins zu eins wieder so nutzen könne, sondern dass man innovative Konzepte entwickeln müsse. Darüber gibt es aber noch keine Entscheidung innerhalb der Bundesregierung, aber hierzu laufen natürlich die Überlegungen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Aber diese Konsumgutscheine, die jetzt auch diskutiert werden, würden Sie auch einen späteren Zeitraum betroffen sehen?

DR. BARON: Auch dazu gibt es keine Entscheidung. Auch das sind Fragen, die zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert werden müssen, eben dann, wenn wir von einer stärkeren Wiederbelebung der Wirtschaft und der Gesellschaft sprächen.

KALL: Dann kann ich, Herr Rinke, für das Justizministerium Ihre Frage zu den Gutscheinlösungen beantworten. Die Bundesregierung hat ja für drei verschiedene Bereiche Gutscheinlösungen vorgeschlagen.

Der erste ist der ganze Bereich der Veranstaltungen im Bereich der Kultur, in dem viele Kultureinrichtungen sehr, sehr schwer von der Coronakrise getroffen worden sind, weil der gesamte Freizeitbereich seit Wochen geschlossen ist. Hierzu konnte die Bundesregierung den Bundestagsfraktionen einen Gesetzentwurf vorschlagen, der in dieser Woche erstmals im Bundestag beraten wurde oder beraten wird; da bin ich gerade nicht ganz sicher. Aber auf jeden Fall sollte der in dieser Woche im Bundestag auf der Agenda sein. Das ist der erste Bereich, der der Veranstalter. Es geht um Gutscheine, die man bis Ende 2021 einlösen kann und die man, wenn man sie bis dahin nicht eingelöst hat, dann auch noch erstattet bekommen kann.

Der zweite und der dritte Bereich sind die Pauschalreisen und die Flüge; das wissen Sie. Das betrifft europarechtliche Regelungen wie die Fluggastrechte-Verordnung und die Pauschalreiserichtlinie. Die Bundesregierung ist an die Europäische Kommission bzw. an die beiden zuständigen Kommissare herangetreten und hat sehr für die vorgeschlagene Gutscheinlösung geworben. Auch dabei ging es um ein Einlösen bis 2021 oder, wenn man die Gutscheine nicht einlöst, eine Erstattung. Die Bundesregierung ist an die Kommission mit diesem Vorschlag herangetreten. Die Kommission hat das haben Sie gesehen bislang zurückhaltend darauf reagiert. Das haben wir zur Kenntnis genommen. Wir setzen uns weiter für eine einheitliche und praktikable Lösung ein, die natürlich europarechtskonform ist und die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick behält.

Ich kann vielleicht zuletzt noch ganz kurz sagen, was die Bundesjustizministerin in den vergangenen Tagen dazu gesagt hat: Viele Touristikunternehmen müssten in die Insolvenz gehen, wenn sie die Anzahlungen ihrer Kunden zurückzahlen müssten, vor allen Dingen, wenn sie das jetzt gleichzeitig tun müssten. Dann ist der Anspruch nicht mehr viel oder im Extremfall nichts mehr wert. Insofern ist diese von der Bundesregierung vorgeschlagene, sozusagen verpflichtende Gutscheinlösung mit der Möglichkeit, dann später eine Erstattung zu bekommen, wenn man den Gutschein nicht einlöst, auch im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher, die sonst vielfach leer ausgehen würden.

ZUSATZ DR. RINKE: Aber genau darauf zielte meine Frage ab. Das andere war ja der jetzige Stand. Jetzt fehlt noch die Entscheidung der Bundesregierung darüber, ob sie entgegen der Meinung der EU-Kommission eine Gutscheinlösung national anordnet, und zwar sowohl für Pauschalreisen als auch, was die Fluggastrechte angeht.

KALL: Wie gesagt: Das sind europarechtliche Grundlagen. Wir stehen mit der Kommission auf verschiedenen Ebenen in intensivem Kontakt. Es gibt eine erste, sozusagen zurückhaltende Reaktion der Kommission. Das war eine öffentliche Reaktion. Es gibt noch keine sozusagen detaillierte Reaktion auf unsere rechtlichen Vorschläge, die wir natürlich auch gemacht haben. Wir dringen weiter auf diese Lösung.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: (Anfang ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) nicht um? Darauf zielte die Frage ab. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich noch einmal insistiere. Aber das wollen die Leute doch wissen! Das wollen die Reiseveranstalter wissen, das wollen die Reisebüros wissen, und das wollen die Fluggesellschaften wissen. Wird es eine nationale Lösung geben, oder präferieren Sie, dass man sich an dem Votum der EU-Kommission orientiert?

KALL: Ich habe den Weg skizziert, den die Bundesregierung geht, gerade bei der Fluggastrechte-Verordnung. Das ist eine Verordnung. Eine Verordnung gilt unmittelbar in der gesamten Europäischen Union, und eine Verordnung kann auch nur der europäische Gesetzgeber ändern. Dann ist immer die Frage, wie man das auslegt, usw. Dazu stehen wir ja mit der Kommission in Kontakt. Aber die Handlungsspielräume haben wir auch skizziert.

FRAGE JUNG: Ich habe sogar zwei Fragen! – Herr Alter, was machen der Verfassungsschutz und das Innenministerium in Sachen der Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten und Rechtsradikalen, die jetzt jede Woche nicht nur in Berlin, sondern mittlerweile auch schon in anderen Städten gegen den Staat und gegen eine angebliche Coronadiktatur demonstrieren? Sehen Sie dort eine Radikalisierung? Was tun Sie dagegen?

Da das Familienministerium ja nicht da ist, hätte ich noch eine Frage zu den bedürftigen Schülern. Vielleicht hört das Ministerium ja zu. Die Familienministerin hat ja den Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung von digitalen Geräten gelobt. Ich würde gerne vom Ministerium wissen, welches Notebook man für 150 Euro kaufen kann.

VORS. WOLF: Vielleicht stellen Sie die Frage besser direkt an das Familienministerium.

ZUSATZ JUNG: Aber hier müsste es das dann beantworten und nachreichen! Das tut es sonst nicht so gerne.

ALTER: Zu Ihrer ersten Frage kann ich Ihnen sagen: unsere Sicherheitsbehörden beobachten zunächst einmal, wie sie das auch sonst tun, die Lage auch im Bereich des Extremismus in allen Richtungen. Natürlich ist es so, dass sich durch die Situation der Coronapandemie ein neues Thema ergeben hat, das zum Teil von einigen missbraucht, genutzt oder instrumentalisiert wird, um die eigenen Ideologien zu verbreiten. Das ist zunächst einmal etwas, das nichts Außergewöhnliches ist. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat ja die extremistischen Kreise ohnehin dauerhaft im Blick. Jetzt haben wir ein neues Thema. Das wird sehr genau beobachtet und wahrgenommen.

Allerdings ist im Moment der Zeitraum, in dem diese neuen Themen existieren, noch viel zu klein, um generelle Schlussfolgerungen im Sinne von „Da gab es eine zusätzliche Radikalisierung“ oder „Da gab es sie nicht“ ziehen zu können. Das ist im Moment nicht möglich.

Jedenfalls haben sowohl das Bundeskriminalamt als auch der Verfassungsschutz die unterschiedlichen Strömungen im Blick, und jede Strömung für sich hat ihre jeweilige inhaltliche Ausprägung.

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