Nach dem Rücktritt ist vor dem Rücktritt – BPK vom 5. August 2015
Naive Fragen- & Themenübersicht:
#Landesverrat/Der Fall netzpolitik.org (0:35 – 44:15 min)
– Frau Wirtz, hat der Generalbundeswalt bzw. der jetzt ehemalige Generalbundesanwalt Range seiner eigenen Regierung geglaubt? Sie haben in den letzten sechs Wochen allein hier mehr als ein Dutzend Mal gesagt: „Die Justiz ist unabhängig.“ (0:42 min)
– Ich habe eine Nachfrage an Herrn Plate: Ich möchte zu Herrn Maaßen kommen. Wir haben schon am Montag danach gefragt, wie das Weisungsverhältnis zwischen Justizminister und GBA ist. Können Sie einmal das genaue Weisungsverhältnis zwischen Verfassungsschutzchef und Innenminister erklären? (2:00 min)
– Herr Plate, ich habe gleich mehrere Fragen. Die Dokumente, die nur vertraulich und nicht geheim waren, wurden von Maaßen zu Staatsgeheimnissen erklärt. Können Sie mir sagen, warum das passiert ist? Eine zweite Frage: Wenn der Innenminister eine fragwürdige Rechtsauslegung des Chefs des Verfassungsschutzes feststellt, was für Handlungsoptionen hat dann der Innenminister? (6:40 min)
– Das hat jetzt meine Frage nicht beantwortet. Das war eine allgemeine Frage: Wenn der Innenminister feststellt, dass der Verfassungsschutzchef eine fragwürdige Auslegung hat, unabhängig vom Fall „Netzpolitik“, was für Handlungsoptionen hat er, zum Beispiel nichts machen? (9:10 min)
– Herr Plate, zwei schnelle Fragen: Haben Sie Herrn Maaßens Strafanzeige eigentlich dabei? Ich glaube, das wollten Sie am Montag prüfen. Eine Bedingung für die Straftat Landesverrat ist ja Vorsatz. Sieht das Innenministerium einen Vorsatz im Fall „Netzpolitik“? (19:20 min)
– Genießt Herr Maaßen noch das vollste Vertrauen der Kanzlerin und des Innenministers? (21:49 min)
– Ich habe zwei Lernfragen, die eine an Herrn Plate oder an Herrn Scholz: Mit welchen Mitteln kann eigentlich bei Landesverratsermittlungen gegen Redaktionen vorgegangen werden? Auf wen sind diese also anwendbar – auf die, die direkt in der Anzeige genannt werden, oder auch auf das Umfeld? Frau Wirtz, nach „Tagesspiegel“-Informationen gab es auch im Kanzleramt 2014 zwei interne Prüfvorgänge des Geheimschutzbeauftragten, bei denen Journalistenquellen eine Rolle spielten. Können Sie das bestätigen? (33:45 min)
– Herr Plate, am Montag konnten Sie nicht sagen, wann Herr de Maizière von den Ermittlungen erfahren hat. Können Sie das jetzt tun? (38:25 min)
– Ich habe eine Zusatzfrage, die ich schon am Montag an das Auswärtige Amt gestellt hatte und die Sie nicht wirklich beantwortet hatten: Wie schätzt das Auswärtige Amt den außenpolitischen Schaden dieses Falles ein? (40:00 min)
– Weil Sie gerade Wertschätzung angesprochen haben, frage ich vielleicht, Frau Wirtz und Frau Chebli: Schätzen der Außenminister und die Kanzlerin die Arbeit von Netzpolitik.org wert? (42:15 min)
Lage in der Ostukraine (ab 44:20 min)
Israel vs. Iran (ab 48:20 min)
– Frau Wirtz, Frau Chebli, die amerikanischen Partner haben ja, um die Gemüter der israelischen Regierung zu beruhigen, den Israelis mehr Waffenlieferungen zugesagt. Kommt das für die Bundesregierung auch in Frage oder passiert das schon? (51:40 min)
„Rettung“ Griechenlands (ab 53:05 min)
– Frau Wirtz, ich habe noch eine Verständnisfrage. Ein griechischer Schuldenschnitt ist selbst für den IWF, um in der Sprache der Kanzlerin zu bleiben, alternativlos. Er ist unvermeidlich. Die Kanzlerin möchte ihn vermeiden und gleichzeitig den IWF an Bord behalten. Aber beides geht ja nicht. Also wie soll das gehen? (56:30 min)
– Aber wenn jetzt eine Institution, der IWF, sagt „Wir machen da nicht mehr mit, wenn es keinen Schuldenschnitt gibt“, lässt man dann den IWF gehen oder geht man dann doch auf einen Schuldenschnitt zu? (58:11 min)
Pro-Kopf-Pauschale für Flüchtlinge? (ab 58:45 min)
Waffenindustrie/Rüstungsexporte (ab 59:45 min)
– Es geht um den Staatsvertrag zur Harmonisierung der Rüstungsexportrichtlinie zwischen Deutschland und Frankreich. Dazu erst einmal die Frage: Wer ist für die Ausarbeitung dieses Staatsvertrages verantwortlich? Vielleicht an das BMWi: Was soll da jetzt harmonisiert werden? Sind die französischen Richtlinien zu lasch oder die deutschen zu streng? (58:50 min)
– ist eine Harmonisierung der Rüstungsexportrichtlinie beider Länder in Planung? Wünscht sich das die Bundesregierung? (1:00:48 min)
– Sie hatten die Frage nicht beantwortet, ob sich die Bundesregierung eine Harmonisierung der Rüstungsexportrichtlinien wünscht, ob das in Zukunft wichtig ist. (1:01:55 min)
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Vollständiges BPK-Transkript vom 5. August 2015:
SRS‘IN WIRTZ: Guten Tag, meine Damen und Herren! Wie üblich machen wir einen Ausblick auf die Termine der Kanzlerin. Nächste Woche gibt es wieder einen Termin der Kanzlerin, genau genommen einen, und zwar am Mittwoch um 9.30 Uhr das Kabinett. – Das war es schon.
FRAGE JUNG: Zum Fall „Netzpolitik.org“: Frau Wirtz, hat der Generalbundeswalt bzw. der jetzt ehemalige Generalbundesanwalt Range seiner eigenen Regierung geglaubt? Sie haben in den letzten sechs Wochen allein hier mehr als ein Dutzend Mal gesagt: Die Justiz ist unabhängig.
SRS‘IN WIRTZ: Ich habe die Frage, ehrlich gesagt, im Zusammenhang noch nicht ganz verstanden.
ZUSATZFRAGE JUNG: Hat der Generalbundesanwalt seiner eigenen Regierung geglaubt? Denn Sie haben hier mehr als ein Dutzend Mal allein in den letzten sechs Wochen gesagt: Die Justiz ist unabhängig.
SRSIN WIRTZ: Das ist ja auch so. Die Justiz ist unabhängig. Vielleicht sind Sie mit den Grundsätzen der Gewaltenteilung vertraut, die in Deutschland herrscht. Vor diesem Hintergrund ist diese Aussage ja auch richtig, dass die Justiz unabhängig ist.
Die Staatsanwaltschaft ihrerseits ist in diesem Sinne ein Teil der Exekutive, ein Teil der Verwaltung. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Staatsanwaltschaften und Gerichten. Vielleicht das nur grundsätzlich als Unterscheidung.
Damit sprechen Sie die Frage des Weisungsrechts an. Zu diesen Sachverhalten haben der Kollege aus dem Bundesjustizministerium und gestern auch der Minister selbst schon ausführlich Stellung genommen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe eine Nachfrage an Herrn Plate: Ich möchte zu Herrn Maaßen kommen. Wir haben schon am Montag danach gefragt, wie das Weisungsverhältnis zwischen Justizminister und GBA ist. Können Sie einmal das genaue Weisungsverhältnis zwischen Verfassungsschutzchef und Innenminister erklären?
DR. PLATE: Ja, klar, gerne. Das ist ein fachaufsichtliches Verhältnis, so wie das in der Verwaltung überall üblich ist. Da gibt es keine Besonderheiten.
FRAGE: Ich habe eine Frage an Frau Wirtz, auch noch einmal zu diesem Themenkomplex: Es gibt ja jetzt einen Widerspruch zwischen dem Generalbundesanwalt auf der einen Seite und dem Justizminister auf der anderen Seite bezüglich des Gutachtens, wann das gestoppt worden ist. Welcher Version glaubt jetzt eigentlich die Kanzlerin? Ist sie der Ansicht, dass mit dem Rücktritt oder, besser gesagt, mit der Demission von Herrn Range die ganze Geschichte aufgeklärt ist, oder sieht sie da weiter Aufklärungsbedarf?
SRS‘IN WIRTZ: Ich möchte eingangs vorwegschicken, dass der Bundesjustizminister natürlich auch im Kontakt mit der Bundeskanzlerin und mit dem Bundeskanzleramt in dieser Angelegenheit ist und dass der Bundesjustizminister die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin in dieser Frage genießt.
Nach § 19 der Geschäftsordnung der Bundesregierung muss man eine Stellungnahme der Bundeskanzlerin einholen, wenn man solche Personalentscheidungen trifft, wie sie der Bundesjustizminister gestern getroffen hat. In diesem Zusammenhang hat die Bundeskanzlerin keine Einwände gegen das Vorgehen des Bundesjustizministers geäußert.
Was die Frage Gutachten, BMI/BMJV, Widersprüche anbelangt, würde ich gerne an die Kollegen verweisen, wie es um diese Gutachten bestellt ist. Ich kann nur ganz grundsätzlich für die Bundeskanzlerin das sagen, was ich gerade gesagt habe.
ZUSATZFRAGE: Noch eine Nachfrage dazu: Davon kann man ableiten, dass sie dann der Version des Justizministers glaubt und nicht der von Herrn Range, oder?
SRS‘IN WIRTZ: Ich möchte jetzt nicht in die Einzelheiten dieser Vorgänge gehen. Die Einzelheiten sind gestern durch den Bundesjustizminister sehr klar aufgeschlüsselt worden. Er hat sehr klar, auch in der Pressemitteilung, noch einmal aufgeschlüsselt, welche Stationen es in den vergangenen Tagen gegeben hat, was die Kommunikation mit dem GBA anbelangt. Insofern kann ich nur grundsätzlich das sagen, was ich für die Bundeskanzlerin gerade hier gesagt habe.
DR. SCHOLZ: Ich kann dazu nur noch einmal auf unsere Pressemitteilung von gestern verweisen. Wir haben dort, denke ich, im Detail ausgeführt, wie sich die Abläufe vollzogen haben und dass es richtig ist, dass bereits am vergangenen Freitag mit dem Generalbundesanwalt die Rücknahme des Gutachtenauftrags vereinbart war, und zwar ohne Kenntnis des möglichen Inhalts des Gutachtens.
ZUSATZFRAGE: Ich habe dazu noch eine Verständnisfrage: Warum hat sich der Justizminister am Freitag mit Herrn Range verständigt, das Gutachten zurückzuziehen?
DR. SCHOLZ: Am vergangenen Freitag hat das BMJV dem GBA in mehreren Telefonaten seine Zweifel am laufenden Ermittlungsverfahren mitgeteilt das haben wir auch öffentlich gemacht und die Sachlage erörtert. In erster Linie ging es darum, hier zu einer Verfahrensbeschleunigung beizutragen, sodass es zu der Vereinbarung kam, dass das Bundesjustizministerium zeitnah eine eigene rechtliche Einschätzung abgeben wird und diese dann anstelle des bereits vergebenen externen Gutachtens tritt. Der GBA hat dann am Sonntag in seiner Pressemitteilung dieses Verfahren noch einmal bestätigt, indem er darauf hingewiesen hat, dass der weitere Gang des Verfahrens der vom BMJV angekündigten Einschätzung vorbehalten bleiben wird.
FRAGE JUNG: Herr Plate, ich habe gleich mehrere Fragen. Die Dokumente, die nur vertraulich und nicht geheim waren, wurden von Maaßen zu Staatsgeheimnissen erklärt. Können Sie mir sagen, warum das passiert ist?
Eine zweite Frage: Wenn der Innenminister eine fragwürdige Rechtsauslegung des Chefs des Verfassungsschutzes feststellt, was für Handlungsoptionen hat dann der Innenminister?
DR. PLATE: Ich nehme gerne dazu Stellung. – Die erste Frage, die Sie gestellt haben, war, wenn ich das richtig verstanden habe, warum das BfV auf die Idee gekommen sei, die Dokumente, um die es geht, die in der Tat als vertraulich eingestuft waren, als Staatsgeheimnis zu bewerten. Es hängt gar nicht an der formalen Stufe der Einstufung, ob das vertraulich oder geheim ist, sondern das hängt von anderen Faktoren ab, die im Strafgesetzbuch legal definiert sind.
Wie die auf die Idee gekommen sind Ich kann jetzt natürlich nicht im Detail auf die Argumentation des Gutachtens eingehen, weil das Gutachten oder richtiger sollte ich sagen: die Einschätzung der betroffenen Behörde selbst eingestuft ist. Darauf kann ich jetzt nicht im Detail eingehen. Aber da ist das im Einzelnen auseinandergesetzt, warum die Voraussetzungen der Legaldefinition in dem, ich glaube, § 92 oder 93 StGB erfüllt sind.
Wie Sie schon aus den Äußerungen einiger anderer prominenter Akteure in der Debatte entnehmen können, ist das ein Rechtsverständnis, das hierin zum Ausdruck kommt Staatsgeheimnis, ja oder nein? , das mindestens als vertretbar eingestuft werden dürfte. Denn es ist ja nun so, dass sich auch der Generalbundesanwalt bzw. der ehemalige Generalbundesanwalt selbst und offenbar so habe ich es auch aus den Medien erfahren und dieser externe Gutachter dieser Einschätzung angeschlossen haben.
Aber Sie wissen, wie das ist: Wenn es zwei Juristen gibt, gibt es drei Meinungen. Sicherlich können das andere Juristen auch anders sehen. Es handelt sich aber jedenfalls nicht um eine Einschätzung, die schlechthin unvertretbar wäre.
Da der Minister das Gutachten gar nicht gekannt hat, erübrigt sich auch ein bisschen die Frage, was der Minister dagegen hätte machen können. Sie erübrigt sich sowieso auch vor dem Hintergrund der Vertretbarkeit der vom Bundesamt für Verfassungsschutz geäußerten Rechtsauffassung.
ZUSATZFRAGE JUNG: Das hat jetzt meine Frage nicht beantwortet. Das war eine allgemeine Frage: Wenn der Innenminister feststellt, dass der Verfassungsschutzchef eine fragwürdige Auslegung hat, unabhängig vom Fall „Netzpolitik“, was für Handlungsoptionen hat er, zum Beispiel nichts machen?
DR. PLATE: Die Option, nichts zu machen, gibt es natürlich in der Theorie immer. Sie wird aber sicher niemals die Option sein, die ausgewählt werden würde, wenn der Verfassungsschutzchef eine nicht vertretbare Rechtsauffassung hätte oder sonst irgendwie etwas Abwegiges tun würde. Grundsätzlich gehen die aufsichtlichen Maßnahmen bis hin zum Weisungsrecht. Dafür war hier aber überhaupt gar kein Anlass, da sich Herr Maaßen mit dem Gutachten bzw. der Stellungnahme seiner Behörde, die auf Anfrage abgegeben worden ist, formal völlig korrekt verhalten hat und er sich auch mit dem Umstand, Anzeige gegen unbekannt zu erstatten, völlig korrekt verhalten hat. Das wird auch bis hinauf zum Bundesinnenminister selbst so gesehen.
FRAGE LÜCKING: An Dr. Scholz vom BMJV die aufgewärmte Frage aus der letzten Pressekonferenz: Wie werden die Ministerien mit dem Streisand-Effekt umgehen, also mit der Weiterverbreitung der Inhalte, und wie viele Selbstanzeigen hat es durch Journalisten gegeben, die sich selbst des Landesverrats bezichtigen?
DR. SCHOLZ: Dazu habe ich schon am Montag gesagt, dass mir dazu keine Erkenntnisse vorliegen. Da müssten Sie sich dann an den GBA wenden, wenn dort Selbstanzeigen eingegangen sein sollten, oder an eine andere Stelle, möglicherweise eine andere Staatsanwaltschaft oder Polizei; ich weiß es nicht.
ZUSATZFRAGE LÜCKING: Die Bundesregierung ist also aktuell weiterhin nicht über Fälle von Landesverrat im Bilde, wenn sich Menschen da selbst bezichtigen oder deswegen angezeigt werden? Das ist kein besonderes Vorkommnis, was dann aus den zuständigen Stellen, zum Beispiel Generalbundesanwalt, direkt an die Regierung hochgemeldet werden muss? Das wundert mich doch sehr.
DR. SCHOLZ: Mir liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Ich weiß es nicht.
FRAGE: Ich habe zwei Lernfragen an das BMJV: Wer führt jetzt eigentlich die Bundesanwaltschaft? Ist das auch die Person, die jetzt eventuell entscheidet, ob die Ermittlungen eingestellt und/oder fortgeführt werden?
An das BMI die Frage: Ist die Ermittlung wegen einer schwerwiegenden Straftat, wie es Landesverrat ja ist, Anlass für die Einstellung als Information in polizeiliche Informationssysteme national oder supranational?
DR. SCHOLZ: Die Versetzung des GBA in den einstweiligen Ruhestand erfolgt nach den Regelungen des Bundesbeamtengesetzes durch den Bundespräsidenten. Vollzogen ist die Versetzung, wenn die Ruhestandsurkunde überreicht wird. Das ist bisher noch nicht passiert. Bis dahin ist der bisherige Amtsinhaber weiter im Amt. Wenn die Ruhestandsurkunde überreicht und die Versetzung vollzogen ist, übernimmt der dienstälteste Abteilungsleiter beim GBA das ist in diesem Fall Herr Altvater die Leitung der Generalbundesanwaltschaft, bis ein Nachfolger ernannt ist.
ZUSATZFRAGE: Meine Frage ist: Ist das auch die Person, die gegebenenfalls jetzt entscheidet, ob das Verfahren eingestellt wird?
DR.SCHOLZ: Das muss die Generalstaatsanwaltschaft dann in eigener Zuständigkeit entscheiden, wie sie mit dem Ermittlungsverfahren jetzt weiter umgeht.
DR. PLATE: Zu der Frage, die an mich gestellt war, nämlich zu dem Umstand, dass ein Ermittlungsverfahren in irgendeinen polizeilichen Datenbestand läuft: Im Detail müsste ich mich da einmal schlaumachen. Aber das ist ja dann, ehrlich gesagt, ein Vorgang, der die polizeiliche Schiene in Richtung Justizschiene sowieso verlassen hat. Insofern kann ich jetzt nicht so richtig erkennen, warum das so sein sollte. Ich kann aber gerne versuchen, das zu klären. Sie sprachen von supranationalen Informationssystemen, wobei ich nicht weiß, was Sie damit meinen.
ZUSATZ: Beispielsweise das Schengener Informationssystem oder Ähnliches.
DR. PLATE: Ich kann das gerne klären. Aber sagen könnte ich es Ihnen natürlich nicht, weil das sensible personenbezogene Daten wären, ob die einzelnen Personen, um die es hier geht, in diesen Datenbeständen eingespeist werden. Selbst wenn ich es wollte, könnte ich es Ihnen, ehrlich gesagt, dann nicht sagen. Aber ich werde aus eigenem Interesse heraus klären, ob das drin ist. Weil es sich aber jetzt um ein Ermittlungsverfahren handelt, das bei der Justiz liegt, und nicht um eine polizeiliche Fahndung oder so etwas dafür ist das eigentlich gedacht , sehe ich jetzt, ehrlich gesagt, nicht so richtig Anhaltspunkte dafür, dass Sie da mit der Frage auf dem richtigen Weg sein könnten.
ZUSATZFRAGE: Genau deswegen frage ich ja. Könnten Sie das vielleicht an alle nachreichen?
DR. PLATE: Na ja, wie schon gesagt: Ich kann Ihnen höchstens in verallgemeinerter Form nachreichen, was die Voraussetzungen für eine Einspeisung in das SIS und in INPOL sind. Zu den beiden konkret benannten Personen kann ich es aus dem genannten Grund natürlich nicht.
FRAGE: Ich habe eine weitere Frage an Herrn Dr. Plate: Sie haben gerade dargestellt, dass der Minister am Verhalten von Herrn Maaßen offenbar nichts zu bestanden hat, dass das alles in Ordnung gewesen sei. Kann man sich denn nun vorstellen, dass es eine solche Anzeige nach diesem Verlauf der Affäre demnächst wieder geben wird, oder wird Herr de Maizière Herrn Maaßen gewissermaßen rechtzeitig in den Arm fallen? Sind Sie jetzt quasi vorgewarnt, dass so etwas nicht wieder passiert? Sie können ja nicht das Interesse daran haben, dass sich das wiederholt.
Die zweite Frage an das BMJV: Was geschieht jetzt konkret mit dem Ermittlungsverfahren? Wann kann man sich vorstellen, dass das Ganze zumindest erst einmal juristisch ein Ende hat?
DR. PLATE: Vielleicht fange ich einmal an, weil Sie ja zuerst die Frage an mich gerichtet hatten. Im Einzelnen kann und möchte ich zu dieser Frage nicht Stellung nehmen, weil es eine vollkommen hypothetische Frage ist und es selbstverständlich vom konkreten Sachverhalt abhängt. Ob eine Strafanzeige infrage kommt und ob diese gegen unbekannt oder gegen ganz bestimmte Akteure gerichtet ist, das hängt selbstverständlich vom konkreten Fall ab. Solange Sie mir jetzt keinen ganz konkreten Fall nennen können, den Sie im Auge haben, kann ich Ihnen dazu auch nicht belastbar Auskunft geben, ob da eine Strafanzeige ergehen wird oder nicht.
Festzuhalten ist nur da möchte ich auf das verweisen, was ich schon am Montag gesagt habe : Wenn einmal eine Straftat im Umfeld einer Behörde geschieht, konkret als vertraulich oder gar geheim eingestufte Dokumente das Umfeld der Behörde verlassen und in die Hände Unbefugter geraten, dann ist das jedenfalls eine Straftat. Es ist korrekt, wenn der Leiter einer Behörde, in dessen Haus oder in dessen Umfeld das passiert, versucht, diese Straftat aufzuklären und dem nachzugehen, gegebenenfalls auch mit dem Instrument einer Strafanzeige, wie es hier mit einer Strafanzeige, die gegen unbekannt gerichtet war, geschehen ist.
DR. SCHOLZ: Zu Ihrer weiteren Frage: Es ist, wie ich es eben schon erwähnt habe: Anders, als vielleicht in einigen Presseberichten heute zu lesen war, ist das Ermittlungsverfahren nicht eingestellt. Darüber, wie es mit dem Ermittlungsverfahren weitergeht, entscheidet allein der GBA in eigener Zuständigkeit nach Recht und Gesetz. Es besteht kein Raum, wie ich auch schon am Montag hier ausgeführt habe, für eine Weisung durch das BMJV.
Was wir auch gesagt haben und was ich hier gern wiederhole, ist, dass das BMJV dem GBA zeitnah eine eigene rechtliche Einschätzung zu der Frage übermitteln wird, ob es sich bei den veröffentlichten Dokumenten um ein Staatsgeheimnis handelt, dessen Veröffentlichung die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt. Wir gehen davon aus, dass der GBA diese Einschätzung auch in seine weiteren Überlegungen mit einbeziehen wird.
FRAGE MARKMEYER: Herr Scholz, ich würde gerne mit Ihrer Hilfe noch einmal die Gutachtenfrage sortieren. Wir reden bei dem unabhängigen Gutachten nicht von dem Gutachten, über das heute in der „Süddeutschen Zeitung“ berichtet wird, sondern über ein weiteres. Ist das richtig?
DR.SCHOLZ: Es geht um einen Gutachtenauftrag, den der GBA an einen externen Gutachter vergeben hat. Darum drehte sich die Kommunikation in den vergangenen Tagen mit dem BMJV.
ZUSATZFRAGE MARKMEYER: Es ist also nicht das, worüber da geschrieben wurde?
DR. SCHOLZ: Ein solches Gutachten liegt aber bisher nicht vor. Der GBA hat mitgeteilt, dass er den Gutachtenauftrag zurückziehen wird oder zurückgezogen hat.
FRAGE: Ich habe eine Frage an das Kanzleramt. Frau Wirtz, könnten Sie mir noch einmal detailliert sagen: Wann wurde das Kanzleramt über diese Ermittlungen informiert, von wem, und was hat das Kanzleramt dann unternommen?
SRS‘IN WIRTZ: Ich kann gerne wiederholen, was ich hier am Montag schon gesagt habe: Das Kanzleramt hat von den Ermittlungen des GBA aus den Medien erfahren, wenn Sie so wollen, im weitesten Sinne von Ihnen.
ZUSATZFRAGE: Was hat das Kanzleramt dann unternommen?
SRS‘IN WIRTZ: Das Kanzleramt hat sich informiert und gesagt, dass diese Fragen das war ja im Geschäftsbereich des Justizministers zunächst einmal zu klären sind. Insofern habe ich all das, was wir dazu öffentlich gemacht haben bzw. was ich auch öffentlich kommentieren kann, schon am Montag getan. Insofern möchte ich mich da ungern wiederholen.
FRAGE JUNG: Herr Plate, zwei schnelle Fragen: Haben Sie Herrn Maaßens Strafanzeige eigentlich dabei? Ich glaube, das wollten Sie am Montag prüfen. Eine Bedingung für die Straftat Landesverrat ist ja Vorsatz. Sieht das Innenministerium einen Vorsatz im Fall „Netzpolitik“?
Eine Frage an das BMJV: Sie haben gerade gesagt, Sie wüssten nicht, wie das Verfahren oder die Ermittlungen jetzt weitergingen. Aber gehen Sie davon aus, wünscht sich der Minister, dass die Ermittlungen unverzüglich eingestellt werden?
DR. PLATE: Ich würde ganz gerne mit dem zweiten Teil der Frage beginnen: Sieht das Innenministerium Vorsatz? Ich bin ganz dankbar für die Frage, gerade weil ich am Montag dazu ziemlich deutlich Stellung genommen habe, aber das offenbar vielleicht noch nicht angekommen ist. Deswegen lese ich gerne noch einmal vor, was ich am Montag vorgelesen habe: Das BMI teilt die Zweifel des Justizministers, ob die Journalisten mit ihrer Veröffentlichung die Absicht verfolgt haben, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen.
Anders als Sie es gesagt haben, bedarf es nämlich für den Landesverrat nicht nur eines normalen Vorsatzes, sondern einer solchen besonderen Absicht. Die Zweifel daran, die ich schon am Montag vorgetragen habe, habe ich gerade wiederholt.
Zu der Frage der Strafanzeigen: Ich habe die Strafanzeigen hier heute nicht dabei. In der Tat hatte ich zugesagt, zu prüfen, ob diese Strafanzeigen herausgegeben werden können. Das vorläufige Ergebnis ist, dass das alles nicht so einfach ist und sie nicht ohne Weiteres herausgegeben werden können. Sie können mich aber gerne zum Inhalt der Strafanzeigen befragen; dazu bin ich vollkommen sprechfähig. Das hat verschiedene Gründe, die unter anderem damit zu tun haben, dass es sich, jedenfalls im Moment, noch um ein laufendes Ermittlungsverfahren handelt und dass Dokumente, die zur Ermittlungsakte gehören, im Einzelnen nicht einfach herausgegeben werden können. Es sind auch personenbezogene Daten drin. Die Prüfung ist noch nicht ganz abgeschlossen. Aber das vorläufige Ergebnis ist: Ich kann Ihnen das nicht über den großen Verteiler versenden.
DR. SCHOLZ: Ich glaube, Wünsche des Ministers sind für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht relevant. Wir haben uns dazu geäußert. Ich habe das gesagt, was ich eben ausgeführt habe, dass wir eine rechtliche Einschätzung vorlegen und davon ausgehen, dass der GBA sie bei seinen eigenen Prüfungen berücksichtigen wird.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe noch eine Frage an das Kanzleramt und an Herrn Plate: Genießt Herr Maaßen noch das vollste Vertrauen der Kanzlerin und des Innenministers?
DR. PLATE: Ich habe dazu schon umfassend vorgetragen. Ich habe sehr ausdrücklich gesagt, dass das Bundesinnenministerium bis hoch zum Minister der Auffassung ist, dass Herr Maaßen korrekt gehandelt hat, als er Anzeige gegen unbekannt erstattet hat. Ich habe diese Bewertung auch auf die Behördeneinschätzung erstreckt, die an das LKA Berlin und den GBA gegangen ist. Damit ist alles gesagt.
SRS‘IN WIRTZ: Was darf ich tun, Herr Jung? – Stellen Sie mir die Frage noch einmal!
ZUSATZFRAGE JUNG: Hat Herr Maaßen das vollste Vertrauen der Kanzlerin?
SRS‘IN WIRTZ: Die Bundeskanzlerin hat die Vorgänge, die am vergangenen Freitag durch den Bundesjustizminister vollzogen worden sind, und jetzt in der Folge die weiteren Geschehnisse kommentiert. Sie hat zum Ausdruck gebracht, wie sie dazu steht. Darüber hinaus möchte ich mich jetzt nicht mit Einzelheiten bzw. mit einzelnen personellen Wertungen befassen, die in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen. Mein Kollege Herr Plate hat etwas zu dieser Personalie gesagt. Diese Frage ist im Geschäftsbereich des BMI. Insofern möchte ich es dabei belassen.
FRAGE DR. DELFS: Frau Wirtz, noch eine Frage zu der Sache mit der Aufklärung. Sie hatten am Montag gesagt, was Sie eben wiederholt haben: Der Justizminister genießt die volle Unterstützung. – Als Zweites hieß es aber auch, ansonsten setze sie auf eine volle Aufklärung des Sachverhalts. Ist denn der Sachverhalt mit der Entlassung von Herrn Range für die Kanzlerin jetzt aufgeklärt? Es sind ja doch noch einige Widersprüche im Raum. – Das wäre meine erste Frage.
Die zweite Frage richtet sich an das Justizministerium. Sie hängt indirekt damit zusammen: Als der Generalbundesanwalt vor einigen Monaten entschieden hat, nicht in Sachen des Kanzlerhandys und der Ausspähung zu ermitteln, war das eigentlich auch eine Weisung des Justizministers, oder woraus resultierte diese Entscheidung? War das sozusagen aus der Sache heraus entschieden, frei entschieden?
SRS‘IN WIRTZ: Zunächst einmal nur der Genauigkeit wegen: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich am Montag hier von vollständiger Aufklärung des Sachverhalts gesprochen habe. Ich selbst erinnere mich nicht an diese Worte, die ich gewählt haben soll. Aber natürlich wird man, so es denn offene Sachfragen in diesem Zusammenhang gibt, diesen nachgehen müssen.
Ganz grundsätzlich ist es so, dass es jetzt ein Verfahren gibt. Es ist ganz klar: Es gibt ein Verfahren beim GBA, das derzeit ruht das haben wir gerade noch einmal ausgeführt und das dann weitergeführt wird, wie der Bundesjustizminister das am Freitag auch noch einmal dargelegt hat. Dann wird man sehen, was am Ende dieser Prüfung durch den GBA geschieht.
DR. SCHOLZ: Ich habe schon am Montag mitgeteilt, dass das BMJV in den vergangenen Jahren noch in keinem Ermittlungsverfahren von seinem externen Weisungsrecht gegenüber dem GBA Gebrauch gemacht hat. Das gilt sowohl für den von Ihnen angesprochenen Komplex, das gilt aber auch für das jetzige Verfahren, um das noch einmal deutlich zu machen, weil Sie von „auch“ sprachen. Es hat keine Weisung gegeben.
FRAGE: Ich habe eine Frage an Frau Wirtz. Der Bundesjustizminister hat Herrn Peter Frank für die Stelle von Herrn Range vorgeschlagen. Wie steht die Bundeskanzlerin zu diesem Vorschlag?
Eine Frage an Herrn Scholz: Wie viele Tage wird Generalbundesanwalt Range noch im Amt bleiben?
SRS’IN WIRTZ: Ich möchte jetzt praktisch einer Befassung des Kabinetts es ist ja so, dass eine Ernennung in der Tat auf Vorschlag des Bundesjustizministers erfolgt und dann das Kabinett als Nächstes damit befasst wird, und das ist noch nicht geschehen nicht vorgreifen und im Moment sozusagen keine Stellung dazu nehmen, wie diese Personalie einzuschätzen ist. Aber ganz grundsätzlich kann ich sagen, dass der Bundesjustizminister die volle Unterstützung der Kanzlerin für das Vorgehen hat, wie er es grundsätzlich gestern auch der Presse mitgeteilt hat.
DR. SCHOLZ: Ich war auch noch gefragt worden, kann aber nichts Neues beitragen. Ich habe ja eben schon deutlich gemacht, dass entscheidend ist, wann die Ruhestandsurkunde übergeben wird. Wann das genau erfolgen wird, weiß ich nicht. Nach meiner Kenntnis ist es so, dass diese Urkunde schon auf dem Weg zum Bundespräsidenten ist oder zumindest heute auf den Weg dorthin gebracht werden soll.
FRAGE: Herr Plate, ich wollte einmal kurz auf etwas zurückkommen, was Sie vorhin bezüglich der Legaldefinition von Landesverrat und dem Nicht-Zusammenhang mit der Einstufung gesagt haben: Verstehe ich es richtig, dass eine Einstufung völlig unerheblich für die Einschätzung ist? Sie haben das nämlich gerade so oder fast so formuliert. Vielleicht erklären Sie das noch einmal.
DR. PLATE: Vielen Dank, dass Sie noch einmal nachfragen, weil das offenbar nicht richtig angekommen ist. Zuerst einmal habe ich nicht gesagt, dass Landesverrat legal definiert ist. Die Straftat heißt einfach so, und es gibt einen Straftatbestand. Ich habe gesagt, dass der Begriff des Staatsgeheimnisses legal definiert ist, weil das in der Debatte ein bisschen durcheinandergeht und nämlich nicht ganz unbedeutend ist. Auch die Behördeneinschätzung, die das BfV auf Bitten des LKA Berlin und des GBA Berlin abgegeben hat, verhält sich überhaupt nicht zu der Frage, ob der Straftatbestand des Landesverrats erfüllt ist, sondern ausschließlich zum Vorliegen des Staatsgeheimnisses. Es ist vielleicht wichtig, das darzustellen, weil das ein Merkmal ist, das mitnichten nur im Tatbestand des Landesverrats vorkommt. Dies vielleicht vorweg.
Dann hatten Sie gefragt, ob die Einstufung bedeutungslos für die Frage sei, ob das ein Staatsgeheimnis ist. Nein, bedeutungslos ist das nicht. Aber wenn Sie in die Legaldefinition des Staatsgeheimnisses hineinschauen, dann sehen Sie, dass es darin um die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland geht. Einstufungen können aber auch bei Dingen erfolgen, die zum Beispiel die innere Sicherheit der Bundesreplik Deutschland betreffen. Deswegen kann dem durchaus eine indizielle Wirkung zukommen, aber es kann natürlich mitnichten so sein, dass das irgendwie eins zu eins vom einen Glas in das andere gegossen wird, wenn ich das vielleicht so bildlich ausdrücken darf. Es ist also von Bedeutung, aber es ist kein Automatismus, dass aus einer solchen Einstufung das Ergebnis „Staatsgeheimnis“ folgt oder nicht folgt.
ZUSATZFRAGE: Nur damit ich es wirklich gar nicht falsch verstehe: Heißt das auch nicht, dass zum Beispiel eine Einstufung als VS/NfD trotzdem zu der Einschätzung führen könnte, dass es sich um ein Staatsgeheimnis handelt?
DR. PLATE: Das ist jetzt natürlich ein hypothetisches Spiel, das wir endlos fortsetzen könnten. Aber aus dem, was ich gesagt habe, werden Sie sicherlich ableiten können, dass es in so einem Fall sicherlich vergleichsweise unwahrscheinlich wäre, dass die Justiz, und die hat das ja zu beurteilen, zu einem solchen Ergebnis käme.
FRAGE MENN: Herr Plate, ich habe es noch nicht so ganz verstanden. Sie haben jetzt gerade betont, dass der Bundesinnenminister einerseits hinter der Anzeige von Herrn Maaßen steht und sie auch korrekt findet. Andererseits haben Sie aber noch einmal vorgelesen, dass der Bundesinnenminister die Einschätzung von Herrn Maas teilt, dass er grundsätzlich Zweifel an diesem Verfahren hat. Was ist denn dann eigentlich falsch gelaufen, oder ist Herr Range einfach zu blöd und hat das nicht richtig verstanden?
DR. PLATE: Nein, das erläutere ich gerne, weil da in der Tat wirklich überhaupt kein Widerspruch besteht. Ich möchte vielleicht, auch wenn ich manche damit möglicherweise langweile, noch einmal vorlesen, woran der Bundesinnenminister Zweifel hat. Ich habe weder gesagt, er habe Zweifel am Staatsgeheimnis oder am Landesverrat das habe ich alles nicht gesagt , noch habe ich gesagt, er habe Zweifel am Verfahren. Ich habe gesagt: Er hat Zweifel, ob die Journalisten mit ihrer Veröffentlichung die Absicht verfolgt haben, die Bundesreplik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen. Damit ist eigentlich alles gesagt. Wenn Sie dazu jetzt noch eine weitere Nachfrage haben, dann beantworte ich sie gerne, aber ich glaube, damit ist das eigentlich klar.
ZUSATZ MENN: Nein, ich habe es immer noch nicht verstanden.
DR. PLATE: Okay, dann mache ich gerne noch einen Versuch. Ich weiß nicht genau, was ich jetzt sozusagen vielleicht an juristischem Wissen voraussetzen kann. Aber es ist jedenfalls einmal so, dass man für den Straftatbestand des Landesverrates ein Staatsgeheimnis und diese besondere Absicht braucht. Wenn diese Absicht nicht vorliegt gesetzt den Fall, der Bundesinnenminister läge da mit seinen Zweifeln richtig; die Zweifel werden ja von vielen geteilt , dann ist das eben nicht die Straftat des Landesverrats.
ZUSATZFRAGE MENN: Heißt das, Herr Range hat die Anzeige einfach falsch verstanden?
DR. PLATE: Auch für diese Frage bin ich sehr dankbar. Ob Herr Range eben etwas falsch verstanden hat oder nicht, ist, ehrlich gesagt, völlig unerheblich, da der Präsident des Verfassungsschutzes ja der Anzeigeerstatter ist. Zu prüfen, was mit einer solchen Anzeige zu machen ist und ob überhaupt eine Strafbarkeit vorliegt gegebenenfalls von wem und nach welchen Straftatbeständen , ist einfach einzig und allein Sache der Justiz. Es besteht auch keine Bindung der Justiz und hier des GBA an Vorstellungen, die ein Anzeigeerstatter haben mag oder nicht haben mag.
ZUSATZFRAGE MENN: Bedauert Herr de Maizière denn, dass diese Anzeige, die ja auch gar nicht so gemeint gewesen ist, dann nachher diesen Effekt hatte?
DR. PLATE: Ein solcher Ausdruck des Bedauerns oder Nicht-Bedauerns kommt dem Bundesinnenminister hierbei überhaupt gar nicht zu. Es ist einfach so, dass er sagt: Es ist korrekt und er steht dahinter, dass Herr Maaßen Anzeige gegen unbekannt erstattet hat. Er hat Zweifel daran, dass diese Absicht, die ich hier schon drei oder vier Male vorgetragen habe, vorliegt. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
FRAGE: Herr Scholz, ich möchte noch einmal die Frage von vorhin aufwerfen. Mir ist immer noch nicht ganz klar, warum und mit welcher Begründung der Justizminister oder der Justizminister gemeinsam mit dem Generalstaatsanwalt beschlossen hat, das erste Gutachten zurückzuziehen.
DR. SCHOLZ: Ich glaube, das habe ich vorhin deutlich zu machen versucht. Es wurde vereinbart, dass das BMJV eine eigene rechtliche Einschätzung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage erstellt und dass dies an die Stelle des bereits in Auftrag gegebenen externen Gutachtens treten soll und dann im weiteren Verfahren, wie vom GBA am Sonntag auch angekündigt wurde, den weiteren Prüfungen durch den GBA zugrunde gelegt wird.
ZUSATZFRAGE: Mich interessieren die Gründe. Warum?
DR. SCHOLZ: Ich hatte eben schon gesagt, dass es auch darum ging, zügig zu einer Entscheidung zu kommen.
FRAGE JUNG: Ich habe zwei Lernfragen, die eine an Herrn Plate oder an Herrn Scholz: Mit welchen Mitteln kann eigentlich bei Landesverratsermittlungen gegen Redaktionen vorgegangen werden? Auf wen sind diese also anwendbar – auf die, die direkt in der Anzeige genannt werden, oder auch auf das Umfeld?
Frau Wirtz, nach „Tagesspiegel“-Informationen gab es auch im Kanzleramt 2014 zwei interne Prüfvorgänge des Geheimschutzbeauftragten, bei denen Journalistenquellen eine Rolle spielten. Können Sie das bestätigen?
SRS’IN WIRTZ: Nein, ich kann hier zu internen Vorgängen im Kanzleramt keine Stellung nehmen.
DR. PLATE: Ermittlungsverfahren laufen in der Zuständigkeit der Justiz ab. Wie Sie wissen, läuft ein Ermittlungsverfahren immer unter der Sachleitungsbefugnis der zuständigen Staatsanwaltschaft ab. Deswegen kann ich vonseiten des Innenministeriums zu Ihrer Frage nichts beitragen.
FRAGE DR. ZWEIGLER: Ich habe zwei Fragen, eine formale zum weiteren Ablauf. Aus dem parlamentarischen Raum gibt es die Forderung, eine Sondersitzung des Rechtsausschusses einzuberufen. Ich hätte gerne gewusst, wie Ihre beiden Minister dann möglicherweise ihren Urlaub unterbrechen wollen, wenn sie denn im Urlaub sind, und auf die Fragen der Abgeordneten antworten werden.
Herr Dr. Plate, was die Anzeigen von Herrn Maaßen betrifft: Hat es den Minister denn eigentlich überrascht, dass darin nicht nur gegen unbekannt, sondern auch konkret gegen Netzpolitik.org ermittelt werden sollte oder soll?
DR. PLATE: Vielleicht zuerst zur ersten Frage, zu der vielleicht Herr Scholz noch etwas beizutragen hat: Auch ich habe den Medien entnommen, dass sozusagen Aufklärungsbedarf im parlamentarischen Bereich gesehen wird. Ob solche Termine zustande kommen werden, wann sie in welchem Format zustande kommen werden und wer daran teilnehmen wird ich bitte um Verständnis , werden die betroffenen Häuser sicherlich zunächst den parlamentarischen Gremien mitteilen, die dieses Ansinnen haben, und sicherlich nicht über die Medien mitteilen.
Zu der zweiten Frage: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ging es darum, ob Herr de Maizière überrascht war, dass auch gegen die Journalisten ermittelt werden soll, jedenfalls ausweislich des Schreibens des Generalbundesanwalts. Eigentlich kann ich nur das wiederholen, was ich heute und auch am Montag schon mehrfach vorgetragen habe: Die Journalisten waren überhaupt nicht weder verbal, noch stand das dahinter im Fokus der Anzeige. Ob man sich jetzt mit Gefühlen wie Überraschung herumschlägt oder nicht, habe ich den Minister, ehrlich gesagt, nicht gefragt.
ZUSATZ DR. ZWEIGLER: Sie standen doch aber in der konkreten Anzeige, die beim Generalbundesanwalt eingegangen ist.
DR. PLATE: Ja, aber da kann ich auch nur auf das verweisen, was ich schon am Montag gesagt habe: Sie standen in der Anzeige, aber mitnichten als potenzielle Beschuldigte oder gar im Titel, der da „Strafanzeige gegen unbekannt“ lautete. Es ist kein unüblicher Vorgang, dass auch potenzielle Zeugen in einer Anzeige benannt werden. Zu Kriterien wie Überraschung möchte ich nicht Stellung nehmen. Die Frage stellt sich aus meiner Sicht auch gar nicht.
FRAGE DR. DELFS: Herr Scholz, Sie sagten vorhin natürlich völlig zu Recht, dass der Justizminister in diesem Fall nicht von seinem Weisungsrecht Gebrauch gemacht habe. Aber er hat ja jetzt trotzdem schon auf den ganzen Vorgang Einfluss genommen; das ist ja auch eine Tatsache, die Herr Range selbst kritisiert hatte.
Meine Frage, noch einmal zurück zum Kanzlerhandy: Gab es denn damals eine solche Form der Einflussnahme auf die Entscheidung des Generalbundesanwalts?
DR. SCHOLZ: Zum damaligen Zeitpunkt? Welchen Zeitpunkt meinen Sie?
ZUSATZ DR. DELFS: Ich meine den Zeitpunkt, als entschieden wurde, dass in der Sache nicht ermittelt wird bzw. dass die Ermittlungen eingestellt werden. Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht mehr genau, wie das war.
DR. SCHOLZ: Das kann ich Ihnen nicht sagen.
ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Können Sie das noch nachliefern? Das wäre ja ganz interessant.
DR. SCHOLZ: Ich kann versuchen, etwas in Erfahrung zu bringen, das sozusagen auch die entsprechende Qualität hat, es Ihnen mitzuteilen. Das weiß ich nicht.
FRAGE: Frau Wirtz, Sie hatten gerade gesagt, dass das Kanzleramt über die Medien von den Ermittlungen erfahren habe. Hat das Kanzleramt über die Medien auch von der Anzeige erfahren?
SRS’IN WIRTZ: Nein, und diese Frage haben wir auch schon beantwortet: Von der Anzeige ist das Bundeskanzleramt nachträglich, nach der Stellung der Anzeige im April, unterrichtet worden.
FRAGE JUNG: Herr Scholz, Sie hatten meine letzte Frage nicht beantwortet. Könnten Sie das tun?
Herr Plate, am Montag konnten Sie nicht sagen, wann Herr de Maizière von den Ermittlungen erfahren hat. Können Sie das jetzt tun?
DR. PLATE: Ja, das kann ich gerne machen. Von dem Ermittlungsverfahren gegen die beiden genannten Herren, das hier im Raum steht, hat der Minister am 30. oder 31. aus der Zeitung erfahren. Wenn es ganz wichtig für Sie ist, ob es der 30. oder der 31. war, würde ich das herausfinden, aber so ist es jedenfalls.
DR. SCHOLZ: Jetzt war ich noch gefragt, Herr Jung, im Hinblick auf Ermittlungsmaßnahmen. Ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe. Es ist so, dass in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ganz generell Ermittlungsbefugnisse und Ermittlungsmaßnahmen aus der StPO zur Verfügung stehen. Wenn deren Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, das heißt, wenn ein entsprechender Verdachtsgrad vorliegt, wenn möglicherweise bestimmte Katalogstraftaten im Raum stehen, wenn weitere Voraussetzungen vorliegen unter Umständen ist ein Richtervorbehalt vorgesehen Ich glaube, das kann man nur so pauschal beantworten.
ZUSATZFRAGE JUNG: Die Frage war ja, ob sich die Ermittlungen zum Beispiel nur gegen Beckedahl und Meister richten oder auch gegen deren Umfeld. Ist das rein rechtlich möglich?
DR. SCHOLZ: Nein. Ermittlungsmaßnahmen können sich gegen Beschuldigte richten. Es können natürlich auch Zeugen vernommen werden; klar, das ist auch denkbar.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe eine Zusatzfrage, die ich schon am Montag an das Auswärtige Amt gestellt hatte und die Sie nicht wirklich beantwortet hatten: Wie schätzt das Auswärtige Amt den außenpolitischen Schaden dieses Falles ein?
CHEBLI: Ich bin der Meinung, dass ich diese Frage beantwortet habe. Ich habe Ihnen gesagt, dass das Auswärtige Amt und die ganze Bundesregierung weltweit für Presse- und Meinungsfreiheit einstehen, und um glaubwürdig zu bleiben, ist es wichtig, dass wir uns auch zu Hause an diese Standards halten. Ich finde, damit ist unsere Sicht auf die Dinge ja ganz klar wiedergegeben.
Vielleicht kann ich, ohne dass Sie mich jetzt konkret danach fragten, den Punkt machen: Gestern gab es eine Agenturmeldung, wonach es hieß, dass sich die OSZE-Medienbeauftragte in einem Schreiben an den Außenminister gewandt und die Einstellung der Ermittlungen gegen die Journalisten gefordert habe. Das ist jetzt durch die aktuellen Ereignisse ein bisschen überholt, aber prinzipiell und generell gibt es mir doch die Chance, unsere Wertschätzung für die Arbeit der OSZE-Beauftragten in ihrem Einsatz für Medienfreiheit und Pressefreiheit zum Ausdruck zu bringen. Das ist genau die Rolle, die sie versteht, die sie zu vollziehen hat und die wir nachdrücklich unterstützen.
Das gibt mir auch die Gelegenheit, zu sagen, dass es Deutschland war, das sich damals dafür eingesetzt hat, dass dieses Amt innerhalb der OSZE eingerichtet wird. Wir haben uns vorgenommen, dass wir für die Ratspräsidentschaft der OSZE, die wir für das Jahr 2016 übernommen haben, dieses Thema oben auf die Tagesordnung setzen und das Amt der Medienbeauftragten neben anderen Institutionen innerhalb der OSZE, die wir stärken wollen stützen und stärken.
Deswegen glaube ich, Herr Jung, dass dieser Punkt aus meiner Sicht und aus unserer Sicht ganz klargemacht wird. Das, was die Sprecher heute dazu gesagt haben, ist wichtig. Ich glaube, zu dem Fall ist alles gesagt worden. Wenn wir sagen „Um glaubwürdig zu bleiben, ist es wichtig, dass wir Standards einhalten“, dann ist, glaube ich, der Punkt gesetzt und die Message eigentlich klar.
ZUSATZFRAGE JUNG: Weil Sie gerade Wertschätzung angesprochen haben, frage ich vielleicht, Frau Wirtz und Frau Chebli: Schätzen der Außenminister und die Kanzlerin die Arbeit von Netzpolitik.org wert?
SRS’IN WIRTZ: Ich möchte hier jetzt nicht einzelne Journalisten bewerten, weil wir dann ja damit anfangen müssten, alle Journalisten zu bewerten, und ich glaube
ZURUF JUNG: Das ist ja jetzt gerade ein konkreter Fall!
SRS’IN WIRTZ: Ich glaube, dass diese Frage zu weitgehend ist. Aber ganz grundsätzlich kann ich sagen, dass die Bundesregierung bzw. die Bundeskanzlerin nicht nur journalistische Arbeit schätzen, sondern auch ganz grundsätzlich die Pressefreiheit, und dass damit auch die Arbeitsbedingungen für Journalisten in Deutschland grundgesetzlich in Artikel 5 geschützt sind. Auch das haben wir hier schon ausgeführt. Insofern sind Medien und Journalisten natürlich ein elementarer Bestandteil unserer Ordnung in der Bundesrepublik.
CHEBLI: Das kann ich nur unterstreichen. Aber ich wusste, ehrlich gesagt, nicht, dass Sie und andere Medienvertreter Ihre Arbeit unbedingt danach ausrichten, ob wir sie wertschätzen, sondern ich dachte, dass Sie das ganz unabhängig machen und deshalb, weil Sie Interesse an dem haben, was Sie tun.
DR. SCHOLZ: Ich wollte noch einmal auf die Frage von Herrn Delfs zurückkommen: Ich kann Ihnen jetzt sagen, dass es in keinem Fall eine Einflussnahme des Justizministeriums auf die Arbeit des GBA gegeben hat, auch nicht im Zusammenhang mit dem Kanzlerhandy.
Um das vielleicht noch einmal in Bezug auf den aktuellen Fall deutlich zu machen: Auch dort hat es keine wie auch immer geartete politische Einflussnahme gegeben, sondern es sind Gespräche auf der Arbeitsebene geführt worden, in denen Bedenken mitgeteilt worden sind und Zweifel gegenüber dem Verfahren im Hinblick auf die Pressefreiheit mitgeteilt worden sind.
FRAGE: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt: Es ist ziemlich ruhig geworden, was Meldungen aus der Ostukraine angeht. Wie schätzt das Auswärtige Amt jetzt die Lage ein? Kann man von einer gewissen Stabilisierung der Situation und von Fortschritten im Minsker Prozess ausgehen?
CHEBLI: Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie diese Frage stellen, weil wir natürlich ein fundamentales Interesse daran haben, dass die Ukraine nicht aus dem Blickfeld gerät, sondern dass weiterhin über die Lage in der Ostukraine berichtet wird.
Wie Sie wissen, gab es gestern in Minsk ein Treffen der trilateralen Kontaktgruppe und der vier Arbeitsgruppen für Sicherheit, Politik, Wirtschaft und Humanitäres. Es gab in den Arbeitsgruppen Politik, Humanitäres und vor allem in der Arbeitsgruppe Wirtschaft konstruktive Gespräche und zum Teil auch Mini-Erfolge.
Aber in der AG Sicherheit ist es uns leider trotz zwanzigstündiger Gespräche nicht gelungen, dass man sich auf ein Abkommen zum Abzug der Waffen einigt. Sie wissen, dass sich die beiden Seiten eigentlich darauf einigen wollten. Es stand gestern auf der Tagesordnung der Arbeitsgruppe Sicherheit, dass man sich auf den wechselseitigen Abzug leichter Waffen 15 Kilometer von der Frontlinie entfernt, bezogen auf die gesamte Grenze, einigt. Dazu ist es leider nicht gekommen. Das bedauern wir sehr, weil wir denken, dass die Einigung auf den Abzug der Waffen von der Frontlinie ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer belastbaren Waffenruhe wäre.
In einer Situation, in der aufgrund des bewaffneten Konflikts täglich Menschen sterben, sagen wir, haben beide Seiten Verantwortung, den Prozess nicht weiter zu blockieren. Nur wenn man sich einigt, kann auch das Töten beendet werden. Wir werden auf allen Kanälen weiterhin alles daransetzen, dass wir vorankommen, dass das tiefe gegenseitige Misstrauen zwischen beiden Seiten, das zurzeit jeden Fortschritt in den Arbeitsgruppen (verhindert) und das auch sonst in dem Konflikt vorherrscht, überwunden wird und dass es uns hoffentlich bald gelingen wird, dass es zu einem Abkommen kommt, zu einem Abzug der Waffen, aber auch dazu, dass wir in den anderen Bereichen noch größere, fundamentale Erfolge erzielen können.
ZUSATZFRAGE: Betrachtet das Auswärtige Amt die Situation im Osten der Ukraine immer noch als fragil? Als wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass es zu einer erneuten Eskalation kommt?
CHEBLI: Ja, die Situation in der Ostukraine ist nach wie vor fragil, und es kann auch jederzeit wieder zu einer Eskalation kommen. Deswegen müssen wir ja auch alles daransetzen, dass wir in den Arbeitsgruppen zu einer Verständigung kommen. Ich weiß: Es ist in den vergangenen Tagen ja auch immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen und auch zu Toten auf beiden Seiten gekommen. Wenn man sich die letzten Wochen oder die letzten Monate vergegenwärtigt, dann gab es ja immer ein „up and down“. Es gab ruhige Phasen und dann wieder Phasen, in denen es zu stärkeren Auseinandersetzungen gekommen ist. Deswegen sagen wir immer: Wir können noch lange nicht davon sprechen, dass die Lage in der Ukraine stabil ist.
FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Chebli, zum Thema „Iran und Israel“: Der israelische Premierminister hat jetzt gestern zum wiederholten Male von einem Widerstand gegen das iranische Atomprogramm gesprochen und auch gesagt, dass das Atomabkommen zu einem Krieg führt. Dazu hätte ich gerne einmal eine Reaktion von Ihrem Hause gehört.
CHEBLI: Herr Towfigh Nia, ich möchte hier ehrlich gesagt nicht die Aussagen eines israelischen Politikers kommentieren. Unsere Haltung zu dem Thema ist ja klar: Wir sagen, dass das Atomabkommen eine Chance für Frieden in der Region bietet. Wir sehen es als eine historische Chance. Wir kommunizieren auch gegenüber unserem israelischen Partner sehr offen in der Frage.
Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das gesagt habe: Herr Lucas, unser ehemaliger Politischer Direktor, der ja maßgeblich in den Verhandlungen um das iranische Atomprogramm involviert war, war kurz nach dem Abschluss des Abkommens in Israel. Wir kommunizieren auf allen Ebenen mit den Israelis, um das Abkommen zu erklären und auch klar zu machen: Natürlich nehmen wir die Sorgen wahr, und wir nehmen sie ernst.
Gleichzeitig sollte man die Chance, die sich daraus für die gesamte Region und auch für Israel ergibt, sehen und anerkennen. Das versuchen wir der israelischen Seite, unseren israelischen Partnern, immer wieder klar zu machen.
ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Nehmen Sie diese Kriegsdrohung gegenüber Iran ernst?
CHEBLI: Ich habe das nicht zu kommentieren, Herr Towfigh Nia. Ich kann keine Aussagen eines israelischen Politikers kommentieren. Wir haben in den vergangenen Tagen und Wochen ja immer wieder erlebt, dass rhetorisch von allen Seiten aufgerüstet wird. Das bringt nichts, wenn wir das von unserer Seite kommentieren. Wir können nur sagen, was unsere politische Haltung ist. Wir können sagen, welchen Beitrag wir dazu leisten, um zu deeskalieren, nämlich den israelischen Partnern gegenüber das Abkommen zu erklären und auf die Chancen hinzuweisen, die das Abkommen bietet. Das ist das, was wir dazu zu sagen haben.
Im Iran gibt es ja auch verschiedene Kräfte, die unterschiedlich auf das Abkommen schauen. Aber das ist nicht das, worauf wir blicken. Wir sollten gemeinsam mit allen, die das Abkommen wie wir als historisch und als eine große Errungenschaft sehen, an dessen Umsetzung arbeiten, um in anderen Konfliktbereichen wie in Syrien das hat der Minister in einem „FAZ“-Artikel ja klar gemacht voranzukommen.
ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Frau Chebli, nun ist ja hier ein anderer UN-Mitgliedstaat bedroht. Hier geht um eine kriegerische Bedrohung. Das wollen Sie nicht kommentieren?
CHEBLI: Ich habe sie a) nicht gesehen, und b) habe ich sie nicht zu kommentieren.
FRAGE JUNG: Frau Wirtz, Frau Chebli, die amerikanischen Partner haben ja, um die Gemüter der israelischen Regierung zu beruhigen, den Israelis mehr Waffenlieferungen zugesagt. Kommt das für die Bundesregierung auch in Frage oder passiert das schon?
CHEBLI: Ich habe dazu jetzt keine eigenen Erkenntnisse. Ich glaube, die Zuständigkeit würde auch beim BMWi liegen, wenn es zu Rüstungsexportgeschäften kommt, die wir transparent machen. Dazu liegen mir gegenwärtig keine eigenen Erkenntnisse vor. Ich habe das Agieren und das Handeln der amerikanischen Seite aus meiner Sicht nicht zu kommentieren.
WIRTZ: Dazu kann man allgemein sagen, wie Frau Chebli es gerade ausgeführt hat, dass es von der deutschen Bundesregierung namentlich des Auswärtigen Amtes insofern auch Unterstützung bzw. Signale gegeben hat, dass man natürlich gern noch einmal in die Details geht und miteinander auf verschiedenen Ebenen über dieses Abkommen spricht. Das kann die Bundesregierung sozusagen als Vorschläge an die israelische Regierung machen. Aber Kompensationsgeschäfte, wie Sie sie gerade ausgeführt haben, denke ich, kommen nicht in Betracht.
FRAGE DR. DELFS: Ich habe zwei Fragen an das Finanzministerium zum Thema Griechenland: Es hat heute ein Vertreter der Syriza-Partei den Wunsch geäußert, dass man bis zum 20. August ein vollständiges Programm hinkriegt statt einer möglichen Brückenfinanzierung zur Rückzahlung des EZB-Kredits. Meine Frage wäre: Wie bewerten Sie das? Wäre das auch eine Option, die aus Sicht der Bundesregierung oder des Finanzministeriums die bessere wäre? Das wäre meine erste Frage.
Die zweite Frage ist: Das beinhaltet wohl auch, dass Griechenland eine größere Tranche 25 Milliarden bekommen würde, ohne dass man sich schon komplett auf ein Abkommen und auch auf die Gegenleistungen in Form von Reformen verständigt hätte. Wäre das für die Bundesregierung ein gangbarer Weg?
DR. SEMMELMANN: Nach den uns vorliegenden Informationen sind bei den Verhandlungen in Athen noch eine Reihe von Punkten zu klären, insbesondere Punkte, die die künftige Konditionalität betreffen. Dabei sind dann insbesondere auch die makroökonomischen Ziele, wie etwa die Haushaltsziele, von Bedeutung. Es geht jetzt erst einmal darum, diese Gespräche sorgfältig und in Ruhe zu führen. Die Gespräche finden, wie Sie wissen, zwischen Institutionen und der griechischen Regierung statt. Das warten wir ab. Vorher kann ich quasi anderslautende Pläne nicht kommentieren.
FRAGE LANGE: Herr Semmelmann, bislang steht ja immer Mitte August als Zeitpunkt im Raum, bis zu dem ein Ergebnis vorliegen soll. Bis wann brauchen Sie denn im Haus eine Entscheidung des Bundestages, um bis zu diesem magischen Datum 20. August alles Nötige anleiern zu können?
DR. SEMMELMANN: Die Frage wurde schon häufiger gestellt. Wann die Gespräche abgeschlossen werden, wird sich zeigen. Dann wird man weiter sehen. Vorher lässt sich da nichts sagen.
ZUSATZFRAGE LANGE: „Mitte August“ steht ja auch im Antrag Ihres Hauses an den Bundestag, also zur letzten Sondersitzung. Das haben Sie sich ja nicht aus den Fingern gesogen, sondern offenbar das vermute ich einmal haben Sie sich dabei etwas gedacht. Das ist nächste Woche.
DR. SEMMELMANN: Ich stelle trotzdem beim Blick auf die Datumsanzeige fest: Noch haben wir nicht Mitte August.
SRS’IN WIRTZ: Herr Semmelmann hat das ganz richtig ausgeführt. Vielleicht kann ich dazu ergänzend sagen, dass nach wie vor an dem Procedere festgehalten wird, dass zunächst einmal die Institutionen diese Gespräche vor Ort führen und erst auf Grundlage dessen eine politische Entscheidung erfolgen kann. Insofern wäre jetzt auch für Ihre Fragen Ansprechpartner tatsächlich die Europäische Kommission, wenn es darum geht, ob der Fahrplan, der ja durchaus von der Europäischen Kommission schon einmal so dargestellt worden ist, so eingehalten werden kann. Erst dann stellen sich die Fragen für unsere Regierungsstellen und das Parlament.
FRAGE JUNG: Frau Wirtz, ich habe noch eine Verständnisfrage. Ein griechischer Schuldenschnitt ist selbst für den IWF, um in der Sprache der Kanzlerin zu bleiben, alternativlos. Er ist unvermeidlich. Die Kanzlerin möchte ihn vermeiden und gleichzeitig den IWF an Bord behalten. Aber beides geht ja nicht. Also wie soll das gehen?
SRS’IN WIRTZ: Herr Jung, grundsätzlich haben wir für die Bundesregierung hier schon häufiger ausgeführt, wie wichtig die Beteiligung des IWF an den ganzen Verfahren und den Programmen zur Unterstützung der griechischen Regierung ist. Daran besteht auch kein Zweifel, dass diese Beteiligung des IWF notwendig ist.
Im Übrigen finden Sie auch in dem Beschluss der Erklärung des Europäischen Rates vom 12. Juli eine entsprechende Passage, in der noch einmal ganz ausdrücklich dargestellt ist, dass dem IWF auch eine Rolle in diesem Verfahren zukommen soll und die griechische Regierung in diesem Zusammenhang beabsichtigt, entsprechende Anträge an den IWF zu stellen. Insofern ist die Frage nach der Rolle des IWF klar beantwortet. Wir halten eine Rolle des IWF in diesem Verfahren für notwendig.
Gleichzeitig ist es so auch das haben wir hier schon häufiger ausgeführt , dass der ESM-Vertrag in der Tat auch vorsieht, dass es keinen „Haircut“ gibt und die rechtlichen Voraussetzungen entsprechend sind. Insofern sind das erst einmal die Ausgangsbedingungen, vor denen wir stehen. Vor dem Hintergrund werden diese Gespräche mit den Institutionen der griechischen Regierung geführt. Wir werden sehen, zu welchem Schluss diese Institutionen dann kommen, und dann wird es weiter mit der politischen Bewertung gehen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Aber wenn jetzt eine Institution, der IWF, sagt „Wir machen da nicht mehr mit, wenn es keinen Schuldenschnitt gibt“, lässt man dann den IWF gehen oder geht man dann doch auf einen Schuldenschnitt zu?
SRS’IN WIRTZ: Herr Jung, ich habe gerade die Ausgangsposition der Bundesregierung dargestellt, die auch mit rechtlichen Voraussetzungen untermauert ist, die es in den entsprechenden Verträgen gibt. Insofern ist das die Ausgangssituation für die Verhandlungen jetzt vor Ort. Was dabei herauskommt, kann ich jetzt nicht vorwegnehmen.
FRAGE: Eine Frage an das Bundesinnenministerium: Es gibt ja aus den Ländern die Forderung, eine Pro-Kopf-Pauschale für Flüchtlinge zu zahlen. Das wird jetzt möglicherweise auch von Frau Özoðuz unterstützt. Wie sieht das das Innenministerium?
DR. PLATE: Das beantworte ich gern. Es gab schon einige Fragen, die in diese Richtung gingen. Es waren alles Fragen, die sich um die Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern im Bereich Flüchtlinge und vor allen Dingen Flüchtlingsunterbringungen drehen.
Ich kann deswegen nur auf das verweisen, was ich hier schon mehrfach gesagt habe, nämlich dass bei der Bundeskanzlerin am 18. Juni vereinbart worden ist, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzurichten, die sich genau mit diesen Themen beschäftigt. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe wird voraussichtlich im September einen entsprechenden Bericht zu der Thematik Leistungen und auch zur Statik des Leistungsgefüges vorlegen. Diesem Begriff kann ich nicht vorgreifen.
FRAGE JUNG: Es geht um den Staatsvertrag zur Harmonisierung der Rüstungsexportrichtlinie zwischen Deutschland und Frankreich. Dazu erst einmal die Frage: Wer ist für die Ausarbeitung dieses Staatsvertrages verantwortlich?
Vielleicht an das BMWi: Was soll da jetzt harmonisiert werden? Sind die französischen Richtlinien zu lasch oder die deutschen zu streng?
MOITEAUX: Das ist ein Thema, das Sie ja schon aufgegriffen haben. Herr Dünow hat hier in der vergangenen Woche schon einmal intensiver Stellung bezogen. Ich vermute, Sie spielen an denn die Frage ist ein bisschen offen; ich kann das jetzt auch nicht konkret fassen auf die Diskussion im Rahmen der Fusion von KMW und Nexter. Okay, Sie nicken. Dann verstehe ich das so.
Da gibt es bis jetzt Gespräche das hat auch Herr Dünow ausführlich dargelegt auf Regierungsebene. Ein konkreter Staatsvertrag steht nicht im Raum, und den könnte ich an der Stelle auch nicht bestätigen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Aber ist eine Harmonisierung der Rüstungsexportrichtlinie beider Länder in Planung? Wünscht sich das die Bundesregierung?
MOITEAUX: Bereits da haben wir ausgeführt, dass in diesem Fall die strikte deutsche Rüstungsportpolitik gilt und sie durch die Fusion von KMW und Nexter an der Stelle nicht aufgeweicht wird.
FRAGE WIEGOLD: Wenn Sie sagen, ein Staatsvertrag stehe nicht zur Debatte so habe ich Sie jedenfalls gerade verstanden , ist dann an eine Überarbeitung von Schmidt-Debré gedacht, an eine Veränderung, eine Fortschreibung?
MOITEAUX: Vielen Dank für die Frage. Vielleicht kann ich es einfach an der Stelle noch einmal aufklären.
Schmidt-Debré, das Abkommen von 1972, betrifft staatliche Rüstungskooperationen. Bei der Fusion von KMW und Nexter handelt es sich um einen unternehmerischen Vorgang, sodass Schmidt-Debré gar nicht Anwendung findet.
ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Das wäre vielleicht genau die Frage, ob so etwas geplant sein könnte.
MOITEAUX: Mir sind dazu keine Debatten bekannt.
FRAGE JUNG: Sie hatten die Frage nicht beantwortet, ob sich die Bundesregierung eine Harmonisierung der Rüstungsexportrichtlinien wünscht, ob das in Zukunft wichtig ist.
MOITEAUX: Ich habe gesagt, dass wir für jegliche Rüstungsexporte die strikte deutsche Rüstungsportpolitik anwenden werden und sich daran durch KMW und Nexter nichts ändern wird. Insofern halte ich die Frage für beantwortet.
ZUSATZFRAGE JUNG: Also wird es in Zukunft keine Harmonisierung deutsch-französischer Rüstungsexportrichtlinien geben?
MOITEAUX: Herr Dünow vielleicht kann ich das einfach noch einmal ausführen, damit wir hier nicht einen unterschiedlichen Sprachtext haben hat dazu in der Regierungspressekonferenz heute vor einer Woche gesagt:
„Die strengen deutschen Rüstungsexport- und Kontrollvorschriften gelten unvermindert weiter.“
Er hat den Minister zitiert, der bei einer Rede im vergangenen Oktober gesagt hat:
„Aus meiner Sicht kann die Lösung nicht darin bestehen, dass wir unsere deutschen Exportrichtlinien einfach zugunsten eines Kooperationslandes lockern, sondern dass wir dringend auch hier eine europäische Rüstungsexportdebatte brauchen.“
Es geht eben nicht darum, irgendwelche Vorschriften zu lockern.
FRAGE: Die künftige Holding soll in den Niederlanden angesiedelt werden. Gelten für die künftigen Exporte der deutsch-französischen Firma die deutschen, die niederländischen oder die französischen Exportrichtlinien?
MOITEAUX: Auch das ist eine Frage, die wir jetzt ein paar Mal hatten. Ich kann das gern noch einmal ausführen.
Also die Sache ist: Alles, was in Deutschland produziert oder erdacht wird, unterliegt deutschen Exportregeln da haben wir auch schon Erfahrung, unter anderem mit Airbus , sodass die Produkte oder Bestandteile eines Rüstungsgutes, die aus Deutschland kommen, immer deutschen Regelungen unterliegen – unabhängig davon, wo die Holding oder das Unternehmen sitzt.