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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 7. März 2016

Fantasie spielen lassen! ▼ BPK vom 7. März 2016

Naive Fragen zu:
Pressefreiheit in der Türkei
– Die Korrespondenten dieser türkischen Zeitung „Zaman“ sind auch in Berlin und in der BPK vertreten. Fordern Sie von der türkischen Regierung, dass diese Übernahme rückgängig gemacht wird? (4:50 min)
– Also ist es erstens keine richtige Forderung, und zweitens sehen Sie die Pressefreiheit nur als wesentlich, aber nicht als entscheidend an. Habe ich das richtig verstanden? (5:20 min)
– wenn die Pressefreiheit Thema ist, sind dann einzelne Fälle Thema, oder gibt es ein Problem mit der grundlegenden Haltung der türkischen Regierung? Herr Plate, hat Herr de Maizière eigentlich mit den neuen Vorkommnissen ein Problem? Denn er hat ja selbst gesagt, dass für ihn die Menschenrechte jetzt nicht so entscheidend sind. (9:30 min)

Balkan-Route
– Wann wurde aus Sicht der Bundesregierung die Balkanroute eröffnet, und auf welche anderen Fluchtwege machen Sie sich jetzt gefasst? Wenn die Balkanroute tatsächlich geschlossen wird, dann werden die Flüchtlinge einen anderen Weg finden. Haben Sie schon eine Übersicht, von wo sie kommen werden? (22:00 min)

Flüchtlingsbekämpfung in der Ägäis
– mit welchem Recht ist es vereinbar, wenn Flüchtlinge in griechischem Hoheitsgebiet aufgenommen werden, ganz gleich, ob nun per Seerettung oder regulär, und dann in die Türkei zurückgeführt werden? Es bezieht sich nicht nur auf die NATO. Es könnte auch Frontex oder die Küstenwache sein. (28:55 min)
– Wenn Sie also Menschen in der Not in griechischen Hoheitsgebieten retten, dürfen und werden Sie diese Menschen in die Türkei zurückbringen? (30:20 min)

USA in Syrien (ab 44:45 min)
– kurdischen Medienberichten zufolge bauen die Amerikaner zwei Luftwaffenstützpunkte in Syrien, und zwar in al-Hasaka und in der Nähe von Kobané. Warum werden diese gebaut? Wird das für die Anti-ISIS-Koalition sein?
– Plant die Bundesregierung den Bau eines eigenen Luftwaffenstützpunkts? Ist das vielleicht ein Weg?
– Herr Nannt, Sie wollten uns die Zahlen des letzten Monats nennen, wie viele Anti-ISIS-Bombardierungen und wie viele Aufklärungsflüge es von deutschen Flugzeugen gab. (45:45 min)
– Ich wollte wissen, wie viele Luftangriffe die Anti-ISIS-Koalition letzten Monat geflogen ist.

US-Wahl (ab 53:20 min)
– Die Kanzlerin und der Vizekanzler haben sich am Wochenende zu der US-Präsidentschaftswahl geäußert und haben ihre Präferenzen bezüglich Frau Clinton, aber auch ihre Abneigung gegenüber Herrn Trump offenbart. Es sieht alles danach aus, als ob Herr Trump republikanischer Kandidat wird. In der Regel kommen sie während des Wahlkampfes immer nach Deutschland. Ist es für die Bundesregierung eine Option, dass Donald Trump in Berlin auftritt?
– Anders gefragt: Ist die Bundesregierung dafür offen, dass Donald Trump auch nach Berlin kommt und hier einen Wahlkampfauftritt absolviert, wie es in der Regel alle republikanischen Kandidaten tun? Wenn Sie sagen, dass die Bundeskanzlerin Frau Clinton kennt, ist Herr Sanders für sie unbekannt?

Vorklatscher bei Anne Will
– Herr Scholz, war es denn Pflicht, dass die ganze Mannschaft dabei war? Es waren ja alle vier dabei. (57:15 min)

 
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 7. März 2016:

VORS. DETJEN eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’IN WIRTZ sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
FRAGE HELLER: Meine Frage betrifft wahrscheinlich das Umweltministerium und das Landwirtschaftsministerium. Ich würde gerne von der Bundesregierung wissen, wie denn die deutsche Position im Hinblick auf dieses umstrittene Mittel Glyphosat in der EU aussieht. Da geht es wohl um einer weitere Genehmigung. Gibt es eine gemeinsame Haltung der Regierung? Wie wird die Regierung in dieser Frage in Brüssel agieren?

LENZ: Es wird eine Haltung der Bundesregierung geben. Sie ist aktuell aber noch nicht abgestimmt. Wir befinden uns also momentan noch in der Ressortabstimmung. Auf EU-Ebene ist vorgesehen, dass die Abstimmung zur Wiedergenehmigung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat morgen stattfindet.

ZUSATZFRAGE HELLER: Nachdem ich das Umweltministerium auch gefragt hatte, würde ich natürlich ganz gerne wissen: Wie ist denn die Haltung der beiden Ministerien zu dieser Frage?

LENZ: Es ist gute Praxis, dass wir uns hier zu der Haltung der Bundesregierung nicht äußern, solange wir noch in der Ressortabstimmung sind. Das ist derzeit, wie gesagt, noch der Fall. Wir befinden uns noch in der Ressortabstimmung.

Grundsätzlich hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt immer betont, dass sich die Politik nicht an die Stelle der Wissenschaft stellen darf. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, also die EFSA, sieht in einer Verlängerung keine unvertretbaren Risiken für Mensch, Tier und Umwelt. Der Bundeslandwirtschaftsminister hat allerdings auch betont, dass das ein Mittel für Profis ist, und prüft momentan, ob es Einschränkungen für den privaten Gebrauch geben könnte.

FRAGE WIEGOLD: Eine kurze Faktenfrage: Das heißt, es muss eine einheitliche Haltung der Bundesregierung heute noch geben. Verstehe ich das richtig?

LENZ: Morgen wird es auf EU-Ebene abgestimmt. Bis dahin muss es eine einheitliche Meinung geben. Ja.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Können wir die denn, wenn sie heute ergeht, noch erfahren?

LENZ: Ich gehe davon aus. Ich prüfe gerne, ob das möglich ist. Dann werden wir das machen.

ZUSATZ WIEGOLD: Ich würde das als Anregung auffassen, dass es an alle nachgeliefert wird.

VORS. DETJEN: Ganz in diesem Sinne. Sie wissen: Der Verteiler steht zur Verfügung. Wir leiten es gerne weiter, wenn Sie dann noch etwas haben.

FRAGE JORDANS: Am Freitag wurde in der Türkei die oppositionelle Zeitung „Zaman“ gewaltsam übernommen, und letzte Woche wurde ein dpa-Korrespondent in Izmir festgenommen, dreieinhalb Stunden festgehalten und bezichtigt, für einen ausländischen Geheimdienst zu arbeiten. Hat die Bundesregierung in den letzten Tagen mit der Türkei über das Thema Pressefreiheit gesprochen, oder hält man sich wegen der Bedeutung der Türkei für die Flüchtlingspolitik zurück?

SRS’IN WIRTZ: Ich habe gerade den Zeitraum akustisch nicht verstanden.

ZUSATZ JORDANS: Seit letzter Woche.

SRS’IN WIRTZ: Herr Jordans, Sie wissen, dass die Pressefreiheit für die Bundesregierung eine ganz wesentliche Bedeutung hat, dass die Pressefreiheit auch natürlich im Gespräch mit der Türkei immer wieder Thema ist und dass immer wieder auch die Arbeitsbedingungen für Journalisten angesprochen werden. Die Bundeskanzlerin hat das bei ihrem Besuch in Ankara getan, und Sie können davon ausgehen, dass dieses Thema auch bei den jüngsten Gesprächen zwischen der Bundeskanzlerin und dem türkischen Ministerpräsidenten auf der Agenda stand.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Sie meinen also gestern?

SRS’IN WIRTZ: Es gab auch gestern ein Gespräch zwischen den beiden. Das ist richtig.

FRAGE JUNG: Die Korrespondenten dieser türkischen Zeitung „Zaman“ sind auch in Berlin und in der BPK vertreten. Fordern Sie von der türkischen Regierung, dass diese Übernahme rückgängig gemacht wird?

SRS’IN WIRTZ: Herr Jung, ich habe gerade ausgeführt, dass die Bundeskanzlerin dieses Thema durchaus angesprochen hat. Ich halte es aber für sinnvoller, dass diese Gespräche zwischen der Bundeskanzlerin und dem türkischen Ministerpräsidenten geführt werden und nicht zwischen uns beiden hier in der Regierungspressekonferenz.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Also ist es erstens keine richtige Forderung, und zweitens sehen Sie die Pressefreiheit nur als wesentlich, aber nicht als entscheidend an. Habe ich das richtig verstanden?

SRS’IN WIRTZ: Sie haben richtig verstanden, dass in der Tat die Bundesregierung die Pressefreiheit als einen ganz wesentlichen Gesichtspunkt

ZURUF JORDANS: Aber nicht entscheidend?

SRS’IN WIRTZ: Wir brauchen hier nicht über Worte zu diskutieren. Ich sage, dass es ein wesentlicher Faktor und natürlich ein grundlegendes Element ist. Wie gesagt: Was die Gespräche angeht, denke ich, es macht mehr Sinn, dass diese Gespräche zwischen den Regierungschefs geführt werden, als dass wir das hier in der Öffentlichkeit tun.

DR. SCHÄFER: Vielleicht für das Auswärtige Amt noch zwei Sätze dazu: Der Minister hat sich zu den Themen Meinungs- und Pressefreiheit in den letzten Monaten immer wieder im Hinblick auf die Türkei geäußert, unter anderem in der „Neuen Zürcher Zeitung“ letztes Jahr im November.

Aber vielleicht aus aktuellem Anlass: Von einem Partner wie der Türkei, die ja seit vielen Jahren, ich würde sagen, seit Jahrzehnten, Mitglied der Europäischen Union werden will, darf man und kann man durchaus erwarten, dass es ein gemeinsames Verständnis über europäische Grund- und Freiheitsrechte gibt. Dazu gehört selbstverständlich auch die Meinungs- und die Pressefreiheit.

Auch das ist Teil unseres Dialogs mit Ankara. Das hat Frau Wirtz gerade schon für die Bundeskanzlerin ausgeführt. Bei den unzähligen Kontakten, die wir tagtäglich mit der türkischen Regierung haben, ist es völlig selbstverständlich, dass diese Fragen regelmäßig und immer und auch, wenn es kontrovers sein muss, zur Sprache kommen.

Und auch das sagt der Minister bereits seit einigen Monaten es wäre aus unserer Sicht auch richtig, die Beitrittskapitel mit der Türkei jetzt anzugehen, in denen es genau um diese für beide Seiten offensichtlich so wichtigen Fragen wie die der Rede- und der Meinungsfreiheit geht. Das sind die Kapitel, die zurzeit noch nicht eröffnet sind. Vielleicht ergibt sich ja heute im Rahmen der Diskussion mit der Türkei auch in diesem Zusammenhang etwas Fortschritt. Vielen Dank.

FRAGE CHILAS: Es ist zu befürchten, dass der Korrespondent von „Zaman“ durch einen regierungstreuen Journalisten ersetzt wird. Wie wird die Bundesregierung darauf reagieren?

SRS’IN WIRTZ: Herr Chilas, noch einmal das, was ich dem Kollegen Jung gerade schon zu dem Thema gesagt habe: Ich werde als deutsche Regierungssprecherin jetzt nicht einzelne Gesichtspunkte dessen kommentieren, was in der Türkei derzeit stattfindet. Ich kann nur noch einmal für die Bundesregierung betonen was Herr Schäfer auch gerade schon getan hat , dass die Pressefreiheit ein wesentlicher Bestandteil eines Staates ist und dass dieses Thema ganz sicher auch immer wieder angesprochen worden ist, von der Bundeskanzlerin, von dem deutschen Außenminister, dass dies im Gespräch mit den türkischen Partnern thematisiert wird. Aber auf einzelne Schritte oder einzelne Punkte kann ich hier nicht eingehen. Ich denke, es ist sinnvoller, Gespräche bilateral zu führen.

ZUSATZFRAGE CHILAS: Es geht nicht nur um eine Stellungnahme, sondern um Handlungsbedarf. Wird die Bundesregierung im praktischen Sinne auf eine Abberufung, ein Ersetzen des jetzigen Korrespondenten reagieren?

SRS’IN WIRTZ: Herr Chilas, ich kann nur das wiederholen, was ich gerade schon gesagt habe. Ich kann jetzt nicht kommentieren, dass die Bundesregierung in irgendeiner Art und Weise tätig wird.

FRAGE JUNG: Frau Wirtz, wenn die Pressefreiheit Thema ist, sind dann einzelne Fälle Thema, oder gibt es ein Problem mit der grundlegenden Haltung der türkischen Regierung?

Herr Plate, hat Herr de Maizière eigentlich mit den neuen Vorkommnissen ein Problem? Denn er hat ja selbst gesagt, dass für ihn die Menschenrechte jetzt nicht so entscheidend sind.

SRS’IN WIRTZ: Herr Jung, zunächst einmal: Ganz grundsätzlich hat die Bundesregierung in Gesprächen mit der Türkei, mit der türkischen Regierung, wiederholt ihre Haltung in Bezug auf die Pressefreiheit und damit die ganz grundsätzliche Haltung der Bundesregierung zu diesem elementaren Grundrecht zum Ausdruck gebracht. Darauf, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Gespräche geführt werden, die die Bundesregierung dann mit ihren Gesprächspartnern führt, kann ich nicht eingehen. Das sind vertrauliche Gespräche.

DR. PLATE: Ich sehe eigentlich gar keinen materiellen Ergänzungsbedarf, allenfalls Korrekturbedarf, weil Sie den Minister so wiedergegeben haben, als seien die Menschenrechte nicht entscheidend. Das hat er weder sinngemäß noch wörtlich so gesagt. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen.

FRAGE FELDHOFF: Herr Schäfer, mich würde interessieren, was hinter dieser Forderung steckt, dass jetzt die weiteren Kapitel in den Beitragsverhandlungen geöffnet werden sollen. Bisher ist ja die Haltung der EU-Kommission eher so: Wir reden noch nicht darüber, weil die Türkei noch nicht so weit ist. Erhoffen Sie sozusagen von der Eröffnung dieser Kapitel eine Art erzieherischen Effekt in der Türkei?

DR. SCHÄFER: Mir scheint, dass nicht so sehr die Kommission das Problem ist. Das Problem liegt auch nicht nur auf türkischer Seite, sondern das Problem liegt darin, dass aus Gründen, die mit den Themen Rechtsstaatlichkeit, Justizverfassung, Grundwerte gar nicht im Zusammenhang stehen, einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union Schwierigkeiten mit den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei haben. Die Überzeugungsarbeit, vor der wir stehen, besteht darin, auch diese Partner von uns in der Europäischen Union davon zu überzeugen, dass es Sinn machen kann gerade angesichts der Dinge, die wir jetzt hier besprechen , mit der Türkei, wenn Sie so wollen, den Stier bei den Hörnern zu packen und der Türkei in direkten Gesprächen über die einschlägigen Beitrittskapitel deutlich zu machen, was unsere Anforderungen an den Zustand von Rechtsstaatlichkeit, an den Zustand der Justiz, an die Umsetzung von Grundwerten und wichtigen Grundrechten sind.

Daran müssen wir weiter arbeiten. Das ist nicht so einfach, weil die Themen, um die es geht, wie gesagt, mit Rechtsstaatlichkeit und Justizverfassung gar nicht so viel zu tun haben; aber uns scheint es trotzdem der richtige Weg zu sein, eben nicht übereinander zu reden, sondern miteinander zu reden und klar aufzuzeigen, auch den Türken in direkten Verhandlungen deutlich zu machen, welche materiellen Anforderungen wir an die Rechtsstaatlichkeit haben, wenn jemand Mitglied der Europäischen Union werden möchte.

FRAGE LANGE: Frau Wirtz, die EU-Kommission kommt in ihrem Fortschrittsbericht zur Türkei 2015 zu dem Ergebnis, die Entwicklung der Pressefreiheit in dem Land sei besorgniserregend. Teilt die Bundesregierung diese Einschätzung?

Herr Dr. Schäfer, meines Wissens ist doch Kapitel 10 eines der Kapitel, in dem Medien, Medienfreiheit explizit angesprochen werden, und darüber wird auch schon verhandelt. Oder liege ich da falsch?

SRS’IN WIRTZ: Herr Lange, ich kann nur noch einmal auf die Ausführungen der Kanzlerin zurückkommen, die sie beispielsweise in ihrer Regierungserklärung im Februar gemacht hat. Damals hat sie auch noch einmal ausgeführt, dass es natürlich auch im Gespräch mit der Türkei um die Fragen von journalistischen Freiheiten und Arbeitsbedingungen für Journalisten gehen muss. Ich denke, diese Ausführungen in der Regierungserklärung sprechen insoweit für sich.

DR. SCHÄFER: Das, was Frau Wirtz und ich gerade beide zum Thema gesagt haben, kann man bestimmt so umschreiben, wie Sie das getan haben. Das würde ich für eine gelungene und zutreffende Interpretation dessen, was wir gesagt haben, halten.

FRAGE JORDANS: Herr Schäfer, wenn ich daran anknüpfen darf: Habe ich das richtig verstanden, dass die Bundesregierung in den letzten Jahren keine Fortschritte beim Thema Pressefreiheit in der Türkei sieht?

DR. SCHÄFER: Ich möchte jetzt keinen Vektor oder Pfad, herauf und herunter, aufzeigen. Dass wir mit manchen Entscheidungen türkischer zuständiger Behörden in Justiz und in der Exekutive immer wieder einmal unsere Schwierigkeiten haben, ist, glaube ich, auch heute nicht unentdeckt geblieben. Ich kann nur wiederholen, was Frau Wirtz und ich zu dem Thema gesagt haben, dass wir dazu den Dialog mit Ankara suchen, bilateral zwischen Berlin und Ankara genauso wie zwischen Brüssel und Ankara. Im Grunde gehört das Thema nach Brüssel und in die Verhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei, und da ist es auch. Ich bin ganz sicher ohne dass ich Ihnen das, weil ich die Kommission und die Europäische Union nicht vertrete, im Detail aufzeigen kann , dass bei all den Gesprächen, die mit der Türkei geführt werden, auch diese Aspekte nicht unter den Teppich gekehrt werden.

FRAGE HERPELL: Ich habe eine Frage zum EU-Gipfel. Man hört von einer vorbereiteten Abschlusserklärung, der zufolge es heißt, der irreguläre Strom der Migranten entlang der Balkanroute gehe zu Ende; diese Route sei ab jetzt geschlossen. Der österreichische Außenminister hat gleich ergänzt, das werde auch die Kanzlerin unterschreiben. Die Frage deswegen an Sie: Bringen Sie uns doch einmal auf den letzten Stand. Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu? Denn aus anderen Kreisen in Brüssel hört man, das werde die Kanzlerin so nicht unterschreiben. Vielleicht haben Sie für uns die letzte Version.

SRS’IN WIRTZ: Nun ja, die letzte Version das fällt mir schwer, weil die Verhandlungen in Brüssel gerade laufen. Insofern kann ich nicht darauf eingehen, sondern Sie einfach nur darum bitten, abzuwarten, wie die Verhandlungen heute laufen werden, und dann der Bundeskanzlerin zuzuhören, die wahrscheinlich am allerbesten weiß, ob sie etwas unterschrieben hat oder nicht unterschrieben hat. Die Pressekonferenz findet heute im Anschluss an den Gipfel statt. Aber ich kann Ihnen auch noch nicht sagen, wann diese stattfindet, weil, wie wir alle wissen, Gespräche meist doch länger dauern, als man das erwartet.

ZUSATZFRAGE HERPELL: Denkbar ist es aber schon, dass die Bundeskanzlerin einen solchen Satz unterschreibt?

SRS’IN WIRTZ: Ich möchte mich in keiner Weise zu diesen Spekulationen äußern. Ich möchte nur darauf hinweisen: Es sind Spekulationen. Die Gespräche laufen in Brüssel gerade. Wir müssen abwarten, wie die Gespräche zu Ende geführt werden.

FRAGE SIEBERT: Ich fürchte, ich kenne die Antwort auf die Frage schon.

SRS’IN WIRTZ: Sie können ja ein Selbstgespräch führen.)

ZUSATZFRAGE SIEBERT: Ja, ich kann ein Selbstgespräch führen. Ich fange einfach an, und Sie haken irgendwann ein, wenn Sie glauben, Sie sollten mich unterbrechen.

Vielleicht geht meine Frage auch an Dr. Plate. Wenn jetzt die Balkanroute geschlossen ist, bedeutet das auch etwas für die deutsch-österreichische Grenze und die Art der Verfahren, die dort durchgeführt werden, oder bedeutet das: Es kommt einfach keiner mehr an, und wir müssen auch niemanden zurückweisen?

Lautet also der Gedanke: Die Route ist geschlossen, die einzelnen Grenzen sind nicht mehr für Flüchtlinge passierbar? Bedeutet das auch, dass Deutschland diese Grenze nicht mehr passierbar macht? Oder bedeutet es: Wenn jemand dorthin kommt, auf welchem Wege auch immer, und sagt, er wolle Asyl in Deutschland beantragen, dann wird er auch wieder eingelassen? Welche praktischen Auswirkungen hat das auf das Verhalten der deutschen Polizisten an der Grenze?

SRS’IN WIRTZ: Die praktische Frage möchte ich tatsächlich an Herrn Plate weitergeben.

DR. PLATE: Zunächst einmal ist die Frage ja hypothetisch. Denn das ist ja eine Frage, die an einen Wortlaut einer Abschlusserklärung des Gipfels anknüpft, den es so noch nicht gibt. Ob es ihn so geben wird oder nicht das haben wir ja schon gehört , ist unklar.

Fest steht jedenfalls, dass im Moment faktisch auf der Balkanroute weniger Menschen die Grenzen passieren, als dies lange der Fall gewesen ist. Sowohl Herr Dimroth am Freitag als auch ich am Mittwoch davor hatten ja schon davon gesprochen, dass zurzeit mittlere dreistellige Zahlen von Menschen die deutsch-österreichische Grenze überqueren. Das ist auch nach wie vor richtig. Die deutsche Politik richtet sich natürlich an den europa- und völkerrechtlichen Verpflichtungen aus. Sie wissen, dass Zurückweisungen an der Grenze nur stattfinden, wenn Menschen sich dazu bekennen, gar nicht in Deutschland Schutz zu suchen. Ich habe im Moment keine Anhaltspunkte dafür, dass es an diesen Leitplanken, die ich gerade beschrieben habe, eine Änderung geben wird.

FRAGE CHILAS: Erstens. Könnten Sie uns vielleicht die vorletzte Version der Bundesregierung zu dem Thema darlegen? Und insbesondere: Enthält diese Version auch die Schließung der Balkanroute, was natürlich, wenn das der Fall wäre, die Verwandlung Griechenlands in ein riesiges Flüchtlingslager bedeuten würde?

Zweitens. Die ganze Problematik bezüglich des Abkommens mit der Türkei setzt voraus, dass die Türkei ein sicherer Staat ist. Können Sie uns darlegen, warum die Türkei auf einmal ein sicherer Staat ist? Bisher hat sie ja nicht als ein solcher gegolten.

SRS’IN WIRTZ: Herr Chilas, noch einmal zu verschiedenen vermeintlichen Versionen, was die Verhandlungen in Brüssel anbelangt. Ich kann Ihnen gerne noch einmal ganz grundsätzlich sagen, welche Aspekte für die Bundesregierung auf der Agenda stehen.

Das ist zum einen natürlich die Frage: Wo stehen wir derzeit, was den Schutz der Außengrenzen anbelangt? Wo stehen wir bei der EU-Türkei-Agenda? Und ganz wichtig ist auch die Frage: Inwieweit kann man Griechenland derzeit unterstützen? Wie kann man für diese Flüchtlinge, die derzeit in Griechenland ankommen, eine finanzielle Unterstützung oder überhaupt Unterstützung leisten? Das haben wir ja auch am Freitag schon besprochen, was die Hilfe des THW anbelangt und so weiter und so fort. Das sind zunächst einmal die Themen, die für die Bundesregierung derzeit im Vordergrund stehen, wenn es um diesen Gipfel geht.

Welche Abschlusspapiere derzeit in Brüssel diskutiert werden, kann ich schlecht beurteilen, weil ich hier bei Ihnen in Berlin sitze. Ich denke, dass es tatsächlich am klügsten und am wirkungsvollsten ist, wenn wir den Tag und die Abschlusserklärung abwarten und dann die Pressekonferenz der Bundeskanzlerin sehen.

Nun zu der Frage, warum die Türkei ein sicherer Staat ist. Die Außengrenze der Europäischen Union verläuft zwischen Griechenland und der Türkei. Das ist nichts Neues. Deshalb geht es jetzt in der Tat darum zu sehen, wie man mit der Türkei einen Schutz der Außengrenzen erreichen kann. Dafür gibt es Unterstützung für die Türkei, auch für die Flüchtlinge, die in der Türkei leben, um Arbeitsbedingungen zu schaffen und so weiter und so fort. Das ist das Thema, das man derzeit mit der Türkei diskutiert.

FRAGE JUNG: Wann wurde aus Sicht der Bundesregierung die Balkanroute eröffnet, und auf welche anderen Fluchtwege machen Sie sich jetzt gefasst? Wenn die Balkanroute tatsächlich geschlossen wird, dann werden die Flüchtlinge einen anderen Weg finden. Haben Sie schon eine Übersicht, von wo sie kommen werden?

SRS’IN WIRTZ: Herr Jung, ich möchte jetzt nicht über die Öffnung oder Schließung der Balkanroute weiter diskutieren oder spekulieren. Richtig ist so viel kann man festhalten , dass in den letzten Wochen und Monaten viele Menschen über diese Balkanroute gekommen sind. Das ist sicherlich richtig. Aber eine Öffnung oder Schließung kann ich weder feststellen noch kann ich darüber spekulieren.

Was andere Routen anbelangt, über die Flüchtlinge kommen könnten: Ich glaube, da schaut man am besten auf die Landkarte. Dann kann man vielleicht selber Fantasie aufbringen.

FRAGE PAPPAS: Über die Schließung der Balkanroute braucht man nicht zu spekulieren. Sie ist eine Tatsache. Die Frage ist nur, ob Deutschland bei diesem Gipfel diese Tatsache auch als Entscheidung, als Abschluss des Gipfels, anerkennt oder dagegen Einwände erhebt.

SRS’IN WIRTZ: Herr Pappas, ich glaube, Sie sind ein bisschen später dazugekommen. Deshalb wiederhole ich noch einmal, was ich eben gesagt habe.

Ich habe in der Tat auch Berichte wahrgenommen, dass über die Schließung der Balkanroute spekuliert wird, aber ich möchte sagen, dass dies im Moment eine Spekulation ist. Die Verhandlungen, die Gespräche in Brüssel laufen, und die müssen wir abwarten.

FRAGE GEBAUER: Ich habe eine Frage vielleicht eher am Rande. Wenn die Sicherung der EU-Außengrenzen schon ein großes Thema war, eine kurze Frage zu der jetzt begonnenen NATO-Mission in der Ägäis. In den letzten Tagen gab es recht intensive Diskussionen, auch innerhalb der Bundesregierung, über die rechtlichen Grundlagen, vor allen Dingen, was die Rückführung von möglichen aufgegriffenen Flüchtlingen in die Türkei angeht. Deswegen ganz konkret: Sind diese rechtlichen Bedenken zwischen den Ministerien ausgeräumt?

Nun noch eine ganz konkrete Frage an Herrn Dr. Plate: Werden die beiden Schiffe, die für Frontex an dieser Mission teilnehmen an Bord sind ja auch Bundespolizisten , ab jetzt Flüchtlinge, die sie dort auch aus griechischen Gewässern aufgreifen, in die Türkei zurückbringen, anstatt ihnen, wie es eigentlich das EU-Recht vorsieht, einen EU-Asylantrag anzubieten?

NANNT: Herr Gebauer, zum einen ist es nicht Aufgabe der NATO, Flüchtlinge aufzunehmen bzw. Boote aufzuhalten. Das ist vom Auftrag her klar dazu hatte ich mich auch am Freitag schon eingelassen , im Vergleich zur Operation Sophia. Von der NATO werden die Schleuserbewegungen beobachtet, ausgewertet oder eben an den Küstenschutz der Türkei oder Griechenlands weitergemeldet bzw. auch an Frontex weitergemeldet. Im günstigsten Fall werden von der türkischen Küste ablegende Boote an den türkischen Küstenschutz gemeldet, sodass dieser dann die Flüchtlinge aufnehmen kann, damit diese sich gar nicht erst auf die gefährliche Überfahrt über die Ägäis begeben müssen.

Eine Aufnahme von Flüchtlinge seitens der Schiffe der NATO, der Bundeswehr, findet nur im Rahmen der Seenotrettung statt. Dabei werden alle aus der Türkei kommenden aus Seenot Geretteten unabhängig vom Ort der Seenotrettung in Abstimmung mit den türkischen Behörden, so wie wir es auch immer verlautbart haben, in die Türkei zurückgeführt. Das ist der Stand.

DR. PLATE: Sie hatten nach zwei Booten gefragt, die die Bundespolizei einem Frontex-Einsatz, wohlgemerkt nicht dem NATO-Einsatz, zur Verfügung stellt. Das ist im Rahmen von „Joint Operation Poseidon Rapid Intervention“. So heißt die Operation von Frontex. Detaillierte Einsatzpläne zu der Frontex-Operation müsste man bei Frontex erfragen. Sie liegen mir gerade nicht im Detail vor.

FRAGE CHILAS: Herr Plate, können Sie uns erklären, warum die Türkei jetzt zum sicheren Staat erklärt werden soll? Was hat sich in den letzten Wochen geändert? Aufgrund welcher Kriterien wird diese Anerkennung erfolgen?

DR. PLATE: Ich glaube, Sie sind mit Ihrer Frage bei mir nicht beim Zuständigen. Das einzige was, mir jedenfalls, als Sachstand vorliegt, ist, dass Griechenland selbst die Türkei, ich glaube, schon 2004, zum sicheren Drittstaat erklärt hat. Weitere konkrete Bemühungen in irgendeine Richtung, zu einem verwandten Themengebiet müssten Sie vielleicht an eine andere Stelle richten. Mir ist jedenfalls darüber hinaus nichts konkret bekannt.

ZUSATZFRAGE CHILAS: Es ist ja bekannt, dass die Emigranten aus den nordafrikanischen Staaten auch deswegen zurückgewiesen werden, weil die Anerkennungsquote relativ klein ist. Sie bewegt sich zwischen einem und zwei Prozent. Bei den Türken beläuft sich die Anerkennungsquote auf 14 Prozent. Sie ist also signifikant, um das Zehnfache, höher. Wie kann man bei einer solchen Situation, wenn so viele Leute als verfolgt angesehen werden, die Türkei als sicheren Staat anerkennen?

DR. PLATE: Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich eine neue Frage an mich ist oder ob Sie sozusagen Ihre Meinung zum Thema Türkei loswerden möchten. Richtig ist jedenfalls: Für die Frage einer Einstufung der Türkei als sicherer Staat durch Griechenland ist das Bundesinnenministerium sicherlich nicht die zuständige Stelle. Das ist meines Wissens auch bereits vor über zehn Jahren erfolgt. Für die Einstufung als sicherer Dritt- oder Herkunftsstaat durch die EU ist auch das Bundesinnenministerium nicht der richtige Ansprechpartner. Wir wären vielleicht der richtige Ansprechpartner für eine Einstufung der Türkei als sicherer Staat durch Deutschland. Aber ein solches Vorhaben ist mir nicht bekannt.

FRAGE JUNG: Ich weiß jetzt nicht, wen genau ich ansprechen sollte, aber mit welchem Recht ist es vereinbar, wenn Flüchtlinge in griechischem Hoheitsgebiet aufgenommen werden, ganz gleich, ob nun per Seerettung oder regulär, und dann in die Türkei zurückgeführt werden?

SRS’IN WIRTZ: Ich denke, das bezieht sich noch einmal auf den NATO-Einsatz.

ZUSATZ JUNG: Es bezieht sich nicht nur auf die NATO. Es könnte auch Frontex oder die Küstenwache sein.

NANNT: Ich kann jetzt nur für die Bundeswehr und den Einsatz im Rahmen der NATO-Mission sprechen. Hier geht es um Seenotrettung. Das haben wir schon in verschiedenen anderen Regierungspressekonferenzen angesprochen. Es geht darum, dass man jene, die vor dem Ertrinken gerettet werden, in sichere Häfen verbringt. Im Rahmen der Seenotrettung ist das die Möglichkeit. Wie gesagt, ich kann nur für Bundeswehrschiffe sprechen, nicht für Frontex oder für andere Bereiche.

Aber noch einmal das hatte ich auch am Mittwoch oder am Freitag schon ausgeführt und auch Herr Flosdorff in verschiedenen anderen Regierungspressekonferenzen : Es ist ja nicht der Regelfall, dass wir dort Flüchtlinge aufnehmen, sondern der Regelfall ist, dass wir beobachten, melden, dort Informationswege haben und sich dann der jeweilige Küstenschutz bzw. Frontex in Verantwortung um die Flüchtlingsboote, um die Schlepper kümmert.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich möchte die Frage wiederholen sie wurde ja nicht beantwortet : Auf welcher rechtlichen Grundlage kann man Menschen, die im griechischen Hoheitsgebiet aufgenommen werden wie auch immer , zurück in die Türkei schicken?

NANNT: Diese Frage habe ich gerade beantwortet: Das geht im Bereich der Seenotrettung, denn dort gilt das Seerechtsübereinkommen, das dies regelt. Da geht es um sichere Häfen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wenn Sie also Menschen in der Not in griechischen Hoheitsgebieten retten, dürfen und werden Sie diese Menschen in die Türkei zurückbringen?

NANNT: Sie haben mir gut zugehört, Herr Jung.

FRAGE WIEGOLD: Zum einen möchte ich die Frage des Kollegen Gebauer an Herrn Plate noch einmal aufgreifen. Die Frage war ja: Ist es die Rechtsansicht der Bundesregierung, dass von deutschen Polizeibooten im Frontex-Einsatz in griechischen Gewässern aufgegriffene Flüchtlinge in die Türkei zurückgebracht werden können? Das war die ganz simple Frage, und die stelle ich jetzt noch einmal.

Herr Nannt, wenn Sie sagen, es richte sich nach SOLAS: SOLAS sieht ja die Verbringung in einen sicheren Hafen vor. Wenn Sie jetzt sagen „auf jeden Fall eine Verbringung in die Türkei“, dann heißt das ja auch: Wenn das entsprechende deutsche bzw. NATO-Schiff in der Nähe eines sicheren griechischen Hafens ist, dann fährt es trotzdem in die Türkei. Vor diesem Hintergrund ist mir nicht ganz klar, inwieweit SOLAS die Rechtsgrundlage ist.

DR. PLATE: Ich hatte die Frage in der Tat anders verstanden; ich bin mir auch relativ sicher, dass Ihr Kollege gefragt hatte, ob die zwei deutschen Schiffe, die Frontex zur Verfügung gestellt sind, im Rahmen des NATO-Einsatzes aktiv werden. Ich gehe gerne auch auf die Frage ein, die Sie gestellt haben; die Antwort ändert sich aber nicht wesentlich. Ich habe gesagt: Was genau diese Boote von der Einsatzplanung her tun sollen oder nicht tun sollen, ist mir aktuell nicht bekannt. Insofern kann ich zu dieser Frage, ehrlich gesagt, jetzt gar nichts sagen, weil ich nicht weiß, ob sie sich überhaupt stellt.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Entschuldigung es war ja keine Frage nach der Einsatzplanung, sondern eine Frage nach der Rechtsgrundlage, die die Bundesregierung für den Einsatz deutscher staatlicher Schiffe im Frontex-Rahmen sieht.

DR. PLATE: Das habe ich schon verstanden, aber ich glaube, Sie haben meine Antwort vielleicht nicht ganz nachvollzogen. Das ist sehr wohl auch eine Einsatzfrage, denn es kommt ja sehr darauf an, ob diese Schiffe in der hohen See, in griechischen, in türkischen Hoheitsgewässern oder möglicherweise in allen dreien oder zwei von diesen dreien tätig werden; davon hängt ab, ob sich die Frage überhaupt stellt. Da ich, wie schon gesagt ohne Sie langweilen zu wollen , nicht genau weiß, in welchen Gewässern diese Schiffe nach der Einsatzplanung eingesetzt werden sollen, kann ich dazu von dieser Stelle aus nichts beitragen.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Ich präzisiere meine Frage gerne noch einmal: Wenn die Seenotrettung unter Berufung auf SOLAS „Safety of Life at Sea“ vorsieht, aus Seenot gerettete Personen in einen sicheren Hafen zu verbringen, der nächstliegende sichere Hafen aber ein griechischer ist, warum will man die geretteten Personen dann in einen türkischen Hafen verbringen?

NANNT: Wie gesagt, ich habe Ihnen gerade die grundsätzliche Position dargestellt. Es gibt ein Übereinkommen und eine Abstimmung mit der Türkei, dass diese bereit ist, die aus der Türkei kommenden Flüchtlinge in der Türkei wieder aufzunehmen grundsätzlich.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Es mag schon sein, dass es dieses Abkommen gibt, aber Sie haben ja gerade gesagt: Grundlage ist eben das internationale Seerecht ,

NANNT: Genau.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: und das sieht nicht vor, sie in die Türkei zu bringen, sondern in den nächsten sicheren Hafen. Insofern gibt es da eine gewisse Divergenz, oder nicht?

NANNT: Herr Wiegold, natürlich haben wir das geprüft, dessen können Sie sich natürlich sicher sein. Alle Dinge, die wir machen, geschehen nach geltendem nationalem und internationalem Recht.

FRAGE SIEBERT: Noch einmal eine Frage an Herrn Plate zum Grenzübertritt: Sie sagten ja, es gehe um mittlere dreistellige Werte. Wenn man das hochrechnet, dann sind es ja auch 180 000 oder irgendwie sowas im Jahr.

Erste Frage: Die, die da jetzt kommen, sind Leute, die trotz der Schließung aller anderen Grenzen auf der Balkanroute irgendwie irgendwo durchsickern? Was ist für Sie die Erklärung dafür, dass trotz der Schließung der faktischen Schließung, wie Sie sagen der Balkanroute immer noch einige hundert am Tag kommen?

Bis jetzt nimmt die Bundesrepublik ja, wenn ich mich an Ihre entsprechenden Ausführungen richtig erinnere, immer das Recht auf Selbsteintritt oder wie immer das heißt wahr. Es ist also so, dass man diese Personen aufnimmt, obwohl sie aus sicheren Drittstaaten nach Deutschland einreisen wollen und man sie eigentlich auch hätte abweisen können. Wird an dieser Praxis wenn das jetzt weiterhin einige hundert am Tag sind festgehalten oder will die Bundesregierung, will die Bundesrepublik sagen: „Wir weisen euch ab, weil ihr aus einem sicheren Drittstaat einreisen wollt“?

DR. PLATE: Zu ihrer ersten Fragen die überwiegend spekulativ ist : „Schließung der Grenze“ ist ja ein Terminus, den wir alle hier auf der Bank, glaube ich, gar nicht benutzt haben; der soll sich in irgendeiner Vorfassung eines Entwurfsdokumentes finden. Fakt ist, dass die Balkanroute momentan noch jeden Tag von einer erklecklichen Anzahl von Menschen passiert wird, und mittlere dreistellige Zahlen davon kommen dann auch an der deutsch-österreichischen Grenze an und überqueren diese. Dass diese Personen die Grenze überqueren, heißt aber nicht, dass das Selbsteintrittsrecht wahrgenommen wird das ist dann der zweite Teil der Frage ; vielmehr heißt das, dass die hier zunächst ins Verfahren gehen, und dann findet natürlich auch eine Prüfung statt, inwieweit eine Dublin-Rücküberstellung infrage kommt was aber wiederum davon abhängt, ob die Personen vorher in einem anderen EU-Staat registriert worden sind.

Ich glaube, schon auf Ihre vorherige Frage hin hatte ich gesagt, dass ich keine Anhaltspunkte dafür habe, dass sich die diesbezügliche Politik der Bundesregierung ändert oder in Kürze ändern wird. Das gilt auch für Ihre zweite Frage.

FRAGE HERPELL: Aus Teheran wurde bestätigt, dass eine Wirtschaftsdelegation mit dem Bundeswirtschaftsminister an der Spitze in den Iran reist. Ist das richtig? Falls ja: Wie wird diese Wirtschaftsdelegation aussehen?

Wird es demnächst auch einen Besuch von Herrn Rohani in Deutschland geben? Bis jetzt waren ja nur Frankreich und Italien seine Ziele; andere Ziele im Laufe dieses Jahres sind genannt, aber Deutschland ist bisher offenbar nicht dabei.

SRS’IN WIRTZ: Von konkreten Planungen zu einem solchen Besuch kann ich nicht berichten und damit gebe ich ab an das Wirtschaftsministerium.

ALEMANY: Danke schön. Das kann ich gerne bestätigen; wir haben dazu ja auch schon offiziell eingeladen, und zwar sowohl die Unternehmen als auch die Journalisten. Das ist im Übrigen auch schon seit Langem bekannt, nämlich seit dem „Implementation Day“, um genau zu sein; da gab es eine Pressemitteilung von uns, in der schon angekündigt wurde, dass der Minister beabsichtigt, Anfang Mai Gespräche mit dem iranischen Pendant in Teheran zu führen.

ZUSATZFRAGE HERPELL: Können Sie ein bisschen konkreter sagen, wer da in der Delegation dabei sein wird?

ALEMANY: Kann ich leider noch nicht, weil das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Es sind aber ganz sicher KMU und auch große Konzerne dabei wahrscheinlich aus allen Bereichen.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Alemany, in den letzten Tagen haben sich mehrere deutsche Firmenvertreter, die im Iran investieren wollen, darüber beschwert, dass Saudi-Arabien sie massiv unter Druck setze, nicht im Iran zu investieren. Hat die Bundesregierung eigene Erkenntnisse, dass die hiesige saudische Botschaft bei deutschen Firmen interveniert und ihnen sagt, dass sie nicht im Iran investieren sollen?

ALEMANY: Nein, eigene Erkenntnisse liegen uns hierzu nicht vor.

FRAGE HELLER: An das Wirtschaftsministerium und vielleicht auch an das Verkehrsministerium: Laut Berichten des Wochenendes gibt es neue Fakten zu der VW-Affäre, die darauf hindeuten, dass maßgebliche Vorstände auch aktuell amtierende Vorstände schon frühzeitig über die Manipulationssoftware Bescheid wussten. Haben Ihre beiden Ministerien bei VW nach zusätzlichen Informationen angefragt?

Darüber hinaus würde ich gerne wissen: Haben Ihre beiden Ministerien angesichts der volkswirtschaftlichen Bedeutung des VW-Konzerns für Deutschland womöglich Befürchtungen, dass auch das, was bei VW an jüngsten Sachen herausgekommen ist, dem Ruf deutscher Produkte im Ausland schaden kann?

STRATER: Ich kann gern beginnen wobei die Vorgänge bzw. die Presseberichte, die Sie ansprechen, jetzt nicht unmittelbar etwas mit dem zu tun haben, was wir in dieser VW-Affäre an Aufklärungsarbeit leisten, nämlich dass die Fahrzeuge, die auf dem Markt sind, in einen rechtskonformen Zustand versetzt werden und solche Manipulationen nicht wieder auftreten.

Zur Einschätzung, was den VW-Konzern angeht, verweise ich auf das, was der Minister neulich in einer Aktuellen Stunde oder in einer Rede im Bundestag dazu gesagt hat, nämlich dass die Autoindustrie hier nicht in Gänze an den Pranger gestellt werden darf so oder ähnlich hat er es sinngemäß gesagt.

Das sind im Großen und Ganzen die Dinge, die ich dazu sagen kann.

ALEMANY: Ich kann dazu eigentlich relativ wenig sagen, Herr Heller. Wir haben das auch in den Medien zur Kenntnis genommen, aber wir kommentieren das nicht weiter. Wir sind aber zuversichtlich, dass die Aufklärungsarbeit, die ja durch VW zu leisten ist, lückenlos vonstattengeht.

ZUSATZFRAGE HELLER: Dieser Komplex hat, auch wenn es ein Unternehmensvorgang ist, die Bundesregierung ja doch relativ breit beschäftigt und beschäftigt sie noch. Wenn da jetzt neue Zweifel an der Information von Verbrauchern, von Öffentlichkeit, von staatlichen Stellen in anderen Staaten aufkommen, dann erstaunt es mich doch sehr, dass die Bundesregierung der Meinung ist, dass da eigentlich nichts passiert sei, und auf frühere Erklärungen in der letzten Woche oder wann auch immer verweist. Ist durch solche Vorgänge nicht ein neues Niveau erreicht worden, ein neues Level, das Zweifel an der Offenheit der Informationspolitik eines der größten deutschen Konzerne sät?

ALEMANY: Wenn Sie mich fragen: Über Niveaus möchte ich hier ungern spekulieren. Das ist ja Teil eines gesamten Aufklärungsprozesses, um den es hier geht; das ist eine weitere Information, die in diesem Gesamtkomplex zu verorten ist. Wichtig ist, dass Aufklärung lückenlos stattfindet und dass solche Manipulationen nicht mehr stattfinden. Wir vertrauen dem Konzern, dass er da auch lückenlos aufklärt.

Zu Ihrer Frage zu „Made in Germany“: Dazu hat sich der Minister ja sehr häufig geäußert. Wir haben eine starke Automobilbranche mit sehr guten Firmen in Deutschland auch VW gehört dazu. Das gilt unabhängig von der Aufklärungsarbeit, die natürlich trotzdem parallel zu leisten ist.

ZUSATZFRAGE HELLER: Nur damit das klar ist: Weder vom Verkehrsministerium noch vom Bundeswirtschaftsministerium hat es nach diesen Meldungen vom Wochenende irgendeine Kontaktaufnahme mit VW gegeben, und zwar derart, dass man gefragt hat: Könnt ihr uns Aufschluss geben, was da bei euch passiert ist?

ALEMANY: Dazu liegen mir keine Informationen vor. Ich möchte nicht ausschließen, dass es zwischen unserem Haus bzw. dem Nachbarressort und dem Konzern Kontakt gibt. Ich weiß es schlicht nicht.

STRATER: Ich kann das nur ergänzen: Wir sind natürlich in einem ständigen Austausch mit dem Konzern, was die Aufarbeitung und die Aufklärung dieser Manipulationen angeht. Der Minister hat es häufiger schon gesagt: Der VW-Konzern verhält sich hier konstruktiv auch gegenüber der Untersuchungskommission, die der Minister einberufen hat, um diese Vorgänge aufzuklären. Man ist dabei die Fahrzeuge werden umgerüstet , diese Manipulationen zu beseitigen. Wir tun politisch ja auch alles, damit solche Dinge nicht wieder passieren.

FRAGE JENNEN: Eine Frage zum Informationsfluss: Ist es so gewesen, dass dem Verkehrsminister bekannt war, dass die Information schon vorher in die VW-Spitze geflossen ist?

STRATER: Sie spielen wieder auf den Komplex an, wer bei VW wann was wusste. Das ist erstens Sache der Innenrevision bei VW, zweitens Angelegenheit der Justiz. Wenn Sie die heutigen Presseberichte lesen, geht es hier so kann ich es nur wiedergeben um eine Klageerwiderung vor dem Landgericht Braunschweig und um mögliche Prozesse, die dort geführt werden. Insofern kann ich mich dazu gar nicht äußern.

Zu internen Abstimmungen mit dem VW-Konzern habe ich das gesagt, was ich hier gesagt habe. Bezüglich der Frage der Aufklärung und der Transparenz arbeitet der VW-Konzern konstruktiv mit dieser Untersuchungskommission zusammen.

FRAGE JUNG: Ich wollte zum Thema Syrien kommen. Herr Dr. Schäfer, Herr Nannt, kurdischen Medienberichten zufolge bauen die Amerikaner zwei Luftwaffenstützpunkte in Syrien, und zwar in al-Hasaka und in der Nähe von Kobané. Warum werden diese gebaut? Wird das für die Anti-ISIS-Koalition sein?

DR. SCHÄFER: Ich habe das wie Sie aus kurdischen Quellen in Nachrichtenagenturen gelesen. Ich weiß darüber nichts. Selbst wenn ich etwas darüber wüsste, würde ich es lieber meinem amerikanischen Kollegen oder dem von Herrn Nannt überlassen, Ihnen das zu erklären, damit wir das nicht über Bande spielen. Ich glaube, das macht von mir aus keinen Sinn. Wenn die Amerikaner etwas tun sollten, was ich nicht bestätigen kann und nicht weiß, sollen sie das selber erklären.

ZUSATZFRAGE JUNG: Plant die Bundesregierung den Bau eines eigenen Luftwaffenstützpunkts? Ist das vielleicht ein Weg?

Herr Nannt, Sie wollten uns die Zahlen des letzten Monats nennen, wie viele Anti-ISIS-Bombardierungen und wie viele Aufklärungsflüge es von deutschen Flugzeugen gab.

DR. SCHÄFER: Solche Pläne wären mir nicht bekannt. Wir würden es Sie wissen lassen, wenn es solche Pläne gäbe.

NANNT: Sie spielen auf die Frage von Herrn Wiegold am Freitag an. Es gab bislang 70 Einsatzflüge im Bereich der Tankflugzeuge. Was die Tornados angeht, gab es Stand heute Morgen insgesamt 148 Einsatzflüge, und zwar vier bei Nacht und 144 bei Tag.

ZURUF JUNG (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

NANNT: Welchen Auftrag wir haben? Aufklärung. Die Frage wollen Sie mir heute nicht zum dritten Mal stellen, oder?

FRAGE WIEGOLD: Herr Nannt, nur zur Präzisierung: 148 Einsatzflüge heißt 148 Starts einzelner Maschinen oder sind das auch Einsatzflüge, wo zwei Maschinen zusammen geflogen sind?

NANNT: Das sind 148 Starts einzelner Maschinen.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Also die Hälfte an Einsätzen?

NANNT: Richtig. Insofern auch die Hälfte der Anzahl der Nachtflüge, also zwei Nachteinsätze.

FRAGE JUNG: Ich wollte wissen, wie viele Luftangriffe die Anti-ISIS-Koalition letzten Monat geflogen ist.

NANNT: Herr Jung, die Frage wurde schon am Freitag und auch schon vor drei Wochen gestellt. Wir haben keine eigenen Erkenntnisse dazu.

FRAGE JORDANS: Ich wollte fragen, ob es von der Bundesregierung eine Reaktion dazu gibt, dass die NPD, die derzeit mit einem Verbotsverfahren konfrontiert ist, in einigen hessischen Gemeinden am Wochenende zweistellige Wahlresultate erzielt hat, darunter wohl einmal 31 Prozent, womit sie dann stärkste Partei geworden ist.

SRS’IN WIRTZ: Zunächst einmal kennen Sie die Haltung der Bundesregierung, was die NPD und das NPD-Verbotsverfahren, das im Moment durch den Bundesrat geführt wird, anbelangt.

Im Übrigen möchte ich Wahlergebnisse, die bei Kommunalwahlen in Hessen erfolgt sind, von der Regierungsbank nicht weiter kommentieren.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Sehen Sie mit Sorge, dass man im Ausland vielleicht die Haltung zu Deutschland ändert, wenn man sieht, dass eine rechtsextreme Partei in einer Stadt in Deutschland die stärkste Kraft wird?

SRS’IN WIRTZ: Ich kann nur noch einmal sagen, dass die Bundesregierung auch immer wieder ihre Haltung gegenüber der NPD deutlich gemacht hat, dass es in Deutschland ein höchstes Gericht gibt, das derzeit gerade darüber entscheidet oder verhandelt, ob es in diesem Fall ein Parteiverbot aussprechen soll oder nicht. Das ist ein rechtsstaatliches Verfahren, das wir in unserer Verfassung verankert haben und das dort vorgesehen ist. Genau dort wird sich mit den Fragen und Gründen auseinandergesetzt, inwieweit diese Partei tatsächlich verfassungsfeindlich ist. Insofern kann ich als Sprecherin der Bundesregierung keine Kommunalwahlen kommentieren.

Was das Bild im Ausland anbelangt, so kann ich nur den Beobachtern aus dem Ausland überlassen, wie sie auf Deutschland blicken. Ich denke, da gibt es viele verschiedene Aspekte, die Deutschland ausmachen.

FRAGE CHILAS: Eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Laut „SPIEGEL“ hat der deutsche Historiker Heinz Richter vor einiger Zeit hohe Beamte des Bundesfinanzministeriums gesprochen und dabei die These vertreten, dass nicht Deutschland gegenüber Griechenland Schulden aus dem Zweiten Weltkrieg hat, sondern umgekehrt Griechenland solche Schulden hat. Soviel ich weiß, ist es ein Novum in der Militärgeschichte ich glaube, in der Weltgeschichte überhaupt , dass ein besetztes Land für die Besatzung Schulden gegenüber dem Besatzer haben kann.

Aus dem Bericht geht hervor, dass die Beamten sich die These von Herrn Richter nicht zu eigen gemacht haben. Sie sagten, dass sie diese Problematik nicht mehr aufrollen wollen. Zum Schluss sagten Sie gemäß „SPIEGEL“: Für den Fall, dass die griechische Seite neue Forderungen erheben sollte, sei es kein Nachteil, ein paar Argumente in der Schublade zu haben.

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Ach, Herr Chilas!

ZUSATZFRAGE CHILAS: Meine Frage: Welche Argumente sind das?

Vielleicht noch ein Zusatz: Es heißt, dass Herr Richter seine Untersuchungen auf ganz Europa ausweiten will.

VORS. DETJEN: Die Frage ist gestellt!

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Das ist ja eine ältere Geschichte. Wir haben uns dazu auch schon geäußert. Die Berichterstattung des „SPIEGEL“ lasse ich jetzt einmal so stehen. Herr Richter hat eine Meinung, die er dort geäußert haben soll. Die macht sich das Bundesfinanzministerium ausdrücklich nicht zu eigen. Es gibt auch kein Gutachtenauftrag an Herrn Richter. Das ist eine Einzelmeinung. Das Thema ist, wie hier schon so oft betont, abgeschlossen. Glauben Sie mir: Das wird auch nicht wieder aufgemacht.

FRAGE HELLER: Eine Frage an das Bundesfinanzministerium in seiner Funktion als Großaktionär bei der Commerzbank: Was hält das Bundesfinanzministerium von der Personalentscheidung an der Spitze der Commerzbank? Ist das Bundesfinanzministerium bzw. die Bundesregierung als Großaktionär zufrieden?

Hat diese Entscheidung irgendeinen Einfluss darauf, ob und wann die Bundesregierung ihren Anteil an der Commerzbank verkaufen wird?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Herr Heller, auch das ist ein Ritual: Sie wissen, dass die Vorstandsangelegenheiten der Commerzbank durch den Aufsichtsrat entschieden und verantwortet werden. Der Bund hat zwei Vertreter in den Aufsichtsrat entsandt. Die Entscheidungen dort werden aber unabhängig getroffen. Das Aktienrecht verbietet auch Weisungen. Kommentieren werde ich diese Personalentscheidungen von hier aus nicht.

ZUSATZFRAGE HELLER (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Das ist unabhängig voneinander zu sehen.

FRAGE JUNG: Die Kanzlerin und der Vizekanzler haben sich am Wochenende zu der US-Präsidentschaftswahl geäußert und haben ihre Präferenzen bezüglich Frau Clinton, aber auch ihre Abneigung gegenüber Herrn Trump offenbart. Es sieht alles danach aus, als ob Herr Trump republikanischer Kandidat wird. In der Regel kommen sie während des Wahlkampfes immer nach Deutschland. Ist es für die Bundesregierung eine Option, dass Donald Trump in Berlin auftritt?

SRS’IN WIRTZ: Zunächst einmal habe auch ich das Interview der Bundeskanzlerin in einer großen deutschen Sonntagszeitung gelesen. Dort habe ich von Antipathie und Sympathie nicht so wahnsinnig viel gelesen. Den einen kennt sie nicht, die andere kennt sie. Insofern denke ich, dass ich die Äußerungen der Bundeskanzlerin nicht weiter zu interpretieren brauche. Ihre Interpretation würde ich mir ausdrücklich nicht zu eigen machen.

Was die Frage angeht, ob Donald Trump nach Berlin oder an welchen deutschen Ort auch immer kommt, so weiß ich im Moment nicht, ob er solche Reiseplanungen hat. Deshalb kann ich auch nicht darüber spekulieren, wie ein solcher Besuch in Deutschland organisiert mit welchen Gesprächspartnern oder wie auch immer ablaufen würde.

ZUSATZFRAGE JUNG: Anders gefragt: Ist die Bundesregierung dafür offen, dass Donald Trump auch nach Berlin kommt und hier einen Wahlkampfauftritt absolviert, wie es in der Regel alle republikanischen Kandidaten tun?

Wenn Sie sagen, dass die Bundeskanzlerin Frau Clinton kennt, ist Herr Sanders für sie unbekannt?

SRS’IN WIRTZ: Zunächst einmal sind die USA, soweit ich weiß, ein freies Land mit Reisefreiheit. Deutschland ist ein freies Land mit Reisefreiheit. Insofern ist es auch Donald Trump unbenommen, nach Deutschland und nach Berlin zu kommen.

Was die Frage nach anderen Kandidaten anbelangt, so ist die Bundeskanzlerin in diesem Interview von den Kollegen explizit nach diesen zwei Kandidaten gefragt worden. Sie hat darauf geantwortet, und das ist für jeden von uns nachzulesen.

DR. SCHÄFER: Ich will eigentlich nur bekräftigen, was Frau Wirtz in Bezug auf die Aussage gesagt hat, die USA sowie Deutschland seien ein freies Land. Wer bei uns auf Twitter gebucht ist, hat das vielleicht schon selber zur Kenntnis genommen und nachgelesen: Es gibt kein Land auf der Welt, mit dessen Reisepass man so frei durch die Welt reisen kann wie mit einem deutschen. 177 Länder bieten visumsfreies Reisen mit einem deutschen Reisepass an. Die Amerikaner können diese Zahl nicht ganz erreichen. Aber sie erreichen es, dass man mit einem amerikanischen Reisepass visumfrei nach Deutschland einreisen kann.

SRS’IN WIRTZ: Welcome!

FRAGE HERPELL: Eine Frage an das Bundesjustizministerium. Es gab gestern Abend bei „Anne Will“ einen von manchen als bizarr empfundenen Auftritt eines Ihrer Pressesprecher, gewissermaßen als Claqueur für den Minister. Ist das Thema bei Ihnen aufgearbeitet worden? Es spielte heute eine große Rolle im Netz.

Beschäftigen Sie sich damit? Wollen Sie solche Strategien demnächst häufiger fahren oder wird es möglicherweise demnächst von ganz oben eine andere Lenkung solcher Auftritte geben?

SRS’IN WIRTZ: Wir würden das gerne in der Bundespressekonferenz einführen.

VORS. DETJEN: Das nehmen wir zu Protokoll.

DR. SCHOLZ: Das habe ich jetzt nicht verstanden. Ehrlich gesagt frage ich mich, ob die Frage wirklich ein Thema für die Regierungspressekonferenz ist.

VORS. DETJEN: Die Frage kann jederzeit ein Thema der Regierungspressekonferenz sein.

DR. SCHOLZ: Ich denke, es ist üblich, dass Politiker – Minister , wenn Sie in Talksendungen gehen, auch von Mitarbeitern begleitet werden. Daran kann ich nichts Ungewöhnliches erkennen. Es steht auch keine Strategie dahinter, wie Sie vermuten. Von daher gibt es, glaube ich, für uns in dem Sinne nichts aufzuarbeiten, wie Sie es formuliert haben.

FRAGE JUNG: Herr Scholz, war es denn Pflicht, dass die ganze Mannschaft dabei war? Es waren ja alle vier dabei.

DR. SCHOLZ: Wie Sie sich vielleicht denken können, gibt es bei uns im Haus genügend Freiwillige, um den Minister in entsprechende Sendungen zu begleiten. Die Hauptmotivation ist sicherlich das politische Interesse und der Inhalt der Sendung. Ich glaube, das beantwortet Ihre Frage.

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