Offizielle Schubladen ▼ BPK vom 8. August 2016
Themen: Verfassungsreferendum in Thailand, Forderungen der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU nach einer Steuerreform, Lage in der Türkei, Entzug der Fahrerlaubnis als Strafmaßnahme, UN-Mission im Südsudan, mögliche Reise des Bundesaußenministers nach Russland, Suspendierung russischer Athleten von den Paralympischen Spielen, Auskunftspflichten sozialer Medien, mögliche Abdankung des japanischen Kaisers, verlangte Rückgabe von in Berlin gelagerten Gebeinen der japanischen Ureinwohner Ainu, Ministererlaubnis für die Fusion von Edeka und Tengelmann, Libyen, Entschädigung und Rehabilitation von nach § 175 StGB verurteilten homosexuellen Männern, Unterstützung von Saudi-Arabien bei der Aufklärung der Anschläge von Würzburg und Ansbach
Naive Fragen zu:
Verfassungsreferendum in Thailand (ab 0:45 min)
– wird der Botschafter einbestellt? (1:42 min)
– warum nicht?
Türkei (ab 5:55 min)
– welche Erkenntnisse haben Sie über Folter von Gefangenen in der Türkei? (14:18 min)
– an das Sportministerium: Wie bewerten Sie die Entlassung von mehr als 100 Funktionären im türkischen Fußballverband? (14:38 min)
– wie bewertet die Bundesregierung die Vorwürfe der türkischen Regierung, dass sich die USA am Putschversuch im Juli beteiligt hätten? (27:45 min)
– Die türkische Luftwaffe hat am Wochenende erneut Stellungen der PKK im Südosten des Landes angegriffen. Dabei sollen mindestens 13 Menschen gestorben sein. Wie bewertet die Bundesregierung das? Sind das schon bürgerkriegsähnliche Zustände in der Türkei, wenn die türkische Regierung im eigenen Land bombardiert? (28:16 min)
Führerscheinentzug als Strafe (ab 30:55 min)
– Sie haben gerade Argumente angesprochen, die zum Beispiel auch der ADAC anspricht; Sie haben das gerade teilweise wortwörtlich übernommen. Der ADAC lehnt diese Maßnahme oder diesen Entwurf komplett ab. Warum machen Sie das dann nicht auch klar und deutlich? Wenn Sie schon die Sprache der Autolobby benutzen, warum sagen Sie dann nicht, dass Sie dagegen sind? (35:05 min)
– auch die Kanzlerin ist ja der Autolobby sehr nah. Auf welcher Seite ist sie da? (35:45 min)
– haben Sie denn schon geprüft, ob es verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, bei Sachen, die gar nicht mit dem Straßenverkehr zu tun haben, den Führerschein zu entziehen? (37:25 min)
US-Luftangriffe in Libyen (ab 52:50 min)
– wie bewertet die Bundesregierung die US-Luftangriffe, die seit letzter Woche in Libyen laufen? Auf welcher völkerrechtlichen Grundlage passieren diese Bombardements?
– fliegt die Bundeswehr dort auch Aufklärungsflüge im Rahmen der Anti-IS-Koalition?
– Das beantwortet nicht meine erste Frage, wie Sie die US-Luftangriffe bewerten. Finden Sie das hilfreich?
– die libysche Regierung ist ja nicht die einzige Regierung in Libyen. Es ist die von Europa und den USA favorisierte Regierung. Darum ist die Frage, glaube ich, schon berechtigt. Können Sie uns aus Sicht der Bundesregierung einmal erklären, wer in Libyen gegeneinander kämpft? Das ist ja nicht nur ISIS.
„Terror“ (ab 56:53 min)
– ist es jetzt offiziell, dass die Bundesregierung die Vorfälle von Würzburg und Ansbach als Terroranschläge einschätzt? (1:01:10 min)
– Selbst der Kollege hat gerade von Terroranschlag gesprochen, Frau Chebli gerade auch. Frau Chebli, warum ist das ein Terroranschlag gewesen und warum in München nicht?
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Tilo Jung
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 8. August 2016:
VORS. WELTY eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’IN DEMMER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung hat den Ausgang des Verfassungsreferendums in Thailand zur Kenntnis genommen. Sie ist besorgt über zentrale Element der neuen Verfassung. Insbesondere der Umstand, dass die Streitkräfte weitgehend autonom über die Besetzung des Senats, der zweiten Kammer des Parlaments, entscheiden können, entspricht nicht unseren Grundsätzen einer parlamentarischen Demokratie. Ein weiterer erheblicher Mangel ist aus Sicht der Bundesregierung, dass ein gesamtgesellschaftlicher Diskurs im Vorfeld des Referendums durch das Militärregime unterbunden wurde.
Die Bundesregierung nimmt gleichwohl zur Kenntnis, dass sich eine deutliche Mehrheit der Wähler für den Verfassungsentwurf ausgesprochen hat. Sie ermutigt die Verantwortlichen in Thailand, den eingeschlagenen Weg der innenpolitischen Aussöhnung und Konsolidierung fortzusetzen und dabei nicht auf halbem Weg stehen zu bleiben. Die Bundesregierung ist bereit, Thailand dabei zu unterstützen.
FRAGE JUNG: Frau Chebli, wird der Botschafter einbestellt?
CHEBLI: Dazu liegen mir keine Erkenntnisse vor. Nein, das ist nicht geplant.
ZUSATZFRAGE JUNG: Warum nicht?
CHEBLI: Wenn ich Ihnen etwas über die Einbestellung eines Botschafters mitzuteilen hätte, würde ich es tun. In diesem Fall ist das nicht geplant. Es kann sein, dass es noch dazu kommen wird, aber Informationen darüber, dass so etwas geplant sein könnte, liegen mir jetzt nicht vor.
FRAGE MÜLLER-THUM: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium. Es gibt aus der Union wieder einen neuen Vorstoß zum Thema Steuern. Die Mittelstandsvereinigung würde gerne etwa ein Drittel der Mehreinnahmen, die in den nächsten Jahren erwartet werden, in die steuerliche Entlastung der Bürger stecken. Ich würde gerne einmal von Ihnen wissen: Sind die Spielräume da? Würden Sie so etwas auch befürworten?
DR. WEISSGERBER: Zu konkreten parteipolitischen Vorschlägen äußern wir uns als Bundesfinanzministerium nicht. Aber Sie wissen ja, dass der Bundesfinanzminister selbst schon seit einiger Zeit hervorhebt, dass es gewisse Spielräume gibt. Er argumentiert dabei mit der sogenannten Steuerquote. Das ist ja das Verhältnis von Steuereinnahmen zum Bruttoinlandsprodukt. Die Steuerquote ist ja in den letzten Jahren schon um einige Prozentpunkte gestiegen und wird nach den Vorhersagen der Steuerschätzer auch weiter steigen. Er hat gesagt: Daraus ergibt sich ein gewisser Spielraum, den man nutzen kann, um eben gerade die mittleren Einkommen zu entlasten. – Mehr kann ich jetzt an dieser Stelle noch nicht sagen, aber so hat er das eingeordnet.
ZUSATZ MÜLLER-THUM: Wenn Sie da über Entlastungen nachdenken, dann haben Sie doch sicherlich auch schon ein, zwei Ideen, wie das aussehen könnte.
DR. WEISSGERBER: Das waren Überlegungen des Bundesfinanzministers mit Blick auf die nächste Legislaturperiode; das muss man immer hinzufügen. Es geht also nicht um die jetzige Legislaturperiode, sondern um die nächste. Da hat er eben auf das Verhältnis von Steuereinnahmen und Bruttoinlandsprodukt hingewiesen. Weiter kann ich das jetzt an dieser Stelle nicht konkretisieren, aber insoweit hat er das ja schon des Öfteren gesagt.
FRAGE HERPELL: An das Wirtschaftsministerium: Sie stehen hinsichtlich dieses Themas doch wahrscheinlich mit dem BMF in Kontakt. Gibt es da vonseiten eines SPD-geführten Ministeriums ähnliche Denkweisen? Könnten Sie sich das, was der CDU-Kreis dazu gesagt hat, zu eigen machen?
ALEMANY: Ich kann mich da meinem Vorredner anschließen: Ich kommentiere solche Äußerungen nicht.
FRAGE MÜLLER-THUM: Frau Alemany, Sie müssen ja auch gar nicht unbedingt die Pläne von Lindemann und Co. kommentieren, sondern generell die Frage, ob so eine Entlastung für Sie auch Charme hat.
Herr Weißgerber, jenseits von konkreten Maßnahmen, die das betreffen könnte: Hat für Sie die Idee Charme, dass man einen gewissen Prozentsatz der Steuermehreinnahmen ein Drittel, sagt ja die MIT tatsächlich zur Entlastung der Bürger einsetzt?
ALEMANY: Vielleicht zu Ihrer ersten Frage: Es ist nicht an mir, Äußerungen von Herrn Schäuble, die die nächste Legislaturperiode betreffen, zu kommentieren.
ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Ich bitte Sie gar nicht, irgendwelche Äußerungen zu kommentieren. Ich stelle nur die Frage: Hat für den Wirtschaftsminister die Idee Charme, die Bürger sobald wie möglich steuerlich zu entlasten?
ALEMANY: Wie Sie ja vielleicht wissen, hat sich unser Bundeswirtschaftsminister schon häufig dazu geäußert, zum Beispiel in Bezug auf von Steuerdumping und Steuervermeidung mehr zu tun, um dadurch frei werdende Mittel in Wachstum und Investitionen zu investieren, sowohl auf deutscher Ebene als auch auf EU-Ebene. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
DR. WEISSGERBER: Ich kann das, wie gesagt, nicht weiter konkretisieren. Genaue Beträge bzw. genaue Modelle kann ich Ihnen hier jetzt nicht nennen, sondern eben nur den Ansatz, wie ich ihn dargestellt habe.
FRAGE DR. VON MALLINCKRODT: Frau Chebli, stimmt es, dass sich Staatssekretär Ederer in der Türkei auffällt? Wenn Sie das bestätigen können, können Sie uns dann vielleicht auch noch einmal sagen, was er dort genau macht?
Ganz generell würde mich zu diesem Thema von Frau Chebli und auch von Frau Demmer Folgendes interessieren: Herr Erdoğan hat ja gestern noch einmal das Ansinnen einer möglichen Einführung der Todesstrafe in der Türkei ins Spiel gebracht. Mich würde einfach interessieren, was Ihre Haltung dazu ist und ob Sie es für sehr beunruhigend halten, dass er das jetzt wiederholt hat.
CHEBLI: Ich kann ja einmal anfangen. Der Minister war am Wochenende in Liechtenstein und hat sich eigentlich ziemlich breit zu diesem ganzen Thema geäußert, auch zu der Frage, wie wir in der gegenwärtigen Debatte eigentlich mit der Türkei kommunizieren. Wir haben schon das Gefühl, dass viel über Megafon, Kamera und Mikrofon getan wird und verstärkt die Kommunikation über diese Kanäle genutzt wird. Wir sind der Meinung, dass es wichtig ist, mit der Türkei ins direkte Gespräch zu kommen. Deswegen hat der Minister es auch begrüßt, dass der Präsident des Europarats letzte Woche in der Türkei war und dass es, wie wir von dem direkten Gespräch zwischen dem Minister und Herrn Jagland gehört haben, auch ein sehr gutes Gespräch gab. Es hat sich herausgestellt, dass es wichtig ist, dass man im Gespräch ist.
Wir müssen uns generell die Frage stellen: Was wollen wir eigentlich? Die Türkei ist ein wichtiger Partner. Die Türkei ist ein wichtiger Nachbar. Jenseits des Flüchtlingsabkommens gibt es wichtige Dinge, die wir miteinander zu besprechen haben und die uns verbinden. Politisch, ökonomisch, aber auch aufgrund der 3,5 Millionen Deutschtürken, die hier leben, verbinden uns enge zwischenmenschliche Beziehungen. Wenn wir jetzt einen Blick auf die Türkei werfen, müssen wir uns die Frage stellen: Wie kommen wir eigentlich aus dieser sehr schwierigen, sehr verhärteten Konfrontationslage heraus? Darüber ins Gespräch zu kommen, ist wichtig. Deshalb hat Außenminister Steinmeier den Staatssekretär in die Türkei geschickt, um das direkte Gespräch mit den Türken auf verschiedenen Ebenen zu suchen, es zu verstärken und das Gesprächsnetz weiter oder enger zu knüpfen, anstatt, wie ich gesagt habe, über Megafone und Mikrofone miteinander zu sprechen.
Ziel ist es, der türkischen Seite zu zeigen, dass wir angesichts dessen, was in der Türkei passiert ist, solidarisch sind, dass wir natürlich sehen, wie die Menschen gegen den Putsch auf die Straßen gegangen sind, und dass wir sagen, wie sehr wir es schätzen, dass sich das Parlament geschlossen gegen den Putsch gestellt hat. Ich glaube, das ist etwas, das in der Türkei so nicht wahrgenommen wird. Die Türkei hat das Gefühl, dass wir einfach ignorieren, vor welchem Drama dieses Land in dieser Nacht eigentlich stand, und dass wir uns einfach nur darauf konzentrieren, das Land zu kritisieren. Herr Ederer wird klarmachen: Nein, wir sind solidarisch mit der Türkei, und wir sehen, vor welcher Lage sie stand. Gleichzeitig machen wir aber auch den Punkt klar, dass bei allem berechtigten Interesse der Türkei an einer Aufarbeitung des Putsches Rechtstaatlichkeit gewahrt werden muss.
Ich glaube, das Beste ist es, wenn man diese Message formulieren wollte, das im direkten Gespräch zu machen. Er wird in der Türkei seinen Counterpart im Außenministerium treffen. Er wird das türkische Parlament besuchen, um sich auch direkt vor Ort ein Bild von den Zerstörungen zu machen. Ich kann jetzt nicht ganz genau sagen, was der Inhalt der Gespräche war, weil die Gespräche noch laufen, aber Sie können sich vorstellen, dass die ganze Bandbreite der deutsch-türkischen Beziehungen und alles, was uns in den letzten Wochen beschäftigt hat, auch bei den Gesprächen ein Thema sein wird.
Hinsichtlich der Todesstrafe dazu haben wir uns in der Vergangenheit auch, wie ich finde, sehr deutlich geäußert ist doch klar: Wenn die Türkei die Todesstrafe einführte, wäre das ganz klar nicht vereinbar mit den Grundwerten der EU. Sie würde auch das Ende der Beitrittsverhandlungen bedeuten, Punkt.
SRS’IN DEMMER: Genau, dem kann ich mich anschließen. Das haben wir hier ja auch schon mehrfach betont. Die Türkei hat das 2003 in Kraft getretene 13. Zusatzprotokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention unterschrieben und ratifiziert. Wer dieses Zusatzprotokoll unterschreibt, unterschreibt die vollständige Abschaffung der Todesstrafe. Klar ist: Für ein Land, in dem die Todesstrafe gilt, gibt es keinen Platz in der EU. Eine Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei würde das Ende der Beitrittsverhandlungen bedeuten.
FRAGE HELLER: Mich würde einmal interessieren, ob die Bundesregierung die Besorgnis hegt, gerade auch angesichts des angekündigten Besuchs von Herrn Erdoğan bei Herrn Putin, dass die Türkei als Bündnispartner selbst im Rahmen der NATO potenziell verloren gehen könnte. Gibt es dazu irgendwelche Analysen?
Mich würde zum Zweiten interessieren, inwiefern diese Demonstration am Wochenende in irgendeiner Weise die Bewertung der Bundesregierung in Bezug darauf verändert hat, wie die Türkei in der gegenwärtigen Situation letztendlich auf einer gemeinsamen Linie steht. Wie steht sie in Bezug auf die Unterstützung von Herrn Erdoğan?
CHEBLI: Vielleicht kann ich mit dem ersten Thema anfangen. Aus unserer Sicht ist es gut, dass es nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeuges durch die Türkei im vergangenen Jahr wieder eine Annäherung gibt. Das können wir nur begrüßen; denn je mehr miteinander gesprochen wird auch vor dem Hintergrund der Konfliktlage in der Region, in der sich die Türkei befindet , desto besser. Sowohl die Türkei als auch Russland sind wichtige Akteure, zum Beispiel dann, wenn es darum geht, Wege aus dem Bürgerkrieg in Syrien zu finden.
Unserer Meinung nach ist es das gute Recht eines jeden Staates, den Dialog mit anderen Staaten zu suchen. Das eine zu tun, schließt das andere nicht aus. Das will heißen: Wir glauben nicht, dass eine Wiederannäherung zwischen der Türkei und Russland Auswirkungen auf die Sicherheitspartnerschaft innerhalb der NATO hat. Die Türkei ist und bleibt innerhalb der NATO ein wichtiger Partner. Wir gehen deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon aus, dass die Beziehungen oder die Wiederannäherung zwischen Russland und der Türkei irgendwelche Auswirkungen auf die Kooperation haben könnten.
Zu der zweiten Frage, die Sie bezüglich der Neubewertung vor dem Hintergrund der Demonstration gestellt haben: Ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern können, aber der Minister hat direkt nach dem Putsch gesagt, dass er hofft, dass die Ereignisse in der Türkei auch als Chance begriffen werden, das Land wieder zu vereinen und die Polarisierung, die wir in der Türkei erleben, sowie auch die massive Spaltung innerhalb einzelner Gesellschaftsgruppen damit zu überwinden. Das, was danach in der Türkei passierte, deutet nicht darauf hin, dass diese Chance ergriffen wurde oder ergriffen werden konnte. Unsere Hoffnung bleibt, dass die Türkei zueinanderfinden wird und dass die Polarisierung im Land überwunden wird.
FRAGE JUNG: Frau Chebli, welche Erkenntnisse haben Sie über Folter von Gefangenen in der Türkei?
CHEBLI: Mir liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Ich weiß, das wird Sie nicht befriedigen, aber ich kann es nicht ändern. Wenn es Vorwürfe gibt, dann wird denen nachgegangen werden müssen, aber ich habe dazu überhaupt nichts vorliegen, was ich mit Ihnen teilen könnte.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe noch eine Frage an das Sportministerium: Wie bewerten Sie die Entlassung von mehr als 100 Funktionären im türkischen Fußballverband?
DR. PLATE: Ganz ehrlich: Ich kann nicht erkennen, dass die Entlassung von Funktionären im türkischen Fußballverband, über die mir jetzt persönlich, ehrlich gesagt, auch gar keine Informationen vorliegen, eine Sache wäre, die vom deutschen Sportminister zu bewerten wäre. Ich kann Ihnen hier deswegen, ehrlich gesagt, keine Angaben darüber machen.
FRAGE: Frau Chebli, wird Herr Ederer bei seinem Besuch in der Türkei auch noch einmal das Besuchsrecht von deutschen Abgeordneten auf der Basis in İncirlik thematisieren?
Oberst Nannt, stimmen Berichte, dass die Bundeswehr die eigenen Sicherheitsvorkehrungen, was İncirlik angeht, erhöhen musste, weil die türkischen Partner die Sicherheit am Boden nicht mehr gewährleisten können? Was bedeutet das jetzt beispielsweise eine höhere Gefährdungslage für deutsche Flugzeuge, die die Basis anfliegen? Muss die Bundeswehr da also etwas an ihrem Verhalten ändern?
CHEBLI: Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das Thema İncirlik schon eine Rolle gespielt hat oder eine Rolle spielen wird. Ich würde ganz stark davon ausgehen. Ich würde auch ganz stark davon ausgehen, dass Herr Ederer gegenüber der türkischen Seite kommunizieren wird, dass wir eine Parlamentsarmee haben und dass die Abgeordneten ein berechtigtes Interesse daran haben, sich persönlich über das Wohl der Soldaten zu erkundigen. Das war unsere Linie, und das bleibt unsere Linie. Ich gehe davon aus, dass Herr Ederer das auch so kommunizieren wird.
NANNT: Zu Ihrer zweiten Frage: Natürlich stimmen die Berichte. Wir haben das nämlich auf unserer Internetseite selbst verlautbart, und die Berichte auf unserer Seite sind quasi in den Medien aufgegriffen worden. Wichtig ist einfach: Es gibt aktuell keine konkreten Hinweise auf eine Verschärfung oder Verschlechterung oder irgendeine akute Bedrohungslage. Hintergrund dieser Maßnahme ist einfach, dass aufgrund des Militärputsches ein sehr starker, massiver personeller Umbruch in den türkischen Streitkräften stattfindet, dies mit der Folge, dass ein Austausch von Informationen, normale Arbeitsbeziehungen und etablierte Ansprechpartner einfach weggefallen sind. Deshalb haben wir uns im Rahmen der routinemäßigen Abstimmung gemeinsam mit der Türkei, mit den USA und mit weiteren Partnern dazu entschieden, die Airbase kurzfristig und vorsorglich zunächst über einen geschützten Transportraum anzufliegen.
ZUSATZFRAGE: Herr Nannt, Frau Chebli hatte angesprochen, dass eine Wiederannäherung der Türkei an Russland ihrer Meinung nach keine Auswirkungen auf die Sicherheitspartnerschaft innerhalb der NATO hätte. Die NATO versteht sich ja auch als Wertegemeinschaft. Ist es eigentlich so, dass die Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei im Bundesverteidigungsministerium und in Kreisen der NATO Zweifel an der NATO-Mitgliedschaft der Türkei nährt? Wenn nicht, warum nicht?
NANNT: Diesen Zusammenhang kann ich jetzt überhaupt nicht erkennen. Wir haben das hatte Frau Chebli ja auch schon ausgeführt eine sehr enge Partnerschaft, nicht nur zum Beispiel im Bereich des Flughafens in İncirlik, wo wir auch gemeinsam im Kampf gegen IS sind, sondern eben auch, sage ich einmal, im Rahmen der Zusammenarbeit in der Ägäis und von verschiedenen NATO-Partnerschaften. Wir haben da also eine sehr enge Partnerschaft. Auch die türkische Seite das merkt man ganz deutlich ist sehr stark bemüht, jetzt ein normales Maß an Zusammenarbeit sicherzustellen, gerade auch im Hinblick auf İncirlik, bloß das dauert jetzt einfach, weil ein unheimlich massiver personeller Umbruch stattgefunden hat, wie ich ihn gerade dargestellt habe.
FRAGE HELLER: Am Wochenende ist von verschiedenen Koalitionsabgeordneten Sorge über die Einflussnahme türkischer regierungsnaher Verbände auch hier in Deutschland geäußert worden. Mich würde interessieren: Teilt die Bundesregierung diese Besorgnis über eine verstärkte Einflussnahme türkischer politischer Gruppen?
Zweite Frage: Der Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler hat gestern in einem Interview die EU-Beitrittsperspektive der Türkei umrissen und von Jahrzehnten, von zehn oder 20 Jahren, gesprochen. Er hat das mit der grundsätzlichen Anmerkung verbunden, dass die EU derzeit gar nicht in der Lage wäre, auch nur ein kleinstes neues Mitglied hinzuzugewinnen. Mich würde interessieren, ob das die Auffassung der Bundesregierung in toto ist, also dass die EU auf Jahrzehnte hinaus nicht in der Lage sein wird, abgesehen von der Türkei auch andere Länder aufzunehmen; ich denke dabei zum Beispiel an Beitrittskandidaten aus Südosteuropa.
SRS’IN DEMMER: Vielleicht ganz kurz zu Ihrer letzten Frage: Die Verhandlungen mit der Türkei werden ergebnisoffen geführt. Alles Weitere ist Spekulation, an der ich mich hier an dieser Stelle jetzt nicht weiter beteiligen möchte.
Was die Verbände anbelangt, kooperiert der Bund mit einer Vielzahl von Verbänden. Dazu gehört auch die DITIB, die Sie vermutlich ansprechen. Auf Bundesebene erfolgt die Kooperation in der Deutschen Islam Konferenz, die seit 2006 erfolgreich tagt und in der zurzeit zehn islamische und alevitische Verbände vertreten sind. Es wurden und werden nur solche Organisationen beteiligt, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zweifelsfrei anerkennen und beachten. Selbstverständlich setzen wir uns mit der Frage auseinander, welche Entwicklung die einzelnen Verbände nehmen.
ZUSATZFRAGE HELLER: Darf ich bitte noch einmal bezüglich der ersten Frage nachhaken? Ich habe ja nicht von irgendwelchen Spekulationen gesprochen, sondern von Worten des Vizekanzlers, die er öffentlich im Fernsehen geäußert hat, nämlich dass die EU auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein werde, auch nur das kleinste neue Mitgliedsland aufzunehmen. Ich möchte wissen, ob das eine persönliche Auffassung des Bundeswirtschaftsministers und Vizekanzlers oder eine gemeinsame Auffassung der gesamten Bundesregierung ist.
SRS’IN DEMMER: Ich habe dazu alles gesagt, was ich dazu sagen möchte.
FRAGE: Frau Demmer, zu DITIB, weil Sie ja gesagt haben, dass Sie sich die Vereine durchaus anschauen: Es gab Kritik an DITIB als dem verlängerten Arm von Erdoğan, auch wegen der Imam-Ausbildung. Wie sollte Deutschland darauf reagieren? Sollte man mehr in die eigene Imam-Ausbildung investieren?
SRS’IN DEMMER: Natürlich begrüßte die Bundesregierung alle Bemühungen, Muslime besser zu integrieren. Dazu sind natürlich alle aufgefordert, auch die Muslime selbst. Dazu hat sich die Kanzlerin auch hier bei der Sommer-PK geäußert.
Insgesamt würde ich aber gerne noch einmal zum Ausdruck bringen, dass die Praxis gezeigt hat, dass die übergroße Mehrzahl der Muslime hier im Rahmen des Grundgesetzes ihre Religion ausübt. Dort, wo das nicht der Fall ist, entscheiden die Sicherheitsbehörden, ob Beobachtungen notwendig sind oder nicht. Aber der Regelfall und die übergroße Mehrheit entsprechen genau dem, was wir im Grundgesetz verankert haben.
ZUSATZFRAGE: Was ist mit der deutschen Ausbildung von Imamen? Sollte man mehr investieren?
DR. PLATE: Ich will die Gelegenheit vielleicht nutzen, das ein bisschen zu ergänzen. Es ist ja schon jetzt so, dass es Imam-Ausbildungen in Deutschland gibt. Das ist noch nicht so lange so. Es gibt Universitäten wie die Universität Münster sie ist aber auch nicht die einzige , in denen das erfolgt. Dafür hat sich die Bundesregierung eingesetzt.
Das Problem ist: Auch wenn das nach unserer Überzeugung der richtige Weg ist, geht das jetzt natürlich nicht auf Knopfdruck. Bei einer Imam-Ausbildung geht man nicht einmal zwei Tage in die Schule, und dann ist die Sache erledigt, sondern das dauert eben. Die sind in der Ausbildung. Die ersten werden demnächst fertig werden; ich weiß nicht genau, ob in diesem oder im nächsten Jahr; das müsste ich nachtragen, falls Sie das wissen wollen. Das dauert also. Das muss natürlich eine sorgfältige Ausbildung sein.
In der Zwischenzeit darf man nicht vergessen: Wir haben das Grundrecht auf Religionsfreiheit, hinter dem wir zu 100 Prozent stehe. Da kann man jetzt nicht einfach sagen: So lange unsere Imame, die bei uns ausgebildet worden sind, mit der Ausbildung noch nicht fertig sind, gibt es dann hier halt keine Möglichkeit, die Religionsfreiheit auszuleben. – Das ist natürlich nicht möglich und auch nicht gewünscht.
Deswegen ist es so, dass man diesen Weg verfolgen muss. Das tun wir. Das kann man sicherlich auch noch ausbauen, und auch das ist von uns durchaus geplant. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass jetzt irgendwie auf Knopfdruck alle Imame ausgewechselt werden oder dass, wenn man jetzt eine entschlossene und starke Entscheidung fällt, dann übermorgen ganz, ganz viele bei uns ausgebildete Imame auf dem Markt sein werden. Das wollte ich einfach noch einmal zur Einordnung sagen, weil das, glaube ich, einfach wichtig ist, um zu verstehen, wie das funktionieren kann.
CHEBLI: Darf ich auf Ihre Frage hin, Herr Heller, noch etwas zu den Beitrittsverhandlungen sagen, weil es mich doch juckt? Der Minister hat sich auch dazu am Wochenende geäußert, indem er gesagt hat: Er findet es schon schräg, dass in einem Moment, in dem die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eigentlich stillstehen, das ganze Thema herauf- und herunterdiskutiert wird, vor allem in den deutschen Medien. Er sagte natürlich zu Recht, dass es mit der Türkei gerade um viel schwierigere Fragen geht, zum Beispiel, wie wir dabei helfen, dass die Verfahren derjenigen, die in der Türkei verhaftet werden, unter der Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien ablaufen. Deswegen war es wichtig, dass Herr Jagland da war.
Wenn Sie sich die Lage der EU insgesamt anschauen die vielen Krisen, mit denen die EU gerade zu kämpfen hat, und die verschiedenen Fliehkräfte, die wirklich an ihr zerren , wer redet denn dann darüber, dass es in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren möglich sein wird, dass sich Länder der EU anschließen? Das ist also schon eine realistische Einschätzung. Ich glaube, da braucht man auch nicht um den heißen Brei herumzureden.
FRAGE DR. VON MALLINCKRODT: Frau Demmer, Sie haben gesagt, dass die Bundesregierung selbstverständlich die Entwicklung der islamischen Verbände in Deutschland genau beobachte. Da würde mich einfach Ihre Einschätzung interessieren: Wie hat sich denn DITIB in den Jahren entwickelt und wie verhält sich der Verband als solcher heute eigentlich? Was ist Ihre Einschätzung dazu?
SRS’IN DEMMER: Dazu müsste ich ans BMI abgeben.
ZUSATZ DR. VON MALLINCKRODT: Ganz kurz, bevor Sie das an das BMI abgeben: Vermutlich wird es ja keine Äußerungen dazu geben, ob die nun irgendwie beobachtet werden, oder was weiß ich das ist ja offensichtlich. Mich interessiert da einfach ganz generell Ihre Einschätzung zu der Entwicklung von DITIB; dazu gibt es ja sicherlich eine Haltung oder eine Meinung.
SRS’IN DEMMER: Dazu kann ich nichts sagen.
ZUSATZFRAGE DR. VON MALLINCKRODT: Herr Plate vielleicht?
DR. PLATE: Ich finde es jetzt, ehrlich gesagt, nicht angemessen, dass die Bundesregierung und hier das Bundesinnenministerium über einen Partner, mit dem es eng kooperiert, sozusagen eine öffentliche Pauschaleinschätzung in wenigen Sätzen so wie das in einer Pressekonferenz eben möglich wäre vornimmt. Wir sind mit DITIB natürlich die ganze Zeit in vertraulichen und engen Gesprächen. DITIB ist nicht Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes oder Ähnliches, das wissen Sie sicherlich. Selbstverständlich beobachten wir aber nicht im technischen Sinne die Geschicke eines engen Partners, genauso wie das umgekehrt sicherlich auch der Fall ist. Eine Pauschalbewertung werden Sie von mir hier an dieser Stelle nicht zu hören bekommen.
SRS’IN DEMMER: Klar ist jedenfalls, dass die Beziehungen zwischen dem Staat und den islamischen Organisationen partnerschaftlich weiterentwickelt werden sollten. Das ist im aktuellen Arbeitsprogramm der Deutschen Islamkonferenz konkret so formuliert. Das ist unser Anliegen.
ZUSATZFRAGE DR. VON MALLINCKRODT: Herr Plate, Sie meinten gerade, man beobachte genau, und umgekehrt. Was meinen Sie mit umgekehrt?
DR. PLATE: Umgekehrt gehe ich auch davon aus, dass Partner des Bundesinnenministeriums wie zum Beispiel DITIB; aber es gibt natürlich ganz viele Partner auch sehr genau verfolgen und sich anschauen, wie sich das Bundesinnenministerium als ihr Partner entwickelt. Das halte ich für eine normale Sache in einer Beziehung, die keine Einbahnstraße ist.
FRAGE JUNG: Frau Chebli, wie bewertet die Bundesregierung die Vorwürfe der türkischen Regierung, dass sich die USA am Putschversuch im Juli beteiligt hätten?
CHEBLI: Das habe ich nicht zu kommentieren.
ZUSATZFRAGE JUNG: Warum nicht?
CHEBLI: Sie müssen hinnehmen, dass ich das nicht zu kommentieren habe.
ZUSATZFRAGE JUNG: Das sind ja zwei Verbündete Deutschlands.
CHEBLI: Ja, aber das sind Beziehungen zwischen zwei Staaten wieso sollte ich für einen dritten dazwischenfunken? Wenn die Türkei diese Äußerungen macht, dann macht sie die, aber ich habe das nicht zu kommentieren. Ich glaube auch nicht im Ernst, dass Sie darauf eine Antwort von mir erwartet haben.
ZUSATZFRAGE JUNG: Vielleicht aber auf meine zweite Frage: Die türkische Luftwaffe hat am Wochenende erneut Stellungen der PKK im Südosten des Landes angegriffen. Dabei sollen mindestens 13 Menschen gestorben sein. Wie bewertet die Bundesregierung das? Sind das schon bürgerkriegsähnliche Zustände in der Türkei, wenn die türkische Regierung im eigenen Land bombardiert?
CHEBLI: Ich beteilige mich nicht daran, irgendetwas als Bürgerkrieg, als Krieg oder als sonst was zu klassifizieren was Sie gerne immer von uns hören würden. Es ist aber klar und das haben wir gesagt : Für das Land und für die Sicherheit des Landes sowie für die Region wäre es das Beste, wenn der Kampf, die Auseinandersetzungen und die Angriffe von beiden Seiten beendet würden. Eine Wiederannäherung zwischen den Kurden ich spreche nicht über die PKK und der Türkei wäre das Beste, was dem Land passieren könnte. Die PKK ist von uns auch als Terrororganisation eingestuft, von daher ist das die klare Haltung.
FRAGE LANGE: Ich bin mir nicht sicher, ob ich Frau Chebli gerade richtig verstanden habe, was die EU-Erweiterung angeht. Frau Chebli, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sagen Sie, die EU sei im Moment voll und wir könnten auf absehbare Zeit keine weiteren Länder aufnehmen. Dann ist meine Frage: Was ist mit den Beitrittskandidaten?
Zweitens haben Sie das ja eigentlich gar nicht in der Hand, weil jedes Land ja erst einmal einen Antrag stellen kann. Sagen Sie Ländern, die vielleicht darüber nachdenken, EU-Mitglied zu werden, dass das im Moment sowieso keinen Zweck hat, weil es nicht geht?
CHEBLI: Nein, das tun wir auf keinen Fall. Der Minister ist ja im permanenten Gespräch zum Beispiel mit den Westbalkanstaaten. Da laufen die Prozesse, und wir unterstützen die Beitrittsverhandlungen. Ich sage aber auch und da muss man realistisch sein : Die Lage, wie sie sich in der Türkei gegenwärtig darstellt, ist nicht so, dass Sie oder ich uns allen Ernstes vorstellen, dass die Türkei in den nächsten Wochen oder Monaten oder im nächsten Jahr Mitglied der EU würde, oder? Das war alles, was ich meinte.
FRAGE HERPELL: Eine Frage an das Verkehrs- und das Innenministerium: Es liegt ein Referentenentwurf in Sachen Führerscheinentzug vor, und es wird im Moment auch diskutiert, was man alles möglicherweise mit Führerscheinentzug bestrafen könnte. Wie bewerten Sie das? Wie weit ist der Entwurf, wann wird es damit konkret werden?
DR. KRÜGER: Zum Thema Führerscheinentzug kann ich sagen, dass es dazu einen Entwurf gibt, der sich in Länder- und Verbändebeteiligung befindet. Diese Länder- und Verbändebeteiligung dauert noch bis Ende dieser Woche. Wir werden dann die Stellungnahmen aus und werden dann die Ressortabstimmung abschließen. Insofern kann ich jetzt nicht inhaltlich in die Tiefe gehen. Ich möchte aber allgemein sagen, dass es angedacht ist bzw. dieser Entwurf vorsieht, dass das Mittel des Fahrverbots nicht mehr auf den Verkehrsbezug eingeschränkt ist, sondern für alle Straftaten geöffnet wird.
ZUSATZFRAGE HERPELL: Gibt es da spezielle Straftaten, die Sie im Auge haben? Es gibt ja Spekulationen, ob man das zum Beispiel bei Steuervergehen oder auch bei anderen Vergehen anwenden könnte.
DR. KRÜGER: Minister Maas hat sich dazu im „SPIEGEL“-Interview geäußert Sie nehmen ja Bezug auf dieses Interview ; dort sind die Beispiele genannt, die Sie jetzt ansprechen. Ich möchte, ehrlich gesagt, keine Einschränkung vornehmen, weil sich dieser Entwurf noch in der Abstimmung befindet. Allgemein ist es wirklich so: Er ist vorgesehen für alle Straftaten, es gibt jetzt also keine Einschränkung.
Man kann schon sagen, dass man der Justiz im Bereich kleinerer und mittlerer Kriminalität mehr Gestaltungsmöglichkeiten geben möchte, um in geeigneter Weise auf Straftäter einzuwirken. Weitere Konkretisierungen möchte ich aber ungern vornehmen.
ZUSATZFRAGE HERPELL: Gibt es dazu möglicherweise auch schon Einschätzungen vonseiten des Innenministeriums und des Verkehrsministeriums?
DR. PLATE: Nein. Das ist ja ein Gesetzentwurf des BMJV aus dem Bereich des Strafrechts ein Bereich, für den nicht das BMI federführend ist, sondern das BMJV. Insofern sehe ich, ehrlich gesagt, keine Veranlassung, dazu zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich Stellung zu beziehen.
FRIEDRICH: Wir werden uns den Vorschlag natürlich genau ansehen, wenn er vorliegt. Grundsätzlich ist es so: Die Fahrerlaubnis zu verlieren, hat ja einen erzieherischen Charakter; denn dahinter steckt ja die Frage der Eignung, am Straßenverkehr überhaupt teilzunehmen. Daher ist es aus unserer Sicht so, dass eine Ausdehnung auf jegliche Straftatbestände schwer vorstellbar ist. Dennoch werden wir uns das in der Ressortabstimmung genau ansehen. Das heißt, in welchen Fällen das möglich ist, wird dann eben die Abstimmung zeigen.
FRAGE HERPELL: Frau Friedrich, wenn Sie sagen, das wäre schwer vorstellbar, höre ich da jetzt Skepsis heraus. Ist das so, wird es dann also möglicherweise, wenn die Ressortabstimmung läuft, von Ihrer Seite Widerstand gegen diese doch relativ starke Öffnung für andere Straftaten geben?
FRIEDRICH: Das kann ich jetzt so nicht weiter kommentieren. Grundsätzlich ist es einfach so, dass wir jetzt die Ressortabstimmung abwarten und uns dann genau anschauen, was in dem Vorschlag steht.
DR. KRÜGER: Ich möchte noch ergänzen, dass diese Initiative auf den Koalitionsvertrag zurückgeht. Da ist vereinbart worden ich möchte die entsprechende Stelle kurz vorlesen :
„Um eine Alternative zur Freiheitsstrafe und eine Sanktion bei Personen zu schaffen, für die eine Geldstrafe kein fühlbares Übel darstellt, werden wir das Fahrverbot als eigenständige Sanktion im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht einführen.“
FRAGE JUNG: Frau Friedrich, Sie haben gerade Argumente angesprochen, die zum Beispiel auch der ADAC anspricht; Sie haben das gerade teilweise wortwörtlich übernommen. Der ADAC lehnt diese Maßnahme oder diesen Entwurf komplett ab. Warum machen Sie das dann nicht auch klar und deutlich? Wenn Sie schon die Sprache der Autolobby benutzen, warum sagen Sie dann nicht, dass Sie dagegen sind?
FRIEDRICH: Das ist ganz einfach: Wir schauen uns jetzt erst einmal den Entwurf des BMJV an, und dann werden wir uns eine genauere Meinung dazu bilden, das heißt, das konkretisieren und dann in der Ressortabstimmung besprechen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Frau Demmer, auch die Kanzlerin ist ja der Autolobby sehr nah. Auf welcher Seite ist sie da?
SRS’IN DEMMER: Ihre Analyse teile ich so schon nicht. Ansonsten habe ich dem nichts hinzuzufügen.
FRAGE: Frau Krüger, was passiert, wenn jemand keinen Führerschein hat? Haben Sie also keine Bedenken hinsichtlich einer ungleichen Bestrafung zum Beispiel, wenn eine Person dann vielleicht mit einer Geldstrafe bestraft wird, weil sie keinen Führerschein hat?
DR. KRÜGER: Ich muss gestehen, dass ich Schwierigkeiten habe, die Frage zu verstehen.
Vielleicht kann ich an dieser Stelle noch einmal kurz ergänzen, dass es auch so ist, dass das Fahrverbot nicht als Hauptstrafe eingeführt werden soll, sondern weiter Nebenstrafe bleibt. Das heißt, es wird immer eine Hauptstrafe geben meinetwegen eine Geldstrafe , und als zusätzliche Strafe kann eben die Fahrerlaubnis entzogen werden. Aber vielleicht könnten Sie Ihre Frage noch einmal kurz konkretisieren?
ZUSATZFRAGE: Ich finde es irgendwie ungerecht, dass eine Person, die keinen Führerschein hat, nicht in dieser Weise bestrafe werden kann, sondern anders bestraft wird. Gibt es diesbezüglich keine rechtlichen Bedenken, dass man eine Person nicht so bestrafen kann wie eine andere?
DR. KRÜGER: Das möchte ich jetzt nicht bewerten und auch nicht kommentieren auch mit Blick darauf, dass die Abstimmung dazu noch läuft.
FRAGE JUNG: Frau Krüger, haben Sie denn schon geprüft, ob es verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, bei Sachen, die gar nicht mit dem Straßenverkehr zu tun haben, den Führerschein zu entziehen?
DR. KRÜGER: Da das BMJV wie auch das BMI Verfassungsressort ist, können Sie sich allgemein sicher sein, dass Entwürfe, die von unserem Haus vorgelegt werden, verfassungsrechtlich geprüft sind.
FRAGE PELZ: Frau Chebli, am Freitag läuft ja das Mandat der UN-Mission im Südsudan aus; das wird ja gerade auch bei den Vereinten Nationen und anderswo diskutiert. Hält die Bundesregierung es für erforderlich, dass man das Mandat ändert, damit die Truppe ihrem Auftrag besser nachkommen kann und auch Zivilisten schützen kann?
Zweitens. Es wird ja auch diskutiert, zusätzlich noch eine regionale Truppe zu entsenden, die zur Friedenssicherung in der Hauptstadt Dschuba beitragen soll. Was ist die Meinung der Bundesregierung dazu?
CHEBLI: Verzeihen Sie mir, ich bin zu diesem Thema gerade nicht sprechfähig. Ich würde das nachliefern.
FRAGE: Frau Chebli, ich habe gehört, Herr Steinmeier möchte am 14. und 15. August nach Russland fliegen nicht nach Moskau zwar, sondern nach Jekaterinburg. Stimmt das? Falls ja: Mit welchem Programm wird er dorthin reisen, was wird er dort machen?
CHEBLI: Das kann schon sein, aber ich kann es Ihnen jetzt noch nicht bestätigen.
ZUSATZFRAGE: Aber der 14. ist ja schon in sechs Tagen.
CHEBLI: Aber Sie wissen ja, dass wir Reisen dann bestätigen, wenn wir meinen, dass sie bestätigt werden sollen. Das ist in diesem Fall heute noch nicht der Fall.
ZUSATZFRAGE: Ich möchte noch eine zweite Frage stellen: Frau Demmer, wie die Bundesregierung die Entscheidung des Internationalen Paralympischen Komitees einschätzt, die komplette russische Paralympics-Mannschaft zu sperren?
SRS’IN DEMMER: Das würde ich an das Sportministerium weitergeben.
DR. PLATE: Ich kann das gerne übernehmen. Ich hatte hier schon zu einem anderen Anlass die Gelegenheit, über die Entscheidung des IOC in einem vergleichbaren Sachverhalt zu sprechen, die ja ein bisschen anders ausgefallen ist. Da haben wir gesagt: Das ist die Autonomie des Sports und wir nehmen zur Kenntnis, dass das IOC so entschieden hat. Dementsprechend ist es beim IPC, also beim Internationalen Paralympischen Komitee, genauso: Das ist eine Entscheidung des Sports und wir nehmen das zur Kenntnis, aber wir kommentieren das nicht inhaltlich.
FRAGE GEUTHER: Eine Frage an das Justizministerium: Insbesondere Bayern fordert verbindliche Maßstäbe für Auskunftspflichten sozialer Medien sei es über Vereinbarungen, sei es über gesetzliche Regeln , und es wird auch gefordert, dass entsprechende Unternehmen ab einer gewissen Größe und Aktivität in Deutschland auch ein Ansprechpartner mit Handlungsvollmacht in Deutschland haben sollten. Prüfen Sie das? Halten Sie es rechtlich überhaupt für möglich, solche Verpflichtungen zu konkretisieren? Falls ja: Könnte das national gehen oder müsste das eine europäische Regelung sein?
DR. KRÜGER: Vielen Dank für die Frage. Dieser Themenkomplex geht auf zwei Themen der letzten Justizministerkonferenz zurück, die schon im Juni behandelt wurden. Hier geht es insbesondere um die Punkte Effektivierung der grenzüberschreitenden Strafverfolgung und beschleunigte Sicherung von digitalen Beweismitteln. Die Beschlüsse dazu sind Ihnen sicherlich bekannt; die kann man auch im Internet nachlesen.
Es ist ja der Wunsch an das BMJV herangetragen worden, auszuloten, ob entsprechende Verpflichtungen in Anlehnung an das europäische Marktortprinzip auch solchen Dienstanbietern auferlegt werden können, die nicht im Inland geschäftsansässig, aber wohl wirtschaftlich aktiv sind. Der aktuelle Stand ist, dass das BMJV intern prüft und auch in Gesprächen mit weiteren Ressorts über die Frage ist, ob ein gesetzlicher Änderungsbedarf bezüglich der strafprozessualen oder auch der rechtshilferechtlichen Vorschriften besteht oder ob diese Probleme ausschließlich auf der Anwendungsebene liegen.
Zum Inhalt dieser Überlegungen der Prüfung und der Gespräche möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen.
ZUSATZFRAGE GEUTHER: Dann noch an beide Häuser also das BMJV, was die Strafverfolgungsbehörden betrifft, und das BMI, was die Polizei betrifft : Es gibt ganz unterschiedliche Aussagen darüber, wie groß das Bedürfnis eigentlich ist, das heißt, wie groß die Unzufriedenheit derzeit ist bzw. ob es nun funktioniert, wenn zum Beispiel Facebook Anfragen bekommt, oder ob es eben nicht funktioniert. Was ist Ihre Einschätzung dazu?
DR. PLATE: Seitens des BMI kann im Prinzip über die Zusammenarbeit, die das Bundeskriminalamt und das BfV mit Facebook haben wenn wir jetzt gerade über Facebook sprechen , berichtet werden. Das betrifft vor allen Dingen die Phänomenbereiche Islamismus sowie Rechts- und Linksextremismus. In diesen Bereichen ist es so, dass bei uns im Haus die Zusammenarbeit grundsätzlich positiv bewertet wird. Die Gespräche sind also sehr konstruktiv, und die Zusammenarbeit ist auch fruchtbar, soweit wir das sehen können. Wir können natürlich nicht beurteilen, wie die Zusammenarbeit mit Länderpolizeien ist; das müsste man dort erfragen. Jedenfalls haben wir vonseiten des BMI dazu keine grundsätzlichen höchstkritischen Anmerkungen zu machen.
FRAGE NAKANISHI: Meine erste Frage geht an Frau Demmer: Wie sieht die Bundesregierung die Botschaft des japanischen Kaisers? Er hat heute ja angedeutet, dass er in der Zukunft abdanken wolle. Wie sieht die Bundesregierung die Zeit seiner Herrschaft und auch die Kooperation zwischen dem Kaiserhaus und Deutschland?
SRS’IN DEMMER: Das würde ich gerne an das AA abgeben.
CHEBLI: Ich kann dazu leider auch nichts sagen. Das ist wahrscheinlich seine freie Entscheidung, aber ich müsste mich einmal schlau machen.
ZUSATZFRAGE NAKANISHI: Meine zweite Frage geht vielleicht auch an Sie, Frau Chebli: Die japanische Tageszeitung „Mainichi Shimbun“ hat heute berichtet, dass es in Berlin 17 Gebeine der sogenannten Ainu, also der japanischen Ureinwohner, gebe. Elf davon gehören wohl unmittelbar der Bundesrepublik Deutschland, und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz verwaltet diese elf Ainu-Gebeine. Der Ainu-Verband in Hokkaido verlangt von der Bundesrepublik Deutschland jetzt die Rückgabe dieser Gebeine. Haben Sie von diesem Bericht gehört?
CHEBLI: Nein, ich habe leider nichts von diesem Bericht gehört. Aber auch hier verspreche ich Ihnen, dass ich mich erkundige, und wenn wir dazu etwas haben, werden wir Ihnen das gerne über den Verteiler, über die Bundespressekonferenz zuschicken.
FRAGE: Frau Alemany, ich habe eine Nachfrage zu der Pressemitteilung in Sachen Ministererlaubnis Edeka/Tengelmann und der rechtlichen Auseinandersetzung dazu. In der Pressemitteilung schreiben sie ja, dass der Beschluss zu den Anforderungen an die Verfahrensführung im Ministererlaubnisverfahren grundsätzliche Fragen aufwerfe. Könnten Sie einmal spezifizieren, welche grundsätzlichen Fragen es aus Ihrer Sicht sind, die durch die Entscheidung des OLG Düsseldorf aufgeworfen worden sind?
ALEMANY: Ja, gerne. Der Minister hat es ja gestern schon angekündigt, und wir haben es heute auch vollzogen und mit einer Pressemitteilung begleitet, die Sie alle online bei uns finden werden: Er hat sich dazu entschieden, vollumfänglich Rechtsmittel einzulegen, das heißt, die beiden Mittel, die wir auch in der Pressemitteilung erwähnen, also die Nichtzulassungsbeschwerde und die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof. Er möchte damit deutlich machen, dass er den Vorwurf der Befangenheit zurückweist, und möchte noch einmal deutlich machen, worum es ihm bei der Ministererlaubnis ging, nämlich um die Sicherung der Arbeitnehmerrechte und Arbeitsplätze sowie der Qualität dieser.
Zum einen hat das über den Einzelfall hinausgehend dadurch Bedeutung, dass es für uns eben schon Gemeinwohlgründe sind, für das OLG Düsseldorf aber offensichtlich nicht. Dies gilt es zu klären. Es gilt auch zu klären, inwieweit wir eigentlich in unserem Verfahren über unsere Verfahrensregularien, die es derzeit gibt und die derzeit gelten, hinausgehen müssen, so wie es das OLG Düsseldorf in seinem zumindest vorläufigen Eilbeschluss jetzt andeutet. Das muss man auf höherer Ebene einmal klären lassen; denn wir sind der Auffassung, dass die Dokumentationspflichten, die wir in unserem Verfahren laut unserer Rechtsauffassung zulässig, üblich und rechtlich sauber eingegangen sind, auch wirklich so bleiben können, oder ob man für künftige Ministererlaubnisse möglicherweise ein höheres Transparenzniveau anlegen muss.
Aber noch einmal: Das ist ja kein Gerichtsverfahren, sondern das ist ein Kartellverfahren. Die Regularien dafür stehen fest, und genau an diese haben wir uns auch gehalten.
FRAGE LANGE: Frau Alemany, wissen Sie vielleicht, was das für das Hauptverfahren vor dem OLG bedeutet? Findet das dann trotzdem statt, oder ist das dann erledigt?
Können Sie sich erinnern, ob es schon ähnliche Fälle gab? Ich weiß, dass es bei E.ON Ruhrgas damals, ich sage einmal, Ärger, aber keine Klagen gab. Können Sie sich daran erinnern, dass so etwas schon einmal so weit vor Gericht gegangen ist?
ALEMANY: Im Fall E.ON Ruhrgas wurde kritisiert ebenfalls vom OLG , dass der Minister damals nicht an der öffentlichen Anhörung teilgenommen hatte. Auch das haben wir in unserem jetzigen Ministererlaubnisverfahren vollumfänglich erfüllt der Minister hat ja mehrere Stunden lang teilgenommen und sich auch ein Bild der Lage gemacht. So gesehen gab es schon Kritik, aber alles, was damals kritisiert wurde, wurde im jetzigen Verfahren ja zu hundert Prozent eingehalten.
Dass ein Gemeinwohlgrund als nicht gegeben erachtet wird und ein solches Ausmaß an Dokumentations-, Transparenz- und Informationspflichten für alle Verfahrensbeteiligten notwendig wird, ist tatsächlich eine neue Rechtsqualität. Das muss jetzt einmal geklärt werden.
ZUSATZFRAGE LANGE: Nur die Nachfrage: Läuft das beim OLG so weiter?
ALEMANY: Das Hauptsacheverfahren läuft trotzdem weiter.
FRAGE: Sie schreiben in Ihrer Pressemitteilung, dass die Gespräche, die stattgefunden haben, normal sind und sich im üblichen Rahmen befinden. Warum haben Sie dann zum Beispiel das Gespräch am 22. Dezember erst später bekanntgegeben?
Zweite Frage: Es gibt Kritik an Herrn Gabriel, dass er in die Offensive nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ geht. Wie begegnen Sie dieser Kritik?
ALEMANY: Offensiv und voll umfänglich sein Recht geltend zu machen – da sehe ich keinen Kritikpunkt. Es ist auch völlig legitim. Das können wir mit Verve verteidigen, denn wir sind anderer Rechtsauffassung als das OLG Düsseldorf.
Was Ihre andere Frage angeht, danke ich Ihnen, dass sie sie stellen. Das gibt mir einmal Gelegenheit, darauf einzugehen; es ist ja vermehrt darüber in den Medien zu lesen. Der vorläufige Beschluss des OLG erging am 12. Juli. Einen Tag später hat unser Minister eine öffentliche Pressekonferenz zu den Hauptkritikpunkten dieses OLG-Beschlusses gegeben. Er hat nicht die ganze Litanei von allen möglichen Gesprächen, Telefonaten und Sonstigem aufgeführt, sondern er hat sich auf die Sachen konzentriert, die auch das Gericht offiziell und öffentlich nachlesbar in seinem Beschluss dargelegt hat.
Das war zum einen der Gemeinwohlgrund. Das waren zum anderen die Gespräche am 1. und 16., vermeintlich aber dann am 18. Dezember die beiden Gespräche mit den Antragstellern. Die Antwort, die wir Frau Dröge in einer parlamentarischen Antwort gegeben haben, bezog sich speziell auf die Frage, ob es noch andere Gespräche gab. Daraufhin haben wir wahrheitsgemäß und natürlich transparentgemäß erzählt, dass es auch am 22. Dezember noch eines gab. Das war aber nicht Gegenstand der Pressekonferenz. Das war eine Pressekonferenz und keine Auflistung aller Details.
Noch einmal: Diese Gespräche sind alle zulässig und üblich. Auch das Kartellamt spricht bei Fusionsverfahren immer mit den Antragstellern.
FRAGE HÜBSCHEN: Ganz kurze Nachfrage, Frau Alemany, zu diesem Termin am 22. Dezember ich habe letzten Mittwoch schon einmal die Frage gestellt, und da ist es mir nicht gelungen, es zu verstehen : War das ein Sechs-Augen-Gespräch, also Bsirske, Gabriel plus Vertreter von Edeka und Tengelmann oder wer saß am 22. Dezember genau zusammen?
ALEMANY: Das war, wie schon in der parlamentarischen Anfrage beantwortet, ein Gespräch zwischen Herrn Mosa und Herrn Bsirske im Beisein des Herrn Ministers. Beamte waren nicht zugegen. Nur, um es ganz deutlich zu machen: Auch das ist ein zulässiges Format.
FRAGE JUNG: Frau Chebli, Herr Nannt, ich wollte zu Libyen kommen. Frau Chebli, wie bewertet die Bundesregierung die US-Luftangriffe, die seit letzter Woche in Libyen laufen? Auf welcher völkerrechtlichen Grundlage passieren diese Bombardements?
Herr Nannt, fliegt die Bundeswehr dort auch Aufklärungsflüge im Rahmen der Anti-IS-Koalition?
CHEBLI: Wenn Sie die Berichte richtig gelesen hätten, würden Sie wissen, dass die libysche Regierung die USA um Unterstützung gebeten hat und damit die völkerrechtliche Frage im Prinzip geklärt ist.
ZUSATZFRAGE JUNG: Das beantwortet nicht meine erste Frage, wie Sie die US-Luftangriffe bewerten. Finden Sie das hilfreich?
CHEBLI: Es ist wichtig, dass Libyen sich friedlich und stabil entwickeln kann. So lange ISIS dort wütet, wird es schwierig, dass Libyen sich zu einem stabilen Staat entwickelt. Deswegen unterstützen wir das Vorgehen der libyschen Regierung gegen ISIS. Wenn die libysche Regierung selber die Amerikaner bittet, sie zu unterstützen, dann haben wir das im Prinzip von der Seitenlinie nicht zu kommentieren. Klar ist: ISIS ist in Libyen gefährlich. Je stärker wir es schaffen, ISIS zurückzudrängen, desto besser ist das für das Land.
NANNT: Zur zweiten Frage: Nein, das machen wir nicht.
ZUSATZFRAGE JUNG: Frau Chebli, die libysche Regierung ist ja nicht die einzige Regierung in Libyen. Es ist die von Europa und den USA favorisierte Regierung. Darum ist die Frage, glaube ich, schon berechtigt. Können Sie uns aus Sicht der Bundesregierung einmal erklären, wer in Libyen gegeneinander kämpft? Das ist ja nicht nur ISIS.
CHEBLI: Es sind viele Gruppierungen, die gegeneinander kämpfen. Es ist richtig: Die Lage in Libyen ist wahnsinnig kompliziert. Sie ist sicherlich nicht so, dass wir sie positiv bewerten würden. Im Gegenteil: In den Gesprächen, die wir mit unserem Sonderbeauftragten Herrn Kobler gegenwärtigen führen, sehen wir, wie verflixt die Lage eigentlich ist. Auch nach dem letzten Gespräch, das wir in Wien hatten, wo es darum ging, in dem Prozess weiterzukommen das heißt, dass die Einheitsregierung, die wir anerkannt haben, auch Fuß fassen, auch den Staat führen kann , sind wir nicht so viel weiter gekommen. Das muss man leider so sehen.
Das hat auch etwas damit zu tun, dass auf der anderen Seite Kräfte stehen zum Beispiel Haftar , die sich nicht so leicht einbinden lassen und die auch einen Machtanspruch haben. Hier sind wir mit dem Sonderbeauftragten Kobler im Gespräch, der seinerseits wiederum mit denjenigen Parteien spricht, die Einfluss auf zum Beispiel Haftar haben. Das sind die Emirati und die Ägypter. Wir brauchen sie alle, um in Libyen voranzukommen. Das, was gegenwärtig dort vonstattengeht, ist nicht zu unserer Zufriedenheit.
FRAGE HERPELL: Frage an das Bundesjustizministerium. Minister Maas hatte im Mai in Aussicht gestellt, dass es eine Entschädigung und Rehabilitation der nach § 175 StGB verurteilten homosexuellen Männer geben wird. Wie weit ist der Entwurf? Können wir mit ihm in nächster Zeit rechnen?
DR. KRÜGER: Der Sachstand dazu ist, dass wir vor einigen Wochen ein Eckpunktepapier vorgelegt haben. Dieses Eckpunktepapier wurde an die Ressorts verschickt. Es gibt Gespräche zwischen den Ressorts und auch im politischen Raum. Wenn diese Gespräche abgeschlossen sind, werden wir demnächst einen Gesetzentwurf vorlegen.
ZUSATZFRAGE HEREPELL: Also schon noch in dieser Legislaturperiode?
DR. KRÜGER: Das streben wir an.
FRAGE HELLER: Ich wollte nach einer Geschichte von Ende der vergangenen Woche fragen. Es gab die Meldung, dass die saudische Regierung eine Unterstützung der Ermittlungsarbeit in den Fällen der terroristischen Attacken von Würzburg und Ansbach angeboten habe. Wem gegenüber ist dieses Angebot erfolgt? Ist dem Bundesaußenministerium von dieser Sache formell etwas bekannt?
CHEBLI: Ich würde zuerst an das BMI verweisen, denn dort liegen die Fragen in Sachen Ermittlungen eher richtig. Wenn Sie sonst etwas zu Saudi-Arabien wissen wollen, gerne.
DR. PLATE: Vielleicht fange ich einmal mit dem an, was ich Ihnen nicht sagen kann, nämlich wo das formal eingegangen ist. Das kann ich, ehrlich gesagt, nicht aus dem Kopf sagen. Richtig ist aber, dass es so ein Angebot gibt. Das begrüßen wir natürlich sehr. Auch sonst ist die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden von Saudi-Arabien eine, die einen erheblichen Wert für uns hat. Dazu, was aber konkret in der Ermittlungsarbeit geschieht und wie die Fortschritte inhaltlich sind gegebenenfalls auch gerade die, wo uns Unterstützung etwas nützen kann , kann ich natürlich im laufenden Ermittlungsverfahren, das beim GBA läuft, nicht Stellung nehmen.
CHEBLI: Vielleicht kann ich eines ergänzen: Ich weiß auch nicht, wo das formell eingegangen ist, aber vielleicht einen Punkt zu unserer Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien zum Thema Kampf gegen Terror: Deutschland und andere westliche Staaten arbeiten seit Langem mit Saudi-Arabien im Bereich Terrorismusbekämpfung erfolgreich zusammen. In der Vergangenheit haben an Deutschland übermittelte Informationen von saudischer Seite entscheidend dazu beigetragen, Terroranschläge in Deutschland zu verhindern. Nach den Anschlägen von Würzburg und Ansbach hat Saudi-Arabien nicht nur seine Bestürzung zum Ausdruck gebracht, sondern auch Unterstützung bei der Aufklärung angeboten.
Richtig ist das werden Sie ja immer wieder in den vergangenen Wochen und Monaten gesehen haben , dass auch Saudi-Arabien selbst im Fokus des Terrors steht, etwa durch IS und andere terroristische Organisationen. Erst vor einigen Wochen ist es in Medina, eine der heiligen Stätte des Islam, zu einem Anschlag gekommen. Das zeigt, dass auch Saudi-Arabien Ziel von Terroristen ist und selbst auch ein Interesse hat, gegen Terror etwas zu tun.
Wir haben ein strategisches Interesse an einer Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien. Gerade in dem Bereich hat sich in den letzten Jahren doch eine sehr positive Zusammenarbeit entwickelt.
FRAGE HÜBSCHEN: Frau Chebli, in Saudi-Arabien steht auf Terrorismus bzw. die Beteiligung am Terrorismus die Todesstrafe. Begrüßt die Bundesregierung das?
CHEBLI: Nein. Unsere Haltung zu Todesstrafe ist klar.
ZUSATZFRAGE HÜBSCHEN: Das heißt, welchen Einfluss würde man seitens der Bundesregierung auf Saudi-Arabien in dem Fall nehmen, dass saudi-arabischen Staatsbürgern eine Beteiligung an den Attentaten in Ansbach oder Würzburg nachgewiesen würde?
CHEBLI: Wenn ich sage „Wir arbeiten zusammen“, dann geht es in dem ganz konkreten Fall um den Austausch von Daten. Dass es nicht nur, aber auch in Saudi-Arabien die Todesstrafe auf solche Fälle gibt, entspricht nicht unseren Grundsätzen. Unser Grundsatz zur Todesstrafe ist klar. Das kommunizieren wir auch offen gegenüber unserem saudischen Partner.
DR. PLATE: Ich würde einen Satz dazu ergänzen wollen, weil das jetzt ein bisschen klingt, als ob wir aus dem Bauch heraus entscheiden, wie das in solchen Fällen ist. Es gibt darüber total klare Regeln, und zwar sowohl im Bereich des Rechtshilferechts das wäre dann BMJV als auch im Bereich des polizeilichen Nachrichtenaustauschs. Es sei auf § 14 BKA-Gesetz verwiesen, insbesondere auf Abs. 7. Weiter aufmachen möchte ich das gar nicht. Es gibt in einem Rechtstaat wie der Bundesrepublik Deutschland ganz klare Regeln dazu.
Im Übrigen ist die Frage über das hinaus, was ich gerade gesagt habe, jetzt doch hypothetisch.
FRAGE JUNG: Herr Plate, ist es jetzt offiziell, dass die Bundesregierung die Vorfälle von Würzburg und Ansbach als Terroranschläge einschätzt?
DR. PLATE: Ich kann die Frage nicht beantworten, weil mir, ehrlich gesagt, nicht bewusst ist, dass es so etwas wie die offizielle Schublade gäbe, die ab und zu aufgerissen und dann wieder zugemacht wird. Insofern kann ich die Frage, ehrlich gesagt, nicht beantworten.
ZUSATZFRAGE JUNG: Selbst der Kollege hat gerade von Terroranschlag gesprochen, Frau Chebli gerade auch. Frau Chebli, warum ist das ein Terroranschlag gewesen und warum in München nicht?
DR. PLATE: Ich darf vielleicht zumindest anfangen, weil die Frage zunächst an mich gegangen ist. Es ist so, dass nach den derzeitigen Ermittlungsergebnissen
(Die Pressekonferenz wird aufgrund eines Feueralarms abgebrochen)