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Bundesregierung für Desinteressierte: Sehenswerte BPK vom 16. Dezember 2016

Informations-, Kommunikations- & Wissensdefizite ► BPK vom 16. Dezember 2016

Themen: Personalie, von der Ukraine angekündigte Freilassung von 15 Separatisten, Termine der Bundeskanzlerin (Veranstaltung „Jugend in der Einwanderungsgesellschaft“, Kabinettssitzung), Aufteilung der vom Bund für die Länder zur Verfügung gestellten Mittel für die Unterbringung von Flüchtlingen, finanzielle Situation Griechenlands, geplante Zulassung von Lang-Lkw, Stalking-Gesetz, versuchter Bombenanschlag in Ludwigshafen, Abschiebungen nach Afghanistan, Besuch des russischen Präsidenten in Japan, Verlängerung des Vertrags von Bahnchef Grube, Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Zusammenarbeit zwischen europäischen und afrikanischen Staaten in Migrationsfragen, Fake News in Sozialen Netzwerken, Nutzung von Relaisstationen in Ramstein für die Weiterleitung von Signalen für US-Drohnenangriffe, Änderung des Conterganstiftungsgesetzes, Gespräch des Regierungssprechers mit Kommunikationschefs von DAX-Konzernen, Asylbewerberleistungsgesetz, angeblicher Wechsel des außen- und sicherheitspolitischen Beraters der Bundeskanzlerin zur UNO, Nominierung des künftigen US-Außenministers

 

Naive Fragen zu:
Abschiebung nach Afghanistan (ab 13:15 min)
– Der Minister meinte gestern, dass ein Drittel der 34 abgeschobenen Personen Straftäter gewesen seien. Können Sie einmal erläutern, was für Straftaten diese Menschen begangen haben? (ab 20:25 min)
– für die sicherheitspolitische Einschätzung von Drittstaaten ist ja das Auswärtige Amt zuständig. Können Sie uns sagen, wo es in Afghanistan sicher ist? (20:25 min)
– in welche sicheren Gebiete wurden die 34 jetzt geleitet?

Armutsbericht der Bundesregierung (ab 28:05 min)
– Ich habe eine Frage zum Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Ich zitiere einmal die Ministerin Nahles: „Transparenz war mir bei der Erarbeitung des Armuts- und Reichtumsberichtes ein besonderes Anliegen.“ Wer hat was aus dem Bericht gestrichen?
– Können Sie verraten, warum im Vergleich zur ersten Fassung in der zweiten Fassung, die der „SZ“ und der Öffentlichkeit jetzt vorliegt, zum Beispiel die Warnung vor der „Krise der Repräsentation“ usw… fehlen?
– Herr Seibert, können Sie sich das erklären?
– Die SPD-Parteiführung per Twitter: „Nicht DIE Bundesregierung will im #Armutsbericht etwas verbergen. WIR haben geliefert, der schwarze Teil des Kabinetts hat gestrichen.“ Haben Sie dazu ein Statement?

Afrikanische „Migrationspartnerschaften“ (ab 31:20 min)
– Sind Diktaturen aus Sicht der Bundesregierung die besseren Migrationspartner? (38:55 min)

Ramstein (ab 51:10 min)
– Herr Schäfer, von wie vielen weiteren Relaisstationen der Amerikaner weiß die Bundesregierung? Prüfen Sie auch, ob die Drohnenangriffe mit dem Truppenstatut, das man mit den Amerikanern hat, vereinbar sind?
– Wenn ich richtig informiert bin, lehnt die Bundesregierung extralegale Tötungen ab. Hat die Bundesregierung bei all den unzähligen Einzelfällen an US-Drohnenangriffen weltweit bisher auch nur eine extralegale Tötung festgestellt?
– Sie sagten gerade, dass auch der Bundesregierung Drohnenangriffe der Amerikaner bekannt wären. Darum noch einmal die Frage, die Sie eben nicht beantwortet haben: Ist der Bundesregierung auch nur eine extralegale Tötung der Amerikaner bekannt? (56:16 min)
– Läuft im Moment eine Prüfung oder laufen Prüfungen im AA, ob die Zusicherung der Amerikaner bezüglich Ramstein der Wahrheit entspricht?

Seibert trifft sich mit DAX-Kommunikationschefs (ab 1:00:55 min)
– Herr Seibert, am 16.11. haben Sie und Frau Christiansen sich abends mit Konzernsprechern und Kommunikationschefs von DAX-Konzernen getroffen. Sie haben sie eingeladen. Ich hatte hier am 18. November schon danach gefragt. Frau Demmer wusste nicht, ob sie das dementieren oder bestätigen soll. Darum würde ich von Ihnen gerne wissen: Wer war alles da? Was war aus Ihrer Sicht das Ziel dieses Gesprächs?
– Meine Quellen sagen mir, dass Sie die DAX-Vertreter dazu aufgefordert haben, dass diejenigen die Medien auffordern, sich auch sprachlich um eine positivere Darstellung der politischen Erfolge in der Flüchtlingskrise zu bemühen. Können Sie das bestätigen?
– War es das erste Treffen in dieser Legislaturperiode?

Außenpolitische Personalien (ab 1:08:22 min)
– hat die Kanzlerin schon einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Herrn Heusgen gefunden?
– wie bewerten Sie die Nominierung von Rex Tillerson zum Außenminister Amerikas? Haben Sie mit ihm schon Erfahrungen gemacht – gute Erfahrungen, schlechte Erfahrungen?

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 16. Dezember 2016:

MOOSMAYER: Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte heute meinen Abschied bekannt geben. Ich habe hier heute meine letzte Regierungspressekonferenz nach einer doch durchaus langen Zeit. Ich blicke darauf mit einigem Stolz und auch mit Freude zurück. Es hat immer Spaß mit Ihnen gemacht, und ich werde Sie auch vermissen, aber ich freue mich jetzt auch sehr auf die neue Aufgabe, die mich im Ministerium erwartet.

VORS. MAIER: Vielen Dank, Frau Moosmayer. Alles Gute wünschen wir Ihnen. – Dann hat jetzt der Regierungssprecher das Wort. Bitte sehr!

STS SEIBERT: Ich möchte zunächst zum Thema Ukraine sagen, dass die Bundesregierung ausdrücklich die ukrainische Ankündigung begrüßt, als unilaterale Geste vor dem Weihnachtsfest 15 gefangene Separatisten freizulassen. Wie Sie wissen, sind noch Hunderte von Menschen aufgrund des Konflikts in der Ostukraine, im Donbass, auf beiden Seiten in Gefangenschaft. Wir hoffen also, dass diesem Schritt nun rasch weitere folgen werden. Es wäre vor allem wünschenswert, wenn nun vor Ende des Jahres auch die von Russland unterstützten Separatisten Festgehaltene freilassen würden. Man muss daran erinnern, dass das Minsker Maßnahmenpaket einen Austausch der Gefangenen wörtlich „für alle“ ausdrücklich vorsieht.

Ich könnte Termine der Bundeskanzlerin für die nächste Woche ankündigen. Das gestaltet sich überschaubar.

Die Bundeskanzlerin wird am Montag, dem 19. Dezember, ab 20.15 Uhr an der Veranstaltung „Jugend in der Einwanderungsgesellschaft“ teilnehmen. Sie wird dort ein Grußwort sprechen. Das Ganze ist eine Veranstaltung anlässlich des Internationalen Tages der Migranten. Staatsministerin Özoðuz lädt etwa 100 Jugendliche und junge Menschen im Alter zwischen 16 und 26 Jahren in das Bundeskanzleramt ein, und zwar zu einem Zukunftstag. Die ganze Veranstaltung beginnt schon um 13.30 Uhr und endet um 21 Uhr. Am Abend, ab 19 Uhr, wird die Staatsministerin acht Persönlichkeiten, die sich ehrenamtlich für eine bessere Chance auf Teilhabe von Menschen mit Einwanderungsgeschichten in unserem Land eingesetzt haben, mit der Integrationsmedaille auszeichnen. Diese Veranstaltung ist dann ab 19 Uhr presseöffentlich.

Am Mittwoch wird dann wie gewöhnlich um 9.30 Uhr das Bundeskabinett unter der Leitung der Bundeskanzlerin tagen.

FRAGE REICHE: Ich habe eine Frage an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Ein Teil der zusätzlich vom Bund gestellten Hilfsgelder für die Unterbringung von Flüchtlingen wird ja in diesem Jahr nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt. Gleichzeitig gibt es das Phänomen, dass Tausende anerkannte Flüchtlinge aus den ostdeutschen Ländern oder aus Bayern beispielsweise nach NRW abgewandert sind, das Geld aber natürlich in den anderen Ländern bleibt. Ist daran gedacht, das zu korrigieren? Wie will man für 2017 und 2018 sicherstellen, wenn ja auch noch einmal beträchtliche Summen fließen sollen, dass es nicht eine ähnliche Schieflage geben wird?

STELTEN: Vielen Dank für die Frage, Herr Reiche. Hintergrund dessen, was Sie ansprechen, ist ja die Entlastung der Kommunen durch die stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft nach SGB II. Hierfür mussten wir 2016 mit Beschluss zwischen Bund und Ländern vom 16. Juni 2016 schnell eine pragmatische Lösung finden. Zum damaligen Zeitpunkt war es noch gar nicht möglich, die tatsächlichen Ausgaben zu erfassen. Das heißt, es wird jetzt für das Jahr 2016 eben nicht zuletzt in Ermangelung einer validen Datengrundlage keine nachträgliche Anpassung der landesspezifischen Beteiligungsquoten geben. Aber für alles, was jetzt folgt, also die Jahre 2017 und 2018, werden Länder bzw. Kommunen entsprechend den tatsächlichen Ausgaben entlastet.

FRAGE HELLER: Ich möchte das Bundesfinanzministerium etwas fragen, und zwar zum Thema Griechenland. Wir hatten bei der letzten Sitzung der BPK von Ihrem Ministerium die Auskunft erhalten, man habe bei den Institutionen erst einmal nach einer Bewertung der griechischen Maßnahmen Sonderzahlung an Rentner und Ähnliches gefragt. Nachdem die Institutionen ja in den letzten Tagen durchaus unterschiedliche Positionen dazu geäußert haben die EU-Kommission eine andere als die Eurogruppe, und der IWF ist ja auf einem noch anderen Gleis , möchte ich wissen, ob sich das Bundesfinanzministerium jetzt eine eigene Meinung zu der Frage gebildet hat, ob diese Maßnahmen mit den Verabredungen kompatibel sind, und, wenn nicht, auf was es angesichts dieser unterschiedlichen Stimmungen aus den Institutionen jetzt noch wartet.

KOLBERG: Herr Heller, es gibt im Vergleich zu Mittwoch im Grunde keinen neuen Stand. Wie wir Ihnen am Mittwoch gesagt haben, gibt es sozusagen unsere Bitte um Bewertung. Die Bewertung erwarten wir. Wenn die Bewertung vorliegen wird, dann werden wir sie prüfen und sie uns anschauen. Wir warten also weiterhin auf diese Bewertung, natürlich eine einheitliche Bewertung.

ZUSATZ HELLER: Da können Sie ja möglicherweise bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten, wenn alle anderer Meinung sind!

KOLBERG: Wir sind zuversichtlich, dass wir die Bewertung bekommen werden, auch eine einheitliche Bewertung.

ZUSATZFRAGE HELLER: Haben Sie schon ein Signal bekommen, wann etwas bei Ihnen einfliegen wird?

KOLBERG: Ich denke, zeitnah.

FRAGE LANGE: Ich hätte eine Frage an das Verkehrsministerium zum Thema Lang-Lkw. Der Abschlussbericht zum Feldversuch liegt jetzt vor. Der Minister hat sich so geäußert, dass Lang-Lkw zum Jahreswechsel dauerhaft zugelassen werden sollen. Ich hätte gerne gewusst, wie da das Verfahren ist. Das ist, glaube ich, eine Verordnung. Muss die also noch einmal durch das Kabinett? Gibt es dazu eine Ressortabstimmung?

In diesem Zusammenhang habe ich auch eine Frage an das Umweltministerium: Wie steht das Umweltministerium zur dauerhaften Zulassung? Sind Informationen richtig, dass das Umweltministerium gerne eine einjährige Befristung hätte?

MOOSMAYER: Vielen Dank für die Frage. Der Bericht zum Feldversuch Lang-Lkw ist ja veröffentlicht worden; den können Sie einsehen. Parallel dazu läuft jetzt die Vorbereitung für die Verordnung zur Einführung im Regelbetrieb in den Positivnetzen. Das ist alles in der Mache. Meines Wissens ist dafür keine Bundesratsentscheidung erforderlich. Das habe ich jetzt nicht mitgebracht, kann es aber gerne nachreichen.

Wegen Ihres Blicks zum Umweltministerium wollte ich gerne noch sagen: Das Ziel der Lang-Lkw ist ja unter anderem auch ein Umweltziel. Mit den Lang-Lkw können nämlich drei herkömmliche Lkws durch zwei ersetzt werden. Das hat natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf die Emissionen und den Spritverbrauch dieser Fahrzeuge auf den Straßen.

KÜBLER: Von diesem einjährigen Moratorium oder Kompromiss weiß ich nichts. Es kann aber sein, dass ich da nicht aktuell informiert bin; denn die Abstimmungen laufen noch und sind noch nicht eingebracht.

ZUSATZFRAGE LANGE: Könnten Sie uns das dann vielleicht noch zuliefern? Bald ist ja der Jahreswechsel, insofern wäre es schon interessant, ob Sie da eine andere Position haben als der Verkehrsminister.

KÜBLER: Selbstverständlich, das liefere ich nach.

FRAGE MENN: Ich habe eine Frage an das Justizministerium, und zwar geht es um das verabschiedete Stalking-Gesetz. Nach diesem Gesetz ist es ja so, dass der Täter schon dann bestraft werden kann, wenn das Verhalten objektiv geeignet ist, für eine schwerwiegende Beeinträchtigung beim möglichen Opfer zu sorgen. Sehen Sie in dieser Formulierung nicht auch Missbrauchsgefahren?

MALACHOWSKI: Vielen Dank für die Frage. Tatsächlich wurde gestern das Stalking-Gesetz im Bundestag beschlossen. Sie hatten jetzt die Frage gestellt, ob es Missbrauchsgefahr gibt. Ich würde sagen: Es liegt in der Natur von Gesetzen insbesondere auch Strafgesetzen , dass dort Rechtsbegriffe verwendet werden, die nicht immer absolut eindeutig sind. Aber deswegen haben wir ja die Justiz, die Gerichte, die das dann auslegen. Insofern sehe ich da keine Missbrauchsgefahr.

FRAGE WONKA: An das Innenministerium: Herr Plate, ist dem Bundesinnenministerium und den nachgeordneten Diensten ein Zusammenhang zwischen dem versuchten und offenbar gescheiterten Bombenanschlag eines 12 jährigen Knaben in Ludwigshafen und dem IS bekannt? Liegen dem Bundesinnenminister Zahlen zu der Frage vor, ob es Erkenntnisse über Kinderattentäter oder versuchte Attentate oder Festnahmen in letzter Zeit in Deutschland gibt?

An Herrn Seibert: Sollten die Berichte zutreffen, dass ein 12-Jähriger angeleitet von IS- oder anderen professionellen Terroristen einen Anschlag versucht: Ist die Bundesregierung mit dem Zustand glücklich und zufrieden, dass ein 12-Jähriger in einem solchen Fall straffrei ausgeht?

DR. PLATE: Vielen Dank. Zunächst einmal zu diesem Fall des 12-Jährigen konkret: Ich bitte um Nachsicht, aber wenn ich nicht falsch informiert bin, dann hat der Generalbundesanwalt in diesem Fall die Ermittlungen übernommen, sodass Sie alle Fragen, die letztlich auch in dem Ermittlungsverfahren relevant sein können, ehrlich gesagt an den Generalbundesanwalt stellen müssten. Die Sicherheitsbehörden untereinander und die Sicherheitsbehörden mit dem Generalbundesanwalt besprechen, welche Erkenntnisse wo vorliegen. Es ist aus gutem Grund Stichwort Gewaltenteilung so, dass die Exekutive dazu im Laufe eines solchen Ermittlungsverfahren nicht separat spricht.

Wenn ich es richtig verstanden habe, war die zweite Frage, ob es Zahlen zu Kinderattentätern gibt?

ZUSATZ WONKA: Oder mutmaßlichen.

DR. PLATE: Mir sind solche Fälle so, dass ich darüber in statistisch konsolidierter Form berichten könnte, nicht bekannt. Ich höre aber gern noch einmal nach.

STS SEIBERT: Das ist natürlich eine Meldung, die jeden aufschrecken lässt. Ich halte es jetzt für das Richtige, die Sache gründlich ermitteln zu lassen. Der Generalbundesanwalt ist für Auskünfte zuständig, und ich werde für die Bundesregierung einen noch nicht ermittelten Fall auf Basis einer Meldung hier nicht kommentieren.

MALACHOWSKI: Ich würde das gerne noch ganz kurz ergänzen: Losgelöst vom konkreten Einzelfall möchte ich nur klarstellen, dass die Tatsache, dass jemand nicht strafmündig ist, nicht heißt, dass deswegen gar keine Strafbarkeit vorliegt. Es gibt zum Beispiel Rechtsinstrumente wie die mittelbare Täterschaft. Vielleicht noch eine analoge Situation: Wenn Sie einen Hund auf jemanden hetzen und der jemanden beißt, dann ist es ja nicht so, dass niemand bestraft werden kann, weil der Hund straffrei ist.

FRAGE FELDHOFF: Herr Plate, zu der Sammelabschiebung nach Afghanistan: Gibt es eigentlich eine objektive Reglementierung der Zahl von Abschiebungen, die zum Beispiel an die Zahl der Bundespolizisten oder an die Zahl der Flugzeuge, die zu chartern wären, gekoppelt ist? Anders herum, aus dem Ausland gesehen: Gibt es eine Reglementierung in Bezug auf die Aufnahmebereitschaft der Länder, in die Abzuschiebende abgeschoben werden?

DR. PLATE: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die Frage verstanden habe, aber ich versuche einmal

FRAGE FELDHOFF: Gibt es sozusagen eine objektive Begrenzung aufgrund von Strukturen?

DR. PLATE: Das ist für mich, ehrlich gesagt, sehr schwer zu beantworten. Wie Sie wissen, ist die Durchsetzung der sogenannten Ausreisepflicht Ländersache. Insofern: Wenn Sie erwarten, dass der Bund eine Zahl nennen kann, die sozusagen die maximale kapazitätsmäßige Obergrenze dessen, was die Länder zu leisten imstande wären, beschreibt, dann ist das eine Erwartungshaltung, die ich enttäuschen muss. Sicher ist, dass die Frage, wie viele Leute abgeschoben werden können, in erster Linie eine rechtliche Frage und in zweiter Linie eine tatsächliche ist. Die Frage ist also, wie viele Personen tatsächlich und rechtlich ausreisepflichtig sind, bei denen auch kein Hindernis für eine Abschiebung vorliegt. Ich will jetzt nicht noch einmal in extenso berichten, was es alles für Abschiebehindernisse gibt, aber das können wir bei Bedarf gerne noch einmal separat besprechen. Das ergibt sich ja alles auch aus dem Gesetz.

Wenn Sie mit Ihrer Frage darauf anspielen, ob der Anstieg der Abschiebezahlen in diesem Jahr verglichen mit dem letzten Jahr deswegen nicht noch größer ausgefallen sein mag, weil zum Beispiel bereits Kapazitätsgrenzen erreicht wären, dann würde ich sagen, dass es für eine solche Vermutung aus meiner Sicht jedenfalls keine Hinweise gibt, die im Bundesinnenministerium vorliegen. Es ist eher so, dass wir weiter an der Beseitigung verschiedenster Hindernisse arbeiten, dass wir da auch schon viele Erfolge erreicht haben und dass das jeweils auch zu Anstiegen in der Zahl der durchgesetzten Ausreisepflichten geführt hat.

Dass da jetzt sozusagen schon das absolute Maximum, das kapazitätsmäßig leistbar wäre, erreicht wäre, sehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Dass es bisher nicht noch mehr geworden sind, liegt vielleicht, wenn überhaupt, daran, dass noch weitere Fortschritte beim Beseitigen der verschiedenen Hindernisse, die es gibt sowohl in der Zusammenarbeit mit den potenziellen Aufnahmeländern als auch sozusagen in der Effizienzsteigerung der internen Abläufe in Deutschland, der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern usw. , erzielt werden könnten. Da ist also das Potenzial, was jetzt zunächst gehoben werden muss, aber auch gehoben werden kann. Sie wissen ja: Es gibt Diskussionen über eine zentrale Unterstützungsstelle zum Thema Rückführung. Dazu wurde hier schon vor relativ wenigen Tagen gesprochen. Das BMI ist dabei, einen Vorschlag zu entwickeln, wie so etwas ausgestaltet sein könnte, und wird das sicherlich auch in relativ kurzer Zeit vorlegen. Da sind also erst einmal Potenziale zu heben. Ich sehe also nicht, dass jetzt schon alles ausgereizt wäre.

ZUSATZFRAGE FELDHOFF: Vielleicht konkret zu Afghanistan: Sie haben vorgestern, glaube ich, 34 Menschen abgeschoben es sollten 35 sein, aber eine Abschiebung ist gerichtlich gestoppt worden. Hat es von der afghanischen Regierung eine Reglementierung gegeben, nach dem Motto: 35 nehmen wir, aber nicht 70?

DR. PLATE: Nein. Sie kennen ja bzw. weiß ich nicht, ob Sie das kennen, aber Sie könnten das kennen, wenn Sie wollten die gemeinsame Erklärung, die zwischen Afghanistan und Deutschland zu diesem Thema beschlossen worden ist. Dort ist vereinbart, dass es jedenfalls zunächst eine zahlenmäßige Grenze pro Flug für Abschiebungen im Wege des Charterflugs gibt. Das ist aber weder eine absolute Grenze, noch hat die von Ihnen genannte Zahlenveränderung etwas mit dem Erreichen oder Überschreiten dieser Grenze zu tun.

FRAGE: Heute sind ja noch einmal Zahlen in der Presse, und zwar zum einen die Zahl von 24 141 abgeschobenen Flüchtlingen bis Mitte Dezember. Können Sie die bestätigen? Gibt es auch eine Zahl der freiwillig ausgereisten Asylbewerber 2016, die Sie nennen könnten?

DR. PLATE: Vielen Dank für die Frage. Auch wenn das vielleicht kleinlich wirken mag: Abgeschobene Flüchtlinge gibt es per se nicht, denn jemand, der einen Flüchtlingsstatus hat, wird nicht abgeschoben, weil er nicht ausreisepflichtig ist. Das ist vielleicht wichtig. Das sind ausreisepflichtige Menschen, unter denen sicherlich viele sind, die einen abgelehnten Asylantrag insbesondere auch einen nach Durchlaufen eines Rechtsbehelfsverfahrens abgelehnten Asylantrag haben, aber das sind natürlich keine Flüchtlinge.

Die Zahlen kann ich konkret nicht bestätigen, sie liegen uns so nicht vor. Ich weiß nicht genau, woher die „BILD“ ich glaube, sie hat diese Zahlen genannt diese Zahlen hat. Abschiebezahlen mit dem Stichtag 30. November haben wir voraussichtlich um den 20. Dezember. Ob die Zahlen auf einer anlassbezogenen Abfrage unter den Ländern basieren, die die „BILD“ vorgenommen hat, kann ich nicht sagen. Wir geben diese Zahlen dann heraus, wenn wir sie erstens haben und sie zweitens qualitätsgesichert haben. Insofern kann ich das nicht bestätigen. Die letzte Zahl, die ich habe, hat den Stichtag 31. Oktober und lag etwas niedriger ich müsste das nachgucken, wenn es Sie interessiert; ich glaube, das waren ca. 22 000.

Die Zahl der freiwilligen Ausreisen liegt mir auch nicht mit einem Stichtag Mitte Dezember vor. Die genannte Zahl scheint nicht gänzlich unplausibel, weil das auch nach meinem letzten Kenntnisstand bereits über 50 000 waren die „BILD“ spricht, glaube ich, von ca. 51 000. Bestätigen kann ich das aber nicht, weil mir das nicht so qualitätsgesichert vorliegt, dass ich das tun könnte.

STS SEIBERT: Wenn ich das noch konkret auf Afghanistan bezogen ergänzen darf: In diesem Jahr sind schon deutlich über 3 000 Menschen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt. Die Bundesregierung begrüßt diese Entwicklung und wird auch ihre Politik, ihr Engagement zur Förderung solch freiwilliger Rückkehr, ausbauen und fortsetzen.

DR. PLATE: Wenn ich das noch ganz kurz präzisieren darf: Es waren etwa 3 200.

ZUSATZFRAGE: Ich möchte auch noch bezüglich einer weiteren Zahl nachfragen, nämlich der Quote der Klagen gegen Asylbescheide, die in diesem Jahr auf 21 Prozent gestiegen sei. Können Sie das bestätigen?

DR. PLATE: Das liegt mir leider nicht vor, das müsste ich nachhalten.

FRAGE JUNG: Kurze Lernfrage, Herr Plate: Der Minister meinte gestern, dass ein Drittel der 34 abgeschobenen Personen Straftäter gewesen seien. Können Sie einmal erläutern, was für Straftaten diese Menschen begangen haben?

Herr Schäfer, für die sicherheitspolitische Einschätzung von Drittstaaten ist ja das Auswärtige Amt zuständig. Können Sie uns sagen, wo es in Afghanistan sicher ist?

DR. PLATE: Ganz kurz zu Ihrer Frage: Das hat der Minister, glaube ich, gestern alles auch gesagt; ich sage es aber gerne noch einmal. Es ging um Diebstahl, Raub, Betäubungsmitteldelikte, Vergewaltigungen und Totschlag.

ZUSATZFRAGE JUNG: In welchen Verhältnissen?

DR. PLATE: Das kann ich Ihnen, ehrlich gesagt, nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie uns das nachreichen?

DR. PLATE: Ich will gerne nachfragen, ob diese Informationen so vorliegen, dass ich sie nachreichen kann.

DR. SCHÄFER: Ich weiß nicht, woher Sie das haben, was Sie da gerade gesagt haben, Herr Jung. Ich weiß auch nicht, was das zu tun hat mit den erfolgten Abschiebungen. Richtig ist, dass das Auswärtige Amt nicht nur für Afghanistan, sondern auch für andere Herkunftsländer von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Deutschland Amtshilfe leistet, indem das Auswärtige Amt mithilfe seiner Auslandsvertretungen oder aller sonstigen denkbaren zur Verfügung stehenden Informationen Berichte über die asyl- und abschieberelevante Lage im Herkunftsland verfasst. Das tun wir auf Bitte der zuständigen Behörden im Geschäftsbereich des Innenministeriums und auf Bitte der zuständigen Verwaltungsgerichte, die das dann gerichtlich zu überprüfen haben. Diese Berichte sind Verschlusssachen, weil sie nicht für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmt sind. Sie sind vielmehr dazu bestimmt, eine Hilfestellung dafür zu leisten, die richtigen Entscheidungen über Asylersuchen und Abschiebungen zu treffen. Deshalb ist es mir schlechterdings nicht möglich oder nur um den Preis, mich hier strafbar zu machen , Ihnen aus diesen Berichten vorzutragen oder daraus vorzulesen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Plate, in welche sicheren Gebiete wurden die 34 jetzt geleitet?

DR. PLATE: Zu dieser Frage hat Herr Dimroth in der letzten Regierungspressekonferenz bereits umfassend Stellung genommen.

ZUSATZ JUNG: Nein.

DR. PLATE: Doch, das hat er sehr wohl, und er hat erklärt, warum die deutsche Seite darüber gar nicht Auskunft geben kann. Ehrlich gesagt: Ich wiederhole es nicht noch einmal.

FRAGE JORDANS: Es kommen ja weiterhin Menschen aus Afghanistan nach Deutschland, darunter, so liest man, ein ehemaliger hochrangiger Taliban und der ehemalige Gesundheitsminister. Können Sie bestätigen, dass der über Saudi-Arabien nach Frankfurt eingereist ist oder versucht hat einzureisen und hier Asyl zu beantragen, Herr Plate?

DR. PLATE: Danke für die Frage, Herr Jordans, aber schon mit Blick auf den Datenschutz kann ich hier gar nicht öffentlich zu einem Einzelfall Stellung nehmen.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Datenschutz für die Taliban?

DR. PLATE: Herr Jordans, wir leben in einem Rechtsstaat, und da gilt Datenschutz unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Gruppe.

FRAGE TAKANO: Ich habe eine Frage zu dem Treffen von Präsident Putin und dem japanischen Premierminister Abe. Die beiden haben heute und gestern über die wirtschaftliche Kooperation gesprochen. Können Sie das vielleicht mit Blick darauf, dass die EU gestern weitere Sanktionen beschlossen hat, kommentieren?

STS SEIBERT: Ich will dazu eine ganz grundsätzliche Antwort geben: Ich kommentiere nicht Gespräche, die andere Staaten miteinander mit dem Ziel führen, ihre Beziehungen zu verbessern. Sie können sich vorstellen, dass die Bundesregierung es grundsätzlich begrüßt, wenn Staaten miteinander eher gute als schlechte Beziehungen pflegen. Ich sehe da keinen Zusammenhang mit dem Thema Sanktionen, das im Zusammenhang mit der Ukraine gestern Thema des Europäischen Rates war. Sanktionen durchzuführen und aufrechtzuerhalten und in diesem Fall zu verlängern heißt ja nicht, keinerlei Wirtschaftsbeziehungen zu pflegen.

FRAGE HELLER: Ich habe eine Frage zur Bahn ich weiß nicht so Recht, wer für das Bundesunternehmen Bahn zuständig ist; vielleicht das Verkehrsministerium oder auch das Wirtschaftsministerium : Der Aufsichtsrat der Bahn hat vor Kurzem mitgeteilt, dass der Vertrag von Bahnchef Grube verlängert wird, und man hat sich im Verfahren der Mitteilung auf geltende Corporate-Governance-Grundsätze bezogen. Nun steht in diesen Corporate-Governance-Grundsätzen der Bahn eine Altersgrenze von 65. Herr Grube ist 65 und wird diese Altersgrenze jetzt also überschreiten.

Erstens würde mich interessieren: Was ist der Grund dafür, dass von diesen Corporate-Governance-Grundsätzen abgewichen wird?

Zweitens würde mich interessieren: Stände es einem Bundesunternehmen nicht gut an vielleicht ist da auch das Justizministerium gefragt , wenn es Grundsätze der guten Unternehmensführung vorbildhaft erfüllte?

MOOSMAYER: Zum einen: Der Vertrag von Bahnchef Rüdiger Grube läuft noch bis Ende nächsten Jahres, und über die Verlängerung wird zu gegebener Zeit im Aufsichtsrat entschieden. Dazu kann ich von hier aus jetzt noch nichts sagen.

Was die Corporate-Governance-Regeln betrifft, die sich die Bahn selber gibt, so müssten Sie dazu bitte bei der Bahn selbst nachfragen. Die habe ich bisher so auch noch nicht gehört, muss ich sagen.

BARON: Ich kann dem auch nichts weiter hinzufügen. Wie bekannt, ist der Bund im Aufsichtsrat vertreten durch die Parlamentarische Staatssekretärin Zypries, aber viele der operativen Gestaltungsfragen sind eben Sachen des Unternehmens, sodass ich hier auch an das Unternehmen verweisen müsste.

ZUSATZFRAGE HELLER: Über solche Corporate-Governance-Grundsätze gab es ja eine lange Diskussion in der Bundesregierung, und ein Bundesunternehmen steht ja schon dafür da, die auch einzuhalten. Wenn man liest, dass dagegen verstoßen wird, dann fragt man sich: Hat man sonst keinen anderen gefunden, oder welche Gründe gibt es sonst, solche Grundsätze einer Altersgrenze von 65 außer Acht zu lassen?

MOOSMAYER: Noch einmal: Diese Altersgrenze ist mir jetzt einfach nicht bekannt, insofern müsste ich selber nachschauen, was in diesen Corporate-Governance-Grundsätzen geregelt ist; das weiß ich jetzt von hier aus nicht, tut mir leid.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Frage zum Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Ich zitiere einmal die Ministerin Nahles:

„Transparenz war mir bei der Erarbeitung des Armuts- und Reichtumsberichtes ein besonderes Anliegen.“

Frau Stelten, wer hat was aus dem Bericht gestrichen?

STELTEN: Wir befinden uns in regierungsinternen Abstimmungen; Änderungen sind da nichts Ungewöhnliches. Das ändert nichts daran, dass dies für uns der Start einer Debatte ist, die wir führen wollen. Im Übrigen war Transparenz für uns schon zu Beginn der Erstellung des Berichts ein ganz wichtiges Anliegen, und das ist auch nach wie vor der Fall. Deswegen sind auch alle Studien auch die Studie, über die die „SZ“ berichtet hatte und die Daten weiter vollständig bei uns auf der Webseite einsehbar.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie verraten, warum im Vergleich zur ersten Fassung in der zweiten Fassung, die der „SZ“ und der Öffentlichkeit jetzt vorliegt, zum Beispiel die Warnung vor der Krise der Repräsentation oder das Statement „Personen mit geringerem Einkommen verzichten auf politische Partizipation, weil sie Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert“ fehlen, warum Hinweise auf den Einfluss von Interessenvertretungen und Lobbyarbeit fehlen und warum Sätze wie „Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikveränderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikveränderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird“ fehlen? Herr Seibert, können Sie sich das erklären?

STELTEN: Ich kann das im Detail so nicht kommentieren und auch nicht nachvollziehen. Wie gesagt, das ist eine regierungsinterne Abstimmung, sodass ich dazu nichts sagen kann.

STS SEIBERT: Ich habe dazu auch nicht sehr viel mehr zu sagen. Wir sind im ersten Entwurf eines solchen Armuts- und Reichtumsberichts übrigens der erste solche Bericht einer Bundesregierung, der beides betrachtet , wir sind in der ersten Runde der Ressortabstimmung. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat sich vorgenommen, ein besonders transparentes Verfahren durchzuführen, mit dem Ziel, gerade diesen Erarbeitungsprozess auch offenzulegen. In einem solchen Erarbeitungsprozess kommt es immer bei jedem Bericht, das ist völlig normal zu Überarbeitungen und zu Korrekturen. Zu bewerten ist der Bericht am Ende, wenn er der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Ich halte das für den üblichen und vorgeschriebenen Weg einer Ressortbeteiligung und möchte dazu jetzt keine Details diskutieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die SPD-Parteiführung hat gestern per Twitter mitgeteilt:

„Nicht DIE Bundesregierung will im #Armutsbericht etwas verbergen. WIR haben geliefert, der schwarze Teil des Kabinetts hat gestrichen.“

Haben Sie dazu ein Statement, Herr Seibert?

STS SEIBERT: Nein, weil es am Ende bei einem Bericht, der sich in der Ressortabstimmung befindet, immer darum geht, dass sich alle Ressorts beteiligen können selbstverständlich auch das Bundeskanzleramt, das am Abstimmungsprozess beteiligt ist. Das ist der übliche, der vorgeschriebene und ganz normale Beteiligungsprozess, und dazu gehört übrigens auch, dass Verbände und Fachleute Anregungen und Kritik am Bericht einbringen können.

FRAGE PELZ: Ich habe zwei Fragen an Herrn Seibert.

Die „taz“ hat heute ein Recherchedossier veröffentlicht und dazu eigens eine Homepage freigeschaltet , in dem es um die Zusammenarbeit zwischen Deutschland, anderen europäischen Ländern und afrikanischen Staaten in Migrationsfragen geht. Unter anderem geht es da auch um die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und dem Sudan; unter anderem wird da auf die Ausbildung sudanesischer Sicherheitskräfte Bezug genommen. Dazu wollte ich fragen: Wie steht die Bundesregierung dazu, mit autoritär regierten Staaten wie dem Sudan oder auch Eritrea, das dort auch genannt wird, gerade bei so sensiblen Themen wie der Sicherheit zusammenzuarbeiten?

Meine zweite Frage: Auf dieser Homepage findet sich ein Dokument, ein Diskussionspapier der EU, das nach „taz“-Angaben auch echt ist, in dem vorgeschlagen wird, dass die Mitgliedstaaten dem Sudan seine Auslandsschulden erlassen könnten, wenn er keine Flüchtlinge mehr durchlässt. Ist das für die Bundesregierung vorstellbar?

STS SEIBERT: Zunächst einmal sprachen Sie das Thema Migrationspartnerschaften an. Die Migrationspartnerschaften, über die in der EU gesprochen wird und an denen auch sehr tatkräftig gearbeitet wird, beziehen sich ja im Wesentlichen auf andere Länder als die, die Sie genannt haben. Da stehen im Vordergrund Niger, Mali, Äthiopien, Nigeria und Senegal. Deutschland ist da sehr aktiv. Gerade auch gestern gab es ein weiteres Treffen mit dem Präsidenten von Niger, um diese schon sehr gut angelaufene Zusammenarbeit fortzusetzen.

Ich kann Ihnen die grundsätzliche Begründung für den Sinn solcher EU-Migrationspartnerschaften nennen. Das ist völlig klar. Wir erkennen an, dass Afrika unser Nachbar ist und dass das Wohlergehen oder eine gute Entwicklung der Länder in Afrika auch in unserem europäischen Interesse ist, dass es in unserem europäischen Interesse ist, wenn Menschen in ihrer Heimat Afrika, in den verschiedenen Ländern Afrikas, eine Zukunft für ihr Leben finden und nicht in die Flucht getrieben sind oder durch katastrophale Umstände zur Migration genötigt werden. Das ist die grundsätzliche Begründung, warum Deutschland sich sehr aktiv daran beteiligt.

Ich kann Ihnen jetzt ehrlich gesagt hier aus dem Stand nicht die genaue Zusammenarbeit, die wir mit Eritrea und Sudan haben, nennen. Das müsste ich nachreichen. Das ist aber nicht im Sinne dieser EU-Migrationspartnerschaften, die ich hier angesprochen habe. Ich weiß nicht, ob es andere Ressorts gibt. Sonst reichen wir da etwas nach.

DR. SCHÄFER: Mir geht es genauso. Ich bin da auch nicht so ganz genau im Detail. Aber Sie können ganz sicher sein, dass wir bei allem, was wir tun, in der Zusammenarbeit mit Staaten wie die beiden, die Sie genannt haben das gilt aber nicht nur für diese beiden , die Fragen der Governance, die Fragen des Umgangs mit Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten immer auf dem Schirm haben. Das ist doch völlig selbstverständlich.

KNÖDLER: Ich kann vielleicht zu diesem konkreten Programm gern noch etwas ergänzen. Es ist ein Programm, das im Auftrag der EU-Kommission durchgeführt wird. Deshalb müssten Sie sich in diesem konkreten Fall auch an die Pressestelle der EU-Kommission wenden, die leider hier nicht auf dem Podium sitzt.

FRAGE STEINER: Herr Schäfer, ich würde einfach gern noch einmal von Ihnen wissen: Wo sind denn die Grenzen dessen, was Sie jetzt gerade als Thema Governance bezeichnet haben, bei einer handfesten Diktatur, wie es Eritrea de facto ist, oder auch beim Sudan, wo man an der demokratischen Qualität mehr als Zweifel hat? Gibt es da Grenzen, wo Sie sagen: Da machen wir als Land keine Zusammenarbeit mit? Wo liegen sie?

DR. SCHÄFER: Ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie in den Medien immer so gern rote Linien aufbauen oder Schranken aufstellen wollen oder uns Latten hinlegen, über die wir springen oder eben nicht springen. Ich fürchte nur, Herr Steiner, die Realität des Umgangs mit solchen Staaten ist ganz anders.

Wir haben mit den allermeisten Staaten der Welt als ein Land, das fast überall Interessen und Werte zu vertreten hat, viele Dossiers gleichzeitig, die wir aufnehmen müssen. Uns geht es, wie in diesem Fall, um die Kontrolle von Migrationsströmen. Uns geht es um Entwicklung zugunsten der Menschen. Da wäre vielleicht der Kollege aus dem BMZ berufen, dazu etwas zu sagen. Uns geht es um die Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaat, um Stabilität. Da sind dann die Beziehungen zu einem solchen Land oder zu einer Region, wenn Sie so wollen, ein Gesamtkunstwerk, in das man eben nicht mit Schwarz-Weiß-Denken hineingeht, sondern in dem man völlig klar auf dem Schirm hat, mit welchen Leuten man es da zu tun hat und entsprechend vorsichtig agiert.

Wenn man zum Beispiel das Ziel verfolgt, Regionen oder Länder zu stabilisieren, dann würde man bei einer Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden natürlich sehr intensiv darauf achten, dass diese Zusammenarbeit nicht etwa missbraucht werden kann, etwa zur fortgesetzten Repression von Oppositionellen oder zu Verstößen gegen andere Formen der Menschenrechte. Das alles ist völlig selbstverständlich. Aber ich bin jetzt gar nicht in der Lage, Ihnen zu sagen: Hier oder da sind Grenzen, über die wir niemals hinausgehen würden. So pauschal geht das einfach nicht. Dass wir mit einem Staat wie Eritrea nicht so umgehen wie mit einem Nachbarstaat wie Luxemburg, das können Sie sich sicher denken.

KNÖDLER: Ich kann gern aus entwicklungspolitischer Sicht noch etwas ergänzen. Sie haben es wahrscheinlich gelesen. Minister Müller hat gestern ja auch ein Interview im „Handelsblatt“ gegeben:

Völlig klar ist: Wir brauchen eine neue Dimension der Zusammenarbeit mit Afrika. Nach Studien des IWF werden jedes Jahr fast 20 Millionen junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen. Dass wir hier mehr tun müssen, auch mit mehr Instrumenten, mit mehr Partnern, gerade auch in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft denn irgendwo müssen diese Jobs ja herkommen , das ist völlig klar. Wir brauchen Projekte im Bereich der Bildung, der Ausbildung und auch der Existenzförderung ganz eng zusammen mit den europäischen Partnern und auch mit den afrikanischen Staaten, durchaus gekoppelt daran, dass das hat Minister Müller ja gestern auch gesagt die Länder, die eben Reformchampions sind, mit einer stärkeren Unterstützung von uns rechnen können.

FRAGE: Ich wollte ganz gern zu dem Aspekt Auslandsschulden nachfragen, ob es da, wie es in diesem EU-Papier anscheinend vorgeschlagen wird, irgendwelche Pläne von Seiten der Bundesregierung gibt oder ob es für die Bundesregierung etwas ist, worüber man nachdenken kann.

KNÖDLER: Das Thema Auslandsschulden im Sudan/Südsudan ist eine Frage, die seit vielen Jahren schon bei den Bretton-Woods-Institutionen, dem IWF und der Weltbank diskutiert werden. Sie haben einen eigenen Aufsichtsrat, eine eigene Governance-Struktur. Dort sind wir Anteilseigner. Dort wird es in den Prozessen entschieden. Wenn das dann entschieden ist, dann können wir darüber noch einmal reden.

FRAGE JUNG: Eine kurze Lernfrage, Herr Schäfer: Sind Diktaturen aus Sicht der Bundesregierung die besseren Migrationspartner?

DR. SCHÄFER: Jetzt müssen wir uns erst einmal wieder darüber einigen das haben Sie ja schon auf einigen Ihrer Werbe-T-Shirts , was überhaupt eine Diktatur ist.

ZURUF JUNG: Das ist leicht verwechselbar mit einem Königreich. Das weiß ich.

DR. SCHÄFER: Absolut. Ja, ja. Das ist jedenfalls für Sie verwechselbar.

Würden Sie die Frage noch einmal wiederholen, Herr Jung?

ZUSATZFRAGE JUNG: Sind Diktaturen aus Ihrer Sicht die besseren Migrationspartner?

DR. SCHÄFER: Ich glaube, das kann man so überhaupt nicht sagen. Wir sehen allerdings, dass es Länder gibt wie Libyen, in denen jedenfalls die Beseitigung eines Diktators, wie Sie sagen, nicht notwendigerweise zu einer Verbesserung der Lage der Flüchtlinge, die durch Libyen nach Europa wollen, geführt hat. Wir müssen die Situation in den Herkunfts- und Transitländern so nehmen, wie sie ist, wie wir sie politisch vorfinden, und müssen mit den politischen Strukturen, die wir vorfinden, versuchen, Lösungen zu finden, die gangbar sind.

Wir sehen etwa zurzeit in Libyen mit all den Schwierigkeiten bei dem Versuch, eine Einheitsregierung zu bilden und mit dieser Einheitsregierung überhaupt Durchgriff und Zugriff mit Mitteln des staatlichen Gewaltmonopols auf das ganze Land zu finden , dass es nahezu unmöglich ist, irgendwie sinnvoll auf das schreckliche Schicksal von vielen Tausenden von Flüchtlingen, die in Libyen gestrandet sind und miserabel behandelt werden, Einfluss zu nehmen. Das heißt aber nicht notwendigerweise, dass es für uns leichter, besser oder gar angenehmer wäre, mit Diktatoren wie Gaddafi umzugehen. Wir müssen einfach versuchen, unsere Interessen zu vertreten, dabei unsere Werte nicht aufzugeben und Lösungen zu finden, bei denen wir immer auch den Blick darauf haben, wie die Menschen in den Herkunfts- und Transitländern tatsächlich behandelt werden.

STS SEIBERT: Ich will vielleicht etwas ergänzen und noch einmal auf Niger zurückkommen. Die Bundeskanzlerin hat sich gestern in Brüssel erneut mit dem nigrischen Präsidenten Issoufou getroffen. Dabei waren auch der französische Präsident und die Ministerpräsidenten aus Italien und Spanien.

Niger ist ein Land, das eben keine Diktatur ist, sondern das mit Mitteln der Demokratie versucht, die Umstände, die Lebensbedingungen des nigrischen Volkes zu verbessern, indem es sich Ziele setzt, Entwicklungsrückstände aufzuholen, das sehr hohe Bevölkerungswachstum einzudämmen, die Probleme der Sicherheit und Stabilität des Landes in den Griff zu bekommen, die im Übrigen sehr oft mit den Problemen der illegalen Migration zusammenhängen, weil es dieselben Menschen sind, die Flüchtlinge illegal durch die Wüste lotsen und nach Libyen bringen, die dann auf dem Rückweg aus Libyen Waffen und Drogen mit zurückbringen. Das heißt, da hängen die Probleme eines Landes intensiv zusammen. Dieses alles versucht die nigrische Regierung mit den Mitteln einer Demokratie.

Wir haben im Niger einen guten Partner. Deswegen lässt sich diese Migrationspartnerschaft, die ja nichts anderes ist als eine vertiefte Zusammenarbeit auf gleich mehreren Gebieten, gut an.

DR. SCHÄFER: Ich möchte noch einen Satz ergänzen, weil ich einfach sicherstellen möchte, dass keine Missverständnisse aufkommen.

Herr Jung, es ist völlig klar, dass es am allereinfachsten ist für uns, mit Partnerstaaten Regelungen zu treffen, bei denen unsere Interessen und Werte zur Geltung kommen, die genauso schön, demokratisch, rechtsstaatlich und freiheitlich verfasst sind wie wir. Nur können wir uns die Welt nicht so schnitzen, wie sie ist. Deshalb müssen wir sie so nehmen, wie sie ist.

Deshalb lautet meine Antwort auf Ihre Frage am Schluss: Am allerschönsten ist es mit Partnern zusammenzuarbeiten, die genauso gut funktionieren wie wir.

FRAGE HELLER: Ich wollte nur einmal kurz nachfragen zum Stichwort Entschuldung oder Entschuldungsinitiative. Es gab schon einmal nach einem Weltwirtschaftsgipfel in Deutschland eine Entschuldungsinitiative für die ärmsten Länder dieser Welt. Köln war das seinerzeit. Die Bundesregierung ist nun Präsidentschaftsland der G20 mit Schwerpunkt Afrika. Ist es das Ziel der Bundesregierung als eines der großen Themen, auch eine neue Entschuldungsinitiative für Länder Afrikas zu starten unter seiner G20-Präsidentschaft?

STS SEIBERT: Ich weiß gar nicht, ob nach den verschiedenen Entschuldungsinitiativen noch so viel an Auslandsschulden bei diesen sehr wenig entwickelten Ländern übrig ist. Wir werden Ihnen auch dazu eine fachmännische Antwort nachreichen.

FRAGE STEINER: Eine kurze Nachfrage an Herrn Seibert: Sie haben gerade gesagt, dass Menschen, die im Schleuserwesen tätig sind, auf dem Rückweg aus Libyen nach Niger Waffen und Drogen mitbringen würden. Von Waffen wusste ich. Die Drogenroute war mir bislang eher anders herum bekannt.

STS SEIBERT: Stimmt. Da habe ich mich falsch ausgedrückt. Beziehen Sie es nur auf Waffen.

ZUSATZ STEINER: Okay.

FRAGE DETJEN: Wenn sich Frau Merkel und Präsident Issoufou sehen, haben Sie inzwischen eigentlich eine gemeinsame Sprachregelung zum Thema Marshallplan für oder mit Afrika? Da gab es ja beim Besuch der Kanzlerin in Niger einen erstaunlichen Dissens auf offener Bühne.

STS SEIBERT: Dieser war vor allem eine unterschiedliche Verwendung von Worten. Es gibt keinen Dissens zwischen Niger und der Bundesregierung, dass wir unsere Zusammenarbeit intensivieren wollen, die wir bereits sehr intensiviert haben. Ein Zeichen ist die neuerliche Begegnung gestern. Ein Zeichen sind verschiedenste Kontakte in ziemlich kurzen Abständen zwischen den beiden Regierungen. Da sind wir sozusagen über die Frage, wie man das nennt, weit hinaus. Es steht aber weiterhin die Aussage, die die Bundeskanzlerin in Niamey bei der Pressekonferenz gemacht hat. Wir sind bereit, uns in Niger auch finanziell stark zu engagieren und tun das. Wir haben die Mittel, die wir Niger zur Verfügung stellen, noch einmal aufgestockt. Aber wir wollen nun erst einmal sehen, welche Wirkung das entfaltet, wie das Geld eingesetzt werden kann. Dann wollen wir über mögliche weitere Dinge reden.

MOOSMAYER: Ich habe eine Nachlieferung. Herr Lange hatte, glaube ich, gefragt, ob die Lang-Lkw-Ausnahmeverordnung durch den Bundestag muss. Das muss sie nicht. Die Länder werden angehört.

FRAGE STEINER: Herr Malachowski, Herr Maas hat sich ja bereits gegenüber der „SZ“ geäußert zum Thema Facebook-Veränderungen am Algorithmus bezüglich Fake News. Er hat gesagt, dass es dort relativ konkrete Ideen gäbe, wie denn damit umzugehen sei, wenn Facebook das Problem nicht in den Griff bekommt. Können Sie noch einmal skizzieren, welche Maßnahmen es sind, über die Sie jetzt konkret nachdenken? Es war ja viel, was in den letzten Monaten diskutiert wurde.

MALACHOWSKI: Vielen Dank für die Nachfrage. Das gibt mir Gelegenheit wiederzugeben, was der Herr Minister auf Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“ heute gesagt hat. Das war unter anderem:

„Wir prüfen bereits sehr konkret, ob wir Soziale Netzwerke für nicht gelöschte strafbare Inhalte auch haftbar machen.

Natürlich müssen wir am Ende auch über Bußgelder nachdenken, wenn andere Maßnahmen nicht greifen. Das wäre ein starker Anreiz zum raschen Handeln.

Und: Wir brauchen mehr Transparenz. Wir können uns vorstellen, Soziale Netzwerke zu verpflichten, in überschaubaren Zeitabständen öffentlich zu berichten, wie viele Beschwerden zu strafbaren Einträgen es gegeben hat und wie sie damit umgegangen sind. Dann wird für alle sichtbar, wie viele Meldungen und wie viele Löschungen es gibt. Auch das würde den Druck auf Facebook, Twitter und Co deutlich erhöhen.“

Dem habe ich hier leider nichts hinzuzufügen. Ich kann den Wunsch verstehen, das so weit wie möglich zu konkretisieren. Aber da müssen Sie mit den Worten meines Ministers erst einmal auskommen.

ZUSATZFRAGE STEINER: Dann frage ich noch einmal anders herum nach. Es gibt ja bereits Ansatzpunkte im deutschen Recht bei der Verbreitung von falschen Nachrichten, also tätig zu werden bei Unterstellungen, üble Nachrede etc. Warum sehen Sie dort einen spezifischen Handlungsbedarf?

MALACHOWSKI: Wo jetzt? In Sozialen Netzwerken?

ZUSATZ STEINER: Einen spezifischen Handlungsbedarf bezüglich der Vorgänge, die auf Facebook stattfinden.

MALACHOWSKI: Der spezifische Handlungsbedarf ist einfach gegeben, wenn Sie etwas sagen und Sie werden verurteilt und wiederholen das. Das ist ungefähr der gleiche spezifische Handlungsbedarf. Aber ansonsten kann ich dem wirklich nichts hinzufügen. Da müssen Sie sich noch ein bisschen gedulden.

FRAGE: Wird es denn in der Bundesregierung Überlegungen geben, eine Rechtsprechung oder Rechtsauffassung speziell für Soziale Netzwerke zu entwickeln, die sozusagen auf diese Situation der Sozialen Netzwerke reagieren? Oder werden Sie auf die bisher schon gängigen strafrechtlichen oder sonstigen rechtlichen Grundlagen zurückkommen, die es auch gibt, also zum Beispiel auf das Medienrecht? Das bestreitet Facebook ja. Sie sagen ja, sie seien kein Medium, sondern nur eine Plattform, auf der sie sich mitteilen.

MALACHOWSKI: Vielen Dank für die Nachfrage. Das erlaubt mir, das vielleicht ein bisschen klar zu stellen. Es geht ja nicht darum, hier ein Sonderrecht oder so etwas für Soziale Netzwerke zu schaffen. Es ist klar, dass der Maßstab des Löschens und der Handlungen, auch im Internet natürlich, das deutsche Recht sein muss. Ob Sie jetzt jemanden auf dem Dorfplatz verleumden oder das online machen üble Nachrede oder was auch immer , darf kein Unterschied machen. Es geht nur darum, die Rechtsdurchsetzung im Netz zu verbessern.

ZUSATZFRAGE STEINER: Dann würde ich noch einmal gern wissen: Wo sehen Sie konkret den Verbesserungsbedarf? Also wo ist momentan ganz konkret aus Ihrer Sicht das Problem, dass die Durchsetzung nicht in dem Maße stattfindet, wie Sie es gern hätten?

MALACHOWSKI: Was die Durchsetzung angeht: Da gibt es ja den Monitoring-Bericht von „Jugendschutz Netz“; den kennen Sie sicherlich, was die Löschquoten von strafbaren Inhalten angeht.

ZUSATZFRAGE STEINER: Und da sagen Sie: Sie sind einfach zu niedrig?

MALACHOWSKI: Sie sind zu niedrig. Wenn ich mich recht entsinne, dann war das ja, glaube ich, 46 Prozent bei Facebook und bei Twitter irgendetwas im einstelligen Prozentbereich. Bitte nageln Sie mich jetzt nicht fest. Das können Sie bei uns auf der Seite www.fair-im-netz.de nachlesen.

FRAGE DETJEN: Eine Frage an das Finanzministerium mit Blick auf den Besuch des griechischen Ministerpräsidenten: Frau von Tiesenhausen hat Mittwoch gesagt, dass die Bundesregierung, das Bundesfinanzministerium, kurzfristig eine Stellungnahme der Brüsseler Institutionen zur Frage erwartet, inwieweit die steuer- und rentenpolitischen Maßnahmen der griechischen Regierung mit den letzten Vereinbarungen zur Schuldenerleichterung vereinbar sind. Ich ging davon aus, dass man diese Antwort vor dem Besuch des Ministerpräsidenten haben will.

KOLBERG: Herr Detjen, Sie sind, glaube ich, ein bisschen später gekommen. Herr Heller hatte das eben schon gefragt. Wir erwarten die einheitliche Stellungnahme der Institutionen und werden uns dann auf dieser Grundlage eine Meinung dazu bilden.

ZUSATZ DETJEN: Entschuldigung. Das hatte ich falsch mitbekommen.

FRAGE JUNG: Ein altes Thema: Ramstein. Aber es war ja in dieser Woche im Bundestag prominent vertreten. Daher ein paar neue Fragen, Herr Schäfer, Herr Seibert. Ich habe sie noch nicht gestellt.

Herr Schäfer, von wie vielen weiteren Relaisstationen der Amerikaner weiß die Bundesregierung? Prüfen Sie auch, ob die Drohnenangriffe mit dem Truppenstatut, das man mit den Amerikanern hat, vereinbar sind?

DR. SCHÄFER: Frage eins vermag ich Ihnen nicht zu beantworten. Das weiß ich nicht.

Frage zwei: Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der Amerikaner in irgendeiner Weise zu dem Truppenstatut in Widerspruch stünde.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wenn ich richtig informiert bin, lehnt die Bundesregierung extralegale Tötungen ab? Das ist richtig, Herr Schäfer?

DR. SCHÄFER: Absolut. Das ist richtig.

ZUSATZFRAGE JUNG: Dann habe ich die Frage: Hat die Bundesregierung bei all den unzähligen Einzelfällen an US-Drohnenangriffen weltweit bisher auch nur eine extralegale Tötung festgestellt?

DR. SCHÄFER: Da kann ich jetzt eigentlich nur auf dutzendfache Diskussionen mit Ihnen und anderen an dieser Stelle und zwischen anderen an anderer Stelle verweisen.

Dass mit der Behauptung des Drohnenkrieges und den extralegalen Tötungen ist eben nicht so einfach, wie Sie das immer gern hätten. Das Völkerrecht kennt keine spezifischen Regelungen für Drohnen, sondern Drohnen sind Waffen und müssen als solche unter die allgemeinen Regelungen des Völkerrechtes subsumiert werden. Da gibt es dann das Kriegsvölkerrecht und das Nicht-Kriegsvölkerrecht. Das alles haben wir hier schon ich weiß nicht, wie viele Male; dutzendfach jedenfalls miteinander besprochen. Das ist eben nicht so einfach, weil es sehr stark auf die Umstände des Einzelfalles ankommt.

FRAGE JORDANS: Gibt es denn von der Bundesregierung einen Kommentar auf die Strafanzeige des Abgeordneten Ströbele im Zusammenhang mit möglichen Straftaten, die von der US-Luftwaffenbasis in Ramstein aus begangen wurden?

DR. SCHÄFER: Dass wir uns zu Angelegenheiten, die vor der deutschen Justiz ausgetragen werden, nicht äußern, das können Sie sich denken, Herr Jordans.

Ramstein ist bereits Gegenstand von richterlichen Entscheidungen gewesen. Diese richterlichen Entscheidungen das wissen Sie sicher stehen ganz sicher nicht im Widerspruch zu dem, was die Bundesregierung immer getan und wie sie gehandelt hat.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Wenn ich nachfragen darf: Es ist ja durchaus möglich, dass auch die Bundesregierung oder ihr Handeln dort ins Visier der Justiz kommen. Ist denn die Bundesregierung zuversichtlich, dass ihr eigenes Handeln in Bezug auf Ramstein von jeglicher Strafhandlung befreit ist?

DR. SCHÄFER: Ja, wenn wir das nicht wären, dann würden wir doch das, was wir da tun und wie wir mit unseren amerikanischen Partnern umgehen, nicht tun.

Wie gesagt: Ich kann nur noch einmal wiederholen: Es gibt ja bereits einschlägige Urteile, die genau das entschieden haben.

FRAGE STEINER: Herr Schäfer, wenn Sie uns hier sagen, dass Sie durchaus eine juristische Einschätzung der einzelnen Fälle vornehmen, dann würde ich gern wissen, ob es eine Art systematische Beobachtung der durchgeführten Drohnenangriffe gibt, bei denen Sie davon ausgehen, dass sie eventuell über deutsches Gebiet mit gesteuert oder deren Steuerung über deutsches Gebiet veranlasst wurde. Gibt es also eine systematische Beobachtung dessen? Ich könnte mir vorstellen, dass das Ihr Rechtsreferat im AA vielleicht ein bisschen überfordern würde.

DR. SCHÄFER: Das, was Sie als Teil Ihrer Frage gerade gesagt haben, Herr Steiner, kann ich so nicht bestätigen. Wir haben immer auch da wiederhole ich mich jetzt dutzendfach von unseren amerikanischen Partnern die Informationen bekommen, dass solche Drohnen von deutschem Boden aus weder gesteuert noch geflogen würden. Dass wir uns mindestens diejenigen Fälle von amerikanischen Drohnenangriffen anschauen, die öffentlich bekannt werden oder die uns bekannt werden ohne dass das automatisch bedeutete, dass wir alle Informationen zum Sachverhalt zur Hand hätten, um eine wirkliche abschließende Entscheidung zu treffen , davon können Sie ausgehen.

ZUSATZFRAGE STEINER: Ich hatte ja auch genau deswegen formuliert: „über Ramstein zu steuern“. Das ist ja etwas anderes, als „aus Ramstein“ zu steuern. Aber wie viele Fälle sind es denn, die Sie in der Vergangenheit bewertet haben?

DR. SCHÄFER: Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Das weiß ich so aus dem Stand nicht.

ZUSATZFRAGE STEINER: Wäre das etwas, was Sie gegebenenfalls nachliefern könnten?

DR. SCHÄFER: Ja, das könnte ich versuchen.

ZUSATZ STEINER: Danke.

FRAGE JUNG: Sie sagten gerade, dass auch der Bundesregierung Drohnenangriffe der Amerikaner bekannt wären. Darum noch einmal die Frage, die Sie eben nicht beantwortet haben: Ist der Bundesregierung auch nur eine extralegale Tötung der Amerikaner bekannt?

DR. SCHÄFER: Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir nicht in allen Punkten mit der amerikanischen Regierung bei der Interpretation des Völkerrechts in dieser Frage übereinstimmen. Aber bezüglich der Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit von solchen Drohnenangriffen ist es in aller Regel so, dass öffentlich verfügbare Informationen für ein abschließendes Urteil nicht ausreichen. Ich habe gerade schon versucht, das Herrn Steiner zu erläutern, der sich dankenswerterweise mit dieser Antwort zufriedengegeben hat – Sie aber nicht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Entschuldigung, noch eine Frage: Läuft im Moment eine Prüfung oder laufen Prüfungen im AA, ob die Zusicherung der Amerikaner bezüglich Ramstein der Wahrheit entspricht?

DR. SCHÄFER: Ich, Frau Chebli und andere haben an dieser Stelle immer gesagt das tun wir jetzt auch angesichts der jüngsten Informationen, die wir vor einiger Zeit aus Washington zu diesem Thema bekommen haben , dass wir den Dialog und das Gespräch mit unseren amerikanischen Partnern in dieser Sache fortsetzen werden.

Wir haben keine Sondereinheit im Auswärtigen Amt, die sich mit der Frage des Einsatzes und Umgangs der Amerikaner von Drohnen beschäftigt. Aber Teil der Arbeit in unserer politischen und rechtlichen Abteilung ist es natürlich auch, sich diesen Fragen zuzuwenden.

VORS. MAIER: Das Innenministerium hat noch eine Nachlieferung.

DR. PLATE: Vielleicht nur ganz kurz: Herr Jung, Sie hatten nach der ungefähren Aufteilung gefragt, wie viele Straftaten von wem begangen worden sind, die auf diesem Abschiebeflug nach Afghanistan dabei waren.

Zu den Details im Einzelnen, also personenscharf, müssten Sie die Länder befragen, weil diese sozusagen die Zulieferung der jeweiligen Einzelpersonen vorgenommen haben. Ich kann Ihnen das jedenfalls ganz grob sagen, wenn man einmal Kategorien bilden will, was wie oft vorgekommen ist: Raub- und Diebstahldelikte kamen dreimal vor, Betäubungsmitteldelikte dreimal, Sexualstraftaten zweimal, Bedrohungen dreimal, und Totschlag kam einmal vor. Das ist vielleicht, um ein grobes Bild zu bekommen, eine Hilfe.

VORS. MAIER: Dann gibt es noch eine Nachlieferung aus dem BMZ.

KNÖDLER: Noch einmal zur Schuldenfrage: Aufgrund der bestehenden Entschuldungsinitiative, die auch nach dem G7-Beschluss in Köln auf die multilateralen Instrumente weiter ausgedehnt wurde, hat die Verschuldungskrise, gepaart mit einem hohen Wirtschaftswachstum in vielen Entwicklungsländern, deutlich an Schärfe verloren. Das Schuldenthema bleibt natürlich eines, das weiter aktuell ist – gerade in den relevanten Institutionen, wie ich vorher schon sagte, also den Bretton-Woods-Institutionen, aber natürlich auch dem Pariser Club da greife ich jetzt ein bisschen über meine Zuständigkeit hinaus , wo das weiterhin diskutiert wird.

Es wird auch mit einem Instrument, das dafür entwickelt worden ist, sehr genau nachgehalten, wie die Schuldenlage in den Entwicklungsländern ist. Sie müssen sich das als eine Art Ampelsystem vorstellen. Grün: alles ist gut; gelb: die Lage ist ein bisschen schwieriger; rot: hier müssen wir wirklich aufpassen. Das wird tagesaktuell nachgehalten.

Für die G20-Präsidentschaft in Deutschland steht auch deshalb das Thema zumindest momentan nicht auf der Tagesordnung.

FRAGE: Eine Frage an das Familienministerium. Gestern wurde im Bundestag eine bessere Hilfe für die Contergan-Opfer beschlossen, auch international. Das betrifft auch viele hunderte Menschen in Spanien. Wenn diese Conterganmittel in Spanien von der Firma Grünenthal umgepackt und unter einem anderem Namen vermarktet worden sind, wie sollen die Spanier erkennen, dass sie tatsächlich aus Deutschland von der Firma Grünenthal geliefert worden sind?

BIERINGER: Es tut mir leid; ich muss leider passen. Wir können uns gerne gleich noch austauschen. Ich würde das nachreichen.

FRAGE JUNG: Letztes Thema von meiner Seite aus. Herr Seibert, am 16. November haben Sie und Frau Christiansen sich abends mit Konzernsprechern und Kommunikationschefs von DAX-Konzernen getroffen. Sie haben sie eingeladen. Ich hatte hier am 18. November schon danach gefragt. Frau Demmer wusste nicht, ob sie das dementieren oder bestätigen soll. Darum würde ich von Ihnen gerne wissen: Wer war alles da? Was war aus Ihrer Sicht das Ziel dieses Gesprächs?

STS SEIBERT: Die Nachfrage kommt spät, aber sie kommt. Wunderbar.

Es hat ein solches Treffen gegeben; das stimmt. Dieses Treffen hatte mit einer Begegnung zu tun, die die Bundeskanzlerin kurz zuvor einige Wochen zuvor; das war hier auch bekannt gewesen mit Vertretern der Unternehmen gehabt hatte, die sich in der Initiative „Wir zusammen“ für Integration und Flüchtlingshilfe einsetzen. Das sind ganz unterschiedliche Unternehmen – von den ganz großen über die mittleren bis zu den kleinen.

Eines der Ergebnisse dieses sehr guten Austauschs, den die Bundeskanzlerin mit diesen Unternehmensvertretern zum Thema Integrationshilfe hatte Was können Unternehmen und ihre Mitarbeiter tun und leisten? , war, dass nicht alle Maßnahmen, die wir als Bundesregierung ergreifen, nicht alle Gesetzesänderungen, die es zu diesem Thema gibt, nicht alles, was die Bundesagentur für Arbeit oder das BAMF anbietet, bei den Vertretern der Unternehmen schon so einfach angekommen war. Wenn Sie so wollen, also ein gewisses Wissensdefizit über das, was die Bundesregierung integrationspolitisch auf den Weg gebracht hat.

Aus dieser Begegnung heraus haben wir beschlossen, dass wir an diesem Wissensdefizit gemeinsam mit Vertretern der Unternehmen noch einmal arbeiten und uns dazu noch einmal treffen wollen. Das haben wir getan. Wir haben uns ausgetauscht und ein sehr interessantes Gespräch geführt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die Frage war, wer alles da war. Können Sie uns eine Liste liefern?

Meine Quellen, die vor Ort waren, sagen mir, dass Sie die DAX-Vertreter dazu aufgefordert haben, dass diejenigen die Medien auffordern, sich auch sprachlich um eine positivere Darstellung der politischen Erfolge in der Flüchtlingskrise zu bemühen. Können Sie das bestätigen?

STS SEIBERT: Nein. Dann sagen Ihre Quellen nicht die Wahrheit. Dieses war nicht der Sinn und war nicht der Inhalt des Treffens, das wir hatten.

ZUSATZFRAGE JUNG: War es das erste Treffen in dieser Legislaturperiode?

STS SEIBERT: Es war ein Nachfolgetreffen zu dem Treffen der Bundeskanzlerin mit den Chefs der Unternehmen; ein weiteres ist nicht geplant. Es ging um einen ganz konkreten Punkt, nämlich: Wie können Informationen über das, was die Bundesregierung in all ihren Verästelungen integrations- und flüchtlingspolitisch tut, besser ankommen? Das war der Sinn des Gesprächs, ein völlig normaler Sinn. Ich habe mich beispielsweise auch schon mit Vertretern, mit Kommunikationsmenschen von Sozialverbänden getroffen, um über solche Themen zu sprechen. Ich halte das für normal. Nie geht es darum, irgendeine Linie vorzugeben. Soweit könnten Sie uns inzwischen kennen.

Es war, wie gesagt, ein normaler Vorgang, um etwas aufzuarbeiten, um etwas genauer herauszufinden, was bei dem Treffen mit der Bundeskanzlerin identifiziert worden war, nämlich ein gewisses Kommunikations- oder Informationsdefizit bei den Unternehmen.

ZUSATZ JUNG: Nur noch die Bitte nach der Nachlieferung der Liste der Teilnehmer.

STS SEIBERT: Ich weiß nicht, ob ich das tun werde, weil es sich um ein ganz normales Arbeitstreffen der Bundesregierung auf Arbeitsebene handelt und wir da üblicherweise nicht nachreichen. Das werde ich mir überlegen.

FRAGE FELDHOFF: Ich weiß gar nicht, wer sich für meine Frage zuständig fühlt. Der Bundesrat hat gerade die Kürzungen für Asylbewerber abgelehnt und damit sozusagen dem Gesetz, das zum 1. Januar in Kraft treten sollte, eine Schranke vorgeschoben.

Erste Frage. Wie bewertet die Bundesregierung das?

Zweite Frage. Wird die Bundesregierung dazu den Vermittlungsausschuss anrufen?

STELTEN: Dafür ist das BMAS zuständig. Wir bedauern diese Entscheidung natürlich sehr. Wir werden heute im Laufe des Tages zügig eine technische Mitteilung herausgeben, wie die Auszahlung der Leistungen jetzt zu erfolgen hat.

Außerdem werden wir zügig Gespräche darüber führen, wie wir eine neue gesetzliche Grundlage schaffen können.

ZUSATZFRAGE FELDHOFF: Wie bewertet denn das Ministerium politisch diese Entscheidung des Bundesrats? Es ist ja sozusagen ein Signal, das jetzt in diese Gesellschaft gesendet wird, was möglicherweise kritisch gesehen wird.

STELTEN: Selbstverständlich bedauern wir diese Entscheidung.

FRAGE: Ich hatte vorhin schon nach den Zahlen der „BILD“-Zeitung gefragt, die Sie nicht bestätigen konnten. Deswegen wollte ich jetzt noch einmal nachfragen, ob Sie Ihren eigenen Zahlenstand noch einmal nennen können, was die Zahl der Abschiebungen 2016 und die Klagequote gegen Asylbescheide betrifft.

Ich hätte noch eine Lernfrage zum Rücknahmeabkommen mit Afghanistan: Gibt es eine Regelung, dass allein die afghanische Regierung für die Verteilung der Personen in den Regionen zuständig ist, oder ist das gar nicht erwähnt? Danke.

DR. PLATE: Ich fange vielleicht mit der letzten Frage an. Ganz präzise: Es ist kein Rücknahmeabkommen, kein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag, sondern eine gemeinsame Erklärung, die sich sozusagen mit diesem Themenbereich befasst.

Ja, darin ist das festgehalten, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, nämlich, dass ein Staat Hoheitsgewalt immer nur im eigenen Hoheitsgebiet ausüben kann. Mit anderen Worten: Deutschland kann natürlich in Afghanistan nicht Hoheitsgewalt dergestalt ausüben, dass es das Selbstbestimmungsrecht über den Aufenthaltsort der Person in diesem Land beanspruchen könnte.

Aber es steht auch einiges darüber drin ich habe es gerade textlich nicht vor Augen , was aus Sicht beider Seiten bei der Wahl des Aufenthaltsorts zu beachten ist, nämlich dass die Sicherheit dort natürlich einen wesentlichen Aspekt einnehmen muss.

Was die Abschiebungszahlen angeht, wollen Sie gerne relativ alte habe, wenn ich das richtig verstehe.

ZUSATZ: Am liebsten die neuen.

DR. PLATE: Die habe ich ja nicht, wie ich gerade schon gesagt hatte. Stand 31. Oktober waren es 21 789 Abschiebungen. Was die letzte mir vorliegende Zahl im Bereich freiwilliger Rückkehr angeht, habe ich, einen noch älteren Stand dabei. Ich hatte vorhin schon gesagt, dass knapp über 50 000 der letzte Stand war, den ich jedenfalls kenne.

Ich kann vielleicht schauen, ob ich gerade eine neuere Nachlieferung zu dem Thema bekommen habe. Ich habe nämlich gerade einen neueren Stand zu den Freiwilligen bekommen. Stand 1. Dezember waren es 51 243 bewilligte Anträge nach diesem REAG/GARP-Programm.

FRAGE JUNG: Zwei kurze außenpolitische Fragen: Herr Seibert, hat die Kanzlerin schon einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Herrn Heusgen gefunden?

Herr Dr. Schäfer, wie bewerten Sie die Nominierung von Rex Tillerson zum Außenminister Amerikas? Haben Sie mit ihm schon Erfahrungen gemacht – gute Erfahrungen, schlechte Erfahrungen?

STS SEIBERT: Ich habe überhaupt keinen Anlass, hier über solche Personalspekulationen zu berichten. Herr Heusgen ist außen- und sicherheitspolitischer Berater der Bundeskanzlerin. Er war als solcher gestern mit der Bundeskanzlerin in Brüssel.

ZUSATZ JUNG: Aber er wird sie doch verlassen.

STS SEIBERT: Ich glaube, wir sind mit der Frage zu Ende.

DR. SCHÄFER: Herr Tillerson ist vom President-elect, von Donald Trump, nominiert worden. Herr Tillerson muss jetzt in den nächsten Wochen das übliche Anhörungsverfahren im amerikanischen Kongress durchlaufen. Wir gehen davon aus, dass das zwar nicht nur eine Formsache ist, aber dass am Ende der Wunsch des dann amtierenden amerikanischen Präsidenten, des jetzigen President-elect, auch Wirklichkeit werden wird.

Ich glaube, Herr Steinmeier kennt Herrn Tillerson persönlich nicht. Ich glaube nicht, dass es jemals eine persönliche Begegnung gegeben hat. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit einem neuen amerikanischen Außenminister, dem Nachfolger von John Kerry. Mit ihm war die Zusammenarbeit ganz ausgezeichnet, und zwar in jeder Hinsicht – persönlich wie fachlich wie politisch. Wir hoffen sehr, dass uns das auch mit seinem Nachfolger wahrscheinlich Herr Tillerson oder wer auch immer das dann sein wird genauso gut gelingen kann.

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