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Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 6. Januar 2017

Guantanamo geht gar nicht! ► BPK vom 6. Januar 2017

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Empfang der Sternsinger, Jahrestagung des dbb Beamtenbund und Tarifunion, Neujahrsempfang des Bundespräsidenten, Kabinettssitzung, „WELT“-Wirtschaftsgipfel, Eröffnung der Elbphilharmonie, Reise nach Luxemburg und Brüssel), Asyl- und Flüchtlingspolitik, Androhung von Importzöllen durch den designierten US-Präsidenten, neue US-Administration, wirtschaftliche Folgen der EU-Sanktionen gegen Russland, Entschädigung der Herero und Nama, Guantanamo, Reform der Pflegeausbildung, „Fall Lisa“, vom BMZ angekündigter „Marshall-Plan mit Afrika“, Studie des ICCT zum Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen und Lkws, Aussagen von BND-Chef Kahl zur Seerettung von Flüchtlingen im Mittelmeer

Naive Fragen zu:
Müllers „Sozialmissbrauch“-Zahlen (ab 4:55 min)
– wie kommt der Minister auf diese mindestens Zehntausend? Ist das sein Bauchgefühl? Warum müssen wir alle davon ausgehen? (9:30 min)

Trump (ab 30:30 min)
– Herr Schäfer, hat die Bundesregierung bzw. hat das Auswärtige Amt mittlerweile fruchtbare Kontakte zur baldigen Trump-Administration? Wenn ja: Wie sehen die aus? (32:10 min)

Deutscher Völkermord an Herero & Nama (ab 39:05 min)
– nur zum Verständnis: Vor sieben Monaten haben Sie uns hier in der RegPK gesagt, der Verhandlungsprozess sei ziemlich weit fortgeschritten. Das hörte sich danach an, dass die Verhandlungen kurz vor dem Ende stehen. Jetzt hört sich das bei Ihnen nicht mehr so an. Habe ich das richtig verstanden? (ab 44:38 min)
– Können Sie uns sagen, welche finanziellen Angebote die Bundesregierung Namibia gemacht hat?

Guantanamo (ab 46:10 min)
– Der US-Präsident hat gesagt, dass drei Häftlinge jetzt nach Saudi-Arabien gebracht wurden. Es sind immer noch 56 Häftlinge dort. Die Bundesregierung möchte und fordert, dass Guantanamo geschlossen wird. Hat sich die US-Administration bei der Bundesregierung in den letzten Wochen oder Monaten in diesem Zusammenhang gemeldet und gebeten, ein, zwei oder 56 aufzunehmen, und ist die Bundesregierung bereit dazu?
– Ist die Bundesregierung bereit, jetzt noch bevor Herr Trump an die Macht kommt, der ja Guantanamo offenhalten möchte das Ding zu schließen und Gefangene aufzunehmen?

Russland & „Fall Lisa“ (ab 52:30 min)
– nur zum Verständnis, wie Sie diese Geschichte jetzt ein Jahr später sehen: Die Russen haben sich das Ding ausgedacht und haben darüber berichtet? Mein Stand war: Es gab erst Berichte. Die Polizei hat im Nachhinein nicht ganz korrekte Angaben zum Fall gemacht, worüber die Russen die Russen in Anführungszeichen dann berichtet haben. Ich höre das jetzt ein bisschen so heraus, als ob die Russen sich das ganze Ding ausgedacht haben. (57:00 min)

Müllers „Marshall-Plan“ für Afrika (ab 58:25 min)
– Mich würde interessieren, welche Ressorts an der Ausarbeitung beteiligt sind und aus welchen Ressorts das Geld dafür kommen soll.
– Am damaligen amerikanischen Marshall-Plan war ja das Besondere, dass er aus Krediten, Rohstoffen, Lebensmittel und Waren bestand. Das habe ich bei Ihnen jetzt nicht herausgehört. Ist das eine andere Art von Marshall-Plan? Meinen Sie etwas anderes?

Fluchtursachen (ab 1:04:20 min)
– Bewertet die Bundesregierung, dass allein die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer ein Anreiz zur Flucht ist?
– Die Bundesregierung hilft mit, dass Menschen auf dem Mittelmeer gerettet werden, die sich in Seenot befinden. BND-Chef Kahl hat jetzt gesagt, dass er als BND-Chef es einschätzt, dass die alleinige Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer ein Fluchtgrund ist, also ein Anreiz dazu. Ist das auch die offizielle Bewertung der Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes?
– Wie bewertet die Bundesregierung denn, dass 2016 eine neue Rekordtotenzahl auf dem Mittelmeer erreicht wurde? Erwarten Sie, dass es 2017 noch mehr werden? 5 000 sind letztes Jahr auf dem Mittelmeer gestorben.

 
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 6. Januar 2017:

SRS STREITER: Guten Morgen! Wie immer an diesem Tag der Ausblick auf die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche.

Am Montag, dem 9. Januar, empfängt die Bundeskanzlerin um 11 Uhr wie in jedem Jahr Sternsinger aus allen 27 deutschen Diözesen im Bundeskanzleramt. Die insgesamt 108 Sternsinger vertreten in Berlin die engagierten Mädchen und Jungen, die sich rund um das Dreikönigsfest bundesweit in über 10 000 katholischen Pfarrgemeinden und Einrichtungen an der Aktion Dreikönigssingen beteiligen. Das diesjährige Leitwort der Aktion lautet: „Segen bringen, Segen sein. Gemeinsam für Gottes Schöpfung – in Kenia und weltweit!“

Seit 1984 bringen die Sternsinger ihren Segen „Christus Mansionem Benedicat – Christus segne dieses Haus“ jedes Jahr ins Bundeskanzleramt. Bei Bundeskanzlerin Merkel sind sie zum zwölften Mal zu Gast.

Ebenfalls am Montag wird die Bundeskanzlerin ab 15 Uhr an der Jahrestagung des dbb Beamtenbund und Tarifunion in Köln teilnehmen und dort eine Rede halten. Das Motto der Jahrestagung lautet: „Europa – Quo vadis?“ Die Bundeskanzlerin wird die Arbeit und die Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Gemeinden würdigen und auf aktuelle Herausforderungen für den öffentlichen Dienst eingehen.

Der Deutsche Beamtenbund ist mit rund 1,28 Millionen Mitgliedern eine große Interessenvertretung für Beamte und Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst und im privaten Dienstleistungssektor. Die Bundeskanzlerin hat bereits 2012 an der Jahrestagung des Deutschen Beamtenbundes teilgenommen.

Am Dienstag, dem 10. Januar, nimmt die Bundeskanzlerin ab 12.15 Uhr am Neujahrsempfang des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue teil.

Am Mittwoch, dem 11. Januar, tagt um 9.30 Uhr das Bundeskabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin.

Ebenfalls am kommenden Mittwoch lädt die Zeitung „Die Welt“ wieder zu einer Diskussionsveranstaltung mit Vertretern der Wirtschaft in das Axel-Springer-Haus in Berlin ein. Die Bundeskanzlerin wird dort gegen 13 Uhr eine kurze Rede halten und nimmt anschließend an einer Diskussionsrunde teil. In ihrer Rede wird sie unter anderem auf aktuelle wirtschafts- und gesellschaftspolitische Themen eingehen und Schwerpunkte der deutschen G20-Präsidentschaft erläutern. Diese Veranstaltung ist nicht presseöffentlich.

Immer noch am Mittwoch nimmt die Bundeskanzlerin ab 18 Uhr an der Eröffnung der Elbphilharmonie in Hamburg teil. Grußworte zu Beginn des Festaktes halten der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, und Bundespräsident Joachim Gauck. Es folgt um 20.15 Uhr das Eröffnungskonzert des NDR-Elbphilharmonie-Sinfonieorchesters.

Am Donnerstag, dem 12. Januar, wird die Bundeskanzlerin Luxemburg und Brüssel besuchen.

In Luxemburg wird die Bundeskanzlerin zunächst durch den luxemburgischen Premierminister Xavier Bettel am Place Clairefontaine mit militärischen Ehren begrüßt. Anschließend begibt sich die Kanzlerin zum Großherzoglichen Palast, wo sie mit dem Großherzog von Luxemburg, Henri von Nassau, zum Gespräch zusammentreffen wird. Danach sieht das Programm ein bilaterales Gespräch mit Ministerpräsident Bettel vor, das im Geburtshaus von Robert Schuman stattfinden wird, einem der großen Vordenker der europäischen Einigung. Der Besuch in Luxemburg schließt mit einem Mittagessen auf Einladung des Premierministers ab.

Gegen 15 Uhr wird die Bundeskanzlerin dann in Brüssel eintreffen. Auftakt des Besuchs in Belgien ist die feierliche Verleihung der gemeinsamen Ehrendoktorwürde der Universität Gent und der Katholischen Universität Löwen an die Bundeskanzlerin im Brüsseler Veranstaltungszentrum „The EGG“. Anschließend wird sie im Stadtpalast zu einem Gespräch mit Belgiens König Philippe zusammentreffen. Letzter Programmpunkt des Tages wird ein gemeinsames Abendessen auf Einladung von Premierminister Michel sein.

Bei den Gesprächen mit dem luxemburgischen und dem belgischen Regierungschef wird es um aktuelle bilaterale, europapolitische und internationale Themen gehen. Sie dienen außerdem der Vorbereitung der anstehenden Treffen zur Zukunft der Europäischen Union am 3. Februar auf Malta und Ende März in Rom.

Das waren die öffentlichen Termine in der kommenden Woche.

FRAGE LÜCKOFF: Minister Müller hat sich gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ geäußert, dass es in Deutschland Sozialmissbrauch durch die Mehrfachregistrierung von Asylbewerbern gebe und dadurch Sozialgelder in großer Millionenhöhe abgegriffen würden. Ich würde nun gerne vom BMZ wissen, wie der Minister auf diese Zahlen kommt.

Vom BMI würde mich interessieren: Seit dem Sommer wird der Flüchtlingsausweis ausgegeben. Können Sie ausschließen, dass nun Mehrfachregistrierungen ausgeschlossen sind oder können immer noch Mehrfachregistrierungen trotz des Flüchtlingsausweises stattfinden?

MÄNZ: Ich möchte Sie darauf verweisen, dass das eine parteipolitische Diskussion ist, die momentan aktuell in Kloster Seeon bei der CSU-Klausurtagung geführt wird. Ich kann aus Ministeriumssicht keine weiteren vertieften Erkenntnisse hinzufügen.

FRAGE PAULI: Ich hätte ergänzend die Frage: Ist beispielsweise dem BMI eine Zahl bekannt, wie viele Menschen noch nicht biometrisch erfasst sind, also so registriert wurden, und in welchem Zeitraum man das Problem lösen möchte?

DR. PLATE: Vielen Dank. Ich glaube, es war noch ein Teil der Frage der Kollegin Lückoff offen, der sich auch an mich richtete. Ich glaube, ich kann das insgesamt beantworten.

Ich möchte vielleicht an der Stelle noch einmal an das Datenaustauschverbesserungsgesetz vom Februar letzten Jahres erinnern. Zu diesem Zeitpunkt ist es in Kraft getreten. Danach hat es die operative Umsetzungsphase gegeben, die auch insbesondere die technische Umsetzung, die Schaffung aller Schnittstellen und dergleichen beinhaltete. Seit dem Sommer ist das voll operativ.

Die Idee des Datenaustauschverbesserungsgesetzes war und ist es, dass es immer eine eindeutige Identifizierung gibt. Sie geben am Anfang den Fingerabdruck ab und erhalten einen Ankunftsnachweis. Das wird gespeichert, und die Daten sind allen am Verfahren beteiligten Behörden zugänglich. Das führt dazu, dass, wenn sich so jemand bei einer weiteren Behörde meldet und dort, wie vorgesehen, auch der Fingerabdruck genommen wird, sofort auffällt, wenn sich dieselbe Person schon woanders gemeldet ist. Insbesondere auch dann das ist mir wichtig zu sagen , wenn sie sich unter einem anderen Namen bei einer anderen Behörde gemeldet hat, denn der Fingerabdruck bleibt derselbe. Das beantwortet im Wesentlichen das, was Frau Lückoff gefragt hat. Das Datenaustauschverbesserungsgesetz ist, seit es voll operativ Anwendung finden kann, dazu gedacht, so etwas auszuschließen.

Es war auch die Frage, ob man gänzlich ausschließen kann, dass so etwas passiert. Na ja, grundsätzlich kann man natürlich nie etwas gänzlich ausschließen, wenn zum Beispiel irgendjemand, obwohl das so vorgesehen ist, einen Fingerabdruck nicht zum Abgleich nimmt. Es liegen mir aber, ehrlich gesagt, keine Anhaltspunkte vor, dass das passiert, schon gar nicht, dass das in einem größeren Umfang passieren würde. Vorgesehen ist es, und das Gesetz jedenfalls schließt das eigentlich strukturell aus.

Zur zweiten Frage, wie viele Nachregistrierungen im Sinne dieses Datenaustauschverbesserungsgesetz gegebenenfalls noch offen sind: Nach unserem Kenntnisstand keine. Die Nachregistrierungen sind abgeschlossen. Dabei sei aber natürlich gesagt: In Bezug auf Personen, die ins Land gekommen sind und sich später möglicherweise bei gar keiner Behörde mehr gemeldet haben, weil sie doch keinen Asylantrag gestellt haben, weil sie keine Sozialleistungen beantragt haben, weil sie keine sonstigen staatlichen Stellen kontaktiert haben, ist natürlich denkbar, dass sie nicht registriert sind, weil sie dann einfach mit gar keiner Behörde mehr in Kontakt getreten sind. Aber bei all jenen, die das getan haben, was ich gerade beschrieben habe, die nämlich mit staatlichen Stellen in Kontakt getreten sind, um Leistungen welcher Art auch immer in Anspruch zu nehmen oder ein Antragsverfahren im Sinne des Asylrechts zu betreiben, sind diese Nachregistrierungen alle abgeschlossen.

ZUSATZFRAGE PAULI: Also wirklich keine mehr nicht biometrisch erfasst?

DR. PLATE: So ist das.

FRAGE JUNG: Frau Mänz, wie kommt der Minister auf diese mindestens Zehntausend? Ist das sein Bauchgefühl? Warum müssen wir alle davon ausgehen?

MÄNZ: Es tut mir leid, Herr Jung. Ich kann Ihnen das nicht beantworten. Das ist, wie gesagt, eine Äußerung, die vor Ort in Seeon gefallen ist. Ich kann nur vermuten, dass es sich um Hochrechnungen oder vielleicht um Informationen handelt, die dort vor Ort gegeben worden sind. Ich kann es Ihnen aber nicht wirklich valide beantworten.

ZUSATZ JUNG: Vielleicht hat er sich die Zahl auch ausgedacht.

MÄNZ: Noch einmal: Ich kann Ihnen das nicht valide beantworten.

FRAGE: Herr Dr. Plate, wenn Sie jetzt sagen, dass alle bis auf die, die sich nirgendwo melden biometrisch erfasst sind, was halten Sie dann von diesem Vorstoß des Bundesentwicklungshilfeministers? Ich finde den Verweis auf eine parteipolitische Auseinandersetzung hier irgendwie nicht so ganz richtig. Das ist ja ein Vorschlag, der operativ ist, zu dem das Innenministerium sich eine Meinung bilden muss. Wenn Sie sagen, dass alle erfasst sind, dann gehe ich eher davon aus, dass Sie diesen Vorschlag für nicht nötig halten. Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie eine Nachregistrierung mit biometrischen Daten eigentlich für nicht nötig halten?

Noch einmal kurz in die Vergangenheit geblickt: Sie sagen, im Februar ist das Datenaustauschverbesserungsgesetz in Kraft getreten. Vorher nur für meine Rekapitulation war das Problem einfach so überwältigend, dass man es nicht gesehen hat? Wie war das vor Beginn des Datenaustauschverbesserungsgesetzes? Ist man da einfach von der Masse der Flüchtlinge überrumpelt worden und hat deswegen nicht Fingerabdrücke genommen, oder ging das technisch einfach nicht?

DR. PLATE: Vielleicht darf ich mit dem Letzten anfangen, weil, glaube ich, einige Missverständnisse zugrunde zu liegen scheinen.

Sie sagen, es wurden keine Fingerabdrücke genommen. Das ist so nicht zutreffend. Was schon immer der Fall war: Es wurde schon immer bei der Aufnahme eines Asylantrags ein Fingerabdruck aufgenommen und gespeichert. Das war immer der Fall. Historisch war es so, dass ein Asylantrag sehr viel zeitnäher nach der Einreise erfolgt ist, als dass dann irgendwann in der Hochphase der großen Flüchtlingszahlen möglich war, weil die Wartezeiten auf den Asylantrag länger wurden. Insofern hat sich ein zusätzlicher Bedarf natürlich dann dadurch ergeben, dass der Zeitverlauf zwischen der Einreise und dem Nehmen eines Fingerabdrucks im Rahmen des Asylantrags ein deutlich größerer geworden ist, als das ursprünglich der Fall war.

Dann ist es aber auch so, dass Fingerabdrücke zwar genommen wurden, es aber keine Rechtsgrundlage dafür gab, diese zentral auch anderen Behörden, mit denen die betreffende Person plangemäß in Kontakt treten sollte oder konnte, zur Verfügung zu stellen. Es gab also schlicht und einfach keine Rechtsgrundlage und auch keinen politischen Konsens für die Schaffung einer solchen, die ermöglicht hätte, dass sozusagen eine einmalige Registrierung erfolgt, die dann dazu führt, dass das allen zur Verfügung steht. Deswegen ist es im Gegenteil, wenn ich das sagen darf, vorher sogar so gewesen, dass nicht keine Fingerabdrücke genommen wurden, sondern dass ein und dieselbe Person in aller Regel mehrfach bei verschiedenen Stellen Fingerabdrücke abgegeben hat und abgeben musste, weil die Daten nicht bereits bei einmaliger Erfassung allen zur Verfügung standen. Das zu der einen Frage.

Die zweite Frage auch wenn Sie sie so gestellt haben, als würden Sie sich wundern, dass die Antwort gerade noch nicht gekommen sei ist nach meiner Wahrnehmung, glaube ich, gerade zum ersten Mal gestellt worden, nämlich die Frage nach einer möglichen biometrischen Nachregistrierung all solcher Personen, die schon biometrisch registriert sind. Ob das wirklich die Forderung ist, die erhoben worden ist, dazu habe ich sie, ehrlich gesagt, dem Wortlaut nach nicht genügend verfolgen können. Soweit es um Asylbewerberleistungen geht, ist das auch ein Vorschlag, wenn er denn so tatsächlich unterbreitet sein sollte, der ein bisschen außerhalb der Zuständigkeit des BMI fällt.

Hinsichtlich der Aspekte, die unsere Zuständigkeit betreffen, nämlich Asylverfahren einerseits und Sicherheitsaspekte anderseits, ist es jedenfalls so und darauf möchte ich an der Stelle vielleicht noch einmal verweisen , dass ganz unabhängig davon, ob es um einen Asylantrag geht, der im schriftlichen oder im mündlichen Verfahren bearbeitet worden ist, das BAMF die Asylbewerberdaten von allen zwischen 16 und 70 Jahren gegen die Datenbestände von BKA und BfV sowieso sicherheitsüberprüft hat. Für diesen Sicherheitsabgleich werden die Daten der Asylbewerber an die Sicherheitsbehörden übermittelt, die die Daten mit ihren Bestandsdaten abgleichen. Im Trefferfall gibt es entsprechende Rückmeldungen an das BAMF. Bei der weiteren Bearbeitung werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und möglichst den sachbearbeitenden Referaten in den BAMF-Außenstellen übermittelt, die sie dann in das laufende Verfahren einfließen lassen können.

Was die Ausländerbehörden und deren mögliche Notwendigkeiten oder asylbewerberleistungsrechtliche Notwendigkeiten betrifft, würde ich auf eine Stellungnahme verzichten, weil sich das, ehrlich gesagt, außerhalb der Zuständigkeit des BMI bewegen würde.

ZUSATZFRAGE: Eine Nachfrage, wer immer dafür zuständig ist, vielleicht Außen- oder Sozialministerium: Gibt es außerhalb der Meinung des Entwicklungshilfeministers jemanden in den Häusern, der glaubt, dass es zehntausendfachen Sozialmissbrauch durch Mehrfachidentitäten gibt?

WESTHOFF: Ich kann dazu ergänzend etwas sagen, auch wenn das, was die Zahlen betrifft, nicht sehr viel erhellender als das, was bisher gesagt worden ist, sein wird. Das Bundesarbeitsministerium hat zwar für die Bundesregierung sozusagen die Hoheit über die Administration des Asylbewerberleistungsgesetzes wir legen die Leistungshöhe mit fest, was allgemein bekannt ist; wir sind sozusagen für die Konzeption dessen zuständig, was an Leistungen dort fließt, und es ist ja kein Geheimnis, dass vor dem Jahreswechsel ein Gesetz zur Anpassung/Veränderung der Höhe der Leistungen für Asylbewerber im Bundesrat gescheitert ist aber und jetzt kommt die einschränkende Äußerung die Ausführung das ist so im Sozialhilferecht , das heißt, die Auszahlung, die Administration vor Ort obliegt den Kommunen. Die Aufsicht darüber, dass das alles nach Recht und Ordnung passiert, haben die Bundesländer. Ich weiß, dass die Bundesländer dazu auch regelmäßig im Kontakt stehen.

Wie sieht es in der Praxis mit der Auszahlung der Leistungen, mit der Beantragung der Leistungen aus? Man müsste tatsächlich jetzt auf Bundesländerebene nachfragen, welche Erkenntnisse sie darüber haben, dass es in den einzelnen Bundesländern Probleme gibt, ob Mehrfachbezüge von Sozialleistungen in dem Fall Asylbewerberleistungen vorgekommen sind. Ich weiß aus der letzten Woche, dass es in Braunschweig in Niedersachsen Aufschlüsse darüber gab. Dort ermittelt im Moment eine Soko in Bezug auf geschäftsmäßigen Betrug in dem Bereich. Allerdings scheinen das alles Fälle zu sein, die wirklich eher in der Vergangenheit liegen. Die sind jetzt aufgeflogen oder werden schon seit Längerem bearbeitet. Ich meine, gehört zu haben, dass es in den Bundesländern unterschiedliche Häufungen von Fällen gegeben hat. Ich kann dazu aber nicht weiter Stellung nehmen, weil ich nicht aus erster Hand weiß, wo das vorgefallen ist. In Bezug auf Braunschweig hat man es ja in der letzten Woche lesen können.

FRAGE HELLER: Ich habe immer noch nicht verstanden insbesondere aus den Ausführungen von Ihnen, Herr Plate , wie es kommen kann, dass ein Flüchtling mit 14 Identitäten durch die Republik reist, der ja mehrfach möglicherweise Fingerabdrücke hinterlassen bzw. abgegeben hat, die aber offenbar, wenn ich Sie richtig verstehe, nicht immer zwischen den Behörden abgeglichen worden sind. Oder habe ich da etwas völlig falsch verstanden?

Mich interessiert zum Zweiten, Herr Streiter, die Frage, was denn die Bundeskanzlerin von diesem Vorschlag eines „atmenden Deckels“ für den Flüchtlingsstrom hält, um den Streit um die Obergrenze zu befrieden?

SRS STREITER: Um Herrn Plate vielleicht eine kleine Pause zu gönnen, kann ich Ihre zweite Frage ganz schnell nicht beantworten. Das befindet sich in der parteipolitischen Diskussion.

DR. PLATE: Vielleicht zu den Fragen, die sich an mich richten: Ich bin ein bisschen überrascht, dass Sie meinen Ausführungen Aussagen zum Fall Amri entnehmen, weil ich, ehrlich gesagt, weder danach gefragt worden bin es sei denn, mein Gedächtnis trügt mich noch dazu geantwortet habe. Insofern ist es kein Wunder, dass Sie meinen bisherigen Ausführungen keine Ausführungen zum Fall Amri entnehmen können, weil ich sie schlicht und einfach nicht gemacht habe.

Ganz grundsätzlich ist es so, dass es dabei auch, ehrlich gesagt, bleibt. Erstens: laufendes Ermittlungsverfahren. Zweitens, wie schon mehrfach angekündigt: Auswertung dieses Falles wird folgen, was auch der Minister schon angekündigt hat, und zwar sorgfältig und in der gebotenen Tiefe.
Richtig ist aber Folgendes, was man, glaube ich, allgemein sagen kann: Nicht jeder Person, die mit mehreren Identitäten in Deutschland auftritt, gelingt es deswegen auch schon, damit Behörden oder Ähnliches hinter das Licht zu führen, wenn ich das sagen darf. Es ist sehr häufig so, dass der Polizei eine Person bekannt ist, über die ihr auch bekannt ist, dass sie mit mehreren Identitäten auftritt und dass trotzdem all diese Identitäten zu ein und derselben Person gehören. Dann wird eine Akte angelegt, in der eine sogenannte Führungspersonalie bestimmt wird. Man entscheidet sich also: Wir führen jetzt die Akte unter den Namen X. Dort steht natürlich auch drin: Herr X tritt auch häufig unter den Personalien A, B, C, D, E, F, G, H, I und gegebenenfalls J auf. Das mag man sozusagen als beunruhigend empfinden. Das ist aber sehr häufig den Behörden durchaus bekannt.

Richtig ist, dass es jedenfalls im ausländerrechtlichen Bereich eine Straftat ist, über die eigene Identität zu täuschen. Wir halten es für richtig, dass die Behörden, die von einer solchen Straftat Notiz nehmen, dies auch zur Anzeige bringen. Das ist in den 90er-Paragrafen des Aufenthaltsgesetzes geregelt; wenn Sie es genau wissen wollen, müsste ich das ganz kurz nachschauen. Das ist eine Straftat. Darüber hinaus habe ich schon viel zum Datenaustauschverbesserungsgesetz gesagt.

Vielleicht folgender allgemeiner Fall, damit man sich das ein bisschen vorstellen kann: Es gibt einen ausländischen Mitbürger, der sich unter einem Namen als Asylsuchender meldet. Dann ist es nach dem Datenaustauschverbesserungsgesetz so: Er geht zu der zuständigen Stelle, gibt dort seinen Fingerabdruck ab. In dem Moment erfolgt ein Abgleich, ob bei einer anderen am Verfahren beteiligten Behörde eine Person einen solchen Fingerabdruck schon abgegeben hat. Möglichkeit eins: Dann bekommt diese Person keinen neuen Ankunftsnachweis, weil sie zum Beispiel schon einen hat, und zwar unter der anderen Personalie. Idealerweise wäre es dann so, dass eine Strafanzeige erfolgen würde, weil die Person jedenfalls in einem dieser beiden Fälle, nämlich entweder im ersten oder im zweiten Jahr, über ihre tatsächliche Identität getäuscht hätte.

Möglichkeit zwei: Kein Treffer, weil der Fingerabdruck noch nie abgegeben worden ist. Dann würde zum Beispiel, wenn es um ein Asylgesuch geht, ein Ankunftsnachweis in Klammern: erstmalig ausgestellt. Wenn die Person woanders hingeht und noch einmal versucht, einen Ankunftsnachweis zu bekommen, um zum Beispiel einen weiteren Asylantrag zu stellen oder Asylbewerberleistungen etc. zu bekommen, würde wieder ein Fingerabdruckabgleich erfolgen und dann, seitdem das Datenaustauschverbesserungsgesetzes seine operative Wirkung voll entfaltet, würde in dem Moment auffallen: Hat schon einen Ankunftsnachweis bekommen usw.

Das wäre meine Antwort auf Ihre Frage.

FRAGE LÜCKOFF: Herr Dr. Plate, ich würde gerne ganz allgemein zu den Nachregistrierungen fragen, weil in der Tat ja immer wieder die Forderungen danach aufkamen, auch jetzt wieder von Herrn Müller, der sagte, eine rückwirkende Neukontrolle aller eingereisten Flüchtlinge sei nötig. Ich erinnere mich, dass auch Herr Bouillon das Ende November/Dezember schon einmal gefordert hat, weil angeblich Zehntausende im Land seien, von denen man nicht wisse, wer sie sind. Sie sagen, die Nachregistrierungen sind abgeschlossen. Heißt das, dass Sie eine solche rückwirkende Neukontrolle aller eingereisten Flüchtlinge nicht für nötig erachten? Wäre das überhaupt machbar?

DR. PLATE: Ob das machbar wäre oder nicht, ist aus meiner Sicht im Moment eine hypothetische Frage. Es ist natürlich so, dass wir schon begonnen haben, uns alle Ereignisse der letzten Monate anzuschauen und diese auch weiter genau anschauen. Was den Fall Amri angeht, ist das ja, wie Sie wissen, in Arbeit.

Natürlich muss man gegebenenfalls, wenn Erkenntnisse darauf hindeuten, dass es in den Bereichen, die auch Herr Müller angesprochen hat, Defizite gibt, mit allen Beteiligten, aber vor allen Dingen mit den Ländern und den sonstigen Verantwortlichen schauen, ob es Instrumente gibt, die geeignet sind, solche Defizite zu beheben. Ob das aber eine solche pauschale Nachregistrierung sein kann oder ob dort andere zielgerichtetere Instrumente, falls überhaupt erforderlich, eine sinnvollere Maßnahme sein können, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend sagen. Das hängt ein bisschen von den Aufarbeitungen des Falles Amri und weiter Fälle ab. Aktuell ist so etwas aber jedenfalls noch nicht geplant.

ZUSATZFRAGE LÜCKOFF: Ist die Aussage, dass Zehntausende im Land seien, von denen man nicht wisse, wer sie sind, nachvollziehbar?

DR. PLATE: Das möchte ich nicht bewerten. Ich weiß nicht, von wem die Äußerung kommt.

ZUSATZ LÜCKOFF: Von Herrn Bouillon.

DR. PLATE: Ich sage es einmal so: Das bezieht sich eigentlich auf das, was ich gerade schon gesagt habe. Wer ein Interesse hatte, mit deutschen Behörden in Kontakt zu treten sei es zum Zwecke der Stellung eines Asylantrags, sei es zum Zwecke der Beantragung von Sozialleistungen , der ist, wie schon gesagt, registriert. Wenn jemand das nicht getan hat, weil möglicherweise kein Interesse bestand, Leistungen zu beziehen, weil kein Interesse bestand, einen Schutzantrag zu stellen, dann muss man sagen, dass es solche Personen gibt. Das ist keine Frage. Aber eine genaue Größenordnung lässt sich diesbezüglich nicht nennen. Das liegt aber in der Natur der Sache, weil sozusagen eine Schätzung über die Größenordnung dessen, was man nicht wissen kann, immer eine schwierige Schätzung ist, die auch an Grenzen der Seriosität stoßen müsste. Deswegen werden Sie die von mir hier nicht hören können.

FRAGE SCHINDLER: Herr Dr. Plate, es trifft leider schon wieder Sie. Zwei kurze Fragen an das BMI direkt anschließend daran: Gibt es aktuell Gefährder, von denen die Behörden wissen, dass sie, ähnlich wie Amri, etliche Asylanträge gestellt haben und mit verschiedenen Identitäten durch Deutschland reisen?

Noch einmal zum Stichwort Gefährder: Amri wurde ja offensichtlich auf dieser Gefährderliste ein- und wieder ausgestuft. Könnten Sie noch einmal für alle verständlich erklären, wie dieses Prozedere zwischen Bund und Ländern bei dieser Ein- und Ausstufung vonstattengeht?

DR. PLATE: Ich muss Sie, ehrlich gesagt, hinsichtlich beider Fragen, die Sie haben, vielleicht ein bisschen enttäuschen.

Zu operativ in Bearbeitung befindlichen Details betreffend einzelne Gefährder kann ich Ihnen hier, ehrlich gesagt, keinen Vortrag „unter eins“ anbieten, da bitte ich um Nachsicht; das werden Sie von mir hier nicht bekommen. Hinzu kommt, dass die Gefährder eben zum Teil im Bund und zum Teil in den Ländern geführt werden. Über Gefährder, die bei den Ländern geführt werden, kann ich hier per se als Bund nicht sprechen.

Hinsichtlich der Frage, wie die Übergabe zwischen Bund und Ländern genau im Einzelnen operativ erfolgt, müsste ich mich, ehrlich gesagt, noch einmal schlau machen; dazu kann ich Ihnen hier jetzt keine Details nennen.

FRAGE JORDANS: Herr Dr. Plate, Sie haben gerade gesagt, dass es nicht so ungewöhnlich sei, dass den Behörden Personen unter multiplen Identitäten bekannt sind. Haben Sie dazu irgendwelche Zahlen? Sind das Dutzende, Tausende oder mehr?

Sie sagten, ein solches Vorgehen sei strafbar. Hat es aufenthaltsrechtliche Konsequenzen, wenn man wegen so etwas verurteilt wird? Kann man dann ausgewiesen werden?

DR. PLATE: Zu Ihrer ersten Frage: Die Antwort ist Nein, und zwar schon allein deswegen, weil ich bekanntlich für das Bundesinnenministerium und nicht für alle Behörden der Republik spreche.

Die zweite Frage hat das aufenthaltsrechtliche Konsequenzen? ist relativ pauschal gestellt. Das Ausweisungsrecht führt ja noch lange nicht dazu, dass jemand außer Landes kommt; das ist ja nur, wie man rechtstechnisch sagt, die Grundverfügung. Dadurch wird also die Ausreisepflicht hergestellt, deren Vollzug dann zum Beispiel die Abschiebung sein kann. Das Ausweisungsrecht hat relativ hohe Hürden obwohl die mehrfach gesenkt worden sind. Das würde sicherlich nicht pauschal zu einer Ausweisung führen. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, dass jemand, der in seinem Heimatland verfolgt ist, möglicherweise aus Angst verschiedene Angaben über Identitäten macht. Der mag deswegen strafbar sein; ob er aber deswegen gleich in das Land, in dem er verfolgt wird, zurückgeschickt wird, ist sicherlich eine Frage, die man sich noch einmal gesondert vornehmen muss. Das geltende Recht sieht das jedenfalls wegen einer solchen Straftat, zu der dann keine weitere hinzukommt, nicht vor.

FRAGE STEINER: Herr Plate, nur damit ich es richtig verstehe, was die Identitätsfeststellung angeht: Es ist so, dass, wenn jemand seinen Fingerabdruck abgibt und dabei eine Identität bekanntgibt, dann mit dieser Identität weitergearbeitet wird, und eine Überprüfung der tatsächlichen Identität ist eingeschränkt möglich nur bei ebenjenen, die eingereist sind, richtig?

DR. PLATE: So ist es, genau „ist eingeschränkt möglich“ trifft es eigentlich ziemlich genau. Das hängt ja zum Beispiel auch davon ab, ob man Papiere dabei hat, und wenn ja, welche. Gerade wenn man keine Papiere dabei hat, gibt es gar keine andere Möglichkeit als jedenfalls zunächst, im ersten Zugriff, mit der angegeben Identität, also dem angegebenen Namen weiterzuarbeiten. Das schließt natürlich nicht aus, dass sich im weiteren Verfahrensverlauf zum Beispiel im Rahmen der asylverfahrensrechtlichen Anhörung Details herausstellen, aus denen sich ergibt, dass die Identität entweder zutrifft oder nicht. Aber genau das ist ja auch der Grund dafür, dass es solche Verfahren gibt.

FRAGE: Herr Plate, zum Thema Gefährder: Der Innenminister hat ja, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, angekündigt, mit dem Kollegen Maas gleich Anfang des Jahres zu bereden, wie es da weitergeht. Redet er auch darüber oder hat das schon stattgefunden , wie man denn mit den gut 500 Gefährdern umgeht, ob zum Beispiel die Haftgründe heruntergesetzt werden und man sie früher in Haft nehmen kann? Ist zum Beispiel vorstellbar, dass schon ein Aufruf zum „Heiligen Krieg“ oder so etwas als Haftgrund reicht? Gibt es da schon Ideen oder Vorstellungen?

DR. PLATE: Der Sachstand ist weiter der gleiche: Das Gespräch soll in der Tat jetzt, gleich zu Beginn des Jahres stattfinden. Daraus hören Sie schon, dass das noch nicht stattgefunden hat, aber in Kürze stattfinden wird. Ich bitte um Nachsicht, dass ich genaue Termine nicht nenne. Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass Sie dann im Nachgang auch Informationen von den beiden Häusern über mögliche Gesprächsinhalte oder Ergebnisse erhalten werden, aber wie das so mit Gesprächen eben ist: Über Inhalte kann man besser hinterher als vorher berichten, und so wird das auch in diesem Falle sein.

ZUSATZFRAGE: Auch nicht über das Thema „Haftgründe herabsetzen“?

DR. PLATE: Ich glaube, beide Minister haben sich in Zitaten gegenüber der Presse relativ deutlich dazu geäußert, über welche Themen sie auf jeden Fall reden werden. Darauf würde ich, ehrlich gesagt, verweisen wollen.

FRAGE HELLER: An das Bundeswirtschaftsministerium: Sie haben sicherlich das Vorgehen des künftigen US-Präsidenten im Falle Toyota mit der Androhung von Importzöllen verfolgt. Nun gibt es ja viele deutsche Hersteller, die auch auf dem US-Markt tätig sind und auch Werke in Mittel- und Südamerika unterhalten, die auf den US-Markt abzielen. Stellt sich die Bundesregierung darauf ein, ähnliche Schwierigkeiten wie Toyota zu bekommen, und gibt es in der Bundesregierung schon so etwas wie eine Handlungsoption, wie man auf die Androhung von Strafzöllen, von Importzöllen durch ein anderes Land wie die USA regieren würde?

DUBEL: Vielen Dank für die Frage, Herr Heller. Zu diesem konkreten Vorgang kann ich jetzt nichts sagen. Wie Sie wissen, ist die Regierungsbildung in den USA noch nicht abgeschlossen. Deswegen müssen wir diese abwarten, und erst dann können wir uns auch im Detail dazu äußern. Da gibt es jetzt keine konkreten Planungen.

ZUSATZFRAGE HELLER: Gibt es unabhängig vom Falle USA denn eine generelle Position der Bundesregierung, wie man auf neue Importzölle reagiert?

DUBEL: Dazu kann ich mich momentan nicht äußern; da müsste ich noch einmal nachhaken.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, hat die Bundesregierung bzw. hat das Auswärtige Amt mittlerweile fruchtbare Kontakte zur baldigen Trump-Administration? Wenn ja: Wie sehen die aus?

VORS. MAIER: Das Thema war gerade eigentlich Toyota wollen Sie darauf jetzt antworten?

DUBEL: Wie gesagt, ich kann mich zu dem konkreten Fall nicht äußern.

DR. SCHÄFER: Vertreter der Bundesregierung sind das haben Sie ja zum Teil vielleicht auch schon den Medien in den letzten Wochen entnommen tatsächlich in Washington gewesen, um erste Kontakte mit der Trump-Administration zu knüpfen. Das sind nicht nur Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, sondern auch an anderen Stellen der Bundesregierung, aber ich beschränke mich vielleicht auf Gespräche, die der Leiter unseres Planungsstabes und unser politischer Direktor vor einiger Zeit in Washington geführt haben. Ich glaube, einer der Kollegen wird auch in den nächsten Tagen noch einmal nach Washington fahren, um die ersten Gesprächskontakte zu vertiefen.

Es bleibt letztlich dabei: Ja, es gibt erste Gesprächskontakte, Herr Jung, aber ein richtig klares, kohärentes und umfassendes Bild dessen, was eine neue Trump-Administration in der Außen- und Sicherheitspolitik mit sich und der Welt anfangen will, ist dabei auch noch nicht entstanden. Das hat zum einen damit zu tun und das ist auch ganz richtig und ganz normal so , dass sich Vertreter der neuen Administration noch in Anhörungsverfahren befinden; das gilt für den Außenminister und das gilt auch für einige andere politische Persönlichkeiten, die ja erst noch förmlich ernannt werden müssen.

Über alle anderen Gründe kann ich genau wie Sie oder die Öffentlichkeit insgesamt auch nur spekulieren. Es gibt eine ganze Reihe von für uns, für Europa, für Deutschland wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Politikfeldern ich nenne einmal nur ein paar: Syrien, die NATO, der Umgang mit der Krise im Nahen und Mittleren Osten, die Beziehungen zu Russland, die Ukraine-Krise; das ist keine abschließende Liste , bei denen wir noch keinen vollständigen Blick darauf haben, wie sich eine neue Administration unter Präsident Donald Trump dazu positionieren wird.

FRAGE JOLKVER: An das Bundeswirtschaftsministerium: Es gibt jetzt neue Daten vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung zu den Folgen der Sanktionen in den bilateralen Beziehungen zwischen Russland und der EU, die auch die Daten für Deutschland in 2015 beinhalten. Und zwar rechnet das Institut aus, dass sich der Schaden, der durch die Sanktionen für Deutschland entsteht, im Jahr 2015 auf etwas über 6 Milliarden Euro belaufe und etwa 100 000 Arbeitsplätze genauer gesagt 97 000 verlorengingen. Hat Ihr Amt eigene Berechnungen dazu, und für wie realistisch halten Sie diese?

DUBEL: Wir haben dazu keine eigenen Berechnungen, und die Berechnungen externer Institute kann ich auch nicht kommentieren.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Hat das Arbeitsministerium eventuell Daten zum Arbeitsplatzverlust durch die Sanktionen?

WESTHOFF: Nein, solche Berechnungen führen wir nicht durch. Die lägen, wenn sie denn durchgeführt würden, sicherlich auch nicht in erster Linie bei uns. Wir haben dazu keine eigenen Daten, und ich weiß auch nicht um die Qualität der Aufschlüsse, die es da aus Österreich gibt. Ehrlich gesagt: Ich kann die Qualität nicht einschätzen, und mir ist auch nicht bekannt, dass es in Deutschland Untersuchungen gäbe, die das auf Heller und Pfennig oder auf den Arbeitsplatz genau ausrechnen. Ich würde solche Zahlen auch mit Vorsicht genießen.

FRAGE: An das BMI: Ist es richtig, Herr Dr. Plate, dass, als es um die Einschätzung von Anis Amri ging, im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum im vergangenen Jahr diskutiert wurde, ihn nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes also eine sofortige Abschiebeanordnung zu behandeln, und dass das dann verworfen wurde? Wie ist dieses Instrument im Zusammenhang zu erklären? Wurde es schon einmal genutzt, und ist es möglich, jemanden damit zu belegen, selbst wenn das entsprechende Land ihn nicht sofort zurücknimmt?

DR. PLATE: Vielleicht zum ersten Teil: Details zu den konkret laufenden Ermittlungen, zu denen das natürlich alles gehört, werden Sie von mir nicht hören. Ich glaube, ich habe das hier schon sehr oft begründet, und würde deshalb auf eine weitere Begründung verzichten.

Richtig ist das ist die allgemeinere Frage , dass § 58a zwei Alternativen hat. Da gibt es den Absatz 1, laut dem eine oberste Landesbehörde so etwas anordnen kann, und laut Absatz 2 kann das BMI so etwas unter bestimmten Voraussetzungen an sich ziehen. Zu Absatz 1 kann ich naturgemäß keine abschließenden Angaben machen, weil die Länder nicht in dem Sinne berichtspflichtig sind, ob sie so etwas schon einmal gemacht haben. Im BMI ist jedenfalls kein solcher Fall bekannt. Hinsichtlich § 58a Abs. 2, der das BMI selber betrifft, kann ich definitiv sagen, dass kein solcher Fall bekannt ist.

ZUSATZFRAGE: Das Ganze wurde ja so die Medienberichte im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum diskutiert. Wann hat sich dieses Gremium oder diese Institution zuletzt mit dem späteren Attentäter Anis Amri beschäftigt?

DR. PLATE: Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt vielleicht wiederhole, aber vielleicht habe ich mich auch nicht deutlich genug geäußert: Fragen, die das konkrete Ermittlungsverfahren betreffen und ich kann nicht sehen, wieso das bei dieser Frage plötzlich nicht so sein soll, obwohl es eigentlich die gleiche Frage ist, die sie gerade als erstes gestellt haben , kann ich hier zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten.

FRAGE JORDANS: Herr Dr. Schäfer, in New York strengen Nachkommen der Herero und Nama aus Namibia eine Zivilklage gegen die Bundesrepublik an, weil sie sich von Verhandlungen zwischen den Regierungen ausgeschlossen fühlen und befürchten, von möglichen Reparationszahlungen nichts abzukommen. Hat die Bundesregierung dazu eine Stellungnahme, und was hat man bisher an Wiedergutmachung oder ähnlichen Zahlungen an Namibia geleistet?

DR. SCHÄFER: Ich habe, genau wie Sie, die Agenturmeldungen gesehen, die seit gestern Abend über das Ereignis, von dem Sie berichten, Nachricht geben. Wir haben derzeit gestern Abend ist ja erst ein paar Stunden her keine eigenen Erkenntnisse dazu, ob es zutrifft, dass es eine solche Klage gibt. Es gibt jedenfalls nichts, was in unsere Sphäre zugestellt worden wäre oder so etwas. Deshalb sind wir darauf angewiesen, zunächst einmal das zu glauben, was da in den Agenturmeldungen berichtet wird. Mehr wissen wir auch nicht.

Sie wissen aber sicherlich, dass an dieser Stelle von mir und auch von Frau Chebli mehrfach zum Thema Namibia und dem Umgang mit der gemeinsamen schmerzlichen Geschichte zwischen dem Deutschen Reich und Deutsch-Südwestafrika gesprochen worden ist. Deshalb wissen Sie auch sonst wiederhole ich es gerne noch einmal , dass wir seit etwas weniger als zwei Jahren mit Namibia darüber sprechen wollen, wie wir gemeinsam mit diesem schweren Kapitel der Geschichte umgehen wollen und was wir daraus für die Zukunft machen. Herr Steinmeier hat für diesen Zweck einen Sondergesandten ernannt Herrn Ruprecht Polenz , der gemeinsam mit dem Afrikabeauftragten des Auswärtigen Amtes schon mehrfach in Namibia gewesen ist oder mit seinem Counterpart hier in Berlin gesprochen hat.

Die Verhandlungen und die Gespräche mit der namibischen Seite laufen aus unserer Sicht gut. Die Gespräche sind nicht einfach, weil das Thema, um das es geht, ein schwieriges ist; aber sie laufen auf der Grundlage von Vertrauen und gegenseitigem Verständnis für die jeweiligen Positionen. Es gibt gute Gründe dafür, weshalb wir es bewusst unterlassen haben, direkte Gespräche mit direkten Vertretern der betroffenen Volksgruppen zu führen. Wenn ich das richtig verstehe, ist es ja nicht etwa der namibische Staat, der hier geklagt hätte; denn der befindet sich, wie gesagt, in vertrauensvollen Verhandlungen mit uns. Vielmehr scheint es wenn es denn stimmt ein Vertreter, ein Häuptling der Volksgruppe der Herero zu sein, der jetzt diesen Schritt einer Class Action gegangen ist. Wir verhandeln so ist es auch mit der namibischen Seite vereinbart, und das ist für die namibische Regierung auch außerordentlich wichtig zwischen Regierungen, ohne dass wir dabei zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem Verhandlungsprozess ausschließen würden; aber unser Verhandlungspartner sind nicht die Nachfahren oder die jetzigen Anführer der Hereros, sondern ist die namibische Regierung.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Gab es schon mögliche vorhergegangene Zahlungen, oder wären die Zahlungen, die aus den Verhandlungen resultieren würden, die ersten?

DR. SCHÄFER: Namibia ist erst seit Anfang der 90er-Jahre ein unabhängiger Staat. Es war, wie Sie wissen, langen förmlich unter einem Mandat der Vereinten Nationen und de facto Teil von Apartheid-Südafrika. Seitdem es das unabhängige Namibia gibt, gibt es eine sehr enge und ich glaube, ich kann auch sagen, sehr großzügige Zusammenarbeit mit diesem jungen Staat im Südwesten Afrikas. Die Entwicklungshilfeleistungen, die Deutschland in den vergangenen 25 Jahren geleistet hat, können sich sehen lassen; dazu kann womöglich die Kollegin aus dem BMZ noch etwas beitragen. Ich glaube, dass die Entwicklungshilfeleistungen pro Kopf Namibia hat eine Einwohnerzahl von wenig mehr als zwei Millionen eines namibischen Staatsangehörigen sozusagen weltrekordverdächtig sind. Das ist auch und so ist es auch immer wieder von Vertretern der Bundesregierung in Namibia und mit namibischen Vertretern besprochen worden Ausdruck der besonderen Verantwortung, die wir angesichts der deutsch-namibischen Vergangenheit empfinden, die wir immer ernstgenommen und auch wahrgenommen haben.

Nun sind wir in einer Phase, in der wir ganz konkret darüber reden wollen, wie wir das, was während der deutschen Kolonialzeit geschehen ist, gemeinsam benennen und wie wir beschreiben, was da geschehen ist. Wir wollen und das schließt dann womöglich auch zusätzliche Geldzahlungen ein mit den Namibiern darüber reden, was wir daraus für einen gemeinsamen Weg für die Zukunft einschlagen können.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, nur zum Verständnis: Vor sieben Monaten haben Sie uns hier in der RegPK gesagt, der Verhandlungsprozess sei ziemlich weit fortgeschritten. Das hörte sich danach an, dass die Verhandlungen kurz vor dem Ende stehen. Jetzt hört sich das bei Ihnen nicht mehr so an. Habe ich das richtig verstanden?

DR. SCHÄFER: Weit fortgeschritten ist weit fortgeschritten; das war im Juni richtig, und das, was ich heute gesagt habe, ist genauso richtig.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie uns sagen, welche finanziellen Angebote die Bundesregierung Namibia gemacht hat?

DR. SCHÄFER: Die Verhandlungen finden zwischen Regierungen statt, und es gibt gute Gründe dafür, dass sie nicht auf dem öffentlichen Tablett ausgetragen werden. Da ist alles mit allem miteinander verknüpft. Ich bin mir ganz sicher, dass Sie das zum geeigneten Zeitpunkt erfahren werden, wenn wir so weit sind.

FRAGE STEINER: Herr Schäfer, Sie haben es ja gerade schon ein bisschen angedeutet: Habe ich es richtig verstanden, dass sich die Bundesregierung hinsichtlich dessen, was an den Herero und Nama geschehen ist, nach wie vor nicht zu der Begrifflichkeit „Völkermord“ durchringen kann?

DR. SCHÄFER: Es ist schade, dass Sie zwar ständiger Gast der Regierungspressekonferenz sind, aber die entscheidenden Ausführungen in dieser Regierungspressekonferenz offensichtlich versäumt haben; denn dazu gibt es ganz sicherlich auch im Protokoll nachlesbar in der Regierungspressekonferenz vom 10. Juli 2015 Aussagen des Sprechers des Auswärtigen Amtes und die sind bejahend.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, zum Thema Guantanamo: Der US-Präsident hat gesagt, dass drei Häftlinge jetzt nach Saudi-Arabien gebracht wurden. Es sind immer noch 56 Häftlinge dort. Die Bundesregierung möchte und fordert, dass Guantanamo geschlossen wird. Hat sich die US-Administration bei der Bundesregierung in den letzten Wochen oder Monaten in diesem Zusammenhang gemeldet und gebeten, ein, zwei oder 56 aufzunehmen, und ist die Bundesregierung bereit dazu?

DR. SCHÄFER: Sie haben die Haltung der Bundesregierung richtig beschrieben: Von Anfang an waren wir aus vielen und auch aus immer noch geltenden und guten Gründen dagegen, dass ein solches Lager in Guantanamo extraterritorial, mit bestimmten justiziellen Folgen nach dem amerikanischen Verfassungsrecht und Strafrecht eingerichtet worden ist. Wir haben immer wieder, in all den Kontakten, die wir mit der amerikanischen Regierung und verschiedenen Administrationen hatten, darauf hingewiesen, dass wir nicht glauben, dass das eine gute Idee ist, und dass wir uns wünschen würden, dass Guantanamo möglichst schnell als ein Ort für die Aufbewahrung von ehemaligen Kämpfern und islamistischen Gefährdern oder Terroristen nicht der richtige ist.

Es hat in den vergangenen Jahren immer wieder auch Gespräche zwischen Vertretern der Obama-Administration und der Bundesregierung darüber gegeben, ob und unter welchen Bedingungen Personen, die in Guantanamo inhaftiert sind, vielleicht auch nach Deutschland überstellt werden könnten. Mir ist aus den vergangenen Monaten, ja dem vergangenen Jahr, kein einziger solcher Fall bekannt. Das ginge ja auch gar nicht, ohne dass Sie, die Öffentlichkeit, davon Kenntnis gehabt hätten. Wir wissen aber, dass die Vereinigten Staaten von Amerika in den letzten Monaten ziemlich engagiert nach Partnern gesucht haben, die bestimmte Leute aus Guantanamo aufzunehmen bereit sind. Meistens sind das Leute, die irgendwie eine Verbindung zu diesem Land haben ob es die Staatsangehörigkeit ist oder ob es Verwandte sind oder ob es ein anderer Teil der Biografie ist. Ich glaube aber nicht, dass es in den letzten Monaten ich weiß jedenfalls nichts davon; ich habe darüber aber, ehrlich gesagt, in den letzten Monaten auch nicht mit den zuständigen Kollegen gesprochen, deshalb kann ich das nicht hundertprozentig ausschließen konkrete Gespräche über konkrete Personen mit uns, zwischen Washington und Berlin, zur Überstellung von Guantanamo-Häftlingen gegeben hätte. Falls das anders wäre ich bin mir sicher, die Kollegen hören hier zu , könnte ich das heute Nachmittag oder spätestens am Montag vielleicht ergänzen oder korrigieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die zweite Frage, die ich gestellt hatte, war: Ist die Bundesregierung bereit, jetzt noch bevor Herr Trump an die Macht kommt, der ja Guantanamo offenhalten möchte das Ding zu schließen und Gefangene aufzunehmen?

DR. SCHÄFER: So etwas geht nicht einfach so mal mit links, nach dem Motto „Sind wir bereit oder nicht bereit?“. Die Bundesregierung hat nicht ausgeschlossen, dass sie Häftlinge aus Guantanamo grundsätzlich übernehmen könnte. Aber das geht natürlich nicht ohne Voraussetzungen und Bedingungen. Es ist klar, dass eine solche Überstellung da sind wir dann bei dem Kollegen im BMI dann natürlich nicht öffentliche Sicherheit in Deutschland gefährden dürfte, und dann gelten in Deutschland die Regeln eines Rechtsstaates. Das wird dann also nicht vom Auswärtigen Amt oder von einem Minister par ordre du Mufti entschieden, sondern dann würde man sich sehr intensiv mit der Vita einer bestimmten Person beschäftigen, von der die Amerikaner sich wünschen würden, dass sie nach Deutschland überstellt werden könnte, und dann würden wir uns in concreto diese Person anschauen und uns auf der Grundlage von vielen Meinungen von zuständigen Stellen vielleicht ein Urteil dazu bilden. Aber wie gesagt ist es dazu, soweit ich weiß, in der letzten Zeit nicht gekommen.

FRAGE KREUTZMANN: Ich habe eine Frage, die sich an das Bundesfamilienministerium und das Bundesgesundheitsministerium richtet: Ist es weiter der erklärte Wille Ihrer Häuser, dass es noch im Verlauf dieser Legislaturperiode zu einer Reform der Pflegeausbildung kommt? Vielleicht könnten Sie netterweise einmal den Stand dieses Vorhabens darstellen.

GÜLDE: Vielen Dank für die Frage. Ich würde vielleicht einfach einmal anfangen. Wir halten an dem Gesetzentwurf nach wie vor fest, und wir hoffen, dass das noch in dieser Legislaturperiode durchkommt. Wie Sie wissen, befindet sich das Gesetz im parlamentarischen Verfahren. Sie haben auch mitbekommen, dass es dazu noch Diskussionsbedarf gibt. Das ist der aktuelle Stand dazu.

ZUSATZFRAGE KREUTZMANN: Können Sie nachvollziehen, dass im heutigen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ unter Zitierung von Herrn Lauterbach eine Einigung noch in dieser Legislaturperiode infrage gestellt wird?

GÜLDE: Wie gesagt, das ganze Verfahren befindet sich derzeit im Parlament. Es gibt Diskussionsbedarf, den wir auch sehen. Diesen Diskussionen kann ich jetzt leider nicht vorgreifen.

KEMPE: Ich kann das nur insoweit ergänzen, als natürlich auch wir die Diskussion sehr genau verfolgen. Aber wie der Kollege schon gesagt hat, ist es so, dass unser gemeinsamer Gesetzentwurf vom Kabinett beschlossen worden ist und sich gerade im parlamentarischen Verfahren befindet. Da ist es eben Usus, dass man auf einzelne Vorschläge, woher sie auch kommen mögen, nicht weiter eingeht oder sie bewertet. Jetzt ist eben der Bundestag am Zuge, sprich die Fraktionen, und ich kann Ihnen nicht mehr dazu sagen.

FRAGE JOLKVER: Herr Schäfer und Herr Plate, vor ziemlich genau einem Jahr ereignete sich in Berlin der berühmte „Fall Lisa“. Wie schätzen Sie beide diesen Fall jetzt rückblickend ein? War das eher ein Zufall, der von der russischen Propaganda dann ausgeschlachtet wurde, oder war das ein gezielter Versuchsballon, um nachzuforschen, wie so eine Falschmeldung in Deutschland einschlägt?

DR. PLATE: Ich habe ehrlich gesagt aus innenpolitischer Sicht keinen Beitrag zu dieser Frage zu leisten. Da bitte ich um Nachsicht.

DR. SCHÄFER: Ich erinnere mich gut an den „Fall Lisa“ und die Art und Weise, wie damit von unterschiedlicher russischer Seite umgegangen worden ist. Wir waren einigermaßen traurig, an einem bestimmten Punkt dann auch bestürzt darüber, dass sich auch das offizielle Moskau des Themas in einer Art und Weise angenommen hat, die niemals dem tatsächlichen Faktenverlauf entsprach. Der „Fall Lisa“ war nichts mehr das ist traurig genug als eine schwierige Familiengeschichte, die, soweit wir damals schon wussten und wie wir auch jetzt noch wissen , mit dem Thema, wie es dann hochgezogen worden ist, gar nichts zu tun hatte, nämlich der Bedrohung durch jugendliche Menschen aus dem Nahen oder Mittleren Osten.

Herr Jolkver, ich kann zur Motivlage derjenigen, die das Thema damals politisch hochgezogen haben, nichts sagen. Das weiß ich nicht. Ich bin froh, dass es da sehr schnell zur Aufklärung gekommen ist, und zwar mit Hilfe der sehr vernünftig, seriös und ernsthaft arbeitenden Mitarbeiter der deutschen Sicherheitskräfte in diesem Fall des Landes Berlin. Dadurch konnte, wenn es denn ein solches Motiv gegeben hat, wie Sie es unterstellen, Herr Jolkver, was ich nicht weiß, das jedenfalls schnell entlarvt werden. Dann ist die Geschichte auch in wenigen Tagen in sich zusammengefallen.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Trotzdem, Herr Plate: Ist denn Ihr Amt für den Fall vorbereitet, dass eine solche Art von Geschichten oder solche „Fake News“ im Wahlkampf plötzlich hochkochen? Was würde das Bundesinnenministerium konkret in diesem Fall unternehmen?

DR. PLATE: Zum Thema „Fake News“ habe ich in jüngerer Zeit bereits in mehreren Regierungspressekonferenzen gesprochen. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

FRAGE STEINER: Nur der Vollständigkeit halber: Herr Schäfer, Herr Plate, jenseits des „Falls Lisa“ ist aber nichts annähernd Vergleichbares in Ihren Beritten aufgetaucht, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Ist das richtig?

DR. PLATE: Mit der Frage der Vergleichbarkeit tue ich mich, ehrlich gesagt, ein bisschen schwer. Denn das ist fast dazu verdammt, am Ende immer ein Äpfel-mit-Birnen-Vergleich zu sein. Aber da ist jedenfalls nichts das wissen Sie vielleicht besser als ich , was eine vergleichbare mediale Aufmerksamkeit erreicht hätte.

DR. SCHÄFER: Es hat ja Sie werden sich vielleicht daran erinnern; ich erinnere mich gut daran auch in anderen Fragen des Umgangs mit objektiven Tatsachen, mit Wahrheit oder Nicht-Wahrheit, den einen oder anderen kleineren Schlagabtausch gegeben. Wir bemühen uns darum, sehr aufmerksam zu verfolgen, was nicht nur, aber auch, oder vielleicht besonders in Moskau über die Verhältnisse in Deutschland gesagt wird, über die Art und Weise, wie die Bundesregierung sich positioniert. Immer dann, wenn wir das Gefühl haben, dass da ein wenig über die Stränge geschlagen wird oder es mit den Fakten nicht so ernst genommen wird, versuchen wir das in geeigneter Weise aufzunehmen.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, nur zum Verständnis, wie Sie diese Geschichte jetzt ein Jahr später sehen: Die Russen haben sich das Ding ausgedacht und haben darüber berichtet? Mein Stand war: Es gab erst Berichte. Die Polizei hat im Nachhinein nicht ganz korrekte Angaben zum Fall gemacht, worüber die Russen die Russen in Anführungszeichen dann berichtet haben.

Ich höre das jetzt ein bisschen so heraus, als ob die Russen sich das ganze Ding ausgedacht haben.

DR. SCHÄFER: Wir brauchen das jetzt nicht alles im Detail zu rekapitulieren. Ich glaube, es war eher so, dass in russischen Medien gemachte Aussagen von eher entfernteren Verwandten der jungen Lisa in einer Weise hochgeputscht worden sind, die von vornherein nie den Fakten entsprachen, und weiter betrieben wurden, als klar war, dass sie nicht mehr den Fakten entsprechen konnten. Soweit vielleicht erst einmal.

Und dass es damals mindestens ein nach Zusammenwirken aussehendes Verhalten von Vertretern der russischen Medien und von russischen Offiziellen in Berlin und in Moskau gegeben hat, kann, glaube ich, niemand bestreiten.

FRAGE JUNG: An das Entwicklungsministerium zum sogenannten Marshall-Plan, den Herr Müller plant. Er hat ihn ja angekündigt. Mich würde interessieren, welche Ressorts an der Ausarbeitung beteiligt sind und aus welchen Ressorts das Geld dafür kommen soll.

MÄNZ: Herr Jung, noch hat der Minister diesen Marshall-Plan zwar in Grundzügen angedeutet, aber noch nicht offiziell vorgelegt. Das wird erst Mitte des Monats der Fall sein. Bis dahin würde ich Sie noch um Geduld bitten. Er hat Eckpunkte benannt, dass es zum Beispiel um eine ganz neue Dimension der Zusammenarbeit mit Afrika gehen soll, dass zum Beispiel mehr private Investitionen für Afrika zur Verfügung stehen und die Themen Bildung und Ausbildung in den Vordergrund gerückt werden sollen.

Aber im Detail möchte ich Sie da noch um Geduld bitten. Wie gesagt: Mitte des Monats wird er diesen Plan offiziell vorstellen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Trotzdem können Sie uns ja verraten, welche Ressorts an der Ausarbeitung beteiligt sind. Am damaligen amerikanischen Marshall-Plan war ja das Besondere, dass er aus Krediten, Rohstoffen, Lebensmittel und Waren bestand. Das habe ich bei Ihnen jetzt nicht herausgehört. Ist das eine andere Art von Marshall-Plan? Meinen Sie etwas anderes?

MÄNZ: Bitte verstehen Sie den Begriff Marshall-Plan nicht eins zu eins als Kopie oder Umsetzung oder Analogie zu dem, was der damalige Marshall-Plan für Deutschland beinhaltete. Es ist eine symbolhafte Bezeichnung. So sollten sie sie, glaube ich, verstehen, aber es ist sicherlich keine Eins-zu-Eins-Analogie. Das wäre ja auch vollkommen unangemessen in dem Fall.

ZUSATZFRAGE JUNG: Und die Ressorts?

MÄNZ: Das ist ein Plan des Entwicklungsministeriums, der auch mit der Zivilgesellschaft und mit afrikanischen Vertretern diskutiert wurde und auch weiter diskutiert wird. Für alle anderen Detailfragen, wie gesagt, möchte ich Sie bitten, sich bis Mitte des Monats zu gedulden.

DR. SCHÄFER: Zu Guantanamo, nur weil Sie gefragt haben: Es ist genau so, wie ich sage. Es gibt keine jüngeren Anfragen der amerikanischen Seite. Aus der Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage von Mitte Dezember kann ich hier sagen, dass Deutschland nicht diese Bundesregierung, sondern die Vorgänger-Bundesregierung seit 2006 drei Häftlinge von Guantánamo in Deutschland aufgenommen hat.

FRAGE HELLER: Ich wollte kurz das Verkehrsministerium fragen, ob sich aus der Studie zum Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen und Lkws, über die wir heute lesen können, irgendein konkreter Handlungsbedarf für Sie ergibt oder ob dieser Handlungsbedarf möglicherweise bereits mit einer Änderung der Messverfahren eingeleitet worden ist?

FRIEDRICH: Ich gehe davon aus, dass Sie die ICCT-Studie meinen, die heute in der Presse genannt worden ist. Dazu würde ich noch einmal kurz ergänzen wollen. Die ICCT-Studie bzw. die Messdaten aus dieser Studie liegen dem BMVI leider nicht vor. Das heißt, die Ergebnisse in dieser Studie können wir ohne die Prüfung der Messdaten, die dort genannt werden, nicht kommentieren.

Aber Sie haben vollkommen Recht: Der Minister arbeitet schon seit einiger Zeit daran, die Messmethoden zu verbessern. Stichwörter sind da zum Beispiel das Thema RDE oder die Änderung an Artikel 5 der Verordnung Nr. 715/2007.

Dazu kann ich noch einmal etwas sagen: RDE Deutschland arbeitet ja bereits seit 2011 auf europäischer Ebene für die Einführung der sogenannten Real Driving Emission Tests. Also das sind die sogenannten Realwertmessungen auf der Straße. Die EU-Staaten haben sich auf Initiative von Deutschland auf die Details im Prüfverfahren geeinigt. Das europäische Parlament hat das inzwischen beschlossen, sodass die Regelungen für die ergänzenden RDE im September 2017, also bereits in diesem Jahr, EU-weit in Kraft treten werden.

Zum Thema Artikel 5 der Verordnung Nr. 715/2007 ist es so das hatte ich eben auch noch einmal genannt , dass die Richtlinie selbst dahingehend geändert werden sollte, dass der Stand der Technik als Maßstab festgelegt wird und damit die Ausnahmen, die durch Motorschutzgründe begründet werden, massiv eingeschränkt werden. Dazu hat sich der Minister schon mehrfach geäußert. Er hat u. a. die EU-Kommission aufgefordert, Vorschläge dazu vorzulegen.

Letztlich hat der Minister auch noch einmal den Vorschlag einer Selbstverpflichtung für die Automobil-Konzerne gemacht, und zwar zwischen den Jahren. Da war das, wenn ich mich richtig erinnere, auch schon einmal Thema in der RegPK. Da ging es darum, dass, solange diese gesetzlichen Neuregelungen auf europäischer Ebene noch nicht umgesetzt sind, die Automobilkonzerne eine freiwillige Selbstverpflichtung eingehen sollten. Dabei geht es darum, dass die Fahrzeuge, wie gesagt, nicht nur unter Laborbedingungen getestet werden, sondern auch im richtigen Straßenverkehr. Der Vorschlag war, dass man beispielsweise auf einer definierten Strecke von hundert Kilometern die Tests durchführen könnte und der Streckenanteil innerorts wie außerorts liegen sollte.

ZUSATZFRAGE HELLER: Dazu nur kurz gefragt: Hat es da schon eine Reaktion der betroffenen Industrie gegeben? Haben Sie schon positive Signale erhalten, dass man dem Wunsch des Ministers nachkommt?

FRIEDRICH: Da ist mir noch nichts bekannt. Aber da könnten wir gegebenenfalls etwas nachtragen.

FRAGE JUNG: An Herrn Streiter und Herrn Schäfer: Bewertet die Bundesregierung, dass allein die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer ein Anreiz zur Flucht ist?

STREITER: Ich verstehe die Frage nicht, ehrlich gesagt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die Bundesregierung hilft mit, dass Menschen auf dem Mittelmeer gerettet werden, die sich in Seenot befinden. BND-Chef Kahl hat jetzt gesagt, dass er als BND-Chef es einschätzt, dass die alleinige Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer ein Fluchtgrund ist, also ein Anreiz dazu. Ist das auch die offizielle Bewertung der Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes?

SRS STREITER: Jetzt verstehe ich Ihre Frage und kann dazu sagen, dass Herr Kahl sich auf einer Parteiveranstaltung geäußert hat und ich dazu keine Stellung nehme.

DR. SCHÄFER: Ich kann mich dem nur anschließen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie bewertet die Bundesregierung denn, dass 2016 eine neue Rekordtotenzahl auf dem Mittelmeer erreicht wurde? Erwarten Sie, dass es 2017 noch mehr werden? 5 000 sind letztes Jahr auf dem Mittelmeer gestorben. Herr Schäfer, Herr Streiter!

DR. SCHÄFER: Es ist Ausdruck unseres Interesses, dass wir uns daran beteiligen, dass die Europäische Union und die NATO sich im westlichen Mittelmeer gegen die Schlepperkriminalität einsetzen. Es sind rücksichtslose und unverantwortliche Schlepperorganisationen, die die Menschen dazu verleiten, buchstäblich ihr Leben aufs Spiel zu setzen und dann noch ihr Leben zu verlieren, weil sie überhaupt keine Verantwortung für diejenigen empfinden, die sie anstiften, so etwas zu tun. Es ist gleichzeitig Ausdruck unserer Werte und unserer Mitmenschlichkeit, dass wir Menschen in Not im westlichen Mittelmeer oder überall sonst in diesem Fall in Seenot Hilfe leisten. Das tun wir, und das tun wir aus Überzeugung.

Ich hoffe, dass die Aktivitäten, an denen wir, an denen Deutschland beteiligt ist, einen Beitrag dazu leisten, dass diese schrecklichen Vorfälle, diese vielen Toten im westlichen Mittelmeer, im Laufe dieses Jahres mindestens eingeschränkt werden können, im besten Fall aufhören. Aber wir sind da am Anfang unserer Bemühungen. Es wird nicht leichter dadurch, dass in denjenigen Ländern, von denen aus die Flüchtlinge sich auf den Weg machen, zum Beispiel in Libyen, wir es bis auf Weiteres mit de facto nicht existenten staatlichen Strukturen zu tun haben, mit denen es ungemein schwierig ist, Vereinbarungen zu treffen nicht nur sie zu treffen, sondern auch zu sehen, dass sie umgesetzt werden.

Da sind wir in einem Widerstreit von ganz vielen verschiedenen Interessen und Dilemmata und bemühen uns, unsere Werte und unsere Interessen dabei durchzusetzen und umzusetzen.

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