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Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 10. Februar 2017

Kleinwaffen für Kindersoldaten ► BPK vom 10. Februar 2017

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Empfang des französischen Premierministers, Gespräch mit dem Präsidium des Bundes der Vertriebenen, Empfang des tunesischen Ministerpräsidenten, Entgegennahme eines Valentinsgrußes einer Delegation des Zentralverbandes Gartenbau, Kabinettssitzung, Übergabe des jährlichen Gutachtens der Expertenkommission Forschung und Innovation, Netzwerkerinnentreffen der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Fraktion, Empfang des kanadischen Premierministers, Teilnahme an der Münchener Sicherheitskonferenz und Treffen mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen), Ländervorwahl für Kosovo, Medienberichte über mögliche Begegnungen von Mitgliedern der Bundesregierung mit dem Vorsitzenden der griechischen Partei Nea Dimokratia und dem griechischen Finanzminister, drittes Griechenland-Hilfspaket, möglicher Besuch der drei Maghreb-Staaten durch die Bundeskanzlerin, Bericht des ZDF über die Einschleusung russischer Agenten unter tschetschenischen Flüchtlingen, mögliche Reise der Bundeswirtschaftsministerin in die USA, abgelehnte Übernahme des US-Unternehmens Wolfspeed durch Infineon, Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung, G20-Außenministertreffen in Bonn, Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften, Bericht der Geheimdienste an das Bundeskanzleramt zum „Fall Lisa“, verstärkte militärische Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, Medienberichte über ein vermeintlich geplantes „Abwehrzentrum gegen Desinformation“, Abschiebungen nach Afghanistan, Verurteilung des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, Interviewäußerungen des Bundesfinanzministers zu Donald Trump und Martin Schulz, Todesfälle von Zeugen im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex, Treffen der Bundeskanzlerin mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Kampagne „Gut zur Umwelt. Gesund für alle.“ des Bundesumweltministeriums, geplante Neuregelung für Kindergeld von EU-Ausländern, Gefährder aus Tschetschenien

 

Naive Fragen zu:
Deutsche Waffen in den falschen Händen (ab 22:45 min)
– wie viele deutsche Offizielle kümmern sich aktuell um die Kontrolle dieser Endverbleibserklärungen? (25:40 min)
– d.h. aktuell gibt es gar keine Kontrolle?
– wenn deutsche Gewehre, die in Saudi-Arabien hergestellt werden, an Kinder gehen, können Sie da nix machen – korrekt?
– Es gibt aktuell Fabriken in Saudi-Arabien, die deutsche Gewehre herstellen. Was passiert, wenn diese Gewehre in Kinderhände geraten?

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (ab 29:45 min)
– Ich würde gerne wissen, ob die Bundesregierung eine Zunahme von Angriffen auf staatliche Repräsentanten registriert hat und ob Sie uns die entsprechenden Zahlen nennen können auch, in welchem Zeitraum das passiert ist.

Geheime BND-Infos/Desinformationen (ab 36:50 min)
– können Sie uns den neuesten Stand in Sachen „Abwehrzentrum gegen Desinformation“ geben? (41:54 min)

Abschiebungen, Abschiebungen (ab 42:33 min)
– de Maiziére hat gestern gesagt, dass Abschiebungen nach Afghanistan unverzichtbar seien. Können Sie uns erläutern, warum Abschiebungen nach Afghanistan unverzichtbar sein sollen? (ab 44:30 min)
– Herr Seibert, möchte die Bundesregierung Deutschland zu einem Abschiebeland statt einem Aufnahmeland machen?
– können Sie uns die sicherheitspolitische Einschätzung bzw. Bewertung des Auswärtigen Amtes für Afghanistan vortragen? (57:28 min)
– Wo ist es denn sicher?

Nächster toter NSU-Zeuge (ab 1:04:45 min)
– wie bewertet die Bundesregierung, dass ein weiterer NSU-Zeuge gestorben bzw. umgekommen ist? Das ist mittlerweile der sechste.

Die Bauernregeln des Umweltministeriums (ab 1:06:06 min)
– Eine kurze Lernfrage: Wer hat sich denn diese Sprüche ausgedacht? Sie im Ministerium? Eine Werbeagentur? Wenn ja, werden Sie mit dieser weiter arbeiten? (1:11:03 min)

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 10. Februar 2017:

STS SEIBERT: Meine Damen und Herren, guten Tag. Ich kann Ihnen als ersten Termin der Bundeskanzlerin ankündigen, dass die Bundeskanzlerin am Montag, den 13. Februar, den französischen Premierminister Bernard Cazeneuve im Bundeskanzleramt empfangen wird. Nach seiner Ankunft um 16 Uhr sind Pressestatements vorgesehen und dann das Gespräch der beiden Regierungschefs.

Am Montagabend wird sich die Bundeskanzlerin mit dem Präsidium des Bundes der Vertriebenen, BdV, zwischen 18 und 19 Uhr im Bundeskanzleramt zu einem internen, also nicht presseöffentlichen Gespräch treffen.

Am Dienstag kommt der Ministerpräsident aus Tunesien, Youssef Chahed. Er wird um 12.15 Uhr im Kanzleramt mit militärischen Ehren begrüßt. Im Mittelpunkt der Gespräche der beiden Regierungschefs stehen die bilateralen Beziehungen, die aktuelle Sicherheitslage in der Region, Migrationsfragen und die deutsch-tunesische Zusammenarbeit. Gegen 13.30 Uhr gibt es eine gemeinsame Pressekonferenz.

Immer noch am Dienstag um 14.45 Uhr ein kurzer Termin mit langjähriger Tradition: die Übergabe eines Valentinsgrußes an die Bundeskanzlerin durch eine Delegation des Zentralverbands Gartenbau, ein Fototermin.

Am Mittwoch um 9.30 Uhr, wie Sie es gewöhnt sind, die Sitzung des Bundeskabinetts unter Leitung der Bundeskanzlerin.

Um 11 Uhr wird die unabhängige Expertenkommission Forschung und Innovation der Kanzlerin ihr jährliches Gutachten übergeben. Es ist im Übrigen das zehnte Mal, dass ein solches Gutachten übergeben wird. Frau Bundesministerin Wanka wird ebenfalls dabei sein. Die Kommission berät die Bundesregierung in technologisch-wissenschaftlichen Zukunftsfragen. Sie erstellt also ein Gutachten, in dem sie das deutsche Forschungssystem, die Innovationsstrukturen unseres Landes analysiert, die technologische Leistungsfähigkeit, und in dem sie auch Herausforderungen benennt und Empfehlungen zu diesen aktuellen Herausforderungen gibt.

Ebenfalls am Mittwoch, von 19 bis 20 Uhr besucht die Bundeskanzlerin das Netzwerkerinnentreffen der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Fraktion. Sie hält eine kurze Rede und diskutiert mit den Teilnehmerinnen.

Am Freitag, den 17. Februar, geht es weiter. Die Bundeskanzlerin hat den kanadischen Premierminister Justin Trudeau zu Gast. Sie wird ihn mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Dann gibt es ein gemeinsames Mittagessen und gegen 13.15 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz.

Am Nachmittag des Freitags reist die Bundeskanzlerin dann zur Münchener Sicherheitskonferenz. Sie wird am Freitagabend dort zuerst mit dem neuen Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, zusammentreffen und am Samstagvormittag den Konferenztag mit einer Rede zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik um 9 Uhr eröffnen. Am Rande dieser Konferenz wird es natürlich eine Reihe von bilateralen Gesprächen geben. Darüber werden wir Sie rechtzeitig informieren.

So weit der Blick auf die Woche.

FISCHER: Ich möchte Ihnen gern etwas zu Kosovo sagen. Sie haben vielleicht mitbekommen, dass Kosovo jetzt eine eigene Ländervorwahl hat. Vor Kurzem hat die International Telecommunication Union die Vergabe der Vorwahl 00383 für Kosovo bestätigt. Diese Nummer wird nun nach und nach eingeführt.

Das mag sich für Sie zunächst wie eine Kleinigkeit anhören, aber für Kosovo ist das ein wichtiger Schritt, der weit über das Symbolische hinausgeht. Deshalb freuen wir uns gemeinsam mit den Menschen in Kosovo darüber, denen diese Vorwahl sehr wichtig war und für die sie lange Zeit eingetreten sind.

Für uns ist es auch ein gutes Zeichen für den Normalisierungsprozess zwischen Serbien und Kosovo. Denn nach den Spannungen zu Anfang des Jahres ist es mittlerweile gelungen, eine weitere Verschärfung abzuwenden. Hierfür gilt unser besonderer Dank der engagierten Vermittlung der hohen Vertreterin Federica Mogherini sowie den Bemühungen der EU-Mitgliedsstaaten.

Nun kommt es darauf an, dass sich der Normalisierungsdialog bald den wichtigen Themen der Gründung des serbischen Gemeindeverbandes und Energie zuwendet. Wir begrüßen es nachdrücklich, dass die serbischen und kosovarischen Staats- und Regierungschefs ihren Willen zur konstruktiven Fortsetzung des Dialogs im Rahmen des hochrangigen Dialogtreffens vor zwei Wochen noch einmal bekräftigt haben.

So weit von mir. Vielen Dank.

FRAGE KOUPARANIS: Herr Seibert, am Montag wird sich Frau Merkel mit dem Führer der griechischen Konservativen treffen. In welcher Eigenschaft tut sie das? Wenn sie das in ihrer Eigenschaft als Bundeskanzlerin tut, was sind die Themen?

Diese Frage würde ich auch gern Frau Tiesenhausen stellen. Denn mit Mitsotakis trifft sich am Dienstag mit Herrn Schäuble.

Stimmen Berichte, wonach sich die Bundeskanzlerin in den nächsten Tagen mit dem griechischen Finanzminister Tsakalotos treffen wird?

STS SEIBERT: Fragen nach einem solchen Treffen bitte ich Sie an die Partei zu richten.

ZUSATZ KOUPARANIS: Das habe ich getan. Aber sie wissen von nichts.

STS SEIBERT: Ich bin für ein Treffen, das die Bundeskanzlerin als Parteivorsitzende führt, leider nicht zuständig. Das ist ein Treffen mit dem Chef einer in der Europäischen Volkspartei verbundenen griechischen Partei. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

ZUSATZFRAGE KOUPARANIS: Ist bezüglich eines Treffens mit Herrn Tsakalotos, dem griechischen Finanzminister, in den nächsten Tagen irgendetwas geplant? Wissen Sie davon?

STS SEIBERT: Für die Bundeskanzlerin kann ich solche Pläne nicht berichten. Das wäre aber auch extrem ungewöhnlich, weil die Bundeskanzlerin ihre Treffen und Gespräche mit Griechenland natürlich auf der Ebene des Premierministers führt.

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Ich kann Ihnen auch nicht viel Weiterführendes sagen. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass sich Herr Schäuble auch mit Politikern trifft, die keine Regierungsämter innehaben. Dafür gibt es, wie Sie sehen, wenn Sie etwa auf unseren Twitter-Feed schauen, auch Beispiele in der jüngeren Vergangenheit. Es ist völlig normal, dass man auf Wünsche von Politikern aus anderen europäischen und anderen Staaten reagiert und Treffen möglich macht.

Themen würde ich Ihnen dazu auch nicht sagen. Das läuft ganz normal unter dem Stichwort „Austausch zu aktuellen Fragen“.

FRAGE HELLER: Ich möchte gleich beim Finanzministerium nachfragen, ob in den nächsten Tagen ein Gespräch mit Herrn Tsakalotos, also dem Amtskollegen, ansteht, zumal Herr Tsakalotos offenbar im Moment bei Reisen relativ aktiv ist.

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Davon kann ich Ihnen nicht berichten.

ZUSATZFRAGE HELLER: Zum Zweiten möchte ich zum Thema selber, also nicht zum Termin, sondern zum Thema Griechenland gern fragen: Ist Ihnen etwas davon bekannt, dass man in der Eurogruppe mit dem IWF eine Verständigung über wichtige Streitfragen gefunden hat? Ich vermute, es ging dabei insbesondere um die Vorgaben der Budgetpolitik.

Was steckt dahinter, dass Ihr Minister inzwischen wieder offen von der Möglichkeit eines Verlassens Griechenlands der Eurozone spricht? Ist das ein besonderer taktischer Kniff, um noch einmal Druck zu machen, oder ist das Thema bei ihm nach wie vor ein großes im Kopf als eine Option?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Herr Heller, ich habe die Berichte gehört und mich auch umgehört. Wir hören das auch. Derzeit läuft die Euroarbeitsgruppe in Brüssel. Dass es eine Verständigung zwischen den Institutionen das schließt in diesem Fall eben auch den Internationalen Währungsfonds ein gibt, ist erfreulich. Es hat sich ja schon abgezeichnet, dass der IWF in der letzten Zeit konstruktiv engagiert war.

Aber ich will Ihnen das auch noch einmal prozedural beschreiben. Das ist jetzt ein Stand. Eine Einigung unter den Institutionen ist ein Schritt. Es ist natürlich auch wichtig, dass es dann zu einer Verständigung zwischen den Institutionen und Griechenland kommt. Sie wissen auch, dass die „mission chiefs“, also die Vertreter der Institutionen, derzeit nicht in Griechenland sind. Sie müssten dann wieder hinfahren. Wir haben ja eine Eurogruppe nicht diesen Montag, sondern Montag in zehn Tagen. Bis dahin ist auch noch eine ganze Zeit.

Das bringt mich auch zur Antwort auf Ihre zweite Frage. Wir sind derzeit engagiert daran beteiligt, dass die zweite Programmüberprüfung in dem laufenden dritten Griechenlandprogramm zum Erfolg kommt. Darauf gehen unsere ganzen Anstrengungen. Alles, worüber sie da spekulieren, kann ich nur zurückweisen.

ZUSATZFRAGE HELLER: Ich möchte dieses Wort „spekulieren“ doch zurückweisen. Wenn sich Ihr Minister in eine bekannte Talkshow setzt und dabei durchaus im lockeren Plauderton solche Dinge mit erwähnt, dann ist das kein Spekulieren, sondern dann ist das ganz offen ein Äußern von Positionen, die den Schluss zulassen, dass diese Option im Kopf des Ministers eine Rolle spielt.

Bitte noch eine Klärung zur Frage der Einigung mit dem IWF, nur um das klarzustellen: Bezieht sich das allein auf den Prozess des zweiten Reviews und die Meinungsverschiedenheiten, die es da gab?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Das ist mein Verständnis zu Ihrer zweiten Frage.

Zu Ihrer davorgeschobenen Frage, noch einmal: Wir arbeiten daran, dass die laufende Programmüberprüfung zum Erfolg, dass dieses laufenden Griechenlandprogramm zum Erfolg wird.

FRAGE MADELIN: Herr Seibert, können Sie uns ein bisschen mehr über den Termin der Kanzlerin mit Herrn Cazeneuve am Montag sagen? Welche Themen stehen dabei an?

STS SEIBERT: Ich brauche Ihnen nicht noch einmal zu sagen, wie eng gerade Deutschland und Frankreich in diesem Prozess zusammenarbeiten, der in Europa, ausgelöst durch das britische Referendum, auf die Schiene gebracht worden ist, ein Prozess der Neubestimmung, ein Prozess der Selbstvergewisserung Europas und auch der Bestimmung künftiger Ziele. Das alles soll zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge Ende März in Rom gemeinsam öffentlich gemacht werden.

Das ist natürlich ein ganz wichtiger Teil des Gesprächs am Montag und aller Kontakte, die wir derzeit mit den französischen Partnern haben. Aber die anderen Themen, die derzeit für Europa Herausforderungen bedeuten Migration, Handel , das alles mag auch Thema des Gesprächs sein. Ich möchte dem jetzt nicht weiter vorgreifen.

Aber die große Überschrift ist sicherlich: Deutschland und Frankreich werden ihre traditionell enge Zusammenarbeit gerade auch in dieser europäischen Schlüsselphase, in der wir sind, natürlich vorantreiben.

FRAGE HELLER: Zum Gespräch mit dem tunesischen Gast: Ich meine, heute in einem Interview mit dem Bremer Bürgermeister am Rande die Äußerung gehört zu haben, dass die Kanzlerin im Rahmen des Gesprächs gestern Abend zugesagt oder versprochen habe, in die drei Maghreb-Staaten zu fliegen. Ist das schon so konkret, dass man sagen kann, wann und wo? Stimmt das überhaupt?

STS SEIBERT: Es ist nicht so konkret, dass ich Ihnen jetzt konkrete Informationen dazu geben könnte. Aber darüber würden wir Sie natürlich, wie immer, rechtzeitig informieren.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, können Sie schon irgendetwas zu Gesprächen der Kanzlerin in München sagen? Gibt es dort auch Gespräche mit Vertretern der US-Regierung?

STS SEIBERT: Ich habe gesagt, es wird noch weitere Begegnungen geben. Ich würde jetzt an dieser Stelle sagen: Es ist sehr wahrscheinlich, dass es dann auch eine Begegnung mit dem angereisten Vizepräsidenten Pence geben wird. Aber ich kann das, da es noch keine ganz festen Planungen gibt, hier noch nicht verkünden. Ich halte es jedoch für hochwahrscheinlich.

FRAGE JOLKVER: An das Innenministerium: Ich habe eine Frage zu den tschetschenischen Flüchtlingen. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat am Mittwoch im ZDF die Meinung geäußert, er könne sich nicht vorstellen, dass der Transit der Tschetschenen aus dem Kaukasus nach Europa und nach Deutschland ohne das Wissen oder sogar die Unterstützung der russischen Geheimdienste erfolge.

Gibt es Anhaltspunkte oder Hinweise, dass sich, wie es in dem Film behauptet wird, unter den tschetschenischen Flüchtlingen eine große Anzahl von Agenten des russischen Geheimdienstes befindet?

DR. PLATE: Ich kenne den konkreten Film, ehrlich gesagt, nicht. Insofern ist es schwierig, zu einer Behauptung Stellung zu nehmen, die mir nicht bekannt ist. Aber ich kann jedenfalls über Beweise, die in diese Richtung gehen würden, nicht berichten.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Gibt es denn Hinweise keine Beweise, sondern Hinweise oder Anhaltspunkte?

Gibt es Fälle, in denen die Unterlagen, die tschetschenische Flüchtlinge dem BAMF vorgelegt haben und die angeblich nachweisen, dass diese Flüchtlinge politisch verfolgt worden seien, gefälscht sind?

DR. PLATE: Das ist eine sehr detaillierte Frage, die in die operative Arbeit des BAMF hineingeht. Dazu müsste ich, ehrlich gesagt, nachhören.

FRAGE HELLER: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Es gab die Ankündigung jedenfalls wurde ein Zitat von Frau Zypries übermittelt , wonach es hieß, sie fliege nach Amerika und wolle sich dort mit Gouverneuren treffen und ihnen mehr oder weniger deutlich machen, welch schlimme Folgen es hat, wenn die angekündigte Abschottungspolitik der USA betrieben wird. Ich möchte gern wissen, wann Frau Zypries fliegt und wen sie wenn Sie schon sagt, sie habe Gouverneure im Blick treffen will. Ich weiß nicht, wie weit die konkreten Planungen sind.

DR. AUDRETSCH: Dazu sage ich gern etwas, Herr Heller. Lassen Sie mich das noch ganz kurz in den Kontext setzen. Mir ist wichtig, vorab für das Bundeswirtschaftsministerium zu sagen, dass die USA ein sehr wichtiger Handelspartner für Deutschland sind und dass wir selbstverständlich ein großes Interesse daran haben, mit den USA sehr konstruktiv zusammenzuarbeiten und diese gute, auch wirtschaftliche Zusammenarbeit in Zukunft fortzusetzen.

Frau Zypries hat dazu immer gesagt, dass wir allen Grund dazu haben, selbstbewusst in die Gespräche, die anstehen, zu gehen, dass wir ein wirtschaftlich sehr starkes Land sind, dass Europa mit dem Binnenmarkt auch ein wirtschaftlich sehr starker Kontinent ist und dass wir mit diesem Selbstbewusstsein im Rücken, die Gespräche auch führen können.

Selbstverständlich ist, dass wir, sobald der designierte US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross formal im Amt ist, die Gesprächskontakte auch zu ihm aufnehmen und uns schnellstmöglich um einen direkten Gesprächstermin mit ihm bemühen.

Darüber hinaus, da haben Sie recht, hat sich die Ministerin auch noch einmal konkreter zu der Frage einer Reise in die USA geäußert. Das kann ich vielleicht noch einmal für alle zitieren. Sie hat gesagt:

„Wir werden eine Reise in die USA machen und auch mit den Bundesstaaten in Kontakt treten. Der Gouverneur von South Carolina zum Beispiel wird kein Interesse haben, dass BMW dort Arbeitsplätze abbaut.“

Das ist, um das zu präzisieren, das Zitat, das sie mit Ausblick auf eine mögliche Reise in die USA gebracht hat. Weitere Planungen dahingehend liegen bislang nicht vor.

ZUSATZFRAGE HELLER: Mich verwundert an diesem Sätzchen die Nennung von BMW ein bisschen. Hat Frau Zypries irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür, dass BMW in der Tat mit dem Gedanken spielt, in den USA aufgrund der Unsicherheit Arbeitsplätze abzubauen?

DR. AUDRETSCH: Was Frau Zypries gesagt hat, steht im Moment für sich. Das würde ich nicht weiter kommentieren wollen. Gleiches gilt für die Frage, wie genau eine Reise von Frau Zypries aussehen könnte, welche Daten genau ins Auge gefasst werden könnten. Das alles zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Sicher ist das habe ich davor betont , dass wir selbstverständlich zur US-Administration einen sehr guten Kontakt haben und aufrechterhalten wollen und dass deswegen auch die Gesprächskontakte, die dann mit dem neuen Wirtschaftsminister aufzunehmen sind, von uns höchste Priorität haben.

FRAGE DR. DELFS: Herr Audretsch, in den USA gibt es gerade den Fall, dass der Versuch von Infineon, das amerikanische Unternehmen Wolfspeed zu kaufen, von der Aufsichtsbehörde abgelehnt wurde, und zwar auch mit der Begründung, dass dieser Deal die nationale Sicherheit bedrohen würde. Solche Vorgänge kennen wir in Deutschland ja normalerweise in Bezug auf China. Ist das ein Vorgang, der aus Ihrer Sicht neu ist, oder ist es schon öfter vorgekommen, dass die Amerikaner sagen, dass ein deutsches Unternehmen mit einem Kauf die nationale Sicherheit bedrohen könnte?

DR. AUDRETSCH: Wir haben von diesen Vorgängen auch aus der Presse erfahren und das zur Kenntnis genommen. Wir sind in diesen ganzen Verfahren nicht involviert. Insofern würde ich das an dieser Stelle auch nicht weiter kommentieren wollen; da müssten Sie sich an die entsprechenden Behörden in den USA wenden.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Aber Sie müssten doch einen Überblick haben, ob Kaufaktivitäten deutscher Unternehmen in den USA irgendwie behindert werden bzw. wie das bisher gelaufen ist. Haben Sie da irgendeinen Überblick?

DR. AUDRETSCH: Wir haben keine weiteren Erkenntnisse, die in diese Richtung deuten würden.

FRAGE LANGE: Herr Audretsch, den Zusammenhang zwischen Gouverneur und Handelspolitik, den die Ministerin da hergestellt hat, verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Gouverneure haben, wenn ich das richtig weiß, keinen Einfluss auf die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten. Was soll das dann bringen, was will die Ministerin erreichen, wenn sie mit einem Gouverneur spricht?

DR. AUDRETSCH: Sie müssen das Zitat in dem Zusammenhang sehen, in dem ich das erläutert habe: Die Ministerin ist sehr interessiert daran, gute Gesprächskontakte, gute Beziehungen in die USA zu pflegen, jetzt und auch mit der kommenden Administration. Dazu gehört natürlich, dass wir Kontakt mit der US-Administration auf Bundesebene mit dem dann in Amt befindlichen Wirtschaftsminister aufnehmen. Die Ministerin hat in diesem Zitat zusätzlich mögliche Ansatzpunkte für eine Reise beschrieben, die wir aber zum jetzigen Moment noch nicht weiter konkretisieren können.

FRAGE JESSEN: Ich frage für den Kollegen Henderson von CGTN, einem internationalen Nachrichtennetzwerk: Wird im Wirtschaftsministerium überlegt, ob es illegal sein könnte, Produktionslizenzen für Rüstungsgüter an Länder wie Saudi-Arabien zu erteilen, weil es Hinweise gibt, dass zum Beispiel im Jemen-Konflikt Kindersoldaten eingesetzt werden?

DR. AUDRETSCH: Lassen Sie mich, weil Sie mit dem Hinweis auf Kindersoldaten jetzt einen engen Bezug zu Kleinwaffen machen, vielleicht etwas zu dem gesamten Komplex sagen und an der Stelle mit ein, zwei Sätzen ausholen.

Die Bundesregierung verfolgt insgesamt eine äußerst restriktive Rüstungsexportpolitik. Sie hat in den letzten Jahren, in dieser Legislaturperiode ein Rüstungsexportregime geschaffen, das das strengste ist, das in Deutschland jemals gab. Dazu haben wir gerade im Bereich Kleinwaffen eine ganze Reihe von Neuerungen innerhalb dieses Jahres oder innerhalb dieser Legislaturperiode eingeführt.

Ich will zu Anfang vielleicht nur die Kleinwaffengrundsätze nennen, die im Frühjahr 2015 eingeführt wurden. Seitdem dürfen zur Ausfuhr in Drittländer genehmigte Waffen ohne weitere Zustimmung Deutschlands weder reexportiert noch innerhalb eines Empfängerlands weitergegeben werden, was eine Neuerung ist.

Das, worauf Sie Bezug genommen haben, also die Erteilung von Lizenzen für Fertigungslinien an Drittländer, wird nach diesen Kleinwaffengrundsätzen kategorisch nicht mehr genehmigt; so etwas wird es in Zukunft nicht mehr geben. Auch das ist eine Sache, die durch diese Bundesregierung im Frühjahr 2015 umgesetzt wurde.

Ein weiterer Punkt ist der Bereich „Neu für Alt“. Das heißt, wenn neue Rüstungsgüter im Bereich der Kleinwaffen bestellt werden, werden die ausgesondert bzw. vernichtet.

Darüber hinaus haben wir im Juli 2015 die Post-Shipment-Kontrollen eingeführt; die rechtliche Umsetzung ist dann im März 2016 passiert. Das heißt, dass in den Endverbleibserklärungen mit Empfängerstaaten und Drittländer in Zukunft zwingend festgelegt werden muss, dass Vor-Ort-Kontrollen ermöglicht werden. Auch das ist ein weiterer Punkt, mit dem wir deutlich machen, dass wir ein sehr großes Interesse daran haben und sehr viel dafür tun, dass zum Beispiel Kleinwaffen nicht in die Hände von Kindern geraten können.

FRAGE JUNG: Herr Audretsch, wie viele deutsche Offizielle kümmern sich aktuell um die Kontrolle der verschiedensten Endverbleibserklärungen, die es gibt?

DR. AUDRETSCH: Sie müssen die Einführung dieser Endverbleibskontrollen, also der Vor-Ort-Kontrollen, als einen Prozess verstehen. Die Bundesregierung hat das, wie ich es gesagt habe, im Juli 2015 eingeführt und im März 2016 rechtlich umgesetzt. Jetzt sind wir in der Phase, in der das in die Praxis kommen muss. Das heißt aber: Wenn jetzt Genehmigungen erteilt werden, die dann an bestimmten späteren Zeitpunkten kontrolliert werden, dann müssen diese Genehmigungen natürlich erst einmal umgesetzt werden. Das heißt, die Produktion muss stattfinden, die Auslieferung muss stattfinden, und dann sind Rüstungsgüter etwa Kleinwaffen im Ausland, bei denen in der Endverbleibserklärung beschrieben ist, dass es die Möglichkeit zu Kontrollen vor Ort geben muss. Sobald das in die Fläche geht, kann man natürlich auch die Vor-Ort-Kontrollen ausweiten. Bislang sind wir da in einer Pilotphase, in der wir das nun an einigen Punkten in Angriff nehmen. Wir gehen davon aus, dass in Kürze ganz konkret mit den Kontrollen vor Ort begonnen werden kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das heißt, aktuell gibt es gar keine Kontrolle der deutschen Endverbleibserklärungen?

DR. AUDRETSCH: Was die Vor-Ort-Kontrolle angeht, ist es so, wie ich es gerade beschrieben habe. Zusätzlich ist es aber selbstverständlich so, dass es in den Endverbleibserklärungen schon immer Vorgaben gegeben hat, die in einem ganz normalen Prozess zum Beispiel durch Kontakte vor Ort, durch Berichte, durch die Botschaften in den Ländern auch nachgehalten werden. Das ist trotzdem ein anderes Vorgehen als das, das wir jetzt in dieser Legislaturperiode mit den Post-Shipment-Kontrollen als zusätzliche Maßnahme eingeführt haben. In diesem Bereich sind wir in dem Prozess, den ich gerade beschrieben habe.

ZUSATZFRAGE JUNG: Noch einmal bezogen auf die Frage des Kollegen gerade: In Saudi-Arabien gibt es ja Fabriken, die dank deutscher Lizenz Heckler-&-Koch-Gewehre herstellen. Wenn diese Gewehre, die dort in Saudi-Arabien dank deutscher Lizenz hergestellt werden, an Kinder gehen, können Sie da also nichts machen, korrekt?

DR. AUDRETSCH: Wir haben immer gesagt, dass wir bei Kleinwaffen sehr restriktiv sind und dass wir bei Kleinwaffen auch einen Fokus darauf haben, dass sich innerhalb dieser Legislaturperiode Dinge ändern müssen. Das gilt explizit für die Fragen, die wir hier gerade behandelt haben, also für die Fertigung in Lizenz, die durch die eingeführten Kleinwaffengrundsätze in Zukunft so nicht mehr genehmigt werden. Das wird es in Zukunft nicht mehr geben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Es geht mir um die aktuelle Situation: Es gibt aktuell Fabriken in Saudi-Arabien, die deutsche Gewehre herstellen. Was passiert, wenn diese Gewehre in Kinderhände geraten?

DR. AUDRETSCH: Solche Lizenzproduktionen wurden in der Vergangenheit genehmigt. Das wird durch das Agieren dieser Bundesregierung in Zukunft nicht mehr möglich sein.

FRAGE: Herr Fischer, ist während des G20-Außenministertreffens in Bonn ein Treffen von Herrn Tillerson und dem russischen Außenminister Lawrow geplant?

FISCHER: Ich fürchte, diese Frage müssten Sie an die Sprecher von Herrn Tillerson und Herrn Lawrow richten. Aber was ich Ihnen versichern kann, ist, dass ich davon ausgehe, dass die beiden zum G20-Außenministertreffen kommen werden und dort dann zumindest gemeinsam in einem Raum sitzen. Insofern werden sich dort sicherlich Gesprächsmöglichkeiten ergeben.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, ich möchte noch einmal zur Änderung der Vorschrift „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ kommen es kann sein, dass Herr Plate da auch ins Spiel kommt. Ich würde gerne wissen, ob die Bundesregierung eine Zunahme von Angriffen auf staatliche Repräsentanten registriert hat und ob Sie uns die entsprechenden Zahlen nennen können auch, in welchem Zeitraum das passiert ist.

STS SEIBERT: Da kommt Herr Plate auf jeden Fall ins Spiel.

DR. PLATE: Ich gebe zu, dass ich die letzten kriminalstatistischen Daten dazu nicht dabei habe. Ich weiß nicht, ob meine Kollegin vom BMJV sie dabei hat; ansonsten reiche ich die aber gerne nach.

DR. KRÜGER: Das betrifft ja ein Vorhaben, das wir am Mittwoch im Kabinett hatten. Sie sprechen die Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik an; die kann ich Ihnen für die Jahre 2015, 2014, und 2013 liefern: Im Jahr 2015 waren es 64 371 tätliche Angriffe auf Polizisten, im Jahr 2014 waren es 62 770 und im Jahr 2013 waren es 59 044. Von 2013 auf 2014 war also ein Zuwachs von 7 Prozent und von 2014 auf 2015 ein Zuwachs von 1,9 Prozent zu verzeichnen.

FRAGE JOLKVER: Herr Seibert, am 9. Januar ging es hier in der Regierungspressekonferenz um das Thema ich verkürze es einmal „Lisa-Bericht“ der Geheimdienste an das Bundeskanzleramt. Ich habe Sie damals so verstanden, dass uns die Bundesregierung, nachdem sie diesen Bericht geprüft hat, die Ergebnisse dieses Berichts mitteilen werde. Bleibt es dabei, oder hat das Bundeskanzleramt jetzt entschieden, die Ergebnisse des Berichts unter Verschluss zu halten?

STS SEIBERT: Ich suche gerade noch einmal heraus, was ich am 9. Januar genau gesagt habe, weil Sie das nämlich in der Pressekonferenz am Mittwoch leider etwas fälschlich dargestellt haben.

ZUSATZ JOLKVER: Ich habe es vorliegen, ich kann es vorlesen.

STS SEIBERT: Ich würde es aber gerne auch vorliegen haben; das würde mir helfen. Ich habe es auch, aber brauche leider noch einen Moment. Es geht gleich los. Ich hatte mir das nämlich extra herausgesucht; ich wollte ja vorbereitet sein. Jetzt finde ich es natürlich passenderweise nicht, super. Wollen wir noch eine andere Frage vorwegnehmen?

VORS. FELDHOFF: Dann kommen wir gleich noch einmal zum „Fall Lisa“-Bericht.

FRAGE CERNOHORSKY: Eine Frage an das Bundesverteidigungsministerium: Laut Informationen einer in Frankfurt erscheinenden Zeitung möchten Rumänien und Tschechien eine Division in die Kommandostruktur der Bundeswehr einbinden. Wie weit sind die Gespräche mit Rumänien und Tschechien in diesem Bereich, wie tief soll diese Zusammenarbeit sein, und gilt das auch für die Operationsebene?

NANNT: Sie sprechen einen Artikel an, der heute in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erschienen ist. Es ist so, dass wir gerade in dieser Legislaturperiode auch im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit sehr stark bemüht sind, die europäische Säule der NATO weiter zu verstärken, um dort insgesamt mehr Handlungsautonomie zu gewinnen. Dazu sind wir verschiedene Kooperationen eingegangen.

Die zwei Kooperationen, die Sie jetzt angesprochen haben, sollen nächste Woche auf dem NATO-Verteidigungsministertreffen unterzeichnet werden. Und zwar geht es hierbei um eine strukturierte Zusammenarbeit. Das heißt also, man will gemeinsam üben und man will gemeinsam trainieren. Hierbei geht es einmal um einen Verband bei den tschechischen Truppenteilen, und zwar nicht um eine Unterstellung, sondern um eine Assignierung an eine deutsche Division. Genauso ist das auch im Bereich der Zusammenarbeit mit Rumänien geplant. Dazu sollen, wie gesagt, nächste Woche, am Mittwoch oder Donnerstag, entsprechende Vereinbarungen unterzeichnet werden.

ZUSATZFRAGE CERNOHORSKY: Trifft die Beschreibung der „FAZ“ zu, dass die Bundeswehr eine „Anker-Armee“ für die kleinen Armeen in Mitteleuropa sein solle?

NANNT: Fakt ist, dass wir insgesamt viele Kooperationen eingehen. Es geht natürlich darum, dass man insgesamt effizienter werden will, dass man Strukturen aufbaut, in denen man gemeinsam trainiert, in denen man gemeinsam übt und in denen man auch gemeinsam mit den Partnern Dinge vorantreibt, zum Beispiel Rüstungskooperationen, wie wir es letzte Woche und diese Woche in Bezug auf Norwegen auch das war hier ja ein Thema im Bereich der U-Boote kommuniziert haben. Genauso geschieht das auch in anderen Bereichen. In der Vergangenheit hatten wir zum Beispiel gerade auch mit den Niederländern stärkere Kooperationen bis auf Kompanieebene; zum Beispiel hat das Seebataillon mit den Holländern auf der „Karel Doorman“ trainiert. Das Gleiche machen wir jetzt auch mit allen anderen Partnern. Ich denke, das ist eine Win-win-Situation für alle Partner, weil man so natürlich die Chance hat, für die Zukunft gemeinsam Strukturen aufzubauen, die dann auch wirklich stark sind. Das ist, glaube ich, der Sinn und Zweck, der jetzt dahintersteckt. Da sind wir jetzt wirklich einen ganz großen Schritt weitergekommen.

ZUSATZFRAGE CERNOHORSKY: Sind diese Gespräche oder diese Pläne, auch eine Reaktion auf die Aussagen der neuen Regierung in Washington in Richtung NATO, dass die Mitgliedstaaten mehr in Verteidigung investieren sollen?

NANNT: Wir haben ja schon 2014 auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, dass wir insgesamt mehr Verantwortung übernehmen müssen. Das verwirklichen wir, und dazu dienen natürlich auch die Gespräche, die jetzt laufen. Das ist ja keine Entscheidung, die von einem auf den anderen Tag fällt, sondern das sind Gespräche, die über Wochen laufen und vorbereitet werden. Insofern sage ich nicht, dass es eine kurzfristige Reaktion ist; vielmehr ist es insgesamt eine langfristige Reaktion. Wenn Sie sich viele Projekte anschauen, die wir in den letzten drei Jahren realisiert haben, dann sehen Sie, dass es immer in die Richtung geht: Wie können wir die europäischen Strukturen stärken, wie können wir insgesamt besser zusammenarbeiten und wie können wir effektiver sein? Das ist quasi ein Ausfluss, ein Ergebnis, und ich denke, das ist ein gutes Zeichen für eine Stärkung der europäischen Partnerschaft insgesamt.

VORS. FELDHOFF: Dann kommen wir jetzt zu dem Zettel, den Herr Seibert gefunden hat, also zum „Fall Lisa“-Bericht.

STS SEIBERT: Ich habe einfach noch einmal nachgeschaut. Ich habe am 9. Januar gesagt:

„Die Bundesregierung wertet diesen Bericht derzeit aus. Das heißt, die Prüfung des Berichts ist noch nicht abgeschlossen. Deswegen kann ich auch über die Ergebnisse oder etwaige Maßnahmen, die sich aus den Ergebnissen des Berichts ergeben könnte, hier heute noch keine Aussagen treffen.“

Das heißt, ich habe nicht gesagt, dass der Bericht danach öffentlich gemacht werde und ich Ihnen hier darüber berichten würde. Ich konnte dazu an dem Tag noch keine Aussage treffen. Nun wissen Sie, wie entschieden worden ist, nämlich dass der Bericht Verschlusssache ist und nicht öffentlich gemacht werden wird. Das heißt, dazu werde ich mich hier nicht mehr äußern.

Das heißt aber nicht, dass sich die gesamte Thematik damit erledigt hätte. Uns ist als Bundesregierung sehr bewusst und das ist im Übrigen etwas, worüber sich Regierungen in vielen europäischen Staaten derzeit Gedanken machen , dass es Versuche der Desinformation und der Einflussnahme geben kann, dass so etwas aus verschiedenen Richtungen existiert, und dass es für eine demokratische Regierung wie unsere absolut notwendig ist, dafür Sensibilität zu haben, zu wissen, dass es das gibt, die Augen offenzuhalten und die eigenen Kommunikationsmaßnahmen zu verstärken, und zwar in der Art und Weise, wie die Bürger Deutschlands es von uns gewohnt sind: transparent, objektiv, offen und vor allem faktenbasiert.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Herr Seibert, ich habe zur Kenntnis genommen, dass das Verschlusssache bleibt. Ich habe auch nicht nach dem Inhalt des Berichts gefragt. Mich interessiert vielmehr, ob auf der Grundlage der neuen Erkenntnisse oder anderer Erkenntnisse, die die Kanzlerin jetzt hat, die Regierung in Bezug auf die Abwehr der Desinformation zusätzlich zu denen Maßnahmen, die bereits ergriffen wurden, weitere Maßnahmen Sie sprachen von „etwaigen Maßnahmen“ für nötig erachtet.

STS SEIBERT: Ich denke, das wird immer ein Prozess sein. Ich kann hier nur für das Bundespresseamt sprechen und sagen, dass wir uns natürlich diesem Phänomen geöffnet haben, dass wir unsere Augen in alle Richtungen öffnen, dass wir mehr als früher beobachten, was alles kommunikativ im Umlauf ist, und dass wir mehr als früher dann auch sehr konkret prüfen, ob wir auf bestimmte Themen eingehen, auf die wir vielleicht früher nicht eingegangen wären, und immer noch einmal unsere eigenen Informationen dagegenstellen, damit die Menschen wenigstens auch faktenbasierte Informationen in der Hand haben. Das ist das, was wir tun. Ich halte das für einen Prozess; ich glaube, man wird das immer wieder anpassen müssen, man wird auch immer wieder aus den Erfahrungen lernen, und man wird das, glaube ich, auch im europäischen Rahmen tun. Gerade zu diesem Thema gibt es ja auch in Europa eine ganze Menge an Kommunikation der verschiedenen Staaten untereinander, insofern ist das nicht nur eine nationale Erfahrung.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, ich habe eine Verständnisfrage zu ihrer Ausführung: Bedeutet das, dass die Klassifizierung des Berichts als Verschlusssache erst nach Ihrer Erklärung am 9. erfolgte? Sie sagten ja nämlich, der Bericht an sich habe schon vorgelegen und werde geprüft. Nun, sagten Sie, wüssten Sie, wie entschieden wurde: Er wurde als Verschlusssache eingestuft. Das bedeutet also, der Bericht lag noch nicht vor und war noch nicht klassifiziert, sondern das passierte erst nach der Prüfung. Ist das richtig?

STS SEIBERT: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich hatte am 9. Januar keine anderen Informationen über den Stand des Berichts und das, was daraus möglicherweise für die Öffentlichkeit folgen würde, als die, die ich Ihnen gegeben habe.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Es ist ja ein Unterschied, ob ein Bericht, der an sich abgeschlossen ist, der vorliegt und geprüft wird, schon in diesem Stadium als Verschlusssache eingeordnet ist oder nicht. Dann hätte man damals eigentlich auch schon sagen können „Leute, der Bericht ist eine Verschlusssache; darüber können wir gar nicht reden“. Wenn aber erst nachträglich, sozusagen nach der Prüfung durch die Regierung oder andere Stellen gesagt wird „Nein, das erklären wir jetzt lieber zur Verschlusssache“, dann kann man ja auch die Vermutung haben, dass das zur Verschlusssache erklärt wird, weil man es nicht veröffentlichen will, weil bestimmte Inhalte nicht so toll sind.

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen das schlicht nicht beantworten. Ich weiß das jetzt nicht.

FRAGE JUNG: Herr Plate, können Sie uns den neuesten Stand in Sachen „Abwehrzentrum gegen Desinformation“ geben?

DR. PLATE: Der letzte Stand war ja, dass ich die Berichterstattung, die es über vermeintliche Pläne des BMI zu diesem Thema gab, nicht kommentiert habe, weil es sich selbst nach der Berichterstattung, um die es da ging, um interne Papiere gehandelt hat. Mehr wird Sie vielleicht interessieren, ob das BMI ein solches Zentrum plant oder nicht. Das plant es nicht.

FRAGE FINKENWIRTH: Ich hätte auch noch eine Frage an das BMI, und zwar zu den Entscheidungen von gestern Abend. Herr Plate, wie bewerten Sie denn diese Entscheidungen im Hinblick auf die Rückführungen nach Afghanistan?

Noch eine Frage im Speziellen: Können Sie sagen, wie viel ein Flüchtling bekommt, wenn er freiwillig nach Afghanistan zurückgeht?

DR. PLATE: Vielleicht fangen wir einmal mit Letzterem an: Die Details des StarthilfePlus-Programms sind ja hier in den letzten Sitzungen ziemlich intensiv erörtert und auch auf unserer Website im Detail veröffentlicht worden. Darauf würde ich Sie, ehrlich gesagt, verweisen. Ich habe jetzt nicht für jedes Land auswendig parat, wie viel es ganz genau ist. Das kann man dort aber alles abrufen.

Zur zweiten Frage, die eigentlich Ihre erste war: Die Beschlüsse von gestern Abend sind aus unserer Sicht ganz grundsätzlich ein guter Fortschritt in die Richtung, zu einer besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht von Ausreisepflichtigen zu kommen. Natürlich ist es so, dass man jetzt zum Teil noch an die Feinabstimmung und Umsetzung gehen muss; das ist ja bei Beschlüssen, die auf politischer Ebene gefällt worden sind, sozusagen immer so. Viele der Gedanken, die darin enthalten sind, sind Gedanken, die im Bundesinnenministerium schon seit einer Weile gehegt worden sind und mit den Akteuren auch schon intensiv zum Teil schon seit einigen Monaten besprochen worden sind. Insofern sind wir ganz zufrieden damit, dass es jetzt doch relativ weitreichende Beschlüsse zu den Themen gibt, die uns schon eine Weile umtreiben. Das ist gut.

Einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Thema Afghanistan sehe ich jetzt, ehrlich gesagt, bei keinem dieser konkreten Beschlusspunkte. Aber wenn Sie da etwas ganz Konkretes im Auge haben, zeigen Sie gerne mit dem Finger darauf, und dann will ich gerne versuchen, dass auch in Bezug auf Afghanistan einzuordnen. So ganz aus dem Stand gelingt mir das ohne gesonderten Hinweis offen gestanden nicht.

FRAGE JUNG: Herr Plate, der Minister hat gestern gesagt, dass Abschiebungen nach Afghanistan unverzichtbar seien. Können Sie uns erläutern, warum Abschiebungen nach Afghanistan unverzichtbar sein sollen?

Herr Seibert, möchte die Bundesregierung Deutschland zu einem Abschiebeland statt einem Aufnahmeland machen?

STS SEIBERT: Davon kann natürlich überhaupt keine Rede sein. Ich darf Sie daran erinnern: 2015 war ein Jahr, in dem Deutschland in einer enormen nationalen Anstrengung getragen von der Politik und vom Engagement unzähliger Bürger eine sehr große Zahl von Menschen aufgenommen hat, die bei uns Schutz vor Krieg und vor Terrorismus suchen. Die Aufnahme, die Versorgung und die Integration dieser Menschen sind seitdem ein absoluter Schwerpunkt unserer Politik. Es kommen ja noch weitere Menschen, obwohl die Zahl der neu Hinzukommenden insgesamt kleiner geworden ist. Viele Maßnahmen der Bundesregierung, der Bundesländer und der Kommunen sowie viele Milliarden Euro, die zu Recht für diese große Aufgabe ausgegeben werden, belegen das.

2016 haben wir dann ein Integrationsgesetz beschlossen, das nach dem Prinzip des Förderns und Forderns diesen Schutzbedürftigen einen klaren Weg in unsere Gesellschaft, in unseren Arbeitsmarkt und in unser Ausbildungssystem weist. All diese Zeit über war klar, dass all das nur geleistet werden kann, wenn wir auf der anderen Seite denjenigen, die nach einem rechtsstaatlichen Verfahren kein Bleiberecht haben, tatsächlich auch klar sagen, dass sie in unserem Land nicht bleiben können, oder wenn wir Ihnen Angebote zur freiwilligen Rückkehr machen. Das ist der Rahmen, in den Sie die gestrige Veranstaltung einordnen müssen. Heute sind Rückführung und auch die freiwillige Rückkehr viel häufiger der Fall als früher; das wird durchgeführt. Aber vieles kann verbessert werden. Auf der praktischen Erfahrung aller fußend, die gestern im Raum saßen, haben die Kanzlerin, die Ministerpräsidenten und die Minister der Bundesregierung eben sehr ernsthaft darüber beraten, wie man diese Rückführungspolitik noch besser organisieren kann, wie man sie noch wirksamer machen kann, und zwar mit den Ergebnissen, die Ihnen vorliegen.

Aber einzuordnen ist das unbedingt in den ganzen Zusammenhang seit 2015: Aufnahme, Integration, aber eben auch Rückführung, nämlich dort, wo nach unserem rechtsstaatlichen Verständnis kein Bleiberecht vorliegt.

DR. PLATE: Ich möchte das noch ein bisschen ergänzen, gar nicht um so viel, ehrlich gesagt, aber um zwei vielleicht doch wichtige Aspekte: Es ist so, dass Sie dieses Zitat natürlich ein bisschen aus dem Zusammenhang gerissen haben. Es ging ja in dem Gespräch um das Thema Afghanistan, und deswegen bezog sich die Antwort auf Afghanistan.

Man muss dieses Diktum der Unverzichtbarkeit aber viel breiter verstehen. Für einen Rechtsstaat, vor allen Dingen für die Akzeptanz eines Rechtsstaats bei den Bürgern sowie für den Fortbestand eines Rechtsstaats im eigentlichen Sinne ist es grundsätzlich unverzichtbar, dass das Recht, das in diesem Rechtsstaat besteht und auf demokratischem Wege geschaffen worden ist, durchgesetzt wird. Das gilt nicht nur für rechtlich bestehende Ausreisepflichten, aber auch. Das gilt dann eben natürlich für Staatsangehörige anderer Länder, die ausreisepflichtig sind, und auch für Afghanistan, nicht insbesondere, aber in gleicher Weise wie für Personen, die aus anderen Staaten kommen und nach dem Durchlaufen eines rechtsstaatlichen Verfahrens sowie gegebenenfalls auch eines justiziellen Rechtswegs als ausreisepflichtig erkannt worden sind. Wenn man ein aufwändiges Asylverfahren unterhält, an dessen Ende entweder eine Gewährung von Schutz oder keine Gewährung von Schutz steht, dann muss es am Ende auch tatsächlich in der Praxis einen Unterschied ausmachen, ob die Entscheidung auf dem Bescheid so oder so ausgegangen ist. Es kann nicht sein das ist für einen Rechtsstaat sehr wichtig, auch, ehrlich gesagt, um seine Glaubwürdigkeit zu bewahren , dass eine unterschiedliche Entscheidung in der Praxis nicht auch tatsächlich ein unterschiedliches Ergebnis, nämlich Bleiben oder Nicht-Bleiben in Deutschland, zur Folge hat.

STS SEIBERT: Ich möchte noch einmal daran erinnern: Es sind im vergangenen Jahr mehr als 3000 Menschen freiwillig in ihre Heimat Afghanistan zurückgekehrt. Wir begrüßen das. Wir bauen unser Engagement zur Förderung einer solchen freiwilligen Rückkehr noch aus. Es gibt dafür neue Programme; darüber habe ich hier am Montag berichtet. Aber diese mehr als 3000 Menschen, die im Jahr 2016 freiwillig zurückgegangen sind, muss man natürlich auch im Auge haben.

FRAGE DR. DELFS: Herr Plate, haben Sie eigentlich eine Zahl oder eine Prognose hinsichtlich der Anzahl der abschlägig beschiedenen Asylbewerber vorliegen, die jetzt im Laufe des Jahres insbesondere zur Mitte des Jahres in Deutschland sein werden und die dann ja eigentlich abgeschoben werden müssten? Hier geisterte, glaube ich, gestern die Zahl von 500 000 herum. Ist das eine Zahl, die Sie für realistisch halten?

DR. PLATE: Wir haben, ehrlich gesagt, keine eigene Prognose zu diesem Thema. Man muss dabei vielleicht einiges unterscheiden. Das Ausländerzentralregister gibt Auskunft darüber, wie viele Menschen in Deutschland zu einem jeweils bestimmten Abfragezeitpunkt ausreisepflichtig sind. Das müssen aber nicht nur abgelehnte Asylbewerber sein, sondern das können auch Menschen sein, die nach Deutschland gekommen sind und zum Beispiel „overstayer“ sind, die also per Visum gekommen sind, das abgelaufen ist. Die sind dann gegebenenfalls auch ausreisepflichtig; das muss man ein bisschen im Blick behalten. Im Moment liegt diese Zahl Stichtag 31. Dezember bei etwas mehr als 207 000 Personen. Ende 2015 lag sie ein paar Tausend darunter, aber auch schon bei mehr als 200 000.

Nun ist es so, dass wir wissen ungefähr natürlich , wie viele Entscheidungen das BAMF im Moment zu fällen in der Lage ist, und auch wissen jedenfalls ganz grob , wie die Schutzquote ist, jedenfalls typischerweise. Die liegt im Moment bei annähernd 60 Prozent. Daraus kann man natürlich schon ersehen, wie viele ablehnende Entscheidungen in etwa zu erwarten sind. Aber dass man daraus jetzt gleichsam herleitet, dass eine Zahl X von Ausreisepflichtigen auf jeden Fall bis zum Datum Y hinzukommen wird, ist, ehrlich gesagt, eine Rechnung, die man einfach nicht aufstellen kann, weil man nicht ganz genau weiß, wozu eine solche ablehnende Entscheidung bei diesen Menschen führt. Führt sie möglicherweise zu einer Ausreise, vielleicht sogar ohne eine Förderung durch das REAG/GARP-Programm? Dann bekommen wir das nicht mit; die müssen sich in dem Sinne nicht abmelden. Führt sie vielleicht dazu, dass diese Menschen den Rechtsweg beschreiten? Wenn Sie den Rechtsweg beschreiten, dann ist die Frage, ob dabei eine positive oder negative Entscheidung herauskommt. Die muss auch gar nicht zwingend im selben Jahr erfolgen. Die Justiz ist ja auch mit einer gewissen Anzahl von Fällen konfrontiert, die auch dazu führt, dass dort jetzt nicht jedes Verfahren innerhalb weniger Tage oder Monate entschieden wird, wie es ja beim BAMF inzwischen der Fall ist. Insofern lässt sich eine zahlenmäßige Prognose da nur relativ schwer anstellen.

Es handelt sich bei der Zahl, die Sie genannt haben, um eine Hochrechnung, die McKinsey in dieser Studie, die es für das BAMF angefertigt hat, einmal als Pi-mal-Daumen-Größenordnung erstellt hat, basierend auf all den Aspekten, die ich Ihnen gerade genannt habe. Aber das ist keine Zahl, die wir im Sinne einer amtlichen Prognose für verbreitbar halten.

FRAGE JESSEN: Nun hat, wenn ich es richtig gehört habe, der Bremer Regierungschef Carsten Sieling gesagt, er sehe Afghanistan nicht als sicheres Land an. Er könne dort auch keine sicheren Zonen erkennen. Das ist dann eben doch ein Dissens in dieser Runde gewesen. Bedarf es nicht gerade vor dem Hintergrund, dass, wie Sie sagten, der Rechtstaat nur mit dem Vertrauen der Bürger existieren kann, doch der Kriterien, um eine objektivierbarer Definition dessen herzustellen, was als sichere Zone zu gelten hat? Ich glaube, die existiert ja immer noch nicht. Die Frage hat uns hier schon häufiger beschäftigt: Was ist eine sichere Zone? Wer definiert sie? Was sind die Kriterien dafür? – Eine Situation, in der der eine sagt „Ich halte das für eine sichere Zone“ und der andere sagt „Ich aber nicht“, ist als Rechtsgrundlage für rechtsstaatliches Handeln und Vertrauen schwierig.

DR. PLATE: Ich darf vielleicht zunächst sagen, dass die Frage der Sicherheit in bestimmten Drittstaaten eine ist, die natürlich nicht in der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums liegt. Das ist, glaube ich, klar und hier auch schon öfter gesagt worden.

Ich darf an dieser Stelle aber zusätzlich auch darauf hinweisen, dass es eine geltende Beschlusslage der Innenministerkonferenz gibt, wonach wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ehrlich gesagt, einstimmig; ich müsste das aber nachprüfen die Innenminister bei der Fassung dieses Beschlusses einhellig der Auffassung waren, dass die Sicherheitslage in Afghanistan, wie sie sich aufgrund der vorliegenden Berichtslage darstellt, eine ist, die Abschiebungen in dieses Land jedenfalls nicht grundsätzlich entgegensteht. So ist es, glaube ich, richtig wiedergegeben. Das ist erst einmal die Beschlusslage, auf deren Grundlage wir operieren.

Nach allem, was mir vorliegt, ist es so, dass einige Länder nun Bedenken haben oder bekommen haben. Das ist im Moment bei Weitem nicht die Mehrheit der Bundesländer. Richtig ist aber auch, dass die Länder nach der geltenden Verfassungslage ja sowieso diejenigen sind, in deren Zuständigkeit es jeweils liegt, Abschiebungen durchzuführen und sozusagen Personen, die für die Abschiebung geeignet sind, zu benennen. Dazu gehört auch die Region, die für diese Person infrage kommt. Das ist eine Einzelfallprüfung, die natürlich schwierig ist, die mit großer Sorgfalt geschehen muss und die, wie Sie sehen, auch dazu führt, dass die Abschiebungen nach Afghanistan natürlich zugenommen haben, aber immer noch nicht in überwältigend großer Zahl geschehen.

Genau das ist gemeint, wenn der Innenminister sagt: Die Abschiebungen müssen konsequent, aber auch behutsam fortgesetzt werden, nämlich natürlich nur da, wo es verantwortbar ist. Diese Verantwortung kann den Stellen, die für die Beurteilung dieser Fälle zuständig sind, keiner abnehmen, ehrlich gesagt auch keine vor die Klammer gezogene allgemeine Definition sicherer Gebiete, über die man sicher diskutieren kann.

Aber Sie müssen auch bedenken, dass ein Gebiet, das für Person A sicher sein kann, für Person B nicht unbedingt sicher sein muss. Stellen Sie sich ein Gebiet vor jetzt einmal ganz ab vom Thema Afghanistan , in dem es vielleicht überhaupt keine Anschläge gibt und in dem auch der Rechtsstaat einigermaßen gut funktioniert, aber von dem bekannt ist, dass Angehörige der Minderheit Y der Verfolgung unterliegen. Dann kann man sich schon vorstellen, dass dieses Gebiet für Angehörige der Minderheit Y möglicherweise nicht sicher ist, aber für viele andere Personen, die möglicherweise auch ausreisepflichtig sind und aus diesem Land stammen, dann doch sicher ist.

Insofern ist es so, dass ich verstehe, dass man eine solche Diskussion führen will das schadet sozusagen auch nichts , aber man sollte sich nicht davon versprechen, dass sie am Ende ein Allheilmittel für die Frage ist, ob das Land sicher ist oder nicht, und damit auch für die Frage der Berechenbarkeit des Rechtsstaats, so wichtig das als Thema auch ist.

FRAGE: Könnten Sie vielleicht noch die Zahlen in Bezug auf Abschiebungen nach Afghanistan im Jahr 2016 nennen?

Ich habe noch eine Frage zum zeitlichen Ablauf: Wann soll denn das Gesetz, das schärfere bzw. effektivere Abschiebungen ermöglicht, dem Kabinett vorliegen? Wann soll das den Bundestag und den Bundesrat passieren?

DR. PLATE: Sie meinen wahrscheinlich im Wesentlichen das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, dass einer der gestern vereinbarten 15 Punkte ist. An diesem Gesetz wird ja schon eine ganze Weile gearbeitet. Natürlich kann man das erst jetzt wirklich finalisieren, und zwar auf Grundlage des Beschlusses, der gestern gefasst worden ist. Das wird jetzt sicherlich zügig gehen. Es ist unser Wunsch, dass das natürlich in dieser Legislaturperiode auch im Bundesgesetzblatt landet, und allein das setzt voraus, dass die Arbeiten daran jetzt unter Hochdruck geschehen. Ich kann Ihnen kein ganz konkretes Datum nennen, aber es wird sich sicherlich eher um Wochen als um Monate handeln.

Nun hatten Sie noch nach den Abschiebungen nach Afghanistan gefragt. Was zwangsweise, also eben nicht freiwillige Rückkehrer, sondern Abschiebungen angeht, waren es im Jahr 2016 67 Personen.

FRAGE JUNG: Herr Fischer, können Sie uns die sicherheitspolitische Einschätzung bzw. Bewertung des Auswärtigen Amtes für Afghanistan vortragen?

FISCHER: Ja. Die Sicherheitslage in Afghanistan ist regional sehr unterschiedlich. Sie wissen zum Beispiel, und das haben wir hier auch öfter gesagt, dass die Lage in Helmand, wo die Taliban sehr stark sind, eine vollständig andere Lage als zum Beispiel in Kabul, in Masar-e Scharif oder in Herat ist. Insofern sind pauschale Aussagen über die Sicherheitslage im ganzen Land schwierig. Sie wissen auch, dass wir die Sicherheitslage in Afghanistan sozusagen sehr differenziert betrachtet haben und auch versucht haben, das auf Basis der uns zur Verfügung stehenden Grundlagen so objektiv wie möglich zu tun. Genau deshalb ist es ja so, wie Herr Plate es auch beschrieben hat, nämlich dass in jedem Einzelfall genau geprüft werden muss, ob derjenige, dessen Asylverfahren dahingehend verläuft, dass er nicht in Deutschland bleiben kann, auch nach Afghanistan zurückkehren kann. Dass das ganz grundsätzlich weiterhin möglich scheint, sieht man an den Afghaninnen und Afghanen, die freiwillig zurückgekehrt sind. Es sind ja aber nicht nur Afghaninnen und Afghanen aus Deutschland, die freiwillig zurückgekehrt sind, sondern es gibt immer noch eine beträchtliche Anzahl von Afghanen in Pakistan, die während des Bürgerkriegs in Afghanistan vertrieben worden sind, in Pakistan lange Unterschlupf gefunden haben und auch weiterhin in Gebiete wie Kabul, Masar-e Scharif oder auch Herat zurückkehren. Insofern ist die Sicherheitslage regional sehr unterschiedlich und sehr differenziert zu betrachten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wo ist es denn sicher?

FISCHER: Wie gesagt: Die Frage hat Herr Plate vorhin ja eigentlich schon beantwortet. Es gibt Gebiete, in denen die Sicherheitslage besser ist als in anderen. Aber man muss dann immer noch auf den Einzelfall schauen. So kann

ZURUF JUNG: Ja, wo?

FISCHER: Lassen Sie mich einmal kurz ausreden! Es ist zum Beispiel so, dass die Sicherheitslage in Herat deutlich stabiler als in anderen Gebieten ist. Aber trotzdem mag es sein, dass es Gründe gibt, aufgrund derer eine Person nicht nach Herat zurückkehren kann. Die mögen politischer Natur sein, die mögen in der Natur seiner Volkszugehörigkeit liegen. Insofern kommt es tatsächlich darauf an, jeden Einzelfall sehr genau zu betrachten und sehr genau zu prüfen, ob es für diese Person eine Möglichkeit der sicheren Rückkehr gibt. Das wird getan. Hierum bemüht sich die Bundesregierung. Auf dieser Grundlage werden dann die notwendigen Entscheidungen gefällt.

FRAGE HELLER: Ich würde gerne kurz auf ein Thema zurückkommen, das wir schon am Mittwoch besprochen haben, und zwar auf die Verurteilung von Herrn Nawalny. Am Mittwoch hieß es, Sie hätten noch keine eigenständigen Informationen, um das Verfahren seine Rechtsstaatlichkeit und Ähnliches bewerten zu können. Nun müsste das ja vorliegen. Könnten Sie eine Bewertung vornehmen? Ist das rechtsstaatlich einigermaßen nachvollziehbar gelaufen?

Die Konsequenz, dass Herr Nawalny damit aus dem Präsidentschaftsrennen ausscheidet, ist ja nun auch eine, die möglicherweise mit diesem Verfahren eng zusammenhängt.

STS SEIBERT: Herr Heller, in der Tat passierte der Schuldspruch am Mittwoch quasi direkt vor oder während der Pressekonferenz. Das Strafmaß war noch gar nicht bekannt, sodass, wie Herr Schäfer und Frau Demmer gesagt haben, eine abschließende Bewertung tatsächlich noch nicht möglich war.

Ich kann zu diesem zweitinstanzlichen Urteil gegen Alexej Nawalny für die Bundesregierung heute sagen, dass wir dieses Urteil mit Beunruhigung zur Kenntnis genommen haben. Das Strafmaß von fünf Jahren auf Bewährung wegen eines von hier aus schwer nachvollziehbaren Tatvorwurfs erweckt abermals Zweifel, ob wirklich strafrechtliche Motive im Vordergrund der Anklage standen und ob rechtsstaatliche Prinzipien ausreichend Beachtung gefunden haben.

Ich erinnere an das jüngst ergangene Urteil des Straßburger Menschengerichtshofs im Fall Nawalny. Dieser Menschengerichtshof hat in dem Zusammenhang von Willkür seitens der russischen Behörden gesprochen. Die Unabhängigkeit der Justiz und die Rechtmäßigkeit politischer Betätigung sind grundlegend für die Entwicklung der Demokratie in Russland. Russland hat sich zur Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet.

In diesem Zusammenhang stellt die Bundesregierung erneut fest, dass die russische Justiz es der Opposition in Russland zunehmend schwer macht, sich politisch zu betätigen. Das Urteil vom Mittwoch ist nur ein weiteres Beispiel für den aus unserer Sicht problematischen Umgang mit Andersdenkenden in der Russischen Föderation. Wenn dieses Urteil Rechtskraft erlangt und wenn Herr Nalwalny deswegen das passive Wahlrecht aberkannt bekommt, dann würde einer der wenigen Kandidaten der Opposition von den Wahlen ausgeschlossen.

FISCHER: Ich würde gerne noch ergänzen, dass die Urteilsverkündung während der BPK am letzten Mittwoch noch lief, wir aber diese Urteilsverkündung abgewartet und uns gleich am Mittwoch noch zu Wort gemeldet und unsere Besorgnis zum Ausdruck über die erneute Verurteilung von Herrn Nawalny zum Ausdruck gebracht haben.

Ich glaube, ein ganz wichtiger Punkt, auf den wir in diesem Zusammenhang hingewiesen haben, ist, dass Herr Nawalny auch künftig die Möglichkeit haben muss, sich am politischen Leben in Russland zu beteiligen.

FRAGE DR. DELFS: Frau Tiesenhausen, Ihr Minister hat in einem Interview Herrn Schulz mit Donald Trump verglichen. Ist das ein Kompliment oder eher eine Kritik? Wie kann man das verstehen? Herr Trump ist immerhin gewählt worden. Das würde dann ja heißen, dass er auch davon ausgeht, dass Herr Schulz gewählt wird. Wie kann man diese Äußerung verstehen?

Herr Seibert, ist es eigentlich auch die Haltung oder die Sichtweise der Kanzlerin, dass sie einen ähnlichen Populismus bei Herrn Schulz wie bei Herrn Trump entdeckt?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Herr Delfs, netter Versuch. Ich glaube, die Bewertung von Interviewaussagen überlasse ich Ihnen.

Ich will auch darauf hinweisen, dass dieses Interview morgen erscheint. Dann können Sie es in voller Länge lesen und sich selbst eine Meinung bilden. Aber für Beurteilungen und Bewertungen sind doch die Journalisten zuständig.

STS SEIBERT: Ich habe dem überhaupt nichts hinzuzufügen.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung, dass ein weiterer NSU-Zeuge gestorben bzw. umgekommen ist? Das ist mittlerweile der sechste.

STS SEIBERT: Ich habe über diesen Fall keine Kenntnisse und deswegen auch keine Bewertung der Bundesregierung. Ich denke aber, dass die Bundesregierung auch solche Vorkommnisse nicht bewertet. Wenn das Vorkommnisse sind, die in irgendeiner Weise fraglich sind, dann ist das eine Sache für die Justiz und nicht für die Bundesregierung. Ich kenne aber diesen Fall nicht und weiß nicht, worauf Sie anspielen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Kann Herr Plate etwas dazu sagen?

DR. PLATE: Die Antwort ist identisch mit der, die Herr Seibert gegeben hat.

FRAGE MADELIN: Herr Seibert, es gab gestern ein Treffen zwischen der Bundeskanzlerin und Herrn Draghi. Können Sie etwas darüber berichten und auch, ob sie über die Kritik von Herrn Trump an dem Euro-Dollar-Wechselkurs gesprochen haben?

STS SEIBERT: Nein, ich kann davon nichts berichten. Die Bundeskanzlerin wurde von einem Ihrer Kollegen gestern am Abend in der Pressekonferenz auch danach gefragt. Das ist einer der regelmäßigen Meinungsaustausche zwischen der Bundeskanzlerin und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank. Diese sind stets vertraulich.

FRAGE DR. ZWEIGLER: Ich habe zwei Fragen an das Bundesumweltministerium im Zusammenhang mit den Bauernregeln. Herr Schroeren, warum hat denn jetzt die Ministerin von dieser Plakataktion Abstand genommen?

Die zweite Frage: Wofür genau entschuldigt sie sich denn eigentlich?

SCHROEREN: Was wir mit unseren Bauernregeln gemacht haben, ist ein unkonventioneller, frischer und fröhlicher Zugang zu einem sehr vielschichtigen, aber wichtigen Problem, nämlich zu der Frage: Wie können wir Umwelt und Landwirtschaft zusammenbringen?

Diese Aufmerksamkeit, die wir erzielen wollten, haben wir mit den Bauernregeln schneller erreicht, als wir erwartet haben. Noch bevor die ersten Großflächenplakate überhaupt aufgehängt werden konnten, hatten sich die Motive landesweit über das Internet und die soziale Medien in großer Geschwindigkeit verbreitet. Man konnte plötzlich das Gefühl haben, dass wir in der Bundesrepublik in einem Land von Dichtern und Düngern leben. Viele Leute haben sich einen Spaß daraus gemacht, selber Bauernregeln zu erfinden.

Wir sind nach wie vor überzeugt, dass diese Bauernregeln nicht dazu angetan sind, irgendjemanden zu beleidigen, zu diffamieren, zu verunglimpfen oder dergleichen. Wir nehmen aber zur Kenntnis, dass es Menschen gibt, die das ganz anders sehen. Ob tatsächlich aus Betroffenheit, politisch vorgeschoben oder instrumentalisiert, das ist eine ganz andere Frage. Das lasse ich dahingestellt. Wir respektieren aber diese Gefühle und bedauern, dass sie entstanden sind. Die Konsequenz, die wir daraus ziehen, ist, dass wir diese Bauernregeln als Mittel der Öffentlichkeitsarbeit auch im Rahmen unserer Kampagne nicht weiter einsetzen werden. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass wir ja das bereits erreicht haben, was wir erreichen wollten, bevor wir sie weiter verbreitet haben, nämlich Aufmerksamkeit. Sie sind also für den weiteren Fortgang unserer Kampagne gar nicht erforderlich.

Jetzt geht es um den nächsten Schritt. Wir führen den breiten Dialog über die Zukunft einer sozialen und ökologischen Landwirtschaft. Dafür werden wir auf unseren Großflächenplakaten und auf anderem Wege in den nächsten Tagen werben.

ZUSATZFRAGE DR. ZWEIGLER: Wenn ich kurz nachfragen darf: Dafür waren, wenn ich das richtig gelesen habe, 1,6 Millionen Euro vorgesehen. Wird das Geld nun eingespart? Bleibt es im Etat des Hauses? Ich wundere mich jetzt ein bisschen, wenn ich höre, dass es möglicherweise andere Plakate gibt.

SCHROEREN: Herr Zweigler, die Kampagne besteht ja nicht nur aus dem, was wir als Bauernregeln verbreitet haben, sondern aus einer Vielzahl von Maßnahmen. Es sind Anzeigen. Es sind Plakate. Es sind Internetauftritte und dergleichen. Für diese gesamte Kampagne steht uns ein Etat von rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Wir werden die Kampagne mit anderen Anzeigen und Flächen weiterführen. Das steht völlig außer Frage. Denn es ist doch klar: Die Inhalte, auf die wir mit dieser Kampagne aufmerksam machen wollten, bleiben ja. Es sind unbestreitbare Tatsachen, die diesen Bauernregeln zugrunde liegen. Sie sind auch von niemandem, auch nicht von den Kritikern, grundsätzlich bestritten worden. Das sind Fakten. Wir haben enorme Probleme mit bestimmten Formen von Landwirtschaft, und wir wollen dafür sorgen, dass diese Probleme gelöst werden mit den Landwirten, mit den Organisationen. Wir wollen den Dialog darüber führen. Das ist notwendig. Denn nur gemeinsam mit allen Beteiligen lässt sich nach tragfähigen Lösungen suchen. Aber das ist jetzt keine neue Ausrichtung, sondern das ist ohnehin selbstverständlich. Die Bundesumweltministerin führt fast wöchentlich Gespräche mit Landwirten sei es zuhause oder anderswo. Sie hat bei der Grünen Woche zusammen mit dem Landwirtschaftsminister, mit Vertretern des Deutschen Bauernverbandes und mit anderen gesprochen. Wir haben einen Kongress, eine große Veranstaltung zusammen mit Vertretern der Branche gemacht. Also es ist gar nichts Neues, das wir jetzt erst erfinden, sondern die Fortsetzung dessen, was wir für notwendig halten und auch tun.

FRAGE JUNG: Eine kurze Lernfrage: Wer hat sich denn diese Sprüche ausgedacht? Sie im Ministerium? Eine Werbeagentur? Wenn ja, werden Sie mit dieser weiter arbeiten?

SCHROEREN: Wir haben uns die Sprüche ausgedacht in Zusammenarbeit mit unserer Rahmenvertragsagentur.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wer ist das?

SCHROEREN: Das ist der Agenturverbund Tinkerbelle/fairkehr/tippingpoints.

FRAGE LANGE: Eine Frage an das Finanzministerium zum Thema Kindergeld für EU-Ausländer. Frau von Tiesenhausen, die „Bild“-Zeitung hat berichtet, der Minister wolle das Kindergeld für EU-Ausländer kürzen. Können Sie bitte sagen, was da geplant ist und zu wann es geplant ist?

Eine zweite Frage: Können Sie es auch in den EU-Kontext einordnen? Mein Stand ist, dass die EU-Kommission gesagt hat, dass genau das in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht passieren soll.

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Genau. Es ist in der Tat so, dass wir in einer sehr frühen Phase der Vorbereitung eines Gesetzentwurfes sind, der das Ziel hat, die Zahlungen von Kindergeld an EU-Bürger, die in Deutschland arbeiten und wohnen, für Kinder, die nicht in Deutschland arbeiten und wohnen, an die Lebenshaltungskosten im Wohnland anzupassen. Wir sind in der frühen Phase. Diese Anpassungen stehen auch unter dem Vorbehalt, dass zuvor das Europarecht entsprechend geöffnet wird. Deswegen ist die Bundesregierung auf die Europäische Kommission zugegangen, um eine Initiative zu ergreifen, hier die entsprechenden europarechtlichen Öffnungen vorzunehmen.

ZUSATZFRAGE LANGE: Können Sie sagen, wann die Bundesregierung auf die Kommission zugegangen ist? Im Dezember hatten wir das Thema ja auch schon einmal. Da hieß es von Ihrer Seite aus, es sei schwierig, da einen nationalen Alleingang zu machen. Was hat sich denn jetzt geändert?

VON TIESENHAUSEN-CAVE: Also das Thema ist ein Altbekanntes. Darüber ist ja schon oft in vielen Kontexten geredet worden, zuletzt auch in den Gesprächen innerhalb der Europäischen Union im Zuge der Verhandlungen, um einen „Brexit“ zu vermeiden. Die europarechtliche Lage ist derzeit so, dass das nicht möglich ist. Wir setzen uns dafür ein, dass es möglich werden wird. Darüber besteht auch breite Einigkeit in der Bundesregierung. Insofern geht man da doppelsträngig vor. Wir sind, wie gesagt, noch in einer Eckpunktephase, was diesen Gesetzentwurf angeht. Aber über das politische Ziel das ist völlig klar sind wir in der Bundesregierung dazu haben Sie ja auch viele Meinungsäußerungen gesehen weitgehend einig.

FRAGE JOLKVER: Ich habe ganz kurz eine Nachfrage, Herr Vorsitzender, zu der tschetschenischen Geschichte. Herr Plate, gibt es denn Kontakte mit russischen Dienststellen oder einfach Signale von den russischen Dienststellen in Bezug auf tschetschenische Gefährder oder tschetschenische Islamisten „Passt auf, der und der könnte eventuell gefährlich sein“? Gibt es solche Informationen seitens Russland?

DR. PLATE: Das, wonach Sie fragen, betrifft ja sicherheitsbehördliche, insbesondere nachrichtendienstliche operative Zusammenarbeit. Dass ich dazu hier nicht presseöffentlich sprechen kann, wird Sie sicherlich nicht überraschen.

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