Atombombenstimmung ► BPK vom 17. Februar 2017
Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Münchner Sicherheitskonferenz, Besuch Algeriens, Kabinettssitzung, 3. Internationales Deutschlandforum, Gespräch mit der geschäftsführenden Direktorin des IWF, Empfang des Präsidenten der Europäischen Kommission, Empfang des litauischen Ministerpräsidenten, Empfang des Präsidenten des Europäischen Parlaments), Terroranschläge des IS in Pakistan und in Irak, Maßnahmen der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem anstehenden Verfassungsreferendum in der Türkei, angebliche Vergewaltigung eines Mädchens in Litauen durch Bundeswehrsoldaten, Finanzhilfen für Griechenland, Infrastrukturabgabe, Kündigung von Konten von Mitarbeitern der jemenitischen Botschaft durch die Commerzbank, Nichtteilnahme der Bundesregierung an UN-Verhandlungen über ein Verbot von Nuklearwaffen, Finanztransaktionssteuer, Asyl- und Flüchtlingspolitik/Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr, Äußerungen des Bundesjustizministers zu einem Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft gegen den Moscheeverband Ditib
Naive Fragen zu:
Yildirim-Auftritt in Oberhausen (ab 8:15 min)
– Ich habe eine Frage zum Auftritt des Ministerpräsidenten, Herrn Yýldýrýms, und Ihren Antworten vom Mittwoch. Damals sagten Sie, das sei Sache der Versammlungsbehörden, bzw. das AA meinte, die Entscheidung darüber liege in den Händen der zuständigen Behörden vor Ort. Nun sagen das Oberverwaltungsgericht Münster und das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Großkundgebung von Herrn Erdoðan Ende Juli 2016, dass über die öffentlichen Auftritte von ausländischen Staatsoberhäuptern in Deutschland die Bundesregierung entscheidet. Können Sie das aufklären? (ab 11:00 min)
– Könnte bei diesem Einzelfall, diesem Auftritt von Herrn Yýldýrým, die Bundesregierung eingreifen und Nein sagen? Und gab es von türkischer Seite schon die Bitte, dass das klargeht, also dass Herr Yýldýrým auftreten darf, und haben Sie dieser Bitte zugestimmt?
– allgemein gefragt, unabhängig von dem Auftritt von Herrn Yýldýrým: Hat die Bundesregierung überhaupt die Macht, Auftritte ausländischer Regierungschefs in Deutschland in irgendeiner Weise zu untersagen oder zu verhindern, oder müssen Sie das immer den lokalen oder regionalen Versammlungsbehörden, wie Sie sagen, überlassen? Hat die Bundesregierung überhaupt keine Macht? Das ist keine hypothetische Frage, das ist eine Sachfrage. (ab 18:30 min)
– Können Sie diese Auftritte unterbinden? Haben Sie diese Macht? Wenn jetzt also Herr Putin irgendwann kommen und hier zu seinen Freunden in Deutschland sprechen will, kann die Bundesregierung da auch nichts machen, weil es mittlerweile, so wie Sie jetzt tun, etwas völlig Normales ist?
– ich habe es jetzt so verstanden: Die Bundesregierung untersagt diesen Auftritt nicht, weil man an den guten Beziehungen zu den Türken interessiert ist. Wenn man diesen Auftritt untersagen oder in irgendeiner Weise verhindern würde, dann würden die guten Beziehungen darunter leiden.
Verbot von Atombomben (ab 48:25 min)
– Die Bundesregierung hat sich jetzt geäußert, dass sie an den Verhandlungen nicht teilnehmen werde. In der Regierungspressekonferenz am 31.10. wurde die Sprecherin des Auswärtigen Amtes gefragt, ob Deutschland an diesen Verhandlungen teilnehmen werde oder sie boykottieren werde. Frau Chebli sagte damals: Natürlich werden wir keine Gespräche boykottieren. Das hat sich jetzt im Nachhinein als Unwahrheit oder vielleicht sogar als Lüge herausgestellt, denn das tun Sie jetzt ja hiermit. Können Sie uns diesen Sinneswandel kurz erklären?
– Sie begründen das ja damit, dass Sie finden, dass so ein Vertrag wirkungslos bleiben könnte, sofern die Länder mit Atomwaffen dabei nicht eingebunden werden. Nun haben Indien und China gestern mitgemacht das sind Atomwaffenstaaten. Wie passt das alles überhaupt noch zusammen?
– Ihr Hauptpunkt war ja, dass dieser Nichtverbreitungsvertrag in irgendeiner Weise beschädigt werden könnte. Aber indem man sich enthält bzw. an diesen Verhandlungen gar nicht teilnimmt, verpasst man ja die Chance, dass so ein Atomwaffenverbot mit dem NVV kompatibel werden würde.
Ausreisezentren (1:01:08 min)
– zwei Lernfragen. Gibt es schon Orte oder Gemeinden, wo ein Ausreiszentrum entstehen könnte?
– Könnten Sie uns die freiheitliche Situation derjenigen, die dort hineinkommen sollen, erklären? Hat das einen gewissen Lagercharakter für diese Menschen? Dürfen die dort nicht mehr heraus? Ist das eine Art Gefängnis? Müssen sie in einem Umkreis von ein paar Kilometern von diesem Ausreisezentrum sein? Wissen Sie das schon?
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 17. Februar 2017:
SRS’IN DEMMER (zu den Terminen der Bundeskanzlerin): In der vergangenen Woche ist ja noch offen geblieben, wie das Programm der Kanzlerin anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz aussieht. Bereits heute Abend wird sie in München ein Gespräch mit dem afghanischen Präsidenten Ghani führen. Im Anschluss trifft sie den Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, zum Abendessen.
Am Samstagvormittag wird die Bundeskanzlerin um 8 Uhr mit dem türkischen Präsidenten Yýldýrým zum Frühstück zusammentreffen. Um 9 Uhr hält die Kanzlerin eine Rede zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Ab ca. 10.30 Uhr sind weitere bilaterale Gespräche geplant, und zwar mit dem Präsidenten der Kirgisischen Republik Arambajew, mit dem US-Vizepräsidenten Mike Pence, mit dem Ministerpräsidenten der Republik Irak Haider Al-Abadi, mit der Ministerpräsidentin der Volksrepublik Bangladesch Sheikh Hasina und mit dem Ministerpräsidenten des Staates Libyen Fayiz as-Sarradsch. Alles Weitere entnehmen Sie bitte dem Presseprogramm, das wir heute Nachmittag noch herausgeben werden.
Am 20. und 21. Februar wird die Bundeskanzlerin Algerien besuchen. Nach Ankunft am frühen Montagabend in Algier wird sie zunächst von Premierminister Sellal mit militärischen Ehren empfangen. Dem schließt sich ein gemeinsames Gespräch an. Dabei wird es voraussichtlich vor allem um die bilateralen Beziehungen einschließlich der Wirtschaftsbeziehungen gehen und natürlich um Migrationspolitik sowie um die Sicherheitslage in der Region. Im Anschluss daran ist eine gemeinsame Pressekonferenz geplant. Am Abend findet ein Empfang auf Einladung des algerischen Premierministers und ein Abendessen statt.
Am Dienstag wird die Bundeskanzlerin mit Vertretern der Zivilgesellschaft zusammentreffen, eine Mädchenschule besuchen, an der Deutsch unterrichtet wird, und gemeinsam mit dem Premierminister die 6. deutsch-algerische gemischte Wirtschaftskommission eröffnen. Anschließend ist auch noch ein Gespräch mit dem algerischen Präsidenten Bouteflika geplant.
Am Mittwoch tagt wie üblich um 9.30 Uhr das Kabinett unter der Leitung der Bundeskanzlerin.
Am Mittwochnachmittag gibt es einen Termin, für den ich hier sehr werben möchte. Von 14.30 Uhr bis 16 Uhr wird die Kanzlerin am 3. Internationalen Deutschlandforum teilnehmen. Sie hat dazu für Dienstag und Mittwoch 120 nationale und internationale Experten ins Bundeskanzleramt eingeladen. Die Idee zum Internationalen Deutschlandforum stammt aus dem Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin. Sie hat 2011 und 2012 mit Bürger und Experten über die Frage: „Wie wollen wir in Zukunft leben?“ gesprochen. Dieser Zukunftsdialog soll nächste Woche fortgesetzt werden. Diskutieren werden Experten aus nationalen Regierungen, internationalen Organisationen, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft über das Thema Gesundheit unter der Überschrift: Was Menschen wichtig ist Globale Gesundheit und Innovation.
Deutschland engagiert sich jetzt schon auf vielfältige Weise weltweit für die Verbesserung der Gesundheit der Menschen. Die Bundeskanzlerin setzt sich seit Jahren in der G7 und der G20 für globale Gesundheit ein. Der Sechs-Punkte-Plan, den sie 2015 vorgelegt hat, umfasst beispielsweise eine bessere und schnellere Reaktion auf Gesundheitskrisen wie die Ebola-Krise. Die deutsche G20-Präsidentschaft 2017 wird Gesundheitsthemen behandeln wie zum Beispiel globales Management von Gesundheitskrisen, Stärkung von Gesundheitssystemen sowie antimikrobielle Resistenzen. Das Internationale Deutschlandforum ergänzt dieses vielfältige Engagement Deutschlands nun. Bei diesem Format liegt der Fokus auf dem interdisziplinären und interkulturellen Dialog und dem Erfahrungsaustausch, um Lebensqualität weltweit zu verbessern.
Die Bundeskanzlerin wird am Mittwochnachmittag mit den Gästen speziell über Innovationen für Gesundheit sprechen. Sie können den Dialog mit der Kanzlerin per Livestream im Internet über www.bundesregierung.de verfolgen. Das Pressereferat des Kanzleramts wird Ihnen in diesen Minuten parallel Informationen zur Akkreditierung zukommen lassen.
Am Mittwochnachmittag trifft die Kanzlerin zu einem Gespräch mit der geschäftsführenden Direktorin des IWF, Christine Lagarde, zusammen. Sie werden sich auch vor dem Hintergrund der deutschen G20-Präsidentschaft zu aktuellen Themen austauschen.
Am Abend empfängt die Bundeskanzlerin den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, zu einem Arbeitsessen im Bundeskanzleramt. Das Gespräch dient dem Austausch zu aktuellen europapolitischen Themen.
Am Donnerstag, den 23. Februar, wird die Bundeskanzlerin um 12.15 Uhr den litauischen Ministerpräsidenten Saulius Skvernelis zu einem Antrittsbesuch mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Im Mittelpunkt des Gesprächs werden die bilaterale Beziehungen stehen sowie sicherheitspolitische Fragen, darunter natürlich auch die verstärkte Präsenz der NATO in Litauen unter deutscher Führung, europapolitische Themen und regionale Fragen. Eine gemeinsame Pressebegegnung ist für 13.30 Uhr vorgesehen.
Am Freitagvormittag empfängt die Bundeskanzlerin den neugewählten Präsidenten des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, zu einem Arbeitstreffen im Bundeskanzleramt. Tajani ist seit dem 17. Januar Präsident des Europäischen Parlaments. Die Bundeskanzlerin empfängt den Präsidenten zum ersten Mal in Berlin. Bei den Gesprächen geht es um aktuelle Themen der Europapolitik.
FISCHER: Wie Sie vielleicht wissen, wurde gestern Abend in Pakistan erneut ein grausamer Terroranschlag verübt. Ziel waren Pilger in einem Sufischrein in der Provinz Sindh. Nach den uns bisher vorliegenden Informationen wurden dabei über 70 Menschen getötet und mehr als 250 verletzt. Die Terrororganisation IS soll sich zu diesem brutalen Anschlag bekannt haben.
Wir verurteilen diesen hinterhältigen Terroranschlag, der sich gegen nichts ahnende friedliche Pilger gerichtet hat. Unsere Gedanken sind bei den Familien der Opfer. Den Verletzten wünschen wir rasche Genesung.
Das Kalkül der Terroristen, religiösen Hass zu schüren und so den pakistanischen Staat zu destabilisieren, darf nicht aufgehen. Die internationale Gemeinschaft steht im Kampf gegen den Terrorismus an der Seite Pakistans.
Auch in Bagdad wurde gestern ein brutaler Terroranschlag verübt, bei dem rund 50 Menschen getötet wurden. Auch hierzu hat sich der IS bekannt. Die beiden Anschläge zeigen aus unserer Sicht, wie ruchlos, brutal und gewalttätig diese Organisation gerade auch in mehrheitlich muslimischen Ländern zuschlägt und dass es ihr ganz offensichtlich nicht um Religion geht, sondern darum, Tod, Leid und Zerstörung zu verbreiten und Menschen, die einfach nur ihrem friedlichen Leben nachgehen wollen, dieses Leben zu nehmen.
FRAGE STEINER: Das Verfassungsreferendum in der Türkei steht an, zu dem Herr Yýldýrým ja jetzt auftritt. Mich würde interessieren, welche Maßnahmen die Bundesregierung trifft, um die Durchführung dieses Referendums zu unterstützen, wie sie das beispielsweise bei den vergangenen Wahlen in der Türkei getan hat. Welchen Umfang hat das in diesem Fall?
FISCHER: Die türkische Seite hat sich in der Tat mit Hilfe von zwei Verbalnoten an uns gewandt. In diesen Verbalnoten hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie das Referendum hier in Deutschland für die Auslandstürken durchführen möchte. Sie hat auch einige Modalitäten zur Abstimmung bekannt gegeben. Aber bislang liegen noch nicht alle notwendigen Informationen vor, die gebraucht würden, um dieses Ansinnen abschließend zu prüfen. Aber ich kann Ihnen zusichern, dass die Bundesregierung das türkische Ansinnen in der gewohnten Weise prüfen und dann, wenn alle notwendigen Informationen vorliegen, auch die notwendigen Maßnahmen ergreifen wird.
ZUSATZFRAGE STEINER: Gibt es dazu seitens des BMI irgendetwas zu ergänzen? Rechnen Sie beispielsweise mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen für dieses Referendum, die auch von Ihnen zu organisieren wären?
DR. PLATE: Das kann man nicht abschließend beantworten. Bei der Sicherheit vor Ort geht es, wenn es tatsächlich zu einer zustimmenden Antwort der deutschen Seite kommt, vor allen Dingen um die Sicherheit im Umkreis potenzieller Wahllokale. Diese liegt natürlich in der Zuständigkeit der Länder. Insofern berichtet ich jetzt, ehrlich gesagt, ein bisschen außerhalb meiner Zuständigkeit, aber ich kenne das Verfahren natürlich auch. In den Prozess werden also natürlich auch alle Länder eingebunden werden. Das ist immer ein sehr sorgfältiges, detailreiches Verfahren, in dem die Länder auch sorgfältig analysieren, ob sie vielleicht mit Verkehrsbehinderungen rechnen und was man gegebenenfalls dagegen unternehmen kann. Daraus ergibt sich dann auch eine in der Regel relativ detaillierte Antwort an die andere in diesem Fall türkische Seite wenn sie denn bejahend ist , in der relativ konkret festgelegt wird, womit man rechnet und worum man bittet.
Dieser Prozess ist aber angesichts des noch nicht sehr viele Tage zurückliegenden Eingangs der letztlich entscheidenden Verbalnote natürlich noch nicht abgeschlossen. Die Länder sehen sich das jetzt an. Dann werden sie sich äußern, auch zu den Fragen, für die Sie sich interessieren.
FRAGE JUNG: Ich habe eine Frage zum Auftritt des Ministerpräsidenten, Herrn Yýldýrýms, und Ihren Antworten vom Mittwoch. Damals sagten Sie, das sei Sache der Versammlungsbehörden, bzw. das AA meinte, die Entscheidung darüber liege in den Händen der zuständigen Behörden vor Ort. Nun sagen das Oberverwaltungsgericht Münster und das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Großkundgebung von Herrn Erdoðan Ende Juli 2016, dass über die öffentlichen Auftritte von ausländischen Staatsoberhäuptern in Deutschland die Bundesregierung entscheidet.
Können Sie das aufklären?
FISCHER: In dem Beschluss, den Sie erwähnen, ging es um die Anfechtung einer versammlungsrechtlichen Auflage des Polizeipräsidiums in Köln. Daran sehen Sie, dass es um das Versammlungsrecht ging. Zu diesem Versammlungsrecht ist eine Entscheidung getroffen worden. Das war eine Entscheidung im Einzelfall, der ganz verschiedene Gründe zugrunde lagen. Sie wissen, dass wir solche Einzelfallentscheidungen hier nicht kommentieren.
ZUSATZFRAGE JUNG: Könnte bei diesem Einzelfall, diesem Auftritt von Herrn Yýldýrým, die Bundesregierung eingreifen und Nein sagen?
Herr Fischer, gab es von türkischer Seite schon die Bitte, dass das klargeht, also dass Herr Yýldýrým auftreten darf, und haben Sie dieser Bitte zugestimmt?
FISCHER: Nach unserer Auffassung geht es hier um das Versammlungsrecht. Dort ist geregelt, dass nicht der Bund, sondern die Länder, die das Versammlungsgesetz ausführen, für eventuelle Auflagen oder auch mögliche Verbote zuständig sind. Insofern habe ich dem, was wir hier am Mittwoch erklärt haben, nichts hinzuzufügen.
Was es gibt, ist, dass wir auf offiziellem diplomatischem Wege unterrichtet worden sind, dass der türkische Ministerpräsident Yýldýrým nach Deutschland reisen wird. Er wird an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnehmen und auch an verschiedenen anderen Terminen teilnehmen. Es wird nicht um eine Genehmigung gebeten. Aber das ist rechtlich auch nicht so vorgesehen.
FRAGE LEIFERT: Herr Fischer, hat es im Zusammenhang mit dem Auftritt von Herrn Yýldýrým in Oberhausen Kontakte zwischen Ihnen, dem Auswärtigen Amt, der Bundesregierung und türkischen Behörden zu Abstimmung, Absprache, Ablauf, Erwartungen oder anderen Inhalten gegeben?
FISCHER: Wir stehen mit der türkischen Seite natürlich zu den verschiedensten Themen in Kontakt. Ich sagte ja schon, dass wir auf offiziellen diplomatischen Kanälen eine Unterrichtung über den Besuch erhalten haben. Was aber die Durchführung konkreter Veranstaltungen angeht, so ist das, wie ich schon sagte, eine Sache des Versammlungsrechts. Dementsprechend liegt die Entscheidungsbefugnis dazu nicht bei uns.
ZUSATZFRAGE LEIFERT: Hatten Sie eine Veranlassung, bei türkischen Gesprächspartnern nachzufragen, welchen Inhalts der Auftritt von Herrn Yýldýrým sein wird?
FISCHER: Ich denke, wir haben uns zu dem Auftritt bereits am Mittwoch geäußert. Wir haben sehr klar gesagt, dass wir wünschen, dass wir fair und rücksichtsvoll miteinander umgehen, und dass in Deutschland natürlich mehr als 3 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln leben. Viele dieser Menschen nehmen weiterhin regen Anteil an den wirklich dramatischen politischen Entwicklungen in der Türkei. Das respektieren wir. Aber wir wollen auch nicht, dass die innenpolitischen Auseinandersetzungen aus der Türkei zu uns nach Deutschland getragen werden. Genauso wie ich das hier sage, sagen wir das natürlich auch unseren türkischen Partnern.
DR. PLATE: Ich möchte vielleicht auch dabei das Gebiet des rein Rechtlichen in Richtung des Politischen verlassen: Natürlich ist bei solchen Auftritten immer das ist auch in der Vergangenheit immer entsprechend kommuniziert worden die Erwartung an denjenigen, der auftritt, dass die Art und Weise des Auftritts von einem Geist geprägt ist, der nicht zu zusätzlicher Polarisierung der in Deutschland lebenden Türken beiträgt. Ich denke aber, auch angesichts der Tatsache, dass solch ein Redner hier zu Gast ist und dass letztlich unsere Gastfreundschaft dafür benutzt wird, hier auftreten zu dürfen, ist es selbstverständlich, dass wir erwarten, dass das in einem Geiste erfolgt, der nicht zu zusätzlicher Polarisierung beiträgt.
FRAGE STEINER: Herr Fischer, ich möchte an das anknüpfen, was der Kollege Jung eben fragte. Denn tatsächlich war das Oberverwaltungsgericht in Münster sehr eindeutig in dem, was es gesagt hat, und dann im Anschluss auch das Bundesverfassungsgericht bzw. in Kombination damit, nämlich dass es eben keinen grundrechtlich garantierten Anspruch für Mitglieder ausländischer Regierungen gibt, in Deutschland aufzutreten, und dass das stets Teil der Außenpolitik der Bundesrepublik sei. Da würde ich dann doch gern wissen, wie Sie darauf kommen, dass das eine rein versammlungsrechtliche Frage wäre.
FISCHER: Weil es hier um eine versammlungsrechtliche Entscheidung ging.
ZUSATZFRAGE STEINER: In der Folge. Aber die Maßstäbe dafür sind ja klar. Das heißt sozusagen, genau das gleiche Problem kann Ihnen jetzt wieder auftreten, und dann müssten Sie ja doch wieder Position beziehen, oder?
FISCHER: Wie gesagt, wir halten das für eine Einzelfallentscheidung, in der es genau um das Versammlungsrecht ging. Das Versammlungsrecht liegt eben in der Kompetenz andere, nämlich seit der Föderalismusreform in der Kompetenz der Länder. Wenn es vonseiten der zuständigen Behörden Fragen an uns geben sollte, werden wir sie natürlich beantworten. Aber wir sollten schon auch sehen, dass es hier um rein versammlungsrechtliche Entscheidungen gegangen ist.
DR. PLATE: An dieser Stelle kann ich vielleicht noch einen Satz aus der fast schon historisch überkommenen Auffangzuständigkeit für das Versammlungsrecht ergänzen, das in Länderzuständigkeit liegt. Wenn das OVG Münster so hätte verstanden werden wollen, dass es gar keine Frage des Versammlungsrechts ist, hätte es die Entscheidung gar nicht aufrechterhalten können; denn die Versammlungsbehörde hat ja gehandelt. Wenn das aus Sicht des OVG Münster falsch gewesen wäre, dann wäre die Entscheidung der Versammlungsbehörde im vorliegenden Fall formell rechtswidrig gewesen.
Also: Ob das so klar ist, wie Sie sagen, darüber kann man sicherlich diskutieren. Jedenfalls aus unserer Sicht ist dieser Beschluss, der im Einzelfall ergangen ist, sicher nicht so zu verstehen, dass es keine Sache der Versammlungsbehörde ist. Das vielleicht nur zur Klarstellung in dem Rahmen, in dem mir das trotz der nicht gegebenen Bundeszuständigkeit für die Ausübung des Versammlungsrechts möglich ist.
FRAGE KOUPARANIS: Frau Demmer, Sie haben angekündigt, dass sich die Bundeskanzlerin in München sowohl mit Herrn Guterres als auch mit Herrn Yýldýrým treffen wird. Wissen Sie, was der Inhalt dieser Gespräche sein wird, welche Themen das betreffen wird? Wird das die Flüchtlingsfrage sein, die Zypern-Frage?
SRS’IN DEMMER: Ich kann jetzt den Gesprächen nicht vorausgreifen, wie Sie wissen. Lassen Sie sich überraschen.
ZUSATZ KOUPARANIS: Wenn Sie meinen.
FRAGE JUNG (zu Maßnahmen der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem anstehenden Verfassungsreferendum in der Türkei): Herr Fischer, gegebenenfalls Herr Plate, allgemein gefragt, unabhängig von dem Auftritt von Herrn Yýldýrým: Hat die Bundesregierung überhaupt die Macht, Auftritte ausländischer Regierungschefs in Deutschland in irgendeiner Weise zu untersagen oder zu verhindern, oder müssen Sie das immer den lokalen oder regionalen Versammlungsbehörden, wie Sie sagen, überlassen? Hat die Bundesregierung überhaupt keine Macht? Das ist keine hypothetische Frage, das ist eine Sachfrage.
FISCHER: Wie gesagt, hier geht es um eine Versammlung, die unter das Versammlungsrecht fällt. Ansonsten ist es ja durchaus so, dass es immer wieder auch Auftritte ausländischer Politikerinnen und Politiker in Deutschland gibt, längst nicht nur des türkischen Ministerpräsidenten, sondern auch zum Beispiel der türkischen Opposition, die hier in Deutschland auftritt und Veranstaltungen durchführt. Ich erinnere mich auch an einen amerikanischen Präsidentschaftskandidaten, der hier in Berlin aufgetreten ist. Von daher gibt es in den letzten Jahren durchaus eine Praxis, dass es immer wieder Auftritte solcher Art gibt. Wenn Sie das auf diese Frage beziehen, verstehe ich insofern auch Ihre Frage nicht ganz. Es geht eben einfach darum, abzuprüfen, ob diese Dinge versammlungsrechtlich möglich sind, ob genug Ordner da sind, ob die Polizei zur Verfügung steht. Das sind einfach Dinge, die die zuständigen Behörden vor Ort klären müssen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Meine Frage war ja: Können Sie diese Auftritte unterbinden? Haben Sie diese Macht? Wenn jetzt also Herr Putin irgendwann kommen und hier zu seinen Freunden in Deutschland sprechen will, kann die Bundesregierung da auch nichts machen, weil es mittlerweile, so wie Sie jetzt tun, etwas völlig Normales ist?
FISCHER: Grundsätzlich sind wir und auch unsere Partnerregierungen natürlich an guten Beziehungen interessiert. Im Rahmen dieser guten Beziehungen erwarten wir, dass sich das, was die Partnerregierungen auf dem Territorium der Bundesrepublik tun, in diese guten Beziehungen einordnet und diese nicht gefährdet. Solange das gegeben ist, sehe ich nicht, wohin Ihre Frage zielen sollte. Ich denke nicht, dass ein ausländischer Regierungschef überhaupt auf die Idee käme, nach Deutschland zu reisen, wenn er sozusagen Dinge im Schilde führte, die dazu führten, in Deutschland Unruhe zu stiften. Wenn dies einmal der Fall sein sollte, dann müssten wir das natürlich genau prüfen und wir würden das dann auch prüfen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Fischer, ich habe es jetzt so verstanden: Die Bundesregierung untersagt diesen Auftritt nicht, weil man an den guten Beziehungen zu den Türken interessiert ist. Wenn man diesen Auftritt untersagen oder in irgendeiner Weise verhindern würde, dann würden die guten Beziehungen darunter leiden. Habe ich das richtig verstanden?
FISCHER: Nein. Wir gehen davon aus, dass das, was wir gesagt haben, gilt, nämlich dass wir davon ausgehen, dass die türkische Regierung die innenpolitischen Auseinandersetzungen nicht aus der Türkei nach Deutschland tragen wird. Das gilt genauso für die türkische Opposition, wenn sie hier Auftritte durchführt. Solange das gegeben ist und solange wir davon ausgehen können, dass das gegeben ist, gibt es dem aus meiner Sicht wenig hinzuzufügen.
DR. PLATE: Ich möchte aus verfassungsrechtlicher Sicht noch einen Satz einordnend hinzufügen, weil mir das hier eine Entwicklung zu nehmen scheint, die in Richtung eines Missverständnisses geht. Die Frage ist doch wohl: Wenn man einen Auftritt, den jemand gern vornehmen möchte ganz abstrahiert von dem konkreten Fall , als staatliche Stelle verbieten möchte, dann ist das, denke ich, wohl unzweifelhaft ein Eingriff in Grundrechte. Da gilt verfassungsrechtlich ganz allgemein immer Folgendes: Ein Eingriff in Grundrechte ist möglich, wenn es eine Rechtsgrundlage gibt und wenn die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage vorliegen. Das ist die allgemeine Situation. Im konkreten Fall kann ich das jedenfalls nach dem aktuell vorliegenden Sachstand nicht erkennen.
Aber die Frage als abstrakte Rechtsfrage lässt sich natürlich nicht für alle denkbaren Konstellationen, von deren Eintreten wir jetzt noch gar nicht wissen können, ob einmal eine solche Lage gegeben sein könnte, in der die Voraussetzungen vielleicht vorliegen, beantworten. Solch eine Frage können wir, ehrlich gesagt, nicht beantworten. Es ist, denke ich, auch nicht die Aufgabe der Bundesregierung, solche allgemeinen Rechtsauskünfte abseits des konkreten Falls zu erteilen.
FRAGE STEINER: Ich habe eigentlich keine Lust, OVG-Urteile zu zitieren. Aber an der Stelle kommen wir genau dahin. OVG Münster:
„Daran anschließend ist für die Bestimmung der (insoweit in dem in Rede stehenden Kontext eingeschränkten) subjektiven Rechtsposition des Antragstellers ferner ausschlaggebend, dass die Möglichkeit ausländischer Staatsoberhäupter oder Regierungsmitglieder zur Abgabe politischer Stellungnahmen im Bundesgebiet nach der Regelungssystematik des Grundgesetzes nicht grundrechtlich fundiert ist.“
Sie haben uns gerade vorgetragen, es sei an der Stelle eine Einschränkung der Grundrechte. Offensichtlich ja nicht an der Stelle. Wir kommen also nicht ganz zusammen. Daher auch die Hinleitung dazu, dass das eben deswegen ausschließlich in der außenpolitischen Verantwortung der Bundesrepublik zu suchen sei.
Daher, Herr Fischer, noch einmal: Wie sind Sie da ins Spiel gekommen? Sind Sie da bislang ins Spiel gekommen?
FISCHER: Ich denke, wir haben uns hier zu unserer Rechtsauffassung, dass es sich bei dieser Entscheidung um eine Einzelfallentscheidung gehandelt hat, geäußert. Das, was ich Ihnen zu unserer Rolle habe mitteilen können, habe ich Ihnen mitgeteilt. Durch die türkische Seite gab es eine Unterrichtung darüber, dass der türkische Ministerpräsident nach Deutschland kommt und hier verschiedene Termine wahrnimmt. Diese Unterrichtung haben wir zur Kenntnis genommen. Was die Veranstaltung angeht, habe ich Ihnen sehr klar gesagt, dass wir nicht wollen, dass innenpolitische Auseinandersetzungen aus der Türkei nach Deutschland getragen werden.
FRAGE JOLKVER: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium, und zwar zu den Vorwürfen, die Bundeswehr-Soldaten hätten in Litauen ein Mädchen vergewaltigt. Mich würde interessieren, wann und wie hat das Verteidigungsministerium von diesen Vorwürfen erfahren?
NANNT: Ich schildere Ihnen vielleicht einmal den Ablauf. Am 14. Februar ist beim Präsidenten des litauischen Parlamentes eine anonyme E-Mail eingegangen, in der deutsche Soldaten beschuldigt wurden, letzten Freitag angeblich ein minderjähriges Mädchen vergewaltigt zu haben. Daraufhin wurde natürlich neben den litauischen Behörden auch unverzüglich das deutsche Kontingent eingeschaltet, und wir haben dort die Information bekommen. Es wurden dann unverzüglich Ermittlungen durch die litauischen Polizeibehörden eingeleitet. Dabei wurde festgestellt, dass weder ein vermeintliches Opfer noch eventuelle Zeugen oder Täter festgestellt werden konnten. Es hat inzwischen auch eine erste Überprüfung der E-Mail-Adresse stattgefunden. Diese ist nicht mehr existent.
Inzwischen forscht die Polizei in Litauen und führt Ermittlungen durch wegen möglicher falscher Beschuldigungen und Verbreitung von Fake-News gegen Unbekannt. Aus meinen Bewertungen wurde unverzüglich reagiert, weil wir eine wirklich sehr gute und enge Zusammenarbeit mit den litauischen Behörden und der litauischen Armee haben. Das ist also der Ablauf gewesen.
ZUSATZFRAGE JOLKVER: Es werden zwei anonyme Quellen aus Brüssel aus der NATO zitiert, dahinter könnten Russen stecken. Haben Sie eine Vermutung oder eine Idee, wer der Urheber von diesen E-Mails sein könnte?
NANNT: Zu den Verantwortlichen oder den Motiven kann ich Ihnen keine Aussage machen. Dazu haben wir auch keine Kenntnis. Da müssten Sie sich vielleicht an die litauischen Ermittlungsbehörden wenden. Wir sind ja insofern nur mittelbar betroffen gewesen. Es waren natürlich Anschuldigungen gegen unsere Soldaten. Aber wir sind quasi nicht derjenige gewesen, auf den diese E-Mail gestoßen ist. Insofern haben wir dazu keine Erkenntnisse.
FRAGE STEINER: Mich würde grundsätzlich interessieren, wie Sie denn mit solchen, wenn es sich denn in der Form bewahrheiten wird, PSYOP-Geschichten bei diesem doch sehr schwierigen Einsatz im Baltikum umgehen?
NANNT: Wir haben es einfach bewiesen, dass wir sehr gut damit umgegangen sind. Bereits im Vorwege haben wir uns natürlich auf solche Dinge vorbereitet. Das heißt, wir haben uns bereits mit unseren Partnern das heißt mit den anderen Partnernationen in Litauen, aber genauso mit dem Gastgeberland Litauen in verschiedenen Besprechungen darüber verständigt, wie solche Dinge ablaufen.
Ich finde, gerade dieser konkrete Fall zeigt auch das war der erste Fall, den wir jetzt hatten , wie eng dieser Draht war und dass innerhalb einer relativ kurzen Zeit sofort alle Anschuldigungen aufgeklärt werden konnten. Wir gehen damit auch offen um.
Das war auch ein Punkt, den man auch in Litauen an der Presse gesehen hat. Das war hier in Deutschland vielleicht nicht sichtbar. Gleich darauf wurden auch in der litauischen Presse durch offizielle Aussagen von der Regierung, von Polizeibehörden, jegliche Verdachtsfälle ausgeschlossen.
ZUSATZFRAGE STEINER: Gibt es spezielle Umgangsregeln für die dort eingesetzten Bundeswehr-Soldaten, was zum Beispiel die Frage des Umgangs mit der russischstämmigen Bevölkerung innerhalb des Baltikums angeht? Gibt es da irgendwelche speziellen Vorsichtsmaßnahmen? Oder haben Sie vielleicht auch russischsprachige Dolmetscher mitgenommen?
NANNT: Ob wir jetzt Dolmetscher dabei haben, das kann ich Ihnen nicht sagen. Dazu habe ich keine Kenntnis. Es ist auch nicht unbedingt ein strategisch-ministerielles Thema. Klar ist aber das würde ich jetzt nicht nur in Bezug auf Litauen sagen, sondern das gilt letztendlich für alle Einsätze : Sie haben immer gewisse Regeln, wie sich Soldaten in der Öffentlichkeit zu verhalten haben. Ich meine, das gilt auch in Deutschland. Das hat im Ausland natürlich eine ganz andere Dimension. Das ist klar.
Aber darauf werden unsere Soldaten, wenn sie in so einen Einsatz gehen, vorbereitet. Ich würde sagen, das ist eigentlich eine Routine im Rahmen der Einsatzvorbereitung.
FRAGE SCHELD: Sie haben ja schon gesagt, dass Sie über den Urheber nichts sagen können. Aber teilen Sie denn die Einschätzung der litauischen Behörden, dass es sich um eine bewusste Kampagne handelt?
Sie haben die Verhaltensregeln angesprochen. Gibt es denn jetzt eine Veranlassung, irgendetwas zu ändern? Sollen vielleicht neue Regeln für die Soldaten im Einsatz kommen? Man könnte ja über eine Ausgangssperre nachdenken oder was auch immer.
NANNT: Ich wüsste jetzt nicht, warum aufgrund dieses Tatverhaltens irgendetwas geändert werden sollte. Der Ablauf ist ja relativ klar gewesen. Könnten Sie noch einmal Ihre erste Frage sagen?
ZUSATZFRAGE SCHELD: Teilen Sie die Einschätzung der litauischen Behörden, dass das eine bewusste Kampagne ist?
NANNT: Fakt ist, dass es eine bewusste E-Mail war, um zu sagen „Hier ist irgendetwas Falsches entstanden“; das ist schon klar. Ob es nun eine Kampagne ist oder nur ein einzelner Vorfall ist, muss man vielleicht im weiteren Ablauf sehen. Wie gesagt, ich kann Ihnen über Täter oder Motive nichts sagen. Fakt ist allerdings, dass das eine bewusste Falschinformation war; das ist so.
FRAGE LEIFERT: Herr Nannt, Sie sagten gerade, Sie hätten sich vorher auf solche Fälle vorbereitet. Wie haben Sie das getan?
NANNT: Indem man natürlich Kommunikationswege schafft und indem man solche Fälle auch ganz konkret durchspricht und sagt: Wenn so etwas eintritt, wie sprechen wir dann miteinander, wie laufen dann die Kommunikationswege? Es gab jetzt ja zum Beispiel den Strang, dass wir ein Verbindungsglied zu den litauischen Streitkräften haben. Insofern sind, glaube ich, die Kommunikationswege immer ganz entscheidend, um einfach auch schnell reagieren zu können. Natürlich sind das dann auch Dinge, die ganz normal im Rahmen der Pressearbeit laufen. Ich sage einmal: Das ist operatives Geschäft und gehört zu unserem täglichen Arbeiten auch dazu.
ZUSATZFRAGE LEIFERT: Gehörten konkrete Verhaltensvorgaben dazu, die Sie den Soldaten mit auf den Weg gegeben haben?
NANNT: Selbstverständlich haben wir auch mit den Soldaten darüber gesprochen. Aber noch einmal das hatte ich auch Herrn Steiner schon gesagt : Auch in anderen Einsätzen ist es so, dass gerade dieses Wohlverhalten der Soldaten, ihr Auftreten, immer ganz entscheidend ist. Das ist letztendlich unsere Marke für Deutschland, und das gilt nicht nur in Litauen, sondern das gilt auch in anderen Einsätzen. Das ist aber selbstverständlich ein Thema in der Einsatzvorbereitung.
FRAGE JOLKVER: Herr Nannt, wie wurde diese Geschichte denn in der Truppe aufgenommen? Gab es da vielleicht Untersuchungen, wurden da Gespräche geführt, gab es einen Aufschrei der Empörung oder so etwas?
NANNT: Letztendlich war das ein Sachverhalt, der gestern publik geworden ist, und da ist ja nichts passiert und zwar deshalb, weil wir gut vorbereitet waren und unverzüglich reagiert haben. Insofern kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, ob das in Thema in den Gesprächen zwischen den Soldaten in Litauen ist; dafür bin ich in Berlin ja auch viel zu weit davon entfernt. Aber wie gesagt, es ist ja nichts passiert. Wir konnten einfach gut reagieren, und dadurch ist das Thema auch relativ schnell im Keim erstickt worden.
FRAGE RÖDLE: Frau von Tiesenhausen, es gibt in der CDU/CSU erste Stimmen, die sagen, man könne in Sachen Griechenland eventuell auch auf den IWF verzichten und brauche den gar nicht mehr. Gibt es so ein Umdenken auch bei Herrn Schäuble?
VON TIESENHAUSEN-CAVE: Nein. Ich würde das gern auch noch einmal einordnen, indem ich sage, dass Sie vielleicht noch ein bisschen weiter nachlesen sollten, was dazu gestern sonst noch kommuniziert wurde. Ich glaube, die Haltung der Union und der Bundesregierung, die an dieser Stelle ja wirklich sehr häufig dargelegt wurde, ist davon in keiner Weise betroffen.
ZUSATZFRAGE RÖDLE: Ich würde es gerne noch einmal hören: Was hätte es denn für Konsequenzen, wenn der IWF aussteigt?
VON TIESENHAUSEN-CAVE: Auch das haben wir hier schon ungefähr zwanzigmal diskutiert; ich verweise wirklich auf die Protokolle. Wir haben immer wieder gesagt, dass für uns die Beteiligung des IWF unabdingbar ist, und auf diesem Weg arbeiten wir. Wir haben ja auch diese Woche schon gesagt dazu gibt es auch Äußerungen aus Brüssel , dass es Annäherungen zwischen den Institutionen gibt. Diesen Weg verfolgen wir mit aller Kraft.
FRAGE HELLER: Erstens. Gibt es nach dem Gespräch der Kanzlerin mit Frau Lagarde so etwas wie eine Presseunterrichtung?
Zweitens. Frau Demmer, wir lesen heute in einer großen Zeitung, dass es ein Telefonat der Kanzlerin mit Frau Lagarde schon gegeben habe, in dem Frau Lagarde angeblich signalisiert haben soll, dass sich der IWF an dem Programm beteiligen wird. Hat es dieses Telefonat gegeben und ist diese Tendenzaussage, von der ich gesprochen habe, richtig?
SRS’IN DEMMER: Wie immer kann ich aus vertraulichen Gesprächen der Kanzlerin nichts berichten, und das gilt auch bezüglich dieses Telefonats. Ich würde aber gerne Frau Tiesenhausen beipflichten: An der Position der Bundesregierung hat sich nichts verändert, die Bundesregierung geht weiterhin von einer Beteiligung des IWF aus.
Das Gespräch in der kommenden Woche ist nicht presseöffentlich.
ZUSATZFRAGE HELLER: Es gibt also auch nichts im Anschluss oder vorher?
SRS’IN DEMMER: Nein.
FRAGE KOUPARANI: Frau von Tiesenhausen, zum Stichwort Institutionen in Brüssel: Haben Sie irgendwelche Informationen, wann sie nach Athen zurückkehren werden?
VON TIESENHAUSEN-CAVE: Mir liegen dazu keine Informationen vor. Wir hören von dem guten Fortschritt der Gespräche innerhalb der Institutionen und auch von Fortschritt in den Gesprächen mit Griechenland, aber ein Rückkehrdatum der Mission Chiefs, also der Vertreter der Institutionen, nach Athen ist mir jetzt nicht bekannt.
ZUSATZFRAGE KOUPARANI: Glauben Sie, dass so etwas beim Treffen der Eurogruppe am 20. Februar vereinbart werden könnte?
SRS’IN DEMMER: Ich will dem Treffen am Montag nicht vorgreifen. Noch einmal: Wir haben eine Annäherung, wir sind aber auch rein technisch bei Weitem noch nicht so weit, dass am Montag eine endgültige Entscheidung über den Abschluss des Reviews gefällt werden könnte. Wir haben hier auch schon öfter beschrieben, dass dazu noch weitere formelle Schritte nötig sind, unter anderem eben auch Überprüfungen in Athen und der Abschluss des Staff Level Agreements, also die Formalisierung dieses Überprüfungsprozesses. Dafür braucht es sicherlich noch eine Weile.
FRAGE DR. DELFS: Frau Demmer, noch einmal zum Treffen der Kanzlerin mit der IWF-Chefin: Ist das eigentlich ein routinemäßiges Treffen oder ist das sozusagen kurzfristig angesetzt worden, können Sie dazu etwas sagen?
Frau von Tiesenhausen, wäre die Bundesregierung bereit, eine reduzierte IWF-Beteiligung zu akzeptieren? Man kann jetzt ja lesen, dass da nur noch 5 Milliarden Euro im Gespräch seien. Damit wäre ja die formal die Bedingung erfüllt, dass sich der IWF beteiligt, und alle könnten zufrieden sein.
SRS’IN DEMMER: Die Bundeskanzlerin trifft sich immer wieder einmal mit der IWF-Chefin Lagarde, und es handelt sich hierbei um einen allgemeinen Austausch.
VON TIESENHAUSEN-CAVE: Unser Ziel ist immer gewesen das wurde an dieser Stelle auch schon oft bekräftigt , dass der IWF an Bord kommt. Das ist ja auch nicht nur ein deutsches Ziel, sondern das ist auch in der Eurogruppe in verschiedenen Erklärungen immer einstimmig beschlossen worden. Dabei geht es um eine Zwei-Facetten-Beteiligung, nämlich mit Expertise und mit Finanzmitteln. Das ist ja auch das, was der IWF zum Beispiel jüngst nach einem Gespräch zwischen Frau Lagarde und Herrn Schäuble am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos noch einmal unterstrichen hat.
Zu einzelnen Summen möchte ich hier nicht spekulieren. Die Zielrichtung ist klar, und daran arbeitet ja auch der IWF. Sie können gerne noch einmal nachlesen, was der IWF im Anschluss an das angesprochene Treffen veröffentlicht hat.
FRAGE DR. ZWEIGLER: Ich habe eine Frage an das Bundesverkehrsministerium zu unserem Dauerthema Pkw-Maut: Herr Strater, warum ignoriert Ihr Ministerium eigentlich das neueste Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes zur Infrastrukturabgabe?
STRATER: Dass wir das ignorieren würden, haben Sie jetzt gesagt. Wir haben uns dazu ja geäußert. Ich trage die Aussage des Ministers vom heutigen Tage, die Ihnen allen eigentlich schon vorliegt, gerne noch einmal vor. Der Minister hat zu diesem Gutachten der Grünen gesagt:
„Die Maut kommt. Sie ist gerecht und sie ist europarechtskonform. Das hat auch die EU-Kommission bestätigt.“
Das können Sie alles in der Pressemitteilung der EU-Kommission vom 1. Dezember 2016 nachlesen. Wie Sie wissen, hat es damals die Einigung zwischen Deutschland und der Kommission auf das deutsche Maut-Modell gegeben. Ich trage Ihnen hier gern einige Passagen mit Aussagen der EU-Kommission vor also nicht von uns, sondern von der Kommission selbst. Unter der Überschrift „EU-Kommission und Deutschland einigen sich auf gerechte und diskriminierungsfreie Maut“ sagt die Kommission dort:
„Die vereinbarte Lösung wahrt das Recht der EU-Bürger auf Gleichbehandlung ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft …
Die beiden Gesetze werden nach den angekündigten Änderungen gewährleisten, dass das deutsche Mautsystem mit dem EU-Recht in Einklang steht. …
Mit der Annahme der Änderungen durch Bundestag und Bundesrat würde jegliche Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit beseitigt. …
Sobald die geänderten deutschen Rechtsvorschriften verabschiedet und veröffentlicht sind, kann der Fall offiziell abgeschlossen und das Verfahren wegen Berücksichtigung der Rechtsbedenken der Kommission eingestellt werden.“
Noch einmal: Das sind die Worte der EU-Kommission, die bekanntlich die Hüterin der Verträge ist. Darauf möchte ich hier noch einmal besonders hinweisen.
ZUSATZFRAGE DR. ZWEIGLER: Herr Strater, ich stutze etwas bei Ihrer Formulierung „Gutachten der Grünen“: Es ist natürlich ein Gutachten des Wissenschaftliches Dienstes, der weitab von jeglicher parteipolitischer Instrumentierung ist.
Meine Frage ist: Bereiten Sie sich eigentlich schon auf eine mögliche juristische Auseinandersetzung beispielsweise vor dem EuGH vor, wenn Österreich, Niederlande oder andere europäische Staaten gegen die Infrastrukturabgabe klagen sollten?
STRATER: Noch einmal: Ich verweise auf die Aussage des Ministers; er sagt:
„Die Maut kommt. Sie ist gerecht und sie ist europarechtskonform. Das hat auch die EU-Kommission bestätigt.“
Ich habe Ihnen die entsprechenden Passagen hier vorgelesen, und die sprechen, glaube ich, für sich.
FRAGE STEINER: Selbst wenn Sie jetzt sagen, das spreche für sich: Es ist ja nicht das erste Mal, dass Zweifel aufkommen hinsichtlich der Frage, ob Ihre Neuregelungen tatsächlich die Probleme erschlagen können, und zwar zum einen in finanzieller Hinsicht und zum anderen tatsächlich auch in europarechtlicher Hinsicht. Womit rechnen Sie denn jetzt eigentlich? Führt das in irgendeiner Form noch einmal zu Verzögerungen bei der Einführung der ganzen Geschichte, oder glauben Sie, dass Sie es tatsächlich schaffen, die Maut wie geplant zum Jahr 2018 einzuführen?
STRATER: Wie Sie wissen, haben wir die Änderungen, die wir im Dezember mit der EU-Kommission im Dezember vereinbart haben, in einem Änderungsgesetz umgesetzt. Dieses Gesetz hat das Kabinett am 25. Januar beschlossen, und die Änderungsgesetze befinden sich jetzt im parlamentarischen Verfahren. Anschließend beginnt die technische Umsetzung, und der Start des Mautsystems folgt in der kommenden Wahlperiode.
FRAGE FUCHS: Ich habe eine Frage an das AA und an das Justizministerium: Der jemenitische Botschafter Al-Shaibi hat sich nach seiner Aussage mit einer Beschwerde an das Auswärtige Amt gewendet, dass die Commerzbank im Dezember sämtlichen jemenitischen Mitarbeitern der Botschaft die Konten fristlos und unbegründet gekündigt habe. Im Januar wurden 60 Konten von jemenitischen Studenten fristlos und unbegründet gekündigt.
Meine erste Frage: Hat die Bundesregierung Kenntnis von diesem Vorgang und hat sie die Diskriminierung dieser Mitarbeiter verurteilt?
Zweite Frage: Darf eine Bank unter dem Stichwort Basiskonto einen solchen Vorgang überhaupt vornehmen?
FISCHER: Mir ist dieser konkrete Fall nicht bekannt, von daher müsste ich prüfen, ob das bei uns im Auswärtigen Amt auf die eine oder andere Weise anhängig gemacht worden ist.
STEFFEN: Mir ist dieser konkrete Fall auch nicht bekannt, und zu Einzelfällen nehmen wir hier auch keine Stellung.
Zu Ihrer allgemeinen Frage: Basiskonten sind nur bei Vorlage der Voraussetzungen des § 42 ZKG kündbar, und dies gilt für alle verpflichtenden Institute.
ZUSATZFRAGE FUCHS: Könnten Sie diesen konkreten Fall klären und nachreichen, auch mit einer Stellungnahme zu der Frage: Verurteilt die Bundesregierung diesen Fall, wenn er denn so gegeben ist?
FISCHER: Wie gesagt, wir schauen uns das an, und wenn es etwas nachzureichen gibt, dann werden wir das tun.
FRAGE HELLER: Ich habe zwei Fragen an das Wirtschaftsministerium, aber auch an Sie, Frau Demmer, zum Thema Opel.
Zunächst an das Wirtschaftsministerium: Ihre Ministerin legt ja Wert darauf, bei diesem Komplex nicht von einer Übernahme, sondern von einem Merger zu sprechen, also von einem Zusammenschluss. Hat das den Hintergrund, dass Sie inzwischen in den Gesprächen mit den Unternehmen kundig geworden ist, dass es keine platte Übernahme des einen durch den anderen wird?
Zum Zweiten: Verschiedene Häuser das Kanzleramt, das Wirtschaftsministerium, das Verkehrsministerium, möglicherweise auch das Arbeitsministerium haben jetzt ja Zeit gehabt für Gespräche mit den Beteiligten, wie es am Mittwoch angekündigt worden ist. Ist die Bundesregierung nach zwei Tagen Zeit, das zu bedenken, und nach neuen Informationen in einem Status, in dem sie sagen kann: „Wir halten das grundsätzlich für eine gute Sache, wir begrüßen das“? Hat man wer auch immer inzwischen von irgendeinem Ministerium mit den beiden Firmenspitzen von General Motors und Peugeot gesprochen?
ALEMANY: Herr Heller, der Grund dafür, dass Ministerin Zypries von Zusammenschluss spricht, ist, dass die Firmen von Zusammenschluss sprechen je nach Sprache; in Französisch wird von Allianz geredet, aber letztendlich wird von Zusammenschluss gesprochen, deswegen sprechen auch wir davon.
Wie Sie auch wissen, gibt es verschiedene Gespräche mit allen Beteiligten, man kann sagen, auf allen Ebene, und zwar sowohl telefonisch als auch richtige Gespräche innerhalb der Bundesregierung und auch mit den Ländern. Solche Verhandlungen sind ja nicht tagesabhängig oder nicht schnell. So gesehen verstehe ich zwar, dass Sie nach einem Tag, an dem Gespräche geführt wurden, gerne Ergebnisse haben wollen würden. Solche Dinge sind aber längerfristige Gesprächs- und Verhandlungsprozesse.
Die Verhandlungsprozesse innerhalb der Firmen sind relativ weit fortgeschritten. Die Bundesregierung versucht, mit den Beteiligten weiter im Gespräch zu bleiben, und hat noch einmal die Erwartungshaltung deutlich gemacht, was die Sicherung von Standards, die Arbeitsplatzsicherung und den Erhalt betrieblicher Vereinbarungen angeht. Sie hat natürlich auch noch einmal geäußert, dass es wichtig ist, dass die Gewerkschaften und die Arbeitnehmervertreter ausreichend an diesen Prozessen beteiligt werden. Das ist der Stand heute.
ZUSATZFRAGE HELLER: Hat bisher irgendeines der beteiligten Häuser, inklusive des Kanzleramtes, mit den Chefs von GM und Peugeot gesprochen?
Zu der Anmerkung, es gebe laufende Gespräche: Wenn die Ministerin sagt, sie gehe davon aus, dass das stattfindet, dann sollte man da ja herauslesen, dass Entscheidungen quasi unmittelbar bevorstehen. Dann müsste es doch der Politik auch möglich sein, zumindest im Groben zu sagen, ob man das für eine gute Sache oder für eine schlechte Sache hält?
ALEMANY: Die Ministerin hat deswegen von Zusammenschluss gesprochen und gesagt, sie gehe davon aus, dass das jetzt stattfinden wird, weil, wie gesagt, die Vertragsverhandlungen relativ weit fortgeschritten sind. Es ist, glaube ich, nicht Aufgabe der Bundesregierung, zu kommentieren, wie weit diese Verhandlungen fortgeschritten sind und wie die sich genau ausgestalten zumal das nach heutigem Stand ja noch im Prozess befindlich ist.
Zur Frage, ob jemand mit den Konzernspitzen gesprochen hat: Ohne dass ich Einzelheiten ausplaudern möchte, wer mit wem genau spricht, kann ich bestätigen, dass natürlich auch mit GM und PSA gesprochen wurde.
FRAGE DR. DELFS: Frau Alemany, die Standortsicherheit und der Arbeitsplatzerhalt sind der Bundesregierung ja sehr wichtig. Können Sie sagen, ob die Bundesregierung schon irgendwelche Signale erhalten hat, ob diese Standortsicherung möglicherweise gegeben ist? Was ist bislang Ihr Eindruck, wie sich das auswirken wird?
ALEMANY: Es geht zunächst einmal darum, in Ruhe die Gespräche zu führen und nüchtern die Chancen und Herausforderungen für die Standorte und die Beschäftigung auszuloten. Es hängt alles ein bisschen davon ab, wie die beiden Unternehmen mit den Gewerkschaften und den Arbeitnehmervertretern weiter verhandeln. Es ist, glaube ich, zu früh, um dazu schon erste Bewertungen abzugeben.
FRAGE JUNG: Zum Thema Atombomben und der UN-Verhandlungsrunde, die im März stattfinden soll: Die Bundesregierung hat sich jetzt geäußert, dass sie an den Verhandlungen nicht teilnehmen werde. Herr Fischer, in der Regierungspressekonferenz am 31. Oktober wurde die Sprecherin des Auswärtigen Amtes gefragt, ob Deutschland an diesen Verhandlungen teilnehmen werde oder sie boykottieren werde. Frau Chebli sagte damals: Natürlich werden wir keine Gespräche boykottieren. Das hat sich jetzt im Nachhinein als Unwahrheit oder vielleicht sogar als Lüge herausgestellt, denn das tun Sie jetzt ja hiermit. Können Sie uns diesen Sinneswandel kurz erklären?
Sie begründen das ja damit, dass Sie finden, dass so ein Vertrag wirkungslos bleiben könnte, sofern die Länder mit Atomwaffen dabei nicht eingebunden werden. Nun haben Indien und China gestern mitgemacht das sind Atomwaffenstaaten. Wie passt das alles überhaupt noch zusammen?
FISCHER: Herr Jung, vielen Dank für die Frage. Mir liegen die Äußerungen der Kollegin nicht im Wortlaut vor, aber ich glaube, das, was Sie da als Haltung der Bundesregierung beschreiben, würde für mich jetzt nicht unter einen Boykott fallen. Boykottmaßnahmen sind dann ja doch etwas anderes.
Lassen Sie mich noch einmal betonen, dass die Bundesregierung voll hinter dem Ziel steht, eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen. Deshalb setzen wir uns eben auch für konkrete Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung ein und beteiligen uns mit viel Einsatz an Gesprächen und Verhandlungen zu diesem Thema. Bei all dem achten wir aber sehr darauf, dass der nukleare Nichtverbreitungsvertrag, der ja sozusagen das Fundament des Nonproliferations- und Abrüstungsregimes ist, und insbesondere seine in diesem Umfang einzigartigen Kontroll- und Inspektionsregime nicht geschwächt werden. Wichtig ist uns auch, dass an allen Verhandlungen, die zu diesem Thema stattfinden, auch die Kernwaffenstaaten allen voran die USA und Russland, die über 90 Prozent aller Atomwaffen besitzen teilnehmen; denn ohne ein aktives Mitwirken dieser Kernwaffenstaaten Sie haben es ja schon angedeutet gehen solche Verhandlungen ins Leere, und es würde dadurch dann keinerlei wirklicher Fortschritt in Richtung konkreter Abrüstung erzielt.
Das ist die Messlatte, die wir anlegen und anhand derer wir jegliche Initiative prüfen. Das tun wir auch hier.
ZUSATZ JUNG: Ihr Hauptpunkt war ja, dass dieser Nichtverbreitungsvertrag in irgendeiner Weise beschädigt werden könnte. Aber indem man sich enthält bzw. an diesen Verhandlungen gar nicht teilnimmt, verpasst man ja die Chance, dass so ein Atomwaffenverbot mit dem NVV kompatibel werden würde.
FISCHER: Ich will ja gar nicht unterstellen, dass es da Ich glaube, dass so ein Instrument das Risiko birgt, dass tatsächlich der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag geschwächt wird. Einfach auf diese Verifikationsmechanismen zu verzichten diese sind ja in dem Verhandlungsprozess, der jetzt läuft, gar nicht vorgesehen , würde nur zu neuer Unsicherheit führen. Das, was in diesem Verhandlungsprozess gefordert wird, führt dazu, dass dann gesagt würde, dass Atomwaffen auf der Stelle abzuschaffen wären. Dieses würde aber dann nicht verifiziert werden können. Das heißt, es ist eine Willensbekundung, für die keine Überprüfung mehr möglich ist. Das eben bietet der Nichtverbreitungsvertrag. Das heißt, wir hätten dann eine parallele Strecke, auf die sich jeder beziehen und sagen könnte: Na ja, ich habe ja gesagt, ich habe keine mehr. Aber überprüfen lassen möchte ich das nicht.
Das ist die Gefahr, die wir sehen. Vor diesem Hintergrund müssen Sie auch unsere Entscheidung sehen.
FRAGE STEINER: Herr Fischer, wenn Sie sagen, dass das der falsche Weg ist, der dort gegangen wird, welche Maßnahmen unternehmen Sie denn gerade konkret, um den aus Ihrer Sicht richtigen Weg zum Erfolg zu führen?
FISCHER: Es gibt eine ganze Reihe von konkreten Schritten, die wir hin zu nuklearer Abrüstung unternehmen. Wir setzen zum Beispiel auf Transparenzmaßnahmen, auf Verifikation und Vertrauensbildung und dies alles auf Grundlage des Nichtverbreitungsvertrags. Wir betrachten es durchaus als Erfolg und auch Bestätigung unseres Ansatzes, dass die von uns gemeinsam mit Kanada und den Niederlanden eingebrachte Resolution zum Verbot der Herstellung spaltbarer Materialien auf sehr breite Zustimmung in der Generalversammlung gestoßen ist.
Besonders wichtig ist uns das werden Sie jetzt auch nach dem, was ich vorher gesagt habe, erwarten , dass es uns gelungen ist, die Nuklearwaffenstaaten in diesen Prozess einzubinden und somit einer weiteren Polarisierung dieser Nukleardiskussion entgegenzuwirken. Wir sind auch fest entschlossen, dieses breite Mandat, das wir durch die Generalversammlung erhalten haben, zu nutzen, um die Voraussetzungen für einen baldigen Beginn von Verhandlungen über spaltbare Materialien zu schaffen. Wir sind überzeugt, dass dieser Weg durchaus vielversprechend ist.
ZUSATZFRAGE STEINER: Zum Verständnis: Wer ist aus Ihrer Sicht offiziell Nuklearwaffenstaat?
FISCHER: Es gibt diejenigen, die sich offiziell dazu bekannt haben und die Mitglied des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrags sind.
FRAGE HELLER: Ich wollte das Bundesfinanzministerium nach einem Untoten fragen, nämlich der Finanztransaktionssteuer. Der Minister hatte im Oktober einmal angekündigt: Wir werden vielleicht bis Jahresende eine abgespeckte Form dieser Steuer unter den zehn europäischen Staaten, die das noch mitverfolgen, bekommen. Inzwischen ist auch dieser Termin wieder verstrichen. Wird dieses Thema Finanztransaktionssteuer vom Minister in der EU und im Rahmen der G20 weiter verfolgt, oder wird das auf „hold“ gestellt?
VON TIESENHAUSEN-CAVE: Nur zur Klarstellung: Das ist ja ein Thema, das in der Gruppe der Verstärkten Zusammenarbeit bearbeitet wird, die sich unter dem Vorsitz Österreichs meistens am Rande von Treffen der Eurogruppe bzw. Ecofin trifft. Es ist auch wieder für Dienstag ein erneutes Treffen dieser Arbeitsgruppe angesetzt. Im Januar gab es kein Treffen; da war der österreichische Finanzminister nicht in Brüssel.
Es geht aktuell um Beratungen über das Thema „Auswirkungen solcher Pläne auf Altersversorgung und Realwirtschaft“, das dort besprochen wird. Das ist technisch anspruchsvoll. Wir setzen uns hierbei weiter für einvernehmliche Lösungen ein. Es ist wichtig, dass es eine Verständigung aller noch verbliebenen Staaten in dieser Arbeitsgruppe gibt. Wir sind derzeit zehn; Sie wissen, dass das Mindestmaß neun Staaten sind. Das hat auch Vorrang vor allzu ehrgeizigen Zeitplänen. Wir müssen die Gruppe natürlich zusammenhalten.
Sie haben ein verändertes Umfeld angesprochen. Das ist von vielen Beteiligten immer wieder angesprochen worden. Natürlich behalten wir das veränderte Umfeld im Auge. Man kann hier natürlich nicht ohne den Blick auf die Entwicklungen in der Welt vorangehen. Aber unsere grundsätzliche Haltung bleibt unverändert.
Ich will auch noch einmal darauf hinweisen, dass uns der Koalitionsvertrag, der in diesem Zusammenhang oft erwähnt wird, ins Stammbuch geschrieben hat, dass negative Auswirkungen auf Altersversorgung, Kleinanleger, Realwirtschaft und Verlagerung im Finanzsektor zu vermeiden sind.
FRAGE LEIFERT: Meine Frage richtet sich an das Bundesinnenministerium. Herr Plate, Ihr Chef wird am kommenden Montag in Berlin-Schönefeld mit seinen Amtskollegen aus Brandenburg und Berlin die einzelnen Schritte einer Rückführung besprechen und sich dort informieren. Würden Sie mir aus diesem Anlass noch einmal erklären, was ein gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr schneller oder besser gegenüber den Rückführungen machen kann, die wir jetzt auch schon in Deutschland haben und sehen? Das ist ja eines der Maßnahmenpakete, die zwischen Bund und Ländern verabredet wurden.
DR. PLATE: Das kann ich gerne versuchen. Das gemeinsame Zentrum gibt es so nicht, sondern es ist Teil des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz. In dem Beschluss steht, dass es im Wesentlichen innerhalb von drei Monaten im Raum Berlin entstehen soll. In dem Beschluss steht jedenfalls in groben Zügen auch, was es leisten soll und was es leisten kann.
Es ist so, dass es beim Thema Rückführung eine Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern gibt. Die ganz wesentlichen Punkte liegen nach geltendem Recht bei den Ländern, eine etwas kleinere Möglichkeit der Unterstützung insbesondere amtshilfeartige Unterstützung beim Bund. Das findet zum Teil auch schon statt, kann man aber mit einem solchen Zentrum verbessern. Ein Punkt ist zum Beispiel die Passersatzbeschaffung. Es ist so, dass nach aktuellem Stand jedes Land einzeln für die Personen, die zur Abschiebung anstehen, aber keine Papiere haben, auf die jeweilige Botschaft bzw. auf das Konsulat zugehen muss, um sozusagen Ersatzpapiere zu besorgen. Wenn das stärker als das, was bisher schon als Unterstützungsangebot in Potsdam existiert, zentralisiert werden kann, versprechen wir uns bei der Passersatzbeschaffung durchaus erhebliche Fortschritte. Man kann sich vorstellen, dass die Verhandlungen leichter fallen, wenn immer eine zentrale Stelle mit der jeweiligen Botschaft zu tun hat, als wenn es zum Beispiel so ist wie in einigen Ländern, dass sich sogar einzelne Landkreise einzeln noch nicht einmal zentral pro Land, sondern einzelne Landkreise an eine Botschaft wenden, um für die Personen, die bei ihnen zur Abschiebung anstehen, Ersatzpapiere zu besorgen.
Ein weiterer Punkt ist zum Beispiel auch die Möglichkeit von Sammelabschiebungen. Wenn es eine zentrale Stelle gibt, die zum Beispiel von den verschiedenen Ländern geeignete Personen zusammentragen und möglicherweise mehrere Personen gleichzeitig in einem Flugzeug rückführen kann, kann man sich, glaube ich, leicht vorstellen, dass das zum Beispiel eine erhebliche Steigerung der Effizienz und eine Erhöhung der Zahlen mit sich bringen kann.
Das sind vielleicht die zwei ganz prominenten Aspekte, die ich hier hervorheben möchte.
ZUSATZFRAGE LEIFERT: Sie haben selber von erheblicher Verbesserung und Steigerung der Effizienz gesprochen. Der organisatorische Aufwand für den Aufbau eines solchen gemeinsamen Zentrums ist ja nicht unerheblich. Haben Sie dagegen gerechnet, wie viel das in Zahlen sozusagen an Effizienz und Steigerung bewirkt? Können Sie sagen, dass die Abschiebungen sich durch die Effizienz und durch die Steigerung um ein Drittel, um 50 Prozent oder gar um 100 Prozent erhöhen werden?
DR. PLATE: Nein. Ich verstehe den Wunsch, einen solchen zahlenmäßigen Vergleich herzustellen. Es ist, ehrlich gesagt, seriös nicht möglich, eine bestimmte Zahl zu prognostizieren. Das Geschäft der Abschiebung, wenn man das so nennen will, ist immer eines, wo man im Einzelfall natürlich sehr genau hinschauen muss. Die Abschiebehindernisse, die es bisher gibt, können ganz unterschiedlichster Art sein. Inwieweit jeweils sozusagen eine Beseitigung solcher Hindernisse geschieht wenn ja, in welchem zeitlichen Ablauf , hängt von so vielen Faktoren ab, dass sich eine genaue Zahl bis dann und dann sind es so und so viel mehr in dem Sinne seriös nicht nennen lässt. Deswegen würden wir uns an solchen Spekulationen auch nicht beteiligen.
Das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass wir nicht doch davon ausgehen, dass die Steigerung erheblich sein wird, da wir ja sehen, an welchen Stellen es jetzt ein bisschen hakt und an welchen Stellen wir uns erhebliche Verbesserungen realistisch erhoffen können. Das sehen wir. Aber genau Zahlen kann ich dazu nicht anbieten.
FRAGE JUNG: Herr Plate, zwei Lernfragen. Gibt es schon Orte oder Gemeinden, wo ein Ausreiszentrum entstehen könnte?
Könnten Sie uns die freiheitliche Situation derjenigen, die dort hineinkommen sollen, erklären? Hat das einen gewissen Lagercharakter für diese Menschen? Dürfen die dort nicht mehr heraus? Ist das eine Art Gefängnis? Müssen sie in einem Umkreis von ein paar Kilometern von diesem Ausreisezentrum sein? Wissen Sie das schon?
DR. PLATE: Ich glaube, es gehen zwei Dinge ziemlich durcheinander. Herr Leifert hatte nach etwas ganz anderem gefragt, nämlich nach dem Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR). Dort werden überhaupt keine Ausreisepflichtigen sein, sondern das ist ein Zentrum, das sozusagen Bundes- und Landesbehörden an einen Tisch zusammenbringt, ähnlich wie es das zum Beispiel Thema Terrorismusabwehr beim Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) gibt. Damit ist das vergleichbar. Insofern hat das Zentrum, nach dem Herr Leifert gefragt hat und an das sich Ihre Frage angeschlossen hat, mit Lagercharakter oder mit einer Internierung von Ausreisepflichtigen absolut gar nichts zu tun.
FRAGE BAUER: Eine Frage an das Bundesjustizministerium. Nach den Durchsuchungen und Anschuldigungen gegen Ditib-Imame, Spionage betrieben zu haben, hat sich Ihr Minister geäußert und hat gefordert, dass sich Ditib glaubhaft von Ankara oder von Erdoðan lösen müsste, um noch ein verlässlicher Partner zu sein. Wie darf man das verstehen? Was bedeutet es, wenn Ditib das nicht tut? Denkt der Minister dann über eine Auflösung nach? Was hat es mit dieser Drohung auf sich?
STEFFEN: Ich würde das nicht als Drohung bezeichnen. Die Zitate sind in der Tat am 15. Februar versandt worden. Ich denke, sie stehen so, wie sie am 15. Februar gesagt und versandt worden sind, für sich.