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Bundesregierung für Desinteressierte: Komplette BPK vom 21. Juni 2017

Deeskalierende Vorstöße ► BPK vom 21. Juni 2017

Themen: Kabinettssitzung (deutsche Beteiligung an der zivilen OSZE-Sonderbeobachtermission SMM Ukraine, Zweiter Gleichstellungsbericht „Erwerbs- und Sorgearbeit gemeinsam neu gestalten“, Überführung der Bundeswehr von der Luftwaffenbasis im türkischen İncirlik nach Al-Azraq in Jordanien), Tod des amerikanischen Staatsbürgers Otto Warmbier, Hinweis zur Akkreditierung zum G20-Gipfel in Hamburg, Siedlungsbau im Westjordanland, Stand der Planungen für den Trauerakt für Altbundeskanzler Helmut Kohl, Gesetz über die Reintegration des Donbass, Äußerungen des Sprechers des Auswärtigen Amtes über den Umgang mit Nichtregierungsorganisationen seitens Israels, Sanktionen der USA gegenüber Russland, europäische Verteidigungspolitik, Schadstoffausstoß von Pkw, Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Schleierfahndung, Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus, Absetzung der abschließenden Beratung über ein Rüstungspaket von der Tagesordnung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, Abschuss eines syrischen Kampfjets, Umrüstung von Dieselfahrzeugen, Verkauf von US-Kampfflugzeugen an Katar

Kabinettsthemen (ab 1:01 min)
AA zum Siedlungsbau in Israel (ab 8:24 min)

Naive Fragen zu:
Israels NGO-Gesetz (ab 15:00 min)
– Sie hatten letzte Woche zum NGO-Gesetz in Ungarn was gesagt und auch Russland, China und Israel genannt. Da gab es Stress von israelischer Seite. Die Botschaft hat sich mit Ihnen in Verbindung gesetzt. Was wollten sie von Ihnen, was ist da rausgekommen?

Antisemitismus in Deutschland (ab 40:40 min)
– Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, fordert einen Antisemitismus-Beauftragten im Kanzleramt. Was sagen Sie dazu?
– Beurteilung der Debatte um den „Antisemitismus-Film“?

Russlands nimmt US-Jets „ins Visier“ (ab 51:35 min)
– Russland hat am Montag förmlich gewarnt, dass man künftig jedes fremde Flugzeug ins Visier nehmen werde, das westlich des Euphrat operiere. Wie bewerten Sie diese scheinbare Eskalation?
– gibt es einen modus operandi, falls die Russen einen deutschen Tornado abschießen? was passiert dann?
– Sie sagen, das ist die Anti IS Koalition: Nun hat am Wochenende die US-Luftwaffe einen syrischen Jagdbomber abgeschossen. Wie bewerten Sie diesen Abschuss? Begrüßen Sie den?

US-Kampfjets für Katar (ab 1:00:06 min)
– wie bewerten Sie den 12-Milliarden-Deal von US-Kampfflugzeugen an das isolierte Katar im Lichte der aktuellen Situation im Mittleren Osten? Der US-Präsident hat Katar lautstark gebrandmarkt…
– was tut die Bundesregierung gegen die Rüstungsspirale im Nahen Osten? Deutschland verkauft ja auch Waffen und Rüstung an diese Länder…

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 21. Juni 2017:

STS SEIBERT: Wir beginnen mit den Kabinettsthemen. Das erste Thema, zu dem ich Ihnen vortragen möchte, betrifft die deutsche Beteiligung an der zivilen OSZE-Sonderbeobachtermission in der Ukraine, die gemeinhin SMM Ukraine genannt wird. Die Bundesregierung hat heute beschlossen, sich mit bis zu zehn Polizistinnen und Polizisten des Bundes und der Länder sowie mit Beamtinnen und Beamten der Bundeszollverwaltung an dieser Sonderbeobachtermission der OSZE in der Ukraine zu beteiligen.

Der Schwerpunkt der Tätigkeit dieser Mission liegt im Konfliktgebiet in den ukrainischen Verwaltungsbezirken Donezk und Luhansk. Die Aufgabe dieser Mission ist, in diesem leider noch immer sehr unruhigen und von der Sicherheitslage her sehr angespanntem Gebiet, in dem es fast täglich an die Tausend Verletzungen des Waffenstillstands gibt, die Information über die Lage, die Berichterstattung über die Sicherheitslage zu übernehmen, und zwar unter Einhaltung der Grundsätze der Unparteilichkeit und der Transparenz.

Außerdem kommt dieser Sonderbeobachterkommission die Aufgabe zu, den vereinbarten Waffenstillstand das habe ich schon gesagt und den Abzug schwerer Waffen zu beobachten und darüber zu berichten.

Über die heutige Entscheidung hinaus beteiligen wir uns mit 28 vom Auswärtigen Amt über das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze sekundierten zivilen Beobachtern an der Sonderbeobachtermission. Damit sind deutsche Polizistinnen und Polizisten an drei internationalen Missionen in der Ukraine beteiligt: Beratungsmission der Europäischen Union, Grenzunterstützungsmission Moldau/Ukraine und das, was ich Ihnen gerade vorgetragen habe.

Das zweite Thema im Bundeskabinett war der Zweite Gleichstellungsbericht. Die Bundesregierung das wissen Sie legt sehr großen Wert auf das Politikfeld Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Deswegen war heute der Zweite Gleichstellungsbericht im Kabinett.

Das Kabinett hat ein entsprechendes Gutachten der Sachverständigenkommission zur Kenntnis genommen und die Stellungnahme der Bundesregierung formal dazu beschlossen. Beides zusammen bildet den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, der den Titel „Erwerbs- und Sorgearbeit gemeinsam neu gestalten“ trägt. Falls Ihnen das Wort „Sorgearbeit“ noch nicht so oft begegnet ist: Darunter wird gemeinhin alles verstanden, was zu Haushalt, zu der Pflege und Betreuung von Kindern und Erwachsenen gehört, aber auch der Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Die unabhängige Sachverständigenkommission beschreibt in ihrem Gutachten Hindernisse, die den gleichen Verwirklichungschancen von Männern und Frauen noch immer entgegenstehen. Ein zentraler Punkt in dem Bericht der Sachverständigenkommission ist die ungleiche Verteilung der unbezahlten Sorgetätigkeit ich habe gerade versucht, das zu definieren zwischen Frauen und Männern. Daher entwickelt die Kommission ein Modell, das die Balance von Sorge- und Erwerbstätigkeit bei Frauen und Männern und zwischen Frauen und Männern verbessern soll.

Die Bundesregierung teilt die Bewertung der Kommission, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern noch nicht in allen Lebensbereichen erreicht ist. Sie begrüßt das Gutachten der Sachverständigenkommission das ist eine wertvolle Analyse , auf dessen Grundlage die zukünftigen Handlungsoptionen diskutiert werden können.

Ich möchte betonen, dass es in dieser Legislaturperiode wichtige gleichstellungspolitische Fortschritte gegeben hat. Ich nenne nur das Frauenquotengesetz, das Entgelttransparenzgesetz und verschiedene Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.

Anschließend hat die Bundesverteidigungsministerin im Kabinett heute ausführlich über die Überführung der Bundeswehr von der Luftwaffenbasis im türkischen İncirlik nach Al-Azraq in Jordanien informiert. Sie ging besonders auf die zeitliche Abfolge der geplanten Maßnahmen für die Verlegung ein. Die Weisungen und Pläne für diese Verlegung sind in der Zwischenzeit konkretisiert worden. Mit der Umsetzung ist bereits begonnen worden. Ein Vorauskommando befindet sich schon seit Anfang Juni am neuen Stationierungsort Al-Azraq in Jordanien.

Der Sprecher des BMVg hatte hier ja schon mitgeteilt, dass es bei der Verlegung der Aufklärungstornados und auch des Tankflugzeugs jeweils zu Unterbrechungen unseres Beitrags für die Anti-IS-Koalition kommen wird, dass wir das aber eng mit unseren Partnern koordinieren und dass wir sie jederzeit detailliert über unsere Zeitlinien informieren. Weitere Details gibt es sicherlich gerne von Herrn Flosdorff.

So weit der Bericht aus dem Kabinett.

VORS. FELDHOFF: Dann haben Sie noch zwei weitere Themen.

STS SEIBERT: Das ist wahr. – Ich möchte für die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung etwas zum Tod des amerikanischen Staatsbürgers Otto Warmbier sagen. Die Bundesregierung hat diese Nachricht mit tiefer Betroffenheit zur Kenntnis genommen und spricht der Familie Otto Warmbiers in den USA ihr tief empfundenes Beileid aus. Es spricht alles dafür, dass dieser tragische Tod eines jungen Menschen unmittelbar in die Verantwortung der nordkoreanischen Behörden fällt. Die Bundesregierung ruft die nordkoreanische Führung nachdrücklich auf, humanitäre Mindeststandards zu wahren und Transparenz im Umgang mit allen Inhaftierten walten zu lassen. Sie unterstützt die Forderungen der Regierungen der USA und Südkoreas nach Freilassung ihrer Staatsangehörigen aus nordkoreanischer Haft.

Zu guter Letzt möchte ich noch etwas zum bevorstehenden G20-Gipfel in Hamburg sagen. Wir kommen auf das Ende der Akkreditierungsfrist zu. Sie läuft an diesem Freitag um 24 Uhr aus. Deswegen noch einmal von mir der Hinweis: Wer sich noch nicht angemeldet hat, kann das bis zu diesem Zeitpunkt Freitag, 24 Uhr noch tun. Den Link zur Akkreditierung finden Sie auf der Website unserer deutschen Präsidentschaft www.g20.org.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine Anmerkung machen, was die Akkreditierung von Nichtregierungsorganisationen für unser Medienzentrum beim G20-Gipfel betrifft; dazu gab es heute eine Berichterstattung. Ich möchte ganz deutlich sagen: Nichtregierungsorganisationen, NGOs, haben selbstverständlich Zugang zum Medienzentrum. Sie können dort mit Journalisten in Kontakt kommen. Sie können dort für ihre eigenen Publikationen über den G20-Gipfel und seine Agenda berichten. Das war beim G7-Gipfel in Elmau vor zwei Jahren so, und das ist auch in diesem Jahr so. An der Akkreditierungspraxis hat sich gar nichts geändert. Für jede Nichtregierungsorganisation, die Interesse am Zugang zum Medienzentrum hat, stehen bis zu fünf Plätze pro Organisation zur Verfügung. Seit dem Akkreditierungsbeginn das war im Frühjahr haben sich schon etwa 50 Vertreter von Nichtregierungsorganisationen bei uns im Bundespresseamt akkreditiert.

DR. SCHÄFER: Ich möchte Ihnen für die Bundesregierung zu der aktuellen Entwicklung in Israel Folgendes sagen: Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu persönlich hat gestern den Baubeginn der ersten neuen Siedlung seit Beginn des Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern angekündigt und insgesamt bis zu 3.000 neue Wohneinheiten im Westjordanland zugesagt. Der israelische Ministerpräsident hat gestern bekräftigt, dass es keine Regierung wie seine gebe, die besser für die Siedlungsbewegung gewesen sei. Wir bedauern diese Entwicklungen sehr. Wir haben bereits in der letzten Woche an dieser Stelle unsere Haltung, die Haltung der Bundesregierung dazu sehr deutlich gemacht.

Ich möchte wiederholen: Als ein enger Freund, enger Verbündeter und Partner Israels sehen wir mit wachsender Sorge, dass die israelische Regierung einen Weg zu verfolgen scheint, der aus der Sicht der internationalen Staatengemeinschaft nicht nur ein Verstoß gegen das Völkerrecht ist, sondern der auch die Perspektive einer friedlichen und verhandelten Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern ernsthaft infrage stellt. – Ich danke Ihnen.

DR. DIMROTH: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten gestern gemeinsam mit dem Bundespräsidialamt eine erste und dann im weiteren Verlauf des Nachmittags als BMI eine zweite Pressemitteilungen zu dem Stand der Planungen für den Trauerakt für Helmut Kohl herausgegeben. Wie Sie sich vorstellen können, ist das aufgrund der Vielzahl der Beteiligten ein relativ komplexes Verfahren. Ich wollte hier die Gelegenheit nutzen, Ihnen weitere Details zur Kenntnis zu geben, soweit sie feststehen, gleich verbunden mit dem Verweis, dass insbesondere Informationen zu den anstehenden Akkreditierungsprozessen noch nicht weitergegeben werden können, weil die Planungsarbeiten dazu noch laufen. Ich bitte dafür um Verständnis.

Der Stand der Planungen ist wie folgt: Am 1. Juli um 11 Uhr wird der Trauerakt im Europäischen Parlament beginnen. Nach derzeitigem Stand werden neben der Bundeskanzlerin der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, der Präsident des Europäischen Rats, Donald Tusk, der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sowie der ehemalige US-Präsident Bill Clinton reden. Der aufgebahrte Sarg mit dem verstorbenen Altbundeskanzler wird mit einer Europaflagge bedeckt sein.

Im Anschluss an den etwa zweistündigen Trauerakt wird der Leichnam mit einem Hubschrauber der Bundespolizei nach Deutschland überführt und die Europaflagge gegen eine Bundesdienstflagge ausgetauscht. Der Hubschrauber wird in der Nähe von Ludwigshafen auf demselben Hubschrauberlandeplatz landen, wo er zu den aktiven Zeiten von Bundeskanzler Kohl stets landete.

Sodann erfolgt eine Überführung nach Speyer. Im dortigen Dom findet am späten Nachmittag im Gedenken an den Verstorbenen zunächst ein Requiem statt. Anschließend wird es vor dem Dom ein militärisches Abschiedszeremoniell mit Ehrenformation geben, bevor die Beisetzung in Speyer erfolgt.

Über weitere Details werden wir Sie selbstverständlich, soweit sie feststehen, auch im weiteren Verlauf immer aktuell in Kenntnis setzen. – Vielen Dank.

FRAGE: Guten Tag! Ich habe eine Frage zu dem Gesetz über die Reintegration des Donbass. Hat die ukrainische Seite das der deutschen Seite mitgeteilt? Hat Kiew den Text oder Ideen des Gesetzentwurfs mit Berlin koordiniert? Wie, denken Sie, kann sich das auf die Lösung der Ukraine-Krise auswirken? – Danke schön.

DR. SCHÄFER: Ich beantworte das gerne. Allerdings ist die Antwort auf diese Frage nicht ganz einfach. Wir haben gesehen, dass der ukrainische Präsident gestern im Zuge seines Besuchs in Washington und wohl auch der Gespräche mit dem amerikanischen Präsidenten angekündigt hat, dass es ein solches Gesetz geben soll. Soweit ich informiert bin, wissen wir nichts über den Inhalt eines solchen Gesetzes. Deshalb gilt, dass wir von dieser Stelle und an anderer Stelle seit Jahren sagen, dass wir als deutsch-französische Vermittler im Ukraine-Konflikt alles daransetzen, eine friedliche Lösung und damit die Überwindung dieses Konflikts hinzubekommen, der bis zu 5 Millionen Menschen täglich betrifft. Wir sind in Sorge auch über die jüngste Eskalation militärischer Gewalt entlang der Frontlinie. Auch in den letzten Tagen sind bei den Auseinandersetzungen zwischen den Separatisten und den ukrainischen Sicherheitskräften wieder Menschen nicht nur verletzt worden, sondern ums Leben gekommen.

Wir haben eine Vereinbarung, die zwischen den beiden Konfliktparteien ausgehandelt worden ist, nämlich die Minsker Vereinbarung vom Februar 2015. Deshalb halten und hielten wir es für vernünftig, all das zu tun, was in Moskau und in Kiew von den Präsidenten beider Seiten akzeptiert worden ist als der Weg zu einer friedlichen Überwindung des Konflikts im Osten der Ukraine. Wenn dafür aus der Sicht des ukrainischen Präsidenten oder des ukrainischen Staates ein Gesetz erforderlich ist, dann mag das so sein. Aber wir würden uns schon wünschen, dass das mit den im Februar 2015 getroffenen Vereinbarungen im Einklang steht.

FRAGE JUNG: Herr Schäfer, letzte Woche hatten Sie zum ungarischen NGO-Gesetz etwas gesagt und unter anderem Russland, China und Israel genannt. Da gab es Stress auf israelischer Seite. Die israelische Botschaft hat sich mit Ihnen in Verbindung gesetzt. Können Sie uns darüber aufklären, was sie von Ihnen wollte und was dabei herausgekommen ist?

DR. SCHÄFER: Ich glaube, dass, wenn es Kontakte zwischen der israelischen Botschaft hier in Berlin und der Bundesregierung gegeben haben sollte, das jetzt nicht unbedingt in die Öffentlichkeit gehört. Aber es ist richtig, dass heute auch in einer israelischen Zeitung, nämlich „Haaretz“, über meine Äußerungen hier in der Regierungspressekonferenz geschrieben worden ist. Wenn es da zu Missverständnissen gekommen sein könnte, kann ich gerne versuchen, diese Missverständnisse auszuräumen.

Das, was ich letzte Woche gesagt habe, war, dass es Länder gibt Sie haben die vier Länder aufgezählt, zu denen auch Israel gehört , in denen es in der letzten Zeit zu staatlicher Regulierung der Finanzierung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten aus dem Ausland gekommen ist. In jedem Land ist die innenpolitische Lage oder die Motivation der jeweiligen Regierungen sicher eine andere. Aber jedenfalls kann man, glaube ich, festhalten, dass etwas Gemeinsames bei diesen vier Ländern ist, nämlich dass die jeweiligen Regierungen sehr kritisch auf eine solche ausländische Finanzierung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in ihren Ländern blicken und deshalb staatliche Regulierungen vorgenommen haben. Das ist das, was ich gesagt habe – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Das ändert überhaupt nichts an der unverbrüchlichen Freundschaft und Partnerschaft, die wir mit Israel teilen, und an der Verantwortung, die wir für die Sicherheit Israels empfinden. Gerade weil wir ein so gutes und so enges freundschaftliches Verhältnis mit der israelischen Regierung haben, ist es möglich, dass wir Meinungsverschiedenheiten, die wir an der einen oder anderen Stelle miteinander haben, offen, ehrlich und, wenn nötig, auch öffentlich miteinander austragen können. Das tun wir. Das habe ich hier für das Auswärtige Amt, für den Außenminister und für die Bundesregierung getan. So ist das gewesen.

Im Übrigen sind wir ein klein wenig in Sorge, weil es Äußerungen aus der israelischen Regierung in den letzten Wochen gibt, auch vom israelischen Premierminister, die andeuten, dass die von der Knesset verabschiedete Regelung über Transparenz der Finanzierung aus dem Ausland von zivilgesellschaftlichen Organisationen in Israel offensichtlich noch nicht genug sei und dass dies Anlass sei, das Gesetz zu verschärfen. Wir haben bereits während das Gesetz von der Regierung erarbeitet und in der Knesset diskutiert worden ist, sowohl in der Öffentlichkeit als auch gegenüber Vertretern des israelischen Parlaments und der Regierung unsere kritische Haltung sehr deutlich gemacht. Wenn wir das für erforderlich halten, dann würden wir uns vorbehalten, das auch in Zukunft zu tun.

FRAGE WONKA: Herr Seibert, wer hat eigentlich der Bundesregierung mitgeteilt, dass die Familie Kohl-Richter-Diekmann nicht möchte, dass ein deutscher Politiker im Rahmen eines offiziellen Ehrenaktes würdigende Worte für den Kanzler findet?

Herr Dimroth, kann man sagen, es gibt eine reibungslose Kommunikation zwischen dem Hause Kohl und Ihrem Hause, das ja unter protokollarischen Gesichtspunkten neben dem Präsidialamt federführend für die Durchführung eines ehrenvollen Gedenkens ist?

STS SEIBERT: Herr Wonka, ich kann Ihnen bestätigen das hat Herr Dimroth gerade schon gesagt , dass die Bundeskanzlerin bei dem europäischen Trauerakt in Straßburg zu den Rednern gehören wird. Über die sehr engen Abstimmungen zwischen den verschiedenen beteiligten deutschen Behörden, der Witwe des Verstorbenen, den europäischen Institutionen und der französischen Regierung kann ich Ihnen hier nichts sagen.

DR. DIMROTH: Ich kann vielleicht nur ganz allgemein hinzufügen, dass jedenfalls nach dem Eindruck, der bei mir entstanden ist alle Beteiligten das sind neben den von Ihnen Genannten mindestens auch noch das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der französische Staat von dem Geiste getrieben sind, den großen Verdiensten Helmut Kohls ein würdiges Gedenken zu ermöglichen. Das möchte ich hier sagen.

ZUSATZFRAGE WONKA: Herr Seibert, gehört zu dem, was Herr Dimroth gerade gesagt hat, nämlich dem würdigen Gedenken, auch der anhaltende, nicht ganz unberechtigte Streit darum, dass die Familie Kohl-Richter nicht möchte, dass das gewählte deutsche Staatsoberhaupt, Herr Steinmeier, in irgendeiner rednerischen Beziehung im Rahmen dieser Festakte für Herrn Kohl auftritt?

STS SEIBERT: Ich kann das, was Sie da jetzt gerade in den Raum stellen und was man zum Teil liest, hier in überhaupt keiner Weise kommentieren; das steht mir auch gar nicht zu. Ich will wiederholen: Ich glaube, allen Beteiligten ist vollkommen klar, welch singulär große Rolle Helmut Kohl bei zwei entscheidenden politischen Aufgaben der vergangenen Jahrzehnte gespielt hat, nämlich bei der Wiedervereinigung unseres Landes in Einheit und Freiheit und im Einvernehmen mit allen unseren Nachbarn sowie beim Aufbau und Ausbau der Europäischen Union. Dieser beiden großen Verdienste wird zu gedenken sein. Das europäische Verdienst wird sicherlich bei dem Trauerakt in Straßburg im Vordergrund stehen, und alle werden sich daran beteiligen, das Ganze zu einem denkwürdigen und der Größe und historischen Bedeutung des Verstorbenen würdigen Tag zu machen.

FRAGE HARTWIG: Herr Staatssekretär, entsprechen die Persönlichkeiten, die in Straßburg reden, der Liste oder den Wünschen der Familie Kohl-Richter, oder sind da durch Wünsche der Veranstalter, zum Beispiel der Europäischen Kommission oder des Europäischen Rats, noch weitere dazugekommen?

STS SEIBERT: Grundsätzlich: Ich kann hier doch nicht für die Trauerfamilie sprechen. Ich kann sagen, dass die Bundeskanzlerin als Rednerin in Straßburg eine aktive Rolle spielen wird. Die anderen Redner auf der Liste, die Ihnen Herr Dimroth gerade vorgetragen hat, entsprechen der internationalen außenpolitischen, europapolitischen Bedeutung des Altbundeskanzlers.

FRAGE DR. TUYALA: Die US-Regierung gab ja nun weitere Sanktionen gegenüber Moskau bekannt. Außenminister Gabriel hatte sie vor einigen Tagen heftig kritisiert und erhielt dabei Rückendeckung von Kanzlerin Merkel. Steht die Bundesregierung nach wie vor zu der Aussage, dass es bei der Erweiterung der Sanktionen im Endeffekt um die Kontrolle des europäischen Gasmarkts geht, Herr Seibert?

STS SEIBERT: Ich darf Sie vielleicht an den Beginn des Textes von Bundesaußenminister Gabriel und des österreichischen Bundeskanzlers erinnern wir haben das hier ja ausführlich diskutiert. Auch mit diesem Beginn des Textes gibt es eine inhaltliche Übereinstimmung mit der Bundeskanzlerin. Seit 2014 haben Europa und die USA Seite an Seite und in enger partnerschaftlicher Abstimmung auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und das Vorgehen Russlands in der Ostukraine geantwortet. Das war die richtige und die gebotene Reaktion auf ein Verhalten Russlands, das Frieden und Sicherheit in Europa in Gefahr bringt und erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges eklatant gegen unsere Grundsätze von der Unverletzlichkeit von Grenzen in Europa verstoßen hat. Ein geschlossenes und entschlossenes Vorgehen der EU und der USA bei der Lösung des Ukraine-Konflikts liegt in unserem gemeinsamen Interesse. Das ist und bleibt die Haltung der Bundesregierung, ungeachtet der Kritik an der Entscheidung des US-Senats wohlgemerkt des US-Senats, nicht der US-Regierung , die wir hier in der letzten Regierungspressekonferenz sehr deutlich zum Ausdruck gebracht haben.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Meine Frage bezog sich ja darauf, dass in den Zeitungen eine ganz konkrete Kritik an der Ausweitung dieser Sanktionen zu lesen war, die da lautete: Es geht um den europäischen Gasmarkt, die europäischen und deutschen Unternehmen sollen möglichst aus diesem Markt gedrängt werden. Das hatte Gabriel ja wirklich wortwörtlich so gesagt. Das war die Frage.

STS SEIBERT: Sie kommen nur ein bisschen spät mit Ihrer Frage, weil wir das hier am Montag ziemlich in extenso diskutiert haben, wenn ich das sagen darf.

DR. SCHÄFER: Ich glaube aber, die Antwort ist gar nicht so schwer: Ich glaube, es ist auch in dieser Frage wichtig, dass wir differenzieren und dass wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Kritik des Außenministers, die Kritik der Bundesregierung, die Kritik des österreichischen Bundeskanzlers richtet sich auf einen Teil der vom Senat vorgeschlagenen Sanktionen. Die gibt es noch nicht, weil der vom Senat verabschiedete Text noch nicht Gesetz geworden ist. Dazu fehlt es an der Zustimmung des Abgeordnetenhauses, und es fehlt die Unterschrift des amerikanischen Präsidenten. Dieses Gesetz sieht die Ermächtigung für den Präsidenten vor, Sanktionen gegen Erdgastransportprojekte aus Russland in die Europäische Union zu verhängen. Er erläutert das so, dass damit der Wunsch Amerikas verknüpft wird, amerikanisches Flüssiggas nach Europa exportieren zu können und das sage ich jetzt mit meinen Worten unliebsame Konkurrenz aus Russland auf diese Art und Weise, nämlich auf dem Wege der Sanktionen, zur Seite zu schieben. Dagegen hat sich in dem Text, den Herr Seibert gerade zum Teil vorgelesen hat, die Bundesregierung gestellt, und das tun wir weiter.

Das, was da gestern ich weiß nicht, ob auf Anlass, aber jedenfalls parallel zum Besuch des ukrainischen Präsidenten in Washington entschieden worden ist, ist nicht etwas, was mit dem Senatsbeschluss zu tun hat, sondern liegt im Ermessen des amerikanischen Präsidenten, die Sanktionen gegen Russland wegen des Verhaltens Russlands in der Ostukraine zu erweitern. Was die amerikanische Regierung, der amerikanische Präsident getan hat, ist, die Namenslisten bzw. die Sanktionslisten, die auch wir führen, zu erweitern. Das bewegt sich alles in dem Rahmen, den Herr Seibert gerade mit dem Text des deutschen Außenministers vorgetragen hat. Insofern kann ich da zwischen dem einen und dem anderen anders als Sie überhaupt keinen Widerspruch erkennen.

FRAGE DR. TUYALA (zur europäischen Verteidigungspolitik): Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Hans-Peter Bartels, hat eine Zusammenlegung der nationalen Streitkräfte in der EU gefordert. Rumänien und Tschechien sind bereit, ihre Armeen in die deutsche Armee zu integrieren. Das Thema ist sicherlich auch schon behandelt worden, aber kann man davon sprechen, dass durch eine Zusammenlegung der Streitkräfte quasi eine Schaffung einer EU-Armee durch die Hintertür stattfindet? Vielleicht kann auch Herr Flosdorff dazu etwas sagen.

STS SEIBERT: Ich bin erst einmal verwundert über Ihre Behauptung, Rumänien und Tschechien hätten gesagt, sie seien bereit, ihre Streitkräfte in unsere

ZUSATZ DR. TUYALA: „Stünden bereit“, sagte Herr Bartels.

STS SEIBERT: „Stünden bereit“, gut. Man wird es auch gern von Rumänien und Tschechien hören, aber es entspricht ja auch gar nicht unserer Absicht deswegen sagt vielleicht am besten der Fachmann etwas dazu.

FLOSDORFF: Ich glaube, da haben Sie etwas falsch verstanden oder derjenige, der das von sich gegeben hat, hatte die Fakten nicht ganz korrekt wiedergegeben. Was wir haben, ist eine Affiliation rumänischer und tschechischer Verbände, die mit dem deutschen Heer verabredet ist. Das ist eine Komponente in der weiteren verstärkten europäischen Zusammenarbeit, die wir mit verschiedenen Streitkräften üben. Wir haben eine verstärkte Zusammenarbeit mit Polen und mit den Niederlanden, es gibt viele Kooperationsprojekte auch mit Frankreich , die wir anstreben, wir haben eine enge Kooperation im U-Boot-Bereich mit Norwegen. Das sind alles einzelne Vorgänge, die alle dazu dienen, dass wir die Interoperabilität verbessern. Es geht also darum, dass wir gemeinsam miteinander üben, auch gemeinsam in Einsätze gehen, das Verständnis füreinander stärken, an der Effizienz arbeiten insbesondere auch im Rüstungsbereich. Da gibt es eine ganze Fülle von Kooperationen. Das bedeutet aber nicht, dass wir auf dem Weg in Richtung einer europäischen Armee sind, in dem Sinne, dass es jetzt ein Kommando und eine gemeinsame Befehlsstruktur gibt. Es geht hier vielmehr um den Ausbau der europäischen Verteidigungsunion, das heißt, die nationalen Parlamente behalten dann auch die Oberhoheit darüber. Dazu ist aber schon sehr viel gesagt worden, die Pläne sind auch alle bekannt und nachlesbar. Ich glaube, da müssen Sie sich jetzt auch nicht nur auf eine Quelle stützen, sondern es gibt sehr viel Literatur dazu.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Ich habe mich jetzt auf die dpa gestützt, aus deren Meldungen ich das bezogen hatte. Eine Zusatzfrage zu dem Ganzen: Diese Zusammenlegung ich fasse das jetzt noch einmal auf der nationalen Streitkräfte in der EU

STS SEIBERT: Das ist falsch. Entschuldigung: Die Zusammenlegung nationaler Streitkräfte ich muss es einfach noch einmal sagen, und Sie müssen auch einmal zuhören, wenn Herr Flosdorff hier spricht; auch Russia Today kann besser recherchieren als das ist nicht der Plan. Das musste ich einmal loswerden.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: basiert letztendlich auf dem Framework Nations Concept. Können Sie darlegen, wie die deutsche Rolle in der Kommandostruktur dabei ist und was dieses Framework Nations Concept letztendlich aussagt?

FLOSDORFF: Der Charme dieses Framework Nations Concept ist es, dass nicht immer nur eine Nation im „lead“ sein muss. Meistens gibt es dabei größere Nationen, die einen Rahmen stellen. Dann können kleinere Nationen daran andocken. Das kann einmal Deutschland sein, aber das können auch andere Nationen sein. Dieses Konzept hat Deutschland ausführlich in die NATO eingebracht. Es hat den großen Vorteil, dass man militärische Fähigkeiten, die ein Land, selbst wenn es größere Länder sind wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien, nicht allein darstellen kann, dann mit Hilfe vieler kleiner Nationen abbilden kann. Dabei geht es nicht darum, dass ein Land andere Länder dominiert, sondern darum, dass man gemeinsam ein Projekt auf die Beine stellt, das ein einzelnes Land, und sei es noch so groß in Europa, allein nicht auf die Beine stellen kann.

ZUSATZ DR. TUYALA: Ich finde es etwas befremdlich, immer meine Arbeit für RT Deutsch in den Vordergrund zu stellen. Ich habe das, wie gesagt, bei der dpa recherchiert und dachte, das sei eine verlässliche Quelle.

STS SEIBERT: Schieben Sie es nicht auf dpa ab. Entschuldigung!

ZUSATZ DR. TUYALA: Aber schieben Sie es doch nicht auf meine Tätigkeit für RT Deutsch ab!

VORS. FELDHOFF: Entschuldigung! Das ist keine Diskussionsveranstaltung zwischen Ihnen beiden über die Frage, wer wo und wie recherchiert. Haben Sie eine weitere inhaltliche Frage zu dem von Ihnen aufgeworfenen Komplex?

ZUSATZ DR. TUYALA: Nein, von meiner Seite jetzt nicht.

FRAGE KREUTZFELDT: Morgen steht die Verabschiedung des Abschlussberichts des Abgas-Untersuchungsausschusses an. Darin finden sich noch immer einige Aussagen, die bei Fachleuten für Verwunderung gesorgt hatten. Ich wüsste gern vom Umweltministerium, ob Sie die Aussage, die SPD und CDU morgen verabschieden wollen, dass es in Deutschland nirgendwo bedenkliche NOx-Werte in öffentlich zugänglichen Bereichen und dass es keinerlei wissenschaftlich erwiesene Zahlen über Gesundheitsgefährdungen, Erkrankungen oder Todesfälle durch NOx gebe, für richtig oder nachvollziehbar halten.

LANGENBRUCH: Danke für die Frage. Die Antwort müsste ich nachreichen. Es geht ja um eine Sache, die im Bundestag verabschiedet werden soll. Zum Thema

ZUSATZ KREUTZFELDT: Genau. Aber mich interessiert, wie Sie als das fachlich zuständige Ministerium die dort verabschiedeten Fakten einschätzen.

LANGENBRUCH: Zum Bundestag muss ich mich hier an dieser Stelle ja nicht verhalten.

Zu dem Thema, dass NOx Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen haben kann, kann ich sagen, dass es auch in der Diskussion, die wir gerade haben, Thema ist, dass es eben Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Diese Position haben wir ja schon lange Zeit. Sie ist ein entscheidender Faktor, weshalb es dort Verfahren gibt und die Länder auch aufgerufen werden, dort aktiv zu werden. Insofern ist das eine altbekannte Diskussion.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Kann es Auswirkungen haben, oder hat es Auswirkungen?

LANGENBRUCH: Es gibt Studien, auf die wir uns auch immer schon bezogen haben, die beweisen, dass NOx Auswirkungen auf die Gesundheit hat.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Zum gleichen Themenkomplex habe ich noch eine Frage an Herrn Hille, und zwar zu einem Thema, das wir hier auch schon ein paarmal hatten, nämlich dazu, dass die abschließenden Ergebnisse zu den im Rahmen der Untersuchungskommission ebenfalls erhobenen CO2-Werten bis heute nicht veröffentlich worden sind nach mehreren Monaten , was in den Minderheitenvoten auch noch einmal kritisiert wird. Sie hatten uns hier vor einer Weile gesagt, dass daran noch gearbeitet werde, Sie aber zuversichtlich seien, dass das noch in dieser Legislaturperiode passiere, wenn ich mich richtig erinnere. Das geht jetzt ja allmählich zu Ende. Wann wird es denn so weit sein?

HILLE: Dazu gibt es keinen neuen Stand.

Ihre Beurteilung, dass die Legislaturperiode langsam zu Ende gehe, teile ich nicht ganz. Wir haben noch drei Monate bis zur Bundestagswahl. Es gilt das, was ich an dieser Stelle zu dem Thema gesagt habe.

ZUSATZ KREUTZFELDT: Für den wirklich legislativen Teil dieser Periode haben wir noch zwei Wochen, wenn ich es richtig sehe.

HILLE: Meines Wissens ist die Bundestagswahl am 24. September. Dann können wir gemeinsam die Tage bis dahin auszählen. Es gibt keinen neuen Stand.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Außer den Rückrufen von VW im Rahmen der Arbeit damals wurde auch der freiwillige Rückruf von 600 000 oder so Modellen weiterer Hersteller angeordnet oder es war ja freiwillig vereinbart. Dazu würde mich interessieren, ob es ähnlich wie bei VW jetzt im Nachhinein Ergebnisse gibt, wie sich die freiwilligen Rückrufe auf die tatsächlichen Abgasausstoßwerte bzw. NOx-Werte dieser Fahrzeuge ausgewirkt haben.

HILLE: Zu dieser Frage kann ich Ihnen jetzt keine Zahlen nennen. Ich kann Ihnen sagen, dass die große Mehrheit insgesamt sind es ja 630 000 Fahrzeuge , nämlich gut 500 000 Fahrzeuge zur Umrüstung freigegeben ist. Was das aber an NOx-Reduktionen bewirkt, kann ich Ihnen heute nicht vortragen.

FRAGE: An dieser Stelle würde ich gern weitermachen und bei der freiwilligen Rückrufaktion bleiben. Plant das BMVI noch so etwas wie einen Kassensturz? Wir haben ja gerade gelernt, dass noch etwas Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode ist. Die Zielmarke liegt bei 630 000 Wagen. Wird das BMVI zum Ende der Legislaturperiode erheben, bei wie vielen Wagen die freiwillige Umrüstung stattgefunden hat?

HILLE: Zur Gesamteinordnung: Wir haben eine Rückrufaktion, die in Summe mehr als drei Millionen Fahrzeuge betrifft, 2,4 Millionen Fahrzeuge im verpflichtenden Rückruf, 630 000 Fahrzeuge in der freiwilligen Serviceaktion, für die am Ende unterm Strich genau das Gleiche gilt wie für den verbindlichen Rückruf. Sie werden genauso umgerüstet, wie gerade genannt. Die Freigaben sind für gut 500 000 Fahrzeuge erteilt.

Der Vollzug des Ganzen ist natürlich Sache der Hersteller, die ihre Kunden auf eigenen Wegen informiert, in die Werkstätten gerufen haben. Natürlich begleiten wir diesen Prozess, das ist ja klar.

ZUSATZFRAGE: Okay. Aber heißt das, dass Sie zum Ende der Legislaturperiode keine Zahl veröffentlichen werden, woran man sehen kann, wie erfolgreich diese freiwillige Rückrufaktion war? Denn es hat ja auch auf Initiative des BMVI hin stattgefunden.

HILLE: Ich habe Ihnen doch gerade schon die Zahl 500 000 genannt, die zeigt, wie erfolgreich diese Aktion ist.

FRAGE SEVERIN: Ich möchte Herrn Dimroth fragen, was für Sie aus dem EuGH-Urteil zur Schleierfahndung folgt. Offenbar sollen die Kontrollen nur noch unter bestimmten Umständen möglich sein.

DR. DIMROTH: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir Gelegenheit, noch einmal kurz zu betonen, dass das Instrument der Schleierfahndung aus unserer Sicht ein sehr wirksames, wirkungsvolles und wichtiges ist. Das umfasst jedenfalls für den Bereich der Bundespolizei, für den ich hier nur sprechen kann, Maßnahmen der Identitätsfeststellung, der Befragung, der Durchsuchung von Sachen. Bei Anwendung dieses Instruments hat die Bundespolizei sehr positive Erfahrungen gemacht. Für uns ist ganz wichtig, dass grenzüberschreitende Straftäter nicht darauf vertrauen dürfen, unerkannt und unentdeckt durch Europa zu reisen. Das vielleicht vorab.

Die Entscheidung des EuGH wird jetzt natürlich im Einzelnen auszuwerten sein. Soweit aber bekannt, bestätigt die Entscheidung zunächst einmal, dass die Befugnisnormen ganz grundsätzlich auch im Lichte europäischen Rechts Bestand haben. Das ist zu begrüßen. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass sich die Entscheidung auf einen Sachverhalt bezieht, der im Jahr 2014 spielt. In der Zwischenzeit ist aber einiges geschehen. Insbesondere haben wir im Jahr 2016 ergänzende Anwendungsbestimmungen gemeinsam mit der Kommission abgestimmt. Folge dessen war, dass die Kommission ihrerseits ein bis dahin angedachtes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt hat, ganz offensichtlich also davon ausgeht, dass die geltende und aktuelle Praxis auch der Bundespolizei europäischem Recht vollumfänglich entspricht.

Die Einschränkungen, die Sie aus der Entscheidung des EuGH gerade zitiert haben, sind jetzt von dem vorlegenden Gericht zu prüfen. Das ist eine Zurückweisung dorthin. Dort wird jetzt genau zu prüfen sein, ob möglicherweise dennoch vor dem Hintergrund des gerade Ausgeführten weitere Konkretisierungen anstehen.

Ich möchte aber zusätzlich noch darauf hinweisen, dass die Kommission höchstselbst im Zusammenhang mit dem Thema Grenzkontrollen Anfang dieses Jahres alle Mitgliedsstaaten geradezu ermutigt hat, von diesem Instrument Gebrauch zu machen, gerade auch im Hinblick auf die anhaltende Diskussion über Grenzkontrollen respektive die Rückkehr so nennt es die Kommission zu Schengen.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, der Präsident des Zentralrats der Juden, Herr Schuster, fordert einen Antisemitismusbeauftragten, der im Kanzleramt angesiedelt werden soll. Möchten Sie das bewerten oder kommentieren?

STS SEIBERT: Geben Sie mir dazu kurz eine Sekunde, weil ich mir dazu etwas herausgesucht hatte. Das ist nicht ganz unkompliziert. Zunächst einmal: Die Bundesregierung hatte auf Beschluss des Deutschen Bundestages schon 2008 ein unabhängiges Gremium aus Wissenschaftlern und Praktikern eingesetzt, das einen Bericht zum Antisemitismus in Deutschland erstellt und dabei umfangreiche Empfehlungen ausgesprochen hat, wie man Programme zur Bekämpfung von Antisemitismus entwickeln und weiterentwickeln könnte. Dieser Bericht wurde im Januar 2012 dem Bundestag vorgestellt. Dann hat sich dieser unabhängige Expertenkreis 2015 erneut konstituiert, um den zweiten Bericht vorzubereiten. Er ist im April dieses Jahres vorgestellt worden. Heute Nachmittag berät der Deutsche Bundestag im Plenum über diesen zweiten Bericht.

Er enthält auch eine Reihe von Forderungen, von Anregungen und Empfehlungen. Dazu gehört auch, einen Antisemitismusbeauftragten im Bundeskanzleramt zu berufen.

Insgesamt gibt dieser Bericht, der mehr als diese Forderung enthält, fachliche Impulse und Anregungen, die man auch im Lichte dessen, was heute im Deutschen Bundestag beraten wird, sehr sorgfältig prüfen muss. Das gilt auch für die Forderung nach Berufung eines Antisemitismusbeauftragten.

Zu der grundsätzlichen Frage haben wir uns hier, denke ich, schon vielfach geäußert. Die Bundesregierung stellt sich jeder Form von Antisemitismus entschieden entgegen. Das ist ein fester Pfeiler unserer Politik und unserer gemeinsamen Überzeugungen, aufgrund derer wir arbeiten. In Deutschland ist kein Platz für Extremismus, für Fremdenfeindlichkeit, für Antisemitismus, für Intoleranz gleich von welcher Seite. Das drückt sich in unserer Politik immer wieder aus.

ZUSATZFRAGE JUNG: Vielleicht konkretisiere ich das noch. Kann sich die Kanzlerin einen Antisemitismusbeauftragten im Kanzleramt vorstellen, oder möchte sie das prüfen lassen, wie ich es jetzt verstanden habe.

Vielleicht eine Anschlussfrage: Wie hat die Kanzlerin die Diskussion der letzten Tage über den sogenannten Antisemitismusfilm wahrgenommen? Möchten Sie etwas dazu sagen?

STS SEIBERT: Noch einmal: Das Expertengremium hat seinen zweiten Bericht vorgelegt. Er wird heute im Deutschen Bundestag debattiert. Ich fände es sehr unpassend, bevor das geschehen ist, für die Bundesregierung schon Festlegungen zu treffen. Wir sollten diesen Bericht insgesamt ernst nehmen. Wir sollten ihn insgesamt sorgfältig prüfen. Das gilt auch für diese Forderung.

Ansonsten können Sie, denke ich, immer wieder erleben, wie die Bundeskanzlerin und andere Mitglieder der Bundesregierung nach genau der Überzeugung handeln, die ich Ihnen hier beschrieben habe. Wir müssen alles tun gegen den Antisemitismus in der Gesellschaft. Wir müssen alles tun, damit das jüdische Leben, das, Gott sei Dank, nach Deutschland zurückgekehrt ist und das hier, Gott sei Dank, blühen kann, wie man es vor ein paar Jahrzehnten vielleicht nicht geglaubt hätte, hier weiter möglich ist und einen noch festeren und dauerhafteren Platz in unserem Lande gewinnen kann.

ZUSATZ JUNG: Die Frage nach der Debatte um den Antisemitismusfilm?

STS SEIBERT: Da ich den Film nicht kenne, möchte ich das hier nicht kommentieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Begrüßen Sie, weil Sie den Film ja nicht kennen, dass er ausgestrahlt wird, damit Sie ihn kennen?

STS SEIBERT: Ich begrüße alles, was in Deutschland dazu beiträgt, Antisemitismus als das zu kennzeichnen, was es ist: ein Übel.

FRAGE GEERS: Ich habe eine Frage an Herrn Flosdorff. Der Haushaltsausschuss hat heute die Verabschiedung des Rüstungspakets über 13 Milliarden Euro von der Tagesordnung abgesetzt. Können Sie sagen, wie das BMVg darauf reagiert und wie Sie das einschätzen?

FLOSDORFF: Die Entscheidung darüber, ob es in dieser oder der nächsten Woche darüber befindet, trifft das Parlament. Bedauerlich wäre natürlich, wenn in dieser Legislaturperiode gar nicht mehr darüber befunden würde, da davon erhebliche Rüstungsprojekte für die Modernisierung der Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten abhängen und damit erhebliche Verzögerungen bei möglichen Vertragsabschlüssen verbunden wären.

ZUSATZFRAGE GEERS: Können Sie die Bedenken, die, meine ich, aus der SPD kommen, nachvollziehen?

FLOSDORFF: Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, um welche Bedenken es sich handelt.

FRAGE WONKA: Entschuldigung, aber ich muss noch einmal zum Thema Kohl zurückkommen, weil ich etwas zu fragen vergessen hatte. Herr Seibert, es gibt Informationen, wonach es sehr schwierig war, Frau Merkel als Gedenkrednerin in Straßburg bei der Familie Kohl-Richter zu verankern. Stimmen diese Informationen? Wie ist es Ihnen bzw. Frau Merkel gelungen, sich als Rednerin in Straßburg zu platzieren?

In welcher Form laufen bereits die Pläne zur Einrichtung einer Kohl-Stiftung? Teilt die Bundeskanzlerin den Wunsch, den ja auch ihre Kulturbeauftragte schon geäußert hat, dass das Erbe Kohls am besten in einer großen nationalen Helmut-Kohl-Gedenkstiftung aufbewahrt wäre?

STS SEIBERT: Herr Wonka, der erste Teil Ihrer Frage erinnert mich an die Fragen, die Sie zu Beginn der Regierungspressekonferenz gestellt haben.

ZURUF WONKA: Nicht ganz!

STS SEIBERT: In Variation. Ich kann deswegen nur die gleiche Antwort geben. Die Bundeskanzlerin wird Rednerin bei dem europäischen Trauerakt in Straßburg sein. Über Gespräche, die zwischen der Witwe des Verstorbenen und den verschiedenen deutschen beteiligten Institutionen wie auch den europäischen Institutionen stattgefunden haben, kann ich hier keine Auskunft geben.

Zur Frage der Helmut-Kohl-Gedenkstiftung: Die Bundesregierung unterstützt die Idee, für Helmut Kohl eine Gedenkstiftung des Bundes einzurichten. Es gibt vergleichbare Stiftungen, zum Beispiel die im vergangenen Jahr gegründete Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung. Aber genau wie auch in diesem Fall respektieren wir die gesetzgeberische Initiative des Deutschen Bundestages. Das ist das, was ich Ihnen dazu sagen kann.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien ist bereit, mit den Erben, mit den politischen Wegbegleitern Helmut Kohls Gespräche darüber aufzunehmen, wie die Struktur und die inhaltliche Ausrichtung einer solchen Stiftung sein könnten. Aber noch einmal: Wir respektieren die gesetzgeberische Initiative des Deutschen Bundestages.

ZUSATZFRAGE WONKA: Ich darf Sie noch an einem Punkt korrigieren: Sie könnten schon Auskunft darüber geben, wie schwer es war, Frau Merkel als Gedenkrednerin zu verankern. Sie wollen nur nicht und haben gesagt: Das geht hier nicht. – Sie wissen doch, dass es Schwierigkeiten gab. Meine Frage war: Wie groß waren diese Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt, um Frau Merkel als Rednerin nach Straßburg zu bringen?

STS SEIBERT: Ich habe meiner Antwort nichts hinzuzufügen.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, bedauert die Bundesregierung, dass es keinen nationalen Staatsakt für den Politiker geben wird, der länger als jeder andere die Regierungsgeschäfte dieses Staates geleitet hat?

STS SEIBERT: Wir sind ja offensichtlich wieder bei dem Thema vom Anfang. – Ich denke, aus allen Beiträgen, die Sie hier gehört haben, ist klar geworden, dass für uns das Wichtigste ist, einen würdigen Abschied, ein würdiges Gedenken an die politische Lebensleistung und die Persönlichkeit des Altbundeskanzlers mitzugestalten. Es wird einen europäischen Trauerakt geben. Seine europäische Rolle war überragend. Es wird im Dom zu Speyer ein deutsches Requiem und dann die Verabschiedung durch die Ehrenformation der Bundeswehr geben. Das wird wir werden das alles am Ende des Tages sehen hoffentlich ein sehr würdiger Tag gewesen sein.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Die übliche Verfahrensweise, wenn man diesen Begriff verwenden darf, wäre aber doch ein nationaler Staatsakt gewesen. Deswegen halte ich die Frage für legitim: Bedauert die Bundesregierung, dass es diese Form nicht geben wird?

STS SEIBERT: Es ist eine zugegebenermaßen so noch nicht durchgeführte Form gefunden worden. Aber mit Helmut Kohl ist auch ein Ehrenbürger Europas von uns gegangen. Dem trägt der Trauerakt in Straßburg gebührend Rechnung.

DR. DIMROTH: Ich will gerne etwas ergänzen, weil ich das für sehr lesenswerte Informationen halte, die wir ganz allgemein vorhalten, völlig unabhängig von dem konkreten Fall. Herr Jessen, Sie haben gerade gesagt, das sei ein Abweichen von der üblicherweise typischen Form. Es gibt eine Webseite, die wir im BMI vorhalten, die das Protokoll Inland befüllt. Dort sind sehr lesenswert, wie ich finde die ganz unterschiedlichen Spielarten des staatlichen Gedenkens aufgeführt. Sie werden sehen, dass es mitnichten nur eine Handlungsvariante gibt, sondern es gibt eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen Möglichkeiten, wie man eine herausgehobene Person im Falle ihres Versterbens hinreichend und umfassend würdigt. Sie können dort auch eine Reihe von Details aus der Vergangenheit nachlesen; das ist wirklich sehr spannend.

Mir war nur wichtig, darauf hinzuweisen: Es gibt unterschiedliche Optionen und unterschiedliche Möglichkeiten, die in der Staatspraxis auch in der Vergangenheit durchaus immer wieder eine Rolle gespielt haben.

FRAGE JUNG (zum Abschuss eines syrischen Kampfjets): Ich möchte kurz zum Thema Syrien, Irak und Anti-ISIS-Koalition kommen. Herr Flosdorff, Herr Schäfer, gegebenenfalls Herr Seibert, Russland hat am Montag förmlich gewarnt, dass man künftig jedes fremde Flugzeug, das westlich des Euphrat operiere, ins Visier nehmen werde. Wie werten Sie diese scheinbare Eskalation jetzt?

FLOSDORFF: Dazu hat es schon Entgegnungen gegeben. Es gibt Bemühungen von vielen Seiten, dort deeskalierende und beruhigende Vorstöße zu unternehmen. Auf allen Seiten, die da beteiligt sind in der Koalition sind ja sehr viele , auch auf russischer und syrischer Seite, gibt es ein sehr hohes Interesse daran, dass es nicht zu Gefährdungen im Luftraum, nicht zu Kollisionen kommt. Es gibt schon Bemühungen das ist ja bekannt , dass man da wieder zu einem Modus zurückfindet, der die Sicherheit für alle garantiert. Das ist ja auch nicht der erste Zwischenfall. Wenn wir einmal zurückschauen: In den letzten zwei Jahren hat es auch schon andere Begebenheiten gegeben. Auch da hat das funktioniert. Wir sind zuversichtlich, dass sich das wieder in ruhigere Bahnen lenkt.

DR. SCHÄFER: Ich kann vielleicht noch ergänzen über das hinaus, was Herr Flosdorff gesagt hat, nämlich dass wir als Teil der Anti-ISIS-Koalition alles dafür tun werden, dass der Kampf gegen ISIS nicht nur keine Belastung für den Versuch ist, die Lage in Syrien zu beruhigen, sondern ein Beitrag dazu. Ganz offensichtlich haben viele militärische Operationen in der Region, in der auch diese Ereignisse vorgefallen sind, damit zu tun, dass viele schon davon ausgehen, dass der Sieg über ISIS sozusagen nur eine Zwischenetappe bei dem Erreichen der nächsten militärischen Ziele ist. Das gilt insbesondere für die von Russland und vom Iran unterstützte syrische Armee, die ausgerechnet Kämpfer angreift, die sich dem Kampf gegen ISIS in und um Raqqa verschrieben haben.

Ich denke, es ist wichtig, dass wir jetzt alle gemeinsam das erste Ziel der Anti-ISIS-Koalition nicht aus den Augen verlieren, nämlich dass wir Mossul im Irak und Raqqa in Syrien die letzten Orte, in denen ISIS de facto territoriale Hoheitsgewalt ausübt bald wieder zurückgewinnen und dass wir den Kampf gegen ISIS auf diese Art und Weise um einen gewichtigen Sprung nach vorne bringen können. Ich will damit nicht sagen, dass ISIS dann besiegt wäre. Aber wir wären einen gewichtigen Schritt vorangekommen und hätten nach jetzt mehr als zweieinhalb Jahren gemeinsamem Kampf der internationalen Staatengemeinschaft gegen ISIS das erreicht, was wir uns im September 2014 auf Initiative des amerikanischen Präsidenten Obama vorgenommen haben.

Unsere Bemühungen um eine friedliche Lösung, erst einmal um ein Ende des Krieges, um ein Ende der Kämpfe, eine Einstellung der Waffentätigkeit und dann eine politische Lösung für Syrien werden wir nicht aufgeben. Das eine, der Kampf gegen ISIS, steht parallel, gleichgewichtig und politisch gleichwertig neben unserem Ziel, eine Lösung für diesen schrecklichen Krieg in Syrien zu finden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Flosdorff, gibt es einen Modus Operandi, falls die Russen einen deutschen Tornado abschießen? Was passiert dann?

Herr Schäfer, Sie sagten ja selbst, das sei die Anti-ISIS-Koalition, man bekämpfe ISIS. Nun hat am Wochenende die US-Luftwaffe einen syrischen Jagdbomber abgeschossen; da saß kein ISIS-Kämpfer drin. Wie bewerten Sie diesen Abschuss? Begrüßen Sie den?

FLOSDORFF: Herr Jung, es wird Sie nicht erstaunen, dass ich jetzt mit Ihnen nicht über solche Szenarien spekuliere.

ZUSATZ JUNG: Das ist eine legitime Frage.

FLOSDORFF: Ja, und ich habe geantwortet.

DR. SCHÄFER: Ich glaube, dass Sie recht haben, Herr Jung, dass, soweit ich weiß, in dem syrischen Kampfjet, der da abgeschossen worden ist, kein ISIS-Pilot saß. Das entspricht auch den Informationen, die uns vorliegen, insbesondere von amerikanischer Seite. Aber so einfach ist es natürlich nicht. Die Begründung, die von amerikanischer Seite für diesen Schritt angeführt worden ist, ist, dass von diesem Kampfjet aus an der Seite der Anti-ISIS-Koalition stehende Kämpfer, die sich gegen ISIS stellen, angegriffen worden sind. Das erklärt die Reaktion der amerikanischen Luftwaffe.

ZUSATZFRAGE JUNG: Welche Kämpfer waren das?

DR. SCHÄFER: Ich weiß nicht, was jetzt diese Frage soll. Ich glaube, ich habe Ihnen das politisch erläutert. Es gibt einige Gruppen, die auf der Seite der Anti-ISIS-Koalition auf dem Boden, auf syrischem Territorium den Kampf gegen ISIS in und um Raqqa herum führen. In diesem Fall ging es um Truppen der sogenannten SDF.

FRAGE JESSEN: Herr Flosdorff oder Herr Dr. Schäfer, haben Sie Kenntnisse über die Nationalität des Piloten des abgeschossenen Jagdbombers? Es gab Spekulationen, ob es sich überhaupt um einen syrischen Piloten gehandelt habe.

FLOSDORFF: Ich habe dazu keine Erkenntnisse, die ich Ihnen hier mitteilen könnte.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Sie haben Erkenntnisse, die Sie uns aber hier nicht mitteilen können?

FLOSDORFF: Das habe ich damit nicht gesagt. Ich habe das gesagt, was ich gesagt habe.

FRAGE LINDNER: Herr Hille, es geht noch einmal um die Dieselthematik, wie sie auch gerne genannt wird, um eine Entwicklung, die aus Baden-Württemberg kommt. Baden-Württemberg hat gestern angekündigt, eine Bundesratsentschließung anzustreben, wonach nicht nur Euro-5-, sondern auch Euro-6-Fahrzeuge auf Kosten der Hersteller umgerüstet werden sollen. Meine Frage ist das ist ja eine Initiative, die aus den Bundesländern kommt : Wie bewerten Sie das? Was unternimmt das Bundesverkehrsministerium in dieser Sache, also der Nachrüstung, Umrüstung von Euro-5-/Euro-6-Dieselfahrzeugen zur Abwendung von Fahrverboten?

HILLE: Frau Lindner, ich würde mir als Erstes gerne die folgende Anmerkung zur Gesamteinordnung erlauben. Sie selbst haben es schon gesagt. In der öffentlichen Wahrnehmung geht das nämlich ein bisschen durcheinander, nicht bei Ihnen, aber in dem einen oder anderen Bericht.

Grundlage für die aktuelle Berichterstattung sind die öffentlichen Überlegungen eines Landesverkehrsministers, möglicherweise im Bundesrat einen Antrag zu stellen, aber nur wenn die Mehrheit gesichert ist. Nur so viel zur Gesamtarchitektur, also zu öffentlichen Überlegungen, möglicherweise einen Antrag zu stellen.

ZUSATZ LINDNER: Das ist ja nicht verboten.

HILLE: Nein, das ist nicht verboten. Aber die Wahrnehmung in der Republik ist teilweise eine etwas andere.

Wir sind in einem sehr frühen Stadium. Ein Antrag im Bundesrat ist, ehrlich gesagt, auch nichts Spektakuläres.

Die Umrüstungen laufen, und zwar von 3 Millionen Fahrzeugen, 2,4 Millionen im verbindlichen Rückruf und 630.000 im Rahmen einer freiwilligen Serviceaktion. Wir begleiten natürlich die Debatte, die um die mögliche Optimierung von Euro-5- und Euro-6-Dieselfahrzeugen läuft. Ob es weitere Umrüstungen gibt, hängt davon ab, ob es konkrete und tragfähige Konzepte der Hersteller gibt.

ZUSATZFRAGE LINDNER: Meine Frage war ja: Was konkret unternimmt denn das Bundesverkehrsministerium? Sie haben gesagt, Sie begleiten die Debatte. Mich würde interessieren, welche Initiativen es aus Ihrem Haus zu dieser Thematik gibt.

HILLE: Ich habe Ihnen doch gesagt, was die Grundlage für die weitere Beschäftigung mit der Frage ist. Ob es weitere Umrüstungen Sie können auch von Optimierungen sprechen gibt, hängt davon ab, ob es konkrete und tragfähige Konzepte der Hersteller gibt. Bisher ist das nicht der Fall.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Frage zu Katar. Herr Schäfer, wie bewertet die Bundesregierung den 12-Milliarden-Deal der USA über US-Kampfflugzeuge mit dem isolierten Golfstaat Katar angesichts der aktuellen Situation? Ich meine, der US-Präsident hat Katar lautstark als Terrorhelfer gebrandmarkt und sich auf die Seite Saudi-Arabiens gestellt, und jetzt verkauft man Katar doch noch Kampfflugzeuge.

DR. SCHÄFER: Zunächst einmal ist Ihre Frage ein guter Anlass, um noch einmal zu sagen, dass wir weiter in Sorge darüber sind, dass es in den letzten Tagen zwar keine weiteren Eskalationen weder rhetorische noch politische gegeben hat, dass aber auch die Gegenüberstellung zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien, den Verbündeten und Katar noch keine Entlastung oder Deeskalation erfahren hat. Das erfüllt uns mit Sorge, weil das letztlich bedeutet, dass es, je länger sich dieser Konflikt zwischen den Golfmonarchien andeutet, umso schwieriger sein könnte, vernünftige Lösungen hinzubekommen, die nicht irgendwo und irgendwie schwerere Kollateralschäden auslösen, nicht zuletzt auch für deutsche und europäische Interessen. Je länger dieser Konflikt dauert, je länger die Abschottung an den Grenzen dauert, umso schwieriger ist es für deutsche und auch europäische Unternehmen in der Region, ihre Geschäfte normal weiterzuführen, weil die Logistik in dieser Region immer grenzüberschreitend ist. Es gibt viele andere Sorgen, auch politische, die man damit verbinden kann.

Deshalb gilt unser Appell an alle Seiten, da das Gespräch zu suchen und die angebotenen Vermittlungsbemühungen nicht in den Wind zu schlagen, sondern anzunehmen. Wir werden uns an diesen Bemühungen, zwischen beiden Seiten für vernünftige Lösungen zu sorgen, natürlich weiter beteiligen. Der Außenminister führt dazu auch entsprechende Gespräche. Wenn das Ergebnis einer Lösung ist, dass für alle Beteiligten in der Region und überall klar ist, dass die Finanzierung von Terrorismus und von islamistischem Extremismus nicht geht wo auch immer, wann auch immer, wie auch immer , dann wäre das aus der Sicht der Bundesregierung ein Teil einer wirklich guten Lösung.

Jetzt zu Ihrer konkreten Frage: Der Außenminister hat sich bereits in „no unspoken terms“ über die Sorge vor einer Aufrüstungsspirale im Mittleren Osten geäußert. Das hat er getan aus Anlass der Ankündigung von Rüstungsdeals mit anderen Golfmonarchien im dreistelligen Milliardenbereich im Zuge der Reise des amerikanischen Präsidenten an den Golf. An diesen Aussagen halten wir fest. Die gelten natürlich auch, wenn andere Golfmonarchien noch einen drauflegen und sich auch in Amerika oder anderswo Waffen besorgen, die letztlich nur die Gefahr unterlegen und unterfüttern, dass es am Golf zu einer Rüstungsspirale zwischen Saudi-Arabien und dem Iran kommt, vielleicht auch an anderen Konfliktlinien, die auch für uns eine starke Beeinträchtigung unserer Interessen bedeutet.

ZUSATZFRAGE JUNG: Was wird die Bundesregierung tun, dass diese Rüstungsspirale im Nahen Osten nicht weitergeht? Auch Deutschland verkauft ja Waffen und Rüstung an diese Länder.

DR. SCHÄFER: Ich würde Ihnen empfehlen, dass Sie sich bezüglich der Antwort auf diese Frage vielleicht einmal die Antworten des Außenministers in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ vom Wochenende anschauen. Da ist von den Journalisten ganz konkret gefragt worden, welche Rüstungsprojekte in der Vergangenheit für Monarchien am Golf genehmigt worden seien. Ich würde Ihre Aufmerksamkeit gerne darauf lenken. Das ist auf der Website des Auswärtigen Amtes und bestimmt auch bei der „Welt am Sonntag“ nachzulesen. Das möchte ich hier nicht wiederholen.

Ansonsten gilt das, was von dieser Seite zu einer außerordentlich restriktiven Rüstungsexportpolitik immer gesagt wird, gerade in Krisenregionen und gerade an den Golf. Ich glaube, die Zahlen, die jüngst veröffentlicht worden sind, belegen das auch ganz eindrucksvoll. Ansonsten sind es die Mittel der Diplomatie, die uns zur Verfügung stehen. Dass ich mich hier Ihnen gegenüber sehr offen und sehr klar zu Rüstungsprojekten am Golf äußere, ist Teil von Diplomatie, ist Teil von Außenpolitik. Dass wir mit unserer Haltung gegenüber den Partnern und Staaten, die an diesen Rüstungsgeschäften beteiligt sind, nicht hinterm Berg halten, auch im direkten Kontakt, das können Sie sich sicher denken.

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