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Bundesregierung für Desinteressierte: Bemerkenswerte BPK vom 12. Juli 2017

Seibert in trouble ► BPK vom 12. Juli 2017

Themen: Ermöglichung einer medizinischen Behandlung des chinesischen Menschenrechtsaktivisten Liu Xiaobo, Kabinettssitzung (Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, Bericht zu den Auswirkungen des Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt, 5G-Strategie für Deutschland), Export von Gasturbinen auf die Krim, Verhaftung von Menschenrechtsverteidigern in der Türkei, Zusammenarbeit mit Libyen in Fragen der illegalen Migration, Entzug von Akkreditierungen während des G20-Gipfels, Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns, Äußerungen des Bundesverkehrsministers zur Zukunft des Flughafens Tegel, Einsatz der Polizei auf dem G20-Gipfel, mögliche Strukturen von arabischen Großfamilien in Deutschland, Brexit/Grenzbehandlung zwischen Nordirland und Irland, Ermittlungen der israelischen Polizei wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit dem Kauf deutscher U-Boote, TV-Duell zwischen der Bundeskanzlerin und dem SPD-Kanzlerkandidaten

Naive Fragen zu:

Entzug der G20-Akkreditierungen von Journalisten (ab 15:35 min)
– können Sie den Verdacht ausräumen, dass auch Informationen türkischer Sicherheitsbehörden oder anderer ausländischer Anlass für den Entzug von Akkreditierungen gewesen sein könnten? (ab 15:35 min)
– gab es Informationen ausländischer Behörden? sind die irgendwie angekommen, wie wurde mit denen umgegangen?
– Widerspruch: Seibert schrieb, die nachträglichen Sicherheitsbedenken resultierten „ausschließlich (!) aus eigenen Erkenntnissen deutscher Behörden“. Das BKA schrieb: „Für EINIGE (!) Journalisten lagen zum Zeitpunkt der Akkreditierung Staatsschutzerkenntnisse ausschließlich deutscher Sicherheitsbehörden vor. Gewichtige zusätzliche sicherheitsrelevante Erkenntnisse führten zu einer Neubewertung.“
– stehen Sie für diesen Skandal, diesem Fall, dieser „Schwarzen Liste“ gerade, Herr Seibert?
– Herr Plate, sprechen wir bei „Straftaten“ nach deutschem Recht,
aus deutscher Sicht? (ab 39:20 min)
– ans AA: Die betroffenen Journalisten haben ja einiges gemeinsam, u.a. sind einige dabei, die in der Türkei gearbeitet haben, die dort festgesetzt wurden. zB Kollege Kietzmann und Kollege Grodotzski, denen Sie als AA zur Freiheit verholfen haben in der Türkei. Wie bewerten Sie denn den Entzug der Akkreditierungen? Sie wissen ja, dass das keine gefährlichen Journalisten sind. Und hätte das AA eingreifen und Herrn Seibert mitteilen können: „Die sind ungefährlich“? Haben Sie das vielleicht sogar gemacht?
– noch ein anderer Aspekt: Die SZ berichtet, dass Sie sich mit dem BKA zunächst für einen anderen Kompromiss entschieden: „Man würde diese 32 Reporter zunächst ins Gipfelinnere hineinlassen, ihnen aber gleichzeitig Schatten anhängen, BKA-Beamte vor Ort, die sie begleiten“ – ist das passiert? Und wie sind Sie darauf gekommen? ist das üblich? (ab 53:49 min)
– haben BKA-Beamte diese Journalisten „beschattet“?

Polizeigewalt bei G20 (ab 1:16:25 min)
– es mehren sich ja nun die Video- und Fotoaufnahmen, wie Polizisten Gewalt gegenüber friedlichen Demonstranten anwenden. Wie geht die Bundesregierung als Veranstalter des G20 mit diesen Vorkommnissen um? Ich weiß, es ist Ländersache, wie das alles operativ funktioniert. Aber Sie sind Veranstalter, dem BMI untersteht bspw. das BFE+, das nachweislich viele Menschen verprügelt hat. Gibt es interne Untersuchungen, gibt es Disziplinarverfahren? Weiß man, ob spezielle Einheiten besonders gewalttätig waren als andere?
– Sie sagen gerade „Ihnen“ persönlich diese Nachweise usw. nicht vor. Sie sprechen für das BMI. Sie sagen, dass Ihnen keine Nachweise, auch keine Videos, keine Bilder vorliegen, die die Polizeigewalt in Hamburg zeigen?

Seibert & das Kanzlerduell (ab 1:27:45 min)
– Sie machen ja nicht nur G20-Akkreditierungen, sondern auch Wahlkampf für Frau Merkel, Herr Seibert. Wenn Sie das Kanzlerduell mitverhandeln als CDU-Vertreter gibt es erstmal die Frage: Ihre Mitverhandlerin Frau Christiansen, enge Beraterin der Kanzlerin, hat ja einen „zeitlich befristeten Nebentätigkeitsvertrag mit der CDU geschlossen“, arbeitet also für die CDU – tun Sie das jetzt auch? Und dürfen Sie überhaupt Parteiwahlkampf als Leiter des BPA machen?
– wir hatten ja heute schon das Thema Pressefreiheit: Die Beteiligten und Menschen, die sich auskennen, wie die Verhandlungen gelaufen sind, fragen sich, was Sie für ein Verständnis von Pressefreiheit haben, da die Sender ein anderes Format haben wollten. Aber Sie und Frau Christiansen haben den Sendern immer wieder dasselbe gesagt „Entweder das Duell wird wie 2013 durchgeführt oder es gibt gar keines“ – halten Sie das eigentlich als ehemaliger Journalist für eine angemessene Forderung? Man kann ja fast schon von Erpressung sprechen…

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 12. Juli 2017:

STS SEIBERT: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich wollte ein weiteres Mal auf das Schicksal des chinesischen Menschenrechtlers Liu Xiaobo eingehen. Die Bundesregierung hat, wie Sie wissen, mehrfach hochrangig gegenüber der chinesischen Führung sein Schicksal angesprochen. Sie hat frühzeitig auf eine humanitäre Lösung gedrängt. Herr Liu hat den klaren Wunsch geäußert, zusammen mit seiner Frau und seinem Schwager China zu verlassen. Deutschland steht zur Aufnahme und zur medizinischen Behandlung bereit. Nach Aussage des deutschen und des US-amerikanischen Arztes, die Herrn Liu am Wochenende untersucht haben, wäre eine Verlegung Herrn Lius nach Deutschland oder in die USA noch möglich.

Die jüngsten Medienberichte auch solche von heute Vormittag über eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Herrn Liu nehmen wir natürlich mit allergrößter Sorge zur Kenntnis. Das lässt sich derzeit von hier aus und von uns nicht überprüfen. Die Situation für Herrn Liu und seine Familie so viel ist klar kann man nur als dramatisch bezeichnet. Daher appelliert die Bundesregierung an die chinesische Führung, den humanitären Aspekten dieses Falles Priorität einzuräumen und Herrn Liu und seiner Familie die unverzügliche Ausreise zu ermöglichen.

Nach den uns bisher vorliegenden Erkenntnissen stellt sich die Frage, ob die schwere Krebserkrankung von Herrn Liu nicht wesentlich früher hätte erkannt und behandelt werden müssen. Es ist aber jetzt nicht der Zeitpunkt, dies abschließend zu beurteilen. Jetzt geht es um eine humanitäre Lösung dieses Falls.

Dann wollte ich Ihnen gerne kurz drei Themen aus dem Kabinett vorstellen. Das erste betrifft eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung. Sie wissen: Die Bundesregierung begrüßt Investitionen am Standort Deutschland grundsätzlich. Solche Investitionen sind Ausdruck der Attraktivität des Standorts Deutschlands, und sie tragen auch zu seiner Stärkung bei.

Schon heute kann die Bundesregierung im Rahmen der bestehenden außenwirtschaftsrechtlichen Instrumente eine Prüfung von Unternehmenserwerben durch ausländische Investoren einleiten. Dafür ist das BMWi zuständig. Eingriffe in Form von Auflagen oder Untersagungen sind nur bei solchen Erwerben möglich, die die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland konkret gefährden.

Nun hat das Kabinett heute eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung beschlossen. Damit bleibt das nationale Investitionsprüfungsrecht weiterhin auf diese Sicherheitsaspekte ausgerichtet. Aufgrund einer veränderten Sicherheitslage werden die bestehenden Regelungen angepasst, vor allem mit Blick auf das Prüfverfahren. Für Unternehmen vor allem aus dem Bereich der kritischen Infrastrukturen wird eine neue Meldepflicht eingeführt. Außerdem unterfallen Rüstungsunternehmen, die bestimmte wehrtechnische Schlüsseltechnologien herstellen, zum Beispiel aus dem Bereich Sensorik, zukünftig einer Meldepflicht.

Die Bundesfamilienministerin hat dem Kabinett den Bericht zu den Auswirkungen des Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt vorgelegt. Ziel dieses Gesetzes, das vor drei Jahren in Kraft getreten ist, ist es ja, Schwangere in Notlagen besser zu unterstützen. Heute hat das Kabinett diesen Bericht zu den Auswirkungen beschlossen. Die Bundesfamilienministerin hat darüber, glaube ich, auch schon in einer Pressekonferenz informiert. Ich mache es deswegen kurz. Der Bericht zeigt insgesamt, dass der Ausbau des Hilfssystems für schwangere Frauen in Notlagen erfolgreich war. Die angestrebten Wirkungen dieses Gesetzes entfaltet es auch tatsächlich.

Das sind ja im Wesentlichen folgende Maßnahmen: Es geht um die Entwicklung von Standards für die Beratung von Frauen, die ihr Kind zur Welt bringen wollen, ohne ihre eigene Identität anzugeben. Es geht um die Einrichtung eines Hilfetelefons mit einem ergänzenden Internetangebot. Es geht um die rechtliche Regelung der vertraulichen Geburt einschließlich der Übernahme der Kosten durch den Bund. Es geht um die Wahrung des Rechts des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft, und es geht um die Bekanntmachung der Hilfen durch die Öffentlichkeitsarbeit des Bundes. Unterschiedliche Maßnahmen des Hilfssystems werden diesem Ziel gerecht werden, Schwangere in Notlagen an die für sie individuell geeigneten Lösungen heranzuführen. Ich denke, Weiteres hat die Ministerin sicherlich schon vorgetragen.

Zum Schluss ging es um die sogenannte 5G-Strategie für Deutschland, eine Offensive für die Entwicklung Deutschlands zum Leitmarkt für 5G-Netze und deren Anwendung. Die digitale Transformation, in der wir uns wie jedes andere Land befinden, führt zu einer weitreichenden Vernetzung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse. Schlüsseltechnologie für all diese Entwicklungen ist die kommende Mobilfunkgeneration 5G. Heute gab es also den Beschluss einer 5G-Strategie für Deutschland. Deutschland soll Leitmarkt für die Anwendungen werden.

Dieses Ziel unterstützen wir durch Maßnahmen auf fünf Aktionsfeldern. Es geht darum, einen sogenannten Netz-Rollout oder eine Markteinführung zu forcieren, die 5G-Frequenzen bereitzustellen, die Kooperation zwischen der Telekommunikationsindustrie und der Anwenderindustrie zu fördern, die Forschung zum 5G-Bereich zu unterstützen und 5G für die Städte und Kommunen zu initiieren. Die zeitliche Abfolge dieser Aktivitäten ist darauf ausgerichtet, dass der Rollout der fünften Generation, also von 5G, ab 2020 bestmöglich unterstützt werden kann.

So viel aus dem Kabinett.

FRAGE LANGE: Ich habe eine Frage zum Außenwirtschaftsgesetz; wahrscheinlich frage ich am besten das Wirtschaftsministerium. Zum einen hätte ich gerne gewusst, von wie vielen Fällen Sie reden. Was den Erfüllungsaufwand für die Verwaltung angeht, ist, glaube ich, von zehn zusätzlichen Prüfungen die Rede. Ist das die Hausnummer? Gibt es schon konkrete Fälle, die Sie jetzt nach der neuen Verordnung prüfen können?

Zweitens hätte ich gerne noch etwas gewusst: Übernahmen müssen ja nicht zwingend etwas Schlimmes sein, sondern sie können ja auch Arbeitsplätze sichern oder retten. Gibt es in dieser Verordnung irgendeinen Spielraum? Können Sie also Sicherheitserwägungen gegen Arbeitsplätze abwägen?

ALEMANY: Ja, das kann ich gerne beantworten. In der Regel sind es 40 bis 50 Fälle pro Jahr. Ich glaube, im letzten Jahr waren es 43. So gesehen gehen wir jetzt davon aus, dass es zehn Fälle mehr pro Jahr werden dürften. Es ist ja ein eng begrenzter Kreis, den wir jetzt zusätzlich prüfen können.

Es geht, wie Sie schon zu Recht sagten, nicht darum, dass wir keine offene Volkswirtschaft mehr sein wollen. Im Gegenteil: Wir sind eine der offensten Volkswirtschaften der Welt. Das soll auch so bleiben. Wir begrüßen auch sehr ausländische Investitionen an unserem Standort. Das zeigt, wie attraktiv er ist.

Was wir aber schon als Ziel erreichen wollen, sind faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Unternehmen. Deswegen gibt es eigentlich eine parallele Strategie, die wir fahren, sowohl für Deutschland als auch für die Europäische Union. Im Bereich der Europäischen Union haben wir zusammen mit Italien und Frankreich eine Initiative auf den Weg gebracht, mit der wir perspektivisch dahin wollen, das EU-Recht zu ändern, um auch Schlüsseltechnologien schützen zu können oder einfach genauer prüfen zu können, wer denn hinter einem Käufer und Unternehmenserwerber steckt, also ob das vielleicht ein staatlich getriebener Investitionsfonds ist, der nicht zu marktkonformen Preisen anbietet und damit unsere Unternehmen in einen unfairen Wettbewerb geraten lässt. Das ist die eine Initiative, die wir verfolgen. Darüber stehen wir in engen Gesprächen mit den EU-Mitgliedsländern. Da gibt es aber noch keine abschließende Regelung; das beginnt erst.

Für Deutschland haben wir heute die Verordnung durch das Kabinett gebracht, an der wir ja schon seit ungefähr einem Jahr arbeiten. Die wird uns helfen, eine offene Volkswirtschaft zu bleiben, aber auch auf faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Unternehmen zu achten.

Zu den Arbeitsplätzen: Das Prüfkriterium an sich hat sich nicht verändert. Das Prüfkriterium ist immer die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie wesentliche Sicherheitsinteressen. Die Anzahl von Arbeitsplätzen ist dabei kein Kriterium, an das wir denken.

FRAGE KÜFNER: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert, aber auch an das Wirtschaftsministerium. Es geht um die Lieferung von vier Turbinen nach Russland. Zwei davon sind wohl sanktionswidrig auf die Krim geliefert worden. Herr Seibert, wer war Ihrer Einschätzung nach naiv bei dieser Geschichte, die Firma Siemens? Hätte man der russischen Seite da nicht so vertrauen sollen?

Die andere Frage ist: Was für Konsequenzen wird das haben? Wie sieht die Bundesregierung das? Was müsste die Konsequenz aus diesem offensichtlichen Bruch der Sanktionen sein?

STS SEIBERT: Zunächst einmal ist das ein Vorgang, den auch die Bundesregierung mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Jetzt kommt es zunächst einmal darauf an, den Sachverhalt möglichst schnell und möglichst umfassend zu klären. Dabei ist vor allem das Unternehmen Siemens gefragt. Ich weise auch darauf hin, dass es Aufgabe der Unternehmen ist, zu prüfen, ob unternehmerisches Handeln unter ein Sanktionsregime fällt.

Sie fragen nach Konsequenzen. Eine vertragswidrige Verbringung der Turbinen auf die Krim entgegen hochrangiger Zusicherungen ist ein bemerkenswerter Vorgang. Welche Konsequenzen dieser Vorgang hat bemerkenswert und gänzlich inakzeptabel, wie er ist , wird derzeit beraten.

ALEMANY: Herr Seibert hat alles dazu gesagt.

FRAGE AKAL SIMSEK: Ich hätte eine Frage zur Türkei, und zwar zur Verhaftung von Menschenrechtsverteidigern. Ich würde gerne wissen, ob das Auswärtige Amt über dieses Thema Gespräche mit der Türkei oder vielleicht in Berlin mit der türkischen Botschaft geführt hat. Haben Sie mehr Informationen darüber bekommen, warum die Menschenrechtsverteidiger verhaftet wurden? Falls ein Gespräch geführt wurde, wurde auch die Erwartung der türkischen Seite kommuniziert?

ADEBAHR: Ich kann Ihnen zu der jüngsten Verhaftung am 5. Juli, die Sie ansprechen, sagen, dass es uns gelungen ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Konsularabteilung in Istanbul ihn bereits am 6. Juli im Polizeigewahrsam besuchen und sprechen konnten und dass wir dort mit der konsularischen Betreuung des Inhaftierten begonnen haben. Wir stehen dazu natürlich weiterhin im intensiven Gespräch mit der türkischen Seite und versuchen, das zu verstetigen und die Betreuung dort sicherzustellen.

FRAGE DR. TUYALA: Zu Libyen und der Flüchtlingsfrage: In einem gemeinsamen Gastbeitrag für „Die Welt“ hat Innenminister de Maizière gemeinsam mit seinem italienischen Amtskollegen davon gesprochen, mit Libyen in Fragen der illegalen Migration stärker zusammenzuarbeiten. Nun handelt es sich ja bei Libyen um einen „failed state“. Wie genau soll diese Zusammenarbeit aussehen? Mit welchen staatlichen Institutionen gedenkt man in Libyen in dieser Hinsicht zusammenzuarbeiten?

DR. PLATE: Herr Tuyala, vielen Dank für die Frage. Das Thema ist ja gar nicht neu. Es hat zwischen den Innenministern schon vielfach Gespräche über dieses Thema gegeben, zuletzt ja sehr intensiv bei dem informellen Treffen der Justiz- und Innenminister in Tallinn, wo die Präsidentschaft ja im Moment liegt. Die dortige Präsidentschaft hat zu diesem Thema eine Pressemitteilung herausgegeben, auf die ich auch verweise.

Ich will an dieser Stelle aber auch daran erinnern, dass es ja eine gemeinsame Initiative des italienischen und deutschen Innenministers gegeben hat, gegenüber der EU-Kommission dafür zu werben, dass man eine sogenannte Fact-Finding Mission nach Libyen schickt, um im Prinzip genau diese Fragen auch die, die Sie stellen in aller Ruhe und in der gebotenen Sorgfalt zu klären. Die EU-Kommission hat es befürwortet, eine solche Fact-Finding Mission dorthin zu schicken. Das ist der aktuelle Sachstand dazu.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Es sterben aktuell wieder Tausende Menschen, muss man sagen, auf dem Weg nach Europa im Mittelmeer. Experten wie zum Beispiel der Frontex-Direktor fordern auch die Schaffung von legalen Fluchtmöglichkeiten nach Europa. Wie ist da der Stand der Dinge, was diese humanitäre Forderung angeht?

DR. PLATE: Ich bitte um Nachsicht dafür, dass ich jetzt nicht erneut wie hier schon ganz oft alle legalen Migrationswege nach Europa aufzähle. Es gibt ja zahlreiche, sowohl im Bereich des Resettlement, der Relocation und der humanitären Aufnahme als auch im Bereich der Arbeitsmigration. Auf all diese Dinge verweise ich. Ich glaube, sie sind bekannt und öffentlich nachlesbar.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, können Sie zum Anfang erst einmal den Verdacht ausräumen, dass auch Informationen zum Beispiel türkischer Sicherheitsbehörden oder anderer ausländischer Sicherheitsbehörden Anlass für den Entzug von Akkreditierungen gewesen sein könnten?

STS SEIBERT: Ich dachte eigentlich, dass das gestern durch die Erklärung des Bundespresseamtes und die Erklärung des Bundeskriminalamtes schon in aller Klarheit geschehen wäre. In beiden Erklärungen ist davon die Rede, dass die Sicherheitsbedenken, über die gesprochen wird, ausschließlich aus eigenen Erkenntnissen deutscher Behörden resultierten. Es gibt auch zwischen der BKA-Erklärung und der Erklärung des Bundespresseamtes keinerlei Widerspruch.

Der erste Satz des Bundeskriminalamtes zu diesem Komplex, wonach ausschließlich Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden vorlagen, gilt selbstverständlich für den ganzen Absatz. Ich hätte gedacht, dass diese einleitende klare Aussage, also dass es nur um Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden geht, ausreicht, um jedes Misstrauen zu zerstreuen. Ich hoffe sehr, die nochmalige Klarstellung des Bundeskriminalamtes heute Vormittag reicht dazu jetzt aus. Aus unserer Sicht gibt es und gab es da nie einen Hauch der Unklarheit.

ZUSATZFRAGE JUNG: Gab es Informationen ausländischer Behörden? Sind die irgendwie angekommen? Wie wurde mit denen umgegangen?

Das BKA schrieb ja anders als das BPA, also Sie, dass für einige Journalisten zum Zeitpunkt der Akkreditierung Staatsschutzerkenntnisse ausschließlich deutscher Sicherheitsbehörden vorlagen.

STS SEIBERT: Ja, einige Journalisten, bezogen

ZUSATZFRAGE JUNG: Darf ich ausreden?

STS SEIBERT: Ja, natürlich.

ZUSATZFRAGE JUNG: Stehen Sie als Leiter des BPA für diesen ganzen Skandal gerade, Herr Seibert? Nehmen Sie die Verantwortung für diesen Fall auf sich?

STS SEIBERT: Es geht um einige Journalisten, bezogen auf die insgesamt 5101 Medienvertreter, die das Zugangsrecht zum Pressezentrum erhielten.

Zweitens mache ich mir Ihre Deutung in keiner Weise zu eigen. Ich verstehe, dass es Fragen aufwirft, wenn Journalisten eine Akkreditierung entzogen wird, und diesen Fragen stellen wir uns natürlich. Ich habe gestern den ganzen Tag daran gearbeitet, den Sachverhalt in seinen Einzelheiten zu durchdringen und Ihre Fragen beantworten zu können. Das machen wir auch gerne.

Ich will nur noch einmal gleich am Anfang sagen, weil auch heute Morgen die Unterstellung aufkam, dass ich die Unwahrheit sagen würde: Diese Unterstellung weise ich wirklich mit Nachdruck zurück. Mein Amtsverständnis ist es ich hoffe, dass Sie das in den letzten sieben Jahren hier auch so bemerkt haben , Ihnen mündlich wie schriftlich stets nach bestem Wissen und Gewissen die Wahrheit zu sagen. Das tue ich heute, das habe ich in der Vergangenheit getan, und das tue ich auch in dieser ganzen Angelegenheit.

FRAGE DR. TUYALA: Herr Seibert, Sie sprechen jetzt wieder ausschließlich von Sicherheitsbedenken. Gleichzeitig wächst die Kritik halt immer weiter an. Dem könnte begegnet werden, indem Sie zum Beispiel die konkreten Erkenntnisquellen und die konkreten Gründe abseits von Sicherheitsbedenken etwas mehr erläuterten.

STS SEIBERT: Wir sprechen von sehr ernsthaften Sicherheitsbedenken und einer Neubeurteilung der Sicherheitslage insgesamt am Donnerstag, den 6., und Freitag, den 7., die dazu geführt haben, dass mir eine dringende Empfehlung der Sicherheitsbehörden überbracht wurde. Ich wurde informiert, und mir wurde die dringende Empfehlung überbracht, so zu handeln, dass einigen einer begrenzten Zahl von Journalisten die Akkreditierung entzogen wird. Ich hätte in meiner Verantwortung als Chef des Bundespresseamtes nicht verantworten können, diese ernsthaften Hinweise und diese dringende Empfehlung zu ignorieren, und stehe auch dazu.

Ich sehe mich hier nicht in der Lage, über einzelne Fälle zu sprechen. Das wäre unangebracht. Das würde auch gegen das Recht der Betroffenen verstoßen. Jeder der Betroffenen kann sich über seinen Fall mit dem Bundeskriminalamt in Verbindung setzen. Da ist ein Ansprechpartner genannt worden. Er kann auch, wenn er das möchte, den Weg der Veröffentlichung wählen. Ich werde das hier nicht tun.

Ich will nur sagen: Ich musste mich am Donnerstag und Freitag mit der Frage befassen, ob ich diese ernsthaften Hinweise der Sicherheitsbehörden, die mir durch das BMI überbracht wurden, zum Anlass nehme, diese Entscheidung zu treffen oder nicht zu treffen und der dringenden Empfehlung zu folgen. Ich kam zu dem Schluss und komme bis heute zu dem Schluss, dass ich das nicht ignorieren konnte.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, Sie sprachen eben von einer Neubeurteilung oder Neubewertung der Sicherheitslage am Donnerstag und Freitag. Das bedeutet für mich, und ich bitte um Klarstellung, wenn es anders war, dass schon vorher vorhandene Informationen jetzt neu bewertet wurden. Oder handelt es sich um nach dem Gipfelbeginn neu aufgetauchte Erkenntnisse über diese Personen? Ich halte das für einen relevanten Unterschied.

Zweite Frage an Herrn Dr. Plate: Herr Dimroth hat hier am Montag erklärt, dass die Gründe für den Akkreditierungsentzug hier aus Gründen des Personenschutzes nicht öffentlich genannt werden würden, aber den Betroffenen mitgeteilt worden seien. Aus Gesprächen mit Betroffenen gewinnt man den Eindruck, dass denen diese Gründe mitnichten mitgeteilt wurden. Was stimmt nun?

STS SEIBERT: Ich verweise noch einmal auf die Erklärung, die auch das Bundeskriminalamt gestern herausgegeben hat, in der es von gewichtigen zusätzlichen sicherheitsrelevanten Erkenntnissen und einer Gesamtbeurteilung der aktuellen Entwicklung der Gipfelsituation spricht.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das bedeutet also das, was Sie vorher gesagt hatten, nämlich dass es doch nicht nur eine Neubewertung der Lage, sondern zusätzliche Erkenntnisse nach Abschluss des ersten Akkreditierungsverfahrens gab, zeitnah zum Gipfelbeginn. Richtig?

STS SEIBERT: So benennt es das Bundeskriminalamt in seiner gestrigen Stellungnahme.

DR. PLATE: So ist es. Das kann ich bestätigen und gerne auf die Frage eingehen, die gesondert an mich ging. Ich habe in der medialen Berichterstattung auch wahrgenommen, dass die Betroffenen es jedenfalls teilweise nicht so wahrgenommen haben, wie es bislang jedenfalls unserem Kenntnisstand entspricht, was die Information über die Gründe angeht. Wir werden das natürlich zum Anlass nehmen, dem noch einmal ganz genau nachzugehen, wie die Information der Betroffenen im Einzelnen tatsächlich ausgefallen ist. Sollte es da Defizite gegeben haben, dann werden wir das selbstverständlich zum Anlass nehmen, das noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und dafür zu sorgen, dass so etwas in Zukunft anders und besser passiert. Ob es am Ende eine Nicht-Information gab anders als es bislang unser Kenntnisstand ist oder ob die Information sozusagen eine Dichte hatte, die nicht dem entsprach, was sich die Betroffenen vorgestellt hätten, müssen wir uns jetzt, ehrlich gesagt, noch einmal ganz sorgfältig anschauen, weil das wichtig ist.

Ich will sagen: Mit solchen Entscheidungen tut sich, ehrlich gesagt, keiner leicht. Bevor es tatsächlich zu einer solchen Entscheidung kommt, dass das BMI auf Anraten der Sicherheitsbehörden vorschlägt, zu einem Vollentzug einer Akkreditierung zu kommen, prüft man natürlich sehr sorgfältig, ob es andere und weniger eingriffsintensive Maßnahmen gibt, die bei maximaler Wahrung der Pressefreiheit das gleiche Ziel dennoch erreichen können. Das war hier nach Einschätzung der Behörden nicht der Fall, und

ZUSATZFRAGE JESSEN: Der Kern meiner Frage war ja: Sehen Sie sich schon in der Pflicht, den Betroffenen nachvollziehbar mitzuteilen, warum ihnen die Akkreditierung entzogen wurde?

DR. PLATE: Ja, selbstverständlich. Das steht, glaube ich, auch in der Pressemitteilung des Bundeskriminalamts, die gestern versandt wurde, noch einmal ausdrücklich drin, konkret mit dem Ansprechpartner im BKA, der zu diesem Zwecke von den Betroffenen kontaktiert werden kann. Ich kann gerne noch einmal vollumfänglich unterstreichen, dass das nicht nur in der Pressemitteilung des BKA steht, sondern auch die Position des BMI ist.

STS SEIBERT: Wenn ich vielleicht auch ganz kurz noch einmal etwas sagen darf: Das Bundespresseamt führt Akkreditierungsverfahren und natürlich auch das Akkreditierungsverfahren zum G20-Gipfel grundsätzlich in dem Sinne durch, größtmöglichen Zugang zu gewähren und zu ermöglichen und die härteste Maßnahme, die Verweigerung einer Akkreditierung, zu vermeiden. Nun befinden wir uns dabei immer und ganz besonders bei einem G20-Gipfel, einem internationalen Großereignis Hamburg hat das ja in vielfacher Weise auch klargemacht , im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit. Wir werden natürlich, wenn wir Ihre Fragen alle beantwortet haben, dann auch zu dem Punkt kommen, an dem wir das Bundespresseamt und die Kollegen von den Sicherheitsbehörden uns zusammensetzen werden, um die Erfahrungen von Hamburg noch einmal gemeinsam auszuwerten und zu fragen: Können wir daraus Schlüsse und Lehren ziehen? Wie können wir diese schwierige Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit bestmöglich treffen?

FRAGE NEUHANN: Herr Seibert, es gab ja auch massive Kritik am Datenschutz von Datenschutzvertretern. War es aus Ihrer Sicht ein richtiges Vorgehen, dass diese Liste offenbar einsehbar für andere an Polizisten verteilt wurde, sodass auch andere Journalisten diese Liste sehen konnten, oder sehen Sie auch hierin einen Verstoß gegen den Datenschutz?

Ich habe eine zweite, eher grundsätzliche Frage, abgesehen von diesem konkreten Fall: Ist es eigentlich möglich und denkbar oder wird es praktiziert, dass Akkreditierungslisten von Journalisten an ausländische Dienste oder Sicherheitsbehörden weitergereicht werden, um dort zu erfragen, ob es Vorbehalte oder ein Veto gibt?

STS SEIBERT: Um es noch einmal zu sagen: Das Akkreditierungsverfahren auch das beim G20-Gipfel folgt dem üblichen und bewährten Muster. Es gibt zwei Stufen. Das eine ist die Überprüfung der Journalisteneigenschaft desjenigen, der den Antrag stellt, und das andere ist eine Sicherheitsüberprüfung, der derjenige, der den Antrag stellt, mit dem Antrag auch zustimmt. Das wird durch deutsche Stellen, deutsche Behörden gemacht. So war es auch beim G20-Gipfel.

ZUSATZFRAGE NEUHANN: Können Sie also ausschließen, dass bei diesem Verfahren ausländische Dienste oder Sicherheitsbehörden jemals eine solche Liste gesehen und beurteilt haben?

STS SEIBERT: Ich denke, wir haben das doch jetzt sehr klar gesagt. Ich weiß nicht, ob man das noch klarer sagen kann, wenn Sie es vom BMI hören. Wir haben es sehr klar gesagt: Die Sicherheitsbedenken stammen ausschließlich aus Erkenntnissen deutscher Behörden. Das BKA und das BMI haben versichert wir haben es auch gerade wieder gehört , dass das so ist.

ZUSATZFRAGE NEUHANN: Meine Frage war grundsätzlich. Können Sie ausschließen, dass eine Liste von Journalisten an ausländische Behörden weitergeleitet wurde?

STS SEIBERT: Das ist hier nicht der Fall gewesen.

ZUSATZFRAGE NEUHANN: Für alle 5000 Journalisten, die sich akkreditiert haben?

STS SEIBERT: Für alle Im Akkreditierungsverfahren spielen keine anderen als deutsche Sicherheitsbehörden eine Rolle. Bei den Sicherheitsbedenken, die zur Sprache kamen und die mir gegenüber am Donnerstagabend formuliert wurden, handelte es sich ausschließlich um Sicherheitsbedenken deutscher Behörden.

ZURUF NEUHANN: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

STS SEIBERT: Okay, der Datenschutz. Wollen Sie noch einmal etwas dazu sagen? – Ich will nur sagen, und wir haben auch gestern darüber gesprochen: Das Bundeskriminalamt hat in Umsetzung dieser Entscheidung die Namen der betroffenen 32 Medienvertreter an die Zugangskontrollstellen übermittelt. Das ist das, was ich Ihnen dazu sagen kann.

Im Bundespresseamt ist mit diesen Daten sehr verantwortungsvoll umgegangen worden. Sie sind nicht nach außen gegeben worden. Ich kann Ihnen das vielleicht gleich noch genauer sagen. Vielleicht fangen Sie einmal an, und dann sage ich noch einmal etwas dazu.

DR. PLATE: Ich will dazu vielleicht auch einfach ein paar Sätze sagen. Zunächst einmal, vor die Klammer gezogen: Wenn Polizisten, Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, an Einlasskontrollen dafür sorgen sollen und müssen, dass bestimmte Personen nicht reinkommen, dann ist, glaube ich, klar, dass das jedenfalls nur dann möglich ist, wenn sie die Namen dieser Personen kennen. Das muss man vielleicht einmal vor die Klammer ziehen, weil es in der Berichterstattung teilweise so klingt, als könne man ganz ohne eine Übermittlung der Namen an die Personen auskommen, die letztlich für den Einlass sorgen.

Für die Frage, inwieweit die Listen möglicherweise noch etwas besser hätten abgestimmt werden können oder müssen, sowie für all solche Fragen gilt das Gleiche wie das, was ich auf die Frage von Herrn Jessen gesagt habe: Das werden wir jetzt natürlich sehr sorgfältig in der Nachbereitung des gesamten Gipfeleinsatzes dazu gehört auch das, was zum Personenschutz und zur Einlasskontrolle gehört nachbearbeiten. Grundsätzlich gehört zur Ausbildung und Sensibilisierung aller Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auch heute schon die Fragestellung, wie mit personenbezogenen Daten und mit Aspekten des Datenschutzes umzugehen ist. Inwieweit das hier möglicherweise nicht vollständig berücksichtigt worden sein könnte, wird, wie gesagt, Teil der Nachbereitung sein. Dann muss man entsprechende Vorkehrungen treffen.

Ich will aber trotzdem noch einmal betonen: Ganz ohne die Namen zu wissen, kann man diese Aufgabe am Einlass wohl kaum wahrnehmen. Das möchte ich doch in aller Klarheit sagen.

STS SEIBERT: Ich kann für das Bundespresseamt noch sagen: Der Sicherheitsbeauftragte des Bundespresseamtes hat diese Namensaufstellung weder an eine andere Behörde noch an sonstige Externe weitergegeben. Sie wurde im BPA auch vor der Einsichtnahme Dritter geschützt.

Weil die Frage des Datenschutzes aufkam, ich glaube, auch im Zusammenhang mit dem Akkreditierungsverfahren, will ich sagen: Die Daten der Sicherheitsüberprüfung durch das BKA werden nicht im BPA gespeichert. Die Mitarbeiter unserer Akkreditierungsabteilung speichern lediglich die namentliche Aufstellung der Antragsteller im File-System der Akkreditierung, und die wird nach spätestens einem Jahr gelöscht.

FRAGE KREUTZFELDT: Herr Seibert, Sie haben gesagt, dass Sie keinen Widerspruch zwischen den beiden Pressemitteilungen sehen. Meinen Sie das ernst? Denn die Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes zeichnet sich ja dadurch aus, dass darin eben ausdrücklich erwähnt ist, dass „zum Zeitpunkt der Akkreditierung Staatsschutzerkenntnisse ausschließlich deutscher Sicherheitsbehörden“ vorlagen und dann gesagt wird, dass später „gewichtige zusätzliche sicherheitsrelevante Erkenntnisse“ dazukamen und zwar ohne den Zusatz „ausschließlich deutscher Sicherheitsbehörden“. Die haben gestern zwischen Anfrage und Verschicken zehn Stunden lang an dieser Pressemitteilung gearbeitet

STS SEIBERT: Ich an der nicht.

FRAGE KREUTZFELDT: ich meine nicht Sie, sondern das Bundeskriminalamt , und sie ist drei Stunden nach Ihrer Pressemitteilung erschienen. Dass das jetzt irgendwie ein sprachlicher Lapsus ist, schien mir zumindest bei einem so relevanten Thema relativ unwahrscheinlich. Können Sie noch einmal sagen, ob Sie nicht zumindest nachvollziehen können, dass das für einen der deutschen Sprache und Grammatik kundigen Menschen so wirkt, dass es da einen sehr entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Pressemitteilungen gibt?

STS SEIBERT: Nein, das kann ich tatsächlich nicht nachvollzeihen. Wir haben das hier ja auch gerade gesagt: Der erste Satz, der ganz klar den Teil „Staatsschutzerkenntnisse ausschließlich deutscher Sicherheitsbehörden“ enthält, bezieht sich

ZUSATZ KREUTZFELDT: „Zum Zeitpunkt der Akkreditierung“.

STS SEIBERT: Ja, richtig. Der bezieht sich aber auf den gesamten Absatz.

ZURUF HENZE: Nein, grammatikalisch nicht!

STS SEIBERT: In unserem ganz klaren Verständnis und in dem ganz klaren Verständnis, das das Bundeskriminalamt heute Morgen per Twitter auch noch einmal erklärt hat, bezieht er sich auf den gesamten Absatz. Es geht in jeder Phase dieses Themas ausschließlich um Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden.

DR. PLATE: Ich kann das als Sprecher für das Ministerium, in dessen Geschäftsbereich sich das BKA befindet, nur noch einmal bestätigen. Ich führe hier jetzt, ehrlich gesagt, keine grammatikalischen Diskussionen, weil wir hier, glaube ich, keine Germanistenvereinigung sind. Ich habe dazu eine andere Auffassung, kann aber unabhängig davon, ob sich die Auffassungen decken oder nicht, jedenfalls bestätigen, dass es so gemeint ist, wie es auch Herr Seibert gesagt hat.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Können Sie denn sagen, welche ausschließlich deutschen Sicherheitsbehörden das eigentlich waren, können Sie die Behörden im Plural einmal namentlich benennen?

DR. PLATE: Aus dem Stand ehrlich gesagt nicht; das sind ja eine ganze Reihe von Personen. „Einige“ ist ja auch ein Wort, das in diesem Zusammenhang schon gefallen ist; die genaue Zahl ist auch schon genannt worden, die das betroffen hat. Es ist logischerweise nicht immer überall die gleiche Sicherheitsbehörde. Es gibt Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern, das wissen Sie. Ich kann jetzt, ehrlich gesagt, nicht auswendig sagen, welche Sicherheitsbehörden das waren. Es wäre wahrscheinlich leichter, aufzuzählen, welche da gar nicht beteiligt waren. Jedenfalls kann ich Ihnen das auswendig nicht sagen.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Die waren alle vor Ort und haben da ihre Bedenken eingebracht? Denn es sind doch vor Ort diese Bedenken neu vorgebracht worden. Deswegen dachte ich, es müsste eine begrenzte Zahl von Leuten sein, von denen Sie dann so eine Information bekommen. Woher und von wem kam es denn?

DR. PLATE: Ich weiß nicht genau, woher Sie jetzt entnehmen, dass die alle vor Ort waren und dass das dort mündlich in physischer Präsenz besprochen worden ist. Ich glaube, weder Herr Seibert noch ich haben das gesagt. Ich weiß, offen gestanden, auch gar nicht, welche Teile der Bedenken telefonisch formuliert worden sind, welche vielleicht per Mail und welche von Angesicht zu Angesicht. Das scheint mir auch nicht besonders relevant. Grundsätzlich ist es aber sicherlich so, dass nahezu alle deutschen Sicherheitsbehörden ohnehin, glaube ich, rund um den G20-Gipfel auch physisch präsent waren. Das ist, glaube ich, auch bekannt.

FRAGE HENZE: Kurz für das Protokoll: Herr Seibert, Sie hatten mir ja auch persönlich versprochen, zügige Antwort auf alle Fragen zu geben. In Ihrer Erklärung findet sich dann das Stichwort Datenschutz, auf das sich meine sehr präzisen Fragen seit Samstag schriftlich beziehen, nicht einmal als Begriff; das heißt, der ganze Bereich Datenschutz ist in Ihrer Erklärung nicht beantwortet worden. Sie haben dann am Schluss sozusagen den Schwarzen Peter an das BKA bzw. an das Innenministerium weitergereicht. Da sind also nicht alle Fragen zügig beantwortet worden.

Meine konkrete Frage bezieht sich aber noch einmal auf den Begriff der Ausschließlichkeit. Nach dem Verständnis von Datenschützern, mit denen wir gesprochen haben, gibt der BND seine Erkenntnisse, die er auch im Austausch mit ausländischen Diensten hat, als seine Erkenntnisse an weitere Bundesbehörden weiter. Das würde es begrifflich erlauben und ich werde mich nicht davon abbringen lassen, begrifflich und auch grammatikalisch präzise zu bleiben , es als eine Erkenntnis zu bezeichnen, die das BKA aus deutschen Behörden hat, auch wenn im Zuge des Quellenschutzes die ursprüngliche Quelle, auf die der BND sich bezieht, ein ausländischer Dienst wäre. Können Sie das bestätigen oder können Sie ausschließen, dass die Information, die der BND möglicherweise an das Bundeskriminalamt gegeben hat, auch aus unter Quellenschutz stehenden ausländischen Quellen kommt?

STS SEIBERT: Dann fange ich vielleicht einmal an. Ich will auch präzise sein, Herr Henze, und deswegen werde ich natürlich nicht davon sprechen, dass es hier irgendwie um Schwarze Peter geht. Wir haben in unserer Erklärung des Bundespresseamtes gestern nicht Schwarze Peter verteilt, sondern wir haben auf Zuständigkeiten hingewiesen. In der Tat ist es so gewesen, dass diese Entscheidung, die ich für das Bundespresseamt auf dringendes Anraten und auf dringende Hinweise der Sicherheitsbehörden getroffen haben, vom Bundeskriminalamt umgesetzt wurde, weswegen auch das Bundeskriminalamt die Namen der 32 Medienvertreter an die Zugangskontrollstellen übermittelt hat. Deswegen sind diese Fragen dort zu beantworten, und sie sind ja auch beantwortet worden. Das ist nichts anderes als das. Für den Umgang damit im Bundespresseamt habe ich hier gerade eine Antwort gegeben.

ZUSATZFRAGE HENZE: Der BND fällt ja auch in die Zuständigkeit des Kanzleramts.

STS SEIBERT: Ich habe gar keinen Grund, von dieser ganz grundsätzlichen und auch sehr präzisen Aussage, dass es sich so wie es das Bundeskriminalamt formuliert hat um „Staatsschutzerkenntnisse ausschließlich deutscher Sicherheitsbehörden“ handelt, abzurücken.

ZUSATZFRAGE HENZE: Meine präzise Nachfrage ist: Wenn der BND Informationen ausländischer Dienste hat, die unter Quellenschutz stehen, und er diese Informationen an eine andere Sicherheitsbehörde wie das BKA weitergibt, werden diese dann als ausländische Informationen gekennzeichnet oder fällt das in die Kategorie „Erkenntnisse des Bundesnachrichtendienstes“, also Erkenntnisse einer deutschen Behörde?

DR. PLATE: Ich kann zu der Praxis des Bundesnachrichtendienstes diesbezüglich nichts sagen a) mangels Zuständigkeit und b) ist es mir, ehrlich gesagt, so im Detail auch nicht bekannt. Ich will aber gerne sagen: Die Erklärung ist so zu verstehen, dass ausschließlich eigene und zwar im allgemeinsprachlichen Sinne eigene Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden bei den bekannten neun Entzügen nebst Einlassverweigerungen eine Rolle gespielt haben.

FRAGE REUTER: Hat es Versuche von ausländischen Stellen gegeben, Einfluss auf diese Erkenntnisse zu geben, im Sinne von Tipps nach dem Motto „Schaut euch mal Person X und Y an“, und dann schaut man sich die an und findet Erkenntnisse zu denen? Gab es solche Versuche der Einflussnahme auf die Liste?

Zweitens noch einmal zurück zu den Sicherheitsbedenken bzw. ernsten Hinweisen: Worüber reden wir da? Wollten Personen Anschläge auf Gipfelteilnehmer vornehmen oder Bomben im Pressezentrum zünden, wollten die da stören oder waren es unliebsame Personen, die man nicht dabeihaben wollte? Auf welche Skala der Gefährdung bewegen wir uns da also?

DR. PLATE: Zu Ihrer ersten Frage: So etwas, wie Sie es beschreiben, hat bei den 32 bzw. neun Personen absolut überhaupt keine Rolle gespielt.

Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist ein bisschen schwierig, jetzt hinsichtlich der Sicherheitsbedenken weiter ins Detail zu gehen, ohne selber einen datenschutzrechtlichen Rechtsbruch zu begehen auch wenn ich sozusagen das mediale Interesse daran verstehe. Ich will sagen: Es handelte sich durchaus um gewichtige Bedenken. Es ging bei verschiedenen Personen um Straftaten auch nicht unerhebliche Straftaten und um deren Einschätzung mit Blick auf die Sicherheitslage vor Ort. Weiter kann ich aber, ehrlich gesagt, nicht gehen, ohne mich tatsächlich selber über das Datenschutzrecht hinwegzusetzen was ich nicht tue.

FRAGE JUNG: Herr Plate, Sie sprechen von Straftaten: Geht es um Straftaten aus deutscher Sicht, nach deutschem Recht, oder geht es zum Beispiel auch um Straftaten nach türkischem Recht?

Frau Adebahr, ich bringe einmal das Auswärtige Amt ins Spiel: Die betroffenen Journalisten haben ja einiges gemeinsam. Unter anderem sind einige dabei, die in der Türkei gearbeitet haben und in der Türkei selbst festgesetzt wurden, zum Beispiel die Kollegen Kitzmann und Grodotzki, denen Sie als Auswärtiges Amt in der Türkei zur Freiheit verholfen haben. Wie bewerten Sie denn den Entzug der Akkreditierung für diese Journalisten? Das Auswärtige Amt weiß ja, dass das keine sicherheitsbedenklichen Journalisten sind. Hätte das Auswärtige Amt eigentlich eingreifen können und Herrn Seibert zum Beispiel mitteilen können: „Die sind ungefährlich“? Haben Sie das vielleicht sogar gemacht?

DR. PLATE: Ich kann ganz kurz beginnen ich glaube, es geht schnell : Es geht um Straftaten nach deutschem Recht.

ADEBAHR: Ich habe aus Sicht des Auswärtigen Amts den Ausführungen der beiden Kollegen zum Verfahren hier nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie bestätigen, dass Sie Herrn Kitzmann und Herrn Grodotzki aus der Türkei zur Freiheit verholfen haben, als die in einer Kurdenhochburg festgesetzt wurden?

ADEBAHR: Das entzieht sich meiner persönlichen Kenntnis, das müsste ich nachprüfen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie Ihre Kollegen bitte fragen?

VORS. MAIER: Frau Adebahr hat gerade gesagt, sie würde es nachliefern Anweisungen geben wir nicht.

FRAGE GEBAUER: Ich habe eine Frage zum Ablauf: Herr Seibert, wenn Sie sagen, am Donnerstagabend seien Sie noch einmal dringlich informiert worden, dass es Sicherheitsbedenken gebe usw., und dann haben Sie die Entscheidung mitgetragen, die Akkreditierung zu entziehen: Sind Sie denn vorher, in den Tagen davor, eigentlich einmal in Kenntnis gesetzt worden, dass es in wie auch immer gearteter Form Bedenken gibt? Die BKA-Erklärung war ja, es gebe sozusagen Staatsschutz-Verdachtsmomente. Sind Sie also vorher darüber unterrichtet worden, dass es da zumindest Zweifelsfälle gibt? Das geht ja so ein bisschen aus Ihrer Erklärung hervor, aber nicht klar; deswegen möchte ich das noch einmal konkret fragen.

Herr Plate, wenn Sie von Straftaten sprechen: Reden wir hier von Verurteilungen für Straftaten oder von Ermittlungsverfahren über mögliche Straftaten? Zumindest in dem Fall, der uns betrifft, ist von Verurteilungen nichts bekannt.

DR. PLATE: Noch einmal ganz kurz: Ich werde Ihr Interesse, glaube ich, nur teilweise befriedigen können, weil ich, wie ich gerade schon sagte, hinsichtlich der jeweiligen Einzelerkenntnisse nicht weiter ins Detail gehen kann; denn beim Datenschutz ist es so, dass das nicht nur für personenbezogene, sondern auch für personenbeziehbare Daten gilt. Das heißt, je mehr ich Ihnen sage, desto mehr komme ich in einen Graubereich hinein, in den ich sozusagen als staatliche Stelle nicht gehen kann.

Ich will aber auch sagen: Das war ein Beispiel, insofern kann es durchaus sein, dass bei irgendeiner anderen Person ganz andere Sicherheitsbedenken als die von mir geschilderten möglicherweise vorgelegen haben. Es waren Beispielstraftaten. Damit habe ich nicht gesagt, dass bei jedem in der Aufstellung oder von mir aus Liste enthaltenen Namen eine konkrete Straftat zuzuordnen ist. Es sind natürlich unterschiedliche Dinge.

STS SEIBERT: Herr Gebauer, das BPA hat dieses Akkreditierungsverfahren zum G20-Gipfel nach bewährtem Muster durchgeführt, so wie wir es bei anderen Großveranstaltungen auch bereits gemacht haben, also in einer zweistufigen Prüfung: Überprüfung der Journalisteneigenschaft und dann Sicherheitsüberprüfung durch das BKA. Das ist ein Verfahren, das sehr etabliert ist und das grundsätzlich darauf hinzielt, größtmöglichen Zugang zu ermöglichen, und über das ich in seinen einzelnen Phasen als Chef des Bundespresseamtes ehrlich gesagt auch gar nicht immer auf dem Laufenden sein muss weil das läuft. Ich bin am Donnerstagabend über die veränderte Sicherheitseinschätzung der Behörden informiert worden, verbunden mit der dringenden Empfehlung, in einigen Fällen die Akkreditierung zu widerrufen. Diesem dringenden Rat bin ich gefolgt. Es wäre nach meiner Überzeugung auch verantwortungslos gewesen für mich , diesen dringenden Hinweisen nicht nachzugehen oder sie zu ignorieren.

Ich will auch noch einmal sagen: Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, Sicherheitserkenntnisse und Sicherheitsfragen selbst zu bewerten; dazu fehlt mir die Zuständigkeit und dazu fehlt mir auch die Kompetenz. Ich musste mich damit auseinandersetzen, ob ich dieser dringenden Empfehlung folge oder nicht, und ich kam zu dem Schluss und diesen Schluss halte ich bis heute aufrecht , dass ich das nicht ignorieren konnte.

ZUSATZFRAGE GEBAUER: Noch einmal ganz konkret: Vor Donnerstagabend wurden Sie über diese Bedenken also nicht unterrichtet?

STS SEIBERT: Nein, über Einzelheiten des Akkreditierungsverfahrens, das so ablief, wie es schon mehrere Male vorher abgelaufen ist, war ich nicht informiert. Ich wusste, dass es in diesem Jahr eine sehr hohe Zahl von Akkreditierungen gibt, und ich wusste, dass das Verfahren exakt diesen zwei Schritten folgt, und ich bin dann am Donnerstagsabend über die veränderte Sicherheitseinschätzung aus den Gründen, die das BKA genannt hat informiert worden.

FRAGE DECKER: Wenn man Ihrer Darstellung folgt, dann bedeutet das ja, dass vorher im Grunde in 32 Fällen geschlampt worden ist. Wird es da eigentlich Konsequenzen geben?

STS SEIBERT: Nein, dem würde ich so auf keinen Fall folgen. Ich habe es gesagt: Wir führen dieses Akkreditierungsverfahren grundsätzlich in dem Geiste durch, größtmöglichen Zugang zu gewähren und die härteteste Maßnahme, die die Verweigerung einer Akkreditierung ist, möglichst zu vermeiden. Unser Ansatz war also in Absprache mit den Sicherheitsbehörden ein positiver. Wir bewegen uns ja immer ich habe vorhin versucht, es zu erklären in diesem Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit, und die Frage ist dann: Wie gewichtet man das bei einem solchen Großereignis? Ich würde Ihrer Deutung da also auf keinen Fall zustimmen.

FRAGE KREUTZFELDT: Herr Seibert, was hat es mit dieser Zahl 32 eigentlich auf sich? Denn diese Listen haben ja viele Leute an den Einlasskontrollen gesehen, und sowohl nach meinem eigenen optischen Eindruck als auch nach dem Eindruck von Kollegen, die das abgefilmt haben oder wie auch immer , standen auf diese Liste weit mehr als 32 Namen; das waren eher 60 bis 80. Wer war denn da noch drauf, wenn es sich bei den 32 um Journalisten gehandelt hat? War auf der Liste auch technisches und sonstiges Personal aufgeführt, und sind die dann auch alle sozusagen vorher durchgerutscht?

Herr Plate, Sie haben vorhin gesagt, es leuchte jedem ein, dass jeder Polizist eine ausgedruckte Liste braucht, wenn man die Leute heraussortieren will. Mir leuchtet das, ehrlich gesagt, nicht ganz ein; denn es wurde ja an mehreren Stellen teilweise drei Mal auf dem Weg ins Pressezentrum kontrolliert. Die andere Möglichkeit weil Sie jetzt sagten, das gehe doch gar nicht anders wäre ja gewesen, dass es im Computer hinterlegt wird, denn direkt am Eingang wurde ja der Badge von jedem noch einmal gescannt. Das wäre aus meiner Sicht sozusagen die datenschutzmäßig einfachere Lösung gewesen. Was sprach dagegen?

STS SEIBERT: Ich würde sagen: Da wir klar gesagt haben, dass mit der Umsetzung der Maßnahme, also auch mit der Übermittlung von Namen an Einlasskontrollstellen, das Bundeskriminalamt betraut war, würde ich sagen, dass das BMI diese Frage übernimmt.

DR. PLATE: Genau. Zunächst zu der Frage, was für Personen sonst noch auf diese Liste waren: Es ist ungefähr so, wie Sie es in der Frage nahegelegt haben; es waren also mitnichten nur Journalisten darauf, weil auch für andere Leute die Frage des Reinkommens und Nichtreinkommens eine ist, die an solchen Einlasspunkten zu entscheiden ist. Ich würde also sagen, dass sich die Gesamtzahl der Personen, die offenbar auf diesem Papier abgedruckt waren mir selbst liegt es nicht vor in der Tat daraus erklärt, dass es eben nicht nur Journalisten waren.

Mit Blick auf die Frage, ob auch die durchgerutscht seien, möchte ich vielleicht zunächst mit der Unterstellung aufräumen, dass da jemand durchgerutscht sei. Das haben Sie gesagt, das ist aus meiner Sicht nicht der Fall. Es gab eben eine veränderte Sicherheitseinschätzung, und die Dinge, die gegen diese Personen jedenfalls im Kern als Sicherheitsbedenken bekannt waren, lagen auch vorher vor und waren den Sicherheitsbehörden bekannt. Bloß wurde im Lichte des hohen Guts der Pressefreiheit entschieden, dass von der sehr einschneidenden Maßnahme der Akkreditierungsverweigerung in diesen Fällen nicht Gebrauch gemacht wurde. Es wird immer versucht ich glaube, das habe ich gerade schon einmal gesagt , im Lichte des Grundrechts der Pressefreiheit gleiche Ergebnisse sofern das möglich ist mit weniger grundrechtsintensiven Eingriffsmaßnahmen zu verwirklichen. Dann hat sich aufgrund anderer Einschätzungen, anderer Erkenntnisverdichtungen hinsichtlich der Lage auf dem Gipfel insgesamt eben herausgestellt, dass diese anderen, weniger eingriffsintensiven Maßnahmen nicht mit hinreichender Sicherheit den gleichen Erfolg gebracht hätten, wie das jedenfalls vorher eingeschätzt wurde. So viel zum Thema „durchgerutscht“.

Zu den anderen, die nicht Journalisten waren: Dabei handelt es sich mindestens überwiegend ich weiß nicht, ob vielleicht sogar bei allen um Personen, denen die Akkreditierung vorher schon verweigert war Nichtjournalisten wohlgemerkt. Die Namen dieser Personen waren aber verzeichnet, um sicherzugehen, dass sie nicht doch auftauchen und versuchen, Einlass zu begehren.

Zu dem anderen Teil Ihrer Frage: Da haben Sie mich aus meiner Sicht nicht ganz richtig zitiert. Ich habe nicht gesagt, dass es nicht anders gehe als mit ausgedruckten Listen; das habe ich gerade nicht gesagt. Ich habe gesagt: Es geht nicht anders, als dass man den Personen am Einlass die Namen, um die es geht, zur Kenntnis gibt. Das habe ich gesagt. Ob das in Form einer ausgedruckten Liste geschehen muss oder ob es andere Maßnahmen gibt, die das gleiche Ziel mit sozusagen geringeren Risiken für die Wahrung des Datenschutzes erreichbar erscheinen lassen, ist eine Frage, die und da verweise ich auf meine Antwort an Herrn Jessen im Rahmen der Nachbereitung jetzt sehr sorgfältig geprüft wird. Richtig ist aber, dass es jedenfalls auch Einlasspunkte, für die die Akkreditierung relevant war, gab, an denen keine technischen Vorrichtungen existierten, um einen Computerabgleich zu machen. Es gab also durchaus auch Einlasspunkte so zum Beispiel an Delegationshotels , an denen es lediglich die Möglichkeit eines sozusagen händischen Abgleichs gab. Das war jedenfalls Anlass für die Herstellung dieser Namensaufstellung auf gedrucktem Papier. Noch einmal: Die Frage, ob es vielleicht trotzdem bessere Wege gegeben hätte und bei künftigen Veranstaltungen geben könnte, wird Teil der Nachbereitung sein.

FRAGE HENZE: Bevor ich die eigentliche Frage stelle, noch einmal zur Sicherheit: Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Seibert, dass Sie gesagt haben, ausländische Sicherheitsbehörden seien nicht am Akkreditierungsverfahren beteiligt gewesen?

STS SEIBERT: Das Akkreditierungsverfahren wird nicht mit ausländischen Sicherheitsbehörden durchgeführt, nein.

FRAGE HENZE: Dann meine Frage: Als ich einfach nur Gast im VIP-Bereich beim Kirchentag von Herrn Obama war, wurden meine Daten und dem habe ich vorher zugestimmt nicht nur von deutschen, sondern auch von amerikanischen Stellen sicherheitsüberprüft. Auch wer zum „4th of July“ auf dem Tempelhofer Feld geht, gibt dort Daten ab, die überprüft werden dürfen. Schließen Sie wirklich aus, dass Journalisten, die auf dem Rollfeld als Poolfotografen die Ankunft von Trump fotografieren durften, oder diejenigen, die die Poolakkreditierung für die Elbphilharmonie bekommen haben, um auch dort in Gegenwart von Herrn Trump zu fotografieren, nicht auch von amerikanischen Sicherheitsbehörden überprüft worden sind? Hat es da keinen Austausch mit amerikanischen Behörden gegeben?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen hier jetzt nicht über das Akkreditierungsverfahren im Zusammenhang mit dem Evangelischen Kirchentag Auskunft geben. Ich kann Ihnen sagen, dass das Akkreditierungsverfahren, das bei G20 galt und das unser übliches ist, ein Akkreditierungsverfahren ist, in dem das Bundespressamt die Journalisteneigenschaft überprüft und das Bundeskriminalamt die notwendige Sicherheitsüberprüfung macht.

ZUSATZFRAGE HENZE: Auch für die, die bei der Ankunft von Herrn Trump auf dem Rollfeld sind?

STS SEIBERT: Es geht um das gesamte Akkreditierungsverfahren.

FRAGE JESSEN: Herr Plate, Sie haben nun eben den Begriff „durchgerutscht“ zurückgewiesen, mit Hinweis darauf, dass diese Erkenntnisse schon vorher dagewesen wären und nun eben neu bewertet worden seien. Diese Aussage steht doch aber im Widerspruch zu der anderen Aussage, dass es neue, zusätzliche Erkenntnisse gegeben habe, die zu einem nachträglichen Entzug der Akkreditierung geführt haben. Entweder war es doch vorher bekannt und wurde nur neu bewertet, oder es ist neu aufgetaucht?

DR. PLATE: Danke, dass Sie mir die Gelegenheit geben, das vielleicht noch einmal klarzustellen: Es gab zusätzliche Erkenntnisse zur Sicherheitslage vor Ort und damit auch zur Durchführbarkeit weniger grundrechtsintensiver Maßnahmen, um gleiche Ergebnisse herzustellen, die die personenbezogenen, vorher vorliegenden Sicherheitserkenntnisse in einem anderen Licht haben erscheinen lassen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Damit ich es richtig verstehe: Die neuen Erkenntnisse bestanden nicht in neuen Erkenntnissen über diese Personen, sondern, sagen wir, darüber, wie sich die Verhältnisse entwickelt hatten, richtig?

DR. PLATE: Das ist etwas holzschnittartig dargestellt, gibt aber im Kern das wider, was ich gerade gesagt habe.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Danke. Das würde aber dann doch wiederum holzschnittartig eher bedeuten: Es ging um eine andere Lageeinschätzung, nicht um zusätzliche Erkenntnisse die Personen betreffend?

DR. PLATE: Es ging im Kern und so schreibt es ja auch das Bundeskriminalamt um eine andere Lageeinschätzung. So etwas hat allerdings natürlich viele Elemente, die unter anderem auch Personenbezug haben können; aber im Kern ging es um eine andere Lageeinschätzung.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, ich habe noch eine Frage zu einem anderen Aspekt, der in der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt wurde, nämlich dazu, dass Sie sich bezüglich dieser 32 Journalisten, bei denen Bedenken bestanden, gemeinsam mit dem BKA zunächst für einen anderen Kompromiss entschieden hätten, nämlich den Kompromiss, dass man diese 32 Reporter ins Gipfelinnere hineinlassen würde, ihnen vor Ort aber gleichzeitig BKA-Beamte sogenannte Schatten anhängen würde, die sie begleiten sollten. Ist das passiert, bevor den 32 bzw. den neun Personen aktiv die Akkreditierung entzogen wurde? Wurden die von BKA-Beamten verfolgt, beschattet, überwacht, und wenn ja, wie? War das geheim? Wie sind Sie überhaupt auf diesen Kompromiss gekommen? Ist das üblich bei Ihnen, müssen wir also damit rechnen, dass hier BKA-Beamte sitzen?

STS SEIBERT: Ich gehe noch einmal auf das zurück, was ich als den Grundgedanken zu schildern versucht habe, mit dem wir das Thema Akkreditierungen bearbeiten: Wir führen das in dem Sinne durch, größtmöglichen Zugang zu ermöglichen, und die härteste Maßnahme, also die Verweigerung einer Akkreditierung, zu vermeiden. Nun werden wir damit konfrontiert, dass wir auch in diesen Fällen den Zugang zunächst ermöglichen wollten trotz bestehender Sicherheitserkenntnisse, das hat das BKA ja auch ausgeführt und dass wir das mit dem Mittel einer stellenweise erhöhten Sicherheitspräsenz erreichen wollten. Unser Ansatz war also in Absprache mit den Sicherheitsbehörden ein positiver. Noch einmal: Wir bewegen uns ja immer in dem Spannungsfeld von Freiheit und Sicherheit. Dass dieser Ansatz nun nicht als einer verstanden wird, der journalistische Berichterstattung ermöglichen soll, muss ich zur Kenntnis nehmen; deswegen werden wir darüber nachdenken müssen, wie wir in künftigen Fällen die härteste Maßnahme, also den Ausschluss von einer Veranstaltung bzw. die Nichtzugangsgewährung, umgehen können und welche anderen Ansätze es da gibt. Der Ansatz war ein positiver, nämlich größtmöglichen Zugang zu ermöglichen trotz in einigen Fällen bestehender Sicherheitserkenntnisse.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe es jetzt nicht ganz verstanden. Können Sie bestätigen, dass BKA-Beamte diese 32 Reporter überwachen sollten oder sogar überwacht haben, und wie sind Sie auf diese Idee gekommen, Herr Seibert? Ist das üblich?

STS SEIBERT: Ich habe ja versucht, Ihnen klar zu machen

ZUSATZ JUNG: Klar war das nicht.

STS SEIBERT: ich finde schon , was uns dabei bewegt hat. Über die Umsetzung durch das BKA kann ich Ihnen hier jetzt nichts berichten.

DR. PLATE: Ich kann vielleicht noch zwei, drei Sätze ergänzen, ohne jetzt diesen konkreten Bericht der, wenn Sie mir diesen fast schon persönlichen Kommentar gestatten, ehrlich gesagt sowieso eine abenteuerliche Räuberpistole war; das habe ich dem Kollegen auch schon gesagt auch in diesem weder zu bestätigen noch zu dementieren. Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass es unterhalb der Schwelle der Akkreditierungsverweigerung die Möglichkeit gibt, weniger einschneidende, weniger grundrechtsintensive Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Sie waren vielleicht schon einmal bei uns im Haus, wenn der Minister eine Pressekonferenz hatte. Wenn nicht, tun Sie es beim nächsten Mal gerne, denn dann werden Sie sehen, dass die Sicherungsgruppe des BKA mit dem Personenschutz des Ministers zum Beispiel dort vertreten ist. Das ist das, was Herr Seibert auch erwähnt hat und unter dem Stichwort Sicherheitspräsenz abgebucht hat.

Wenn in der Personengruppe, die bei einer solchen Pressekonferenz oder bei einem anderen presseöffentlichen Termin dabei ist, Personen sind, gegen die es gewisse Sicherheitsbedenken gibt, die aber nicht die Schwelle überschreiten, dass man zu einer Akkreditierungsverweigerung oder einem Akkreditierungsentzug kommen muss, dann kann man zum Beispiel zu der Maßnahme greifen, dass neben den ohnehin vorhandenen Personenschützern der Schutzpersonen aus der Sicherungsgruppe des BKA zwei weitere Beamte vor Ort präsent sind. Das hat aber mit Schatten, mit Überwachung oder dergleichen ehrlich gesagt nichts zu tun.

ZUSATZFRAGE JUNG: Da Herr Plate jetzt von einer Räuberpistole spricht: Herr Seibert, können Sie ganz konkret sagen, ob diese neun Reporter, denen aktiv die Akkreditierungen entzogen wurden, am ersten Tag oder vor Beginn von einem oder mehreren BKA-Beamten begleitet oder in irgendeiner anderen Form überwacht wurden?

STS SEIBERT: Ich verweise auf

ZUSATZ JUNG: Sagen Sie es doch einfach ganz deutlich. Herr Plate sprach gerade von einer Räuberpistole.

STS SEIBERT: Ich würde gerne, wenn ich darf, meine Antworten so formulieren, wie ich sie formuliere.

Ich verweise auf die Erklärung des Bundeskriminalamtes, in der steht, dass man in Abwägung des hohen Gutes der Pressefreiheit und der zu gewährleistenden Sicherheit der Gipfelteilnehmer zwischen BPA und BKA gemeinsam entschieden hat, den betreffenden Personen trotzdem also obwohl zum Zeitpunkt der Akkreditierung Staatsschutzerkenntnisse über einige Journalisten vorlagen zunächst eine Akkreditierung zu erteilen. Was die Umsetzung durch das BKA betrifft, so müsste ich Sie bitten, das beim BKA selber oder vielleicht auch noch einmal hier beim BMI zu erfragen. Ich stehe aber dazu, dass wir diese Vereinbarung mit dem BKA getroffen haben, weil noch einmal wir immer versuchen, bei Akkreditierungen das härteste Mittel, nämlich die Verweigerung einer Akkreditierung, zu vermeiden. Wir versuchen größtmöglichen Zugang zu ermöglichen. Wenn Sie und der eine oder andere sonst das nicht für das geeignete Mittel hält, dann muss ich das zur Kenntnis nehmen. Ich verstehe, dass das bei Ihnen Fragen aufwirft. Dann werden wir darüber nachdenken müssen, wie wir uns da in künftigen Fällen verhalten immer mit der Absicht, es möglichst nicht zu einer Verweigerung der Akkreditierung kommen zu lassen.

VORS. MAIER: Möchten Sie noch etwas dazu sagen, Herr Plate?

DR. PLATE: Ehrlich gesagt nicht; zu den Möglichkeiten für Maßnahmen habe ich gerade ja schon etwas ausgeführt.

FRAGE SCHOLZ: Herr Seibert, haben Sie sich denn schon einmal in Ihrer Karriere als Chef des Bundespresseamtes über die Sicherheitsbedenken der Behörden hinweggesetzt?

STS SEIBERT: Ich würde nicht von Karriere sprechen, sondern von meiner Amtszeit. Ich habe vorhin gesagt: Ich sehe es nicht als meine Zuständigkeit und ich habe auch nicht die Kompetenz, Sicherheitsfragen selbst zu bewerten. Ich habe es in der konkreten Situation am Donnerstagabend für meine Pflicht gehalten, den dringenden Empfehlungen und Hinweisen der Sicherheitsbehörden zu folgen. Dazu stehe ich, und ich denke, so würde ich es in der Zukunft auch wieder halten.

ZUSATZFRAGE SCHOLZ: Sie hätten also gar nicht die Wahl gehabt, da Nein zu sagen?

STS SEIBERT: Ich hätte es für verantwortungslos gehalten, wenn ich, der ich nicht die Kompetenz und auch nicht die Zuständigkeit habe, solche Sicherheitsfragen selbstständig zu bewerten, mich darüber hinweggesetzt oder das ignoriert hätte.

ZUSATZFRAGE SCHOLZ: Sind die Kollegen eigentlich auch in der Zukunft gesperrt, bzw. anders gefragt wie lange gelten diese Sicherheitsbedenken für die Journalisten?

DR. PLATE: Diese Frage ist eigentlich schon beantwortet worden, aber ich sage es gerne noch einmal: Diese Sicherheitsbedenken, die hier zum Ausschluss geführt haben wohlgemerkt in einer schwierigen Entscheidung, die ja zunächst, ein paar Tage vorher, noch anders ausgegangen war, weil sich die Lage anders dargestellt hat Daraus ergibt sich, glaube ich, schon, dass es nichts mit einer irgendwie gearteten Sperrung auf unbestimmte Zeit für jedwede Veranstaltung oder sonst irgendetwas zu tun hat. Die Erteilung einer Akkreditierung für eine ganz bestimmte Veranstaltung ist immer eine Entscheidung im Einzelfall. Dabei schaut man sich die Sicherheitslage und die Sicherheitsbedenken, die es gegebenenfalls gibt, an, und kommt zu einer Entscheidung.

FRAGE GEBAUER: Auch, wenn ich mit meinen Protokollfragen ein bisschen langweile: Eine Sache habe ich immer noch nicht verstanden, und da liegt nun wirklich ein Widerspruch vor. Herr Seibert, ich habe Sie gerade ganz konkret gefragt, ob Sie vorher, also vor dem Donnerstagabend, schon einmal von Sicherheitsbedenken gegen Journalisten gehört haben. Diese Frage haben Sie mit Nein beantwortet. Jetzt berichten Sie aber beide sozusagen ergänzend zueinander, dass es vorher eine Abwägung gegeben habe, die Akkreditierung zu erteilen, obwohl es Bedenken gab. Diesen Widerspruch kann ich in meinem Kopf nicht auflösen.

Der zweite Punkt ist: Soweit ich weiß, ist die Entscheidung am Donnerstagabend getroffen worden; die Maßnahme an sich mit den Listen begann aber hauptsächlich am Samstag. Ist da, obwohl die Bedrohungslage so ernst und dringlich war, noch einen Tag lang zugewartet worden, bevor man die Akkreditierung entzogen hat? Wann hat denn der Ausschluss der Kollegen konkret begonnen?

DR. PLATE: Um das gleich zu sagen: Ich sehe da, ehrlich gesagt, überhaupt keinen Widerspruch. Das, was ich hinsichtlich der Abwägungsentscheidung geschildert habe, ist etwas, was zunächst einmal bei den Sicherheitsbehörden geschieht. Sie hatten aber nicht danach gefragt jedenfalls ist mir diese Frage entgangen oder ich habe Sie falsch verstanden; wenn das der Fall sein sollte, bitte ich um Nachsicht , ob den Sicherheitsbehörden vorher Bedenken bekannt waren. Diese Frage habe ich nicht wahrgenommen, und diese Frage hätte ich mit Ja beantwortet: Sie sind den Sicherheitsbehörden vorher bekannt gewesen.

Was die andere Frage mit dem Freitag und Samstag betrifft, so habe ich das, ehrlich gesagt, anders in Erinnerung. Ganz sicher ist es so, dass spätestens am Freitagmorgen die Grundsatzentscheidung eines Nichtzulassens von bis zu 32 Personen gefallen ist. Wann sie im Einzelfall relevant und praktisch wird, hängt damit zusammen, ob die Personen überhaupt zum Medienzentrum kommen, und wenn ja, wann.

STS SEIBERT: Noch einmal zu Ihrer Frage an mich: Die Entscheidung, die zwischen BPA und BKA gefallen ist, trotz vorliegender Staatsschutzerkenntnisse ausschließlich deutscher Sicherheitsbehörden auch eine bestimmte Zahl von Medienvertretern, gegen die diese Erkenntnisse vorliegen, zuzulassen bzw. zu akkreditieren, ist im BPA nicht durch mich gefällt worden, aber ich stehe zu ihr.

FRAGE KREUTZFELDT: Ich möchte zunächst die Vorbemerkung machen, dass ich das mit der zeitlichen Beschränkung für dieses Thema schwierig finde. Ich dachte immer, die Regel hier ist: Die Regierungspressekonferenz endet, wenn alle Fragen beantwortet sind. Ich habe zumindest noch mehrere und fände es unschön, wenn wir bei einem so wichtigen Thema mit unbeantworteten Fragen rausgehen würden.

VORS. MAIER: Ich habe Sie/dich hier zweimal drauf. Okay?

FRAGE KREUTZFELDT: Okay, sehr gut.

Herr Plate, mir sind von den 32 Namen bisher acht bekannt; von den anderen hat man noch nichts gehört, obwohl das ja im Kollegenkreis wahrscheinlich die Runde machen würde. Können Sie einmal etwas zur Nationalität der betroffenen Journalisten sagen? Sind das alles deutsche oder sind das auch ausländische Journalisten? Falls Letzteres zutrifft: Können Sie vielleicht sogar eine Aufteilung vornehmen, aus welchen Ländern diese Journalisten kommen?

Herr Seibert, Sie waren ja auch einmal Journalist. Wenn jetzt von acht Namen, die bekannt sind, sechs in irgendeiner Form im Visier der türkischen Behörden standen, dann muss man ja kein großer Verschwörungstheoretiker sein, um ernsthaft dem Verdacht nachzugehen, dass das eine Rolle gespielt hat. Deswegen würde mich zum einen interessieren: Können Sie eigentlich verstehen, dass man da einen Einfluss naheliegend findet? Zum anderen: Angenommen, es hätte da Einfluss gegeben: Dürften Sie uns das dann eigentlich sagen?

STS SEIBERT: Ich glaube, meine frühere Berufstätigkeit tut hier jetzt relativ wenig zur Sache. Aber ich kann gut verstehen, dass dieser gesamte Komplex bei Ihnen Fragen aufwirft, dass Sie denen nachgehen und dass Sie auch Vermutungen nachgehen. Ich möchte nur sehr dafür werben, dass Sie unseren glasklaren Erklärungen denen des Bundespresseamtes, denen des Bundesinnenministeriums, denen des Bundeskriminalamtes Glauben schenken. Ich glaube, wir haben uns zu dieser Frage so klar geäußert, dass eigentlich kein Misstrauen mehr berechtigt ist.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Dürften Sie es uns sagen, wenn es so wäre?

STS SEIBERT: Ich spreche hier Ihnen gegenüber die Wahrheit! Das ist mein Ansatz.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Was ist mit der Nationalität derjenigen, die auf der Liste standen?

DR. PLATE: Ich habe jetzt, ehrlich gesagt, keine Aufstellung oder statistische Auswertung dieser Namen vorgenommen. Die konkrete Liste liegt mir anders als offenbar einigen von Ihnen , ehrlich gesagt, nicht vor. Aber das, was ich gesehen habe, war nach meinem Eindruck jedenfalls weit überwiegend eine deutsche Nationalität. Ob aber auch Ausländer dabei waren und, wenn ja, welche, kann ich Ihnen, ehrlich gesagt, aus dem Stand nicht sagen.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Könnten Sie das herausfinden? Wenn diese 32 Namen nämlich schon seit dem Akkreditierungsverfahren darauf standen, dann müsste es die doch irgendwo im Hause geben, würde ich annehmen, auch bei Ihnen.

DR. PLATE: Es wäre mir jedenfalls nicht bekannt, dass es diese Liste bei uns im Hause gibt. Ich kann einmal schauen, ob das etwas ist, das ich nachreichen kann. Das müsste ich prüfen.

Vielleicht nutze ich die Gelegenheit noch einmal ganz kurz, weil Sie sagten, Sie hätten die Namen von acht Personen, und fragten, was mit den ganzen anderen sei. Ich will nur noch einmal zum Verständnis sagen: Es sind ja nur von mir aus auch immerhin neun Personen, denen tatsächlich der Zutritt verweigert worden ist. Das heißt, hinsichtlich der Personen, denen der Zutritt nicht verweigert worden ist, aber die nicht hereingekommen wären, wenn sie denn erschienen wären, die es aber nicht sind, verstehe ich jetzt nicht so richtig, wie die das sozusagen ganz genau mitbekommen haben sollten oder sich beschwert haben sollten. (akustisch unverständlich) ein Verwaltungsakt, der ihnen nie bekannt gegeben worden ist und daher sozusagen, rein rechtlich gesprochen, auch nie in der Welt war. Das führt jetzt auch schon fast ins Zwiegespräch, aber vielleicht hilft es Ihnen trotzdem.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Vielleicht stelle ich noch eine technische Frage: Würde es bei diesem Thema eigentlich helfen, wenn wir noch einmal „unter zwei“ oder „unter drei“ gehen würden? Könnten Sie uns dann möglicherweise mehr sagen? Hat das bei diesen Dingen, die ja manchmal ausländische Behörden betreffen würde, vielleicht einen Sinn und wäre hilfreich?

STS SEIBERT: Was mich betrifft, nicht.

DR. PLATE: Nein. Sie sprachen ja gerade von ausländischen Behörden. Dazu haben wir beide uns hier, glaube ich, sehr klar geäußert. Wenn die Erwartungshaltung ist, dass wir an unserer Aussage etwas ändern, wenn wir „unter zwei“ oder „unter drei“ gingen, dann scheint es mir doch so zu sein, dass Sie unseren Worten nicht Glauben schenken. Aber wenn das so ist, dann ist, muss man natürlich sagen, der Sinn eines solchen Formats, Fragen zu stellen, bei denen man den Antworten auf diese Fragen nicht glaubt, ein bisschen sinnentleert.

FRAGE DR. TUYALA: Ich habe doch noch einmal eine Frage zu den ausländischen Behörden. Herr Seibert, Sie sagten gerade gegenüber einem Kollegen, dass US-Behörden beim normalen Akkreditierungsverfahren keinerlei Rolle spielen würden, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Jetzt war allerdings zu lesen, dass alle Betroffenen aber schon vorher eine intensive Sicherheitsprüfung durch das BKA und in einigen Fällen auch durch US-Behörden durchlaufen hätten. Deswegen stände der Verdacht im Raum, dass es neue Hinweise aufgrund von ausländischen Informationen gegeben hätte. Wie ordnen Sie diese Aussage ein, die ja Ihrer Aussage widerspricht?

STS SEIBERT: Ich weiß nicht, wo Sie das gelesen haben.

ZUSATZ DR. TUYALA: Auf www.tagesschau.de.

STS SEIBERT: Jetzt weiß ich, wo Sie es gelesen haben. – Das Akkreditierungsverfahren, das beim G20-Gipfel wie auch bei anderen Großveranstaltungen durchgeführt wurde, wird durch das BPA in Verbindung mit dem BKA durchgeführt, das für die Sicherheitsüberprüfung zuständig ist.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Vielleicht haben Sie mich falsch verstanden. Es wurde gesagt, in einigen Fällen seien auch US-Behörden involviert gewesen. Sie sagten gerade, das sei generell nicht der Fall. Deswegen stelle ich die Frage.

STS SEIBERT: Ich habe mich gerade dazu geäußert.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Stimmt es also nicht? Ich muss noch einmal nachfragen.

STS SEIBERT: Ich habe über das Akkreditierungsverfahren doch sehr klar gesprochen.

FRAGE HENZE: Herr Seibert, da ich auch Theologe bin: Ich habe im Volontariat gelernt, dass es keine journalistische Qualität ist, Glauben zu schenken, sondern dass die Skepsis unsere journalistische Hauptqualität ist. Insofern sollten wir einfach nicht davon ausgehen, dass wir am Ende Glauben schenken.

Aber meine Frage bezieht sich auf den Datenschutz. Je mehr Sie beschreiben, wie gravierend die Sicherheitsbedenken waren, desto stigmatisierender ist es ja für die Betroffenen, wenn sie nun auf dieser Liste standen und nun sozusagen den Makel, das Kainsmal des Sicherheitsrisikos tragen. Die Frage ist noch einmal: Ist es sozusagen wirklich als eine Sache von technischen Prozessen zu qualifizieren, wenn in einer großen Zahl Ich habe gelernt, dass diese Listen nicht nur an den Eingangskontrollen zum Messezentrum, sondern auch an Delegationshotels verteilt wurden – ohne Vertraulichkeitsvermerk, ohne Nummerierung, ohne Quittierung durch die Beamten, ohne Quittierung, dass sie wieder eingezogen wurden, ohne Schutz vor Medien und mit der Möglichkeit, dass sie entweder hinterher in den Papierkorb geworfen worden sind oder möglicherweise an Vorgesetzte weitergegeben wurden. Zu dem Zeitpunkt war vom BKA auch bereits getwittert worden, dass es Sicherheitsbedenken sind, um die es geht, möglicherweise von ausländischen Diensten oder deutschen Sicherheitsbehörden.

Würden Sie wirklich sagen, dass das nur sozusagen Bagatellverstöße in Bezug auf den Datenschutz sind, oder haben wir hier einen wirklich groben Verstoß von schwierigsten sicherheitsrelevanten Daten von Journalisten? Herr Plate, Herr Seibert, bitte.

DR. PLATE: Jetzt ist klar, dass Sie sich an mich wenden. Vorhin hatten Sie Herrn Seibert angesprochen und mich die ganze Zeit angeschaut.

Ehrlich gesagt, einen richtig neuen substanziellen Fragegehalt gegenüber all den Aspekten, die ich einzeln beantwortet habe, auch zu diesen von Ihnen als „Listen“ titulierten Blättern mit Namen, kann ich nicht erkennen.

Nur vielleicht zur Sicherheit ein einzelner Aspekt, weil Sie fragen: „Glauben Sie wirklich, dass es sich um Bagatellverstöße handelt?“ Ich habe zu den Fragen „Verstoß – Ja oder Nein? Schwerwiegend oder Bagatellverstoß?“ überhaupt nicht Stellung genommen.

ZUSATZ HENZE: Tun Sie es doch bitte noch einmal.

DR. PLATE: Nein, das tue ich nicht, weil ich gerade gesagt habe, dass das Gegenstand der Aufarbeitung ist. Bei einer seriösen Arbeit steht bei einer Aufarbeitung das Ergebnis am Ende und nicht am Anfang der Aufarbeitung. Und so machen wir das auch.

FRAGE PAPPAS: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Es geht um Zypern. Die Verhandlungen in Bezug auf die Wiedervereinigung sind letzte Woche in der Schweiz gescheitert. Die Bundesregierung hat im Vorfeld großes Interesse daran gezeigt, dass am Ende ein positives Ergebnis dabei herauskommt. Das ist nicht der Fall gewesen. Wie beurteilt das Auswärtige Amt den Stand der Dinge nach dem Scheitern der Verhandlungen?

ADEBAHR: Wir bedauern sehr, dass die Verhandlungen in der letzten Woche gescheitert sind, denn wir hätten sehr gewünscht, dass die beiden Parteien zu einer einvernehmlichen und tragfähigen Lösung in diesem jahrzehntelangen Streit kommen. Deswegen ist das sehr bedauerlich.

Wir werden jetzt gemeinsam eruieren, wie wir mögliche neue Ansätze oder eine Begleitung einer neuen Gesprächssituation, sollte es denn eine solche geben, begleiten können, um eine Lösung für Zypern zu suchen.

ZUSATZFRAGE PAPPAS: Es zeichnet sich eine Zuspitzung der Situation aufgrund der Gasvorräte Zypern ab. Es sind Schiffe dorthin gefahren. Sind Sie über diese Zuspitzung der Situation besorgt?

ADEBAHR: Wir sind besorgt über alles, was die Sicherheit Zypern gefährden kann. Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass wir grundsätzlich daran interessiert sind und darauf hinwirken wollen, dass es eine friedliche Einigung in diesem Konflikt gibt.

FRAGE: Ich würde gerne wissen, wie die Bundesregierung dazu steht, dass sich Verkehrsminister Dobrindt weiterhin für eine Offenhaltung des Flughafens Tegel einsetzt. Ist das jetzt die Position der Bundesregierung? Vielleicht könnte der Kollege Herr Hille aus dem Verkehrsministerium ergänzen, in welcher Funktion sich Herr Dobrindt gestern geäußert hat.

HILLE: Vielleicht ist es hilfreich, wenn ich Ihnen zuerst noch einmal zu Gehör bringe, was der Minister gesagt hat. Er hat sich zweimal zu dem Thema geäußert. Er hat gestern gesagt:

„Der BER bekommt ein Kapazitätsproblem. Das muss man bewerten, wenn man eine leistungsfähige Anbindung Berlins an die Welt will. Hauptstädte mit mehr als einem Flughafen sind keine Seltenheit. Darüber nachzudenken ist auch für Berlin sinnvoll. Wir müssen uns den aktuellen Realitäten und Wachstumszahlen stellen. Die 20 Jahre alten Beschlüsse zu BER und Tegel zeigen vor allem auch die damaligen Fehleinschätzungen für das Luftverkehrswachstum in Berlin.“

Sie haben das Wort „nachdenken“ auch schon wahrgenommen. Der Minister hat am Freitag auch von „prüfen“ gesprochen. Ihre verkürzte Darstellung, der Verkehrsminister macht sich für die Offenhaltung von Tegel stark, kontrastiert sich etwas mit diesen beiden Begriffen. „Nachdenken“, „prüfen“ und der Verweis auf die Kapazitätsprobleme sind das Argument dafür, dass sich der Minister geäußert hat, wie er sich geäußert hat.

ZUSATZFRAGE: Herr Seibert, wie schätzen Sie das ein?

STS SEIBERT: Wir haben einen Konsensbeschluss, wonach Tegel nach der Eröffnung des BER geschlossen wird. Wir haben eine bestehende Rechtslage. Der Minister, wie es gerade ja sehr klar gemacht worden ist, beobachtet die Veränderungen der Kapazitäten in den letzten Jahren, das Wachstum des Luftverkehrs und regt da zu einer Debatte, zu einer Prüfung, zu einem Nachdenken an.

FRAGE JUNG: Herr Plate, ich wollte zum Thema Polizeigewalt auf dem G20-Gipfel kommen. Es mehren sich jetzt die Video- und Fotoaufnahmen, wie Polizisten Gewalt gegenüber friedlichen Demonstranten anwenden. Ich spreche jetzt nicht von den Krawallmachern und den Kriminellen, sondern von Gewalt gegenüber friedlichen Demonstranten. Wie geht die Bundesregierung als Veranstalter mit diesen Vorkommnissen um?

Ich weiß, es ist Ländersache, wie das jetzt alles operativ funktioniert. Wie gehen Sie als Veranstalter und als Bundesinnenministerium, dem zum Beispiel das BFE untersteht, das nachweislich viele Menschen verprügelt hat, damit um? Gibt es interne Untersuchungen? Gibt es vielleicht schon Disziplinarverfahren? Weiß man, ob spezielle Einheiten besonders gewalttätiger waren als andere?

DR. PLATE: Sie sprechen von Nachweisen. Diese liegen mir jedenfalls so nicht vor.

ZURUF JUNG (akustisch unverständlich)

DR. PLATE: Wollen Sie eine Frage stellen und eine Antwort darauf, oder wollen Sie sich äußern? Sie können sich das von mir aus aussuchen. Wenn ich mich äußern soll, müssten Sie mich ausreden lassen.

ZUSATZ JUNG: Bitte!

VORS. MAIER: Da hat er recht.

DR. PLATE: Nachweise der Art, wie Sie sie beschreiben, wie Sie sie als Nachweise einstufen, liegen mir nicht als Nachweise vor.

Grundsätzlich ist es aber so das hatte ich in diesem Raum schon gesagt, das hat Herr Dimroth in der letzten Regierungspressekonferenz gesagt : Einsätze wie dieser werden immer sorgfältig nachbereitet. Dazu gehören insbesondere die Fragen: Was ist gut gelaufen? Was ist schlecht gelaufen? Natürlich läuft das an, und die Federführung liegt bei Hamburg.

Im Übrigen haben Sie die Frage ansonsten so, wie Sie sie heute gestellt haben, sehr ähnlich auch Herrn Dimroth in der letzten Regierungspressekonferenz gestellt. Der Antwort habe ich neben dem, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie sagen gerade, Ihnen persönlich liegen diese Nachweise usw. nicht vor. Es ist ja egal, was Herrn Plate und Herrn Dimroth vorliegt, sondern dem Innenministerium. Sie sprechen für das gesamte Innenministerium, dass Ihnen keine Nachweise, auch keine Videos und keine Bilder vorliegen, die die Polizeigewalt in Hamburg zeigen. Habe ich das richtig verstanden?

DR. PLATE: Das habe ich nicht gesagt. Es gibt natürlich zahlreiches Material, das vorliegt. Aber ob dieses Material den Charakter eines Nachweises oder gar Beweises hat, ist etwas, was in Deutschland, wie Sie sicher wissen, die Justiz prüft. Das obliegt der dritten Gewalt. Wir gehören zur Exekutive, und deswegen nehme ich eine solche Bewertung als Nachweis nicht vor. Das hätte ein bewertendes Element, das ich Ihnen hier heute wegen der Gewaltenteilung nicht bieten kann.

Im Übrigen gilt das, was ich gerade gesagt habe und was Herr Dimroth in der letzten Regierungspressekonferenz gesagt hat.

FRAGE JESSEN: Eine Lernfrage zum gleichen Sachverhalt. Staatsanwälte oder Staatsanwaltschaften ermitteln ja nicht nur belastendes, sondern auch entlastendes Material. Gilt das übertragen auch für Aufklärungs- und Ermittlungsarbeit von Polizeien? Es ist eine SOKO gebildet worden; es gibt gar Medien, die sich sozusagen als Zulieferer von Bildmaterial begreifen. Falls in diesem Material auch zur Kenntnis von ermittelnden Polizeibehörden Dinge gehören würden, die unangemessenes Polizeiverhalten dokumentieren hypothetisch , würde das vonseiten der Polizei, analog der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsoffenheit, auch in den Prozess eingebracht werden oder würde man sagen „Das geht uns nichts an“?

DR. PLATE: Ich glaube, es ist bekannt, dass Polizeibehörden dem Legalitätsprinzip unterliegen. Das heißt, wenn sie Kenntnis von Straftaten erlangen, muss etwas geschehen und sie müssen entsprechende Schritte einleiten. Ich denke, das dürfte Ihre Frage beantworten.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Straftaten ist jetzt wieder eine Hürde. Der Begriff der Angemessenheit von Verhalten, auch Angemessenheit des Einsatzes von Gewaltmitteln – das ist ja nicht immer extrem trennscharf zu machen. Wenn sich Materialien, Hinweise ergeben, wo auch ein ermittelnder Polizeibeamter sagen sollte „Mensch, es ist zweifelhaft, ob das, was der Kollege, die Kollegin, der Einsatzzug da gemacht hat, in der Situation angemessen war“, würde so etwas in den weiteren polizeilichen Aufklärungsprozess einfließen?

DR. PLATE: Im Grunde habe ich das gerade schon beantwortet. Ich habe gesagt: Es gibt bei solchen Großeinsätzen immer eine umfassende Einsatznachbereitung. Dazu gehören insbesondere die Fragen und deren Beantwortung: Was ist gut gelaufen? Was ist schlecht gelaufen? Das habe ich gerade schon gesagt.

Wenn die Beamten, die davon Kenntnis erlangen, zu dem Schluss kommen, dass etwas schlecht gelaufen ist, gibt es entsprechende Schritte. Dann hängt es eben davon ab, wie schlecht es gelaufen ist, wenn ich in diesem Bild bleiben darf. Wenn etwas einen Straftatbestand erfüllt, dann muss man eben über die Einleitung eines Strafverfahrens eine Anzeige oder Ähnliches nachdenken. Wenn das nicht der Fall ist und das unterhalb dieser Schwelle ist, dann ist der nächste Prüfschritt, ob disziplinarische Maßnahmen gegebenenfalls angebracht sind oder nicht. Das ist aber nichts G20-Spezifisches.

FRAGE HENZE: Eine Frage für die Kollegen vom rbb. Es geht um die Goldmünzen-Fahndung heute in Berlin. Die Frage richtet sich an das BMI. Haben sich in Deutschland Strukturen von kriminellen arabischen Großfamilien verfestigt? Welche Ansätze verfolgt das BMI, um die Bildung solcher Strukturen zu verhindern?

Warum werden die verurteilten Straftäter aus den Clans nicht abgeschoben?

Was die Fragen angeht, hat es, glaube ich, schon vorher Kontakt gegeben. Insofern kommen die jetzt nicht ganz unvorbereitet.

DR. PLATE: Die Fragen konkret kenne ich nicht; das ist aber vielleicht auch nicht so relevant. Das gilt ja auch für die meisten anderen Fragen, die man mir hier stellt.

Richtig ist, dass jedenfalls das BMI solche Strukturen, wie Sie sie gerade beschrieben haben, sehr aufmerksam und mit einer gewissen Sorge betrachtet. Allerdings ist es so, dass wir bislang nicht die Auffassung haben, dass es sich um ein bundesweites Problem handelt. Es handelt sich um ein Problem, das es an verschiedenen Stellen im Bundesgebiet gibt, vor allen Dingen in Großstädten, insbesondere in Berlin. Dort sind in erster Linie die Landesbehörden zum Handeln aufgerufen, soweit es um die Frage der strafrechtlichen Bekämpfung geht.

Was die Frage der Abschiebungen angeht, ist es natürlich so, dass man sehr stark differenzieren muss, ob es sich um ausreisepflichtige Personen handelt oder nicht, denn eine Abschiebung technisch: Vollzug der Ausreisepflicht kommt natürlich nur bei einer bestehenden Ausreisepflicht in Betracht. Auch hier liegt die Zuständigkeit bei den Ländern. Aber soweit eine Abschiebung in Betracht kommt, weil Ausreisepflicht gegeben ist und keine Abschiebhindernisse vorliegen, ist das sicherlich etwas, über was die Behörden vor Ort intensiv nachdenken und, soweit das möglich ist, auch umsetzen.

FRAGE JENNEN: Eine Frage an das Außenministerium oder vielleicht an Herrn Seibert zum Thema Brexit. Ist es richtig, dass man das Thema „Grenzbehandlung zwischen Nordirland und Irland“ bei den Brexit-Verhandlungen möglichst am Ende behandeln will und sich vorab dann eher auf Prinzipien einigt, die das Thema aber erst einmal nicht lösen?

ADEBAHR: Das ist sicherlich eine der wichtigen Fragen im Laufe der Verhandlungen. Mir ist im Moment nicht bekannt, wie die Planung ist, an welcher Stelle das Thema eingeschleust und genau behandelt wird. Es ist natürlich eines der zentralen Themen im Prozess. Deswegen kann ich diese Frage im Moment leider nicht genau beantworten.

STS SEIBERT: Ich müsste Ihnen die Antwort auch nachreichen. Es ist der Bundesregierung aus vielen Gesprächen, auch mit dem früheren irischen Ministerpräsidenten und auch dem neuen irischen Ministerpräsidenten, bekannt, wie wichtig und sensibel dieses Thema sowohl für die Republik Irland als auch für Nordirland als Teil Großbritanniens ist und dass da schwierige Fragen zu lösen sind. Ich könnte Ihnen jetzt auch nicht sagen, an welche Stelle der im Grunde noch sehr frischen Verhandlungen, die, glaube ich, erst in einer Runde geführt wurden, das geklärt werden soll. Es wird ein stufenweises Vorgehen geben. Wir werden Ihnen dazu noch einmal eine Antwort nachliefern.

FRAGE GEBAUER: Ich habe eine Frage zu einem ganz anderen Thema. Es gibt ja seit Tagen Berichterstattung über laufende Korruptions- und Bestechungsermittlungen in Israel im Zusammenhang mit dem Ankauf von deutschen U-Booten von der Firma ThyssenKrupp. Dazu vielleicht ein paar Fragen, aufgefächert an die verschiedenen beteiligten Ministerien:

Herr Seibert, welche Auswirkungen haben diese Ermittlungen auf eine mögliche neue Finanzierung von drei U-Booten, die ja, zumindest laut Medienberichten, bereits beschlossen worden ist?

Eine Frage an das Justizressort: Gibt es aus Israel Informationen über dieses Ermittlungsverfahren, inwieweit Deutsche betroffen sind? Gibt es möglicherweise auch Rechtshilfeersuchen von deutscher Seite, um mehr darüber in Erfahrung zu bringen?

Steht möglicherweise auch die deutsche Botschaft in Jerusalem im Kontakt mit den israelischen Ermittlungsbehörden, um einmal zu ergründen, worum es geht? Es geht ja immerhin zumindest laut den Medienberichten um einen der bekanntesten deutschen Konzerne und um recht erhebliche Vorwürfen, die zu Festnahmen geführt haben.

STS SEIBERT: Ich könnte nur einmal sagen, dass uns die aktuelle Presseberichterstattung über Korruptionsvorwürfe bekannt ist. Wir haben an dieser Stelle über Rüstungsexporte nach Israel oft berichtet, und den letzten Äußerungen ist nichts hinzuzufügen. Es gibt keinen neuen Sachstand. Aber diese Presseberichterstattung ist uns bekannt.

BAER-HENNEY: Ich bitte um Verständnis. Ich kann zu einzelnen Rechtshilfeersuchen nichts sagen. Wir geben nie Auskunft über konkrete Rechtshilfeersuchen oder den Austausch im Bereich der Rechtshilfe.

Ich kann abstrakt etwas dazu sagen das müsste ich aber nachschauen , auf welcher Basis das stattfindet und kann Hintergrundinformationen geben. Das müsste ich tatsächlich für den Fall Israel noch einmal nachschauen. Aber zum konkreten Fall darf ich nichts sagen.

ADEBAHR: Ob und inwieweit die Botschaft Gespräche in diesem Fall und in dieser Sache führt, müsste ich auch nachreichen.

ZUSATZFRAGE GEBAUER: Herr Seibert, wenn Sie sagen, die Berichterstattung sei bekannt, aber Ihren vorherigen Aussagen seit nichts hinzuzufügen, dann frage ich mich: Bemüht sich die Bundesregierung um eine Aufklärung, was diesen Fall, der, wie gesagt, eine deutsche Firma und auch einen Vertrag, der maßgeblich von der Bundesrepublik Deutschland mit Steuergeldern unterstützt wird, betrifft? Was tut sie dazu, um das aufzuklären, außer die Presse wahrzunehmen?

STS SEIBERT: Noch einmal: Diese laufenden israelischen Untersuchungen unter anderem gegen Mitarbeiter aus dem Umfeld des Premierministers sind uns bekannt. Wir bewerten diese Ermittlungen als eine innere Angelegenheit Israels und bewerten sie daher nicht. Wir werden aus demselben Grund auch israelische Vergabeentscheidungen von hier aus nicht kommentieren.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, Sie machen ja nicht nur G20-Akkreditierungen usw., sondern auch Wahlkampf für Frau Merkel.

STS SEIBERT: Die Antwort heißt: Nein.

ZUSATZ JUNG: Doch! Wenn Sie das Kanzlerduell als CDU-Vertreter mitverhandeln, dann stellt sich erst einmal die Frage: Ihre Mitverhandlerin, Frau Christiansen, die enge Beraterin der Kanzlerin, hat ja einen zeitlich befristeten Nebentätigkeitsvertrag mit der CDU geschlossen, arbeitet also quasi für die CDU. Tun Sie das jetzt auch? Haben Sie auch einen Nebentätigkeitsvertrag?

Dürfen Sie überhaupt als Leiter des Bundespressamtes und Sprecher der Bundesregierung Parteiwahlkampf machen?

STS SEIBERT: Auch kein neues Thema, aber ich sage das alles gerne noch einmal.

Erstens. Den Vorwurf oder die Behauptung, die Sie da aufgestellt haben, weise ich mit Nachdruck zurück.

ZURUF JUNG: Welche?

STS SEIBERT: Die Behauptung.

ZURUF JUNG: Welche?

STS SEIBERT: Ich muss sie ja nicht wiederholen, wenn ich sie zurückweise. Lesen Sie das Protokoll nach und Ihre eigene Frage.

Es hat Gespräche zwischen den Vertretern der Bundeskanzlerin und des SPD-Kanzlerkandidaten und den vier Sendern gegeben. Die personelle Zusammensetzung dieser Gespräche entspricht exakt den letzten Malen. Im Grunde entspricht sie jeder Duellvorbereitung seit 2002, seit es das Duell gibt. So wie Bundeskanzler Schröder damals und auch 2005 durch seinen Sprecher vertreten war, jedenfalls mit vertreten war, so war auch ich für die Bundeskanzlerin an diesen Gesprächen beteiligt – natürlich nicht als Vertreter irgendeiner Partei. So ist das im Übrigen auch in vielen Landtagswahlkämpfen gehandhabt. Insofern entspricht das alles dem, was Usus ist und was eine bewährte Praxis ist, seit es diese direkten TV-Duelle in Deutschland gibt.

Der Fall von Frau Christiansen ist rechtlich anders und völlig sauber geregelt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Nur zum Verständnis, bevor ich eine Nachfrage stelle: Sprachen Sie von Behauptung wegen dieser Nebentätigkeit für die CDU?

STS SEIBERT: Die Behauptung, dass ich Wahlkampf mache.

ZUSATZ JUNG: Das tun Sie ja. Wir hatten ja das Thema Pressefreiheit heute schon. Die Beteiligten und die Menschen, die sich auskennen, wie die Verhandlungen gelaufen sind, fragen sich, was Sie für ein Verständnis von Pressefreiheit haben. Die Sender wollten ein anderes Format haben, und Sie und Frau Christansen haben den Sendern immer und immer wieder das Gleiche gesagt, nämlich: Entweder das Duell wird wie 2013 durchgeführt oder es gibt gar keines. Halten Sie das als Regierungssprecher und als ehemaliger Journalist eigentlich für eine angemessene Forderung? Man kann ja fast schon von Erpressung sprechen.

VORS. MAIER: Es reicht, wenn Sie die Frage stellen. Die Interpretation

ZURUF JUNG: Wie ich die stelle, überlassen Sie auch mir. Danke!

VORS. MAIER: Das ist schon meine Party hier, okay? Bitte schön, Herr Seibert.

STS SEIBERT: Mein Verständnis von Pressefreiheit als Person und als Chef des Bundespresseamtes ist so, dass die Pressefreiheit eines der wichtigsten demokratischen Rechte ist, das wir in diesem Staat genießen und dass man alles tun muss, um diese Pressefreiheit zu verteidigen. Dem versuche ich in meiner Arbeit auch tagtäglich nachzukommen.

Zu den Gesprächen ist schon Stellung genommen worden; ich will es gerne noch einmal tun: Die Bundeskanzlerin begrüßt das Ergebnis der Gespräche mit den vier Sendern. Sie hatte von Anfang an klargemacht, dass sie gerne für ein TV-Duell am 3. September zur Verfügung steht. Es gibt ein in den letzten drei Bundestagswahlkämpfen bewährtes Format, das gewährleistet, dass die Zuschauer eine konzentrierte politische Debatte der beiden Spitzenkandidaten im direkten Austausch erleben.

VORS. MAIER: Dann hat noch einmal das Bundesjustizministerium zum Thema Israel das Wort.

BAER-HENNEY: Ich wollte nur etwas nachtragen. Ich glaube, Ihre Frage zielte nicht auf den Hintergrund, wie die Rechtshilfe geleistet wird. Dennoch wollte ich das nachtragen, weil ich es gerade angekündigt hatte: Es gibt den Rechtshilfeverkehr zwischen Israel und Deutschland auf Grundlage des europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959. Das ist die Grundlage, auf der dieser Rechtshilfeverkehr stattfindet.

Ich hatte das Gefühl, dass es bei Ihnen eher um eine konkrete Frage geht. Ich hatte aber die Nachlieferung versprochen.

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