Geschlossene Lager ► RegPK vom 29. Juni 2018
Themen: Europäischer Rat in Brüssel/Asyl- und Flüchtlingspolitik der Europäischen Union, Termine der Bundeskanzlerin (Haushaltswoche im Deutschen Bundestag, Gespräch mit dem Ministerpräsidenten Ungarns, Gespräch mit der Premierministerin Großbritanniens, Gespräch mit dem ehemaligen Staatspräsidenten der Demokratischen Republik Timor-Leste Dr. José Ramos-Horta, Kabinettssitzung, Jahresempfang des Diplomatischen Corps), deutsch-chinesische Regierungskonsultationen, geplanter Bau einer Batteriefabrik durch das chinesische Unternehmen CATL in Thüringen, Seenotrettungseinsatz durch das Schiff „Lifeline“ auf dem Mittelmeer, Banken-Stresstest der US-Notenbank, Unruhen in Nicaragua, Handel der deutschen Wirtschaft mit osteuropäischen Ländern
Naive Fragen zu:
EU-Gipfel-„Ergebnisse“ (ab 1:12 min)
– können Sie einmal erklären, warum die Aufnahmelager, die jetzt geplant sind, für die geretteten Bootsflüchtlinge geschlossen sein sollen? (ab 6:39 min)
– Warum sollen die Menschen dort eingesperrt werden?
– Sie haben eben auf die europäischen Werte hingewiesen. Was haben denn diese geschlossenen Aufnahmelager mit europäischen Werten zu tun, können Sie das einmal erklären?
– bekommen wir noch ein Statement von der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung zu den Ergebnissen des EU-Gipfels, oder gibt es dieses Statement schon? (ab 18:11 min)
– Sie haben gerade zu den Lagern in Libyen gesagt, dass es dort einige gebe, in denen die Lage sehr schwierig ist. Gibt es denn auch Lager, wo es gut läuft, und können Sie uns die nennen?
Termine der Kanzlerin (ab 19:30 min)
Orban bei Merkel (ab 22:22 min)
– was ist eine Presseunterrichtung? (ab 25:00 min)
– Sie sagten gerade Unterrichtung vielleicht ist das in Ungarn ja etwas anderes. Es wird eine Pressekonferenz geben, in der wir Fragen stellen können?
Situation der „Mission Lifeline“ (ab 30:00 min)
– gibt es konsularische Betreuung für den Kapitän? Kapitän Reisch soll ja jetzt angeklagt werden. Stehen Sie mit der Crew oder mit dem Kapitän in Kontakt? Was können Sie für den tun? (ab 30:00 min)
– Sind das für Sie aufgrund der angeblichen Anklagen und Vorwürfe politische Gefangene? Das Boot ist ja festgesetzt worden. Die können ja nicht auslaufen.
– Basierend auf den Aussagen von Herrn Seehofer, der gesagt hat, dass die Crew der „Lifeline“ zur Rechenschaft gezogen werden solle: Sehen das der Außenminister und die Kanzlerin auch so? (ab 34:29 min)
– Nun ist es ja so, dass diese Fragen den Seenotrettern seit Jahren vorgeworfen werden. Es gab nie irgendein Verfahren, nie irgendeine Verurteilung. Das sind ja quasi rechte Theorien, teilweise Verschwörungstheorien, die diesen Rettern vorgeworfen werden. Darum überrascht mich, dass auch Sie das jetzt erst einmal prüfen lassen wollen.
– Sie sagten gerade, dass die Retter Respekt verdienten. Verdienen sie auch den Dank der Kanzlerin?
– warum möchte der Innenminister die Crew zur Rechenschaft ziehen? Gegen welche konkreten Gesetze hat die für ihn verstoßen? Können Sie sie bitte aufzählen?
– mir geht es ja darum, dass der Innenminister es offenbar für kriminell hält, dass Menschen auf dem Mittelmeer gerettet werden. Verstehen wir ihn einfach alle falsch?
– können Sie noch einmal sagen, was für ein Präzedenzfall verhindert werden soll? (ab 41:59 min)
– Er möchte also nicht, dass diese Boote weitere Menschen retten?
Nicaragua (ab 43:55 min)
– können Sie uns einmal die Einschätzung der Bundesregierung zu der dortigen Lage geben? Dort gab es laut Menschenrechtsberichten 285 Tote bei Protesten. Der autoritäre Herrscher Ortega sei dafür verantwortlich.
– Gibt es hier in Berlin eine nicaraguanische Botschaft? Wurde der Botschafter wegen dieser staatlichen Gewalt einbestellt? Verurteilen Sie diese staatliche Gewalt, die zu 285 Toten geführt hat?
Bitte unterstützt unsere Arbeit finanziell:
Tilo Jung
IBAN: DE36700222000072410386
BIC: FDDODEMMXXX
Verwendungszweck: BPK
PayPal ► http://www.paypal.me/JungNaiv
Fanshop ► http://fanshop-jungundnaiv.de/
Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 29. Juni 2018:
VORS. SZENT-IVÁNYI eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’IN DEMMER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
FRAGE JOLKVER (zur Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU): Frau Demmer, mich interessiert die Haltung der Bundeskanzlerin zu den Anlandungs- oder Ausschiffungszentren, die jetzt beschlossen wurden. Vor zwei Tagen hat das Kanzleramt noch praktisch ausgeschlossen, dass es konsensfähig ist, solche Zentren, also geschlossene Lager, innerhalb der EU einzurichten. Was hat die Kanzlerin dazu bewegt, ihre Meinung zu ändern?
SRS’IN DEMMER: Die Kanzlerin hat sich dazu ja heute Nacht geäußert. Ich möchte dem auch gar nicht viel hinzufügen, außer dass das Ergebnis insgesamt ein Bekenntnis zu den europäischen Werten und Prinzipien wiedergibt. Natürlich gilt beim Thema Ausschiffung, das Sie gerade ansprechen, dass jede Konkretisierung dieser Idee nur in Kooperation und in enger Absprache mit den Nachbarstaaten der Europäischen Union und mit dem UNHCR getroffen werden kann, und natürlich unter Beachtung des Völkerrechts. Die Gespräche in Brüssel gehen aber weiter, und die Bundeskanzlerin wird vor Ort selber über alles Weitere informieren.
ZUSATZFRAGE JOLKVER: Inwieweit entspricht es denn dem EU-Recht, dass Flüchtlinge in solchen Zentren innerhalb der EU eingesperrt sein sollen?
SRS’IN DEMMER: Wie gesagt, die genaue Ausformung gilt es jetzt ja noch zu treffen. Natürlich werden sämtliche Vereinbarungen rechtskonform stattfinden. Über alles Weitere wird, wie gesagt, in Brüssel Auskunft gegeben.
FRAGE BUSCHOW: Frau Korff, mich würde eine erste Bewertung der Beschlüsse des EU-Gipfels aus dem Innenministerium interessieren. Wie bewertet denn Horst Seehofer die Ergebnisse? Können die das bringen, was im Moment in Rede steht, also dass das wirkungsgleich zu Zurückweisungen wäre?
KORFF: Der Minister hatte sich ja im Laufe dieser Woche mehrfach dazu geäußert, wie er sich den Fahrplan und die zeitlichen Abläufe hinsichtlich der Bewertung der Ergebnisse des Gipfels vorstellt, nämlich dass er die nicht anhand von Pressemitteilungen und Abschlusserklärungen vornimmt, sondern dazu das Gespräch mit der Kanzlerin und weiteren Beteiligten führt, sodass wir an dieser Stelle noch keine Bewertung für ihn vornehmen werden. Das BMI nimmt jetzt eine ausführliche und sorgfältige Bewertung vor. Wie gesagt, für Herrn Seehofer gilt das, was er diese Woche in Bezug auf den Fahrplan der nächsten Stunden und Tage gesagt hat.
FRAGE PETER: Frau Demmer, wir hören ja dieser Tage und auch gestern aus Brüssel, dass es einer europäischen Lösung bedürfe. Nun gibt es die ja schon seit November 2017, denn das Europäische Parlament hatte damals in ziemlicher Breite, nämlich mit fast 180 europäischen Parteien aus sechs Fraktionen, von links bis rechts unter anderem auch mit der EVP, deren Vorsitzender der stellvertretende CSU-Chef Manfred Weber ist , einen Beschluss gefasst. In diesem Beschluss wird praktisch alles angesprochen und alles geregelt, was irgendwie der CSU, aber auch der Bundesregierung wichtig ist. Können Sie erklären, warum die Bundesregierung auf diesen Vorschlag bis heute nicht eingegangen ist oder wenigstens den Versuch unternommen hat, andere EU-Regierungen dazu zu bringen, diesen Vorschlag, diesen Beschluss des Europäischen Parlamentes aufzugreifen, sodass es eines quälenden Brüsseler Gipfels nicht mehr jedenfalls nicht in dieser Form bedurft hätte?
SRS’IN DEMMER: Ich muss passen, ich weiß nicht, von welchem Beschluss genau Sie reden.
ZUSATZ PETER: November 2017, sechs Fraktionen, auf Basis eines Vorschlages der Europäischen Kommission zum Dublin-Abkommen, der durch das Europäische Parlament sozusagen völlig entkernt und neu gefasst wurde. Wenn Sie jetzt sagen, dass Sie nicht wissen, wovon ich rede, dann wirft das irgendwie kein gutes Licht darauf, wenn es seit November 2017 auf dem Tableau liegt, finde ich.
SRS’IN DEMMER: Die Interpretation meines Nichtwissens muss ich Ihnen überlassen, aber möglicherweise kann ich Ihnen dazu noch etwas nachreichen. Vielleicht kann das AA etwas dazu sagen?
ADEBAHR: Das ist jetzt ein Gipfel, der in Brüssel läuft, und die Beratungen gehen dort weiter. Ich glaube, da muss man auch erst einmal schauen, was dabei herauskommt und in welche Richtung das konkretisiert wird, bevor man es mit früheren Beschlüssen oder Vorschlägen des Parlaments vergleichen kann.
ZUSATZFRAGE PETER: Das heißt, ich kann mich mit Ihnen beiden noch bilateral in dieser Form auseinandersetzen?
KORFF: Wenn ich vielleicht kurz unterstützen darf: Die Haltung der Bundesregierung zu den Beschlüssen des Europäischen Parlaments war hier schon oft Thema, nämlich kurz nachdem diese Beschlüsse getroffen wurden. Hier auf der Bank wurde zum einen in einzelnen Punkten durchaus auch inhaltliche Kritik an einzelnen Regelungen dieser Beschlüsse geäußert, die eben nicht in vollem Einklang mit der Position der Bundesregierung stehen. Zum anderen wurde aber zum Verfahren klar gesagt: Es ist wichtig, dass erst der Rat eine Position für sich trifft und man sich dann mit den Vorschlägen des Parlaments befasst. Das sage ich jetzt nur mit Blick auf die Diskussion, die hier schon gelaufen ist.
FRAGE JUNG: Frau Demmer, können Sie einmal erklären, warum die Aufnahmelager, die jetzt geplant sind, für die geretteten Bootsflüchtlinge geschlossen sein sollen?
SRS’IN DEMMER: Wie gesagt, über Details der Ausformung der Pläne, die jetzt in Brüssel gemacht worden sind, verweise ich nach Brüssel.
ZUSATZFRAGE JUNG: Hier geht es ja nicht um Details, sondern um entscheidende Punkte: offene Lager geschlossene Lager. Warum sollen die Menschen dort eingesperrt werden?
SRS’IN DEMMER: Zu Ausformungen ob es nun Details oder klare Kernpunkte des gestern in Brüssel Beschlossenen sind verweise ich nach Brüssel.
ZUSATZFRAGE JUNG: Sie haben eben auf die europäischen Werte hingewiesen. Was haben denn diese geschlossenen Aufnahmelager mit europäischen Werten zu tun, können Sie das einmal erklären?
SRS’IN DEMMER: Sie versuchen jetzt von hinten durch die Brust ins Auge von mir weitere Stellungnahmen zu diesem Thema zu bekommen. Sie werden sie nicht bekommen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ich will keine Details zu den geschlossenen Aufnahmelagern mehr, denn dazu wollen Sie ja nichts sagen, aber ich will wissen Sie haben es ja gerade selbst gesagt , was das mit den europäischen Werten zu tun hat.
SRS’IN DEMMER: Ich habe auch darauf hingewiesen, dass ich mich hier jetzt knapp halte, weil die Bundeskanzlerin dazu in Brüssel noch Stellung nehmen wird.
FRAGE DR. DELFS: Frau Korff, ich habe eine Frage zum technischen Prozedere: Wenn sich die CSU-Führung am Sonntag entscheidet, dass das trotzdem alles noch nicht reicht, ist das dann sozusagen bindend für den Innenminister in seiner Funktion rein als Innenminister, und müsste er dann auch entsprechend handeln? Oder könnte er theoretisch auch eine abweichende Entscheidung fällen? Denn wenn es eine reine Parteientscheidung wäre, dann würde man ja den Eindruck bekommen, dass da keine Sachgründe eine Rolle spielen, sondern möglicherweise rein politische Gründe.
KORFF: Ich kann Ihnen zu möglichen Ergebnissen und Auswirkungen möglicher Ergebnisse von Beschlüssen der Parteigremien hier an dieser Stelle tatsächlich nichts sagen. Der Minister hat sich dazu selber im Laufe dieser Woche wirklich häufig geäußert, und ich kann dem nichts hinzufügen.
ZUSATZFRAGE DR. DELFS: In welcher Form würde denn eigentlich der Masterplan eine Umsetzung finden? Wäre das einfach eine normale Anordnung an die Bundespolizei, oder wie läuft das dann am Sonntag oder am Montag oder wann auch immer eigentlich?
KORFF: Das hängt ja davon ab, was am Sonntag entschieden wird. Der Masterplan als solcher umfasst, wie Sie wissen, sehr viele Maßnahmen, und die sind selbst wenn der Plan vorgestellt werden sollte auch nicht alle derart gestaltet, dass sie am Montag Wirkung entfalten könnten. Der Punkt, um den es Ihnen geht, ist ja die in Frage stehende Zurückweisung an der Grenze, und das hängt wirklich von den Gesprächen am Wochenende ab. Da sind derart viele Konstellationen denkbar, dass es unseriös wäre, jetzt für irgendeine dieser Möglichkeiten den Weg zu skizzieren.
FRAGE GATHMANN: Ich habe drei Fragen, die an Frau Demmer und Frau Korff gehen.
Zum Ersten würde mich interessieren: Können Sie uns etwas über den Stand der bilateralen Gespräche bzw. Vereinbarungen sagen, die die Bundeskanzlerin bzw. der Bundesinnenminister im Kontext der Frage, wer Flüchtlinge aus Deutschland zurücknimmt, möglicherweise bereits mit Staaten innerhalb der Europäischen Union getroffen haben?
Zweite Frage: Können Sie uns etwas darüber sagen, welcher Art die Gespräche sein werden, die Bundesinnenminister Seehofer und die Bundeskanzlerin bis zum Sonntag führen werden? Wird man miteinander telefonieren, fährt Frau Merkel ins Altmühltal und besucht Herrn Seehofer, besucht er sie, oder wie hat man sich das vorzustellen?
Meine dritte Frage ist eine Lernfrage an Frau Korff: Wie hat man sich das vorzustellen, wird Herr Seehofer die Bewertung dessen, was Frau Merkel da erreicht hat, als Bundesinnenminister vornehmen, wird er sie als CSU-Parteichef vornehmen, oder wird er sich zwischendurch einmal spalten? Welche Rolle spielt eigentlich das Bundesinnenministerium bei der ganzen Geschichte? Ist das relevant für die Frage, wie man am Ende zu einem Ergebnis kommt, oder wird das am Ende eigentlich alles in München entschieden?
SRS’IN DEMMER: Ich kann ganz kurz sagen: Die Bundeskanzlerin wird selbstverständlich die Koalitionspartner über die Ergebnisse des Gipfels in Brüssel informieren. Über die Details kann ich Ihnen keine Auskunft geben.
Was die Ergebnisse bilateraler Abkommen betrifft, würde ich auch nach Brüssel verweisen.
ZUSATZFRAGE GATHMANN: Das heißt, das wird uns dann noch aus Brüssel von Frau Merkel mitgeteilt?
SRS’IN DEMMER: Die Gespräche laufen da ja noch, deswegen würde ich einfach darauf verweisen. Die Bundeskanzlerin wird dort ja auch noch einmal vor die Presse treten.
KORFF: Dann bleibt für mich die Frage, wer welche Bewertung vornimmt: Das Bundesinnenministerium prüft und wertet die Ergebnisse sozusagen mit Blick auf das Handeln des Innenministeriums aus, so wie es das nach jedem Europäischen Rat tut. Das geschieht auch, und das wird dem Minister sicherlich wie immer auch vorgelegt werden.
Zur Frage, wann er was als wer vornimmt: Es ist klar, dass das Gespräche zwischen den Parteien sind, und in dieser Funktion führt er diese Gespräche. Mögliche Maßnahmen, die er dann als Bundesinnenminister trifft, finden dann wieder in Abstimmung mit dem Haus statt. Aber die Gespräche zwischen den Parteien bleiben Gespräche zwischen den Parteien.
FRAGE JESSEN: Frau Adebahr, die Einrichtung geschlossener Lager hat in Europa und speziell in Deutschland ja einen besonderen Klang. Man muss die nicht so nennen, wie ein Mitarbeiter Ihres Hauses das intern getan hat, aber es hat einen besonderen Klang und ist doch ein fundamentaler Wandel der bisherigen Flüchtlingspolitik, die nämlich ein Stück weit an offene Grenzen auch in Deutschland stieß. Ist der Außenminister einverstanden mit dieser fundamentalen Wendung der Flüchtlingspolitik? Wurde er vorher konsultiert, oder war das allein das Geschäft der Kanzlerin?
ADEBAHR: Ich denke, der Bundesaußenminister begrüßt, dass es eine europäische Lösung in Brüssel zu geben scheint die Beratungen laufen ja noch. Er begrüßt grundsätzlich eine europäische Lösung, die die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten stärkt und die zum Beispiel auch den Außengrenzschutz stärkt. Wie gesagt, es ist zu früh, um die Details zu kommentieren, denn die Beratungen in Brüssel laufen noch, und auch die Detailausarbeitung aller Vorschläge muss ja noch folgen. Für den Moment gilt also dieser grundsätzliche Satz, und zu den weiteren Details und Ergebnisse können wir dann etwas sagen, wenn Genaueres vorliegt.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Die Verlagerung der Aufnahmepolitik vom bisherigen Prinzip der Aufnahme an Grenzen in geschlossene Lager ist für den Außenminister also lediglich ein Detail und kein fundamentaler Wandel der Flüchtlingspolitik?
Zum Zweiten: Herr Gabriel hatte in seiner Amtszeit ja ein Lager in Libyen besucht und war entsetzt von den Verhältnissen dort. Sieht Deutschland sich in der Pflicht und wie soll das dann geschehen , dann zu verhindern, dass in solchen afrikanischen Lagern solche entsetzlichen Verhältnisse bestehen?
ADEBAHR: Ich denke, Sie haben den Außenminister in den vergangenen Tagen immer zwei Dinge sagen hören. Das Erste ist: Wir brauchen eine europäische solidarische Lösung. Das Zweite ist: Alles, was wir tun und was Europa tut, muss sich nach rechtsstaatlichen Kriterien vollziehen und muss sich in Zusammenarbeit mit UNHCR und IOM und nach menschlichen und rechtsstaatlichen Kriterien vollziehen, die wir an Maßstäbe für die Behandlung von Schutzsuchenden ansetzen. Das gilt für den Außenminister fort.
Zu Libyen und der Situation dort im Land haben Herr Seibert und ich in der letzten Regierungspressekonferenz etwas gesagt, und der Außenminister hat am Montag vor dem Rat selbst noch einmal Stellung genommen und gesagt: Dass die Situation in einigen Lagern dort extrem schwierig, außerordentlich schwierig ist, stellt niemand in Frage. Dass es in der Zusammenarbeit mit der libyschen Regierung hinsichtlich der Frage, wie weit die staatlichen Strukturen gediehen sind, schwierige Punkte gibt, ist, denke ich, auch allen Beteiligten klar.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Das Prinzip geschlossener Lager verstößt aber nach Ihrer Auffassung nicht gegen bisherige Praxis und gegen grundsätzliche europäische Werte? Geschlossene Lager sind mit europäischen Werten vereinbar?
ADEBAHR: Diese Frage möchte ich so beantworten, dass alles, was an Details und diese Details haben wir noch nicht zur Ausgestaltung der Brüsseler Beschlüsse nun kommt, sich an den Kriterien orientieren sollte und muss, die ich gerade genannt habe.
FRAGE JOLKVER: Frau Korff, eine Wissensfrage: Haben Sie vielleicht eine Zahl, wie hoch die Anerkennungsquote in Deutschland nach allen möglichen Gesetzen also nicht nur § 16, sondern generell liegt? Wie hoch ist der Anteil der Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz bekommen? Ist dieser Anteil deutlich höher oder niedriger als der Durchschnitt in Europa?
KORFF: Ich habe das gerade nicht dabei; ich frage gleich nach, ob es mir nachgeliefert wird. Was ich definitiv weiß, ist: Was den Vergleich zu anderen europäischen Staaten betrifft, muss man sich wirklich die einzelnen Herkunftsstaaten genau angucken, aber das bewegt sich ungefähr auf dem gleichen Niveau.
ZUSATZFRAGE JOLKVER: Können Sie vielleicht drei Herkunftsstaaten nennen vielleicht Syrien, Eritrea und wen auch immer , in denen die Anerkennungsquote besonders hoch ist? Bei Syrien weiß ich das vielleicht haben Sie noch zwei andere Länder im Kopf?
KORFF: Eritrea ist tatsächlich auch eines der Länder mit einer sehr hohen Anerkennungsquote. Die anderen haben sich ein bisschen verändert. Es kommt ja auch immer darauf an, in welchem Jahr man sich das anschaut. Bei den beiden weiß ich jedenfalls: Die haben eine sehr hohe Anerkennungsquote. Auch Afghanistan hat eine relativ hohe Anerkennungsquote. Ich muss nachschauen.
FRAGE JUNG: Frau Adebahr, bekommen wir noch ein Statement von der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung zu den Ergebnissen des EU-Gipfels, oder gibt es dieses Statement schon?
ADEBAHR: Bisher ist es mir nicht bekannt. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung wird selber entscheiden, wie sie sich dazu positioniert.
ZUSATZFRAGE JUNG: Sie haben gerade zu den Lagern in Libyen gesagt, dass es dort einige gebe, in denen die Lage sehr schwierig ist. Gibt es denn auch Lager, wo es gut läuft, und können Sie uns die nennen?
ADEBAHR: Ich kann Ihnen hier und heute keinen Überblick über die Gesamtsituation in libyschen Lagern geben; das möchte ich auch nicht. Das ist vielleicht eine Frage, die Sie an das UNHCR richten könnten, die dort vor Ort sind und vermutlich den besten Einblick haben.
ZUSATZFRAGE JUNG: Aber wenn Sie sagen, dass es in einigen Lagern schwierig ist, dann muss es ja auch einige Lager geben, in denen es gut ist. Darüber hat die Bundesregierung Kenntnis, es gibt gute Zustände in einigen Lagern?
ADEBAHR: Wenn ich über die Kenntnis zu einigen Lagern spreche, dann sage ich über die Kenntnis oder Unkenntnis zu der Gesamtheit oder anderen Lagern in Libyen, glaube ich, nichts aus.
VORS. SZENT-IVÁNYI: Wir kommen zu den Formalien des Freitags, nämlich zu den öffentlichen Terminen der Kanzlerin in der nächsten Woche. Frau Demmer, bitte.
SRS’IN DEMMER: Wie Sie wissen, ist in der kommenden Woche Haushaltswoche im Deutschen Bundestag. Am Mittwoch, dem 4. Juli, hält die Bundeskanzlerin ab 9 Uhr in der Debatte zum Einzelplan 04 das ist der Einzelplan für die Bundeskanzlerin und das Bundeskanzleramt ihre Rede.
Am Donnerstag, dem 5. Juli, empfängt die Bundeskanzlerin den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán mittags zu einem Gespräch im Kanzleramt. Es wird dabei um bilaterale, europapolitische und internationale Themen gehen. Im Anschluss gibt es dann um 13 Uhr eine gemeinsame Presseunterrichtung durch die Bundeskanzlerin und den ungarischen Ministerpräsidenten.
Am Donnerstagnachmittag wird die Bundeskanzlerin dann Großbritanniens Premierministerin Theresa May zu einem Gespräch empfangen. Schwerpunkte der gemeinsamen Unterredungen werden europapolitische Fragen inklusive des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union sein. Auch wird es Gelegenheit geben, sich zu aktuellen außen- und sicherheitspolitischen sowie bilateralen Themen auszutauschen. Die Pressekonferenz gibt es in diesem Fall dann ab 15 Uhr.
Um 16 Uhr am Donnerstag wird die Kanzlerin schließlich den ehemaligen Staatspräsidenten der Demokratischen Republik Timor-Leste Dr. José Ramos-Horta zu einem Gespräch im Bundeskanzleramt begrüßen. Der ehemalige Präsident und Friedensnobelpreisträger ist seit 2002 regelmäßiger Gast in Deutschland. Die Bundeskanzlerin wird sich mit ihm in einem informellen Gespräch über aktuelle Entwicklungen in Südostasien austauschen.
Wegen der Haushaltswoche findet die Kabinettssitzung in der kommenden Woche dann erst am Freitag, dem 6. Juli, und schon um 8.30 Uhr statt.
Ebenfalls am Freitag, von 16.30 Uhr bis 18.30 Uhr, wird die Bundeskanzlerin das Diplomatische Corps zum traditionellen Jahresempfang im Schloss Meseberg begrüßen. Es gibt auch eine Schlechtwettervariante; die fände dann im Bundeskanzleramt statt. Zu den Gästen gehören Botschafterinnen und Botschafter der in Deutschland akkreditierten Staaten sowie die Leiter einiger in Deutschland ansässiger internationaler Organisationen. Die Bundeskanzlerin wie auch Nuntius Erzbischof Dr. Nikola Eterović werden eine kurze Ansprache halten. Bei der Begrüßung im Schloss Meseberg ist ein Bildtermin vorgesehen.
FRAGE BUSCHOW: Eine Frage zum Besuch von Viktor Orbán: Trifft er ausschließlich die Kanzlerin oder trifft er auch noch andere Minister, beispielsweise den Innenminister, wenn es gerade um bilaterale Absprachen auch in der Flüchtlingspolitik geht? Diese Frage geht dann an Frau Korff.
KORFF: Ich kann Ihnen gerade nicht sagen, ob der Bundesinnenminister nächste Woche Viktor Orbán trifft.
FRAGE: Frau Demmer, auch zum Besuch von Herrn Orbán: Herr Orbán ist ja seinerzeit aus Deutschland, auch aus Regierungskreisen, heftigst für den Bau eines Grenzzauns angegriffen worden. Vor kurzem hat Frau Merkel bei Anne Will gesagt wenn ich das richtig zusammenbekomme , Herr Orbán leiste mit dem Grenzschutz einen Schutz der Außengrenzen der EU und leiste für uns Arbeit so hat sie es fast wörtlich gesagt. Wird es dazu kommen, dass Frau Merkel sich namens der Bundesregierung für die vielleicht etwas harschen Worte in der Vergangenheit vielleicht nicht unbedingt entschuldigt, aber versucht, es besser darzustellen?
SRS’IN DEMMER: Ganz allgemein: Zum Thema Migration wird gerade in Brüssel verhandelt, deshalb verweise ich dazu jetzt auch nach Brüssel. Über vertrauliche Gespräche, die in der Zukunft stattfinden, werde ich keine Spekulationen anstellen.
FRAGE DR. DELFS: Frau Demmer, ich habe eine Frage zum Besuch von Frau May: Ist das ein schon länger geplanter Termin oder ist dieser Termin aufgrund der schleppenden Brexit-Verhandlungen anberaumt worden? Können Sie vielleicht ein bisschen etwas zum Hintergrund sagen? Was wird das Hauptthema sein Brexit, nehme ich an, oder worum geht es da?
SRS’IN DEMMER: Genau, das habe ich ja gesagt. Natürlich spielt das Thema Brexit eine Rolle, genauso wie alles, was derzeit europapolitisch auf der Agenda steht. Auch da kann ich dem Gespräch natürlich nicht vorgreifen. Natürlich ist das ein wichtiges Thema, also bespricht man sich auch regelmäßig.
ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Wird die Kanzlerin dann auch die Gelegenheit nutzen, diese doch sehr schleppenden Gespräche vielleicht etwas zu beschleunigen und auch noch einmal die Position der Bundesregierung darzustellen, die ja offenbar der Meinung ist, dass die Briten die Gespräche im Grunde genommen etwas fahrlässig verzögern und zum Teil auch blockieren?
SRS’IN DEMMER: Ich würde mir jetzt Ihre Analyse nicht zu eigen machen wollen, aber selbstverständlich wird die Bundeskanzlerin in einem solchen Gespräch, im Austausch über dieses zentrale Thema für Europa, auch ihre eigenen Standpunkte darlegen.
FRAGE JUNG: Noch einmal zu Herrn Orbán: Frau Demmer, was ist eine Presseunterrichtung?
SRS’IN DEMMER: Ich gehe davon aus, dass das eine Pressekonferenz ist.
ZUSATZFRAGE JUNG: Sie sagten gerade Unterrichtung vielleicht ist das in Ungarn ja etwas anderes. Es wird eine Pressekonferenz geben, in der wir Fragen stellen können?
SRS’IN DEMMER: Ich gehe davon aus, weiß es aber nicht genau. Ich kläre das noch einmal.
KORFF: Ich kann nachliefern: Herr Orbán kommt auch zu Gesprächen mit Herrn Seehofer ins BMI.
ZUSATZFRAGE JUNG: Gibt es da auch eine Pressekonferenz?
KORFF: Ich weiß es nicht. Das werden wir sehen.
SRS’IN DEMMER: Ich verstehe Ihre Verwirrung bezüglich der Wortwahl. Ich kann es jetzt aufklären: Pressekonferenz.
FRAGE WACKET: Im weiteren Sinne zu weiteren Terminen, sagen wir einmal, zu Terminen im Juli: Ist es richtig vielleicht ist es mir auch entgangen , dass da deutsch-chinesische Regierungskonsultationen anstehen?
SRS’IN DEMMER: Ja, ich glaube, da liegen Sie richtig. Aber wir geben über Termine ja nur am Freitag der Vorwoche Auskunft. Deswegen kann ich Ihnen das jetzt hier nicht bestätigen.
ZUSATZ WACKET: Sie bestätigen es nicht, aber wir liegen da richtig. Okay.
SRS’IN DEMMER: Ich rudere zurück. Termine der Kanzlerin geben wir immer am Freitag der Vorwoche bekannt.
FRAGE JOLKVER: Sie sagten, Frau Demmer, die Kanzlerin werde die Koalitionspartner über die Ergebnisse des Gipfels unterrichten. Haben Sie ein Zeitfenster dafür, wann das passieren soll?
SRS’IN DEMMER: Zeitnah.
ZUSATZFRAGE JOLKVER: Heute?
SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen über die genauen Details der Kommunikation innerhalb der Koalition keine Auskunft geben. Aber sie wird sie informieren, und das sicherlich zeitnah.
FRAGE VOLF-NAGY: Die deutsche Position und die ungarische Position waren schon einmal viel weiter voneinander entfernt, und jetzt ist eigentlich fast schon eine Einigung in der Migrationspolitik erreicht. Ist das der Anlass des Treffens? Was ist eigentlich das Ziel dieses Treffens?
SRS’IN DEMMER: Wie gesagt: In dem Gespräch wird es um bilaterale, europapolitische und internationale Themen gehen. Hinsichtlich des Themas der Migration verweise ich jetzt nach wie vor auf Brüssel, wie schon eben geschehen, und ich kann den Gesprächen natürlich nicht vorgreifen.
FRAGE WACKET: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium, und zwar zum Thema „Batteriefabrik in Thüringen“. Kann es sein, dass noch im Juli eine Absichtserklärung zum Bau dieser Fabrik auch in Anwesenheit politischer deutscher und auch chinesischer Vertreter unterzeichnet oder abgegeben werden wird?
EINHORN: Sie fragen ja nach CATL, oder?
ZUSATZ WACKET: Ja, genau.
EINHORN: Wir nehmen die Meldung zur Kenntnis. Ich kann das aber nicht kommentieren. Was da noch alles im Juli geschehen wird, kann ich Ihnen auch nicht sagen.
ZUSATZFRAGE WACKET: Aber Sie wollen es wohl nicht ausschließen, oder?
EINHORN: Ich weiß nicht, was da im Juli noch ansteht. Insofern kann ich weder etwas bestätigen noch ausschließen.
ZUSATZFRAGE WACKET: Geplant ist ja das hat Herr Altmaier mehrmals gesagt , eine europäische Batteriezellenproduktion aufzubauen, was die Bundesregierung auch unterstützen will; das steht ja auch im Koalitionsvertrag. Wenn jetzt aber hier chinesische Investoren ich sage einmal, vielleicht in Absprache mit deutschen Autobauern produzieren, konterkariert das dann nicht die Pläne für eine europäische Batteriezellenproduktion?
EINHORN: Nein. Erstens, zu diesen unternehmerischen Planungen: Das sind unternehmerische Vorgänge. Darin sind wir nicht involviert, und dazu kann ich mich auch nicht äußern.
Was Herr Altmaier betont hat, ist, dass er es für angebracht hält, dass sich die europäische bzw. die deutsche Industrie einbringt und eine europäische Batteriezellenproduktion auf die Beine stellt. Batteriezellen sind einfach ein Herz der zukünftigen Elektromobilität oder der Elektromobilität, die es auch jetzt schon gibt und von der wir hoffen, dass sie noch stark zunehmen wird. Deshalb wäre es einfach sehr wichtig, dass wir diese Wertschöpfungsketten in Europa und in Deutschland abdecken.
Aber das kann man jetzt nicht mit dem Fall CATL vermischen. Das sind, wie gesagt, unternehmerische Vorgänge. Darin sind wir nicht involviert.
FRAGE JUNG: Ich würde gerne zur Mission Lifeline und zu der Situation auf Malta kommen. Frau Adebahr, gibt es konsularische Betreuung für den Kapitän? Kapitän Reisch soll ja jetzt angeklagt werden. Stehen Sie mit der Crew oder mit dem Kapitän in Kontakt? Was können Sie für den tun?
ADEBAHR: Unsere Botschaft vor Ort stand sowohl mit der deutschen Besatzung als steht im Moment auch mit dem Kapitän in Kontakt. Soweit wir wissen, hat er sich anwaltliche Betreuung ausgesucht, und auch mit dem Anwalt des Kapitäns stehen wir dahingehend in Kontakt, dass wir nachfragen, wo wir eben konsularische oder logistische Hilfe bei dem weiteren Verfahren anbieten können.
ZUSATZFRAGE JUNG: Sind das für Sie aufgrund der angeblichen Anklagen und Vorwürfe politische Gefangene?
ADEBAHR: Meines Kenntnisstands nach ist dort in Malta niemand gefangen. Insofern stellt sich diese Frage, glaube ich, nicht. Vielleicht stellt sie sich Ihnen so, mir nicht.
ZUSATZ JUNG: Das Boot ist ja festgesetzt worden. Die können ja nicht auslaufen.
ADEBAHR: Ja, die maltesische Regierung geht mit dem Boot nach den rechtsstaatlichen Kriterien, die sie dort anwendet, und dem Verfahren, dass sie dort für richtig hält, um. Ich kann zu dem genauen Status des Bootes im Übrigen nichts Genaues sagen. Ich kann nicht sagen, wie der Status des Bootes genau ist. Auch über die Frage, welche Verfahren sich dort jetzt anschließen könnten oder auch nicht, wissen am besten die Besatzung und die NGO Auskunft zu geben, denke ich.
FRAGE JESSEN: Ich habe eine Frage an das BMI. Der Hauptvorwurf, der dem Kapitän ja gemacht wird, ist, dass das Schiff nicht korrekt, sondern nur in Holland als Sportboot registriert sei. Ist das eigentlich nach Ihrer Kenntnis eine nur holländische Praxis, oder werden auch Schiffe wie zum Beispiel die „Sea-Eye“ möglicherweise in Deutschland als Sportboote registriert und können unter diesem Label operieren?
Zum Zweiten, und das ist noch einmal eine Verbindung zu dem ersten Punkt: Der UNHCR hat ja in seiner vorsichtigen Zustimmung zur Auslagerung des Flüchtlingsempfangs gesagt, das Prinzip der Seenotrettung müsse dabei allerhöchste Priorität genießen. Vor diesem Hintergrund frage ich: Würden Sie es begrüßen, wenn die Schiffe baldmöglichst wieder Menschen aus Seenot retten könnten?
KORFF: Ich kann dazu tatsächlich nichts sagen, sondern an das BMVI verweisen, weil die Frage nach der Flaggenführungsbefugnis, die ja die Kernfrage ist, das BMVI beantworten müsste.
FRIEDRICH: Grundsätzlich haben wir keinerlei Kenntnis darüber, wie das Boot registriert ist, also ob als Sportboot oder nicht. Wir wissen lediglich, dass das Schiff bisher eine IMO-Registrierung hatte, also bei der International Maritime Organization unter einer spezifischen Nummer geführt wird.
Die Niederlande hatten zwischenzeitlich so hatten es Medien berichtet diese Flagge aberkannt. Das heißt, es war eine niederländische Flagge. Darüber hinaus handelt es sich jetzt einfach um eine Rechtsbeziehung zwischen dem Staat Niederlande und dem Eigner. Das heißt, wenn die Niederländer jetzt diese Flagge aberkennen, dann würde es unter Umständen zu einem Rechtsverfahren kommen.
Aber da uns dieser Sachstand ob die Flagge bereits aberkannt worden ist, ob das Rechtsverfahren läuft oder wie es weitergeht jetzt nicht bekannt ist, kann ich dazu einfach keine Stellung nehmen. Da müsste ich Sie jetzt wirklich an die Niederlande verweisen.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Könnten Sie dann bitte prüfen und nachreichen, ob es eine ähnliche Sportbootregistrierung unter deutscher Flagge für andere Schiffe gibt und wie sich dann das Flaggenführungsrecht aus Deutschland dazu verhält?
FRIEDRICH: An dieser Stelle könnten wir das, glaube ich, vereinfachen; denn das Flaggenrecht wird bei uns beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie verwaltet bzw. dort gibt es auch die Registrierung. Dort könnten Sie dann direkt nachfragen und eben auch die Flagge einzelner Boote erfragen.
FRAGE JUNG: Basierend auf den Aussagen von Herrn Seehofer, der gesagt hat, dass die Crew der „Lifeline“ zur Rechenschaft gezogen werden solle: Sehen das der Außenminister und die Kanzlerin auch so, Frau Adebahr, Frau Demmer?
SRS’IN DEMMER: Es steht der Vorwurf im Raum, dass die „Lifeline“ gegen internationales Seerecht verstoßen haben könnte. Diese Vorwürfe muss man jetzt erst einmal prüfen.
ADEBAHR: Aus Sicht des Auswärtigen Amtes ist es so, dass Malta entschieden hat, die aufgeworfenen Fragen, von denen es, glaube ich, schon eine Reihe gibt, zu prüfen. Das ist ein unabhängiges Justizverfahren, das Malta jetzt durchführt. Grundsätzlich ist es vielleicht richtig, wenn dort aufgeworfene Fragen entstehen, dass diese geprüft werden.
ZUSATZ JUNG: Nun ist es ja so, dass diese Fragen den Seenotrettern seit Jahren vorgeworfen werden. Es gab nie irgendein Verfahren, nie irgendeine Verurteilung. Das sind ja quasi rechte Theorien, teilweise Verschwörungstheorien, die diesen Rettern vorgeworfen werden. Darum überrascht mich, dass auch Sie das jetzt erst einmal prüfen lassen wollen.
SRS’IN DEMMER: Vielleicht kann ich noch einmal ganz generell etwas sagen: Natürlich hat auf See jeder die Pflicht, Menschen in Not zu retten. Darüber haben wir ja auch oft gesprochen. Das humanitäre Engagement für die Rettung von Menschenleben auf See verdient natürlich Respekt. Klar ist, dass dieses Engagement aber im Einklang mit geltendem Recht stehen muss. Deshalb appelliert die Bundesregierung generell an alle Seenotretter, sich erst einmal nicht selbst in Gefahr zu bringen. Natürlich ist es auch wichtig, dem falschen Eindruck entgegenzutreten, dass eine Rettung stets gewährleistet ist, weil damit natürlich sonst noch mehr Menschen zu einer lebensgefährlichen Überfahrt angeregt werden.
ZUSATZFRAGE JUNG: Sie sagten gerade, dass die Retter Respekt verdienten. Verdienen sie auch den Dank der Kanzlerin?
Frau Korff, warum möchte der Innenminister die Crew zur Rechenschaft ziehen? Gegen welche konkreten Gesetze hat die für ihn verstoßen? Können Sie sie bitte aufzählen?
KORFF: Nein, das kann ich nicht, weil das ja im Zweifel sozusagen Der Minister hat im Zuge der Diskussion am Mittwoch gesagt, dass, nachdem das Schiff in Malta gelandet ist, für ihn eine Aufklärung durch die maltesischen Behörden in Bezug auf strafrechtliche, zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Fragen passieren muss und erfolgen soll. Das ist das, worum es ihm ging. Dazu gehören die Frage der Flaggenführungsbefugnis und weitere Fragen. Die Prüfung müssen aber die maltesischen Behörden vornehmen, und nichts anderes hat er gesagt.
SRS’IN DEMMER: Ich habe mich klar ausgedrückt.
FRIEDRICH: Ich würde gerne noch etwas hinzufügen, um vielleicht noch einmal ein bisschen Licht in den Dschungel dieser ganzen Verfahren zu bringen. Es gibt hier nämlich zwei Rechtslagen. Die eine ist das SAR-Abkommen, wonach die Koordinierungsmaßnahmen für solche Rettungsmaßnahmen eben nicht an den Flaggenstaat fallen. Das heißt, die einzelnen Rettungsmannschaften koordinieren das selbst untereinander. Auf der anderen Seite gibt es aber das Seevölkerrecht, und nach diesem Seevölkerrecht ist es so, dass Malta als Hafenstaat der „Lifeline“ eben gewährt hat, in den Hafen einzulaufen. Jetzt kann Malta eine sogenannte Hafenstaatkontrolle durchführen. Das bedeutet, man kontrolliert und überprüft das Schiff, und dazu gehören eben auch Fragen der Sicherheit oder von Papieren. Das wird jetzt erfolgen. Details oder Ähnliches kann dann auch Malta nennen bzw. das wird dann auch im Seevölkerrecht festgehalten.
Zum anderen ist es so, dass, wenn sich jetzt rechtliche Fragen daraus ableiten, wenn jetzt einmal bestimmte Schlüsse aus der Hafenstaatskontrolle gezogen werden, es dann Malta obliegt, zu entscheiden, wie es weitergeht. Darin ist Deutschland nicht involviert.
ZUSATZFRAGE JUNG: Die Kontrolle der Schiffe ist ja Routine. Das passiert in mehreren Häfen. Aber mir geht es ja darum, dass der Innenminister es offenbar für kriminell hält, dass Menschen auf dem Mittelmeer gerettet werden. Verstehen wir ihn einfach alle falsch?
KORFF: Jedenfalls kann man anhand der Äußerungen am Mittwoch Er hat sich zu der Frage geäußert, ob Deutschland Personen aufnimmt. Für ihn stand im Vordergrund, dass das wie auch immer weiter vorgegangen wird nicht zu einem Präzedenzfall führen soll. Dazu gehört für ihn auch, wie ich eben sagte, dass die offenen rechtlichen Fragen geklärt sind.
FRAGE: Frau Demmer, habe ich Sie richtig verstanden, dass die Bundesregierung ein Dilemma anerkennt, dass es einerseits natürlich begrüßenswert ist, dass es private Initiativen gibt, die Menschen im Mittelmeer aus Seenot retten erst einmal unabhängig davon, wie man jetzt persönlich bewertet, aus welchen Gründen sie kommen , und dass diese Art von Seenotrettung andererseits in die Kalkulation der Schleuser, aber auch der flüchtenden Menschen selbst einkalkuliert wird? Sieht die Bundesregierung ein solches grundsätzliches Dilemma? Wie will sie das angehen?
SRS’IN DEMMER: Ich glaube, ich habe mich dazu sehr klar ausgedrückt, und die Bewertung, die Interpretation meiner Aussage überlasse ich Ihnen. Ich habe dem jetzt nichts hinzuzufügen.
FRAGE JESSEN: Frau Demmer, können Sie noch einmal die Haltung der Bundeskanzlerin zu diesen privaten Organisationen nennen? Sind das für die Kanzlerin in erster Linie humanitäre Hilfsorganisationen, oder sind es sozusagen Hilfsorganisationen von Schlepperbanden?
Zum Zweiten: Die privaten Seenotretter haben gestern auf einer Pressekonferenz vorgeschlagen oder angeregt, dass es jenseits der militärischen Seenothilfe, die ja jetzt schon geleistet wird, staatliche Seenothilfe geben sollte. Ist die Bundesregierung offen für einen solchen Vorschlag, damit das nicht zwischen den NGOs auf der einen und der rein militärischen Aktion auf der anderen Seite zerrieben wird?
SRS’IN DEMMER: Ich habe dem, was ich hier jetzt gesagt habe, nichts hinzuzufügen.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Aber werden Sie uns vielleicht innerhalb absehbarer Zeit etwas dazu nachliefern können das war ja nun ein konkreter Vorschlag der privaten Hilfsorganisationen , ob sich die Bundesregierung einem solchen Vorschlag positiv nähern wird oder nicht?
FRAGE BUSCHOW: Frau Korff, es gibt einen offenen Brief der Mission Lifeline an den Bundesinnenminister, in der sie zum einen natürlich Vorwürfe macht und zum anderen auch dazu einlädt, einmal an einer Rettungsaktion teilzunehmen. Hat er sich schon überlegt, wie er darauf reagieren wird? Wie wird er darauf reagieren?
KORFF: Wir kennen auch die Berichterstattung über den offenen Brief. Zum weiteren Umgang damit: Dazu werden wir dann Stellung nehmen, wenn wir damit umgehen.
FRAGE JUNG: Frau Korff, können Sie noch einmal sagen, was für ein Präzedenzfall verhindert werden soll?
KORFF: Er hat sich dazu wirklich sehr umfassend geäußert, wie Sie wissen. Dazu gehört beispielsweise die Sache, also seine Äußerung, dass es nicht sein kann, dass so eine Art von Shuttle-Service eingerichtet wird; ich zitiere seine Äußerung. Ich kann nur darauf verweisen, was er dazu gesagt hat. Das meinte er mit „Präzedenzfall“, dass es nicht sein kann, dass das Schiff wieder ausfährt und eine weitere vergleichbare je nach Ergebnis der Prüfung Tätigkeit vornimmt.
ZUSATZFRAGE JUNG: Er möchte also nicht, dass diese Boote weitere Menschen retten?
KORFF: Ich verweise auf die Äußerungen des Ministers.
FRAGE WACKET: Ich habe eine Frage, die sich wahrscheinlich an das Finanzministerium richtet. Es geht um den Stresstest für die Deutsche Bank in den USA, den sie ja nicht geschafft hat. Ich wollte einmal hören, ob sich die Bundesregierung darüber Sorgen macht oder ob man das zum Anlass dafür nimmt, die Deutsche Bank auch noch einmal in Deutschland zu prüfen.
DR. FEHLING: Wie üblich nehmen wir zu einzelnen Kreditinstituten von hier aus keine Stellung.
ZUSATZFRAGE WACKET: Will man da zum Beispiel noch einmal die BaFin in die Spur setzen?
DR. FEHLING: Es gilt das, was ich gerade gesagt habe. Die BaFin handelt im Rahmen ihrer normalen Aufgaben, und mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
FRAGE JUNG: Ein Thema, das in den letzten Wochen kein Thema war, ist Nicaragua. Frau Adebahr, können Sie uns einmal die Einschätzung der Bundesregierung zu der dortigen Lage geben? Dort gab es laut Menschenrechtsberichten 285 Tote bei Protesten. Der autoritäre Herrscher Ortega sei dafür verantwortlich.
ADEBAHR: Sie haben vielleicht gesehen, dass sich Staatsminister Annen, der auch für dieses Gebiet zuständig ist und der die Lage dort wie auch das Auswärtige Amt genauestens verfolgt, dazu geäußert hat. Wir sind tatsächlich in großer Sorge um die Stabilität in Nicaragua und setzen im Moment darauf, dass das Treffen der gemischten Kommission, das angekündigt ist, zu Ergebnissen führen wird. Wir hoffen, dass die Entscheidung über das Stattfinden von Wahlen getroffen wird und ein nationaler Dialog in Gang kommt, der die besorgniserregenden Unruhen im Land tatsächlich befrieden kann.
In der Tat gibt es, glaube ich, 285 Todesopfer. Die Kirche in Nicaragua versucht zu vermitteln. Insofern ist das eine Lage, die wir wirklich mit Sorge betrachten. Wir hoffen, dass dort eben ein Dialogprozess im Land in Gang kommt, der es ermöglicht, erst einmal zu Ruhe und Ordnung und dann auch zu einem geordneten politischen Prozess zu kommen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Sie wissen es wahrscheinlich besser: Gibt es hier in Berlin eine nicaraguanische Botschaft? Wurde der Botschafter wegen dieser staatlichen Gewalt einbestellt? Verurteilen Sie diese staatliche Gewalt, die zu 285 Toten geführt hat?
ADEBAHR: Ich nehme an, dass es hier in Berlin eine nicaraguanische Botschaft gibt. Mir ist nicht bekannt, in welcher Art und Weise derzeit Gespräche mit der Botschaft laufen. Ich denke, unser Länderreferat steht da grundsätzlich in Kontakt, gerade auch in einer solchen Situation, wie übrigens auch unser Krisenreaktionszentrum, das die dortige Lage genau beobachtet. Updates für mögliche Reisen nach Nicaragua finden Sie auch fortlaufend in unseren Reisehinweisen. Auch darauf weise ich Sie also gerne hin.
Wir sind dafür, dass alle Umstände der Todesfälle, die es gab, sehr genau aufgeklärt werden. Wir sind dafür, dass alle Seiten das betrifft auch die nicaraguanische Regierung zu einem friedlichen Miteinander und zu einem friedlichen Dialog zurückkehren und dass alle Seiten auf Gewalt verzichten, damit es dort eben nicht zu weiteren Todesfällen und Unruhen kommt.
ZUSATZ JUNG: Aber Sie verurteilen die Gewalt nicht.
ADEBAHR: Wir sind dafür, dass Gewalt nicht passiert, und insofern rufen wir wirklich alle Beteiligten dringend dazu auf, zu einem friedlichen politischen Prozess zurückzukehren.
FRAGE: Ich weiß jetzt nicht, ob Frau Demmer oder Frau Einhorn darauf antworten können. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft hat gestern, glaube ich, bekannt gegeben, dass der Handel mit Osteuropa, insbesondere auch mit Russland, trotz der jetzt wieder verlängerten Sanktionen erheblich gestiegen ist. Der Ost-Ausschuss hat auch darauf hingewiesen, dass er es fragwürdig oder merkwürdig findet, dass es einen Beschluss der EU gibt, US-Sanktionen, die gegen den Handel mit dem Iran gerichtet sind, mehr oder weniger zu ignorieren, dass es einen solchen Beschluss mit Russland, mit Osteuropa sozusagen, aber nicht gibt, obwohl der Handel mit Russland bedeutend größer ist als der mit dem Iran. Kann die Bundesregierung sich dazu irgendwie verhalten?
EINHORN: Was ist jetzt Ihre konkrete Frage?
ZUSATZFRAGE: Die konkrete Frage ist, ob die Bundesregierung sich dafür einsetzen wird, dass es einen ähnlichen Beschluss auf EU-Ebene, wie es den für den Iran-Handel gibt, um die Sanktionen der USA auszuhebeln, auch für den Handel mit Russland geben wird, da ja wie der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft jetzt feststellte bedeutend größer ist als der mit dem Iran.
EINHORN: Sie sprechen ja die extraterritorialen Sanktionen der USA an. Da ist es so das haben wir auch in der Vergangenheit immer klar gemacht , dass wir diese extraterritorialen Sanktionen ablehnen. Das gilt für alle Länder und für alle Konstellationen.
Mit Blick auf Russland ist es so, dass mit der russischen und vor allem der amerikanischen Seite Gespräche geführt werden und wir dort auch Erleichterungen oder Zusagen der amerikanischen Seite erhalten haben. Da ging es vor allem immer um die Pipeline-Projekte. Es gibt jetzt die Zusage der US-Seite, diese Pipeline-Projekte vorerst von den Sanktionen auszunehmen. Das ist der Stand, den es dort gibt. Wir sind hier natürlich mit Blick auf alle Länder, die das betrifft, und alle Projekte, die das betrifft, im Austausch mit den entsprechenden Partnern.
ZUSATZFRAGE: Der Ost-Ausschuss hat auch bemerkt, dass es diesen Aufschub quasi nur bis Oktober gibt. Er weist darauf hin, dass viele Unternehmen, die gut in Russland aktiv sind, kurz vor der Entscheidung stehen, sich aus diesem Geschäft zurückzuziehen, weil diese Sanktionen dann doch drohen.
EINHORN: Dazu, dass das nur bis Oktober befristet ist, ist mir nichts bekannt.
Sie meinen die Zusagen der US-amerikanischen Seite? – Dazu kann ich Ihnen nichts sagen.
ADEBAHR: Wenn ich vielleicht noch ganz kurz ergänzen darf: Neben anderen Dingen hat der Gipfel in Brüssel gestern die EU-Sanktionen, die wir als Europäische Union haben, um weitere sechs Monate verlängert. Also auch das dazu, was die EU in diesem Bereich gerade macht.
FRAGE JOLKVER: Frau Einhorn, ich bin jetzt stutzig geworden über die Zusagen der USA, die Gaspipeline-Projekte nicht zu sanktionieren. Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie die Zusage haben, dass die Nord Stream 2-Pipeline auf keinen Fall unter die USA-Sanktionen fallen wird?
EINHORN: Ich habe gesagt das ist das, was die USA uns zugesagt haben , dass sie vorerst auf Sanktionen gegen Gaspipelines verzichten.
ZUSATZFRAGE JOLKVER: Was meinen Sie mit „vorerst“?
EINHORN: Das ist das, was wir haben.
ZUSATZFRAGE JOLKVER: Das wäre natürlich für Gazprom eine große Überraschung, wenn sie jetzt die Pipeline bauen und es anschließend heißt: April, April. Keiner darf das Gas kaufen.
EINHORN: Es wurden ja im November 2017 diese Leitlinien zu dem CAATSA-Gesetz veröffentlicht. Also das hat die USA veröffentlicht: Leitlinien zu dem Sanktionsgesetz, das sie davor verhängt hat. Danach wird die Wartung bestehender Pipelines dauerhaft privilegiert. Das würde jetzt Nord Stream noch nicht betreffen. Aber das bedeutet, dass Altprojekten Bestandsschutz gewährt wird, und zwar Altprojekten, deren Vertragsschluss vor dem 02.08.2017 getroffen wurde.
FRAGE WACKET: Dazu hätte ich auch noch einmal eine Nachfrage. Wann ist denn diese Zusage der USA gekommen? Geht es jetzt wirklich darum, dass alles, was im unmittelbaren Zusammenhang mit der Pipeline steht, eben nicht mit Sanktionen belegt wird? Oder gilt es generell, dass man bei Vollendung oder Durchführung dieses Projektes dann auch sonst keine Sanktionen verhängt? Es wäre ja möglich, andere Gegenmaßnahmen zu verhängen.
EINHORN: Ich habe zu den Ausnahmen oder den Bestimmungen der US-Seite gesagt, dass Wartungsarbeiten und Projekte, die bis zum 02.08.2017 beschlossen wurden, ausgenommen sind. Die Gespräche mit der US-amerikanischen Seite haben stattgefunden, nachdem diese Leitlinien zur Umsetzung des Sanktionsgesetzes von der US-amerikanischen Seite veröffentlicht wurden, weil die Leitlinien teilweise nicht ganz klar formuliert waren und sie somit auch nicht umfassend Rechtssicherheit für die Unternehmen gegeben haben. Da sind wir dann noch einmal in den Dialog mit der US-amerikanischen Seite eingetreten, um das zu konkretisieren.
ZUSATZFRAGE WACKET: Und wann haben Sie dann die Mitteilung der USA bekommen, also diese Interpretation?
EINHORN: Wann wir das genau bekommen haben, das kann ich Ihnen jetzt nicht auf den Tag genau benennen. Da könnte ich noch einmal bei den Kollegen nachfragen. Das weiß ich jetzt nicht. Das können wir nachreichen. Das muss im Laufe der letzten Monate gewesen sein.
FRAGE: Eine Frage noch an Frau Adebahr: Sie haben auf die verlängerten EU-Sanktionen hingewiesen. Darf der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft das sozusagen als ein Signal der Bundesregierung verstehen auf seinen Hinweis auf die Bedeutung des Handels mit Russland? Die Bundesregierung hat sich an diesem Beschluss beteiligt.
ADEBAHR: Ja, sicher wie die anderen EU-Staaten auch. Also ich möchte das nicht als einen Hinweis an irgendjemanden verstanden wissen, sondern nur als Mitteilung der Tatsache, dass man gestern in Brüssel auch diesen Beschluss gefasst hat.
FRAGE DR. DELFS: Frau Einhorn, noch einmal ganz kurz nachgefragt vielleicht haben Sie es ja eben auch schon gesagt : Seit wann gibt es diese Zusage der amerikanischen Seite?
EINHORN: Ich bin gerade dabei, das den Kollegen zu schicken und das zu fragen. Ich hatte gerade gesagt, dass ich jetzt nicht genau sagen kann, wann diese Zusage getroffen wurde. Also es war infolge der Leitlinien, die veröffentlicht wurden und die noch nicht ganz klar ausdefiniert waren. Aber wann genau diese Gespräche zu dem Erfolg geführt haben, kann ich gerade nicht sagen.
FRAGE JOLKVER: Können Sie das bitte nachreichen?
EINHORN: Ich bin gerade schon dabei. Wenn wir noch fünf Minuten brauchen, dann habe ich das vielleicht schon. Wenn nicht, dann reichen wir das nach.
VORS. SZENT-IVÁNYI: Wir müssen das aber jetzt nicht ausreizen.
EINHORN: Nein, wir müssen nicht.
VORS. SZENT-IVÁNYI: Ich habe vorhin keine weiteren Fragemeldungen gesehen. Das bleibt auch dabei. Ich schließe die Pressekonferenz.