Krisenbogen ► RegPK vom 5. November 2018
Naive Fragen zu:
Causa Maaßen (ab 2:15 min)
– angesichts der Kontroverse, die die Rede verursacht hat, wäre es möglich, das Manuskript zu veröffentlichen? (6:40 min)
Krieg im Jemen/Waffenexporte (ab 13:20 min)
– nach den Friedensbemühungen der britischen und amerikanischen Beteiligten haben die Saudis am Wochenende Hodeihda angegriffen. Wie bewertet das die Bundesregierung?
– meine Frage bezog sich auf die Offensive der Saudis, die die Bemühungen offenbar torpedieren wollen…
– report München & der Stern hatten im September berichtet, dass deutsche Patrouillenboote zur Seeblockade des Jemen eingesetzt werden. Können Sie das mittlerweile bestätigen? (ab 21:22 min)
– Aber es wird geprüft?
Ferkelkastration (ab 28:05 min)
– haben Sie geprüft, ob die Verschiebung verfassungsmäßig wäre? Professor Jens Bülte bezeichnete ein sofortiges Verbot der betäubungslosen Kastration als unvermeidlich, da der Tierschutz als ein von der Verfassung geschütztes Gut nicht anders gewährleistet werden könne. Eine Verlängerung der im Tierschutzgesetz festgeschriebenen Frist wäre aufgrund ausreichender Alternativen verfassungswidrig (ab 30:28 min)
– aber die Problemlage ist von den Bauern ja selbst geschaffen worden…
Bankenstresstest (ab 39:42 min)
– können Sie erläutern, warum die Banken „solide“ Ergebnisse erzielt haben? (ab 40:35 min)
– gibt es noch andere Gründe für diese Bewertung?
Weißhelme (ab 41:12 min)
– wie bewerten Sie die russischen Propagandamaßnahmen gegenüber den Weißhelmen? (44:12 min)
Bitte unterstützt unsere Arbeit finanziell:
Tilo Jung
IBAN: DE36700222000072410386
BIC: FDDODEMMXXX
Verwendungszweck: BPK
PayPal ► http://www.paypal.me/JungNaiv
Fanshop ► http://fanshop-jungundnaiv.de/
Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 5. November 2018:
STS SEIBERT: Guten Tag, meine Damen und Herren auch von mir! Ich möchte für die Bundeskanzlerin und für die gesamte Bundesregierung heute ein Wort an die Freunde in Italien richten.
Wir sehen mit großer Bestürzung, welche schrecklichen Folgen Unwetter dort, und zwar vom Norden bis in den tiefen Süden des Landes, angerichtet haben. Es ist schwer zu fassen, wie sich friedliche Orte binnen kürzester Zeit in Schauplätze von Dramen verwandeln können, so wie es auf Sizilien geschehen ist, und wie es dort neun Menschen in einem Haus das Leben gekostet hat. Inzwischen ist die Rede von rund 30 Todesopfern seit Beginn dieser Unwetter. Die Bundeskanzlerin spricht den Angehörigen aller Opfer ihr Beileid aus. Sie teilt die Trauer des italienischen Volkes.
FRAGE HELLER: Ich würde gern vom Sprecher des Innenministeriums wissen, wie der konkrete Stand in der Causa Maaßen ist, ob der Minister sich schon entschieden hat, ob er Herrn Maaßen in den vorzeitigen Ruhestand schickt.
Mich würde auch interessieren, ob es richtig ist wie es in einigen Medienberichten heißt , dass Herr Maaßen von sich heraus schon beantragt, vorgeschlagen, die Bereitschaft erklärt hat, in den Ruhestand zu gehen.
SCHMIDT: Dazu kann ich Ihnen zum aktuellen Zeitpunkt sagen, dass die gestern in den Medien bekannt gewordenen Äußerungen von Herrn Maaßen auch dem BMI bekannt sind und derzeit geprüft werden. Nach Abschluss dieser Prüfungen wird Minister Seehofer die notwendigen Konsequenzen ziehen. Darüber wird der Minister in Kürze zeitnah informieren.
ZUSATZFRAGE HELLER: Darf ich Sie fragen, was das Wort „in Kürze“ heißt? Heißt das, dass er noch heute vor die Presse geht?
SCHMIDT: Ich kann Ihnen keinen genauen Zeitpunkt nennen. Das heißt, dass es zeitnah passieren wird. Auch heute wäre das noch möglich, ja.
FRAGE DECKER: Können Sie die Inhalte dieser Äußerungen von Herrn Maaßen ein bisschen präzisieren? Was ist Ihnen da konkret bekannt? Stimmt es, dass Herr Maaßen Teile der SPD als linksradikal bezeichnet hat?
SCHMIDT: Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich zu dem genauen Wortlaut der Äußerungen dieses Manuskriptes hier keine Stellung nehmen werde. Das ist Gegenstand der Prüfungen und der aktuell laufenden Bewertungen. Der Minister wird sich dazu äußern, sobald diese Prüfung abgeschlossen ist.
ZUSATZFRAGE DECKER: Es sind ja zwei Varianten im Gespräch, nämlich die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand und die tatsächliche Entlassung, die aber weit höhere Hürden hat. Können Sie einmal erläutern, was Sie wann theoretisch machen könnten, also welche Voraussetzungen da gegeben sein müssten?
SCHMIDT: Für die Entlassung oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bedarf es disziplinarischer Gründe, wenn Sie so wollen.
Für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bedarf es entsprechend § 54 Bundesbeamtengesetz einen Antrag an den Bundespräsidenten, der dann diese Versetzung in den einstweiligen Ruhestand vornimmt.
ZUSATZFRAGE DECKER: Wären die Gründe für eine Entlassung im vorgegebenen Fall theoretisch gegeben?
SCHMIDT: Darüber kann ich hier nicht spekulieren.
FRAGE STEINER: Herr Schmidt, ich würde gern von Ihnen wissen, wann das Bundesinnenministerium mit seiner Prüfung begonnen hat, also ab wann sozusagen diese umstrittene Rede dem BMI zur Kenntnis gebracht wurde? Das ist das Eine.
Zum Zweiten würde ich gern wissen, ob aus Ihrer Sicht eine Äußerung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegenüber seinen Amtskollegen, die sich auf die innenpolitischen Verhältnisse der Bundesrepublik bezieht, international den Gepflogenheiten entspricht.
SCHMIDT: Den zweiten Teil der Frage habe ich jetzt nicht ganz verstanden. Könnten Sie das noch einmal präzisieren?
ZUSATZFRAGE STEINER: Der zweite Teil der Frage lautet eigentlich: Entspricht es den Gepflogenheiten, dass Herr Maaßen, wenn er sich im Berner Club mit seinen Kollegen der Inlandsnachrichtendienste trifft, dort auch über innenpolitische Verhältnisse der Bundesrepublik referiert?
SCHMIDT: Ich tue mich ein bisschen schwer mit einer Einschätzung, ob das den Gepflogenheiten entspricht. Naturgemäß ist das ein Treffen der Chefs der Inlandsgeheimdienste. Wie Sie sich sicherlich vorstellen können, ist die öffentliche Wahrnehmung darüber naturgemäß etwas eingeschränkt. Insofern bitte ich, mir das nachzusehen, dass ich darüber jetzt nicht spekulieren kann.
Zu dem ersten Teil Ihrer Frage: Ende der vergangenen Woche haben wir Kenntnis davon erhalten und sind in diese Prüfung eingestiegen.
FRAGE JUNG: Herr Schmidt, wäre es angesichts der Kontroverse, die diese Rede jetzt verursacht hat, möglich, das Manuskript Ihrerseits zu veröffentlichen?
SCHMIDT: Darüber ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht entschieden. Wir werden auch das prüfen und Ihnen eine Entscheidung darüber mitteilen.
FRAGE WALKER: Trifft es zu, dass das Manuskript im Intranet des BfV stand? Wann wurde es Ihres Wissens dort von wem eingestellt?
SCHMIDT: Ich kann Ihnen bestätigen, dass es im Intranet des BfV stand. Aber zu einem Zeitpunkt der Einstellung kann ich Ihnen hier keine Angaben machen.
ZUSATZFRAGE WALKER: Und zur Person, die es eingestellt hat?
SCHMIDT: Nein, leider auch nicht.
ZUSATZFRAGE WALKER: Gibt es irgendwelche Gepflogenheiten, wann wer welche Reden des Präsidenten ins Intranet des BfV stellt? Gibt es da eine Geschäftsordnung?
SCHMIDT: Es tut mir leid. Das entzieht sich im Moment meiner Kenntnis.
FRAGE STEINER: Herr Seibert, an Sie die Frage: Wie hat die Kanzlerin denn das ist ja durchaus etwas, was auch schon die Kanzlerin beschäftigt hat auf diese neuerlichen Diskussionen reagiert?
STS SEIBERT: Für die Bundeskanzlerin kann ich sagen, dass sie davon ausgeht, dass der Bundesinnenminister, wie ja gerade auch angekündigt wurde, zeitnah die angemessenen Entscheidungen trifft.
FRAGE HELLER: Ich wollte noch einmal meine Frage wiederholen, ob der Verfassungsschutzpräsident schon von sich heraus die Möglichkeit des einstweiligen Ruhestandes ins Spiel gebracht hat und ob es im Verfahren überhaupt diese Möglichkeit gibt, dass der Betroffene selbst quasi die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand vorschlägt, beantragt oder was auch immer?
SCHMIDT: Ganz generell und ohne das auf diesen Einzelfall bezogen zu bestätigen kann ich Ihnen sagen, dass es natürlich für jeden Beamten die Möglichkeit gibt, sich aus dem Beamtenverhältnis entlassen zu lassen. Das ist eine ganz grundsätzliche Möglichkeit, die immer gegeben ist.
Ich darf Sie um Verständnis bitten, dass ich zu den genaueren Umständen dieses Personalfalls hier nicht weiter spekulieren werde.
FRAGE STEINER: Herr Schmidt, ich hatte die Frage anders verstanden, wenn ich ehrlich bin. Vielleicht ist es aber auch nur noch eine Nachfrage.
Die Frage bezog sich für mich ansonsten ist es jetzt meine Frage dazu auf die Frage, ob man als Beamter in einem entsprechenden Dienstverhältnis als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz oder adäquat Ähnliches auch um die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand ersuchen kann und nicht um die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis. Das eine ist, glaube ich, allen klar, dass das geht, aber natürlich mit den entsprechenden Konsequenzen.
SCHMIDT: In dem Sinne ein Ersuchen findet nicht statt. Es gibt nur die Möglichkeit, dass der Bundespräsident in den einstweiligen Ruhestand versetzt, aber in der Regel nicht auf eigenes Ersuchen des Beamten.
FRAGE WALKER: Aber „in der Regel“ heißt nicht, dass es nicht grundsätzlich ginge?
SCHMIDT: Nun, es muss schlichtweg einige Voraussetzungen geben, die mit dieser Versetzung in den einstweiligen Ruhestand einhergehen, zum Beispiel Zweifel daran, dass zwischen dem politischen Beamten, der konkret betroffen ist, und der Bundesregierung eine weitere Zusammenarbeit möglich ist.
Es gab in der Vergangenheit durchaus Fälle, in denen Beamte das können Sie beispielsweise in den Kommentierungsliteraturen dazu nachlesen von sich aus eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand ersucht haben. Das ist kein zwingender Grund, der dann dazu führen kann, dass eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand vorgenommen wird. Dazu bedarf es sozusagen von außen kommende Zweifel.
FRAGE WARWEG: Im aktuellen Abschlussbericht des UN-Sozialpaktes zur Einhaltung des Sozialpaktes weltweit geht dieser sehr kritisch mit dem Hartz IV-Sanktionsregime um und kritisiert insbesondere die Mietsätze, die Berechnungsgrundlage und weitere Aspekte. Mich würde interessieren: Teilt die Bundesregierung diese kritische Einschätzung des UN-Abschlussberichtes und plant sie, die dortigen Empfehlungen umzusetzen? Das ginge an die Regierungssprecher und an das Sozial- und Arbeitsministerium.
EHRENTRAUT: Danke für die Frage. Könnten Sie noch einmal kurz wiederholen, worum es Ihnen konkret geht? Es geht um die Sanktionen?
ZUSATZ WARWEG: Nein, mir geht es ganz grundsätzlich um diesen UN-Abschlussbericht, der sehr kritisch in Bezug auf Hartz IV ausfällt. Er kritisiert insbesondere die Mietsätze, die Berechnungsgrundlage und die Sanktionspraxis. Meine Frage war, ob die Bundesregierung in dem Fall das Sozialministerium die Kritik der UN teilt und ob sie plant, die dortigen Empfehlungen umzusetzen.
EHRENTRAUT: Grundsätzlich kann ich sagen, dass die Berechnung der ALG II-Sätze den geltenden rechtlichen Grundlagen entspricht. Da gab es ja auch verschiedene Verfassungsurteile des Bundesverfassungsgerichts.
Die Sanktionen entsprechen ebenfalls den geltenden rechtlichen Grundlagen. Aktuell das wissen Sie auch gibt es Diskussionen, ob man Jüngere stärker sanktioniert als Ältere. Da hat der Minister auch schon gesagt, dass man da zu einer Überprüfung der derzeitigen Rechtslage kommen sollte.
Grundsätzlich werden wir auch einen Zukunftsdialog zur Zukunft der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik führen. Dieser bleibt abzuwarten.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Aber ich hatte explizit zu dem UN-Abschlussbericht gefragt. Darauf sind Sie jetzt mit keiner Silbe eingegangen. Könnten Sie noch einmal präzisieren, inwieweit das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Kritik in dem Abschlussbericht teilt und ob es plant, die entsprechenden Empfehlungen umzusetzen?
EHRENTRAUT: Im Einzelnen liegen mir jetzt die ganzen Kritikpunkte und auch die Empfehlungen nicht vor. Ich habe noch einmal wiederholt, dass die geltenden Sanktionsmechanismen den rechtlichen Grundlagen entsprechen. Das gilt auch für die Berechnungen der ALG II-Regelsätze.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Aber der UN-Abschlussbericht zur Überprüfung der Einhaltung der Sozialstandards ist dem Ministerium zumindest ein Begriff?
EHRENTRAUT: Das ist uns bekannt, ja.
FRAGE JUNG: Herr Burger, Thema Jemen. Da gab es ja am Wochenende und in der Woche Entwicklungen, dass die britischen und amerikanischen Beteiligten am Jemen-Krieg gesagt haben, der müsse jetzt enden. Die Beteiligten sollten an einen Verhandlungstisch, in Schweden zum Beispiel, gelangen.
Wie bewerten Sie in dem Zusammenhang, da Sie ja auch diese Bemühungen unterstützen, die saudische Offensive auf Hodeida am Wochenende?
BURGER: Der Außenminister hat sich dazu in der letzten Woche auch geäußert. Er hat die Initiative von Seiten des amerikanischen Verteidigungs- und Außenministers ausdrücklich begrüßt und die Unterstützung der Bundesregierung für diese Initiative unterstrichen. Wir sind dazu auch im engen Gespräch sowohl mit unseren europäischen und amerikanischen Partnern. Wir nutzen aber auch unsere Gesprächskanäle in die Regionen, nach Riad, Abu Dhabi, Teheran und zu anderen Akteuren in der Region, um darauf hinzuwirken. Dabei geht es natürlich genau darum, dass die Waffen möglichst bald zum Schweigen kommen, dass es einen Waffenstillstand gibt und dass möglichst schnell die Friedensgespräche, die der UN-Sonderbeauftragte Griffiths seit vielen Monaten versucht in Gang zu bringen, stattfinden können.
ZUSATZFRAGE JUNG: Meine Frage bezog sich aber nicht auf die Friedensbemühungen, die Sie ja unterstützen, sondern auf die Offensive der Saudis vom Wochenende, die diese Bemühungen offenbar torpedieren wollen. Also sie haben ja jetzt Hodeida angegriffen.
BURGER: Es ist völlig klar: Wir sagen, wir möchten einen Waffenstillstand. Wir möchten, dass die Waffen schweigen.
Insofern ist unsere Position klar. Wir brauchen ein Weniger an Gewalt. Wir möchten eine Reduktion der Gewalt. Wir möchten, dass die Kämpfe aufhören und nicht, dass sie sich noch intensivieren.
FRAGE WARWEG: Wir hatten ja hier schon einmal das Thema, dass die gesamte saudische Luftwaffe auf britische und US-amerikanische Infrastruktur angewiesen ist vom Betanken über die Bewaffnung bis zur Koordinierung.
Planen Sie, entsprechend der Friedensbemühungen, die Sie ja kommuniziert haben, auch noch einmal bei den britischen und US-amerikanischen Partnern nachzufragen oder sie zu bitten, die Unterstützung für die saudische Bombardierung, die Invasionen, zurückzufahren?
BURGER: Also ich weiß nicht, welche Erkenntnisse Sie über die saudische Luftwaffe haben. Ich kann zur saudischen Luftwaffe hier keine Auskunft geben. Aber ich kann noch einmal wiederholen, was ich gerade gesagt habe, dass wir mit unseren europäischen und amerikanischen Partnern und auch mit den Akteuren in der Region in Kontakt sind und wir unsere Gesprächskanäle nutzen, um die Friedensbemühungen zu unterstützen und voranzubringen.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Aber es ist ja allgemein bekannt kurzer Nachsatz , dass zum Beispiel die Saudis nicht über eine Infrastruktur für die Luftbetankung verfügen. Das kommt ausschließlich aus US-amerikanischen Händen. Ähnliches gilt für Planung und Aufklärung. Das sind Sachen da bin ich mir ziemlich sicher , die auch der Bundesregierung bewusst sind. Deswegen noch einmal die Frage: Plant man da auch, entsprechende Initiativen bei den britischen und US-amerikanischen Kollegen anzuregen?
BURGER: Ich habe gerade das dazu gesagt, was ich aus Sicht des Auswärtigen Amtes dazu zu sagen habe.
STS SEIBERT: Es ist doch ganz offensichtlich und das hat ja der Kollege auch gesagt : Wir rufen alle am Konflikt Beteiligten auf, jetzt Mäßigung und Zurückhaltung walten zu lassen und sicherzustellen, dass diese neue amerikanische Initiative zu neuen Gesprächen nicht unterminiert wird. Deswegen unterstützen wir die aktuelle Initiative der USA. Wir unterstützen die Arbeit des Sondergesandten der Vereinten Nationen und natürlich des UN-Generalsekretärs. Auch Iran sollte seinen Einfluss auf die Huthi nutzen, um sie ebenso zur Mäßigung zu bewegen.
FRAGE STEINER: Ich hätte eine Frage an das Bundeswirtschaftsministerium. In dem Kontext wurde ja in den vergangenen Wochen viel über die gestoppten Rüstungsexporte (nach Saudi-Arabien) gesprochen. Erstens würde ich gern wissen, ob es da in irgendeiner Form einen neuen Stand gibt, ob sich dort irgendetwas getan hat.
Zweitens würde ich auch gern wissen, ob das Bundeswirtschaftsministerium eine eigenständige Prüfung im Bereich der Dual-Use-Güter also von Gütern, die nicht eindeutig Kriegswaffen, sondern Rüstungsgüter sind vorgenommen hat und ob dort gegebenenfalls irgendwelche Konsequenzen gezogen wurden.
EICHLER: Zum ersten Teil gibt es meines Wissens keine neuen Entwicklungen. Wir haben eine Entscheidung und arbeiten daran, sie umzusetzen.
Zum zweiten Teil: Ich bin nicht ganz sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe. Es gibt ja unter der Dual-Use-Verordnung genehmigungspflichtige und genehmigungsfreie Güter. Sie beziehen sich jetzt auf die genehmigungsfreien?
ZUSATZ STEINER: Genau.
EICHLER: Wie war noch einmal die Frage konkret dazu?
ZUSATZ STEINER: Ob Sie bei den genehmigungsfreien Dual-Use-Gütern noch einmal in eine Prüfung eingestiegen sind und ob sich in diesem Bereich eventuell auch noch Güter befinden, die Sie zukünftig unter den gegebenen politischen Voraussetzungen dennoch nicht mehr nach Saudi-Arabien exportiert sehen möchten.
EICHLER: Wir betrachten das in allen Dimensionen; das ist klar. Ansonsten gibt es bei denen ja keine Genehmigungen. Die sind nicht genehmigungspflichtig. Insofern gibt es da auch keine Genehmigungsanträge. Insofern verstehe ich jetzt nicht ganz genau, worauf Sie hinauswollen.
ZUSATZFRAGE STEINER: Ein relativ einfaches Beispiel dafür: Es gab eine Zeit, in der Überwachungstechnologie als solches nicht genehmigungspflichtig war, sofern sie nicht in den Bereich der Kriegswaffen oder der Rüstungsgüter fiel. Damals hatte der vorangegangene Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel nach dem Außenwirtschaftsrecht eine sechsmonatige Verfügung eben im Vorgriff auf Wassenaar- und Dual-Use-Verordnungsergänzungen vorgelegt. Ähnliches wäre jetzt im Fall Saudi-Arabiens möglicherweise denkbar. Dafür allerdings hätten Sie eine eigenständige Prüfung veranlassen müssen, ob denn weitere Güter darunterfallen. Ich würde gerne wissen, ob Sie eine solche Prüfung vorgenommen haben und ob dann entsprechend auch Konsequenzen gezogen wurden.
EICHLER: Einzelfälle kann ich hier leider nicht kommentieren. Grundsätzlich wissen Sie: Bei nicht genehmigungspflichtigen Gütern gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, eine Anordnung im Einzelfall zu treffen. Aber weiter kann ich das hier nicht kommentieren.
ZUSATZFRAGE STEINER: Weil Sie es nicht wissen, oder weil Sie es gerade aus rechtlichen Gründen nicht sagen können?
EICHLER: Weil ich es nicht kommentiere.
ZUSATZ STEINER: Das ist keine Antwort, die gültig ist. Es tut mir leid, das geht nicht. Entweder, Sie können und wollen es aus politischen Gründen nicht kommentieren, oder
EICHLER: Grundsätzlich kommentiere ich Einzelfälle nicht.
ZUSATZ STEINER: Ich frage ja nicht nach einem Einzelfall, sondern ich frage danach, ob Sie für Dual-Use-Güter, die eben nicht genehmigungspflichtig sind, eine Prüfung veranlasst haben. Das ist kein Einzelfall, sondern eine allgemeine Frage nach dem Handeln des Bundeswirtschaftsministeriums, nämlich danach, ob Sie da eine Prüfung veranlasst haben.
EICHLER: Eine wohin gehende Prüfung – ob die exportiert werden?
ZUSATZ STEINER: Darauf, ob es darunter Güter gibt, die unter dem Vorzeichen der aktuellen politischen Konstellation möglicherweise besser nicht mehr nach Saudi-Arabien ausgeführt werden sollten.
EICHLER: Wir prüfen alle Dimensionen, und Einzelfälle kommentieren wir nicht.
FRAGE JUNG: Frau Eichler, „report München“ und „Stern“ hatten ja im September darüber berichtet, dass deutsche Patrouillenboote Teil der Seeblockade der Saudis gegenüber dem Jemen sind, die dort zu einer Hungersnot führt. Konnten Sie mittlerweile schon recherchieren oder können Sie jetzt bestätigen, dass das so ist?
EICHLER: Das kann ich nicht bestätigen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Wie lange dauert die Prüfung noch?
EICHLER: Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Aber das wird geprüft?
EICHLER: Aus unserer Sicht sind diese Boote nicht dazu geeignet, den Hafen durch eine Seeblockade zu blockieren.
ZUSATZ JUNG: Aber wenn die Boote in den gleichen Häfen stehen und für die Blockade genutzt werden, dann liegt die Vermutung ja auf der Hand. Das müssen Sie ja dann prüfen.
EICHLER: Das sagen Sie.
ZUSATZ JUNG: Nein, das sind ja Fakten.
VORS. MAIER: Das führt offensichtlich gerade zu nichts. – Dann, würde ich sagen, ist der Kollege Heller mit einem neuen Thema dran. Bitte schön!
FRAGE HELLER: Mich würde Folgendes vonseiten des Wirtschaftsministeriums interessieren: Wir haben ja heute den Termin, an dem verschärfte US-Sanktionen gegen den Iran greifen. Wie beurteilt das Wirtschaftsministerium die Dimension dieser Sanktionen für die deutsche Wirtschaft? Wie beurteilen Sie insbesondere die Möglichkeit, deutsche Firmen, die nach wie vor Iran-Geschäfte machen möchten, schadensfrei, sage ich einmal, von US-Sanktionen zu halten?
EICHLER: Entschuldigung, können Sie die Frage noch einmal zusammenfassen?
ZUSATZFRAGE HELLER: Wie beurteilen Sie die Dimension der neuen US-Sanktionen für die deutsche Wirtschaft? Gibt es für die deutsche Wirtschaft irgendetwas, das man einen Schutz nennen kann, um gegebenenfalls einzelnen Firmen weitere Iran-Geschäfte zu ermöglichen?
EICHLER: Zu der ersten Frage: Die Sanktionen sind heute in Kraft getreten. Wir können noch keine Aussage dazu treffen, inwieweit sich das auf deutsche Firmen auswirken wird.
Wir stehen natürlich im Gespräch mit der Wirtschaft. Sie wissen: Wir haben bei uns eine Hotline, an die sich Unternehmen wenden können, die im Iran involviert sind. Die läuft weiterhin, und damit stehen wir den Firmen zur Verfügung.
STS SEIBERT: Vielleicht kann ich ganz kurz auch etwas dazu sagen. Diese in Kraft getretenen Sanktionen sind ja Ausfluss des Austritts der USA aus dem Atomabkommen. Wir haben an dieser Stelle schon oft betont, dass wir diese Entscheidung der USA sehr bedauern, sich aus dem JCPOA genannten Abkommen zurückzuziehen.
Die genauen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft können, denke ich, derzeit noch nicht vorausgesagt werden. Wir beobachten und analysieren die Lage kontinuierlich, und zwar in Abstimmung mit unseren europäischen Partnern, und wir prüfen Optionen dafür, wie wir die wirtschaftliche Basis des Abkommens erhalten und unsere Unternehmen schützen können.
Ich will aber auch in Erinnerung rufen, was die Bundeskanzlerin bereits vor einigen Wochen bei einer Pressekonferenz in Sofia dazu gesagt hat. Damals sagte sie, wenn es darum gehe „in einer umfassenden Weise die gesamte Wirtschaft zu entschädigen, können und dürfen wir keine Illusionen schüren. Wir können schauen, ob wir kleineren und mittleren Unternehmen bestimmte Erleichterungen geben.“
Es ist richtig, dass es zur Umsetzung des JCPOA, zu dem wir uns wie auch andere Partner bekennen, gehört, dass die nach europäischem Recht weiterhin legalen Geschäftsbeziehungen mit dem Iran auch möglich sein sollen. Dazu stehen wir eben mit unseren Partnern in Europa und darüber hinaus in engem Austausch. Das entspricht ja auch im Wesentlichen dem, was die drei Außenminister ich glaube, am Freitag schon in ihrem Statement betont hatten.
ZUSATZFRAGE HELLER: Um da die Conclusio zu ziehen: Ad hoc, zum jetzigen Zeitpunkt, unterliegt jede deutsche Firma, die ihre Iran-Geschäfte weiter betreibt, der Bedrohung, von US-Sanktionen betroffen zu werden. Die Schutzmechanismen sind noch nicht in Kraft. Ist das richtig?
BURGER: Wenn ich das vielleicht ergänzen darf: Wir kennen noch nicht den letztlich endgültigen Text der jetzt neu in Kraft tretenden amerikanischen Sanktionsbestimmungen. Insofern lässt sich darauf zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keine präzise Antwort geben.
FRAGE WARWEG: Aber die Fakten sind ja an sich schon gegeben. US-Außenminister Pompeo hat ja schon die deutschen Unternehmen gelobt und gesagt, allein die Ankündigung habe dafür gereicht, dass sie en masse aus dem Iran geflohen seien. Ich kann das Zitat gerne vorlesen. Aber fast jedes deutsche Unternehmen Leute, bei denen richtig Geld im Spiel ist – hat die entgegengesetzte Entscheidung getroffen.
VORS. MAIER: Entschuldigung, was zitieren Sie denn da jetzt gerade?
ZUSATZ WARWEG: US-Außenminister Pompeo.
VORS. MAIER: Also ihn?
ZUSATZFRAGE WARWEG: Einfach nur sein Statement, um klarzumachen, dass allein die Androhung von US Sanktionen seinen Worten nach schon dafür genügt hat, dass zumindest die großen deutschen Unternehmen sofort einen Rückzieher gemacht haben.
Das heißt, besonders viel Vertrauen in den Sanktionsschutz durch die deutsche Bundesregierung scheint es da ja nicht zu geben. Wie erklärt sich das die Bundesregierung?
EICHLER: Ich würde sagen: Das sind wirtschaftliche Entscheidungen, die ja auch die Unternehmen treffen. Das können wir hier nicht kommentieren. Das ist Sache der Unternehmen.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Aber es sagt ja etwas darüber aus, was den Vertrauensvorschuss in Bezug auf entsprechende Maßnahmen der Bundesregierung angeht, dass deutsche Unternehmen anscheinend kein Vertrauen darin haben, dass sie von der Bundesregierung entsprechend geschützt werden könnten. Dazu wollte ich einfach noch ein Statement haben.
STS SEIBERT: Sie haben gehört, was ich als Zitat der Bundeskanzlerin von vor ein paar Wochen hier genannt habe. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass wir das, was in Europa auf europäischem Recht basierend weiterhin legale Geschäftsverbindungen mit dem Iran sind, ermöglichen sollten, und darüber stehen wir mit den Partnern in Europa und darüber hinaus im Austausch.
FRAGE ANTHONY: An das Bundeslandwirtschaftsministerium: Es heißt, dass das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration um zwei Jahre verschoben wurde. Können Sie das zum einen bestätigen?
Zum anderen: Es gab ja schon eine fünf Jahre lange Übergangsfrist. Was will das Ministerium tun, um sicherzustellen, dass die Bauern dann innerhalb dieser zwei Jahre eine Methode gefunden haben werden?
Dritte Frage: Das ist ja eine Umsetzung einer EU-Verordnung. Welche Sanktionen könnten da drohen?
BRANDT: Zuerst einmal wissen Sie ja, dass der Koalitionsausschuss am 2. Oktober beschlossen hat, die Übergangsfrist um zwei Jahre zu verlängern. Wir haben an dieser Stelle, aber auch in Presseinformationen schon häufiger bekannt gegeben, dass wir diese verlängerte Übergangsfrist als Ministerium begrüßen. Der Grund ist, dass es einfach nicht genug verfügbare Alternativen gibt, die praxisgerecht wären.
Durch diese längere Übergangsfrist sollen alternative Methoden entwickelt werden, die betäubungslose Ferkelkastration nicht mehr möglich machen, dass die Tiere also nicht mehr Schmerzen leiden müssen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erarbeitet gerade eine Verordnung, damit die Landwirte das Narkosemittel Isofluran anwenden dürfen. Dazu müssen die Landwirte einen Sachkundenachweis in Bezug darauf erbringen, dass sie sachkundig mit dem Narkosemittel und dem Betäubungsgerät umgehen können.
ZUSATZFRAGE ANTHONY: Wie verhält es sich mit der Umsetzung der EU-Verordnung? Sieht die vor, dass man das noch einmal um zwei Jahre verlängert? Welche Sanktionen könnten da drohen?
BRANDT: Meinen Sie, noch einmal zwei Jahre länger als die zweijährige Verlängerung, die jetzt beschlossen wird?
ZUSATZFRAGE ANTHONY: Nein. Es gab ja eine fünfjährige Übergangsfrist; die war ja schon in der EU-Verordnung enthalten. Jetzt wird sie halt um zwei Jahre verlängert. Sah das auch schon die EU-Verordnung vor, oder bewegt sich das jetzt außerhalb der EU-Verordnung? Drohen damit Sanktionen?
BRANDT: Soweit ich weiß, bewegt sich das außerhalb der EU-Verantwortung oder der Regelung. Aber ich kann Ihnen zu Sanktionen im Moment nichts sagen. Ich kann schauen, ob wir dazu Informationen haben, und das dann gerne nachliefern.
FRAGE JUNG: Haben Sie die Verlängerung denn schon verfassungsmäßig geprüft? Es gibt ja Aussagen von Verfassungsrechtlern, die sagen, dass, da der Tierschutz als ein von der Verfassung geschütztes Gut angesehen wird, diese Verlängerung mangels ausreichender Alternativen verfassungswidrig wäre.
BRANDT: Wir gehen davon aus, dass das verfassungsgemäß ist. Der parlamentarische Gesetzgeber kann auf Problemlagen reagieren und Änderungen an einem bereits gesetzlich geregelten Tierschutzkonzept vornehmen. Deshalb sind wir eben der Meinung, dass das verfassungsgemäß ist.
ZUSATZ JUNG: Aber die Problemlage ist ja von den Bauern selbst geschaffen worden. Das ist ja deren Problem.
BRANDT: Was soll ich Ihnen jetzt dazu sagen?
VORS. MAIER: Was ist die Frage, Kollege Jung?
ZUSATZ JUNG: Ja.
VORS. MAIER: Dann vielleicht der Kollege in der achten Reihe!
FRAGE: Sie sagten, dass Sie dafür sorgen wollten, dass das Mittel Isofluran künftig eingesetzt werden kann. Meines Wissens hat das keine arzneimittelrechtliche Zulassung. Wie wollen Sie den Hersteller dazu bewegen, dass er die in Deutschland beantragt?
BRANDT: Wir gehen davon aus, dass die Genehmigung in Kürze vorliegen wird.
ZUSATZ: Bisher ist das gar nicht beantragt. Der Hersteller hat das ja gar nicht beantragt!
BRANDT: Zu dem Antrag kann ich nichts sagen. Wir gehen davon aus, dass das demnächst vorliegen wird.
ZUSATZFRAGE: Die Beantragung des Herstellers, dass man das nutzen darf?
BRANDT: Zu dem Hersteller kann ich Ihnen nichts sagen, sondern ich sage, dass die Genehmigung demnächst vorliegen wird.
ZUSATZFRAGE: Welche Genehmigung?
BRANDT: Dafür, dass die Landwirte Isofluran anwenden können.
ZUSATZ: Das Mittel ist in Deutschland bisher gar nicht zugelassen!
BRANDT: Genau. Wir warten jetzt auf die Zulassung, und wir arbeiten parallel an der Verordnung, damit die Landwirte Isofluran nach einem Sachkundenachweis anwenden können.
FRAGE STEINER: Frau Brandt, dann muss ich doch noch einmal nachfragen. Reden Sie jetzt von einer Verlängerung der Übergangsfrist um zwei Jahre und sagen, Ihr präferierter Weg sei jetzt, dass die Landwirte ein Mittel zur Betäubung einsetzen, für das der Hersteller bislang keine Zulassung beantragt hat?
BRANDT: Wir sagen nicht, dass das unser präferierter Weg ist. Wir sagen: Die Landwirte sollen zwischen den Wegen wählen können. Aber wir bereiten gerade diese Verordnung vor oder arbeiten an ihr.
ZUSATZFRAGE STEINER: Aber sozusagen für ein Mittel, dessen Zulassung noch aussteht?
BRANDT: Die Zulassung ist noch nicht da. Wir gehen davon aus
ZUSATZFRAGE STEINER: Mit welchem Zeithorizont rechnen Sie?
BRANDT: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Aber wir gehen davon aus, dass das in Kürze vorliegen wird.
FRAGE WARWEG: Eine parlamentarische Kleine Anfrage hat ergeben, dass die Bundesregierung ca. 40 Millionen Euro in der Provinz Idlib investiert. Die Provinz Idlib wird bekanntermaßen hauptsächlich von al-Nusra-nahen Milizen dominiert. Mich würde interessieren: Sind diese Geldzahlungen an eine Rebellenhochburg mit der syrischen Regierung abgesprochen und koordiniert? Die Frage geht an das Auswärtige Amt und, wenn möglich, auch an das BMZ.
BURGER: Das Auswärtige Amt unterstützt politische Prozesse in Krisensituationen, um die Lösung von bewaffneten Konflikten zu fördern. In Syrien bedeutet das für uns, durch ganz konkrete Förderung Verwaltungs- und zivilgesellschaftliche Strukturen zu erhalten, damit in Abwesenheit des syrischen Staats kein völliges Vakuum entsteht und eine Grundversorgung gewährleistet ist. Das ist wichtig für die Menschen vor Ort, aber auch für die Perspektive des Landes.
Unser Stabilisierungsengagement soll dazu beitragen, die Bedingungen für einen politischen Prozess zur Lösung des Syrien-Konflikts zu verbessern. Das heißt, wir befördern den politischen Prozess unter Führung der Vereinten Nationen als einzig legitimem Referenzrahmen mit folgenden drei Schwerpunkten: erstens mit der Unterstützung der Genfer Gespräche, zweitens durch den Erhalt von Basisdienstleistungen in Oppositionsgebieten und in Gebieten, die vom IS befreit worden sind, und drittens unterstützen wir Initiativen zur Konfliktlösung und Vergangenheitsbewältigung.
Konkret liegt der Schwerpunkt unserer Unterstützung in der Region Idlib auf dem Schutz der Zivilbevölkerung, der Aufrechterhaltung ihrer Grundversorgung und der Stärkung unabhängiger ziviler Akteure. Dabei geht es zum Beispiel um die Lieferung von Gesundheitsequipment an dieses Krankenhaus, um Tafeln und Stifte für Schulen, um landwirtschaftliche Geräte und um Verwaltungstrainings.
Dabei möchte ich hervorheben: Im Rahmen unserer Unterstützung für die syrischen Oppositionsgebiete arbeiten wir mit lokalen Nichtregierungsorganisationen und mit zivilen lokalen Verwaltungsstrukturen zusammen. Die Bundesregierung unterstützt keine bewaffneten Gruppierungen, und wir stellen über projektspezifische Sicherheitsvorkehrungen und Monitoringsysteme auch sicher, dass bewaffnete Gruppierungen nicht indirekt von unseren Programmen profitieren.
STS SEIBERT: Das gibt mir die wunderbare Gelegenheit, wenn ich darf, einmal hervorzuheben ich kann Ihnen die Materialien dafür dann auch gerne zur Verfügung stellen, weil ich weiß, dass Sie das interessieren wird , dass Deutschland in dem sogenannten Krisenbogen Syrien der größte bilaterale Geber ist. Mit „Krisenbogen Syrien“ meinen wir Syrien, die Türkei, den Libanon, Jordanien und den Irak. Zwischen 2012 und 2017 hat Deutschland rund 5,7 Milliarden Euro für diesen Krisenbogen zur Verfügung gestellt, davon 3,3 Milliarden Euro durch das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit. Für 2018 stehen nach heutigem Planungsstand für diesen Krisenbogen noch einmal 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung.
Ich finde, das ist eine interessante Information, und daran kann man dann ich gebe Ihnen das gerne genau sehen, wie wir die lokale Verwaltung stärken, so zum Beispiel in Syrien die Wasserversorgung, die Abwasser- und Abfallentsorgung, die Landwirtschaft, beschäftigungsfördernde Maßnahmen, Gesundheit, Bildung, Stärkung der Zivilgesellschaft usw.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Das sind ja alles sehr löbliche Projekte, aber wie sichert die Bundesregierung in der Region Idlib, die selbst der US-Sondergesandte für die Anti-IS-Koalition als größten Rückzugshafen von Al-Qaida seit 9/11 bezeichnet. Wie sichern Sie bei diesen enormen Geldsummen, dass dies nicht in die Hände von al-Nusra-nahen Milizen kommt? Das ist ja eine Provinz, die einheitlich, auch von westlichen Militäranalysten, als dominiert von al-Nusra-nahen Milizen bezeichnet wird, und die Bundesregierung pumpt da dann über 40 Millionen Euro rein. Können Sie mir noch einmal darlegen, wie Sie sicherstellen, dass dieses Geld nicht an entsprechende Milizen geht?
Die zweite Nachfrage, die mir Herr Burger noch nicht beantwortet hat zumindest nicht direkt : Das heißt, diese ganzen Gelder werden nicht koordiniert mit der legitimen syrischen Regierung, sondern man geht in ein Bürgerkriegsland, lässt die Regierung außen vor und pumpt Millionen in eine Rebellenhochburg? Können Sie das noch einmal näher präzisieren?
BURGER: Ich glaube, Ihre Formulierung, wir würden Millionen irgendwo reinpumpen, geht völlig an der Realität vorbei. Wir fördern ganz spezifische Projekte ziviler Gruppen, die wir kennen, und wir überwachen durch eigens dafür geschaffene Monitoringmechanismen und Sicherheitsvorkehrungen, dass die sehr projektspezifischen Mittel, die wir dort vergeben wie gesagt für Dinge wie Getreidemühlen oder Schulmaterialien , nicht in die Hände von bewaffneten Gruppierungen geraten. Denn wenn Sie sich so gut in dieser Region auskennen, dann wissen Sie auch, dass dort eine Lage vorherrscht, in der sich von Dorf zu Dorf sehr stark unterscheidet, welche Gruppierung wo tatsächlich die Kontrolle ausübt.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich gerne ausführen: Da sollte man vielleicht auch in Rechnung stellen, dass die syrische Regierung über viele Jahre in den von ihr nicht kontrollierten Gebieten Syriens jegliche humanitäre Unterstützung, die über die Grenzen hinweg geleistet werden sollte, untersagt hat, dem nicht zugestimmt hat, bis sie vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu genötigt wurde, solche Cross-border-Lieferungen in diese Gebiete zuzulassen. Da geht es um überlebensnotwendige Lebensmittelhilfe, um Medikamente. Die syrische Regierung hat Lieferungen in diese Gebiete solange nicht zugestimmt, bis der Sicherheitsrat sie dazu genötigt hat. Das beantwortet vielleicht auch Ihre Frage nach der Abstimmung mit dem syrischen Regime bei der lebensnotwendigen Unterstützung, die wir in diesen Gebieten leisten.
ZURUF WARWEG: (akustisch unverständlich)
VORS. MAIER: Entschuldigung, Ihr Mikrofon ist gerade zu. Ich habe das auch deshalb gemacht, weil mir das hier jetzt ein bisschen zu Es sind ja auch noch andere Kollegen hier, die eine Frage haben.
ZURUF WARWEG: Es gibt ja ein Recht auf Nachfragen.
VORS. MAIER: Ja, und das haben Sie ja auch weidlich genutzt, würde ich einmal sagen, oder? Dann ist jetzt der Kollege Herr dran bitte schön.
FRAGE HELLER: Ich würde gerne vom Bundesfinanzministerium eine kurze Einordnung der Ergebnisse des Bankenstresstests in Europa und insbesondere des relativ schwachen Ergebnisses der deutschen Institute haben.
Anknüpfend daran würde ich gerne wissen: Macht sich die Bundesregierung insbesondere über die Position des marktführenden deutschen Instituts, der Deutschen Bank, Sorgen? Das Ergebnis der Deutschen Bank wurde ja auch nicht als so glänzend beurteilt.
WOGATZKI: Wie Sie wissen, gehören die regelmäßigen Stresstests zum normalen Handwerkszeug der modernen Bankaufsicht. Unser Eindruck ist, dass sich die deutschen Banken insgesamt solide geschlagen haben. Ich bitte um Verständnis, dass wir hier zu einzelnen Instituten keine Stellung nehmen wollen.
FRAGE JUNG: Können Sie auch erläutern, warum sie solide Ergebnisse erzielt haben?
WOGATZKI: Weil die Zahlen nahelegen, dass die deutschen Institute ein ausreichendes Polster aufweisen, um dem Stress bei Verschlechterungen der Lage, wie sie in den Stresstests simuliert werden, gerecht zu werden.
ZUSATZFRAGE JUNG: Gibt es noch andere Gründe für die Bewertung?
WOGATZKI: Nein, das ist die Bewertung.
FRAGE WARWEG: Ich hätte noch eine Verständnisfrage im Großkontext Syrien, und zwar zur Causa der Weißhelme. Sowohl das Auswärtige Amt als auch das BMI haben nach der Evakuierung offizielle Presseerklärungen herausgegeben, teilweise eine Woche nach der Evakuierung, in denen sehr deutlich gesagt wurde: Die Weißhelme wurden evakuiert und wir werden acht Weißhelme aufnehmen. Dann gab es drei Monate lang erst einmal wenig Kommunikation, und dann hieß es plötzlich: Ups, von den acht Weißhelmen haben es fünf nicht über die Grenze geschafft. Wie erklärt das Auswärtige Amt und wie erklärt das BMI dieses Kommunikationsloch zwischen der Rettung am 21. Juli, der Aussage am 24. Juli „Jawohl, sie sind über die Grenze, sie sind gerettet, wir nehmen sie auf“, dann drei Monate nichts,
VORS. MAIER: Die Frage ist, glaube ich, klar.
FRAGE WARWEG: und dann heißt es „Sie sind verschwunden“?
BURGER: Ich glaube nicht, dass da ein Kommunikationsloch war. Ich glaube, alle Fragen, die Sie dazu hatten, hat der Kollege vom BMI hier in der letzten Woche beantwortet.
ZUSATZ WARWEG: Meine Frage ging ja an das AA.
BURGER: Trotzdem ist die Frage in der letzten Woche vom BMI beantwortet worden.
ZUSATZ WARWEG: Wurde sie nicht.
VORS. MAIER: Dann lassen Sie doch vielleicht den Sprecher des Bundesinnenministeriums einmal antworten.
SCHMIDT: Ich kann das, was ich in der vergangenen Woche gesagt habe, gerne wiederholen. Ich habe versucht, Ihnen zu erläutern, dass in der Tat in der Krisenregion dort die Informationslage manchmal ein bisschen schwierig war. Das heißt, auch zum Zeitpunkt dieser Evakuierung ist nicht immer klar, ob die Informationen, die auch wir hier erhalten, vollständig und richtig sind. Darüber hinaus haben wir das auch noch einmal nachgeschaut, und wir haben zumindest hier in der Regierungspressekonferenz ganz bewusst darauf hingewiesen, dass wir Ihnen keine Auskunft über den aktuellen Aufenthaltsort der Weißhelme geben werden, um eben die Evakuierungsoperation und auch die Personen nicht zu gefährden. Am Ende des Ganzen stellt es sich jetzt in der Tat so dar, dass nicht alle der acht, die ursprünglich für Deutschland vorgesehen waren, das Land verlassen konnten.
ZUSATZFRAGE WARWEG: Dennoch eine Nachfrage: Die Bundesregierung hat ja auch gegenüber Jordanien zumindest ist das die jordanische Darlegung eine Sicherheitsgarantie gegeben, dass sie mehrere Weißhelme übernehmen wird. Wenn diese fünf es jetzt nicht über die Grenze geschafft haben: Wieso beschränkt sich die Bundesregierung auf die Übernahme von nur drei Weißhelmen, wenn weit über 200 Weißhelme das sind zumindest die Zahlen, die mir vorliegen gerettet worden sind? Das entspräche ja auch den diplomatischen Gepflogenheiten. Man hat eine Garantieerklärung an die Jordanier gegeben und auch insgesamt die Weißhelme entsprechend gewürdigt. Wieso findet jetzt keine weitere Aufnahme von Weißhelmen unter der versprochenen Zahl von acht statt?
SCHMIDT: Ich kann dazu vielleicht noch ergänzen, dass das die ursprüngliche Verabredung war und sich diese auf ganz konkrete acht bezog. Dass das nicht erreicht worden ist, führt also nicht zu einer Wiederauffüllung dieses Kontingents. So war die ursprüngliche Vereinbarung, und so ist es auch durchgeführt worden.
FRAGE JUNG: Herr Burger, wie bewertet die Bundesregierung die russischen Propagandamaßnahmen gegenüber den Weißhelmen?
BURGER: Wir haben hier immer wieder darauf hingewiesen, dass es vonseiten des syrischen Regimes und auch vonseiten seiner Unterstützer Desinformationskampagnen gibt, die die Arbeit der Weißhelme in Syrien diskreditieren soll. Sie sind immer wieder als Terroristen oder als Unterstützer von Terroristen bezeichnet worden und ihr unheimlich wichtiger Hilfseinsatz zur Rettung von Menschenleben ist infrage gestellt worden. Das ist aus unserer Sicht eine Desinformationskampagne, die dazu dient, eine sehr verdienstvolle und wichtige Organisation in Misskredit zu bringen.