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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 6. Mai 2019

Themen: Raketenbeschuss durch die Hamas auf Ziele in Israel, Versorgungssicherheit beim Öl, Verlegung von Flugzeugträgern der USA in den Persischen Golf, Nationale Industriestrategie 2030, Auskunftsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung, Lage in Venezuela, Steuerschätzung, Treffen des amerikanischen Außenministers mit seinem russischen Amtskollegen, CO2-Bepreisung, Abschuss von Wölfen in Deutschland, Wahl zur Bremischen Bürgerschaft, mögliche Einführung einer Impfpflicht gegen Masern

Naive Fragen zu:
Gaza (ab 0:54)
– wie bewertet die Bundesregierung die Bombardements der Israelis auf Gaza? Ist das verhältnismäßig? (ab 1:25)
– Ist es angemessen zu bombardieren?

Iran vs USA (ab 3:05)
– wird sich Deutschland als Mitglied des UN-Sicherheitsrats auf der Ebene um Klärung bemühen, vielleicht eine Sondersitzung einberufen oder Sonstiges? (ab 8:08)
– Können Sie als Mitglied eine Sitzung beantragen, wenn schon nicht einberufen?

Regierungsantworten (ab 11:11)
– wenn ich Sie richtig verstehe, dann hat die Qualität der Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen in den letzten Jahren nicht abgenommen? (ab 13:10)

Venezuela (ab 14:00)
– wie beurteilen Sie den jetzt offenbar gescheiterten letzten Versuch von Guaidó, die Macht zu erlangen?
– Wie bewerten Sie denn die Vorgehensweise von Herrn Guaidó und seinen Alliierten in Venezuela?

CO2-Steuer (ab 19:02)
– gibt es ein CO2-Bepreisungsmodell aus Nachbarländern, das als Vorbild dienen könnte und das Sie gut finden? (ab 27:19)

Wölfe (ab 28:55)
– Ich wüsste gern vom Landwirtschaftsministerium, welche Änderungen Sie aktuell in Sachen Wolfsabschuss und Regulierung der Zahl von Wölfen vorhaben, die nicht illegal wären, die also nicht aktuell geltendes Recht brechen würden.
– Ist es richtig, dass Sie aktuell nichts fordern, das nicht Recht brechen würde, das also nicht EU-Recht, Artenschutzrecht, Naturschutzrecht, sowohl deutsches als auch EU-Recht, brechen würde? Ist das korrekt?
– Können Sie uns sagen, wie viele Schafsrisse es vergangenes Jahr in Deutschland gab und welchen Anteil daran Wölfe gehabt haben sollen?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 6. Mai 2019:

SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung verurteilt den Raketenbeschuss durch die Hamas auf Ziele in Israel auf das Schärfste. Es kann für diese Gewalt gegen unschuldige Zivilisten keine Rechtfertigung geben. Israel hat das Recht, seine Sicherheit zu verteidigen und auf Angriffe angemessen zu reagieren. Es ist nun entscheidend, dass der heute früh vereinbarte Waffenstillstand hält und eine weitere Verschärfung der Lage vermieden wird.

FRAGE JUNG: Frau Demmer, wie bewertet die Bundesregierung die Bombardements der Israelis auf Gaza? Ist das verhältnismäßig?

SRS’IN DEMMER: Ich kann nur noch einmal wiederholen: Israel hat das Recht, seine Sicherheit zu verteidigen und auf Angriffe angemessen zu reagieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist es angemessen zu bombardieren?

SRS’IN DEMMER: Ich kann mich hier nur wiederholen.

FRAGE JOLKVER: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Die Ölpipeline Druschba ist ja defekt, was zu bestimmten Schwierigkeiten in Polen geführt hat. Sie mussten ihre Ölreserven anzapfen. Wie ist es in Deutschland? Werden auch in Deutschland Ölreserven angezapft, um den Bedarf in Ostdeutschland befriedigend zu decken, vor allem in Leuna und in Schwedt?

EICHLER: Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist sicher. Im Moment gibt es dafür keinen Anlass. Wir gehen davon aus, dass dieses Problem zeitnah behoben werden kann.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Das heißt, die Notreserven werden im Moment nicht angezapft?

EICHLER: Im Moment ist die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Wie schätzen Sie generell die Lage mit dieser Pipeline ein?

EICHLER: Das ist spekulativ. Dazu möchte ich jetzt hier keine Einschätzung abgeben.

FRAGE TOWFIGH NIA: Eine Frage an Herrn Burger zum Thema USA/Iran: Die Vereinigten Staaten haben heute ihren Flugzeugträger und ihre Kampfflugzeuge in den Persischen Golf vor die iranische Küste verlegt. Wie besorgt ist die Bundesregierung, dass es zu einem Krieg zwischen Iran und den USA kommen kann?

BURGER: Wir haben diese Ankündigung zur Kenntnis genommen. Die Haltung der Bundesregierung ist bekannt. Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass die vollumfängliche Umsetzung der Wiener Nuklearvereinbarung mit Iran unverzichtbar für mehr Stabilität und Sicherheit im Nahen und Mittleren Osten ist. Wir sind auch der Meinung, dass dieses Abkommen deshalb so wichtig ist, weil es einen Beitrag zur Deeskalation und zur Berechenbarkeit leisten kann und weil es Gesprächsformate schafft, die dabei helfen können, Spannungen abzubauen. Das Abkommen ist vor allem aber die Gewährleistung dafür, dass Irans nukleare Aktivitäten ausschließlich friedlichen Zwecken dienen.

Das haben die drei Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens und die Hohe Vertreterin der EU auch am Samstag in einem Statement bekräftigt, was Sie vielleicht gesehen haben. Wir haben darin auch die jüngsten Entscheidungen der USA zur Nicht-Verlängerung der Waiver für die Öl-Sanktionen und zu den Nuklear-Waivern bedauert und mit Sorge zur Kenntnis genommen, weil das die weitere Umsetzung des JCPOA erschwert.

Insofern: Unsere Bemühungen als Bundesregierung richten sich darauf, das JCPOA zu erhalten und gleichzeitig auch problematische Themen wie die regionale Rolle des Iran und seine Aktivitäten im Bereich der Raketen und der Proliferation nicht auszuklammern.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Herr Burger, meine Frage war nicht zum Nuklearvertrag. Da weiß ich ja, was die Position der Bundesregierung ist.

Meine Frage war jetzt konkret zu der Verlegung des Flugzeugträgers und der Kampfflugzeuge. Es ist ja eine neue Eskalationsstufe, in der es zu einem Krieg kommen könnte. Noch einmal: Sind Sie besorgt, dass es zu einem Kriegsausbruch kommt oder sehen Sie das ganz gelassen?

BURGER: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich über diese Ankündigung hinaus ich habe gesagt, wir haben sie zur Kenntnis genommen hier nicht weiter äußern kann, weil mir über die Ankündigung hinaus keine näheren Informationen dazu vorliegen.

FRAGE REMME: Herr Burger, ich würde dann aber gern doch noch einmal nachfragen. Es müsste doch eigentlich für Sie möglich sein, eine Einschätzung zu geben, ob die Verlegung von Flugzeugträgern und Bomberstaffeln an den Persischen Golf für Sie ein Zeichen der Eskalation ist, wenn wir eh schon über diesen Problemkreis Iran reden.

Gleich eine andere Frage hinterher: Mike Pompeo wird morgen ja in Berlin erwartet. Wird dieses Thema auf der Agenda stehen?

BURGER: Ich habe Ihnen gesagt, wie die Grundhaltung der Bundesregierung zum Verhältnis zu Iran und zur Lage in der Region ist, was unsere Bemühungen sind, um dort zu einer Deeskalation beizutragen. Ich habe Ihnen auch gesagt, dass wir die amerikanischen Ankündigungen zur Kenntnis genommen haben.

Aber darüber hinaus habe ich dazu keinen weiteren Kommentar zu diesem Zeitpunkt. Ich will auch nicht den Gesprächen des Außenministers mit seinem amerikanischen Amtskollegen morgen Nachmittag vorgreifen. Sie werden ja vielleicht im Anschluss an das Gespräch selbst die Gelegenheit haben, dort die Frage zu stellen.

FRAGE: Sie haben schon teilweise die Frage, die ich gern gestellt hätte, beantwortet. Aber es geht jetzt um Äußerungen von Herrn Grenell hier in Berlin. Erneut hatte er sich dazu geäußert, dass die Verteidigungsausgaben erhöht werden sollen. Das zum einen.

Zum anderen vielleicht an die Adresse des Verteidigungsministeriums die Frage: Wie sieht man jetzt diese neue Eskalationsstufe durch die Verlegung des Flugzeugträgers? Ist das militärisch überhaupt in Deutschland ein Thema?

FLOSDORFF: Nein.

ZUSATZFRAGE: Das ist kein Thema für Bundeswehr? Gut.

Vielleicht können Sie etwas zu den Äußerungen von Herrn Grenell sagen?

BURGER: Ich habe jetzt nicht vor, einzelne Äußerungen des amerikanischen Botschafters hier zu kommentieren.

Der Außenminister hat sich zu der Frage der Verteidigungsausgaben und der Zusagen, die wir dazu im Rahmen der NATO gemacht haben, am Rande des NATO-Außenministertreffens Anfang April sehr deutlich geäußert. Die Bundesregierung steht zu den Zusagen, die sie gemacht hat. Daran hat sich auch nichts geändert.

FRAGE JUNG: Herr Burger, wird sich Deutschland als Mitglied des UN-Sicherheitsrats auf der Ebene um Klärung bemühen, vielleicht eine Sondersitzung einberufen oder Sonstiges?

BURGER: Ich habe heute keine Ankündigung in diesem Kontext zu machen. Sie wissen, unsere Zeit als Vorsitz des UN-Sicherheitsrats ist mit Ablauf des Monats April zu Ende gegangen. Insofern sind wir nicht mehr diejenigen, die Sitzungen des Sicherheitsrats einberufen. Der Sicherheitsrat befasst sich auch aufgrund seiner Resolutionen, die es zum Thema Iran gibt, auch zum JCPOA, ohnehin immer wieder mit der Situation im Iran. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wann da die nächste Befassung vorgesehen ist.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie als Mitglied eine Sitzung beantragen?

BURGER: Wie gesagt: Ich kann da im Moment nichts ankündigen.

ZURUF JUNG: Das ist eine Lernfrage. Können Sie als Mitglied eine Sitzung beantragen, wenn schon nicht einberufen?

BURGER: Meine Kenntnis ist, dass es die Möglichkeit gibt, eine Sitzung des Sicherheitsrats zu beantragen, nicht nur für Mitglieder des Sicherheitsrats, sondern auch für andere Staaten. Ob eine solche Sitzung dann stattfindet oder nicht, darüber entscheiden die Mitglieder des Sicherheitsrates dann per Mehrheit.

FRAGE JESSEN: Herr Burger, Sie sagten vorhin, Sie würden morgen möglicherweise selbst Gelegenheit haben, Fragen zu stellen. Das bedeutet, es gibt eine Pressekonferenz? Vielleicht ist sie schon angekündigt. Ich habe die Mitteilung noch nicht erhalten.

BURGER: Die Vorstellung war, dass die Einladung zu dieser Pressekonferenz schon vor dieser Pressekonferenz verteilt werden sollte. – Einige im Saal nicken.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Alles gut. Danke.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Burger, es gibt iranische Medienberichte, wonach es Evakuierungspläne für die deutsche Botschaft in Teheran gibt. Können Sie solche Pläne zum jetzigen Zeitpunkt bestätigen?

BURGER: Nein, das kann ich nicht bestätigen.

FRAGE: Ich hätte eine Frage an das Bundeswirtschaftsministerium in Sachen Nationaler Industriestrategie: Wie reagiert denn das BMWi auf die anhaltende Kritik, dass diese Idee der Förderung nationaler Champions möglicherweise zulasten des deutschen Mittelstandes gehen könnte? Da gibt es ja erneute Kritik. Gibt es eine neue Position des BMWi dazu?

EICHLER: Wie Sie wissen, findet jetzt im BMWi die Konferenz zur Nationalen Industriestrategie statt. Da war ein Teil heute Vormittag ja auch schon presseöffentlich. Heute Nachmittag wird es voraussichtlich gegen 13.45 Uhr ein Pressestatement von Herrn Altmaier geben. Deshalb haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich mich dazu jetzt nicht äußere.

FRAGE HEIL: Meine Frage richtet sich an Frau Demmer und an alle anderen, die sich bemüßigt fühlen.

Frau Demmer, das Auskunftsrecht des Bundestages genießt Verfassungsrang. Wir hören aber von allen Oppositionsfraktionen, dass es eine massive Unzufriedenheit mit der Beantwortung von Kleinen Anfragen gibt. Da werden Fristen nicht eingehalten. Da wird ausweichend und unzureichend geantwortet, so der Vorwurf.

Meine Frage an Sie ist, inwieweit Sie das als Problem sehen, inwieweit die Bundesregierung bereit ist, da vielleicht nachzubessern und diesem Auskunftsrecht des Parlaments weiter nachzukommen.

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen nur Recht geben. Das Auskunftsrecht ist ein sehr wichtiges. Deshalb nehmen wir das auch sehr ernst. Trotzdem geht es ja auch immer darum, wirklich gute Antworten zu geben. Da die Antworten häufig zwischen verschiedenen Ressorts abgestimmt werden müssen, dauert das manchmal seine Zeit. Aber ich kann Ihnen versichern, dass jede Menge Menschen in der Bundesregierung sehr hart und sehr eifrig daran arbeiten, diese Anfragen innerhalb der Fristen zu beantworten.

ZUSATZFRAGE HEIL: Es geht nicht nur um die Frist. Es geht insbesondere darum, dass auf spezielle, konkrete Fragen nicht wirklich eingegangen wird.

Es war ein Beispiel dabei. Darin wurde die Bundesregierung gefragt, welche Ausgleichsmaßnahmen sie denn plant, um die Bodenbiologie zu erhalten. Die Antwort war: Der landwirtschaftliche Betrieb soll Anbausysteme durchführen können, die die Bodenbiologie erhalten. Da ist ja nicht wirklich darauf eingegangen worden, was genau die Bundesregierung plant.

SRS’IN DEMMER: Ich kann jetzt mit Ihnen nicht in die Exegese einzelner Kleiner Anfragen gehen. Aber ich kann Ihnen versichern: Die Bundesregierung nimmt das sehr ernst und arbeitet sehr gewissenhaft an der Beantwortung dieser Fragen.

ZUSATZFRAGE HEIL: Aber wie erklären Sie sich dann, dass das in jeder Sitzung des Ältestenrats ein Thema ist und die Opposition sagt: So, wie es jetzt ist, war es in der Vergangenheit wirklich noch nicht?

SRS’IN DEMMER: Ich war nicht in der Sitzung des Ältestenrates dabei. Deswegen kann ich dazu keine Stellung nehmen. Ich kann Ihnen hier nur versichern, dass die Bundesregierung dieses Thema sehr ernst nimmt.

FRAGE JUNG: Frau Demmer, wenn ich Sie richtig verstehe, dann hat die Qualität der Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen in den letzten Jahren nicht abgenommen?

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen nur vom Status quo berichten, dass wir das sehr, sehr ernst nehmen. Ich habe jetzt ja keinen Überblick über die Beantwortung der Kleinen Anfragen in den letzten Dekaden. Ich gehe davon aus

ZURUF JUNG: Es ging gerade um die letzten Jahre. Hat die Qualität der Antworten auf Parlamentarische Anfragen nicht abgenommen?

SRS’IN DEMMER: Eine Bewertung der Qualität der Anfragen steht Ihnen frei. Ich kann hier nur immer wieder versichern, dass die Bundesregierung dieses Thema sehr ernst nimmt.

FRAGE JUNG: Zur Lage in Venezuela: Herr Burger, wie beurteilen Sie den jetzt offenbar gescheiterten letzten Versuch von Guaidó, die Macht zu erlangen?

BURGER: Ihre Charakterisierung der Lage mache ich mir jetzt nicht zu Eigen. Unser Interesse und unser Wirken zielen weiterhin darauf ab, dass der Interimspräsident Juan Guaidó freie und faire Wahlen einleiten kann, die dann dazu führen, dass das venezolanische Volk die Gelegenheit hat, selbst über seine Zukunft und seine Regierung zu bestimmen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie bewerten Sie denn die Vorgehensweise von Herrn Guaidó und seinen Alliierten in Venezuela?

BURGER: Der Außenminister hat sich ja auch am Rande seiner Lateinamerika-Reise dazu geäußert. Er hat gesagt: Für uns ist entscheidend, dass die politische Auseinandersetzung in Venezuela friedlich geführt wird, dass es nicht zu Gewalt kommt und dass die verfassungsmäßige Ordnung so wiederhergestellt wird, dass der Weg zu neuen Wahlen freigemacht wird.

FRAGE JESSEN: Herr Guaidó hat ja angekündigt, dass er gegebenenfalls das Angebot der USA militärisch einzugreifen, der Nationalversammlung zur Abstimmung unterbreiten werde.

Haben Sie eigene Erkenntnisse darüber, wie diese Nationalversammlung in Venezuela eigentlich tagt? Sie wurde ja von Seiten der Maduro-Regierung sozusagen durch ein anderes Gremium ersetzt. Kann die Nationalversammlung tatsächlich frei tagen und entscheiden und nach Ihrer Kenntnis auch darüber entscheiden, ob sie ein solches Angebot annimmt?

BURGER: Dazu müsste ich Ihnen gegebenenfalls eine Einschätzung nachliefern, wenn wir das können.

FRAGE WACKET: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium. Ist es richtig, dass man bei den Steuern erhebliche Mindereinnahmen, also weniger Einnahmen als noch im Oktober geschätzt, für die nächsten vier Jahren erwartet? Die Rede ist von einer Lücke von ungefähr 75 Milliarden.

KOLBERG: Minister Scholz wird am Donnerstag über die Ergebnisse der Steuerschätzung informieren, wie üblich im Rahmen einer Pressekonferenz. Dem kann ich hier nicht vorgreifen.

Darüber hinaus kann ich auf das verweisen, was er gestern in einem Interview dem „Deutschlandfunk“ gesagt hat. Er hat betont, dass wir gut vorbereitet sind und dass bei der bisherigen Planung für den Haushalt des nächsten Jahres und die Finanzplanung die nicht mehr so starken Wirtschaftsdaten des Jahresanfangs zugrunde gelegt wurden.

FRAGE FIRSOVA: Ich habe eine Frage an Herrn Burger im Zusammenhang mit dem Besuch von Herrn Pompeo. Herr Pompeo trifft heute den russischen Minister Lawrow in Finnland. Was erwartet man im Auswärtigen Amt von diesem Treffen?

BURGER: Ich glaube, das ist eine Frage, die sich vor allem an die beteiligten Staaten richten sollte. Ich tue mich jetzt sehr schwer wir versuchen ja immer schon, selbst unseren eigenen Gesprächen nicht vorzugreifen , Erwartungen an ein solches Treffen zwischen zwei anderen Staaten zu formulieren. Ich denke, es ist klar, dass das Verhältnis zu Russland und auch die Lage in der Ukraine, aber beispielsweise auch die Lage in Venezuela Themen sind, die uns alle interessieren und die sicherlich auf der Agenda für das Treffen mit Außenminister Pompeo morgen hier in Berlin stehen. Aber ich tue mich, wie gesagt, schwer damit, das im Hinblick auf die Gespräche, die Herr Pompeo und Herr Lawrow führen, weiter zu konkretisieren.

ZUSATZFRAGE FIRSOVA: Könnten Sie bitte konkretisieren, welche Themen für morgen anstehen? Sie haben die Themen Ukraine und Venezuela genannt. Was noch?

BURGER: Das Verhältnis zu Russland habe ich als Thema auch genannt. Aber Sie wissen ja, dass uns mit den USA eine ganz besonders enge und lang gewachsene Freundschaft und Zusammenarbeit bei einer ganzen Reihe von Sachthemen verbindet. Insofern sind die drei Themen, die ich eben genannt habe, auch nur beispielhaft.

FRAGE JESSEN: Zum Thema einer CO2-Steuer eine Frage an das BMU und vielleicht auch an das Finanzressort: Diese Diskussion erreicht zunehmend den politischen Raum. Wie beeinflusst dies die Diskussion innerhalb der Bundesregierung über die Einführung einer CO2-Steuer, einer CO2-Bepreisung? Wir haben gestern erlebt, dass sich ein Ministerpräsident einer Landesregierung in harschesten Worten gegen eine solche Steuer ausgesprochen hat. Andererseits sagen andere Ministerpräsidenten derselben Partei, man könne eventuell vom Schweizer Modell lernen. Sind diese Diskussionen im politischen Raum außerhalb des Kabinetts Dinge, die dennoch die Diskussion im Rahmen des Kabinetts beeinflussen?

Entschuldigung, dass das etwas umständlich formuliert ist, aber das ist die Gemengelage.

KÜBLER: In der Tat sind es vor allen Dingen Diskussionen im politischen Raum. Wir sind jeden Tag aufs Neue erstaunt, wer sich noch alles zum CO2-Preis äußert, der sich bislang noch nicht geäußert hatte. Die Meinungen und Einschätzungen zum CO2-Preis gehen im Grunde in eine Linie, die auch die Linie unseres Hauses ist. Wir brauchen einen CO2-Preis. Wir brauchen die Lenkungswirkung hin zu klimaschonenden Produkten, die wenig CO2 emittieren. Wir brauchen diesen CO2-Preis sozial verträglich, und wir müssen ihn so gestalten, dass damit nicht die Staatseinnahmen erhöht werden, sondern dass damit das, was wir einnehmen, zur Lenkungswirkung hin zu klimaschonenden Produkten der Bevölkerung wieder zugutekommt, damit wir soziale Härten beseitigen, die eventuell vorkommen. Das ist die eine große Position.

Die andere betrifft den Emissionshandel. Viele sehen darin, ihn auf andere Sektoren auszuweiten, den Stein der Weisen. Das sehen wir nicht so das haben wir auch mehrfach dargestellt , weil es einerseits die klimaschonenden Maßnahmen, also den Klimaschutz auf eine lange Bank schiebt, wenn wir das nach Brüssel verlagern, und weil zum anderen im Ergebnis einer Ausweitung des Emissionshandels nicht weniger Auswirkungen auch vor Ort hier auf die Bürgerinnen und Bürger zukommen würden und eine Kompensation nötig wäre. Insofern ist das eine Scheindebatte, die nicht weiterführt.

Sie fragen, inwiefern uns das im Kabinett beeinflusst. Ich kann nur sagen, dass wir innerhalb des Klimakabinetts eine feste Tagesordnung haben, wonach auch der CO2-Preis bald behandelt wird. Das Kanzleramt, das Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium sind dabei, verschiedene Institute, Weise und Experten mit Gutachten zu betrauen, um die Auswirkungen des CO2-Preises sehr differenziert und umfassend darzustellen. Das ist die Grundlage dafür, wie wir im Klimakabinett entscheiden werden.

SRS DEMMER: Ich würde gern noch sagen, dass es darum geht, die Klimaziele 2030 zu erreichen. Dazu steht die Bundesregierung. Das ist ein dickes Brett; wir haben uns viel vorgenommen. Jetzt müssen wir darüber nachdenken, wie wir diese Ziele erreichen, und dieser Prozess läuft. Jetzt werden wir also alle denkbaren Maßnahmen durchdenken und am Ende Beschlüsse fassen. Darüber halten wir Sie dann auf dem Laufenden.

KOLBERG: Ich habe nicht mehr viel Neues beizutragen. Wir haben hier in den letzten Wochen und Monaten immer wieder auch über dieses Thema gesprochen. Der Minister hat sich dazu auch in Interviews geäußert und betont, dass der Klimaschutz die herausragende Aufgabe unserer Zeit sei. Deshalb reden wir im Klimakabinett über dieses Thema. Wichtig ist uns, dass wir ein effektives und gutes Maßnahmenpaket zusammenstellen. Daran arbeiten wir im Moment.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Herr Kübler, bedeutet das, dass dieses Thema bei der nächsten Sitzung des Klimakabinetts ich glaube, der Termin ist der 29. Mai behandelt werden wird?

Sie sagten, eine Ausweitung des Emissionshandels hätte auch Auswirkungen auf die Bevölkerung hier. Können Sie diese Auswirkungen etwas näher präzisieren jenseits des Faktors „lange Bank“?

KÜBLER: Soweit mir Informationen zur Tagesordnung des Klimakabinetts vorliegen, ist die nächste Sitzung am 29. Mai nicht dafür vorgesehen, sich mit dem CO2-Preis zu befassen. Es geht darum, dass alle anderen Sektoren, die im Klimakabinett vertreten sind, dort ihre Maßnahmen vorstellen. Der CO2-Preis steht meines Wissens am 17. Juli auf der Tagesordnung. Wir werden noch vor der Sommerpause das versprochene Konzept zur CO2-Bepreisung vom Umweltministerium vorlegen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Bei den Auswirkungen, die wir durch direkte Rückzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger auffangen wollen, geht es darum, soziale Härten aufzufangen, die beim CO2-Preis entstehen können, wenn zum Beispiel die Energiepreise für Benzin und Öl steigen. Das beträfe, wie auch hier schon oft beschrieben, vor allen Dingen die Pendler und Pendlerinnen.

Die Ministerin hat oft eine Krankenschwester in ihrer Heimatstadt benannt, die in Münster selbst wegen der hohen Mietpreise keine Wohnungen findet, im Umland wohnt und doppelt bestraft würde: Sie wohnt in einem nicht sanierten Altbau, muss beim CO2-Preis also höhere Ölkosten in Kauf nehmen und gleichzeitig durch die höheren Benzinkosten auch noch beim Pendeln mit ihrem Auto, auf das sie angewiesen ist, mehr bezahlen. Solche Ungleichgewichte wollen wir auffangen und zu einer direkten Kompensation kommen. Wie das geschehen soll, daran arbeiten wir gerade.

FRAGE WACKET: Sie haben jetzt immer neutral vom CO2-Preis gesprochen, aber gesagt, Emissionshandel hielten Sie für einen Irrweg. Kann man sagen, dass das Umweltministerium damit eine CO2-Steuer favorisiert? Ist das legitim?

Zum Zweiten die Frage: Wie viele Gutachten sind von der Regierung jetzt insgesamt zum CO2-Thema in Auftrag gegeben worden, und welche werden bis zum 17. Juli vorliegen, an dem das Thema besprochen werden wird?

KÜBLER: Soweit ich weiß, ist vom Umweltministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben worden, das bis dahin fertig werden soll. Wie viele Gutachten von anderen Kabinettskollegen noch in Auftrag gegeben wurden, weiß ich nicht.

ZUSATZFRAGE WACKET: Vielleicht können die anderen Ministerium etwas dazu sagen. Ich meine, das Kanzleramt hat auch noch etwas in Auftrag gegeben. Das Wirtschaftsministerium?

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen jetzt keine Zahl nennen, aber klar ist, dass wir natürlich auch Gutachten und Vorschläge, die von Experten gemacht werden, als Grundlage für die Debatte, die jetzt geführt wird, nutzen.

VORS. FELDHOFF: Dann frage ich die tendenziell betroffenen: Finanzen, Wirtschaft?

EICHLER: Bei uns laufen die Vorbereitungen für die Beauftragung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. In dem Rahmen soll es auch um die CO2-Bepreisung gehen.

ZUSATZFRAGE WACKET: Macht das Finanzministerium noch ein eigenes Gutachten dazu? Es kann ja auch eine Steuer geben.

VORS. FELDHOFF: Erst einmal ist noch das Verkehrsressort betroffen.

THOMAS: Mir liegen dazu jetzt keine Informationen vor.

VORS. FELDHOFF: Damit haben wir, glaube ich, drei.

KÜBLER: Sie wollten noch etwas zur CO2-Besteuerung oder Bepreisung wissen. Wir reden nicht von einer CO2-Steuer. Wie die CO2-Bepreisung ausgestaltet wird, soll ja im Klimakabinett besprochen werden. Ob es letztendlich eine CO2-Steuer wird oder wie die CO2-Bepreisung bzw. der CO2-Preis ausgestaltet wird, das wird dort entschieden.

FRAGE JUNG: Herr Kübler, gibt es die Frage geht gegebenenfalls auch an andere ein CO2-Bepreisungsmodell aus Nachbarländern, das als Vorbild dienen könnte und das Sie gut finden?

KÜBLER: Wir richten den Blick natürlich auch über den Tellerrand und betrachten, welche CO2-Bepreisungsmodelle in anderen Ländern durchgeführt werden. In den Niederlanden wird in den nächsten Tagen eines vorgestellt. In Schweden gibt es bereits seit 1991 eines. Dort hat man rechtzeitig angefangen und hat heute einen sehr hohen CO2-Preis von, so meine ich, 125 Euro pro Tonne. Wir reden im Moment ja von einem Startpreis von 20 Euro. In Schweden hat man rechtzeitig angefangen, und heute ist es kein großes Problem mehr, auch einen so hohen CO2-Preis aufzufangen. Im Gegenteil hat das über die Jahrzehnte, die es dort mittlerweile den CO2-Preis gibt, zu einer erheblichen Lenkungswirkung hin zu CO2-armen Produkten geführt. Auch in der Schweiz gibt es ein CO2-Bepreisungsmodell, in dem die Bürgerinnen und Bürger direkt über die Krankenversicherungsbeiträge durch eine Kopfpauschale einen Ausgleich erhalten.

Inwiefern eines dieser Konzepte auch auf Deutschland anzuwenden ist, wird auch die Diskussion im Klimakabinett ergeben. Aber bislang ist es nicht so, dass wir sagen, dass wir dieses oder jenes Konzept eins zu eins übernehmen würden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich wüsste gern vom Landwirtschaftsministerium, welche Änderungen Sie aktuell in Sachen Wolfsabschuss und Regulierung der Zahl von Wölfen vorhaben, die nicht illegal wären, die also nicht aktuell geltendes Recht brechen würden.

BRANDT: Zum Thema Wolf hat Ihnen Frau Demmer hier vergangene Woche schon Informationen gegeben. Die Gespräche dazu laufen. Deshalb werde ich jetzt nicht noch einmal auf Details eingehen. Wir haben hier auch schon häufiger über das Thema gesprochen und dargelegt, dass wir für eine Bestandsregulierung beim Thema Wölfe sind. Ich habe dem hier jetzt nichts Neues mehr hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist es richtig, dass Sie aktuell nichts fordern, das nicht Recht brechen würde, das also nicht EU-Recht, Artenschutzrecht, Naturschutzrecht, sowohl deutsches als auch EU-Recht, brechen würde? Ist das korrekt?

Können Sie uns sagen, wie viele Schafsrisse es vergangenes Jahr in Deutschland gab und welchen Anteil daran Wölfe gehabt haben sollen?

BRANDT: Die Informationen zu den Schafsrissen müsste ich nachliefern.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Gesetze noch geändert werden, weil uns das bisher noch nicht ausreicht. Wir sind für eine gemäßigte Bestandsregulierung, die es rechtssicher ermöglicht, einzelne Wölfe eines Rudels zu entnehmen. Diese Rechtssicherheit haben wir im Moment noch nicht.

FRAGE: Zur Bremenwahl am 26. Mai, die immer ein bisschen im Schatten der Europawahl steht: Welche Relevanz hat die Wahl zur Bürgerschaft in Bremen aus Sicht der Bundesregierung?

SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung bewertet keine Landtagswahlen; das wäre neu. Aber natürlich sind alle demokratischen freien Wahlen wichtig für die Demokratie.

FRAGE ZENKER: Ich habe eine Frage zur Masernimpfpflicht, die der Gesundheitsminister durchbekommen will. Bisher handelt es sich ja um eine Drei- oder Vierfachimpfung. Will man nicht gleich eine Impfpflicht gegen Röteln und Windpocken oder so einführen, oder müssen die Hersteller den Impfstoff sozusagen wieder entkoppeln, also eine reine Masernimpfung anbieten?

KAUTZ: Es geht jetzt erst einmal um eine Impfpflicht gegen Masern. Wenn es auf dem Markt keine anderen Impfstoffe gibt, dann muss man den Dreifachimpfstoff nehmen. Aber es ist keine Pflicht für die Hersteller, einen Einfachimpfstoff herzustellen.

BURGER: Ich habe noch eine Nachreichung. Herr Jessen, Sie hatten sich danach erkundigt, ob die venezolanische Nationalversammlung noch tage. Nach unserem Erkenntnisstand ist es in der Tat so, dass sie weiterhin regelmäßig tagt, und zwar in der Regel mit einer Plenarsitzung jeden Dienstag.

FRAGE JESSEN: In Venezuela?

BURGER: In Venezuela.

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