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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 14. Oktober 2019

Themen: Militäroperation der Türkei in Nordsyrien, Sicherheitsanforderungen der Bundesnetzagentur für den Mobilfunkausbau, Frequenzgebühren im 5G-Netz, Parlamentswahl in Polen, Beobachtung von Extremisten auf Gamingplattformen, Urteil des spanischen Obersten Gerichtshofes gegen katalanische Politiker, Brexit, Sondersitzung der Unionsfraktion zum Jahrestag der friedlichen Revolution, Inanspruchnahme der Flugbereitschaft der Bundeswehr durch den Bundesinnenminister, Arbeitstreffen auf EU-Ebene zum Thema der Seenotrettung

Naive Fragen zu:
Türkischer Krieg in Syrien (ab 1:50)
– warum hat man sich auf den Sprachgebrauch bzw. militärischen Jargon geeinigt, dass das eine türkische Operation sei. Herr Seibert, warum ist das kein Krieg, keine Invasion? (ab 28:55)
– Wenn Sie von den Sicherheitsinteressen der Türkei sprechen: Welche Sicherheitsinteressen haben denn die Menschen im Norden Syriens?
– seit eineinhalb Jahren besetzt die Türkei Afrin. Haben Sie da mittlerweile eine völkerrechtliche Bewertung? Darauf warten wir seit eineinhalb Jahren.

5G/Huawei (ab 46:34)
– Ist das so etwas wie beim Klimapaket, Herr Seibert? Wird das also auch jedes Jahr neu überprüft und dann gegebenenfalls nachgesteuert? (ab 55:05)
– Geht es der Bundesregierung sorgentechnisch denn nur um chinesische Hardware oder auch um amerikanische? Experten warnen ja eindringlich davor und sagen, amerikanische Hardware sei genauso zu behandeln wie chinesische Hardware. Snowden hat ja bewiesen, dass Cisco und andere Unternehmen nachweislich mit der NSA zusammenarbeiten müssen, um dort Backdoors einzubauen.

Seehofer vs Gamer (ab 59:30)
– Sie sagten etwas von bestimmten Spieleplattformen. Welche sind das? (ab 1:01:55)
– Von den 34 Millionen Gamern in Deutschland spielen 41 Prozent Shooterspiele. Also fühlen sich dadurch, dass Ihre Aussagen so vage sind, jetzt gerade 14 Millionen verdächtigt. Warum können Sie nicht spezifizieren, was Sie meinen und wie Sie es meinen? Meinen Sie Onlinegamingspiele, Twitch-Spiele, Playstation-Spieler, PC-Spieler?
– Haben Sie wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass es einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Menschen, die Attentate begehen oder Amok laufen, und Gamern gibt?

Flugbereitschaft/Seehofer (ab 1:12:50)
– Gehören Heimatflüge zu diesen Kriterien? (ab 1:14:12)
– Aber wenn er nach Ingolstadt fliegt, dann fliegt er ja nach Hause.
– Das heißt, wenn er von zu Hause zum Dienst und zurück fliegt, dann ist das ein dienstlicher Zweck, weil er zum Dienst geflogen ist.

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 14. Oktober 2019:

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, die Kanzlerin hat ja gestern im Telefonat anscheinend Herrn Erdoğan aufgefordert, die Offensive abzubrechen. Ich hätte ganz gerne nach möglichen Konsequenzen gefragt. Sollen die über die Nicht-Genehmigung neuer Waffenlieferungen hinausgehen? Sollen also auch Genehmigungen für Waffenlieferungen, die schon erteilt wurden, widerrufen werden?

Die CDU-Vorsitzende hat gestern ja nur davon gesprochen, dass die Türkei nicht auf Dauer eine Sicherheitszone in Nordsyrien errichtet sollte. Ist das auch die Meinung der Kanzlerin?

STS SEIBERT: Es stimmt: Die Bundeskanzlerin hat gestern am Nachmittag für eine Stunde oder so ähnlich auf seinen Wunsch hin mit dem türkischen Staatspräsidenten telefoniert. Wir haben darüber ja auch informiert. Sie hat dabei noch einmal die Haltung bekräftigt, die ja auch Frau Mogherini bereits insgesamt für die EU herausgegeben hatte. Wir appellieren also, wie es andere europäische Regierungen auch tun und wie es Frau Mogherini auch tut, die Militäroperation zu beenden.

Ja, die Türkei hat berechtigte Sicherheitsinteressen in der Region. Aber diese Operation, die sie jetzt dort durchführt, droht doch ganz offensichtlich größere Teile der lokalen Bevölkerung zu vertreiben. Sie droht, diese zerbrechliche Region zunehmend und zusehends zu destabilisieren, und sie kann sogar zu einem Wiedererstarken des sogenannten „Islamischen Staates“ führen; deswegen diese Aufforderung. Wir hatten ja auch in der vergangenen Woche schon die Aufforderung gemacht, gar nicht erst eine solche militärische Intervention zu unternehmen.

Es erfüllt uns mit großer Sorge, dass die Berichte doch zeigen: Der militärische Einsatz verschlechtert die Situation der Menschen und die humanitäre Lage dort dramatisch. Es sind schon viele Menschen auf der Flucht.

Wir stehen nicht nur mit unseren europäischen Partnern in engem Kontakt für die Bundeskanzlerin war das natürlich gestern auch ein Thema des Gesprächs mit dem französischen Präsidenten, den sie in Paris getroffen hat , sondern wir stehen auch in engem Kontakt mit der Regierung der Vereinigten Staaten. Wir haben in Abstimmung mit den europäischen Partnern auch die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die USA ihr Engagement in Syrien aufrechterhalten und dass sie vor allem weitere Schritte mit den Partnern abstimmen.

Über die Frage der Waffenlieferungen ist hier, glaube ich, am Freitag schon gesprochen worden. Die Bundesregierung wird keine neuen Genehmigungen für Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, erteilen. Es gilt weiter, dass wir eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik betreiben. Das heißt, auf die Region bezogen: Wir betrachten natürlich sehr genau die Entwicklung in der Türkei, in Syrien und im östlichen Mittelmeer. Wir verfolgen das sehr genau und berücksichtigen das wie bisher im Rahmen unserer Genehmigungspraxis.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Meine Frage zielte ein bisschen mehr auf die Zukunft, nämlich darauf, was passieren wird, wenn die Türkei den deutschen Forderungen und EU-Forderungen nicht nachkommt. Werden dann die Waffengenehmigungen weiter verschärft, also auf die Waffenlieferungen ausgedehnt, die schon zugesagt wurden?

Was sagen Sie zu der Äußerung von Frau Kramp-Karrenbauer, dass die Türkei vor allem nicht dauerhaft eine Sicherheitszone besetzen solle?

STS SEIBERT: Da die mir nicht vorliegt, kann ich sie hier jetzt nicht kommentieren.

Ich habe für die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung gesagt: Wir sehen, dass es berechtigte Sicherheitsinteressen der Türkei gibt. Die Türkei wird stark und auch immer wieder von Terrorismus bedroht. Das ist für uns jedoch keine Begründung für diese jetzt gestartete militärische Operation. Deswegen gibt es die Aufforderung der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung, diese Operation zu beenden.

Wir werden uns deswegen möchte ich jetzt mit Ihnen nicht weiter in die Zukunft schauen Tag für Tag intensiv mit unseren Partnern darüber absprechen, wie wir der Entwicklung, wie sie sich vollzieht, gerecht werden.

BURGER: Ich würde Sie da gerne auch noch einmal auf die Äußerungen von Außenminister Maas von heute Morgen verweisen. Er ist heute mit seinen europäischen Amtskollegen gemeinsam beim Rat der EU-Außenminister in Luxemburg und hat auch dort darauf hingewiesen, dass es jetzt drauf ankommt, eine möglichst gemeinsame europäische Haltung hinzubekommen, gerade auch hinsichtlich des Themas, das wir gerade angesprochen haben, nämlich der Rüstungsexporte. Wir möchten alle Möglichkeiten nutzen, um im europäischen Rahmen gemeinsam auf die Türkei einzuwirken, weil wir glauben, dass das so eine größere Wirkung erzielt. Er hat auch gesagt: Wir möchten auch den Dialog mit der Türkei fortsetzen, um gemeinsam auf die Türkei einwirken zu können. Wenn das keinen Erfolg hat, wird man sich weitere Maßnahmen vorbehalten.

FRAGE DUDIN: Herr Seibert, Sie haben es gerade noch einmal gesagt: Sie haben auf die berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei Bezug genommen, haben aber gleichzeitig gesagt, dass sei keine Begründung für die derzeitige Operation. Jetzt wollte ich gerne wissen: Wie bewertet die Bundesregierung denn diese Offensive? Erdoğan sagt genau in Bezug auf die Sicherheitsinteressen, dass das diesbezüglich dann auch völkerrechtskonform sei. Sehen Sie das dann auch so?

STS SEIBERT: Nun, genau darin, also in der Beurteilung dieser Offensive und der Frage, ob sie dazu geeignet ist, Sicherheitssorgen, die die Türkei berechtigterweise hat, auszuräumen, liegt ja die Meinungsverschiedenheit. Deswegen kommen wir wie auch andere europäische Regierungen wie auch die Hohe Beauftragte Frau Mogherini zu dem Schluss, die Türkei aufzufordern, diese Operation zu beenden. Wir sehen nicht, wie eine weitere Destabilisierung dieser Region, wie das Auslösen von neuen Flüchtlingsströmen, wie die sich zuspitzende, schlechte humanitäre Situation der betroffenen Menschen in der Region dazu führen kann, dass Sicherheitssorgen geringer werden.

ZUSATZFRAGE DUDIN: Ist die Offensive dann in Ihren Augen völkerrechtswidrig?

BURGER: Wir können nach derzeitigem Stand nicht erkennen, dass die aktuelle Situation in Syrien eine gegen kurdische Gruppen gerichtete Militärintervention dort völkerrechtlich legitimieren würde. Bei all dem gilt: Was immer die Türkei unternimmt, sie muss sich im Rahmen des Erforderlichen und Verhältnismäßigen bewegen. Oberste Priorität haben die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Schutz von Leib und Leben der Zivilbevölkerung.

FRAGE REIFENRATH: Ich würde gerne noch einmal bezüglich der Waffenexporte wissen, ob sich faktisch überhaupt etwas ändert, wenn man auch schon in den letzten Jahren sehr restriktiv bei den Genehmigungen an die Türkei war. Man hat keine Waffen exportiert, die im Syrien-Krieg hätten eingesetzt werden können. Ändert sich jetzt also überhaupt irgendetwas, oder verfolgt man die Linie einfach weiter?

BURGER: Ich glaube, der Außenminister hat am Wochenende sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir aufgrund der jetzigen Situation entschieden haben, keinen neuen Genehmigungen für Exporte von Rüstungsgütern zu erteilen, die von der Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten. Ich glaube, diese Entscheidung steht zunächst einmal für sich. Wir sind ja hier gewissen Einschränkungen ausgesetzt, was die Auskunft über Einzellieferungen angeht. Deswegen muss ich Sie leider um Verständnis dafür bitten, dass ich hier über den Lieferstand einzelner Projekte keine Auskunft geben kann.

FRAGE WIEGOLD: Herr Seibert oder Herr Burger, der luxemburgische Außenminister Asselborn hat heute Morgen vor der Gefahr eines NATO-Bündnisfalls im Falle einer Auseinandersetzung zwischen Syrien und der Türkei gewarnt. Ist das eine Besorgnis, die die Bundesregierung teilt?

Frau Routsi, hat die aktuelle Lage im Norden Syriens Auswirkungen auf die Operation „Inherent Resolve“, also „Counter Daesh“, und die deutschen Einsätze in diesem Zusammenhang?

BURGER: Zu Ihrer ersten Frage: Ich habe die Äußerungen von Herrn Asselborn leider nicht gesehen. Deswegen fehlt mir, glaube ich, auch der Kontext, um jetzt richtig und seriös darauf eingehen zu können. Ich glaube, wie wir zu der türkischen Militäroperation stehen und wie große Sorgen wir uns machen, dass sie für die Stabilität der Region eben keine positiven, sondern sehr negative Folgen hat, haben wir hier in den letzten Tagen sehr, sehr deutlich gemacht.

ZUSATZ WIEGOLD: Ihre Besorgnis über die Region war ja nicht meine Frage!

BURGER: Sie haben mir eine Äußerung vorgehalten, die ich nicht kenne, und ich habe Ihnen gesagt, dass ich auf eine Äußerung, die ich nicht kenne, hier nicht eingehen.

ROUTSI: Was die Operation angeht: Derzeit gibt es keine Einschränkungen.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Heißt das also, die deutschen Flugzeuge fliegen regulär weiter?

ROUTSI: Das ist richtig.

FRAGE REESE: Ich würde gerne noch einmal auf das Thema von Herrn Rinke zurückkommen. Wie steht die Bundesregierung denn zu Forderungen, dass man auch schon genehmigte Waffenexporte zurückhält? Unterstützen Sie das? Ist das ein Gedanke, den Sie verfolgen, oder lehnen Sie das vollkommen ab?

VORS. BUSCHOW: An wen richtet sich die Frage?

ZUSATZ REESE: Entweder an Herrn Seibert oder an Herrn Burger.

STS SEIBERT: Wir machen ja schon seit geraumer Zeit seit Jahren eine vertiefte Einzelfallprüfung im Abgleich mit der fortlaufenden Genehmigungspraxis der EU-Mitgliedstaaten. Dabei berücksichtigen wir ganz besonders Risiken wie einen möglichen Einsatz im Kurdenkonflikt oder in regionalen Konflikten. Das heißt, da wird bereits sehr genau hingeschaut, und das hat in der Vergangenheit in Einzelfällen von Rüstungsexporte auch bereits zu Entscheidungen geführt. Insofern kann ich Ihnen im Moment nicht sagen, dass der Widerruf von Genehmigungsentscheidungen, die in dem sehr restriktiven Kontext gefallen sind, im Moment zur Debatte steht.

ZUSATZFRAGE REESE: Dann hätte ich noch eine Zusatzfrage, wahrscheinlich an Frau Routsi: Könnten Sie spezifizieren, welche Rüstungsgüter oder Waffensysteme denn jetzt unter diesen neuen Stopp fallen?

ROUTSI: Nein, das kann ich nicht, denn das liegt nicht in meiner Ressortverantwortung. Dafür bitte ich um Verständnis.

ZUSATZFRAGE REESE: Könnte ein anderes Ministerium etwas dazu sagen, das Wirtschaftsministerium?

EICHLER: Das kann ich gerne kurz machen. Aber wie Herr Seibert oder Herr Burger schon gesagt haben, äußern wir uns nicht zu Einzelfällen. Deshalb kann ich Ihnen auch nicht

ZUSATZ REESE: Es geht ja nicht um Einzelfälle, sondern tatsächlich darum, ob Sie Rüstungsgüter oder Waffensysteme spezifizieren können. Das ist ja nicht „An dem Tag und an dem Ort wurde das und das geliefert“, sondern tatsächlich einfach, dass wir wissen, welche Produkte darunter fallen.

EICHLER: Nach meinem Verständnis fällt das unter die Einzelfälle, und deshalb kann ich Ihnen dazu hier nichts sagen.

BURGER: Ich kann vielleicht einfach nur noch einmal wiedergeben, was der Außenminister gesagt hat. Er hat von Rüstungsgütern gesprochen, die in Syrien Anwendung durch die Türkei finden könnten

ZURUF REESE: Das hätte ich gerne spezifiziert!

VORS. BUSCHOW: Wenn wir die Sprecher ausreden lassen würden, wäre uns, glaube ich, geholfen.

BURGER: Ich glaube, dass wir das jetzt nicht im Rahmen einer langen Liste von einzelnen möglichen Produkten ausführen können. Das hat die Kollegin ja gerade dargestellt.

FRAGE DUNZ: Ich würde eine vorhergehende Frage einfach anders formulieren. Wenn Sie sagen, dass Sie die Äußerungen von Herrn Asselborn nicht kennen, dann stelle ich einfach die Frage an Sie, Herr Seibert und Herr Burger: Als wie groß sehen Sie die Gefahr an, dass die türkische Offensive den Bündnisfall betrifft, also dass die NATO in diesem Krieg einbezogen wird?

Herr Seibert, Frau Merkel hat, glaube ich, dadurch, dass sie heute Abend nicht in Leipzig sein wird, vielleicht nebenbei mehr Zeit, sich um diesen Fall zu kümmern. Sind da noch Gespräche geplant? Können Sie dazu etwas sagen?

Ich habe eine dritte Frage zu Wirtschaftssanktionen: Wann ist der Punkt gekommen, dass man versucht, die Türkei auf diesem Weg zu etwas zu bewegen? Man kennt das aus der Vergangenheit, in der Russland das so gemacht hat und damit immer am ehesten ans Ziel kam, was Herrn Erdoğan betraf.

STS SEIBERT: Dann fange ich vielleicht einmal an. Die Kanzlerin hat sich ja gestern bereits intensiv mit diesem Thema befasst. Ich habe erzählt, dass es ein etwa einstündiges Telefonat mit dem türkischen Staatspräsidenten gab. Das Thema spielte gestern auch beim Gespräch mit dem französischen Präsidenten eine erhebliche Rolle. Sobald es weitere Gespräche darüber gibt, über die wir Ihnen berichten können, werden wir auch berichten.

Ich will zu dem Thema der NATO nur sagen: Die Türkei ist unser NATO-Partner. Natürlich werden die Haltungen, die wir hier jetzt auch ausgedrückt haben, durch die deutschen Vertreter, aber auch durch die Vertreter anderer europäischer Staaten in den verschiedenen NATO-Foren mit dem Verbündeten Türkei besprochen. Das heißt, auch dort ist das und muss das ein Thema sein.

ZUSATZFRAGE DUNZ: Dazu habe ich schon direkt eine Nachfrage: Als wie groß sehen Sie die Gefahr an, dass Artikel 5 gezogen werden muss?

STS SEIBERT: Wir sehen zunächst einmal die Gefahr, dass durch die türkische Militäroperation eine erhebliche weitere Destabilisierung dieser Region eintritt, dass Menschen in große Not geraten und dass Vertreibungen in der Region stattfinden. Dem, dass man aus diesem aus unserer Sicht schlechten Weg einen Ausweg findet, dienen jetzt die diplomatischen Aktivitäten der Bundesregierung, des Außenministers und der Bundeskanzlerin sowie auch die heutigen Besprechungen der europäischen Außenminister.

Zu der Frage nach den Wirtschaftssanktionen: Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Unser Interesse ist ja, mit der Türkei auch in dieser sehr schwierigen Frage, in der wir klare Meinungsverschiedenheiten haben, im Gespräch zu bleiben und ihr auch immer wieder unseren Weg oder unseren Ansatz klarzumachen zu versuchen.

BURGER: Ich würde vielleicht nur noch einmal, weil das jetzt eine sehr schnelle Entwicklung innerhalb weniger Tage war, kurz aufzählen, was in den letzten viereinhalb Tagen eigentlich schon alles aus dem diplomatischen Instrumentenkasten gezogen wurde. Es hat innerhalb von zwei Stunden nach dem Beginn der türkischen Offensive ein ganz unmissverständliches Statement des Außenministers dazu gegeben. Wir haben innerhalb von wenigen Stunden eine Befassung des UN-Sicherheitsrats mit der Situation initiiert. Wir haben uns sehr dafür eingesetzt, dass sich die Europäische Union schnell und geschlossen und sehr deutlich positioniert hat. Wir haben die Maßnahmen getroffen, die der Außenminister zum Thema der Rüstungsexporte am Wochenende angekündigt hat. Es gibt jetzt heute in Brüssel die Beratungen der europäischen Außenminister über weitere Maßnahmen. Der Außenminister hat, wie gesagt, die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass es gelingt, sich beispielsweise hinsichtlich des Themas der Rüstungsexporte im europäischen Rahmen auf eine gemeinsame Haltung zu verständigen.

Es sind also, wie gesagt, in den letzten viereinhalb Tagen schon eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen worden, und ich glaube, wir sind noch nicht am Ende der diplomatischen Möglichkeiten angekommen.

FRAGE JESSEN: Herr Burger, Staatssekretär Annen hat vor zwei Tagen in einem Hörfunkinterview von einer „militärischen Invasion“ gesprochen. Hat er damit als Staatssekretär die offizielle Haltung des Auswärtigen Amtes zum Ausdruck gebracht? Sieht das Auswärtige Amt das, was die Türkei macht, als eine militärische Invasion an?

BURGER: Ich werde mich hier genauso wenig auf Wortklaubereien mit Ihnen einlassen, wie es Herr Breul am Freitag getan hat. Sie haben die Äußerungen der Bundesregierung und des Außenministers vom letzten Mittwoch vorliegen. Sie haben die Äußerungen, die wir hier in der Regierungspressekonferenz gemacht haben, vorliegen. Alles Weitere überlasse ich Ihnen.

ZUSATZ JESSEN: Dann haben Sie eben festgestellt, dass das, was Ihr Staatssekretär, der der Vertreter des Ministers ist, Wortklauberei ist!

BURGER: Nein, ich habe

ZURUF JESSEN: Doch!

BURGER: Nein, das habe ich nicht gesagt.

ZUSATZ JESSEN: Er hat von einer militärischen Invasion gesprochen. Sie und Herr Seibert umgehen dieses Wort sehr sorgfältig. Sie sprechen von einer militärischen Operation. Ich frage nur, ob, wenn Niels Annen, der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, von einer militärischen Invasion spricht, er damit die Meinung und Einschätzung und Wertung des Auswärtigen Amtes zum Ausdruck gebracht hat. Das ist keine Wortklauberei!

BURGER: Herr Jessen, der Sachverhalt ist doch völlig klar: Türkisches Militär ist auf syrischem Staatsgebiet. Was wir zur völkerrechtlichen Bewertung dessen zu sagen haben, habe ich Ihnen vorhin ausdrücklich gesagt. Welchen Begriff Sie dafür präferieren, überlasse ich Ihnen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ich möchte nur wissen, ob der Begriff, den der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes präferiert, nämlich Invasion, der Begriff ist, der offiziell für die Position des Auswärtigen Amtes steht. Das ist eine einfache Ja-oder-Nein-Frage.

BURGER: Ich habe jetzt alles dazu gesagt, was ich Ihnen dazu zu sagen habe.

FRAGE HERZOG: Was schätzt die Bundesregierung, wie viele IS-Angehörige seit Beginn der türkischen Offensive aus Haftanstalten oder geschlossenen Lagern freigekommen sind?

Was weiß man über die dort festgehaltenen Deutschen?

BURGER: Wir verfolgen diese Medienberichte über die Flucht oder das Verlassen von solchen Lagern und Haftanstalten sowie die Meldungen, die wir haben, natürlich sehr genau. Wir haben dazu aber im Moment keine eigenen belastbaren Erkenntnisse, die über das hinausgehen, was auch in den Medien berichtet wird. Deswegen kann ich Ihnen darüber hier keine weiteren Erkenntnisse mitteilen.

ZUSATZFRAGE HERZOG: Haben Sie vielleicht noch aus der Zeit vor der Offensive eine Zahl von Deutschen vorliegen, die in dieser Region festgehalten werden?

BURGER: Ich muss hinzufügen, dass wir, weil wir keinen eigenen Zugang zu dieser Region haben das haben wir hier schon öfter ausgeführt , nicht die Möglichkeit haben, dort konsularische Betreuung für deutsche Staatsangehörige zu leisten, weil wir dort einfach physisch nicht vor Ort sind. Wir haben also keine Erkenntnisse aus erster Hand. Aber die Zahl der uns bekannten Fälle deutscher Staatsangehöriger in diesem Lager Ain Issa, über das in den letzten Tagen berichtet wurde, liegt im einstelligen Bereich.

FRAGE HÖHNE: Benjamin Netanjahu warnt vor ethnischen Säuberungen der Türkei in den kurdischen Gebieten. Hat die Bundesregierung vor die Frage geht an Herrn Seibert, Herrn Burger und vielleicht auch an das Innenministerium , Flüchtlinge aus dieser Region aufzunehmen? Befürchtet die Bundesregierung ethnische Säuberungen?

STS SEIBERT: Ich habe ja gerade gesagt, dass auch wir das beobachten und auch die Berichte sehen, wonach Teile der lokalen Bevölkerung vertrieben werden. Das ist natürlich eine Destabilisierung. Das ist etwas, das nicht unterstützt werden kann. Unser ganzes diplomatisches Arbeiten alleine als Bundesrepublik Deutschland, vor allem aber auch gemeinsam mit den europäischen Partnern und auch der Versuch, im UN-Sicherheitsrat voranzukommen, sowie die Gespräche, die wir dazu in der NATO führen, dienen dem Ziel, dass dieser Situation Abhilfe geschaffen wird und dass diese Situation, die wir jetzt bedauerlicherweise sehen, nicht lange Bestand hat. Daran arbeiten wir.

ALTER: Sie wissen ja, dass sich die Bundesregierung im Rahmen des Resettlement-Programms an der Aufnahme von Flüchtlingen aus Drittstaaten beteiligt. Die aktuelle Situation, die sich derzeit in Nordsyrien abspielt, ist noch nicht konkret Gegenstand dieser Überlegungen gewesen.

FRAGE WEILAND: Ich habe zwei Fragen, eine an Herrn Seibert und eine an Herrn Burger. Herr Burger, Sie sprachen vor einigen Minuten davon, dass sich die EU-Außenminister dazu gehört ja auch Deutschland dann in einen weiteren Dialog mit der Türkei begeben möchten, aber das man auch weitere Maßnahmen nicht ausschließt, falls das nicht fruchten sollte; so habe ich Sie verstanden. Könnten Sie vielleicht etwas dazu sagen, was weitere Maßnahmen betreffen könnte, etwa Einreisesperren für bestimmte türkische Politiker, KfW-Kredite usw.? Der damalige Außenminister Gabriel Sie erinnern sich hatte ja im Fall Deniz Yücel einmal eine Palette von Maßnahmen aufgelegt, Reisewarnungen für deutsche Touristen usw. Wird in diese Richtung gedacht, oder lassen Sie diese Maßnahmen heute noch offen?

BURGER: Das, was ich hier gesagt habe, war ein direktes Zitat des Außenministers aus seinen Äußerungen von heute Morgen vor dem Treffen der EU-Außenminister. Ich will natürlich dem, was die EU-Außenminister heute besprechen, nicht vorgreifen. Ich glaube, ich würde an dieser Stelle auch nicht über das hinausgehen wollen, was der Minister heute Morgen dazu zu sagen hatte.

ZUSATZFRAGE WEILAND: Herr Seibert, an Sie und vielleicht auch an das Bundesinnenministerium habe ich die Frage: Gibt es irgendwelche Vorbereitungen für den Fall, dass es doch zu einer größeren Flüchtlingswelle ähnlich wie 2015 mit der Bundesrepublik als Hauptziel kommen könnte, oder sehen Sie eine solche Lage im Moment noch überhaupt nicht?

Es gab ja in den vergangenen Wochen immer einmal wieder die Drohung des türkischen Präsidenten. Meine Frage: Ist dieses Thema diese Drohung, wie ich jetzt einmal etwas umgangssprachlich sage, die Schleusen aufzumachen und die Flüchtlinge, die ja bereits in der Türkei sind, nach Nordeuropa weiterreisen zu lassen gestern von der Kanzlerin im Telefonat mit Herrn Erdoğan noch einmal angesprochen worden?

STS SEIBERT: Zunächst einmal ist es eine Tatsache, dass sich in der Türkei die Schätzungen gehen auseinander, aber sagen wir einmal, rund 3 Millionen syrische Flüchtlinge aufhalten, die die Türkei aufgenommen hat, dass es aufgrund des EU-Türkei-Abkommens eine Finanzierung der humanitären Verhältnisse, in denen diese Flüchtlinge leben, durch die EU gibt und dass wir auch bereit sind, das weiter zu machen. Das muss man jetzt zunächst einmal auch von dem trennen, was in Nordsyrien passiert. Diese Flüchtlinge sind nun einmal in der Türkei. Sie zu ernähren, Ihnen Unterkunft zu geben, sie auszubilden, ihre Gesundheitsversorgung und schulische Betreuung für diese Flüchtlinge zu organisieren, kostet die Türkei Geld. Im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens hat sich Europa richtigerweise bereitgefunden, das mitzufinanzieren. Insofern ist das das, was wir tun. Wir haben ja in letzter Zeit auch mit der türkischen Seite darüber gesprochen, wie das weiterentwickelt werden kann und wie man für einen noch besseren Abfluss der schon gewährten, aber noch nicht ausgezahlten Mittel sorgen kann. Das bleibt zunächst einmal ein wichtiger Teil der Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens, das weiterhin richtig ist.

ALTER: Ich habe wenig zu ergänzen. Der Bundesinnenminister war vor knapp zwei Wochen in der Türkei, zu einem Zeitpunkt, bevor diese militärische Operation begann. Das heißt also, auch unabhängig davon ist der Bundesinnenminister sensibel für die Anzahl der Flüchtlinge, die sich in der Türkei befinden, und auch für diejenigen, die sich noch außerhalb der Türkei befinden. Insofern sind die Überlegungen und die Vorbereitungen, die wir treffen, auch ungeachtet der aktuellen Ereignisse in Nordsyrien richtig. Das haben wir auch vorher getan.

Wenn Sie spezifisch die Frage stellen, ob wir in Deutschland darauf vorbereitet sind, dann kann ich nur sagen, dass sich die Behörden nach 2015 umfangreich auf die Situation eingestellt haben. Wir haben strukturelle Veränderungen vorgenommen. Wir haben die Infrastruktur verbessert. Wir haben auch unsere Datenverkehre geordnet. Die Abläufe sind heute wesentlich effizienter und besser, als sie es 2015 waren. Insofern haben wir aus dieser Situation gelernt.

FRAGE JUNG: Ich würde zunächst gerne wissen, warum man sich auf den Sprachgebrauch bzw. militärischen Jargon geeinigt hat, dass das eine türkische Operation sei. Herr Seibert, warum ist das kein Krieg, keine Invasion?

STS SEIBERT: Wir nennen es eine militärische Operation, weil es das ist. Es ist auch schon eine militärische Intervention genannt worden, und auch das ist richtig.

Ansonsten, was die Frage von Bezeichnungen angeht, stimme ich Herrn Burger völlig zu: Das, was da passiert, ist offensichtlich und wird von uns bewertet.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wenn Sie von den Sicherheitsinteressen der Türkei sprechen: Welche Sicherheitsinteressen haben denn die Menschen im Norden Syriens?

Herr Burger, seit eineinhalb Jahren besetzt die Türkei Afrin. Haben Sie da mittlerweile eine völkerrechtliche Bewertung? Darauf warten wir seit eineinhalb Jahren.

BURGER: Da möchte ich Ihnen widersprechen: Wir haben Ihnen zu der völkerrechtlichen Bewertung das gesagt, was wir sagen konnten.

ZUSATZ JUNG: Ja, nichts.

BURGER: Doch, wir haben Ihnen gesagt, dass wir ich paraphrasiere jetzt erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit dieses Einsatzes hatten und haben, und daran hat sich nichts geändert.

ZUSATZ JUNG: Dass es seit eineinhalb Jahren eine Besatzung dieser Stadt gibt, haben Sie nie anerkannt.

VORS. BUSCHOW: Wir wollen hier keine Diskussionen führen, deswegen

ZUSATZ JUNG: Aber wenn er hier irgendwas behauptet

VORS. BUSCHOW: Nein, hier behauptet niemand irgendwas, glaube ich, Herr Jung.

ZUSATZ JUNG: Na doch.

VORS. BUSCHOW: Es wäre ich sage es auch gerne noch einmal jeder Seite dienlich, wenn wir erst einmal einander ausreden lassen.

ZUSATZ JUNG: Ich habe Herrn Seibert eine Frage gestellt.

VORS. BUSCHOW: Hat Herr Seibert noch etwas zu der Frage von Herrn Jung zu ergänzen?

STS SEIBERT: Ja, natürlich werde ich diese Frage beantworten. Herr Jung fragt nach den Sicherheitsbedürfnissen der Menschen in Nordsyrien, und diese Menschen haben wie jeder andere Mensch überall auf der Welt natürlich nicht nur ein Interesse daran, sondern eigentlich auch ein Recht darauf, in Sicherheit und Frieden zu leben. Die Welt ist so, dass dies nicht überall gegeben ist. Jetzt haben wir durch die Militärintervention eine Situation, in der Menschen aus ihren Dörfern und Wohnorten vertrieben werden. Wir haben eine ich habe das im Übrigen alles vorhin schon gesagt, insofern ist Ihre Frage also eigentlich beantwortet sich drastisch verschlechternde humanitäre Situation, wir haben Menschen auf der Flucht, und insofern: Natürlich werden die Rechte dieser Menschen gerade verletzt.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, ich möchte noch einmal auf die Gespräche mit den Amerikanern eingehen. Die amerikanische Seite sagt ja, dass sie den Europäern und auch den Deutschen mehrfach gesagt habe, dass sie Truppen aus Syrien und Nordsyrien abziehen wolle und dass die Europäer IS-Häftlinge übernehmen sollten. Hat die Entwicklung der letzten Tage dazu geführt, dass die Bundesregierung ihre Position, nämlich keine eigenen Truppen nach Syrien zu entsenden und keine IS-Häftlinge aus Syrien aufzunehmen, korrigiert hat?

STS SEIBERT: Zu der Frage der IS-Häftlinge deutscher Staatsangehörigkeit, die in Syrien sind, und den Schwierigkeiten dabei hat sich das Auswärtige Amt, hat sich Herr Burger heute ja schon geäußert.

Ich kann es nur noch einmal sagen: Wir sind natürlich, wie auch andere Verbündete der Vereinigten Staaten, mit den Vereinigten Staaten seit einiger Zeit im Gespräch darüber, wie sich der amerikanische Einsatz in Syrien fortentwickelt. Für uns ist es immer wichtig gewesen und darauf legen wir auch weiter wert , dass die Schritte mit den Partnern abgestimmt werden und dass möglichst kein Schaden bei dem Kampf gegen den IS eintritt, den wir alle zusammen dort geführt haben und der zu großen Erfolgen wenn auch noch nicht einem kompletten Erfolg geführt hat. Das ist ja der Teil, der jetzt vielleicht ein bisschen untergeht: Ein Kollateralproblem, das sich jetzt aus der Situation in Nordsyrien mit der türkischen Militäroperation ergeben kann, ist, dass der IS beinahe schon besiegt neue Chancen bekommt. Das ist für uns alle in Europa und sonstwo eine schlechte Nachricht.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das war jetzt nicht genau eine Antwort auf die Frage, die ich gestellt habe, denn ich hatte ja gefragt, ob die Bundesregierung ihre Position jetzt korrigiert. Die USA haben ja ausdrücklich seit mehreren Jahren, muss man jetzt schon sagen angekündigt, dass sie ihre Truppen reduzieren und durch europäische Truppen ersetzt haben wollen. Die Bundesregierung hat das bisher verweigert; nun ziehen die Amerikaner ab. Sehen Sie eine Notwendigkeit, dass die Deutschen ihre Position überdenken?

STS SEIBERT: Wir werden alle Gespräche im Kreise der Europäer führen dem will ich nicht vorgreifen. Dies ist derzeit aber nicht ein Teil unserer Überlegungen.

FRAGE DUNZ: Ich möchte noch einmal danach fragen, wie der Mechanismus bei dem EU-Türkei-Abkommen zu den Flüchtlingen aussieht. Herr Erdoğan selbst droht ja damit, wie er sagte, innerhalb von zwei Tagen die Grenzen öffnen zu können. Gibt es da Sicherungen finanzieller Art, wenn er das täte? Was würde sofort gestoppt, was wären die Konsequenzen, wenn Herr Erdoğan sich seinerseits nicht an diesen Pakt hält? Auch wenn Sie sagen, das sei unabhängig von Syrien: Die Türkei verknüpft es ja zum Teil selber damit und sagt, sie könne nicht noch mehr Flüchtlinge aufnehmen, dann müsste man die Grenzen öffnen.

Sehen Sie, was die Grünen beklagen, dass das Geld nicht unbedingt bei den Flüchtlingen ankommt, sondern von der türkischen Regierung für andere Dinge eingesetzt wird?

STS SEIBERT: Die Gelder, die im Rahmen der EU-Türkei-Erklärung von europäischer Seite an die Türkei gezahlt werden, werden konkreten Projekten, die den Flüchtlingen zugutekommen, zur Verfügung gestellt. Sie werden dafür eingesetzt, Flüchtlingen in der Türkei und den türkischen Aufnahmegemeinschaften vor Ort zu helfen. In Abstimmung mit der Türkei werden da sukzessive Projekte umgesetzt. Wir haben hier ja darüber berichtet: die EU kontrolliert die Verwendung der Mittel. Wir haben darüber berichtet, in welchem Tempo umgesetzt wird, wie viel von den insgesamt 6 Milliarden Euro an operativen Mitteln schon vertraglich gebunden ist, wie viel auch schon vergeben ist und wie viel schon ausgezahlt ist. Inzwischen sind über 80 Projekte angelaufen. Ich habe darüber gesprochen, dass es von türkischer Seite immer wieder die Bitte gibt, dass das doch schneller zur Auszahlung kommen müsste. Wie weit das beschleunigt werden kann, liegt in den Händen beider Partner der EU-Türkei-Erklärung.

Auf Ihre Was-wäre-wenn-Frage möchte ich hier nur antworten, dass wir überzeugt sind, dass die Fortführung der EU-Türkei-Erklärung weiterhin sowohl im europäischen als auch im türkischen Interesse ist.

FRAGE BAŞAY: Was ist Ihre Haltung zu den IS-Kämpfern, die eine deutsche Staatsangehörigkeit haben? Herr Seibert, Sie haben vorhin gesagt, Herr Burger habe dazu etwas gesagt, aber ich habe die Haltung der Bundesregierung dazu nicht mitbekommen. Werden Sie diese Daesh-Kämpfer zurücknehmen?

BURGER: Dazu hatte Herr Alter, glaube ich, in der vergangenen Woche unsere Position ausführlich dargestellt. Ich hatte darüber gesprochen, welche Erkenntnisse wir zu deutschen Staatsangehörigen haben. Das betrifft ja auch Frauen, aber insbesondere auch Kinder, die sich in einzelnen Lagern befinden. Sie haben vielleicht mitbekommen, dass es uns vor einigen Wochen zum ersten Mal gelungen ist, bei vier Waisenkindern aus einem Lager Unterstützung bei der Ausreise aus Syrien und der Rückkehr nach Deutschland zu leisten. Aus unserer Sicht sind insbesondere die Kinder eine große Priorität, weil sie keinerlei Verantwortung dafür tragen, dass ihre Eltern sie in diese Situation gebracht haben. Deswegen war und ist unser Augenmerk darauf gerichtet, insbesondere den Kindern dort jede Unterstützung zukommen zu lassen, die möglich ist, um ihre Sicherheit zu gewährleisten das aber alles vor dem Hintergrund, dass wir zu den Lagern und insgesamt zu der Region keinerlei Zugang haben, weil die politische Situation so ist, dass wir in Syrien derzeit keine diplomatische Vertretung haben und in diesem Gebiet keine konsularische Präsenz haben können.

Zur Frage der Bedingungen für eine Rückkehr von Leuten, denen Strafvorwürfe gemacht werden, hatte, wie gesagt, das BMI in der letzten Woche vorgetragen.

VORS. BUSCHOW: Wollen Sie kurz ergänzen?

ALTER: Ja, das kann ich machen. Die Position unseres Hauses ist im Grunde genommen in drei Punkten zusammengefasst. Erstens: Es kann keine pauschale Übernahme geben, sondern die Entscheidung muss im jeweiligen Einzelfall getroffen werden. Zweitens: Bei der Person, die wir übernehmen sollen, muss die Identität völlig zweifelsfrei geklärt sein. Drittens: Derjenige, der nach Deutschland übernommen wird, darf für die hiesige Bevölkerung keine Gefahr darstellen. Das sind im Wesentlichen die Eckpunkte. Was insbesondere den dritten Punkt betrifft, haben wir es hier ja mit Menschen zu tun, die ausgereist sind, um gegen unsere Bevölkerung, gegen unser Wertesystem zu kämpfen. Insofern ist die Position, die wir vertreten, auch angesichts der aktuellen Situation noch richtig.

ZUSATZFRAGE BAŞAY: Nichtsdestotrotz sind das ja deutsche Staatsbürger. Lassen Sie diese Leute dort?

ALTER: Die Position, die ich gerade vorgetragen habe, bezieht sich auf Personen, die einen Deutschlandbezug haben, ja.

FRAGE TOREBKO: Ich habe noch einmal eine Frage zur Flucht der IS-Kämpfer: Gibt es seitens der Bundesregierung Maßnahmen, um zurückreisende IS-Kämpfer zu erkennen und zu überwachen?

ALTER: Ich glaube, diese Frage kann ich beantworten: Eine unerkannte oder unkontrollierte Einreise von diesen IS-Kämpfern in Richtung Europa oder Deutschland gilt es zu verhindern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wir an den Außengrenzen des Schengen-Raums systematische Grenzkontrollen haben, das heißt, jede Person, die über die Grenze kommt, wird kontrolliert, und es wird auch jede Person beim Grenzübertritt fahndungsmäßig überprüft. Das bedeutet, dass Personen, die in Deutschland mit dem besonderen Zusatz „ausländische Kämpfer“ im Fahndungssystem bzw. im Schengener Informationssystem erfasst worden sind, im Rahmen dieser Grenzkontrollen auch erkannt werden. Das heißt, es greifen die Mechanismen, die an den Grenzen gelten an den Luftgrenzen, an den Seegrenzen und auch an den Landgrenzen und die auch ungeachtet der aktuellen Situation verhindern sollen, dass Straftäter oder schwere Straftäter nach Europa in den Schengen-Raum einreisen.

ZUSATZFRAGE TOREBKO: Darüber hinaus gibt es aber keine weiteren Überwachungsmaßnahmen?

ALTER: Da müssen Sie spezifizieren, worauf Sie abstellen. Wir können von hier aus nicht in Nordsyrien Überwachungsmaßnahmen durchführen.

FRAGE JESSEN: An Herrn Burger: Der ehemalige US-Sonderbeauftragte für den Kampf gegen den IS, Brett McGurk, hat gesagt, er befürchte, dass die Türkei dauerhaft ihr Staatsgebiet auf Teile Nordsyriens ausdehnen wolle. Teilt die Bundesregierung diese Sorge?

Zum Zweiten: Es sind jetzt Assad-Truppen auf dem Weg Richtung Nordgrenze. Befürchtet die Bundesregierung, dass es zu direkten militärischen Auseinandersetzungen, zu direkten Kriegshandlungen zwischen Syrien und der Türkei kommt?

BURGER: Ich kenne keine Äußerungen vonseiten der türkischen Regierung, die in die von Ihnen angedeutete Richtung weisen würden. Die Türkei spricht in ihren eigenen Erklärungen davon, dass sie eine Sicherheitszone einrichten möchte, davon, dass sie dort ihre eigenen Sicherheitsinteressen schützen möchte. Insofern möchte ich nicht darüber spekulieren, welche anderen Motive da vorliegen oder nicht vorliegen.

Ich glaube, zu dem anderen Aspekt, den Sie genannt haben, hat Herr Seibert, hat die Bundesregierung im Prinzip von Anfang an gesagt, dass wir befürchten, dass diese Militäroperation zu einer weiteren Destabilisierung der Situation in Syrien beiträgt, die ohnehin schon extrem kompliziert und von unzähligen Konfliktlinien geprägt ist, die sich dort in den letzten Jahren entwickelt und immer weiter verschärft haben. Vor diesem Hintergrund sehen wir auch die Meldungen über Vereinbarungen zwischen den Kurden und der syrischen Regierung. All das macht die Situation nicht leichter, sondern verkompliziert die Situation natürlich weiter.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Technische Nachfrage: Verfügt die Bundesregierung über eigene Informationsquellen in der Region?

BURGER: Wir haben dort keine diplomatische und keine konsularische Vertretung. Wir haben hier öfter darüber gesprochen, dass wir Kontakte zu Gesprächspartnern in der Region haben, zu Nichtregierungsorganisationen, zu

ZUSATZ JESSEN: Diensten?

BURGER: Ich glaube, darüber haben wir wahrscheinlich nicht gesprochen. Dazu habe ich natürlich sowieso nichts beizutragen.

Was ich Ihnen sagen kann, ist: Wir bemühen uns natürlich, uns unter Zuhilfenahme aller möglichen Mittel, die uns zur Verfügung stehen Medienberichte, aber auch die Kontakte zu Personen, die sich in der Gegend aufhalten , das bestmögliche Lagebild zu verschaffen, aber dadurch, dass wir dort keine eigene Vertretung haben, sind wir da sehr eingeschränkt.

FRAGE WIEGOLD: Ich möchte gerne ein mögliches Missverständnis klären: Herr Alter, auf die Frage des Kollegen, ob die von Ihnen genannten Begrenzungen für die Rückkehr von IS-Kämpfern auch für deutsche Staatsbürger gelten, haben Sie geantwortet: Ja, das gilt für Personen mit Deutschlandbezug. Nun gehe ich einmal davon aus, dass auch im BMI bekannt ist, dass Deutschlandbezug und deutsche Staatsbürgerschaft zwei unterschiedliche Dinge sind. Könnten Sie das noch präzisieren? Ist Ihre Aussage: Deutsche Staatsbürger werden an der Anreise nach Deutschland gehindert, wenn sie eine Gefährdung für Deutschland sind?

ALTER: Das sind zwei unterschiedliche Sachverhalte, die wir nicht miteinander vermischen sollten. Ich habe eine Aussage getroffen, die sich auf die Frage bezog, ob wir Personen aus Nordsyrien nach Deutschland holen. Sie wissen, dass, wenn ein deutscher Staatsangehöriger an einem Grenzübergang in Deutschland erscheint, schon Kraft seiner Staatsangehörigkeit eine Zurückweisung nicht möglich ist. Das ist aber ein anderer Fall. Ich rede von

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Das weiß ich, aber der Kollege hatte gezielt nach deutschen Staatsbürgern gefragt. Deswegen frage ich ja.

ALTER: Die Position, die ich vorgetragen habe, gilt auch für deutsche Staatsangehörige, die sich derzeit in Nordsyrien befinden. Insofern ist die Aussage nicht falsch; wir reden nur von unterschiedlichen Sachverhalten. Das eine ist die Aufnahme, das andere ist die Einreise an einem deutschen Grenzübergang.

ZUSATZFRAGE WIEGOLD: Das heißt, die müssten dann schon selber gucken, wie sie zum deutschen Grenzübergang hinkommen?

ALTER: Das ist Ihre Interpretation. Ich habe die rechtliche Situation dargestellt. Wenn ein deutscher Staatsangehöriger an einem deutschen Grenzübergang steht, dann kann man ihn aus rechtlichen Gründen nicht zurückweisen, aber dann greifen die Sicherheitsmechanismen der Sicherheitsbehörden im Inland in vollem Umfang. Dieser Fall ist im Moment aber spekulativ.

FRAGE HERZOG: Wahrscheinlich an das Wirtschaftsministerium: Warum muss ein Netzwerkausstatter laut dem jüngsten Entwurf der Sicherheitsanforderungen der Bundesnetzagentur für den Mobilfunkausbau nicht mehr objektiv vertrauenswürdig sein, sondern das nur noch in einer Erklärung zusichern?

EICHLER: Zum Katalog der Sicherheitsanforderungen kann ich im Moment nur sagen, dass schon in den Eckpunkten unsere Haltung war, dass wir hohe Standards festlegen, die dann für alle gelten und an die sich alle halten müssen.

ZUSATZFRAGE HERZOG: Diese konkrete Veränderung, diese Verschiebung können oder wollen Sie also nicht kommentieren?

EICHLER: Hier kann eventuell das BMI ergänzen.

ALTER: Wir haben ja im Grunde genommen unsere Position dazu nie verändert. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir keinen anbieterspezifischen Ansatz wählen. Die Sicherheitsanforderungen, die durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik gesetzt werden, müssen vielmehr so geschaffen sein, dass sie völlig unabhängig davon, um welchen Anbieter es hier geht, den Anforderungen entsprechen. Das heißt, es ist ein horizontaler Ansatz, bei dem die einzelnen Komponenten Anforderungen erfüllen müssen und nicht die Frage im Raum steht, von welchem Anbieter sie kommen. Das ist eine Position, die wir von Anfang an so vertreten haben.

STS SEIBERT: Wenn ich das hinzufügen darf: Wir haben diese Sicherheitsanforderungen ja erweitert. Den konkreten Katalog das ist schon gesagt worden wird die Bundesnetzagentur sehr zeitnah vorstellen, den werden wir hier jetzt nicht kommentieren. Grundsätzlich ist es aber so, dass wir den Ansatz haben da hat sich nichts verändert : Wir schließen keinen Akteur, kein Unternehmen von vornherein aus, aber wir stellen einen Katalog erweiterter strenger Sicherheitsanforderungen auf, und denen muss jeder, der beteiligt werden will, Folge leisten natürlich bei ständiger Überprüfung der Sicherheit der Systeme. Denn das ist auch klar: Beim Betrieb und beim Ausbau des Mobilfunknetzes bzw. im gesamten digitalen Bereich ist die Sicherheit für uns ein sehr hohes Gut, und dem tragen wir auf diese Art und Weise Rechnung.

FRAGE DR. RINKE: An das Wirtschaftsministerium und an das Innenministerium: Wenn dieser Sicherheitskatalog vorliegt, wann können wir dann mit einer Entscheidung rechnen, ob ein Unternehmen wie Huawei Ausrüster sein darf oder nicht? Gibt es dafür einen Zeitplan oder eine zeitliche Begrenzung?

Eine Frage, die ein bisschen von Huawei abweicht, sich aber auch auf 5G bezieht: Der VDMA hat dem Finanzministerium heute vorgeworfen, dass die Frequenzgebühren, die bei 5G erhoben werden, fünfmal so hoch seien wie von der Bundesnetzagentur vorgeschlagen, und anders als andere Ministerien verfolge das Finanzministerium den Plan, diese erhöhten Gebühren zu verlangen. Können Sie uns sagen, ob das stimmt und warum Sie das tun?

EICHLER: Ich fange einmal an: Ich kann Ihnen da keinen konkreten Zeitrahmen nennen. Die BNetzA wird in Kürze den Katalog veröffentlichen, und dann wird es erst einmal eine Konsultationsfrist geben. Das sind jetzt die nächsten Schritte. Insofern kann ich Ihnen auf Ihre Frage im Moment keine Antwort geben.

DR. KALWEY: Zu Ihrer Frage an mich: Ich kann Ihnen dazu nur sagen, dass die Gespräche dazu derzeit innerhalb der Regierung laufen und ich die aktuelle Berichterstattung nicht kommentiere.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Können Sie uns denn einen Grund geben, warum das Finanzministerium anders als offenbar andere Ministerien einen fünfmal so hohen Gebührensatz ansetzt, wie ihn die Bundesnetzagentur vorschlägt?

DR. KALWEY: Wie gesagt, wir sprechen innerhalb der Regierung dabei bleibt es.

FRAGE REIFENRATH: Frau Eichler, können Sie schon sagen, in welchen Bereichen Huawei-Technik eingesetzt werden darf? Stehen da schon Beschränkungen fest?

EICHLER: Wir haben ja gerade gesagt, dass wir den Sicherheitskatalog demnächst vorlegen werden. Ich würde sagen, alles Weitere klären wir, wenn der vorliegt.

FRAGE HÖHNE: Gibt es denn technische Möglichkeiten, auszuschließen, dass über diese 5G-Netze Spionage betrieben wird? Hat die Bundesregierung dazu Erkenntnisse? Ich frage ein bisschen in die Runde, weil ich mir nicht sicher bin, wer da jetzt zuständig ist.

VORS. BUSCHOW: Das BMI vielleicht?

ALTER: Ich kann Ihnen nur sagen, dass diese Sicherheitsanforderungen ja genau deshalb definiert werden, damit solche Dinge nicht geschehen. Der Ansatz, der gewählt wird, ist ein Ansatz, bei dem Kriterienkataloge, die von Fachexperten erstellt werden, erfüllt sein müssen. Dann kann im Rahmen des Zertifizierungsprozesses entschieden werden, welcher Anbieter für bestimmte Komponenten infrage kommt. Ich sehe im Moment nicht, dass es eine pauschale Zusage oder Absage an bestimmte Anbieter geben kann; denn das Konzept, das dahintersteht, ist eines, das unterschiedliche Komponenten in völlig unterschiedlichen Infrastrukturumgebungen berücksichtigt. Das heißt, es kann dazu kommen, dass eine Komponente von einem Anbieter in einem Infrastrukturbereich zugelassen wird und eine andere in einem anderen Bereich vielleicht Kernkomponente in einem kritischen Bereich nicht. Man kann das nach dem Ansatz, wie ich ihn verstanden habe, also nicht auf den Namen des Anbieter pauschalisieren.

FRAGE STUCHLIK: Herr Seibert, das „Handelsblatt“ berichtet, dass das Kanzleramt interveniert habe, um die Sicherheitsanforderungen für die Telekommunikationsnetze abzuschwächen, da die Kanzlerin ein Zerwürfnis mit China befürchte. Möchten Sie das kommentieren? Ist das so?

STS SEIBERT: Ja, es gab diese Berichterstattung, die habe ich auch zur Kenntnis genommen. Da hieß es, eine Verbotsklausel oder so sei da vonseiten des Bundeskanzleramts herausgenommen worden. Dazu kann ich sagen: Unseres Wissens hat es in keiner der Entwurfsfassungen eine solche Verbotsklausel gegeben; deshalb hat es auch keine Intervention des Bundeskanzleramts gegeben, um die von der Bundesnetzagentur entworfenen Sicherheitsanforderungen abzumildern. Wir haben ja das Interesse, dass wir mit dieser erweiterten und damit ja gerade nicht abgemilderten, sondern im Gegenteil verschärften Sicherheitsanforderungen dieses hohe Gut der Sicherheit beim Betrieb und Aufbau der Netze gewährleisten können. Das andere Mittel, mit dem wir das tun wollen, ist, dass wir kontinuierlich die Sicherheit der Systeme überprüfen werden.

ZUSATZFRAGE STUCHLIK. Auch die Bundesregierung kennt ja die Möglichkeiten des chinesischen Staates, auf Unternehmen zuzugreifen. Warum stufen Sie solche Unternehmen nicht als nicht vertrauenswürdig ein?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen nur noch einmal den Ansatz nennen. Der Ansatz ist, nicht von vornherein einen Akteur, ein Unternehmen auszuschließen, sondern stattdessen zu sagen: Das ist das, was wir an strengen Sicherheitsanforderungen haben; diese müssen erfüllt werden und werden ständig überprüft. So ist unser Vorgehen. Auch das ist aus unserer Sicht eine Gewährleistung für Sicherheit.

FRAGE HERZOG: Im Nachgang dazu, dass Herr Seibert eben sagte, die Sicherheitsanforderungen würden verschärft: Wenn der Anbieter jetzt selber zusichern muss, dass er vertrauenswürdig ist, dies aber nicht objektiv überprüft wird, inwieweit ist das dann eine Verschärfung?

STS SEIBERT: Ich habe ja von der kontinuierlichen Überprüfung der Systeme und ihrer Sicherheit gesprochen.

FRAGE JUNG: Ist das so etwas wie beim Klimapaket, Herr Seibert? Wird das also auch jedes Jahr neu überprüft und dann gegebenenfalls nachgesteuert?

STS SEIBERT: Ich glaube, Herr Jung, das sind zwei so radikal unterschiedliche Themen beide für sich sehr komplex , dass wir hier jetzt nicht mit Vereinfachungen arbeiten sollten.

ZUSATZ JUNG: Sie hatten mich gerade in Ihrer Wortwahl daran erinnert.

STS SEIBERT: Deswegen möchte ich Ihnen ja ausreden, dass wir das so vereinfachen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Geht es der Bundesregierung sorgentechnisch denn nur um chinesische Hardware oder auch um amerikanische? Experten warnen ja eindringlich davor und sagen, amerikanische Hardware sei genauso zu behandeln wie chinesische Hardware. Snowden hat ja bewiesen, dass Cisco und andere Unternehmen nachweislich mit der NSA zusammenarbeiten müssen, um dort Backdoors einzubauen.

STS SEIBERT: Es geht uns darum, dass wir beim Ausbau und beim späteren Betrieb der Mobilfunknetze das höchstmögliche Maß an Sicherheit haben. Die Sicherheitsanforderungen, die die Bundesnetzagentur veröffentlichen wird, gelten für alle.

FRAGE JENNEN: Wenn das mit den vertrauenswürdigen Partnern jetzt herausgenommen wurde: Auch innerhalb der Bundesregierung gibt es ja durchaus Bedenken mit Blick auf China und die Sicherheitspraktiken. Wird denn dann auf anderer Ebene bilateral weiter daran gearbeitet, da zu einer besseren Sicherheit zu kommen, und in welcher Form? In Form einer Vereinbarung, eines Abkommens, oder ist das vom Tisch?

STS SEIBERT: Das breite Thema der Cybersicherheit und der Sicherheit in der Datenübertragung ist immer ein wichtiges Thema bei Gesprächen zwischen Deutschland und China, und wir werden sicherlich immer wieder Anlass haben, das neu vorzubringen. Dazu sind verschiedene Runden gelaufen, aber das ist jetzt natürlich eine sehr pauschale Frage. Jetzt geht es um die Frage der Mobilfunknetze und der Ausrüster, die sich beim Ausbau und Betrieb dieser Netze engagieren wollen, sowie um die konkrete Frage, welchen Sicherheitsstandards diese Ausrüster dabei genügen müssen und das sind strenge.

FRAGE HÖHNE: Vielleicht habe ich es einfach falsch verstanden: Bestätigen Sie, dass es diese Klausel gab und dass sie jetzt nicht mehr enthalten ist?

STS SEIBERT: Nein, das bestätige ich nicht ich dächte, ich hätte es auch gesagt.

ZUSATZFRAGE HÖHNE: Ich frage, weil die Kollegin das gerade meinte und Sie da nicht widersprochen haben.

STS SEIBERT: Nein, nein. Ich dachte, ich hätte es so gesagt, aber ich sage es gerne noch einmal vielleicht liegt es an mir : Eine solche angebliche Verbotsklausel hat es meines Wissens oder unseres Wissens in keiner der Entwurfsfassungen gegeben, und deswegen hat es auch eine solche Intervention des Bundeskanzleramtes nicht gegeben.

FRAGE: Herr Seibert, bei der gestrigen Parlamentswahl in Polen hat die regierende PiS-Partei hat klar gewonnen. Ich möchte Sie einfach um eine erste Reaktion bitten. Erwarten Sie eine Verbesserung der Zusammenarbeit oder eine Verschlechterung?

STS SEIBERT: Die Auszählung ist noch nicht abgeschlossen, und das amtliche Endergebnis liegt noch nicht vor. Aber schon jetzt zeichnet sich ein großer Wahlerfolg für die Regierungspartei und den Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki ab.

Die Bundeskanzlerin hat dem polnischen Ministerpräsidenten Morawiecki zum Wahlsieg gratuliert. Deutschland und Polen sind Freunde, Nachbarn und Partner. Wir wollen die enge Zusammenarbeit auch mit der neuen Regierung im Interesse der Bürger auf beiden Seiten und im Interesse Europas fortsetzen.

FRAGE STUCHLIK: Im Nachgang zu Halle möchte ich das Innenministerium zur Debatte um Gaming fragen. Hat die Bundesregierung vor, bestimmte Computerspiele zu verbieten? So hätte man die Aussagen des Innenministers deuten können.

ALTER: Ich bedanke mich für die Frage, weil sie mir die Gelegenheit gibt, noch einmal einzuordnen, wie der Minister das, was er am Freitag gesagt hat, gemeint hat.

Erstens: Es geht um die Bekämpfung von schwersten Straftaten. Es geht darum, dass wir die potenziellen Täter Extremisten oder sonstige Tätertypen finden können, und zwar in allen Bereichen, in denen sie sich bewegen und aktiv sind.

Zweitens: Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich bestimmte Täter vorwiegend im Netz aufhalten, um sich zu vernetzen und auch zu kommunizieren, und dass sie das auch in bestimmten Spieleplattformen tun.

Drittens: Damit ist überhaupt nicht und in keiner Form beabsichtigt, die gesamte Spielebranche oder Gamerszene in Misskredit zu bringen. Es geht um Extremisten, um schwere Straftäter, die sich in diesen Räumen bewegen, und nicht darum, eine gesamte Branche zu diskreditieren.

ZUSATZFRAGE STUCHLIK: Auf manchen Spieleplattformen finden sich überdurchschnittlich viele rechtsextreme Äußerungen. Überlegen Sie, mit einzelnen Maßnahmen auf einzelne Anbieter zuzugehen und sie zu verbieten?

ALTER: Ich kann Ihnen sagen, dass es unseren Überlegungen entspricht, dass wir in bestimmte Bereiche vordringen müssen, um zunächst einmal Erkenntnisse zu sammeln, die dazu führen, dass schwere Straftaten verhindert und Täter frühzeitig erkannt werden. In diesem Zusammenhang werden im Moment alle Facetten geprüft, die geeignet sind, um dieses Ziel zu erreichen.

Das wird aber immer nach rechtsstaatlichen Grundsätzen erfolgen. Das heißt, es muss klare Rechtsgrundlagen und für bestimmte Maßnahmen auch die Einbeziehung der Justiz geben. Das ist, im Grunde genommen, die Messlatte, an der wir uns orientieren.

Wir sind im Moment noch nicht in einem Stadium, in dem wir sagen könnten, dass konkrete Verbotsüberlegungen oder Ähnliches angestellt würden. Dazu ist es im Moment noch viel zu früh.

FRAGE JUNG: Sie sagten etwas von bestimmten Spieleplattformen. Welche sind das?

ALTER: Ich kann und will das an dieser Stelle nicht näher spezifizieren, weil gerade dies zu einer Pauschalisierung führt. Wenn man bestimmte Bereiche oder bestimmte Spiele konkret benennt, dann kommt es zu den Pauschalurteilen, die wir auf jeden Fall vermeiden wollen.

Es geht darum, zu schauen, wo sich Extremisten bewegen und in welche Bereiche sie vordringen. Daran orientieren wir uns.

STS SEIBERT: In Deutschland gibt es doch wahrscheinlich Millionen von Gamern. Wahrscheinlich gibt es sie auch hier im Saal, unten wie oben. Wir sind

ZUSATZ JUNG: 34 Millionen, ja!

STS SEIBERT: Okay, dass es so viele sind, hätte ich gar nicht gedacht; aber in jedem Falle gibt es Millionen. Sie sind in der überwiegenden Mehrzahl natürlich völlig unbescholten.

Worauf der Bundesinnenminister zu Recht hingewiesen hat, ist, dass rechtsextremistische Gewaltverherrlichung auch im digitalen Raum ein Problem darstellt und dass Rechtsextremisten auch Plattformen, die bei Gamern populär sind, für ihre Zwecke missbrauchen. Es ist die Pflicht des Staates und die Pflicht einer Regierung, aufmerksam zu sein und die Rechtsextremisten auch dort zu bekämpfen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Von den 34 Millionen Gamern in Deutschland spielen 41 Prozent Shooterspiele. Also fühlen sich dadurch, dass Ihre Aussagen so vage sind, jetzt gerade 14 Millionen verdächtigt.

Warum können Sie nicht spezifizieren, was Sie meinen und wie Sie es meinen? Meinen Sie Onlinegamingspiele, Twitch-Spiele, Playstation-Spieler, PC-Spieler?

ALTER: Ich kann vielleicht in anderen Worten nur noch einmal wiederholen, was ich eben gesagt habe. Das Entscheidende ist doch nicht, dass jemand ein Spiel spielt, egal welches Spiel, sondern das Entscheidende ist, dass es diese Kombination geben kann, wenn sich ein möglicherweise schon tatentschlossener extremistischer Täter in diese Bereiche hineinbegibt, um sich zu vernetzen, zu kommunizieren und vielleicht auch mit bestimmten Spielen seine Hemmungen abzubauen, bevor er den Tatentschluss in der Realität umsetzt. Das ist der Ansatz.

Das heißt, die Perspektive, die wir im Bundesinnenministerium haben, ist bezogen auf potenzielle extremistische Straftäter und nicht auf Menschen, die Spiele spielen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Haben Sie wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass es einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Menschen, die Attentate begehen oder Amok laufen, und Gamern gibt?

ALTER: Wir haben aus Einzelfällen die Erkenntnis, dass sich Täter, die schwerste Straftaten begangen haben, vorher in diesen Welten bewegt haben. Das ist aber gleichermaßen nicht pauschal zu bewerten, sondern das ist ein spezifischer Erfahrungswert, der vorhanden ist und der zumindest entkräftet, dass man diesen Zusammenhang völlig negieren kann. Das ist in der Praxis erkannt worden.

Darüber hinaus bleibt es aber dabei: Man ist kein potenzieller Straftäter, nur weil man ein Spiel spielt. Das ist eine ganz gefestigte Position auch des Bundesinnenministers.

FRAGE STUCHLIK: Es wurde viel darüber gesprochen, dass man bereits im Vorfeld Prävention betreiben wolle, auch bei Hasspostings. Können Sie mir sagen, ab wann ein Hassposting ein strafrechtlich relevanter Fall ist? Wie ist das definiert?

MALACHOWSKI: Ein Posting kann eine Vielzahl von Straftatbeständen erfüllen. Die Straftatbestände finden Sie im Strafgesetzbuch. Es fängt bei Volksverhetzung an und geht über Beleidigung und Verleumdung. Ich kann das alles hier nicht abschließend aufzählen. Im NetzDG, das sich auf eine Zahl von Straftatbeständen beschränkt, die besonders behandelt werden müssen, finden Sie das aufgelistet.

ZUSATZFRAGE STUCHLIK: Plant die Bundesregierung, eine Anzeigepflicht für Netzbetreiber auf den Weg zu bringen?

MALACHOWSKI: Das ist im Gespräch, ja. Unsere Ministerin hat sich dazu geäußert. Ich kann Ihnen das gleich heraussuchen und wiedergeben. Aber ich kann Ihnen dazu jetzt noch nichts Konkretes sagen.

ALTER: Ich könnte das vielleicht ergänzen. Der Bundesinnenminister fordert drei Dinge.

Erstens: Internetprovider sollen strafbare Inhalte, insbesondere solche, die unter Hasskriminalität fallen, an das Bundeskriminalamt melden müssen. Das Bundeskriminalamt muss im Einzelfall auch die zugehörigen IP-Adressen erhalten.

Zweitens: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Bundespolizei müssen die Quellen-TKÜ durchführen können, damit Terroristen, Extremisten und Kriminelle nicht verdeckt kommunizieren können.

Drittens: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Bundespolizei müssen Onlinedurchsuchungen durchführen können, um auf Daten von Terroristen, Extremisten und Kriminellen im Netz zugreifen zu können.

Das sind die Forderungen.

ZUSATZFRAGE STUCHLIK: Herr Alter, nehmen wir als Beispiel Facebook. Im Moment leistet Facebook einer Aufforderung auf Herausgabe nur dann Folge, wenn es sich um wirklich schwere Straftaten handelt. In allen übrigen Fällen müssen langwierige Rechtsverfahren angestrebt werden. Hat die Bundesregierung vor, so etwas wie in Frankreich zu machen, wo es ein beschleunigtes Verfahren gibt?

ALTER: Diese Detailfragen kann ich Ihnen an dieser Stelle noch nicht beantworten. Sie wissen, dass wir dazu auf Ressortebene im Gespräch sind.

Ich habe die Forderung in einer allgemeinen Form beschrieben. Wie man das gesetzlich konkret ausgestaltet, muss man abwarten. Jedenfalls soll es nicht der Freiwilligkeit eines Unternehmens vorbehalten bleiben, mitzuwirken oder nicht.

FRAGE JESSEN: Herr Alter, der Datenschutzbeauftragte, Herr Kelber, hat ziemlich explizit vor Teilen dessen gewarnt, was er jetzt als Strategie Ihres Hauses sieht. Wie gehen Sie mit dieser Kritik um? Sehen Sie berechtigte Ansätze in Kelbers Sorgen, oder sagen Sie: „Der Mann liegt falsch“?

ALTER: Zunächst einmal ist die Frage, die Sie stellen, sehr allgemein. Deswegen kann ich Sie auch nur allgemein beantworten. Ganz allgemein will ich sagen, dass der Beauftragte für Datenschutz in dieser Bundesregierung eine sehr wichtige Funktion hat und uns auch immer darauf hinweist, wo mit Blick auf Datenschutzfragen mögliche Grenzen bestehen. Diese Kritik nehmen wir sehr ernst und lassen sie in unsere Überlegungen mit einfließen. Aber am Ende ist es immer eine Frage der Abwägung unterschiedlicher Interessen.

Ich habe es eingangs gesagt: Wir reden hier nicht über Bagatelldelikte, sondern wir reden hier über schwerste Straftaten, die verhindert werden sollen. Das ist im Übrigen der Anspruch, der gerade vergangene Woche immer wieder an die Bundesregierung formuliert wurde. Genau das versuchen wir maßvoll in Einklang zu bringen. Das heißt also, dass wir die Kritik zur Kenntnis nehmen. Ob wir am Ende zur gleichen Auffassung gelangen können, das muss man im Einzelfall prüfen.

ZUSATZFRAE JESSEN: Um das zu explizieren: In seiner Kritik sagte Herr Kelber, anstatt weitere Eingriffe in Grundrechte der Bürger also in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung vorzunehmen, sollte das Innenministerium lieber Vollzugsdefizite beheben.

Können Sie diese Kritik nachvollziehen? Hat er damit recht?

ALTER: Man kann, im Grunde genommen, beides tun. Man muss einerseits Vollzugsdefizite abbauen, wenn sie existieren, aber andererseits, wenn wir über die Frage sprechen, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz die Möglichkeit erhalten soll, verschlüsselte Kommunikation zu sehen, auch zur Kenntnis nehmen, dass es in der heutigen Zeit einfach ein Fakt ist, dass die Kommunikation in diesen Bereichen sehr häufig verschlüsselt ist. Wenn wir die Sicherheitsbehörden nicht mit entsprechenden Befugnissen ausstatten, dann sind wir dort schlicht blind. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Wenn wir das nicht können, dann werden wir bestimmte Schutzmaßnahmen, auf die die Bevölkerung einen berechtigten Anspruch hat, nicht durchführen können. In genau dieser Abwägung befinden wir uns.

FRAGE: Herr Seibert, wie bewertet die Bundesregierung das Urteil des spanischen Obersten Gerichtshofes, der neun katalanische Politiker wegen Aufruhrs zu Haftstrafen von sechs bis 13 Jahren verurteilt hat?

STS SEIBERT: Wir haben über die lange Zeit, in der dieses Thema die Menschen beschäftigt, immer wieder unsere Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass der Katalonien-Konflikt innerhalb der spanischen Rechts- und Verfassungsordnung zu behandeln ist. Dies ist mit den heutigen Urteilen durch das oberste Gericht Spaniens geschehen. Ich habe sie für die Bundesregierung nicht zu kommentieren.

FRAGE DR. RINKE: Eine Frage zum Brexit: Herr Seibert, britische Medien berichten, dass Herr Johnson heute das Gespräch sowohl mit der Kanzlerin als auch mit dem französischen Präsidenten sucht. Gibt es die Verabredung, dass man gemeinsam telefoniert oder dass man sich irgendwo trifft? Vielleicht können sie uns etwas dazu sagen.

STS SEIBERT: Wir werden Sie über Gespräche im üblichen Verfahren informieren.

FRAGE HERZOG: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin verzichtet heute auf die Teilnahme an einer Sondersitzung der Unionsfraktion zum Jahrestag der friedlichen Revolution und nimmt stattdessen an einem Symposium zu Ehren ihres Ehemannes teil.

Können Sie erläutern, um welches Symposium es geht? Wann und wo findet es statt? Wer hält die Festrede? Warum kam die Absage für Leipzig so kurzfristig?

STS SEIBERT: Zunächst einmal kann ich bestätigen, dass die Bundeskanzlerin in der Tat nicht an der Leipziger Sondersitzung der CDU/CSU-Fraktion teilnehmen wird.

Sie besucht ein wissenschaftliches Seminar zu Ehren von Professor Sauer, ihrem Ehemann, anlässlich von dessen 70. Geburtstag. Über dieses Symposium, das mit der Bundesregierung ja nichts zu tun hat, kann ich Ihnen keine präzisen Angaben machen. Das ist keine Angelegenheit der Bundesregierung.

Es gab Terminverschiebungen, die die Absage nötig machten. Die Kanzlerin hat die Fraktion darüber natürlich informiert. Sie hat mit dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Brinkhaus, ein Gespräch über ihre Erinnerungen an die friedliche Revolution geführt. Ein Video dieses Gesprächs wird bei der Veranstaltung in Leipzig gezeigt.

FRAGE: Herr Alter, laut einem Medienbericht hat der Innenminister in den Jahren 2018 und 2019 acht Mal die Flugbereitschaft der Bundeswehr in Anspruch genommen, um sich zum Flugplatz Ingolstadt/Manching in der Nähe seines Wohnortes bringen zu lassen. Könnten Sie sagen, in welchem Zusammenhang diese Reisen erfolgten?

ALTER: Ich habe keine Liste von Dienstreisen dabei, anhand derer ich genau spezifizieren könnte, wann er wo gewesen ist. Im Allgemeinen Sie wissen, dass der Bundesinnenminister eine Schutzperson ist äußern wir uns auch weder zu vergangenen noch zu zukünftigen Reisebewegungen des Bundesinnenministers.

Was die Inanspruchnahme der Flugbereitschaft angeht, kann ich Ihnen nur sagen, dass es einen sehr detaillierten Anforderungskatalog vom Bundesministerium der Verteidigung gibt und dass wir uns nach diesem Anforderungskatalog richten.

ZUSATZFRAGE: Können Sie sagen, ob reine Heimflüge darunter waren, also von einer Dienstreise nach Hause, wie in dem Medienbericht unterstellt?

ALTER: Ich kann nur das wiederholen, was ich eben schon gesagt habe. Es gibt strenge Anforderungen dafür, wann ein Bundesminister die Flugbereitschaft für Dienstreisen in Anspruch nehmen kann. Nach diesen Kriterien richten wir uns.

FRAGE JUNG: Gehören Heimatflüge zu diesen Kriterien?

ALTER: Wenn der Bundesinnenminister zu einer Dienstreise nach Ankara fliegt, dann ist klar, dass er auch wieder nach Deutschland kommen muss.

ZUSATZ JUNG: Aber wenn er nach Ingolstadt fliegt, dann fliegt er ja nach Hause.

ALTER: Dann fliegt er aber nicht ohne den Bezug zu einer Dienstreise dorthin, sondern dann ist dem Flug nach Ingolstadt ein dienstlicher Zweck vorausgegangen. Es gibt keine Privatflüge, um schneller von A nach B zu kommen.

ZUSATZ JUNG: Das heißt, wenn er von zu Hause zum Dienst und zurück fliegt, dann ist das ein dienstlicher Zweck, weil er zum Dienst geflogen ist.

ALTER: Nein, das ist nicht der Fall. Der Bundesinnenminister fliegt mit der Flugbereitschaft, wenn die strengen Anforderungen und Vorgaben des BMVg erfüllt sind. Wenn ein Dienstgeschäft erfüllt werden muss beispielsweise der JI-Rat in Luxemburg oder eine Reise nach Ankara oder Athen , dann ist klar, dass er auch wieder nach Hause kommen muss.

FRAGE HERZOG: Es wäre schön, wenn das Verteidigungsministerium die Leitlinien erläutern könnte. Gibt es irgendwelche Regeln, wonach der Heimflug in der Regel nach Berlin zu erfolgen hat, außer wenn es gute Gründe gibt? Vielleicht können Sie einfach die Details liefern.

ROUTSI: Vielen Dank. Die Details sehe ich jetzt persönlich nicht bei der Regierungsbank. Ich kann Ihnen nur bestätigen, dass es ein Regularium gibt.

Wenn Sie diesbezüglich noch Informationen benötigen, würde ich Sie bitten, sich an das Pressezentrum der Luftwaffe zu wenden.

ZUSATZFRAGE HERZOG: Herr Alter, am Freitag gab es ein Arbeitstreffen auf EU-Ebene zum Thema der Seenotrettung. Was kam dabei heraus? Gibt es vielleicht weitere Staaten, die sich dem Verteilmechanismus anschließen wollen?

ALTER: Ich habe dazu zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Information. Das Rückkehrgespräch findet heute Nachmittag statt. Ich würde Ihnen die Information gern nachreichen.

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