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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 25. November 2019

Themen: Ankündigung der Bundesjustizministerin zur Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in Unternehmensvorständen, geleakter Bericht zur systematischen Unterdrückung der Uiguren in der Autonomen Region Xinjiang, Berichterstattung über ein Gespräch zwischen der Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten, Auftakt der UN-Klimakonferenz in Madrid, Zypernkonflikt, Inhaftierung eines für die deutsche Botschaft in Ankara arbeitenden Rechtsanwalts, Rückzug Bayerns aus dem Nationalen Bildungsrat, geplanter Besuch der Bundeskanzlerin im Konzentrationslager Auschwitz, Beteiligung von chinesischen Autokonzernen an Daimler, Personalie Rainer Wendt, Pressefreiheit in Ägypten, Positionspapier der SPD zu Rüstungsexporten, Reise von AfD-Abgeordneten nach Syrien, Bericht der OPCW zum angeblichen Giftgasangriff in Duma, Braunkohleausstieg, Beschluss des CDU-Parteitages zur privaten Altersvorsorge, Bericht des UN-Sonderbeauftragten für Folter über Julian Assange, Militärmanöver im Ostsee-Naturschutzgebiet

Ohne naive Fragen heute.

00:01:14 Frauenquote
00:07:17 China Cables / Uiguren
00:19:19 Merkel & Macron
00:28:36 Zypern-Gespräche
00:30:26 Nord Stream 2 & Kanzleramt
00:32:27 Türkei / Botschaftsanwalt
00:36:56 Bildungsrat vs Bayern
00:39:33 US-Atomwaffen in Deutschland
00:41:28 Merkels geplanter Besuch der KZ-Gedenkstätte Auschwitz
00:42:31 Chinesische Anteile an Daimler
00:45:24 Rainer Wendt
00:47:21 Ägypten / Razzia bei regierungskritischen Journalisten
00:49:17 Syrien / Afd besucht Assad-Regierung /Abschiebungen
00:55:15 Syrien / OPCW / Wikileaks
00:57:10 Braunkohle-Gespräche
00:58:06 Riester-Alternative
01:00:33 Assange
01:01:55 Marine-Manöver & Tote Schweinswale in der Ostsee

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 25. November 2019:

FRAGE DR. LOHSE: Meine Frage richtet sich an das Wirtschaftsministerium und möglicherweise auch an Herrn Seibert. Es geht um eine Ankündigung der Justizministerin, eine Frauenquote in Vorständen einzuführen. Sie hat gesagt, man sei bei diesem Vorschlag schon ziemlich weit. Deckt sich das mit der Darstellung des restlichen Teils der Bundesregierung?

DR. BARON: Ich kann gern beginnen. Wenn die Justizministerin dazu Vorschläge vorlegt, dann werden wir sie natürlich prüfen. Denn dazu wären Regelungen im Gesellschaftsrecht zu treffen, das federführend auch im Bundesjustizministerium ressortiert.

ZUSATZFRAGE DR. LOHSE: Sie prüfen also noch nicht, oder?

DR. BARON: Noch kenne ich die konkreten Vorschläge nicht. Aber wenn wir sie bekommen, dann werden wir sie uns natürlich wie immer anschauen und genau prüfen.

VORS. DETJEN: Ist vom Justizministerium noch etwas zu sagen?

KALL: Sie wissen natürlich am besten, was die Justizministerin heute in Ihrer Zeitung gesagt hat. Ich kann es hier trotzdem wiederholen, weil wir noch nicht sehr viel mehr dazu sagen können.

Bisher sind nur 7,6 Prozent der Vorstandsmitglieder von DAX-Unternehmen weiblich. Das liegt weit, weit unter dem, was in Aufsichtsräten mit der verbindlichen Quote von 30 Prozent erreicht worden ist. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass sich viele Unternehmen selbst eine sogenannte Zielgröße null gesetzt haben. In 70 Prozent der Unternehmen, die eine Zielgröße für weibliche Vorstandsmitglieder definiert haben, lautet sie null. Darauf hat sich Frau Lambrecht in dem Interview in der heutigen Ausgabe der „FAZ“, in Ihrer Zeitung, bezogen. Wie Sie sagten, sagte Sie: Wir sind schon ziemlich weit. Konkret bedeutet das, dass ein Gesetzentwurf in gemeinsamer Federführung des Bundesfamilienministeriums und des Bundesjustizministeriums in Arbeit ist. Darin nimmt man sich auch eine Quote für Vorstände vor. Mehr Details können wir dazu noch nicht nennen, weil dieser Gesetzentwurf gerade im Entstehen ist.

ZUSATZFRAGE DR. LOHSE: Ich unterstelle, dass vor den formalen Absprachen über einen Gesetzentwurf in anderen Häusern vorgefühlt und gefragt wurde: „Wie findet ihr das denn?“, vielleicht auch gerade in CDU-geführten Häusern. Deswegen habe ich es beim Wirtschaftsministerium versucht. Ist denn irgendwo anders schon etwas zu diesem Vorschlag angekommen? Gab es so etwas wie informelle Vorabsprachen?

KALL: Das richtet sich ja tatsächlich an die anderen Häuser.

ZUSATZ DR. LOHSE: Ja!

KALL: Ich kann nur sagen, dass es mit Sicherheit auf Fachebene überall Gespräche gab, dass diese Debatte ja seit vielen Jahren geführt wird und dass die Positionen dazu ja auch vielfach bekannt sind.

DR. AUDRETSCH: Ich würde gern für Ministerin Giffey ergänzen. Ich kann auf der einen Seite unterstreichen und mit einer Zahl untermauern, was der Kollege gesagt hat. Wir haben im Moment Zielgrößen für Vorstände. 62 Prozent aller Unternehmen haben sich eine Zielgröße gesetzt. Knapp 70 Prozent gaben diese Zielgröße mit null Prozent an. Das heißt, es ist noch nicht einmal Ziel, etwas daran zu ändern, ob Frauen im Vorstand sind. Ich kann Ihnen noch eine andere Zahl mitgeben: 81 Prozent der Unternehmen setzen sich entweder gar keine Zielgröße oder die Zielgröße null. Wir haben damit also sogar noch eine größere Gruppe von Unternehmen.

Ministerin Giffey hat schon vor einiger Zeit sehr deutlich gesagt, dass es selbstverständlich das Ziel ist, auch in den Vorständen deutscher Unternehmen einen deutlich höheren Frauenanteil zu erreichen. Sie hat wörtlich gesagt: „Es ist kein Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn ab einer bestimmten Vorstandsgröße auch eine Frau dabei sein muss“. Diese Aussage ist nicht neu. Meine Ministerin hat sie auch in der Vergangenheit schon ein paar Mal so getätigt.

Weil Sie nach Abstimmungen gefragt haben: Das ist, wie es der Kollege beschrieben hat, ein gemeinsamer Vorstoß, ein gemeinsamer Gesetzentwurf. Insofern ist es natürlich in sich schlüssig, dass das Bundesfamilienministerium, das Bundesfrauenministerium, und das Bundesjustizministerium dazu in sehr intensiven Abstimmungen sind und dass wir dabei gemeinsam in die gleiche Richtung gehen und diese Forderung auch gemeinsam hier vorbringen.

KALL: Ich kann noch ergänzen, dass es bei der Quotenregelung für Aufsichtsräte ganz genauso war. Für den privatwirtschaftlichen Bereich, Gesellschaftsrecht die BMWi-Kollegin hat es gesagt , sind wir, das Justizministerium, zuständig, und für den öffentlich-rechtlichen Bereich ist das Familienministerium zuständig.

FRAGE BUSCHOW: Haben Sie zumindest schon eine Zielgröße ins Auge gefasst? Für Aufsichtsräte gilt ja: mindestens 30 Prozent. Soll das auch für Vorstände gelten, oder ist dafür eine andere Quote geplant?

KALL: Ich habe gesagt, dass wir uns noch nicht zu Details äußern können. Aber sicherlich haben wir für Aufsichtsräte eine erfolgreiche Regelung geschafft. Vorstände haben etwas andere Strukturen als Aufsichtsräte; deswegen ist das nicht alles übertragbar. Aber es soll sicherlich in diese Richtung gehen.

FRAGE DR. LOHSE: Herr Seibert, hat die Kanzlerin dazu grundsätzlich eine Meinung, auch wenn sie den Entwurf noch nicht kennt?

STS SEIBERT: Von den Kolleginnen und Kollegen ist ja schon sehr viel gesagt worden. Die Unzufriedenheit über die äußerst geringe Zahl weiblicher Vorstandsmitglieder eint uns alle in der Bundesregierung. Das ist weder zufriedenstellend noch, wenn man gesellschaftliche Entwicklungen in Richtung Gleichstellung betrachtet, zukunftsfähig.

Konkrete Vorschläge aus den Häusern werden, wenn sie gemacht sind, natürlich miteinander geprüft und besprochen.

FRAGE REMME: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert und auch Frau Adebahr. Es geht um die Veröffentlichungen, die unter dem Titel „China Cables“ jetzt auf dem Markt sind. Das sind Ausmaße an Internierung und Unterdrückung der Uiguren, die nach Meinung von Experten offenbar auch einen historischen Vergleich mit anderen Staaten der Vergangenheit nicht scheuen müssen.

Welche eigenen Erkenntnisse hat die Bundesregierung? Wie bewertet sie das, was jetzt bekannt geworden ist? Welche Reaktionen wird es von Ihrer Seite aus geben?

ADEBAHR: Die anhaltenden Berichte über die Situation der Uiguren, von der bis zu einer Million Menschen in den sogenannten Umerziehungslagern in Xinjiang betroffen sind, verfolgen wir mit größter Sorge, auch nach den neuerlich bekannt gewordenen Berichten über die Situation dort.

Wir sind seit geraumer Zeit mit der chinesischen Seite zu dem Thema der Uiguren immer wieder im sehr ernsten Gespräch und fordern die chinesische Regierung natürlich weiterhin dazu auf, die Menschenrechtssituation, die dort eklatant schlecht ist, zu verbessern und der UN-Hochkommissarin sowie internationalen Experten ungehinderten Zugang dorthin zu gewähren. Die Lage der Uiguren war schon Schwerpunktthema beim jüngsten deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog im Dezember 2018. Wir sind mit der chinesischen Seite weiterhin darüber im Gespräch mit dem Ziel, dass die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung die Region besuchen kann.

Wir haben im EU-Rahmen und in VN-Gremien sowie über unsere bilateralen Kanäle wiederholt unsere große Besorgnis über die Berichte und die mutmaßlichen Zustände dort zum Ausdruck gebracht, zuletzt auch im Menschenrechtsausschuss der Generalversammlung der Vereinten Nationen, in dem wir gemeinsam mit 23 anderen Staaten ein Statement dazu abgegeben haben.

Wir werden uns die Lage natürlich weiter anschauen. Es ist sicher anzunehmen, dass wir auch die Gelegenheit zum weiteren Dialog über diese Situation sowohl in internationalen Gremien als auch bilateral mit der chinesischen Seite wahrnehmen werden.

ZUSATZFRAGE REMME: Schon seit Tagen sind Forderungen vonseiten des uigurischen Weltkongresses bekannt, aufgrund dieses Systems der Unterdrückung Sanktionen gegen China zu ergreifen, auch vonseiten der Bundesregierung. Ist das eine Option?

ADEBAHR: Ich denke, wir werden mit der chinesischen Seite jetzt erst einmal weiter so, wie wir es schon seit geraumer Zeit mit Nachdruck tun, die Lage der Uiguren dort thematisieren.

STS SEIBERT: Wichtig ist auch, was im Zusammenhang mit der Befassung in der UN-Vollversammlung gefordert wurde, dass nämlich der Menschenrechtsbeauftragten der Vereinten Nationen ungehinderten Zugang zu den Einrichtungen, die jetzt im Mittelpunkt auch der Leaks stehen, gewährt werden muss.

FRAGE BRÖSSLER: Herr Seibert, hält es die Bundesregierung angesichts dessen, was man über die Umerziehungslager, die Uiguren betreffen, weiß, für verantwortbar, wenn deutsche Unternehmen und deutsche Konzerne in der Region Xinjiang investieren und dort Fabriken betreiben?

STS SEIBERT: In einer Situation, in der es keine Sanktionen oder sonstigen rechtlichen Regelungen, die das verbieten würden, gibt, ist das zunächst einmal eine unternehmerische Entscheidung. Natürlich liegen jetzt Berichte über Menschenrechtsverletzungen und über Lager vor, die uns in höchster Weise besorgt machen. Deswegen haben wir gerade dargelegt, dass sich Deutschland im Verbund mit anderen Staaten sehr dafür einsetzt, dass ein Zugang zu diesen Einrichtungen möglich ist und dass unabhängige Berichte vorgenommen werden können.

ZUSATZFRAGE BRÖSSLER: Sollten sich diese Berichte aus Sicht der Bundesregierung bestätigen, würde die Bundesregierung erwarten, dass sich deutsche Unternehmen aus ethischen Gründen aus dieser Region zurückziehen?

STS SEIBERT: Ich habe heute hier den deutschen Unternehmen keinen Ratschlag zu geben. Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, dass diese Berichte überprüft, dass sie vor allem unabhängig überprüft werden können, von Vertretern der Vereinten Nationen und von der Menschenrechtsbeauftragten, und dass es der Weltgemeinschaft möglich ist, sich davon ein Bild zu machen.

FRAGE HÜSCH: Können Sie ausschließen, dass deutsche Unternehmen von den Repressionen gegen die Minderheiten in Form von Zwangsarbeit profitieren?

STS SEIBERT: Dazu kann ich Ihnen hier keine Auskunft geben. Mir liegen darüber keine Informationen vor.

FRAGE JESSEN: Für wie glaubwürdig hält die Bundesregierung die geleakten Berichte? Die chinesische Regierung spricht von Fälschungen und behauptet schon seit Längerem, die Uiguren seien freiwillig und auf eigenen Wunsch in diesen Lagern. Haben Sie eigene Erkenntnisse über Glaubhaftigkeit und Wahrheit dieser Angaben, oder werden Sie sich bemühen, Zugang zu den geleakten Akten zu bekommen, um sie eventuell verifizieren oder falsifizieren zu können?

ADEBAHR: Ich habe ausgeführt, dass uns die Lage der Uiguren in dieser Provinz und in den sogenannten Umerziehungslagern besorgt macht, weil wir schon seit geraumer Zeit Anlass dafür haben, zu glauben, dass die Menschenrechtslage für die Personen, die dort interniert sind, extrem schlecht ist. Das heißt, es ist seit geraumer Zeit ein Thema im Dialog mit der chinesischen Seite, ein Thema, das wir mit den chinesischen Vertretern immer wieder ansprechen. Denn diese Berichte gibt es ja nicht erst seit heute Morgen, sondern es gibt sie seit geraumer Zeit. Wir sind darüber schon seit geraumer Zeit im Gespräch.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Halten Sie das, was jetzt geleakt worden ist, für glaubwürdig, glaubhaft, authentisch oder für gefälscht?

ADEBAHR: Ich will darüber hier kein Zeugnis abgeben. Für die Bundesregierung kann ich, denke ich, sagen, dass uns Berichte, die zu größter Sorge Anlass geben, schon seit geraumer Zeit erreichen und dass wir diese Sorge haben.

FRAGE DR. RINKE: Frau Adebahr, Sie haben eben auf die Menschenrechtsbeauftragte hingewiesen. Haben Sie einen Termin, wann sie in die Region reisen könnte?

Wann findet die nächste Runde des deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialogs statt? Sie hatten als letzten Termin Dezember 2018 erwähnt. Ist ein neuer Termin in Planung und, wenn ja, für wann?

Herr Seibert, gibt es aus Sicht der Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen diesen Vorwürfen und der Vergabe beim 5G-Ausbau an möglicherweise auch chinesische Firmen?

ADEBAHR: Zu Ihren ersten beiden Fragen: Nein, ich kann Ihnen im Moment weder für das eine noch für das andere einen Termin nennen.

STS SEIBERT: Wir haben unsere Sorge bezüglich dessen, was über die Behandlung der Uiguren in Xinjiang sowieso schon bekannt ist und was jetzt durch Dokumente, die an die Öffentlichkeit geraten sind, noch verstärkt wird, schon ausgedrückt.

Bei dem Thema Huawei geht es für uns um Sicherheitsinteressen, und zwar um Sicherheitsinteressen beim Aufbau unseres 5G-Netzes, das natürlich gegen Missbrauch und mögliche Sabotage gesichert werden muss. Dies gilt gegenüber allen Bewerbern, gegenüber allen Firmen und Unternehmen, die sich an diesem Aufbau beteiligen wollen. Deswegen haben wir das haben wir nun oft gesagt die Sicherheitsanforderungen verstärkt und vertieft und werden diese Anforderungen an alle möglichen Bewerber stellen.

FRAGE REMME: Ich höre, dass das Wort „Sorge“ das bestimmende Wort ist. Frau Adebahr, Sie selbst sagen ja, dass seit geraumer Zeit darüber berichtet wird, sich an den Zuständen aber offenbar nichts ändert. Ich frage mich, wann zu dem Wort „Sorge“ das Wort „Protest“ dazukommt.

Wenn Sie nicht in freie unternehmerische Entscheidungen eingreifen wollen, wäre ein Zeichen, das Sie setzen könnten, zum Beispiel die Ausbildung der wenigen chinesischen Soldaten an der Führungsakademie auszusetzen. Ist das eine Option, Herr Fähnrich?

FÄHNRICH: Zur Ausbildungsunterstützung Chinas haben wir uns ja geäußert. Das wird natürlich von Jahr zu Jahr immer neu betrachtet. Der aktuelle Stand ist das habe ich, meine ich, vorletzte Woche gesagt , dass wir 15 dieser Soldaten hier in Deutschland an den unterschiedlichsten Stellen ausbilden und versuchen, unsere Werte von Demokratie, unsere Werte der Parlamentsarmee weiterzugeben, und dass zurzeit ein Angebot unsererseits an die chinesische Seite vorhanden ist. Dazu liegt noch keine abschließende Bewertung vor.

FRAGE GAVRILIS: Hat die Bundesregierung in der Vergangenheit konkret die Schließung dieser sogenannten Umerziehungslager gefordert?

ADEBAHR: Wir haben ungehinderten Zugang für VN-Stellen und auch unsere Menschenrechtsbeauftragte gefordert, damit sie sich auch im internationalen Rahmen ein objektives Bild davon machen können, was dort wirklich vor sich geht. Wir haben auch auf die Berichte, die es gibt, aufmerksam gemacht, wonach die Menschenrechtslage in diesen Einrichtungen sehr schlecht ist.

FRAGE BRÖSSLER: Frau Adebahr, Sie sprechen vom Dialog mit der chinesischen Seite. Können Sie diesen Dialog einordnen? Wie findet er statt? Haben Sie den Eindruck, dass man auf offene Ohren auf chinesischer Seite stößt, dass auf Kritik überhaupt irgendwie reagiert wird und dass es dabei irgendwelche Fortschritte gibt, oder weist die chinesische Seite das einfach nur brüsk zurück, sodass der Dialog eigentlich eher ein Monolog von deutscher Seite ist?

ADEBHAR: Uns allen ist, denke ich, klar, dass das ein schwieriges Thema mit der chinesischen Regierung ist. Wir werden sicherlich das habe ich eben ausgeführt in den nächsten Tagen und Wochen auch zu diesem Thema weiter mit der chinesischen Seite sprechen. Welche Termine und Gelegenheiten sich im internationalen Rahmen und bilateral dafür bieten, wird man sehen müssen.

FRAGE DR. DELFS: Ich habe eine Frage zu dem Artikel in der „New York Times“, wonach es bei einem Dinner beim Bundespräsidenten, bei dem Herr Macron und auch die Kanzlerin anwesend waren, zu einem ziemlich heftigen Wortwechsel gekommen sein soll, bei dem sich die Kanzlerin darüber beklagt habe, dass sie das Porzellan, das Herr Macron zerschlage, immer wieder kitten müsse. Zumindest kann man ja sagen, dass sie in den letzten Tagen auf jeden Fall ihr Befremden über manche seiner Äußerungen auch selbst schon ausgedrückt hat. Können Sie bestätigen, dass es dort auch diesen Wortwechsel gegeben hat?

STS SEIBERT: Das Gespräch fand im Rahmen eines Abendessens beim Bundespräsidenten am Tag nach der Feier zum Jubiläum des Mauerfalls statt. Das Gespräch war natürlich vertraulich. Wie Sie wissen, berichten wir grundsätzlich nicht aus solchen vertraulichen Gesprächen.

Ich kann Ihnen aber so viel sagen: In der Erinnerung der Bundeskanzlerin an diesen Abend gab es weder Klage noch Wut oder Streit. Was es gab, war eine wunderbare Runde, in der es im Wesentlichen um die Ereignisse und die Entscheidungen von vor 30 Jahren hin zur deutschen Einheit ging.

Daneben ging es auch um die oft unterschiedlichen politischen Herangehensweisen Deutschlands und Frankreichs an Themen und Herausforderungen sowie um die Tatsache, dass wir stets gemeinsame Lösungen suchen und finden. Das war Inhalt und Geist dieses Abendessens.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Kann man Ihre Worte dann in dem Sinne zusammenfassen, dass Sie diese Geschichte in der „New York Times“ dementieren, könnte man das also so schreiben?

STS SEIBERT: Ich finde, es war kurz genug, als dass Sie es insgesamt zitieren könnten.

FRAGE: Was genau wirft die Kanzlerin Emmanuel Macron vor?

STS SEIBERT: Ich habe doch gerade gesagt, dass es in der Erinnerung der Bundeskanzlerin an diesem Abend weder Klage noch Wut noch Streit gab. Ansonsten behandeln wir dieses wie alle anderen Treffen als ein vertrauliches und geben darüber keine Auskunft. Den Geist und den Inhalt dieses Abendessens habe ich gerade aber zu beschreiben versucht.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, dann kommen wir von dem Abendessen einmal etwas weg zu den Inhalten, die aber trotzdem interessant sind: Würden Sie denn sagen, dass es wirkliche Meinungsfreiheiten zwischen der Kanzlerin und dem französischen Präsidenten erstens beim Thema NATO und damit meine ich nicht nur den „Hirntod“, sondern auch generell die Entwicklung der NATO und zweitens bei den unterschiedlichen Blickweisen auf die Beitrittsperspektive der Länder des westlichen Balkans gibt?

STS SEIBERT: Zum Thema NATO hat die Bundeskanzlerin ja mit Blick auf das Interview des französischen Präsidenten das Ihre dazu gesagt, nämlich dass sie das anders ausdrücken würde und dass sie, wie sie meiner Erinnerung nach sagte, einen solchen Rundumschlag nicht für notwendig gehalten hätte.

Was das Thema Westbalkan betrifft, konkret also die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, die leider aus unserer Sicht leider beim letzten Europäischen Rat nicht beschlossen werden konnte, sind wir unter den vielen europäischen Mitgliedstaaten, die das bedauern und hatten beim letzten Europäischen Rat erkennbar eine andere Herangehensweise als unsere französischen Freunde und Partner.

Ich habe ja auch gesagt: Es gibt immer wieder diese unterschiedlichen politischen Herangehensweisen an einzelne Themen, einzelne Herausforderungen. Das liegt auch in der Natur der ganz unterschiedlichen politischen Kultur unserer beiden Länder. Es gibt aber immer den Versuch und der ist fast immer erfolgreich , einen gemeinsamen Weg, eine gemeinsame Lösung zu finden. Daran arbeitet die Bundeskanzlerin mit Emmanuel Macron.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Würden Sie sagen, dass Macron in Osteuropa die Kanzlerin hat ja sehr viele Kontakte dahin Porzellan zerschlagen hat? Es gibt dabei ja noch eine dritte Komponente, nämlich die Avancen Richtung Russland.

STS SEIBERT: Es ist ja nicht an mir als Regierungssprecher, für osteuropäische Staaten zu sprechen. Deutschland und Frankreich sehen beide die Notwendigkeit, den Staaten des westlichen Balkan die europäische Perspektive nicht nur zu geben, sondern sie auch in die Praxis umzusetzen. Der Weg dahin ist nun beim letzten Europäischen Rat jedenfalls strittig gewesen. Für den französischen Präsidenten war es vorrangig, eine Reform des Beitrittsverfahrens in die Wege zu leiten. Grundsätzlich sind wir damit einverstanden, Reformen vorzunehmen. Dennoch sehen wir, wie die meisten anderen europäischen Mitgliedstaaten, die Notwendigkeit, Versprechen gegenüber Albanien und Nordmazedonien, die beide viele von den Forderungen umgesetzt haben, die man ihnen gestellt hat, auch umzusetzen.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, da Sie eben das Wort Rundumschlag als Bewertung der Kanzlerin eingeführt haben

STS SEIBERT: Nein, das habe ich nicht eingeführt, das war ein Zitat der Bundeskanzlerin.

FRAGE JESSEN: Ja, danke schön; ich meinte qua Zitat hier in die Diskussion eingeführt haben. War das ein solitärer Rundumschlag oder erkennt die Kanzlerin im Handeln Herrn Macrons häufiger das Muster Rundumschlag?

STS SEIBERT: Ich habe über die gute, enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Bundeskanzlerin mit dem französischen Präsidenten jetzt nichts weiter zu sagen. Frankreich ist unser wichtigster Partner und Freund in Europa, und dementsprechend gestaltet sich die Zusammenarbeit. Das macht uns nicht zu Ländern, die gleich sind, und darin liegt auch der Reiz.

ZUSATZ JESSEN: Also vertrauensvolle Rundumschläge.

STS SEIBERT: Das halte ich jetzt nicht für eine Frage.

FRAGE BRÖSSLER: Worin bestehen die unterschiedlichen Herangehensweisen beim Thema NATO? Sieht die Kanzlerin, die ja oft betont hat, dass sie die Sicherheit Deutschlands und Europas stark mit der NATO verknüpft und die NATO für die Zukunft auch wieder stärken will, in diesem Wunsch im französischen Präsidenten noch einen Verbündeten oder inzwischen eher einen Gegner?

STS SEIBERT: Alle NATO-Mitgliedstaaten sind unsere Verbündeten. Wenn ich sage und betone, dass Frankreich unser wichtigster Partner in Europa ist, dann bedeutet das natürlich auch, dass Frankreich für uns in der NATO einer der wichtigsten Partner ist.

ZUSATZFRAGE BRÖSSLER: Konkret nachgefragt: Der französische Präsident hat gesagt, Europa könne sich selber verteidigen. Teilt die Bundeskanzlerin diese Auffassung?

STS SEIBERT: Auch die Bundeskanzlerin hat ja in der Vergangenheit häufiger darüber gesprochen, dass es für Europa richtig und angezeigt ist, zu seiner eigenen Verteidigung, zu seiner eigenen Sicherheit mehr beizutragen aber nicht anstelle der NATO, sondern innerhalb ihres NATO-Engagements und nicht, um das NATO-Engagement sozusagen zu ersetzen.

Die NATO muss sich das haben wir hier ja auch neulich schon gehabt immer sich verändernden Bedingungen anpassen, und das hat sie über die Jahrzehnte als ein starkes Bündnis auch geschafft. So ist immer wieder ein neuer Diskussionsprozess in der NATO nötig. Der Außenminister hat dazu gerade einen Vorschlag gemacht der richtig ist und der auch die Unterstützung der Bundeskanzlerin hat , um die NATO an die Entwicklungen im Sicherheitsumfeld anzupassen. Dabei werden die Meinungen und die Haltungen aller Verbündeten, natürlich auch Frankreichs, in die Diskussion einfließen.

FRAGE: Herr Seibert, gleichfalls zu Macron, aber zu einem anderen Thema: Frankreichs Präsident hat angekündigt, dass er in acht Tagen zum Auftakt der UN-Klimakonferenz nach Madrid reisen wird. Hat die Kanzlerin ähnliche Pläne oder hat sie sich hierzu mit Macron abgesprochen?

STS SEIBERT: Wir geben ja Termine der Bundeskanzlerin immer am Freitag der Vorwoche bekannt, insofern habe ich Ihnen da heute keine Ankündigung zu machen.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, heute finden in Berlin informelle Zypern-Gespräche statt. Welche Rolle spielt Ihr Haus bei den Gesprächen und wie steht Ihr Haus zu diesen Gesprächen?

ADEBAHR: Wir sprechen uns für die Wiederaufnahme des VN-geführten Verhandlungsprozesses im Zypernkonflikt aus. Deshalb unterstützen wir auf Bitten der Vereinten Nationen das informelle trilaterale Treffen von VN-Generalsekretär Guterres mit den beiden zyprischen Volksgruppenführern heute in Berlin. Das ist sowohl eine finanzielle als auch eine logistische Unterstützung so etwas nennt man, glaube ich, im Diplomatenenglisch „good services“. Wir leisten also gute Dienste, damit die Teilnehmer in vertrauensvoller, ruhiger Atmosphäre miteinander ins Gespräch kommen, weil wir dafür sind, dass dieser Prozess in Richtung eines dauerhaften Friedens und Ergebnisses wiederaufgenommen wird.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Wie sehen Sie die Chancen für die Wiederbelebung des Friedensprozesses? Es gab ja schon früher mehrere Gesprächsrunden, die zu keinem Ergebnis geführt hatten.

ADEBAHR: Das Gespräch heute Abend müsste erst einmal abgewartet werden, und dann sind sicherlich die Vereinten Nationen diejenigen, die sagen müssen, wie aus ihrer Sicht die Erfolgschancen stehen. Dass es in dem lange andauernden Prozess immer wieder Vorwärtsschritte und auch viele Rückwärtsschritte gegeben hat und dass es dort stockt, ist, glaube ich, kein Geheimnis. Insofern ist es ja gerade richtig und gut, dass man miteinander spricht, und wir freuen uns, wenn wir hier durch gute Dienste einen kleinen Teil beitragen können.

FRAGE: Herr Seibert, zum Thema Nord Stream 2: Am Wochenende konnte man in der „BILD“-Zeitung lesen, ein westeuropäischer Geheimnisdienst mache sich Sorgen darüber, dass Vertreter von Nord Stream 2 einen „extrem guten Zugang zum Kanzleramt“ hätten. Nord Stream 2 habe es sogar geschafft, die deutsche Regierung davon zu überzeugen, in Washington gegen die US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 zu werben. Das sind schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Was haben Sie dazu zu sagen?

STS SEIBERT: Ich kann verständlicherweise diese vermeintlichen Erkenntnisse ausländischer Geheimdienste hier nicht kommentieren. Ich kann für die Bundesregierung sagen, dass es im Rahmen der normalen Arbeit zum Beispiel auch eines Kanzleramtes völlig normal ist, dass es auch Kontakte mit Unternehmensvertretern gibt.

ZUSATZFRAGE: Es wurde auch darüber berichtet, dass Angela Merkel persönlich einen Verhandlungsführer nach Washington geschickt habe, um den Kongress davon zu überzeugen, mögliche Sanktionen nach hinten zu verschieben. Wurde so ein Vertreter nach Washington geschickt?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen hier über so etwas nicht berichten. Wir vertreten unsere Haltung zu Nord Stream 2 ja auch in aller Öffentlichkeit und auch hier oft genug. Auch gegenüber allen Partnerländern, die dazu Fragen oder kritische Anmerkungen haben, vertreten wir unsere Haltung ganz offen. Das tun zum Teil unsere Botschaften in diesen Partnerländern, das tun wir aber auch im direkten Gespräch.

FRAGE HÜSCH: Frau Adebahr, zu Ihrem Botschaftsanwalt in der Türkei, der nun länger als erlaubt in erschwerter Einzelhaft sitzt: Kennen Sie die Gründe dafür? Was hat die Bundesregierung bislang dagegen unternommen?

ADEBAHR: Wir wissen von der Einzelhaft und wir sind auf verschiedenen Ebenen in sehr ernsthaften Gesprächen mit der türkischen Seite, zuletzt eben auch Außenminister Maas mit seinem türkischen Kollegen, Herrn Çavuşoğlu, um dort Verbesserungen zu erreichen. Wie wir die Verhaftung sehen, nämlich dass sie für uns nicht nachvollziehbar ist, dass wir das einfach nicht nachvollziehen können, dass die Arbeit des Kooperationsanwaltes aus unserer Sicht eine ganz normale Sache ist, die im europäischen Rahmen üblich ist und auch dieser Anwalt ein Kooperationsanwalt in diesem Rahmen war, haben wir der türkischen Seite gesagt, und wir sind dazu quasi täglich in Gesprächen auch mit der türkischen Seite.

ZUSATZFRAGE: Habe Sie eine Vorstellung, warum er in erschwerter Einzelhaft, und das länger als erlaubt, sitzt?

ADEBAHR: Wir haben zu dem Anwalt, weil er ein türkischer Staatsbürger ist, im Moment keinen konsularischen Zugang. Insofern ist es für uns schwierig und wir haben als Botschaft kein eigenes Bild von den Haftbedingungen, weil wir dort keinen konsularischen Zugang haben. Um den bemühen wir uns natürlich, aber wie Sie wissen, ist es ein Unterschied, ob es sich um einen deutschen oder einen türkischen Staatsangehörigen handelt. Insofern kann ich Ihnen nur berichten, dass wir von einer Einzelhaft wissen, aber ich kann Ihnen leider nichts zu den konkreten Zuständen sagen.

ZUSATZFRAGE HÜSCH: Eine zweite Frage an das Innenministerium: Stimmt es, dass die 43 Asylbewerber, deren Akten beschlagnahmt worden sind, politisches Asyl bekommen?

RUWWE-GLÖSENKAMP: Wir haben Ihnen ja letzte Woche schon gesagt, dass wir in den Fällen von Asylverfahren, die von diesem Sachverhalt betroffen sind, in der letzten Woche sofort eine asyl- und auch datenschutzrechtliche Prüfung eingeleitet haben. Die Ergebnisse dieser Prüfung werden selbstverständlich auch in die Prüfung einfließen, ob die Personen, die davon betroffen sind, einen Schutzstatus bekommen oder nicht. Das ist aber in jedem Einzelfall individuell zu prüfen, und das wird dann in diesen Fällen auch getan.

ZUSATZFRAGE HÜSCH: Sie können also nicht bestätigen, dass die bereits politisches Asyl bekommen haben und im Schutzstatus sind?

RUWWE-GLÖSENKAMP: Nach den mir vorliegenden Informationen werden diese Asylverfahren weiter geprüft, aber dieser Sachverhalt fließt in die asylrechtliche Prüfung ein.

FRAGE JESSEN: Frau Adebahr, die Vertragsanwälte Sie haben das eben noch einmal beschrieben sind ja in gewisser Weise sowohl ein positiver Faktor als auch eine Schwachstelle: Sie kennen sich aus in den Gesetzen des Landes, gleichwohl können türkische Behörden eher auf sie zugreifen. Führt diese Schwachstellenfunktion, die dann Asylbewerber auch negativ betreffen kann, dazu, dass Sie das Instrument der Vertragsanwälte möglicherweise aussetzen oder dass sie zukünftig von deutschen Juristen prüfen lassen, die ja solche Funktionen auch übernehmen können?

ADEBAHR: Wir haben es für die Türkei im Moment ausgesetzt. Das heißt, wir arbeiten in der Türkei im Moment nicht mit Kooperationsanwälten, weil wir uns eben alle Fragen, die damit zusammenhängen, genau anschauen. Das ist der momentane Stand. An sich ist das Instrument eines Kooperationsanwaltes in vielen Ländern ein sehr wertvolles und ein sehr gut funktionierendes, mit dem eben aus ganz normal zugänglichen Quellen Informationen, die für Asylverfahren relevant sind, eingeholt und auch bestätigt werden können.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wovon wird abhängen, ob dieses Aussetzen eine dauerhafte Änderung des Verfahrens wird?

ADEBAHR: Wenn ich jetzt sage „von den weiteren Entwicklungen“, dann stellt Sie das wahrscheinlich nicht zufrieden, aber ich glaube, das wäre die Antwort.

FRAGE: An das Bundesbildungsministerium: Wie beurteilt die Bundesbildungsministerin den Rückzug Bayerns aus dem Nationalen Bildungsrat? Es wird ja gesagt, das sei das faktische Aus. Wie beurteilt die Ministerin das?

SCHARLACK: Die Ankündigung aus Bayern wie auch Wortmeldungen aus Baden-Württemberg kamen gestern leider nicht überraschend. Die Bundesbildungsministerin bedauert diese Wortmeldungen. Aus unserer Sicht müssen jetzt die Länder insgesamt beraten, wie weiter zu verfahren ist. Allerdings muss man sagen, dass die Signale Einen nicht optimistisch machen, dass es dazu kommen wird.

Ich will aber vielleicht die Gelegenheit nutzen, noch einmal zu sagen, was unsere Grundhaltung ist: Bildung ist, denke ich, eine der wichtigsten Aufgaben, die wir hier in unserem Staat verfolgen sollten, und alle staatlichen Ebenen sind aufgefordert, ein Bildungssystem zu schaffen, das eine hohe Qualität hat. Die Bundesregierung, der Bund beteiligt sich dabei, auch bei den Schulen Sie kennen ja den Digitalpakt, Sie kennen Programme wie „Schule macht stark“ und „Leistung macht Schule“. In diesem Zusammenhang standen eben auch die Gespräche über den Nationalen Bildungsrat, der ja auch im Koalitionsvertrag vorgesehen war.

ZUSATZFRAGE: Was bedeutet die Entscheidung aus München denn für das selbstgesteckte Ziel dieses Bildungsrates, vergleichbare Standards für Bildungsabschlüsse zu schaffen?

SCHARLACK: Wie Sie vielleicht wissen, gibt es ja parallele Gespräche unter den Ländern darüber kann ich jetzt aber nicht sprechen. Die Länder wollen ja einen Staatsvertrag abschließen, der vor allen Dingen die Vergleichbarkeit des Abiturs zum Inhalt hat. Das wäre übrigens auch nie ein Ziel des Nationalen Bildungsrats gewesen, weil der Nationale Bildungsrat das nie in irgendeiner Weise exekutieren sollte. Er sollte vielmehr ein Beratungsgremium sein, das aufgrund von wissenschaftlicher Expertise alle für Bildung Verantwortlichen berät. Das ist der Sinn dieses Rats. Wir werden jetzt sehen, wie die weiteren Gespräche laufen. Wir haben nächste Woche eine Sitzung der Kultusministerkonferenz. Vielleicht sind wir am Ende der nächsten Woche dann klüger, was die weitere Entwicklung angeht.

FRAGE WARWEG: Bei seinem Besuch in Japan hat sich Außenminister Heiko Maas gegen einen einseitigen Abzug von US-Atomwaffen aus Deutschland ausgesprochen. Seit 2010 gibt es ja einen Bundestagsbeschluss mit großer Mehrheit gefällt , der die Bundesregierung explizit auffordert, sich in den USA und bei den NATO-Partnern für einen Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen. Da würde mich interessieren: Ist dieser Bundestagsbeschluss dem Auswärtigen Amt bekannt? Wenn ja, wie vereinbaren das Auswärtige Amt und die Bundesregierung die Aussagen des Außenministers in Bezug auf diesen Mehrheitsbeschluss des Deutschen Bundestages?

ADEBAHR: Ich kann nur noch einmal auf den Kontext und auf die Äußerungen des Ministers verweisen: Wir stehen zu dem Ziel des „Global Zero“, und wir wollen dafür arbeiten, dass das internationale Abrüstungsregime gestärkt wird, und tun das auch. Die Äußerungen des Ministers kann ich Ihnen sonst gern noch einmal vorlesen. Ich denke, ansonsten stehen sie für sich.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Aber ich hatte ja sehr explizit gefragt. Er hatte gesagt, er spricht sich gegen einen einseitigen Abzug aus. Dagegen steht ein Bundestagsbeschluss, der sehr explizit von der Bundesregierung just einen Abzug von US-Atomwaffen aus Deutschland fordert. Darin liegt ja ein Widerspruch. Ich würde ganz gern wissen, wie das Auswärtige Amt mit diesem Widerspruch „Bundestagsbeschluss versus Aussagen des Außenministers“ umgeht.

ADEBAHR: Der Außenminister hat seine Haltung in Japan ja begründet. Das können Sie noch einmal nachlesen.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, ich hätte eine Frage zu dem geplanten Besuch der Bundeskanzlerin im Konzentrationslager Auschwitz. Warum fährt sie zum jetzigen Zeitpunkt dorthin, zum Ende ihrer Amtszeit sozusagen? Warum ist sie nicht früher gefahren?

STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin hat während ihrer Amtszeit eine ganze Reihe von Konzentrationslagergedenkstätten besucht. Sie war beispielsweise die erste Bundeskanzlerin, die die Gedenkstätte in Dachau besucht hat. Tatsächlich wird diese geplante Reise nach Auschwitz ihre erste dorthin sein. Ich würde Sie bitten, dass wir all diese Fragen rund um diese Reise auf den Tag, an dem wir das offiziell ankündigen, verschieben. Das wird an diesem Freitag sein. Dann können wir das in den Gesamtzusammenhang einordnen.

FRAGE DR. RINKE: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Es gibt seitens eines chinesischen Autokonzerns BAIC die Ankündigung, dass sie den Anteil an Daimler erhöhen wollen. Zusammen mit einem anderen chinesischen Unternehmen kämen chinesische Anbieter dann auf rund 20 Prozent der Anteile. Ich hätte ganz gern gewusst, wie das Wirtschaftsministerium dazu steht, ob das als Problem angesehen wird oder ob man damit einverstanden ist.

DR. BARON: Das sind ja zunächst einmal Ankündigungen, um die es sich dabei handelt. Das verfolgen wir natürlich genau. Aber zunächst einmal möchte ich das nicht näher kommentieren. Strategische Unternehmensentscheidungen sind wie üblich Unternehmensentscheide, und zunächst sind es ja auch Ankündigungen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Gibt es prinzipielle Bedenken gegenüber chinesischen Anteilen an deutschen Automobilherstellern?

DR. BARON: Wie wir das hier oft dargelegt haben: Wir sind ein offener Investitionsstandort in Deutschland. Offenheit bedeutet aber nicht, dass wir naiv sind, sondern es gibt natürlich das Instrumentarium der Außenwirtschaftsverordnung mit der sogenannten Investitionsprüfung. Sollte da Relevanz im Einzelfall bestehen, gibt es dieses Instrumentarium. Aber, wie gesagt, erst einmal handelt es sich dabei um Ankündigungen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Etwas ausgeweitet: Der Bundeswirtschaftsminister hat eine Industriestrategie in einem Papier angekündigt. Das beinhaltet ja auch den Einstieg ausländischer Investoren. Können Sie uns sagen, wann nun eigentlich dieses Industriepapier vorliegen wird?

DR. BARON: Heute Morgen gab es dazu ja auch Pressemeldungen von Seiten der SPD, die eine Industriestrategie befürworten. Darüber freuen wir uns natürlich. Wir freuen uns über die breite Resonanz zum Thema Industriestrategie und Industriepolitik. Bundeswirtschaftsminister Altmaier hatte im Februar seine Vorschläge mit dem Ziel vorgelegt, Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und Europa nachhaltig zu sichern, indem wir eben wirtschaftliche und technologische Kompetenz und Industrieführerschaft in Deutschland und Europa sichern.

In den letzten Monaten gab es einen breiten Diskussionsprozess zum Thema Industriestrategie, gemeinsam mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik, Industrie, Gewerkschaften, aber auch Wissenschaft. Ich erinnere hier zuletzt an die Industriekonferenz im September, wo wir diesen Prozess noch einmal breit geführt haben, wo wir uns Vorschläge angehört und sie gebündelt haben.

Ich kann Ihnen ankündigen, dass wir in dieser Woche am 29.11., das heißt an diesem Freitag, die finalisierte Industriestrategie vorstellen werden. Dazu werden wir Sie natürlich alle einladen. Aber ich kann schon einmal sagen: An diesem Freitag, am 29.11., werden wir die Industriestrategie vorstellen.

FRAGE LANGE: Ich hätte eine Frage an Herrn Seibert zur Personalie Rainer Wendt, der nun offenbar doch nicht Innenstaatssekretär in Sachsen-Anhalt werden soll. Herr Wendt sagt, ein Angebot an ihn sei zurückgezogen worden. Die Initiative dazu sei vom Kanzleramt ausgegangen. Ich glaube, das Kommando dazu kam aus dem Kanzleramt. Da hätte ich gern gewusst, wie Sie das kommentieren.

STS SEIBERT: Die Besetzung dieser Staatssekretärsstelle in Sachsen-Anhalt war und ist ausschließlich von der Regierung in Sachsen-Anhalt zu entscheiden.

FRAGE DR. RINKE: Ich wollte zumindest noch einmal nachfragen: Gab es eine Intervention des Kanzleramtes, oder interpretiere ich Ihre Antwort so, dass es sie nicht gegeben hat?

STS SEIBERT: Sie interpretieren sie richtig, wenn Sie sie so interpretieren, dass das ausschließlich eine Angelegenheit der Regierung von Sachsen-Anhalt ist.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, Ihr Wortlaut eben war, das sei ausschließlich eine Entscheidung der Landesregierung. Das stimmt ja. Die Frage war aber, ob aus dem Kanzleramt heraus auf diese Entscheidung in irgendeiner Form eingewirkt worden ist. Könnten Sie das auch noch beantworten?

STS SEIBERT: Ich beantworte es mit den Worten, die ich gerade an Herrn Rinke gerichtet habe. Es ist ausschließlich eine Angelegenheit der Regierung von Sachsen-Anhalt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Sie möchten also nicht sagen, ob das Kanzleramt auf diese Angelegenheit eingewirkt hat?

STS SEIBERT: Das Kanzleramt spricht mit vielen Menschen über vieles, und das tut es vertraulich. Aber das ist eine grundsätzliche Bemerkung. Entscheidend ist hier die ganz klare Aussage, dass die Frage, wie die Staatssekretärsstelle in Magdeburg besetzt wird, eine Angelegenheit der sachsen-anhaltischen Regierung ist.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, eine Frage zur Situation der Medien in Ägypten: Am Wochenende ist die ägyptische Regierung massiv gegen regierungskritische Medien vorgegangen. Es kam zur Verhaftung und auch Schließung von Redaktionen. Dazu hätte ich gern eine Reaktion Ihres Hauses.

ADEBAHR: Die Festnahme und die Stürmung der Redaktionsräume so hat es sich zumindest über das Wochenende dargestellt von „Mada Masr“ stellen aus unserer Sicht eine weitere, und zwar sehr beunruhigende Verschlechterung der Pressefreiheit in Ägypten dar. Wir sind jetzt erst einmal erleichtert, dass die vier festgenommenen Journalisten dieser renommierten ägyptischen Onlinezeitung gestern wieder freigelassen wurden. Das Vorgehen der ägyptischen Behörden gegen ägyptische und auch ausländische Medienvertreter, so zumindest die Berichte, erfolgte aus unserer Sicht ohne erkennbaren Grund. Ohne erkennbaren Grund wurde auch die Webseite von „Mada Masr“ sowie von circa 500 weiteren Webseiten in Ägypten gesperrt.

Wir haben unsere Besorgnis über die Situation der Pressefreiheit in Ägypten oft zum Ausdruck gebracht, zuletzt beim Staatenüberprüfungsverfahren des Menschenrechtsrates vor zwei Wochen in Genf. Denn aus unserer Sicht ist eine freie und vielfältige Presse für ein funktionierendes Gemeinwesen enorm wichtig. Sie ermöglicht den gesellschaftlichen Dialog und den Austausch und trägt damit auch zu einer nachhaltigen Stabilität und Entwicklung bei, die wir uns für Ägypten wünschen, das ja ein junges, dynamisches Land ist.

FRAGE HÜSCH: Die Frage geht an das Auswärtige Amt. Die SPD hat ein Positionspapier zu Rüstungsexporten erarbeitet. Darin geht es auch darum, dass Exporte in einige Länder generell auszuschließen sind Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten, Saudi-Arabien. Ist es das, was auch das Auswärtige Amt als zielführend erachten würde?

ADEBAHR: Wie Sie wissen, bin ich die Sprecherin des Auswärtigen Amtes und kommentiere von hier aus keine Äußerungen oder Papiere aus dem politischen Raum, die eventuell zur Veröffentlichung anstehen. Der Koalitionsvertrag im Bereich Rüstungsexporte gilt für diesen Außenminister. Er hat seine Position zu der deutschen restriktiven Rüstungsexportpolitik vielfach dargestellt.

FRAGE DR. RINKE: Ich würde die Frage gern an das Wirtschaftsministerium weitergeben. Würden Sie sagen, dass dieses Positionspapier und die Forderung, die Frau Hüsch gerade erwähnt hat, eigentlich die deutsch-französischen Vereinbarungen, was Rüstungsexporte angeht, unterlaufen? Denn darin ist nicht davon die Rede, dass Rüstungsexporte in bestimmte Länder generell untersagt werden.

DR. BARON: Ich kann mich hier der Sprecherin des Auswärtigen Amts nur anschließen. Auch ich spreche für das Wirtschaftsministerium und kommentiere keine Papiere aus dem politischen Raum.

Ich möchte aber noch einmal darauf hinweisen, dass die Bundesregierung die politischen Grundsätze überarbeitet und diese am 26. Juni dieses Jahres veröffentlicht hat. Darin kommt ja auch noch einmal die Haltung der Bundesregierung für eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik zum Ausdruck.

FRAGE LINDNER: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Es geht um die Reise von mehreren AfD-Abgeordneten nach Syrien, die gerade unterwegs sind und heute offensichtlich wiederkommen. Mich würde a) interessieren, wie Sie das bewerten, und b), wie die Bundesregierung die Sicherheitslage in Syrien einschätzt, was die mögliche Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen aus Deutschland nach Syrien angeht.

ADEBAHR: Wir haben für Syrien eine Reisewarnung. Wir raten ganz ausdrücklich von Reisen nach Syrien ab. Das gilt für jeden deutschen Bundesbürger. Die Sicherheitslage in Syrien hat das Auswärtige Amt zuletzt in einem Lagebericht über die Lage in Syrien festgestellt. Dieser ist auch an die zuständigen Stellen übersandt worden.

Dass wir die Lage in Syrien nach wie vor als volatil und sehr schwierig sehen und wir von Reisen in die Region, in das Land, abraten, ist, glaube ich, kein Geheimnis. Wir haben unsere Besorgnis über die Intensivierung der Luftangriffe in der Region Idlib zuletzt am letzten Freitag in einem Statement sehr deutlich gemacht. Dort ist auch die humanitäre Lage katastrophal. Insofern ergibt sich für Syrien ein weiterhin schwieriges Lagebild.

Heute, wenn ich das noch einmal ausführen darf, tritt übrigens in Genf wieder das Verfassungskomitee zusammen. Nach einer Pause gehen die Beratungen jetzt weiter. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen. Wir hoffen, dass in den Beratungen des Verfassungskomitees weiter an einer politischen Lösung für diesen Konflikt gearbeitet werden kann wir alle unterstützen die Vereinten Nationen ja schon geraume Zeit und es durch dieses Verfassungskomitee, das jetzt in Genf tagt, vielleicht einen Pusch gibt.

ZUSATZFRAGE LINDNER: Eine kurze Nachfrage dazu: Wie bewerten Sie die Rückkehrperspektiven für syrische Flüchtlinge?

ADEBAHR: Es gibt auch für Rückkehrende bei der Rückkehr zahlreiche Gefahren, und zwar durch das Regime selbst, durch Geheimdienste, durch andere Akteure. Insofern kann ich Sie nur darauf verweisen, dass wir die Sicherheitslage in Syrien als schwierig ansehen.

RUWWE-GLÖSENKAMP: Von uns noch als Ergänzung: Im Moment gilt ja ein Abschiebestopp für die Rückführung nach Syrien. Das ist ein Beschluss, der von den Innenministern im letzten Jahr getroffen worden ist. Die Innenminister werden sich bei der Innenministerkonferenz Anfang Dezember wieder mit diesem Thema beschäftigen. Grundlage dafür ist der von Frau Adebahr gerade schon dargestellte Lagebericht des Auswärtigen Amtes.

FRAGE BUSCHOW: Meine Nachfrage ist genau dazu. Wenn ich Sie richtig verstehe, dann gehen Sie davon aus, dass der Abschiebestopp verlängert wird, und die Innenminister sind auch weiter der Auffassung? Das war ja immer wieder Thema bei der Innenministerkonferenz, ob man nach Syrien abschieben kann oder nicht. Daran hat sich quasi nichts geändert, dass man es nicht tun sollte?

RUWWE-GLÖSENKAMP: Ich kann den Besprechungen der Innenminister jetzt nicht vorgreifen. Das ist etwas, was von den Innenministern Anfang Dezember bei der Innenministerkonferenz beraten und dann entschieden wird.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Aber hat das BMI schon eine Auffassung, mit der es in die Gespräche geht?

RUWWE-GLÖSENKAMP: Wir werden das gemeinsam mit den anderen Innenministern bei der Innenministerkonferenz beraten.

FRAGE HÜSCH: Haben denn die Syrien-Reisenden in irgendeiner Weise die Expertise Ihres Amtes in Anspruch genommen?

ADEBAHR: Wenn Sie die Reise der Kollegen ansprechen: Nein, diese Reiseabsicht war dem Auswärtigen Amt vorher nicht bekannt.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, gibt es irgendwelche Kontakte zwischen Ihrem Haus und der syrischen Regierung, wenn sich deutsche Politiker mit der Assad-Regierung treffen?

ADEBAHR: Unsere Haltung zum Assad-Regime haben wir hier, glaube ich, oft und ausführlich dargelegt. Ich kann von solchen Kontakten nicht berichten.

FRAGE WARWEG: Die Whistle-Plattform WikiLeaks hat am Wochenende intern Schriftverkehr der OPCW geleakt, aus dem hervorgeht, dass nach Ansicht von Inspektoren, die in Duma damals vor Ort waren, der offizielle Abschlussbericht, der auch als Rechtfertigung für den völkerrechtswidrigen Angriff auf Syrien galt, manipuliert worden sei. Mittlerweile gibt es zudem zwei Whistleblower einer davon war direkt Teil der Fact-Finding Mission in 2017 , die ebenfalls sagen, dieser Abschlussbericht sei massiv manipuliert worden. Da würde mich interessieren: Liegen diese Informationen dem Auswärtigen Amt vor? Wie bewerten Sie diese Einschätzung der Whistleblower?

ADEBAHR: Können Sie noch einmal präzisieren, welchen Abschlussbericht Sie genau meinen?

ZUSATZ WARWEG: Den OPCW-Abschlussbericht zu dem angeblichen Giftgasangriff in Duma, Syrien 2017.

ADEBAHR: Ich habe persönlich keine Kenntnis von diesen Dokumenten, die Sie gerade genannt haben. Falls wir dazu etwas nachreichen können, werden wir das gern tun.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Im Zuge dieser Leaks und der Whistleblower-Aktivitäten wurde unter anderem auch darauf verwiesen, dass die Fact-Finding Mission der OPCW die Bundeswehr angefragt hat konkret das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien. Das soll im Juni 2018 gewesen sein. Jetzt ist von diesem Besuch und den Konsultationen nichts in der „timeline“ und auch nichts im Abschlussbericht zu finden. Da würde mich interessieren: Kann die Bundeswehr bestätigen, dass es ein Treffen der OPCW-Fact-Finding Mission mit dem WIS gab?

FÄHNRICH: Ich kann das jetzt nicht bestätigen. Ich kann das auch nicht dementieren. Wenn ich etwas dazu haben sollte, reichen wir das nach.

ZUSATZ WARWEG: Für eine Nachreichung wäre ich dankbar.

FRAGE: An Frau Baron vom Wirtschaftsministerium: Minister Altmaier soll sich morgen mit den Kraftwerksbetreibern zum Thema Braunkohleausstieg treffen und dort quasi den Ausstiegsplan festzurren und auch über Entschädigungen sprechen. Wird das Ganze morgen eingetütet? Wird es dann abschließend auch Ergebnisse geben? Bisher gibt es ja, soweit ich weiß, keinen Termin für Statements oder Ähnliches.

DR. BARON: Etwaige nichtpresseöffentliche Termine kann ich wie üblich nicht kommentieren. Das heißt, ich kann sie weder bestätigen noch dementieren.

Ich kann Ihnen nur allgemein sagen, dass die Gespräche mit den Kraftwerksbetreibern laufen. Das tun sie schon seit einigen Monaten. Aber zu einzelnen, etwaigen nichtpresseöffentlichen Terminen kann ich hier keine Kommentierung vornehmen.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe eine Frage, die sich an das Finanz- und das Bundesarbeitsministerium richtet. Es geht um den Beschluss des CDU-Parteitages, ein neues Instrument zur privaten Altersvorsorge als Alternative zu Riester einzurichten. Ich hätte ganz gerne gewusst, weil der Finanzminister auch direkt angesprochen wird und schnell ein Konzept vorlegen soll, wie Sie zu diesem Beschluss stehen.

BECHTLE: Wie immer werden wir uns hier nicht zu Vorschlägen aus dem politischen Raum äußern. Insofern kann ich das nicht weiter kommentieren.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ich kann es auch anders formulieren: Gibt es aus Ihrem Haus Vorschläge für eine private Altersvorsorge, die auch im Koalitionsvertrag vorgesehen ist?

BECHTLE: Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe. Das ist alles, was ich jetzt dazu sagen kann.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Und das Arbeitsministerium?

EHRENTRAUT: Den Vorschlag an sich kann ich auch nicht kommentieren.

Es ist richtig Sie hatten den Koalitionsvertrag angesprochen , dass die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart haben, ein kostengünstiges Standard-Riester-Produkt zu prüfen. Es steht auch ein Kostendeckel für Riester-Produkte im Raum, ähnlich bei den Abschlusskosten von Lebensversicherungsprodukten. Diese Prüfung ist meines Wissens noch nicht abgeschlossen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Können Sie uns eine zeitliche Vorstellung geben, wann das der Fall sein wird? Woran liegt es eigentlich? An Ihrem Ministerium oder am Finanzministerium?

EHRENTRAUT: Eine zeitliche Abschätzung kann ich nicht geben. Was Riester angeht, so ist in erster Linie das BMF zuständig.

VORS. DETJEN: Frau Adebahr hat noch eine Nachreichung.

ADEBAHR: Ich kann Ihnen zum Thema OVCW gerne nachreichen, dass uns die Kritik bekannt ist, die Kritik an dem Bericht der OVCW wiederholt durch den Generalsekretär der OVCW zurückgewiesen wurde und der Sachverhalt gegenüber den Vertragsstaaten der Organisation auch richtiggestellt wurde.

Die Bundesregierung hat vollstes Vertrauen in die technische Expertise, Professionalität, Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen. Wir unterstützen den Generaldirektor, der eben auch die Pflicht hat, die Identität der einzelnen Fact-Finding Mitglieder zu schützen und deren Unabhängigkeit und Überparteilichkeit für diese Berichte zu wahren.

FRAGE WARWEG: Noch eine kurze Nachfrage. Frau Adebahr, ich hatte Sie das letzte Mal gefragt, ob das Auswärtige Amt mittlerweile die Berichte und Aussagen des UN-Sonderbeauftragten für Folter kennt, der ausgesagt hat, dass nach seiner Einschätzung Julian Assange Folter unterliegt. Nach seiner Ansicht verstoßen auch die USA und Großbritannien in diesem Kontext gegen die von ihnen unterzeichnete Anti-Folter-Konvention. Sowohl Ihr Kollege als auch Sie und Herr Seibert hatten gesagt, dass diese Informationen bisher nicht zur Bundesregierung vorgedrungen seien. Das Ganze liegt jetzt einen Monat zurück. Ich wollte die Chance nutzen und fragen, ob die Bundesregierung mittlerweile die Berichte des UN-Sonderbeauftragten über Folter kennt und dazu eine Einschätzung hat.

ADEBAHR: Dazu würde ich gerne sagen, dass wir vollstes Vertrauen in die britische Justiz haben, dass sie diesen Fall unabhängig und rechtstaatlich mit allen Facetten, die sich dort ergeben, bearbeitet.

ZUSATZ WARWEG: Aber ich hatte ja gefragt, ob der Bundesregierung die Aussagen des UN-Sonderberichterstatters über Folter mit der entsprechenden Aussage zur Folter von Assange vorliegen und wie diese von der Bundesregierung bewertet werden.

ADEBAHR: Meine Antwort darauf ist, dass wir Vertrauen in die britische Justiz haben, die alle Aspekte, die in diesem Fall zum Tragen kommen werden, sicher rechtsstaatlich und unabhängig betrachten wird.

FRAGE JESSEN: Meine Frage richtet sich an das Verteidigungs- und das Umweltministerium. Bei einem Marinemanöver in der Ostsee wurden alte Minen gesprengt, und anschließend fanden Tierschützer 18 tote Schweinswale. Herr Fähnrich, muss man das einen Kollateralschaden nennen oder hat man es an Umsicht mangeln lassen?

FÄHNRICH: Die Berichterstattung haben wir gesehen und haben sie zur Kenntnis genommen. Das Ganze basiert auf einer Kleinen Anfrage.

Die Fakten dazu sind, dass es im Augenblick Untersuchungen hinsichtlich der Ursache gibt, woran also diese Schweinswale gestorben sind. Es ist bis dato kein direkter Zusammenhang zu dem Manöver der Marine hergestellt worden. Sollte einer hergestellt werden, bedauern wird das natürlich.

Wichtig ist aber das wollte ich an dieser Stelle erwähnen , dass es sich dabei um Übungen der NATO, der Marine handelt, die dafür gesorgt haben, dass die Seewege sicherer werden. Es geht nämlich um Grundminen bzw. um Minen, die im Zweiten Weltkrieg in die Ostsee verbracht wurden, die das Wasser- und Schifffahrtsamt nicht mehr anfasst, weil es bemerkt hat, dass sie so gefährlich geworden sind, dass sie eine Gefahr für Leib und Leben darstellen. Somit wurde im August diese Sprengung durch die Marine durchgeführt, die alleine dazu in der Lage ist. Es wurden auch die Vorschriften, die in dem Zusammenhang von der Marine aus angebracht sind zum Beispiel eine Vergrämung, dass man also dafür sorgt, dass sich im Umfeld die Tiere und das Leben entsprechend entfernen angewendet.

Jetzt gilt es noch da sind wir dran , die Zuständigkeiten zwischen den Behörden und den Ländern aufzuklären, um herauszufinden, in welcher Art wir das besser machen können oder in welcher Art die Verantwortlichkeiten besser zugewiesen werden können.

HAUFE: Ich kann bestätigen, dass es im Moment keinen eindeutigen Zusammenhang gibt. Man kann natürlich einen Zusammenhang vermuten, weil die Sprengungen innerhalb eines Meeresnaturschutzgebietes erfolgt sind, was ja mittlerweile bekannt ist. Der Schweinswal ist ein Tier, das unter besonders strengem Schutz steht. In der Ostsee gibt es nicht viele Schweinswale. Deswegen ist natürlich eine Anzahl von 18 Schweinswalen, die innerhalb eines Monats angelandet worden sind, schon sehr besorgniserregend.

Diese Tiere sollen untersucht werden. Es ist leider eine gewisse Zeit vergangen, und deswegen ist es auch nicht so einfach festzustellen, was die Ursache ist. Sie fragen sich vielleicht, warum es immer noch keine abschließende Analyse der Todesursache gibt. Das hängt einfach damit zusammen, dass die Tiere nach und nach angelandet wurden und einfach schon Zeit vergangen ist. Deswegen ist das nicht so einfach.

Das Bundesamt für Naturschutz, das die Aufsicht über dieses Naturschutzgebiet am Fehmarnbelt hat, ist vorab über die Sprengungen nicht informiert worden. Es ist vorgeschrieben, dass FFH-Gebiete, also Flora-Fauna-Habitat-Gebiete in der Europäischen Union, die zum Schutz besonderer Arten ausgewiesen worden sind, so zu behandeln sind, dass jede Form der Beeinträchtigung mit den Behörden abzustimmen ist oder sie im Vorfeld ausreichend rechtzeitig informiert werden. Das hat an dieser Stelle nicht stattgefunden. Herr Fähnrich hatte darauf hingewiesen, dass wir für die Zukunft eine bessere Form der Abstimmung gewährleisten müssen.

FRAGE JESSEN: Herr Fähnrich, eine Nachfrage, da Sie von Gefahrenabwehr und von alten Minen sprachen, die sonst keiner mehr anfasst. Wie dringlich wurde eigentlich gehandelt? Wenn ich mich nicht irre, waren die Minen 2016 entdeckt worden. Sie wurden drei Jahre später gesprengt. Das klingt nicht nach einer Direktmaßnahme.

FÄHNRICH: Das ist richtig. Jedenfalls bezog sich die Anfrage des NATO-Verbandes in der Ostsee darauf, Objekte zu vernichten. Die Position dieser 42 Minen wurde vom Wasserschutzamt bekanntgegeben. Daraufhin wurde die Entscheidung getroffen, diese entsprechend zu sprengen. Warum? Weil diese Minen mittlerweile auf Schlag und Druck reagieren, dass das Fallen eines Ankers oder ein Fischernetz ausreichen, dass diese Minen entsprechend detonieren. Sie liegen in einem vielbefahrenen Ostseeweg. Man hat eine Abwägung vorgenommen und hat die Entscheidung getroffen, diese Gefahr jetzt zu bannen und diese Minen vor dem Hintergrund, den ich gerade geschildert habe, zu sprengen. Die Wasserschutzpolizei bzw. das Wasser- und Schifffahrtsamt haben keine Möglichkeiten mehr. Sie haben im Jahr 2017 ebenfalls diese Sprengung auf eine andere Art und Weise durchgeführt, dabei hat sich eine dieser Minen umgesetzt und deshalb fassen sie diese Minen nicht mehr an. Somit komme ich zu dem Schluss, dass die Marine mit ihren Fähigkeiten zurzeit die Einzige ist, um das zu vermeiden.

ZUSATZ JESSEN: Dennoch ist ein relativ langer Zeitraum zwischen Entdeckung und Gefahrenbeseitigung vergangen.

FÄHNRICH: Ja.

FRAGE WARWEG: Herr Haufe, habe ich Sie richtig verstanden, dass diese Sprengung der Bundeswehr ohne Absprache mit dem BMU einen expliziten Rechtsverstoß darstellt, was Bundesumweltrichtlinien angeht?

HAUFE: Nach dem Bundesnaturschutzgesetz muss so eine Sprengung mit dem Bundesamt für Naturschutz abgestimmt werden. Das ist die Rechtslage. Es geht nicht um eine Genehmigung, sondern es geht um eine rechtzeitig Abstimmung, um bestimmte Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel die Vergrämung Herr Fähnrich hat es angesprochen abzustimmen.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Aber rechtliche Konsequenzen ergeben sich daraus nicht?

HAUFE: Das kann ich jetzt erst einmal nicht ausschließen oder genauer beschreiben, weil wir gerade noch die genaue Sachlage klären.

VORS. DETJEN: Frau Adebahr hat noch einen Nachtrag.

ADEBAHR: Noch einmal zu Herrn Warweg für die Genauigkeit Ihrer Berichterstattung. Unserer Kenntnis nach gibt es keinen Bericht von WikiLeaks, sondern es gibt zwei Pressemitteilungen, die darüber berichten. Aber unsere Antwort zur OVCW habe ich Ihnen ja darauf gegeben.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Es gibt das habe ich auch so ausgeführt einen geleakten E-Mail-Verkehr mehr habe ich auch nicht gesagt , den Sie auf der Seite lesen können und der zugibt, dass es Presseerklärungen zu dem Leak gibt. Aber das Leak besteht aus geleakten internen OPCW-E-Mails. Das für Ihre Berichterstattung.

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