Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der revidierten EU-Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union, Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie), Kabinettsausschuss „Austritt Großbritanniens aus der EU“, mögliches Treffen zur Lage in Libyen, Medienbericht über deutsche Waffenlieferungen an die Vereinigten Arabischen Emirate vor dem Hintergrund des Waffenembargos für Libyen, Diskussionspapier des Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Medienberichte über ein Treffen der Bundeskanzlerin mit dem Chef des Telekommunikationsunternehmens Ericsson, Medienberichte über eine mögliche Überwachung einzelner AfD-Abgeordneter durch den Verfassungsschutz, Treffen der Bundeskanzlerin mit dem Premierminister des Sudan, Medienberichterstattung über die Zusammenarbeit von BND und CIA, deutsche EU-Ratspräsidentschaft, „Clubsterben“, Bekämpfung des illegalen Tierhandels, Medienberichte über die Nachfolge im Amt des Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, Flaschenpfandsysteme von Brauereien, Huawei, Positionspapier der SPD-Fraktion zum Umgang mit Cannabis
Naive Fragen zu:
Kreislaufwirtschaft (ab 9:20)
– Haben Sie jetzt Dinge umgesetzt, die nicht sowieso schon durch die Richtlinie von der EU vorgegeben wurden? Wenn ja, welche? Gibt es verbindliche Abfallvermeidungsziele, die die Bundesregierung festlegt? Wenn nicht, warum nicht?
– Es gibt keine verbindlichen Abfallvermeidungsziele. Wenn Sie davon sprechen, unnötige Zerstörung zu vermeiden, frage ich Sie: Gibt es aus Ihrer Sicht auch Fälle nötiger Zerstörung, in denen die Unternehmen das weiterhin tun können? Noch eine andere Frage: Stimmt es, dass es das Gesetz jetzt erlaubt, dass noch bis 2035, also noch 15 Jahre lang, über ein Drittel der Abfälle verbrannt werden kann?
Waffenembargo Libyen (ab 14:45)
– Ich erinnere mich hier an eine Regierungspressekonferenz auch mit Frau Demmer , in der Sie uns erläutert haben, dass die neuen Einschränkungen so waren, dass nicht direkt nach Saudi-Arabien geliefert wird, aber wieder direkt an die VAE. Das stimmt weiterhin, Frau Demmer? Das war nach Khashoggi (23:45)
Neues Strategiepapier Waffenindustrie (ab 35:28)
– Können Sie uns noch einmal erläutern, Frau Demmer, weil Sie jetzt immer wieder betont haben, dass das eine strategische Bedeutung habe, was denn die Strategie ist? Worin liegt also die strategische Bedeutung dieser Industrie für Deutschland? Wenn Sie von einer leistungsfähigen und wettbewerbsfähigen Industrie sprechen, was heißt das? Setzt die Bundesregierung dabei auf Wachstum? Sollen wir noch mehr Waffen an die Welt verkaufen? Was verstehen Sie darunter?
– Was heißt „strategische Bedeutung“? Was ist die Strategie der Bundesregierung? Was bedeutet „leistungsfähig und wettbewerbsfähig“? Setzt man auf ein Wachstum der Waffenindustrie?
– Können Sie denn, vielleicht anders gefragt, sagen, ob diese angeblich so restriktive Rüstungsexportpolitik jetzt durch die Änderung der Rahmenbedingungen gelockert wird oder noch restriktiver sein soll?
Clubsterben (ab 42:55)
– könnten Sie prüfen, ob sich die Kulturbeauftragte im Kanzleramt mit der Technokultur auseinandersetzt? (ab 44:39)
Cannabis (ab 57:38)
– In Bezug auf dieses Thema gibt es auch ein Papier der SPD-Fraktion im Bundestag. Ich würde gerne wissen, wie die Haltung des Gesundheitsministeriums bzw. des Gesundheitsministers zu diesem Papier ist, das besagt, dass Nutzung und Kauf von Cannabis entkriminalisiert werden sollen, dass Kleinstmengen toleriert werden sollen und dass eine Abkehr vom Strafrecht stattfinden soll.
– Steht denn Ihr Ministerium weiterhin zu dem Verbot von Cannabis und dazu, dass der Besitz kleinerer Mengen weiterhin strafrechtlich verfolgt werden muss? Finden Sie den Status quo so, wie er heute herrscht, immer noch in Ordnung?
– gibt es eine Position der Kanzlerin zum Kiffen? Hat sie vielleicht ein Herz dafür, Cannabis zu entkriminalisieren, zu legalisieren?
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 12. Februar 2020:
SRS’IN DEMMER: Das Kabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes beschlossen, mit dem die überarbeitete EU-Entsenderichtlinie umgesetzt werden soll. Diese Richtlinie regelt insbesondere, welche arbeitsrechtlichen Regelungen auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten, die aus dem Ausland nach Deutschland entsandt wurden. Sie soll die Arbeitsbedingungen verbessern und zugleich die Wirtschaft vor Lohndumping und unfairer Konkurrenz schützen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach Deutschland entsandt werden, profitieren künftig von den Arbeitsbedingungen, die in deutschen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und in den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelt sind.
Ein weiteres Thema im Kabinett: Die intensivpflegerische Versorgung und die medizinische Rehabilitation sollen in der gesetzlichen Krankenversicherung gestärkt werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Kabinett heute beschlossen. Danach wird der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege neu gefasst. Intensivpflegepatienten können also auch künftig zu Hause betreut werden, soweit dort die medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt ist.
Die Versorgung der Versicherten soll verbessert, die Leistungen sollen neu strukturiert und weiterentwickelt werden. Auch soll damit Fehlanreizen und Missbrauchsmöglichkeiten entgegengewirkt werden. Der Zugang zu einer medizinischen und insbesondere auch einer geriatrischen Rehabilitation soll erleichtert werden. Bei der Auswahl einer Rehabilitationseinrichtung erhalten die Versicherten ein stärkeres Wahlrecht.
Um einheitliche Vorgaben für Versorgungs- und Vergütungsverträge zu schaffen, sollen Krankenkassen und Leistungserbringer Rahmenempfehlungen auf Bundesebene schließen.
Des Weiteren hat das Bundeskabinett heute den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union beschlossen. Im Kern geht es darum, Abfälle zu vermeiden und Ressourcen effizienter zu nutzen. Das Gesetz erhöht die Recyclingquoten und verschärft die Pflichten, Abfälle getrennt zu sammeln. Bundesinstitutionen sind künftig verpflichtet, ökologisch vorteilhafte Erzeugnisse im Rahmen der öffentlichen Beschaffung zu bevorzugen.
Mit Blick auf das immer drängendere Problem der Wegwerfmentalität sieht der Gesetzentwurf daneben eine Obhutspflicht vor. Diese erweitert die den Produzenten und Händlern obliegende Produktverantwortung für die von ihnen hergestellten und vertriebenen Erzeugnisse. Sie verpflichtet die Händler, dafür Sorge zu tragen, dass die Gebrauchstauglichkeit der Produkte erhalten bleibt und diese nicht, etwa nach Rückgabe durch den Kunden, zu Abfall werden. Diese Grundpflicht bedarf noch der Konkretisierung durch eine Verordnung.
Die Bundesregierung will erreichen, dass damit insgesamt weniger Abfall entsteht und keine Ressourcen verschwendet werden. Die neuen Regelungen helfen dabei, unsere Ziele im Bereich des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit zu erreichen.
Industrielle Kernfähigkeiten und strategisch relevante Entwicklungskapazitäten sollen am Standort Deutschland und in der EU erhalten und gefördert werden. Das Bundeskabinett hat deshalb heute das Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie beschlossen. Dieser Branche kommt sowohl unter sicherheits- und verteidigungspolitischen als auch unter technologie- und industriepolitischen Aspekten eine strategische Bedeutung zu. Ihre Unternehmen spielen insbesondere bei der Ausstattung der zivilen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben sowie der Bundeswehr eine zentrale Rolle und leisten einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und Europa. Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ist damit eine Branche von nationalem und europäischem Interesse.
Durch Maßnahmen in fünf Bereichen sollen Forschung, Entwicklung und Innovationen gestärkt, Rahmenbedingungen für eine effiziente Produktion gesetzt, das Beschaffungswesen optimiert, Exporte politisch flankiert und verantwortungsvoll kontrolliert sowie der Schutz von Sicherheitsinteressen sichergestellt werden. Des Weiteren werden das sicherheits- und verteidigungspolitische Umfeld mit seinen Hauptherausforderungen dargestellt und daraus die Notwendigkeit einer leistungsfähigen Industrie abgeleitet sowie nationale sicherheits- und verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien festgelegt. Das Strategiepapier wird dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zur Kenntnisnahme zugeleitet.
Dann hat heute im Anschluss an die reguläre Kabinettssitzung der Kabinettsausschuss „Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union“ getagt. Dabei ging es um die Verhandlungen über das künftige Verhältnis zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich. Hierzu hatte die Bundeskanzlerin den Chefverhandler der EU, Michel Barnier, eingeladen. Mit ihm hatte das Kabinett heute einen Austausch.
FRAGE JESSEN: Zu den Entsenderichtlinien: Frau Demmer, in der vergangenen Woche hatten die Gewerkschaften den damals vorliegenden Entwurf abgelehnt oder kritisiert und gesagt, es sei zum Beispiel nicht hinnehmbar, dass bei der Gültigkeit von Tarifgruppen nur die untersten drei Gruppen Berücksichtigung fänden, sondern es müsste für alle Tarifgruppen gelten. Ein weiterer Punkt war, dass nicht nur bundesweite Tarifverträge Anwendung finden müssten, sondern alle allgemein verbindlichen.
Wurde diese Kritik der Gewerkschaften übernommen? Wurde auf sie eingegangen, oder ist es beim Stand des Entwurfs von vor einer Woche geblieben?
SRS’IN DEMMER: Dazu würde ich das Ressort bitten.
EHRENTRAUT: Danke für die Frage. Hinsichtlich der Entlohnung gibt es ganz klare Verbesserungen gegenüber dem vorherigen Status quo. Vorher waren nur Mindestentgelte geregelt. Nun gibt es umfangreiche Regelungen zur Entlohnung allgemein. Darunter fallen auch Überstundensätze, Schmutz- und Gefahrenzulagen, von denen nun auch entsandte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen profitieren werden.
Hinsichtlich der Kritik, dass es nur um bundesweit gültige Tarifverträge gehe: Ja, es gibt auch Tarifverträge, die allgemein verbindlich für Bundesländer sind. Das stimmt. Aber damit hätte es unionsrechtliche Probleme gegeben. Deshalb haben wir uns auf bundesweite Tarifverträge beschränkt.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Die Kritik der Gewerkschaften war ja, dass beim Entlohnungsgefüge nur eine limitierte Anzahl von Tarifgruppen einbezogen sei, dass aber alle Stufen, also auch die obersten, einbezogen werden müssten. Dazu haben Sie jetzt nichts gesagt. Wie verhält es sich damit?
EHRENTRAUT: Dazu liegen jetzt keine Informationen vor. Wie gesagt, hat es sehr viele Verbesserungen hinsichtlich der Entlohnung sowie zu den Überstundensätzen und den Zulagen gegeben.
FRAGE JUNG: Ich habe Fragen zur Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes an das federführende Ministerium, das BMU. Haben Sie jetzt Dinge umgesetzt, die nicht sowieso schon durch die Richtlinie von der EU vorgegeben wurden? Wenn ja, welche?
Gibt es verbindliche Abfallvermeidungsziele, die die Bundesregierung festlegt? Wenn nicht, warum nicht?
FICHTNER: In der Tat ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz eine Art Grundgesetz des deutschen Abfall- und Recyclingwesens. Mit dieser Novelle setzen wir in Teilen um, was wir europaweit bereits vorher vereinbart hatten. Aber in zwei wesentlichen Teilen gehen wir auch darüber hinaus.
Der eine ist der Bereich der öffentlichen Beschaffung. Der Bund selbst verpflichtet sich, mit seinen 6000 Beschaffungsstellen vorrangig ökologische Produkte, zum Beispiel Produkte aus Rezyklaten, zu kaufen. Das ist bisher nicht europaweit geregelt. Dabei gehen wir voran. Damit schließen wir im Grunde auch den Kreis, um den es bei der Kreislaufwirtschaft geht, indem wir die Nachfrage nach Rezyklaten stärken. Niemandem ist damit gedient, wenn man viel recycelt, wenn aber hinterher aus dem recycelten Material nichts werden kann, was gekauft wird. Da wollen wir den Markt schaffen, und da geht der Bund mit gutem Beispiel voran. Das ist das eine Beispiel.
Das andere Beispiel ist die Obhutspflicht. Frau Demmer hat sie gerade genannt. Dabei geht es darum, die Produktverantwortung, die wir bisher kennen, zu erweitern. Das heißt, Händler und Hersteller haben eine Verantwortung für ihr Produkt, auch insoweit, dass sie es nicht so einfach zu Abfall werden lassen dürfen. Das betrifft Überhänge und zum Beispiel Retouren. So etwas gibt es zumindest europaweit so noch nicht. Auch da gehen wir voran und hoffen natürlich auch auf Nachahmer in anderen Ländern.
Das Ziel ist klar: weniger Abfall, mehr Recycling. Was den Umgang mit Retouren angeht, so wollen wir, dass es keine unnötige Vernichtung mehr gibt. Das gilt genauso für Überhänge. Das sind die Ziele. Andere Zahlen habe ich dazu nicht.
ZUSATZFRAGE JUNG: Es gibt keine verbindlichen Abfallvermeidungsziele. Wenn Sie davon sprechen, unnötige Zerstörung zu vermeiden, frage ich Sie: Gibt es aus Ihrer Sicht auch Fälle nötiger Zerstörung, in denen die Unternehmen das weiterhin tun können?
Noch eine andere Frage: Stimmt es, dass es das Gesetz jetzt erlaubt, dass noch bis 2035, also noch 15 Jahre lang, über ein Drittel der Abfälle verbrannt werden kann?
FICHTNER: Zu Ihrer ersten Frage, in der es um nötige Vernichtungen ging: Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn es um Giftstoffe geht. Dann kann manchmal ein Entsorgen, Verbrennen besser sein, als es weiter im Verkehr zu halten. So etwas ist denkbar.
Wonach hatten Sie noch gefragt?
ZUSATZ JUNG: Danach, dass bis 2035 noch ein Drittel der Abfälle verbrannt werden darf. Stimmt das, und, wenn ja, wieso?
FICHTNER: Verbrennen ist ein Teil der Verwertung. Die Kaskade funktioniert so: Man verwertet zunächst stofflich, was man stofflich verwerten kann. Das kennen wir unter dem Begriff des Recyclings. Dann gibt es aber immer auch Abfälle, die man nicht recyceln kann. Diese werden verbrannt und damit zu Energie. Damit kann man wiederum andere Brennstoffe ersetzen. Das ist auf jeden Fall besser, als sie zu deponieren. Deponien gibt es in Deutschland nicht mehr.
Wenn Sie von einem Drittel sprechen, beziehen Sie sich wahrscheinlich auf das europaweite Ziel für Recyclingquoten von Siedlungsabfällen insgesamt. Das Ziel dafür beträgt 65 Prozent. Dann bleiben natürlich 35 Prozent übrig. Trotzdem ist das Ziel einer Recyclingquote von 65 Prozent ein sehr ehrgeiziges Ziel.
Verbindliche Ziele gibt es in unterschiedlichsten Formen. Recyclingquoten gibt es für die unterschiedlichsten Materialströme. An Verbindlichkeit besteht da also kein Mangel.
EHRENTRAUT (zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der revidierten EU-Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen): Ich habe einen Nachtrag zur Frage von Herrn Jessen. Ich musste etwas suchen.
Sie haben recht, dass es für bestimmte Gruppen maximal drei Lohnstufen gibt. Aber wie ich schon sagte, gilt grundsätzlich die Entlohnung. Nur bei Mindestlohn nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz gibt es diese maßgebliche Definition von maximal drei Lohnunterstufen. Hintergrund ist, dass damit Vorgaben des nationalen Verfassungsrechts Rechnung getragen wird. Dies stellt aber keine Begrenzung der Handlungsmöglichkeiten dar, sondern gegenüber der bisherigen Verordnungspraxis eine Ausweitung. Denn bisher hat es nur zwei Lohngruppen gegeben. Ein Verstoß gegen die Richtlinie liegt auch nicht vor. Von daher ist diese Kritik für uns nicht nachvollziehbar.
FRAGE: Ich habe zwei Fragen, zunächst eine Frage an das Auswärtige Amt: Ist ein Treffen zu Libyen nach der Sicherheitskonferenz geplant, unabhängig davon, was in München passiert? Wenn ich mich recht erinnere, war von Montag die Rede. Ist das bestätigt? Können Sie mehr dazu sagen?
BREUL: Ich kann noch einmal bestätigen, was wir hier am Montag gesagt haben. Am Sonntag wird es ein Außenministertreffen zu Libyen geben. Ich hatte auch erläutert, dass es der Auftakt des internationalen Follow-up-Prozesses ist. Es wird also eine ganze Reihe von weiteren Treffen zu den vier Themenkörben, die auch schon in der Abschlusserklärung des Gipfels hier in Berlin genannt wurden, geben, allerdings zunächst nicht auf Ministerebene, sondern auf Expertenebene. Das ist ein Prozess, der beginnt. Es ist der Auftakt dieses Prozesses, und es wird viele weitere Folgetreffen geben. Beantwortet das Ihre Frage?
ZUSATZFRAGE: Aber für Montag ist in Berlin nichts geplant?
BREUL: Für Montag ist mir kein Treffen bekannt, nein.
Vielleicht hat sich das mit hineingemischt: Unter Leitung der Vereinten Nationen finden Gespräche zum Wirtschaftsteil statt. Es kann sein, dass dazu am Montag ein Treffen stattfindet. Das wäre aber sozusagen kein Treffen der internationalen Gemeinschaft, sondern ein Treffen unter Leitung der UN mit den beteiligten libyschen Gruppen. Aber das kann ich gern noch prüfen und etwas nachreichen. Von unserer Seite als Co-Veranstalter mit Herrn Salamé gibt es nur das Treffen am Sonntag.
FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Breul, heute gab es eine „SPIEGEL“-Meldung, wonach die deutsche Regierung gesagt habe, dass sie Waffen an die Vereinigten Arabischen Emirate verkaufe. Das wäre ein Gesetzesbruch, was das Waffenembargo für Libyen angeht.
Wie ist das miteinander vereinbar? Sie betonen immer wieder das Waffenembargo, aber Sie verkaufen Waffen an Ägypten und an die Vereinigten Arabischen Emirate, die beide Kriegsparteien in Libyen sind.
BREUL: Natürlich halten wir uns an das Waffenembargo. Ich weise strikt zurück, dass wir uns an einem Bruch beteiligen würden.
Ich vermute, Sie beziehen sich auf Äußerungen einer Oppositionspolitikerin zu Zahlen der Bundesregierung, für die das BMWi zuständig ist. Darum würde ich vielleicht dorthin verweisen.
GRAVE: Entschuldigung, ich habe gerade nicht richtig aufgepasst. Wozu?
BREUL: Herr Towfigh Nia, wollen Sie Ihre Frage noch einmal stellen?
TOWFIGH NIA: Es geht um den Waffenverkauf an Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Beide sind Kriegsparteien in Libyen. Herr Breul hat gerade noch einmal das Waffenembargo betont.
Wie ist es miteinander vereinbar, dass Sie Waffen an diese Kriegsparteien verkaufen, aber auch immer wieder das Waffenembargo für Libyen betonen?
Diese Anfrage kam von der Linksfraktion. Sie haben bestätigt, dass zum Beispiel Waffen verkauft wurden. Sie haben auch detailliert gesagt, um wie viele und um welchen Betrag es ging. Es wurden Waffen an die Vereinigten Arabischen Emirate und auch an Ägypten verkauft.
GRAVE: Es tut mir leid; das müsste ich nachreichen. Dazu kann ich Ihnen gerade nichts sagen.
SRS’IN DEMMER: Vielleicht können wir ganz allgemein hier sagen: Sie kennen ja unsere restriktiven Regeln zur Rüstungsexportpolitik. Alle Meldungen über einen Bruch dieses Waffenembargos nehmen wir natürlich mit großer Sorge zur Kenntnis, und wir rufen alle beteiligten Konfliktparteien dazu auf, das Embargo einzuhalten. Ansonsten bin ich ganz bei Herrn Breul.
ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Aber Frau Demmer, diese Waffen wurden doch verkauft. Das Wirtschaftsministerium hat in der Antwort auf die Anfrage doch gesagt, dass diese Waffen verkauft worden sind.
BREUL: Ich würde Sie bitten, den Artikel vielleicht noch einmal sorgfältiger zu lesen, oder vielleicht setzen Sie sich auch mit der Abgeordneten in Kontakt, die vielleicht die Informationen teilt, die sie hat. Da ist ja auch schon die Unterscheidung zwischen Rüstungsexporten und Gütern, die unter Rüstungsexporte fallen, getroffen worden wir haben uns ja schon wiederholt darüber unterhalten, dass das eine sehr breite Definition ist , und darüber hinaus ist noch die Rede von Kriegsgütern. Wenn Sie sich diese Zahlen genau anschauen, dann sehen Sie, denke ich, dass die Vorwürfe, die Sie jetzt formulieren, nicht haltbar sind.
FRAGE BUSCHOW: Das Waffenembargo hat ja tatsächlich vorgesehen, dass man sich nicht an Sammelprojekten beteiligt, die dann fertig montiert in die Vereinigten Arabischen Emirate gehen. Wenn jetzt aber aus den Daten hervorgeht, dass Deutschland selbst in die Vereinigten Arabischen Emirate liefert, dann wirkt das tatsächlich irgendwie absurd. Können Sie vielleicht doch noch einmal erklären, was das Waffenembargo mit Blick auf die Emirate vorsieht?
BREUL: Ich müsste dann noch einmal darauf verweisen vielleicht kann das BMWi dazu noch etwas nachreichen , dass unsere Informationspolitik zu Entscheidungen zu Rüstungsexporten nun einmal sehr strikt an Regeln gebunden ist. Insofern kann ich nicht über die Informationen hinausgehen, die ich Ihnen geben darf. Aber bitte schauen Sie sich die Zahlen genau an. Die Vorwürfe, wir würden Kriegsgüter liefern, die dann über die VAE nach Libyen kommt, sind doch, ich sage einmal, ziemlich aus der Luft gegriffen. Das geben diese Zahlen nicht her und das ist auch nicht so. Wir halten uns an das Waffenembargo, und selbstverständlich würden wir, wenn wir auch nur den Hauch eines Zweifels hätten, dem nachgehen, das aufnehmen und das auch entsprechend verhindern.
FRAGE JESSEN: Das bedeutet, Sie erklären jetzt für die Bundesregierung, dass die Waffen, die an die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert wurden oder werden, nicht nach Libyen gelangen und das Waffenembargo brechen? Das ist der Kern Ihrer Aussage?
BREUL: Nein, das habe ich nicht gesagt.
ZUSATZ JESSEN: Doch.
BREUL: Sie haben
ZUSATZ JESSEN: Doch.
BREUL: Herr Jessen, wenn Sie meinen, schon zu wissen, was ich gesagt habe, und das besser wissen als ich, dann müssen wir gar nicht mehr weiterreden; dann können Sie demnächst diese Pressekonferenz auch ohne Antworten führen.
Ich kann vielleicht noch einmal erläutern und dann können Sie es vielleicht auch nachvollziehen , was ich gesagt habe. Ich habe gesagt: Das Waffenembargo über Libyen nehmen wir sehr ernst, es ist für uns elementar wichtig, wir pochen darauf, dass es eingehalten wird, und selbstverständlich halten wir uns auch daran. Ich habe noch einmal darauf hingewiesen, dass Sie sich die Zahlen, die da kursieren, vielleicht noch einmal genau anschauen. Dann werden Sie feststellen, dass die Vorwürfe, die Sie hier jetzt zu konstruieren versuchen, gar nicht den Tatsachen entsprechen können.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Ich habe keine Vorwürfe konstruiert, und dass das mit den Antworten in der Pressekonferenz manchmal auch so eine Sache ist, wissen wir beide. Ich wiederhole meine Frage: Sie haben jetzt noch einmal gesagt, man möge sich doch die Zahlen noch einmal anschauen, dann werde das deutlich. Vorher hatten Sie gesagt: Wenn nur der geringste Hauch eines Zweifels bestünde, würde das ja nicht geliefert werden. Das bedeutet doch in der logischen Konsequenz und nur danach habe ich gefragt , dass Sie hier erklären: Die Militärgüter, die an die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert werden, sind nicht geeignet und werden nicht eingesetzt als Bruch des Waffenembargos. Das ist doch die logische Konsequenz, oder nicht?
BREUL: Ich habe das gesagt, was ich gesagt habe. Zu den einzelnen Gütern, die da geliefert wurden, kann ich hier so aus dem Stegreif keine näheren Angaben machen, auch weil ich das nicht darf. Wir können gerne noch einmal gemeinsam mit dem BMWi prüfen, welche Möglichkeiten wir da haben. Ich kann aber nur das wiederholen, was ich gerade gesagt habe: Das Waffenembargo gegenüber Libyen ist für uns eine zentrale politische Richtschnur, zu der wir alle Teilnehmer des Berliner Prozesses verpflichten und dazu zählen wir natürlich auch selbst. Das ist also der entscheidende Punkt, und daran kann auch kein Zweifel aufkommen.
FRAGE: Nur um es zu präzisieren: Habe ich das richtig verstanden, dass Rüstungsgüter an die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert wurden, aber keine Kriegswaffen?
BREUL: Ich habe dazu für mich keine Zahlen mitzuteilen, sondern habe Sie auf die Zahlen verwiesen, die in dieser Berichterstattung auftauchen. Ich müsste dann gegebenenfalls noch einmal an das BMWi verweisen, das dafür das federführende Ressort ist.
GRAVE: Ich kann an dieser Stelle auch nur auf die Antwort auf die Parlamentarische Anfrage verweisen. Seit dem 20. Januar, also seit dem Tag der Libyen-Konferenz, gab es keine Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Die Zahlen sind in der Antwort auf die Parlamentarische Anfrage veröffentlicht, die können Sie nachlesen.
FRAGE JUNG: Ich erinnere mich hier an eine Regierungspressekonferenz auch mit Frau Demmer , in der Sie uns erläutert haben, dass die neuen Einschränkungen so waren, dass nicht direkt nach Saudi-Arabien geliefert wird, aber wieder direkt an die VAE. Das stimmt weiterhin, Frau Demmer? Das war nach Khashoggi.
SRS’IN DEMMER: Ja, ich weiß. Es gibt da ja die Regelung dieser Ruhensanordnung, aber ehrlich gesagt müsste ich das noch einmal nachlesen; ich kenne den aktuellen Stand da nicht. Das ist jetzt ja auch ein anderer Fall, und ich kenne auch die Antwort auf die Kleine Anfrage nicht. Insofern würde ich sagen: Wir und das BMWi reichen das gegebenenfalls nach.
VORS. SZENT-IVÁNYI: Dann halten wir das einmal so fest. Ich habe den Eindruck, dass da noch ein bisschen Aufklärung notwendig ist.
FRAGE LANGE: An das Gesundheitsministerium: Der Pflegebevollmächtigte hat heute ein Diskussionspapier vorgelegt, um für eine Entbürokratisierung in der Pflege zu sorgen. Wie stellt sich das Ministerium zu diesem Papier? Ich vermute einmal, Sie haben es gelesen.
WACKERS: Wie Sie vielleicht wissen, will Minister Spahn in diesem ersten Halbjahr eine Debatte über die Finanzierung der Pflegeversicherung führen und auch bis Mitte des Jahres einen Vorschlag vorlegen. In diesem Kontext sehen wir den Vorschlag von Herrn Westerfellhaus als einen interessanten Debattenbeitrag, und genau das, nämlich hier Input zu liefern, ist ja auch seine Aufgabe.
ZUSATZFRAGE LANGE: Darüber hinaus, dass Sie das interessant finden: Wird das in den Gesetzgebungsprozess oder überhaupt in die Arbeit des Ministeriums einfließen, oder legen Sie das dann jetzt zur Seite?
WACKERS: Wie gesagt, die Diskussion wird ja jetzt, im ersten Halbjahr 2020, geführt.
FRAGE: An das Bundeswirtschaftsministerium: Am Donnerstag trifft sich die Bundeskanzlerin mit dem Chef von Ericsson, Börje Ekholm. Wer nimmt sonst noch an diesem Treffen teil?
GRAVE: Diese Frage würde ich eher an Frau Demmer richten.
SRS’IN DEMMER: Ja, diese Frage müssten Sie an mich richten. Ich kann sie Ihnen aber so nicht beantworten, weil es dabei bleibt, dass wir hier nur die presseöffentlichen Termine der Kanzlerin kundtun. Das habe ich am vergangenen Freitag für diese Woche getan. Selbstverständlich gehört es zur Arbeit der Bundeskanzlerin, sich neben den presseöffentlichen Terminen auch mit anderen Menschen zu treffen und Gespräche zu führen gelegentlich auch mit Unternehmensvertretern. Dabei muss ich es an diesem Punkt aber belassen.
ZUSATZFRAGE: Trifft sich die Bundeskanzlerin adäquat auch mit den Vertretern von Nokia und Huawei, und wenn nicht: Warum nicht?
SRS’IN DEMMER: Da gilt jetzt genau das gleiche. Ich müsste meine Antwort also noch einmal exakt genauso wiederholen.
BREUL: Ich kann noch etwas zu der Libyen-Frage nachreichen: Meine Kollegen haben mich darüber informiert, dass Sie vielleicht das Außenministertreffen der EU am Montag gemeint haben könnten. Da wird es selbstverständlich auch um Libyen gehen. Am [Dienstag] beginnen dann die sogenannten 5+5-Gespräche über die Waffenruhe, die von Herrn Salamé geführt werden; an denen ist Deutschland aber nicht beteiligt.
FRAGE BUSCHOW: Herr Alter, die Zeit berichtet heute, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz und auch die Landesämter für Verfassungsschutz begonnen haben, Abgeordnete der AfD zu überwachen, zumindest was außerparlamentarische Aktivitäten angeht. Was die Linkspartei betrifft, wurde das ja damals vom Bundesinnenminister eingestellt. Meine Frage: Sind Sie darüber informiert, weiß das Innenministerium Bescheid, und finden Sie das richtig?
ALTER: Ich kenne die Medienberichte darüber, habe allerdings im Moment noch keine behördliche Bestätigung dazu. Wir klären das derzeit auf und können die Antwort eventuell nachliefern.
FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Demmer, am Freitag trifft sich die Bundeskanzlerin mit dem sudanesischen Ministerpräsidenten Hamdok. Können Sie sagen, welche Themen da besprochen werden, und mir Einzelheiten zu dem Treffen geben?
SRS’IN DEMMER: Ich habe das ja am Freitag schon vorgetragen: Da geht es um internationale und bilaterale Themen. Darüber hinaus kann ich dem Gespräch natürlich nicht vorgreifen.
FRAGE JESSEN: Zum Thema Crypto/BND ich nehme an, das geht auch an Frau Demmer : Sie kennen die Berichterstattung. Die Vorfälle, um die es geht, bewegen sich zeitlich vor der Amtszeit dieser Regierung. Deutschland bzw. der BND ist, glaube ich, Anfang der 90er-Jahre aus Crypto ausgestiegen. Gleichwohl stellt sich die Frage: Hat die Bundesregierung jemals in der Folgezeit davon erfahren, dass der Bundesnachrichtendienst in das „Abhören unter Freunden“ verwickelt war? Hat sie sich, falls das nicht erfolgte, darum bemüht, jetzt im Zuge der neuen Berichterstattung Informationen zu erlangen? Denn das war ja doch eine Art von Tätigkeit und Netzwerk unter deutscher Beteiligung, die fundamental dem widerspricht, was die Bundesregierung propagiert.
SRS’IN DEMMER: Herr Jessen, ja, die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach Presseberichterstattung zu dem genannten Vorgang zur Kenntnis genommen. Wie Sie wissen, nimmt die Bundesregierung zu Angelegenheiten, die die operative Arbeit der Nachrichtendienste betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung. Wir berichten hierzu insbesondere den zuständigen geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Bedeutet das, dass die aktuelle Berichterstattung auch für die Bundesregierung einen erneuten zusätzlichen Nachfragebedarf beinhaltet, oder wussten Sie das alles schon?
SRS’IN DEMMER: Wie gesagt, über das jetzt hier Gesagte hinaus kann ich Ihnen nichts sagen.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Möchten Sie es auch nicht bewerten, dass deutsche Dienste über lange Zeit a) in Abhörpraktiken gegenüber befreundeten Staaten beteiligt waren, b) damit auch schwarze Kassen gefüllt wurden und c) Informationen über Massenmorde verschwiegen wurden, die man auf diesem Weg erhalten hat?
SRS’IN DEMMER: Ich muss Sie noch einmal darauf verweisen Sie wissen das ja auch : Zu Angelegenheiten, die die operative Arbeit der Nachrichtendienste betreffen, nehmen wir öffentlich grundsätzlich keine Stellung, sondern informieren da die zuständigen geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages.
FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Demmer, die Oppositionsparteien haben in dieser Hinsicht jetzt Aufklärung gefordert. Was tut die Bundesregierung, um dies aufzuklären? Ist die Bundesregierung überhaupt an einer Aufklärung dieser Angelegenheit interessiert?
SRS’IN DEMMER: Herr Towfigh Nia, ich muss Sie enttäuschen: Ich glaube, ich habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir diese Angelegenheit, über die es schon sehr lange Berichterstattung gibt, zur Kenntnis genommen haben, aber ich kann Ihnen dazu über das hinaus, was ich jetzt gesagt habe, hier an diesem Ort nichts sagen.
ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Sie können also noch nicht einmal sagen, ob überhaupt international an Aufklärung besteht?
SRS’IN DEMMER: Grundsätzlich ist die Bundesregierung immer an Aufklärung und an guter Zusammenarbeit mit den Gremien des Deutschen Bundestages interessiert. Dazu gehören auch die geheim tagenden Gremien, die sich mit diesen Themen befassen.
FRAGE: Ich habe eine Frage an Frau Demmer zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft: Bisher dachte ich immer, das wichtigste Thema werde der Klimaschutz sein. Dann hat aber Bundesinnenminister Horst Seehofer auf dem Polizeikongress angekündigt, dass er das Thema EU-Grenzschutz vor allen Dingen Außengrenzschutz für das wichtigste hält. Gibt es darüber noch Diskussionen?
SRS’IN DEMMER: Ganz allgemein kann ich sagen: Die Bundesregierung wird ab dem 1. Juli turnusgemäß die Ratspräsidentschaft übernehmen. Zur Frage, welche Themen wir da vorantreiben wollen: Die kroatische Ratspräsidentschaft hat gerade begonnen, und darauf liegt nun unser Fokus. Ganz generell werden sich die Themen, die bei der deutschen Ratspräsidentschaft zu beraten sind, erst nach und nach konkretisieren. Deswegen kann ich hier jetzt zu konkreten Themen noch keine Auskunft geben.
ZUSATZFRAGE: Herr Breul, was ist denn aus Sicht des Außenministeriums das wichtigste Thema?
BREUL: Ich wollte mich gerade sowieso zu Wort melden. Das Programm für die Ratspräsidentschaft wird innerhalb der Bundesregierung erarbeitet. Selbstverständlich ist es so, dass aus den unterschiedlichen Ressorts auch unterschiedliche Impulse und unterschiedliche Themen, die wichtig sind, kommen. Das werden wir innerhalb der Bundesregierung besprechen und dann in einem Programm ausarbeiten.
Es gehört im Übrigen zum guten Ton, dass wir, während eine andere Ratspräsidentschaft läuft Frau Demmer erwähnte es: Kroatien hat die Ratspräsidentschaft inne , nicht groß darüber reden und Pläne machen, was im zweiten Halbjahr ansteht, sondern uns erst einmal darauf konzentrieren, konstruktiv an dem mitzuarbeiten, was unsere kroatischen Partner innerhalb der EU als Präsidentschaftsprogramm formuliert haben.
Ich bitte Sie also um noch etwas Geduld. Das, was dann letztlich das Präsidentschaftsprogramm sein wird, werden wir hier in aller Breite und in jeglichem Detail je nachdem, wie Sie es wünschen vorstellen, aber im Moment liegt das noch nicht vor.
ALTER: Das betrifft ja meinen Minister. Insofern würde ich das gerne auch noch einmal kommentieren, insbesondere die Aussage, auf die Sie Bezug nehmen, die er beim Europäischen Polizeikongress gemacht hat. Er hat nach meiner Erinnerung nicht gesagt, dass das Thema das wichtigste Thema sein werde, sondern er hat gesagt, dass das Thema Migration und das Ziel eines gemeinsamen europäischen Asylsystems also nicht nur der Grenzschutz, sondern das Gesamtsystem einschließlich eines Verteilungsmechanismus in der Wichtigkeit dem Klimaschutzthema gleichkomme. Er hat nicht gesagt, das sei das wichtigste Thema, aber es ist selbstverständlich so, dass er dem als Innenminister, der sozusagen auch die fachliche Verantwortung für dieses Thema hat, eine Priorität beimessen will. Damit hat er aber kein anderes Thema in seiner Wichtigkeit abgewertet. Das ist auch nicht sein Ziel.
FRAGE JUNG: Es geht um das Strategiepapier zur Stärkung der Waffenindustrie. Können Sie uns noch einmal erläutern, Frau Demmer, weil Sie jetzt immer wieder betont haben, dass das eine strategische Bedeutung habe, was denn die Strategie ist? Worin liegt also die strategische Bedeutung dieser Industrie für Deutschland?
Wenn Sie von einer leistungsfähigen und wettbewerbsfähigen Industrie sprechen, was heißt das? Setzt die Bundesregierung dabei auf Wachstum? Sollen wir noch mehr Waffen an die Welt verkaufen? Was verstehen Sie darunter?
ROUTSI: Das BMWi ist Federführer. Ich würde das gerne durch das federführende Ressort beantworten lassen.
GRAVE: Da kann ich zunächst einmal den richtigen Titel nennen. Das ist das Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.
ZURUF JUNG: Sag ich doch!
GRAVE: „Industrie“ – deshalb lag es bei uns. Es wurde gemeinsam vom BMWi, vom BMVg, vom BMI, vom AA und vom BMBF erarbeitet. Auch das BMF hat Punkte eingebracht. Herr Altmaier hat sich dazu heute in einer Pressemitteilung geäußert, die Sie auf unserer Homepage finden.
ZURUF JUNG: Können Sie die Fragen beantworten?
GRAVE: Kann ich zu Ende sprechen?
ZURUF JUNG: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)
GRAVE: Das neue Papier ersetzt die vorher getrennten Strategiepapiere zur Verteidigungsindustrie und zur zivilen Sicherheitsindustrie. Das Strategiepapier (akustisch unverständlich) das Leitbild für die nationale und europäische Politik der Bundesregierung hinsichtlich der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.
Die beschlossenen Maßnahmen haben das Ziel, Forschung und Entwicklung und Innovation zu stärken, Rahmenbedingungen für eine effiziente Produktion zu setzen und das Beschaffungswesen zu optimieren.
ZUSATZ JUNG: Die Pressemitteilung kann ich mir auch selbst durchlesen oder anhören. Ich hatte konkrete Fragen gestellt. Die bitte beantworten!
GRAVE: Sie hatten konkret gefragt,
ZURUF JUNG: Was heißt
GRAVE: was darin steht.
ZUSATZFRAGE JUNG: Was heißt „strategische Bedeutung“? Was ist die Strategie der Bundesregierung? Was bedeutet „leistungsfähig und wettbewerbsfähig“? Setzt man auf ein Wachstum der Waffenindustrie?
GRAVE: Es geht darum, den Schutz von Sicherheitsinteressen sicherzustellen. Es werden die Lage und die Besonderheiten des Sektors thematisiert, geplante bzw. bestehende Dialogformate mit Industrie, Verbänden, Gewerkschaften und weiteren Stakeholdern.
Wie Frau Demmer vorhin schon erklärt hat, ging es auch um die Festlegung von Schlüsseltechnologien. Die Sicherheits- und Verteidigungsunternehmen spielen insbesondere bei der Ausstattung der zivilen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben sowie der Bundeswehr eine zentrale Rolle. Sie leisten dadurch einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bürger in Deutschland und in Europa. Deshalb brauchen wir eine innovative leistungs- und wettbewerbsfähige Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland und in der EU mit entsprechend hochqualifizierten Mitarbeitern. Deshalb haben wir in dieser Strategie unter anderem die sicherheits- und verteidigungsindustriellen Schlüsseltechnologien festgelegt, und damit gehört jetzt zum Beispiel unter anderem auch der Marine-Überwasserschiffbau zur nationalen Verteidigungsindustrie. Das hat etwas mit dem Beschaffungswesen zu tun und dient eigentlich einer Klarstellung von europäischem Recht an dieser Stelle.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe immer noch nicht das Gefühl, dass irgendeine Frage beantwortet wurde.
Können Sie denn, vielleicht anders gefragt, sagen, ob diese angeblich so restriktive Rüstungsexportpolitik jetzt durch die Änderung der Rahmenbedingungen gelockert wird oder noch restriktiver sein soll?
GRAVE: Im Bereich der Exportindustrie haben wir das Ziel, die Koordinierung innerhalb der Bundesregierung zu verbessern, also die Koordinierung, nicht eine Änderung. Zu diesem Zweck wird auf Arbeitsebene ein permanenter Steuerungskreis zwischen den Bundesministerien zur besseren Koordinierung der Exportflankierung geschaffen. Es werden keine exportkontrollrechtlichen Bestimmungen geändert.
FRAGE: Ich habe eine Verständnisfrage. Sie haben gesagt, mit dem jetzigen Vorschlag solle das Beschaffungswesen verbessert werden. Korrigieren Sie mich, wenn ich es falsch gesehen habe: Es sind ja fünf Bereiche definiert worden, in denen nicht mehr europaweit ausgeschrieben werden muss. In sämtlichen Strategiepapieren zum Beschaffungswesen habe ich eigentlich immer nur gelesen, dass es kostengünstiger sei und viel mehr Synergien ergäbe, wenn man in diesem Beschaffungswesen europaweit zusammenarbeiten würde. Das sieht jetzt für mich wie eine Renationalisierung von fünf Schlüsselindustrien und eine Abwendung von diesem proeuropäischen Kurs aus. Können Sie mir da helfen?
GRAVE: Es geht um die Optimierung und um die Vergabeoptimierung in Deutschland und darum, dass die Vergabestellen im Einzelfall entscheiden können, ob sie europaweit oder national ausschreiben.
ZUSATZFRAGE: Aber verstehen Sie meine Frage?
GRAVE: Es besteht die Möglichkeit
ZUSATZ: Entschuldigung. Wenn die Strategiepapiere bezüglich des Beschaffungswesens aussagen, man sollte am besten europaweit anschaffen das ist günstiger, das ist besser , und Sie jetzt mit einem Vorschlag ankommen, der aussagt „Wir können das jetzt eigentlich auch national machen“, dann klingt das irgendwie nach einer Renationalisierung.
GRAVE: Es geht darum, dass es die Möglichkeit gibt. Es geht nicht darum, dass es jetzt grundsätzlich der Fall ist. Es gibt jetzt Industrien, die als Schlüsseltechnologieindustrien definiert sind, und für die gibt es die Möglichkeit, national zu beschaffen. Aber weiterhin wird die Vergabestelle vor Ort entscheiden, und in diesem Fall wäre das zum Beispiel das Verteidigungsministerium.
FRAGE JESSEN: Es ist so abstrakt, das nachzuvollziehen. Könnten Sie das anhand eines konkreten Beispiels möglicherweise erläutern? Wie der Kollege nämlich vorhin sagte: Wenn vorher eine eindeutige Priorität bezüglich der Zielsetzungen bestand, nämlich die, am besten europaweit auszuschreiben, und Sie sagen „Wir eröffnen jetzt die Möglichkeit, das aber auch national zu tun“, dann ist ja davon auszugehen, dass diese Möglichkeit auch genutzt wird, was dann ein Stück weit zulasten der europaweiten Ausschreibungen ginge. Wo können wir uns also vorstellen, dass eine nationale Ausschreibung vielleicht sinnvoller wäre?
GRAVE: Es handelt sich hierbei um eine Strategie und nicht um konkrete Maßnahmen. Dementsprechend besteht jetzt die Möglichkeit. Aber ein konkretes Beispiel kann ich Ihnen nicht nennen.
ROUTSI: Ich würde vielleicht einmal ganz kurz einhaken, Herr Jessen, wenn ich darf; das betrifft uns ja auch. Das BMVg war ja auch maßgeblich an dieser Strategieentwicklung beteiligt.
Herr Jung, Sie haben nach einer Strategie gefragt. Ich kann Ihnen die Strategie des BMVg nennen: Uns geht es darum, unseren Soldatinnen und Soldaten, die in die Einsätze geschickt werden, schnellstmöglich gutes Material an die Hand zu geben. Dafür gibt es unterschiedliche Vergabemöglichkeiten. Diese Strategie eröffnet uns den neuen Weg für den Marine-Überwasserschiffbaus, ihn als Schlüsseltechnologie zu benennen. Das heißt, wir können sie nutzen, wir müssen sie aber nicht nutzen.
Wann wird sie genutzt werden? – Dann, wenn es von Einzelfall zu Einzelfall geprüft wird und die Bundesregierung das für sich quasi als besten Weg definiert. Damit habe ich dann hoffentlich auch Herr Stuchliks Frage beantwortet. Unsere Strategie ist, wie gesagt, unseren Frauen und Männern zügig gutes Material an die Hand zu geben, und wir hoffen, dass das das Ganze etwas vereinfacht.
FRAGE: Das Stichwort Clubsterben wird heute im Bundestag debattiert. Wie wichtig ist der Bundesregierung der Erhalt von Clubs? Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um das Clubsterben zu stoppen?
SRS’IN DEMMER: Ich weiß nicht, ob sich die Bundesregierung damit beschäftigt. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.
ZUSATZFRAGE: Dann habe ich eine Nachfrage an das Bauministerium. In der Baunutzungsverordnung werden Clubs ja derzeit noch als Vergnügungsstätten gekennzeichnet. Jetzt gibt es die Idee, das Ganze zum Beispiel als „Anlagen für kulturelle und soziale Zwecke“ auszuweisen. Stichwort „Änderung im Baugesetzbuch“: Da könnte man zum Beispiel auch die Baugebietskategorie „Kulturgebiet“ einführen. Für wie sinnvoll halten Sie diese Vorschläge?
ALTER: Ich kann diesen Vorschlag an dieser Stelle nicht bewerten und nur darauf hinweisen, dass wir ja derzeit an der Baugesetzesnovelle arbeiten. Die Ressortabstimmung läuft noch. Ich hatte es vergangene Woche hier schon einmal gesagt: Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Ressortabstimmung noch im Februar abgeschlossen werden kann. Inwieweit dieser spezifische Punkt, den Sie gerade ansprechen, jetzt Gegenstand noch offener Fragestellungen ist, kann ich Ihnen ad hoc an dieser Stelle nicht sagen.
ZUSATZFRAGE: Wir das Thema Vergnügungsstätten dabei eine größere Rolle spielen? Gibt es dafür eine Strategie?
ALTER: Ich muss passen. Ich kann zu dieser spezifischen Frage hier nichts sagen. Ich prüfe das gerne und liefere es nach.
FRAGE JUNG: Frau Demmer, könnten Sie prüfen, ob sich die Kulturbeauftragte im Kanzleramt mit der Technokultur auseinandersetzt?
SRS’IN DEMMER: Das prüfe ich.
ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie das nachreichen?
SRS’IN DEMMER: Gegebenenfalls.
FRAGE: Zum illegalen Tierhandel: Die EU möchte ja die Gesetzeslage verschärfen. Ich würde gerne wissen, wie Sie dazu stehen. Was tut Deutschland, um mehr gegen illegalen Tierhandel vorzugehen?
BÜRGELT: Grundsätzlich ist die Bekämpfung des illegalen Tierhandels auch für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein sehr wichtiges Anliegen. Das Problem hinter dem illegalen Tierhandel ist sehr vielschichtig, denn es sind Aspekte des Tierschutzes, der Tiergesundheit, aber eben auch der menschlichen Gesundheit, der öffentlichen Sicherheit und des Verbraucherschutzes betroffen.
Festzuhalten ist, dass es grundsätzlich beim illegalen Tierhandel bereits bestehendes, geltendes Recht gibt, gegen das durch den illegalen Tierhandel regelmäßig verstoßen wird. Beispielsweise ist das Tiergesundheitsrecht zu nennen, also zum Beispiel konkret fehlende Impfungen, wie es häufig beim illegalen Tierhandel der Fall ist.
Klar ist dem BMEL aber auch, dass nationale Maßnahmen eben aufgrund des grenzübergreifenden illegalen Handels nicht ausreichen. Daher setzt sich auch unser Ministerium für eine europäische Lösung ein und begrüßt entsprechende Aktivitäten auf EU-Ebene.
Zu dem konkreten Vorschlag von heute: Den müssen wir uns erst anschauen und können ihn dann konkret bewerten. Aber ganz grundsätzlich gilt: Europäische Initiativen sind hier deutlich zu begrüßen.
ZUSATZFRAGE: Wie groß ist das Problem überhaupt in Deutschland?
BÜRGELT: Wir wissen, dass es ein großes Problem ist, können es allerdings nicht beziffern, da einfach die Dunkelziffer dahinter sehr groß ist. Der Begriff „illegaler Tierhandel“ sagt es. Uns ist allerdings bekannt, dass es eben vor allem bei Hunden, Welpen und Katzen häufig zu illegalem Tierhandel kommt.
FRAGE LANGE: Ich hätte eine Frage an Frau Demmer und Herrn Breul. Es gibt die Meldung, wonach Herr Heusgen Nachfolger von Herrn Ischinger werden könnte. Ich hätte gerne gewusst, ob sich Herr Heusgen mit diesem Thema vielleicht schon an die Kanzlerin oder an den Außenminister gewendet hat.
SRS’IN DEMMER: Über Personalangelegenheiten gebe ich jetzt keine Auskunft.
BREUL: Ich habe auch nichts beizutragen.
ZUSATZFRAGE LANGE: Ist es denn eine Personalangelegenheit?
SRS’IN DEMMER: Klingt danach, oder?
ZUSATZFRAGE LANGE: Das war ja meine Frage. Ja oder Nein?
SRS’IN DEMMER: Wie gesagt: Ich kann Ihnen dazu hier und jetzt nichts sagen.
BREUL: Herr Heusgen ist Mitarbeiter des Auswärtigen Amts. Darum ist das für uns eine Personalangelegenheit.
FRAGE GEERS: Ich hätte eine spezielle Frage an das Finanzministerium. Es geht um Bierflaschen und Pfandsysteme von Brauereien. Es gibt große Aufregung in der Branche. Frau Wogatzki, wie bewerten Sie das? Offenkundig gibt es aus Sicht der Brauereien irgendwelche steuerlichen Ungereimtheiten. Was sagen Sie dazu?
WOGATZKI: Erst einmal zur Klarstellung: Es gibt keine Neuregelung durch das Finanzministerium, die das Pfandflaschensystem betreffen. Vielmehr gibt es eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes von 2013, die die Finanzbehörden jetzt in Umsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung anwenden. Es ist also schon eine geraume Zeit vergangen, in der diese Rechtsprechung gilt.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes führt insgesamt nicht zu einer höheren Steuerbelastung für die Bierbrauer. Es kommt bei den Mehrwegeinheitsflaschen durch den Wegfall der Rückstellungsmöglichkeiten lediglich zu einer Verschiebung der Steuerlast. Es fallen also nicht mehr Steuern an, sondern sie fallen zu einem anderen Zeitpunkt an. Daher ist das Finanzministerium der Ansicht, dass diese Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, die flächendeckend umgesetzt wird, nicht zur Unattraktivität des Leergutes führt, sondern dass das Leergut weiterhin eine attraktive Möglichkeit ist.
Die Rückstellungen, die mit Blick auf die Rechtsprechung teilweise fehlerhaft gebildet wurden, müssen nun von der Branche berichtigt werden; das ist wahr. Daher kommt vielleicht auch der Unmut, wobei wir über die Reaktion der deutschen Bierbrauer erstaunt sind, denn die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist seit 2013 bekannt. Auf der anderen Seite führen wir aktuell auch Gespräche mit den Bierbrauern. Deshalb ist es für uns überraschend, dass der Unmut in dieser Form geäußert wird.
ZUSATZFRAGE GEERS: Sie befürchten also nicht, dass es dadurch jetzt zu weniger Pfandsystemen oder ähnlichen Dingen kommt, was ja auch ökologisch nicht so sinnvoll wäre?
WOGATZKI: Nein. Wie gesagt: Diese Rechtsprechung führt ja nicht zu einer größeren Steuerbelastung, sondern nur zu einer Verschiebung der Steuerlast. Das hängt mit den Fragen des Eigentums an den Einheitsflaschen zusammen, die durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes eben anders gesehen wurde, als sie einmal ursprünglich gehandhabt wurde. Deswegen konnten die Bierbrauer Rückstellungen bilden. Das können sie seit 2013 nicht mehr. Deswegen müssen sie ihre Rückstellungen auflösen. Aber sie zahlen nicht mehr Steuern als vorher.
FRAGE DR. DELFS: Frau Demmer, ich habe eine Frage zu Huawei. Gestern hat die Unionsfraktion einstimmig einen Entwurf beschlossen, der im Grunde anders, als es einmal aussah ein Eingriffsrecht des Bundestages vorsähe oder jedenfalls keine Ausgrenzung von Huawei mehr vorsähe. Ist das jetzt eigentlich ein Beschluss, durch den sich die Kanzlerin in ihrem Kurs in dieser Sache bestätigt sieht?
Dann hätte ich noch eine Wissensfrage. Wird das Treffen am Donnerstag mit Ericsson, also morgen, jetzt eigentlich nur mit Ericsson stattfinden, oder ist das eigentlich auch ein Treffen mit Nokia? Wird sie auch noch einen Vertreter von Huawei treffen?
SRS’IN DEMMER: Kann es sein, dass Sie später gekommen sind?
ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Es kann sein, dass ich gerade abwesend war. Haben Sie das schon beantwortet?
SRS’IN DEMMER: Das ist ganz interessant. Ich würde also schon wirklich gerne sagen „Vielleicht lesen Sie später das Protokoll“, weil ich gleich zweimal darüber Auskunft gegeben habe, nämlich, dass ich keine Auskunft zu Ericsson und Nokia gebe.
ZUSATZ DR. DELFS: Oh! Das ging wahrscheinlich so schnell, dass
SRS’IN DEMMER: Das weiß ich jetzt auch nicht.
Zu Huawei ist die Position der Bundesregierung völlig unverändert. Ich habe nichts zu ergänzen.
ZUSATZ DR. DELFS: Ja, aber das war ja auch nicht die Frage. Die Frage ist: Ob die Bundeskanzlerin die Position der Bundesregierung, die sich ja durch diesen Beschluss vom gestern nicht verändert hat, bestärkt sieht?
SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung hat das Positionspapier zur Kenntnis genommen. Die Haltungen der Koalitionsfraktionen und insbesondere auch die Positionierung der EU-Kommission fließen natürlich immer in die weitere Meinungsbildung der Bundesregierung ein.
Zentral bleibt aber: Die hohen Sicherheitsstandards im 5G-Netz sind ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung, wie wir hier auch immer wieder betont haben. Wichtig ist dabei eben auch ein einheitliches Vorgehen in Europa. Das liegt uns sehr am Herzen. Deshalb werden diese Fragen auch von den Staats- und Regierungschefs auf dem Europäischen Rat im März besprochen werden.
ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Ich will jetzt nicht nerven. Aber bestätigen Sie jetzt eigentlich dieses Treffen mit dem CEO von Ericsson oder bestätigen Sie das nicht?
SRS’IN DEMMER: Weil Sie es sind, wiederhole ich es noch einmal: Es bleibt dabei, dass wir hier die presseöffentlichen Termine vortragen. Das habe ich am vergangenen Freitag umfänglich getan.
Darüber hinaus ist aber völlig klar, dass sich die Bundeskanzlerin natürlich mit Menschen trifft, und darunter sind unter Umständen auch Unternehmensvertreter. Dabei muss ich es jetzt hier belassen. Ich habe Ihnen zu diesem Themenkomplex alles gesagt – und das jetzt schon das dritte Mal.
ZUSATZ DR. DELFS: Es ist ja wirklich nicht so, dass Sie nur presseöffentliche Termine verkünden. Im Kalender stehen manchmal auch nicht presseöffentliche Termine, die dann aber einfach genannt werden.
SRS’IN DEMMER: Genau. Die Termine, die ich für diese Woche zu verkünden habe, habe ich am Freitag verkündet. Darüber hinaus habe ich hier nichts zu verkünden. Das war schon am Freitag der Stand. Insofern sind wir jetzt schon, glaube ich, bei Nummer vier.
FRAGE JESSEN: Herr Alter, Ihr Minister ist ja auch in Sachen Huawei bzw. Zulieferung von Technologie aktiv geworden. Sieht er sich in seiner Position durch die parlamentarischen Beschlüsse bestätigt oder unterstützt?
ALTER: Frau Demmer hat die Bewertung, die im Moment möglich ist, vorgenommen. Auch wir haben das Papier zur Kenntnis genommen. In der Sache sehen wir im Moment keinen Grund, an den bisher vertretenen Positionen Änderungen vorzunehmen.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Das bedeutet, er sieht sich eigentlich darin bestätigt?
ALTER: Wenn Sie das so bewerten. Jedenfalls steht die Position, die die Bundesregierung bisher vertreten hat, nach unserer Auffassung nicht im Konflikt oder im Gegensatz zu diesem Papier.
FRAGE: Wie lautet aktuell der Zeitplan für das IT-Sicherheitsgesetz 2.0?
ALTER: Das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 ist in der Ressortabstimmung. Es gab und gibt noch einzelne offene Fragen. Wir sind aber zuversichtlich, dass die aktualisierte Form dieses Gesetzes sehr zeitnah noch einmal in die Ressortabstimmung gegeben werden kann. Es haben sich während einer bereits laufenden Ressortabstimmung offene Fragestellungen ergeben, die zu klären waren.
Was das Verfahren angeht, haben wir als federführendes Ressort vorgesehen, dass wir nach Klärung dieser offenen Fragen das Gesetz in der Fassung noch einmal neu in die Abstimmung geben. Wir sind sehr zuversichtlich, dass das zeitnah passieren kann.
FRAGE: Das „Wall Street Journal“ hat gestern berichtet, dass die US-Regierung mit Blick auf Huawei den Druck auf ausländische Regierungen erhöht hat und nun wohl auch Beweise oder geheimdienstliche Erkenntnisse vorlegt, die zeigen sollen, dass die Möglichkeit für Huawei besteht, der eigenen Regierung Türen für die Mobilfunktechnologie zu öffnen. Ist dieser Druck auch in Berlin spürbar?
VORS. SZENT-IVÁNYI: An wen richtet sich die Frage?
ZUSATZFRAGE: Die Frage richtet sich an Frau Demmer.
SRS’IN DEMMER: Ich habe Ihnen ja gerade dargelegt, nach welchen Kriterien wir diesbezüglich vorgehen und wie die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung zustande kommt. Ich glaube, ich habe abschließend aufgezählt, worum es uns dabei geht.
Es hat sich grundsätzlich an der Haltung der Bundesregierung zu Huawei nichts geändert. Wir reden ja schon sehr lange über dieses Thema.
FRAGE JUNG: Ich wollte zum Thema Kiffen kommen. In Bezug auf dieses Thema gibt es auch ein Papier der SPD-Fraktion im Bundestag. Ich würde gerne wissen, wie die Haltung des Gesundheitsministeriums bzw. des Gesundheitsministers zu diesem Papier ist, das besagt, dass Nutzung und Kauf von Cannabis entkriminalisiert werden sollen, dass Kleinstmengen toleriert werden sollen und dass eine Abkehr vom Strafrecht stattfinden soll.
WACKERS: Wie Sie wissen, kommentieren wir von hier aus Parteipapiere nicht.
ZUSATZFRAGE JUNG: Steht denn Ihr Ministerium weiterhin zu dem Verbot von Cannabis und dazu, dass der Besitz kleinerer Mengen weiterhin strafrechtlich verfolgt werden muss? Finden Sie den Status quo so, wie er heute herrscht, immer noch in Ordnung?
WACKERS: Wie Sie wissen, gibt es eine Drogenbeauftragte, die gesagt hat, dass sie darüber eine Debatte führen möchte. Sie hat sich dazu ja auch geäußert.
Ansonsten sehen wir diesbezüglich im Moment keinen Änderungsbedarf.
FRAGE JESSEN: Hat das Bundesjustizministerium in Form seiner Chefin eine Haltung dazu? Sie ist ja Mitglied der Fraktion, die das beschlossen hat. Hat sie das mitgetragen? Sieht sie das ähnlich, oder hat sie als Ministerin eine andere Position?
KALL: Das ist richtig. Allerdings wurde genau das richtige Ministerium befragt, denn für das Betäubungsmittelstrafrecht bzw. für das Betäubungsmittelrecht insgesamt ist das Bundesgesundheitsministerium zuständig. Insofern haben Sie eine Antwort der Bundesregierung erhalten.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Das ist schon richtig. Ich dachte aber, dass sich das Bundesjustizministerium für Rechtsfragen insgesamt dann schon interessiert, vor allem vor dem Hintergrund der Doppelfunktion. Verraten Sie uns doch, wie die Position der Ministerin gegenüber der Möglichkeit einer Legalisierung von Cannabis ist.
KALL: Wir interessieren uns für Rechtsfragen ganz klar und auch für das Strafrecht, aber wir achten auch die Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung. Deswegen äußere ich mich hier als Sprecher auch nicht zu Themen anderer Ressorts.
Für meine Ministerin kann ich Ihnen keine aktuelle Aussage überliefern.
VORS. SZENT-IVÁNYI: Wollten Sie sich noch einmal äußern, Frau Wackers?
WACKERS: Da das Stichwort „BtMG“ jetzt schon fiel, wollte ich § 31a BtMG in Erinnerung rufen.
FRAGE JUNG: Frau Demmer, gibt es eine Position der Kanzlerin zum Kiffen? Hat sie vielleicht ein Herz dafür, Cannabis zu entkriminalisieren, zu legalisieren?
SRS’IN DEMMER: Ich habe den Ausführungen der zuständigen Ressorts hier nichts hinzuzufügen.
VORS. SZENT-IVÁNYI: Herr Breul hat noch eine kurze Nachlieferung.
BREUL: Ich muss noch einen Versprecher korrigieren, was das Stichwort „Libyen“ angeht. Sonntag findet das Außenministertreffen in München statt, Montag der Außenministerrat in Brüssel und Dienstag ich hatte versehentlich Montag gesagt das 5+5-Treffen. Das zur Richtigstellung.