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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 20. April 2020

Themen: Amoklauf in Kanada, Vertagung der Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten, Coronapandemie (Coronakabinett, Antikörpertests, Zahl der in Deutschland getesteten Menschen, Gespräche mit Vertretern von Religionsgemeinschaften, Behandlung von Menschen aus anderen EU-Staaten in Deutschland, Methodik zur Feststellung der Reproduktionszahl, Forderung nach einer Kaufprämie für Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor, Wirtschaftsstabilisierungsfonds, Kurzarbeitergeld, Kredite für die Fluggesellschaft Condor, Hilfen für das Hotel- und Gastronomiegewerbe, Forderungen nach der weltweiten Aufhebung von Sanktionen, Medienberichte über eine angeblich geplante europäische Bad Bank, Diskussionen über weitergehende Lockerung der Maßnahmen in Bundesländern und Kommunen, mögliche Tourismusvereinbarung zwischen Deutschland und Österreich, Grenzkontrollen, Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, Arbeitsschutzstandards, Schutzausstattung der Bundeswehr, Eurobonds, Tracing-App), Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, Medienberichte über geplante Beschaffung von US-Kampfjets

Naive Fragen zu:
Corona-Tests (ab 6:55)
– Kennen Sie mittlerweile die Gesamtzahl der getesteten Menschen in Deutschland? Wie kommen Sie auf die Reproduktionsrate? Wie wird sie festgestellt? (ab 10:50)
– Ist das die Zahl der gemeldeten Infizierten abzüglich der Geheilten? Wie können Sie aktuell überhaupt von einer präzisen Reproduktionszahl sprechen, wenn die Dunkelziffer gar nicht bekannt ist?

Hilfen für die Wirtschaft (ab 15:50)
– Sind die Hilfen für die Wirtschaft denn an Umweltbedingungen geknüpft? Werden Sie daran geknüpft sein? Wenn nicht, warum nicht? Die Klimaziele, die Deutschland einhalten muss, gelten ja nämlich weiterhin (ab 21:15)
– man kann ja nicht über eine Förderung des Kaufs schmutziger Autos reden, wenn die Klimaziele eingehalten werden müssen.
– Aber wir sprechen ja auch gerade über eine neue Förderung für die Autowirtschaft. Wenn die Bundesregierung die Klimaziele ernst nimmt, kann man ja nicht so eine Abwrackprämie wie vor zehn Jahren machen.

Kinder aus Flüchtlingslager (ab 33:55)
– Wann ist denn der nächste Flug? Wann ist die Ankunft der nächsten Kinder geplant, Herr Grünewälder? Es sind ja von den 14.000 immer noch circa 13.950 vor Ort. Wann sollen die nächsten kommen? (ab 36:10)
– Das heißt, bevor andere Staaten nicht Kinder aufnehmen, werden jetzt ein 48. und 49. Kind nicht nach Deutschland kommen? Ist das korrekt?
– Aber es gibt keine nächsten Schritte ohne die Schritte der anderen?

Bestellung von US-Kampfjets (ab 48:00)
– zur Kommunikation zwischen der Ministerin und Herrn Esper: Es gibt also die Zusage für einen Kauf von US-Kampfjets? (ab 54:45)
– Lernfrage: Ist Deutschland eigentlich verpflichtet, atombombenabwurffähig zu sein?

Bundeswehr & Corona (ab 57:50)
– da die Bundeswehr jetzt auch im Inland an diversen Schauplätzen eingesetzt wird: Können Sie uns einmal informieren, ob es eine Maskenpflicht bzw. eine Empfehlung für Mund-Nasen-Schutz innerhalb der Bundeswehr gibt? Müssen die Soldatinnen und Soldaten also einen Schutz tragen?
– hier im Inland aufgrund der Coronapandemie: Wird den Soldaten empfohlen, Mundschutz zu tragen?

EU-Solidarität (ab 59:55)
– Wären denn auch Coronabonds eine mögliche solidarische Antwort für den Finanzminister, Herr Kolberg? Herr Seibert, schließt die Kanzlerin kategorisch Coronabonds und Eurobonds aus? (1:04:12)

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 20. April 2020:

STS SEIBERT: Schönen guten Tag, meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst auf die schreckliche Tat in der ostkanadischen Provinz Nova Scotia eingehen. Die Bundesregierung hat mit großer Bestürzung und Erschütterung von diesem Amoklauf in Nova Scotia erfahren, der so viele Menschen das Leben gekostet hat. Die Gedanken der Bundesregierung sind bei den Opfern, bei den Familien und auch Freunden derjenigen, die dort aus dem Leben gerissen wurden. Ihnen gelten unsere Anteilnahme und unser tief empfundenes Mitgefühl. Den Verwundeten wünschen wir, dass sie an Leib und Seele bald genesen mögen. Die Bundeskanzlerin wird gegenüber dem kanadischen Premierminister Trudeau diese Gedanken auch noch in einer schriftlichen Kondolenz ausdrücken.

Wir hatten Sie schon darauf hingewiesen, dass die für heute geplante Videokonferenz mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal aus terminlichen Gründen auf einen späteren Zeitpunkt verlegt worden ist. Wir werden den neuen Gesprächstermin wie immer rechtzeitig ankündigen.

Wir hatten Sie auch darauf hingewiesen ich tue es jetzt noch einmal , dass die Bundeskanzlerin um 15.30 Uhr im Kanzleramt eine Pressekonferenz zu den Ergebnissen der heutigen Sitzung des sogenannten Coronakabinetts geben wird.

Damit sind wir bei diesem Thema. Der Bundesgesundheitsminister hat nach der Sitzung des Kabinetts die Presse ja bereits informiert. Ich werde es deswegen relativ kurz machen.

Zu Beginn des Coronakabinetts gab es einen Lagebericht des Bundesgesundheitsministers über die Entwicklung der Ausbreitung des Virus in Deutschland.

Anschließend hat der Bundesinnenminister über die Gespräche berichtet, die sein Ministerium zunächst auf Staatssekretärsebene mit den Vertretern der Religionsgemeinschaften führt, die in sehr guter Atmosphäre verlaufen. Auch Minister Seehofer selbst wird diese Gespräche jetzt weiterführen.

Dann ging es um den Punkt, über den der Gesundheitsminister schon berichtet hat: die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der ja eine ganz entscheidende Rolle dabei spielt, die Ausbreitung des Virus in Deutschland zu verlangsamen und einzudämmen und sie zu kontrollieren. Um die knapp 400 lokalen Gesundheitsämter zu unterstützen, will die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern für personelle Verstärkung sorgen. Das Bundesgesundheitsministerium wird beispielsweise die Schulung von Mobilteams finanzieren, die die Gesundheitsämter unterstützen sollen, wenn es um die Nachverfolgung von Kontaktpersonen von Infizierten geht. Außerdem wird beim Robert-Koch-Institut dauerhaft eine Serviceeinheit „Kontaktstelle kommunaler öffentlicher Gesundheitsdienst“ aufgebaut, also eine Einheit, die Ansprechpartner für die Gesundheitsämter sein soll.

Ein weiteres Thema ich denke, auch darüber hat Ihnen Minister Spahn berichtet war die Kostenübernahme für die Krankenhausbehandlung von Coronapatienten aus dem europäischen Ausland. Angesichts begrenzter eigener Intensivmittel gibt es den Wunsch und auch die Bitte befreundeter EU-Mitgliedsstaaten, dass wir beim Ausfliegen und bei der Behandlung hierzulande von Coronapatienten helfen. Das geschieht. Ich denke, die Zahl solcher Fälle, die heute genannt wurde, beläuft sich auf 200. Nun ist beschlossen, dass die Kosten für diese Behandlung von EU-Bürgern in unseren Krankenhäusern und Intensivstationen auch hier in Deutschland getragen werden. Das ist für uns ein Stück gelebter europäischer Solidarität.

FRAGE BAUMANN: Wann beginnen die Antikörpertests, und in welchem Rahmen finden sie statt? Wer führt sie durch?

WACKERS: Dazu kann ich Ihnen im Moment noch keine Details nennen.

FRAGE BUSCHOW: Ich habe zwei Nachfragen zum Coronakabinett.

Herr Seibert, Sie sagten, der Bundesinnenminister werde die Gespräche mit den Religionsgemeinschaften selbst fortführen. Herr Grünewälder, das war hier ja auch Freitag schon ein Thema. Was heißt das? Mit wem wird er sich wann eventuell zusammensetzen? Können Sie das schon konkret sagen?

Meine zweite Frage geht an das Gesundheitsministerium, und zwar zum Thema der EU-Bürger, die hier behandelt werden. Können Sie schon sagen, wie viele derjenigen, die hier behandelt worden sind, erfolgreich behandelt wurden und vielleicht schon wieder nach Hause zurückgekehrt sind und ob gegebenenfalls auch EU-Bürger hier in Kliniken gestorben sind?

WACKERS: Es gibt keine zentrale Vermittlung dieser ausländischen Patienten. Uns liegen keine strukturierten Behandlungsdaten vor. Da das alles ja Notfälle und schwerwiegende Fälle sind, können Sie davon ausgehen, dass das eine längerfristige Behandlungszeit ist. Ich kann gern noch einmal nachfragen, ob uns dazu Daten vorliegen, aber meines Wissens ist das nicht der Fall, weil das alles dezentral von den Ländern bzw. Krankenhäusern gemanagt wird.

BURGER: Ich könnte die aktuellsten Zahlen zur Aufnahme ergänzen. Da unsere Auslandsvertretungen das mit den einzelnen Ländern koordinieren, kann ich Ihnen sagen, dass, soweit wir wissen, bisher insgesamt 229 Patienten aus anderen EU-Mitgliedsstaaten zur Behandlung nach Deutschland überstellt wurden, davon 130 aus Frankreich, 44 aus Italien und 55 aus den Niederlanden.

GRÜNEWÄLDER: Bei dem Termin am Freitag im Bundesinnenministerium mit Religionsgemeinschaften und Kirchen sowie Ländervertretern war man sich darin einig, dass man Möglichkeiten prüft, wie schrittweise eine Lockerung der Einschränkung des religiösen Lebens möglich sein kann. Dazu wird auf Basis von Konzepten der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Laufe dieser Woche ein Konzept erarbeitet, das die Möglichkeiten aufzeigt. Das wird wahrscheinlich in demselben Kreis wie am vergangenen Freitag im Laufe dieser Woche noch weiterbearbeitet und weiterbesprochen, sodass man Ende der Woche weitersehen kann, wie dieses Konzept aussehen kann und wie es dann weitergeht.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Das heißt, der Minister selbst führt die Gespräche nicht, anders als es gerade hieß, oder?

GRÜNEWÄLDER: Die Gespräche am Freitag haben mit Herrn Staatssekretär Dr. Kerber stattgefunden. Das wird in dieser Woche fortgeführt. Der Minister wird das im Hintergrund verfolgen und gegebenenfalls selbst Gespräche führen. Das kann man aber heute noch nicht absehen.

FRAGE JUNG: Kennen Sie mittlerweile die Gesamtzahl der getesteten Menschen in Deutschland?

Wie kommen Sie auf die Reproduktionsrate? Wie wird sie festgestellt?

WACKERS: Wir hatten am Freitag ja erklärt, dass bisher circa 1,7 Millionen Deutsche getestet wurden. Die Testkapazitäten belaufen sich auf ungefähr 700 000 Tests pro Woche. Diese Kapazitäten werden derzeit aber nicht voll ausgeschöpft.

Zum Thema der Reproduktionsrate: Wenn Sie daran ein vertieftes fachliches Interesse haben, würde ich Ihnen wirklich empfehlen, sich an das RKI zu wenden. Grundsätzlich bedeutet diese Zahl, wie viele andere Menschen durch einen Infizierten angesteckt werden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich meine, dass die Frage auch vom RKI immer noch nicht klar beantwortet wird. Darum wüsste ich das gern, auch vom Gesundheitsministerium selbst. Denn damit arbeiten Sie auch.

Ist das die Zahl der gemeldeten Infizierten abzüglich der Geheilten?

Wie können Sie aktuell überhaupt von einer präzisen Reproduktionszahl sprechen, wenn die Dunkelziffer gar nicht bekannt ist?

WACKERS: Das ist natürlich klar: Die Zahlen, über die wir sprechen, sind natürlich die, die dem Meldesystem vorliegen. Dabei können wir keine Dunkelziffer mit einbeziehen.

Ich würde Sie aber trotzdem bitten, sich noch einmal an das RKI zu wenden, weil wir ja mit den Zahlen des RKI arbeiten. Ich kann Ihnen darüber hinaus keine Erklärung bieten.

Grundsätzlich gilt für die Reproduktionszahl: Wer an COVID-19 erkrankt ist, ist in der Regel 14 Tage aktiv infiziert, fällt also nicht sofort aus diesen Zahlen heraus. Das müsste immer berücksichtigt werden.

STS SEIBERT: Ich bin natürlich auch kein Virologe und rate auch sehr dazu, das mit dem Robert-Koch-Institut zu besprechen. Aber zumindest einen Irrtum kann ich herausnehmen: Die Geheilten haben mit dem Reproduktionsfaktor nichts zu tun, weil es einfach darum geht, wie viele Ansteckungen sich aus einem Infizierten ergeben.

FRAGE TIEDE: Meine Frage geht an den Regierungssprecher und an das Wirtschaftsministerium. Der im Volkswagenkonzern für die VW-Marke zuständige Geschäftsführer hat heute im „Handelsblatt“ eine erweiterte Autoprämie wegen der durch die Coronakrise zu erwartenden Nachfrageeinbrüche gefordert, die dann auch für Nicht-E-Fahrzeuge gelten sollte, also für Verbrennungsmotoren.

Gibt es dazu in der Bundesregierung eine Meinung? Werden dazu Gespräche geführt? Kann man sich das vorstellen?

STS SEIBERT: Erstens kenne ich dieses Interview, diese Äußerung oder diesen Artikel noch nicht. Deswegen bin ich nicht in einer guten Position, Ihnen das zu beantworten. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die Bundesregierung ja ein sehr umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht hat, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern, ein Maßnahmenpaket, das alle Bereiche unserer Wirtschaft und der darin Tätigen unterstützt: Selbstständige, Freiberufler, kleine, mittlere und auch Großunternehmen.

Ich kann Ihnen heute keine weiteren Maßnahmen ankündigen. Aber klar ist: Falls erforderlich das gilt ganz grundsätzlich und nicht auf einen Artikel hin, den ich nicht kenne wird die Bundesregierung im weiteren Verlauf der Pandemie auch über weitere Maßnahmen beraten. Aber ich habe heute keine anzukündigen und kann zu dem konkreten Vorstoß nichts sagen.

EICHLER: Ich würde mich dem anschließen, was Herr Seibert gesagt hat, und noch kurz darauf hinweisen, dass wir die Elektroautokaufprämie kürzlich erhöht haben, was Impulse geben kann. Herr Altmaier hat sich schon mehrfach dazu geäußert, dass er ganz grundsätzlich für die Zeit nach der akuten Krise ein Fitnessprogramm für die deutsche Wirtschaft mit verschiedenen Aspekten ins Auge fasst.

ZUSATZ TIEDE: Eine ganz kurze Anmerkung: Das Interview mit Herrn Brandstätter war heute im „Handelsblatt“ zum Nachlesen.

STS SEIBERT: Ja, das wird nachgelesen. Das ist ja ganz klar. Wahrscheinlich haben es andere in der Bundesregierung schon gelesen, nur eben dieser Regierungssprecher noch nicht.

FRAGE DR. RINKE: Da wir jetzt bei den Firmenhilfen sind, habe ich eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Es gibt ja auch die entgegengesetzte Debatte, also nicht nur darüber, dass zusätzliche Hilfe hinzukommen. So hat zum Beispiel der MIT-Vorsitzende gefordert, dass man den Zugang zum WSF möglichst klarer definieren sollte, um zu verhindern, dass nun jedes Unternehmen staatliche Hilfe egal, in welcher Form, ob in Form von Staatsbeteiligung, Krediten oder Garantien in Anspruch nimmt. Arbeiten Sie daran, dass man den Zugang zum WSF wieder beschränkt oder klarer definiert, oder daran, ihn auf die Unternehmen zu reduzieren, die wirklich systemrelevant sind?

EICHLER: Wir sind ja gerade noch dabei, die genauen Details des Wirtschaftsstabilisierungsfonds auszuarbeiten. Dann werden wir sehen, wie das anlaufen wird und ob gegebenenfalls ein Nachsteuerungsbedarf besteht.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Entschuldigung, wenn ich kurz nachfrage: Wenn Sie die Details jetzt noch ausarbeiten und dann abwarten, wie es anlaufen wird, was wollen Sie dann jetzt zuerst machen? Sie haben doch schon Kriterien dafür, welche Unternehmen Hilfen beantragen können.

EICHLER: Genau, aber dass der Wirtschaftsstabilisierungsfonds tatsächlich angelaufen ist, ist ja bislang noch nicht passiert, und das würden wir jetzt erst einmal abwarten und schauen, ob nicht vielleicht auch alles glatt laufen wird. Das sind ja im Moment noch Spekulationen darüber, dass es nicht so funktioniert, wie wir es uns im Moment vorstellen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Können Sie uns sagen, wie viele Anträge es gibt, zum Beispiel von DAX- oder MDAX-Firmen?

EICHLER: Das kann ich Ihnen gerade nicht sagen. Das kann ich Ihnen aber wahrscheinlich noch nachliefern.

FRAGE KREUTZFELDT: Dänemark hat bekannt gegeben, dass die staatlichen Hilfen dort an eine ganze Reihe von Bedingungen geknüpft werden: keine Dividendenzahlung, kein Rückkauf eigener Aktien, keine Tätigkeit in Steueroasen. Können Sie uns einmal kurz sagen, wie es mit entsprechenden Bedingungen in Deutschland aussieht?

Die gleiche Frage geht dann vielleicht auch gleich an das Arbeitsministerium. Gibt es für das Kurzarbeitergeld eigentlich auch Bedingungen?

EICHLER: Danke. – Ich kann Ihnen das für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds und auch für die KfW-Programme sagen. Dort gibt es Regelungen zu der Vergütung und zur Ausschüttung von Dividenden und auch zu Aktienrückkäufen. Darin können also grundsätzlich Vorgaben gemacht werden. Das wird auch so in die Kreditverträge, die Kreditbewilligungen aufgenommen.

Zu dem Stichwort Steueroasen: Wir haben dazu in unseren Programmen einen etwas anderen Ansatzpunkt. Unsere Programme sind so gestrickt, dass die Hilfe für Bedarf in Deutschland verwendet wird, also für Betriebsmittelbedarf, der hier, am Standort Deutschland, anfällt. Insofern besteht die Problematik hier nicht so.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Sie sagten, bei Dividenden und Aktienrückkäufen könnten Vorgaben gemacht werden. Was heißt das? Werden die gemacht oder werden die manchmal gemacht, oder wovon hängt das ab?

EICHLER: Die Vorgaben werden in die Kreditbewilligungen aufgenommen.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Immer?

EICHLER: Sie werden aufgenommen. Hinsichtlich der Details müsste ich Sie bitten, sich an die Kreditanstalt für Wiederaufbau zu wenden.

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Gibt es im Arbeitsministerium auch Vorgaben dafür, dass man das Kurzarbeitergeld nicht bekommen kann, während man gleichzeitig Dividenden oder Boni ausschüttet?

SCHNEIDER: Für das Kurzarbeitergeld gelten natürlich die allgemeinen Voraussetzungen, wie sie im SGB III niedergelegt sind.

Die konkrete Vorgabe bezüglich der Dividenden ist mir jetzt, ehrlich gesagt, nicht bekannt. Falls Sie beispielsweise auf das Thema Missbrauch anspielen wollen: Dazu hat sich der Minister in den vergangenen Tagen schon häufig geäußert und klargestellt, dass der, der unrechtmäßig Kurzarbeitergeld bezieht, Schwarzarbeit betreibt. Schwarzarbeit kontrolliert der Zoll. Das gilt in dem Fall auch für die Kurzarbeit.

FRAGE GEERS: Was würde eine mögliche Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 80 Prozent bzw. 87 Prozent kosten, zum Beispiel je 100 000 Kurzarbeiter und Monat, dies hilfsweise, da es noch keine aktuellen Zahlen über die Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes gibt?

SCHNEIDER: Eine solche Rechnung kann ich jetzt hier ad hoc nicht aufmachen. Was die generelle Frage der Erhöhung anbelangt, hat sich der Minister ja am Wochenende schon recht breit geäußert. Er hat sich grundsätzlich offen gezeigt, hat aber auch darauf verwiesen, dass zum gegebenen Zeitpunkt nach einer Lösung gesucht wird. Das heißt, zu Details kann ich zum aktuellen Zeitpunkt nichts sagen, auch nicht zur Höhe. Insofern halte ich eine solche Rechnung auch für spekulativ.

FRAGE JUNG: Ich habe auch noch eine Frage zu den Bedingungen, vielleicht an das BMWi: Sind die Hilfen für die Wirtschaft denn an Umweltbedingungen geknüpft? Werden Sie daran geknüpft sein? Wenn nicht, warum nicht? Die Klimaziele, die Deutschland einhalten muss, gelten ja nämlich weiterhin.

EICHLER: Ja. Danke. – Diesbezüglich ist mir im Moment nichts bekannt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Da ist nichts von Umweltbedingungen bekannt? Ich meine, man kann ja nicht über eine Förderung des Kaufs schmutziger Autos reden, wenn die Klimaziele eingehalten werden müssen.

EICHLER: Wovon sprechen Sie jetzt, von den KfW-Sonderprogrammen oder vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds?

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich meine allgemein Hilfen für die Wirtschaft. Sind die an ökologische Maßnahmen bzw. Bedingungen geknüpft?

EICHLER: Die Fördermaßnahmen, die wir im Moment auf den Weg gebracht haben und die im Moment laufen, sind Förderprogramme, die dazu dienen, akute Liquiditätsengpässe zu beheben. Das sind beim Soforthilfeprogramm für Kleinstunternehmen und Solo-Selbstständige also Betriebsmittel, Kredite oder eben auch Zuschüsse. Da stellt sich diese Frage nicht.

ZUSATZ JUNG: Aber wir sprechen ja auch gerade über eine neue Förderung für die Autowirtschaft. Wenn die Bundesregierung die Klimaziele ernst nimmt, kann man ja nicht so eine Abwrackprämie wie vor zehn Jahren machen.

EICHLER: Die mögliche Förderung für die Automobilbranche ist jetzt von verschiedenen Stimmen in die Diskussion eingebracht worden. Das ist aber nichts, das ich jetzt hier bewerte oder zu dem wir innerhalb der Bundesregierung schon eine Stellungnahme verfasst haben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert?

STS SEIBERT: Wir hatten das Thema hier ja letzte Woche schon, und ich kann einfach nur noch einmal das wiederholen, was wir gesagt haben: Unabhängig davon, über welche Maßnahmen wir jetzt im Rahmen der Coronapandemie sprechen, verliert die Bundesregierung weder ihre Klimaziele noch ihre Klimapolitik aus dem Auge. Die Klimaziele sind gültig. Unser Ehrgeiz, sie zu erreichen, ist gültig. Unser Ehrgeiz, das Klimaschutzprogramm 2030, das wir aufgestellt haben, um die Klimaziele zu erreichen, auch umzusetzen, besteht weiter. Das hat mit den Maßnahmen, die jetzt, in der aktuellen Situation der Coronapandemie, ergriffen werden, nichts zu tun bzw. tut dem überhaupt keinen Abbruch.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, ich habe auch noch eine Frage zum Kurzarbeitergeld, da ja das Coronakabinett getagt hat: Ist dieses Thema heute angesprochen worden? Wie steht die Bundeskanzlerin zu diesen Plänen, das Kurzarbeitergeld möglicherweise aufzustocken? Im CDU-Präsidium soll sie heute davor gewarnt haben, dass man jetzt noch einmal zu viele neue staatliche Hilfen auf die Pakete, die es schon gibt, draufpackt.

STS SEIBERT: Ich versuche, es einigermaßen gut in der Reihenfolge hinzugekommen.

Erstens. Das Thema spielte in der heutigen Sitzung des Coronakabinetts keine Rolle.

Zweitens kann ich Ihnen nicht sagen und schon gar nicht kommentieren, was in einer CDU-eigenen Schaltkonferenz besprochen worden sein soll.

Drittens kann ich Ihnen aber sagen, dass es in der Frage einer staatlichen Aufstockung des Kurzarbeitergeldes innerhalb der Bundesregierung noch keine Verabredung gibt.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ich habe noch eine Frage an das Wirtschaftsministerium, was Firmenhilfen angeht: Können Sie uns etwas Neues zu dem Überbrückungskredit an Condor in Höhe von 380 Millionen Euro sagen? Ist der jetzt gewährt worden?

EICHLER: Zu Condor kann ich Ihnen noch keinen neuen Stand nennen. Es bleibt bei dem, was ich am Freitag gesagt habe: Wir äußern uns nicht zu diesem Einzelfall.

FRAGE DR. KELLER: An das Finanz- und an das Wirtschaftsministerium: Was ist an zusätzlichen Hilfen für Gastronomie, Hotels und Veranstalter geplant? Wie schnell soll das umgesetzt werden? Was halten Sie von der Senkung der Mehrwertsteuer in Restaurants?

EICHLER: Zu der Frage spezieller Unterstützung für Hotels und Gastronomie hat sich der Minister ja am Wochenende geäußert und gesagt, dass das einer Prüfung bedürfe, insbesondere die Absenkung der Mehrwertsteuer. Das ist im Moment der Stand der Dinge.

KOLBERG: Dem kann ich nur zustimmen. Unser Minister hat sich ja am Wochenende auch im Interview zu dem Thema geäußert. Er hat gesagt, dass es wichtig ist, dass wir fortlaufend schauen und prüfen, wo wir gezielt weitere Hilfen benötigen. Dabei haben wir vor allem diejenigen im Blick, bei denen die Auswirkungen der Beschränkungen jetzt besonders stark wirken, und das Hotel- und Gaststättengewerbe gehört sicherlich dazu.

FRAGE SORGE: Trifft es zu, dass für den 5. Mai ein Gespräch von Kanzlerin Merkel mit Vertretern der Autoindustrie angesetzt ist? Wenn ja, sollen dann bei diesem Termin auch entsprechende Hilfen für die Branche besprochen werden?

STS SEIBERT: Es bleibt dabei, dass wir die Termine der Bundeskanzlerin immer in der Vorwoche regelmäßig am Freitag bekannt geben.

FRAGE WARWEG: António Guterres, der UN-Generalsekretär, hat jetzt bereits mehrmals dazu aufgerufen, im Zuge der Coronapandemie die Sanktionen weltweit aufzuheben. Ähnlich hat sich auch die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet geäußert. Mich würde interessieren: Teilt die Bundesregierung diese Forderung und diesen Aufruf zur Aufhebung der Sanktionen?

BURGER: Ich kenne diese Forderung, weltweit Sanktionen aufzuheben, ehrlich gesagt, in erster Linie als Position der russischen Regierung. Aus unserer Sicht werden Sanktionen ja nirgends auf der Welt als Selbstzweck eingesetzt, sondern sie sind immer ein Mittel, das wir dort einsetzen das der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängt und das manchmal auch die Europäische Union autonom verhängt , wenn es anders nicht möglich ist, bestimmte politische Zielsetzungen zu erreichen, beispielsweise in Situationen, in denen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden oder auch als Reaktion auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland. Insofern ist unsere Position, dass diese Sanktionen nach der Maßgabe aufrechterhalten, verschärft oder gelockert werden können, nach der sich der Zweck, an den sie gebunden sind und zu dessen Erreichung sie verhängt wurden, eben erfüllt oder nicht erfüllt.

ZUSATZ WARWEG: In der Chronologie war es so, dass zuerst Herr António Guterres als Generalsekretär diese Forderung in den Raum gestellt hat. Dem haben sich dann später unter anderem Russland und China oder auch Länder wie Venezuela, Kuba, oder Iran, die direkt von den Sanktionen betroffen sind, angeschlossen. Wenn ich Sie aber richtig verstehe, ist dem Auswärtigen Amt nicht bewusst, dass António Guterres in seiner Funktion als UN-Generalsekretär diese Forderung oder, besser gesagt, diesen Aufruf bereits mehrmals formuliert hat.

BURGER: Was ich gerade gesagt habe, ist, dass das eine Position ist, die mir in den Diskussionen, die wir derzeit führen, vor allem als Position der russischen Regierung bekannt ist, nicht mehr und nicht weniger.

FRAGE DR. DELFS: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium. Die „Financial Times“ berichtet heute über Pläne oder Planspiele für eine europäische Bad Bank. Ich wollte einmal hören, was das Finanzministerium von solchen Plänen hält, insbesondere auch angesichts der Tatsache, dass ja auch ein paar größere deutsche Banken momentan nicht sonderlich stabil dastehen.

KOLBERG: (Anfang ohne Mikrofon; akustisch unverständlich) konkrete Vorhaben, was ja auf EU-Ebene schon beschlossen ist. Die Maßnahmen, die getroffen wurden, um unter anderem Unternehmen zu helfen oder die Finanzstabilität zu steigern, sind bekannt. Wenn es da weitere Maßnahmen gibt, über die zu sprechen ist, dann stehen wir natürlich mit unseren europäischen Partnern und den Institutionen auf europäischer Ebene im Austausch darüber und werden hier davon berichten.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Aber Sie haben zumindest auch schon von solchen Diskussionen gehört?

KOLBERG: Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe.

FRAGE THIEL: Noch einmal eine kurze Nachfrage zur Äußerung der Bundeskanzlerin, die heute Vormittag angeblich in einer CDU-Schaltkonferenz gefallen ist. Dort wird sie mit dem schönen Begriff „Öffnungsdiskussionsorgien“ zitiert. Hat sich die Bundeskanzlerin außerhalb dieser CDU-Schaltkonferenz in ähnlicher Art und Weise, etwa heute im Coronakabinett, über die Diskussionen geäußert, die in den Bundesländern und in den Kommunen über noch weitreichendere Öffnungen und Lockerungen geführt werden?

STS SEIBERT: Ja, aus dem Coronakabinett habe ich Ihnen berichtet, was ich berichten konnte. Die Bundeskanzlerin wird heute um 15.30 Uhr eine Pressekonferenz geben. Da könnte man sie das dann auch selber noch einmal fragen.

Ich möchte Sie gern darauf hinweisen, dass die Bundeskanzlerin in den letzten Tagen immer wieder bei Pressekonferenzen darüber gesprochen hat, wie wichtig jetzt ein vorsichtiges und umsichtiges Vorgehen ist. Wir haben gemeinsam einiges bei der Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland erreicht. Wir können es leider, wenn unsere Geduld und Disziplin zu früh nachlassen und wir übereilte Entscheidungen treffen, auch wieder gefährden.

FRAGE BAUMANN: Noch eine Nachfrage zu der Arbeitsgruppe bezüglich der Öffnung der Gottesdienste: Gibt es Empfehlungen für eine maximale Teilnehmerzahl?

Die zweite Frage: Wer vertritt in diesem Gremium die Freikirchen, die ja oftmals über hundert Gottesdienstbesucher haben?

GRÜNEWÄLDER: Es ist so, dass in den nächsten Tagen ein Konzept erarbeitet werden soll, basierend auf den Vorschlägen der Teilnehmer der Runde am Freitag. Das sind neben der evangelischen und katholischen Kirche Vertreter der orthodoxen Bischofskonferenz, von muslimischen Vertretern, auch von Vertretern des Zentralrats der Juden. Dort wird jetzt in den nächsten Tagen geschaut: Was kann konkret an vorsichtigen Schritten erfolgen, um unter Einhaltung des Infektions- und Hygieneschutzes Lockerungen des religiösen Lebens zu ermöglichen?

Es wäre heute zu früh, konkrete Aspekte zu sagen. Man muss jetzt sehen, wie dieses Konzept aussieht. Ende der Woche wird es wahrscheinlich weitere Gespräche dazu geben, und dann wird man weitersehen.

Insgesamt sollen diese Konzepte, die jetzt erarbeitet werden, möglichst einheitlich in Deutschland für alle Religionsgemeinschaften gelten.

FRAGE VOLLRADT: Ich hätte eine virenfreie Anfrage: Unter den jetzt am Wochenende in Hannover eingetroffenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen waren ja nur vier Mädchen. Können Sie erläutern, warum die im Koalitionsausschuss am 8. März festgelegten Kriterien bei dieser Auswahl offensichtlich nicht berücksichtigt wurden? Oder sind diese Kriterien mittlerweile überholt?

GRÜNEWÄLDER: Sie haben richtig wiedergegeben, dass die Koalition sich vorgenommen hatte, besonders schützenswerte Kinder und Jugendliche aus den Flüchtlingslagern aufzunehmen. Das sind zum Beispiel Mädchen. Die genaue Auswahl der Kinder und Jugendlichen, die nun nach Deutschland geflogen worden sind, hat aber nicht das Bundesinnenministerium vorgenommen, nicht die deutsche Regierung, sondern das war ein kompliziertes Auswahlverfahren, in dessen Mittelpunkt das Kindeswohl und auch die Frage standen, dass man Familien nicht auseinanderreißen wollte. Diesen Prozess haben nicht nur die griechische Regierung organisiert, sondern auch die EU-Kommission mit der Gemeinschaftsagentur EASO, das UNHCR, aber auch UNICEF. Dort wurden Kriterien erarbeitet. Es wurde ein Verfahren durchgeführt es wurden auch Gespräche mit den Kindern geführt , bei dem dann am Ende feststand, welche Kinder und Jugendliche nach Deutschland ausgeflogen werden konnten und welche nicht.

ZUSATZFRAGE VOLLRADT: Eine kurze Nachfrage: In der vorletzten Woche hatten Sie in der BPK gesagt, dass die Kriterien der Regierung dort unten berücksichtigt werden sollen. Das heißt, dann sind diese Kriterien nicht so entscheidend?

GRÜNEWÄLDER: Die europäischen Staaten, die sich im Rahmen einer europäischen Lösung zur Aufnahme bereiterklärt haben, haben sich mit Griechenland und den genannten Stellen darauf verständigt, dass nicht jedes Land nach Griechenland reist und sich die Personen aussucht und herauspickt, die man aufnehmen möchte, sondern dass es hier ein unabhängiges Verfahren gibt.

Das ist nun so, wie ich es gerade beschrieben habe. Es sind Gespräche geführt worden. Es waren sehr viele Stellen beteiligt. Am Ende hat man die 47 Kinder und Jugendlichen, die aufgenommen worden sind, in diesem Verfahren ausgesucht.

FRAGE JUNG: Wann ist denn der nächste Flug? Wann ist die Ankunft der nächsten Kinder geplant, Herr Grünewälder? Es sind ja von den 14.000 immer noch circa 13.950 vor Ort. Wann sollen die nächsten kommen?

GRÜNEWÄLDER: Die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, dass wir mindestens 350 Kinder und Jugendliche aus den griechischen Flüchtlingslagern aufnehmen wollen, und das in einem gemeinsamen Vorgehen in einem europäischen Rahmen. Hier haben sich zehn Staaten bereitgefunden. Luxemburg und Deutschland sind nun einen ersten Schritt gegangen. Weitere müssen folgen.

Wir gehen nun davon aus, dass schrittweise, soweit das wieder möglich ist, auch andere Staaten Kinder aufnehmen. Das ist ein längerer Prozess. Der erste Schritt ist jetzt erfolgt, und weitere werden folgen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das heißt, bevor andere Staaten nicht Kinder aufnehmen, werden jetzt ein 48. und 49. Kind nicht nach Deutschland kommen? Ist das korrekt?

GRÜNEWÄLDER: Das Ziel von Deutschland ist hier, in einem europäisch gemeinsamen Vorgehen zu helfen und dazu beizutragen, dass die Situation in den Flüchtlingslagern besser wird. Jetzt ist ein erster Schritt gegangen worden. Weitere werden folgen. Wir gehen davon aus, dass auch die anderen Mitgliedstaaten, die sich bereiterklärt haben, ihre Zusagen einhalten, wenn es möglich ist.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber es gibt keine nächsten Schritte ohne die Schritte der anderen?

GRÜNEWÄLDER: Ich habe dem nichts hinzuzufügen, was ich gerade gesagt habe.

FRAGE CLASMANN: Ich wollte einmal wissen wahrscheinlich richtet sich die Frage an das BMI: Es gab aus Österreich die Idee, eine Art Tourismusvereinbarung mit Deutschland jetzt für die Sommerferien abzuschließen, weil man gesagt hat: Deutschland hat nicht so hohe Fallzahlen, und in Österreich läuft es jetzt auch besser. Deshalb hat man in Österreich überlegt, ob man vielleicht eine bilaterale Vereinbarung ins Auge fassen könnte. Wie wird das von deutscher Seite gesehen?

Im Umkehrschluss frage ich mich, was jetzt eigentlich mit Belgien ist. Man hatte sich ja auch auf Wunsch der Ministerpräsidenten entschieden, zu den Niederlanden und Belgien keine Grenzkontrollen zu machen, was ja auch die Einsetzung einer Quarantäne von Einreisenden erschwert. Nun hat sich die Situation in Belgien sehr stark verschlechtert. Wird das möglicherweise Änderungen nach sich ziehen?

GRÜNEWÄLDER: Die Situation in Deutschland ist so, dass Einreisen nach Deutschland nur noch mit einem dringenden oder triftigen Grund über die Binnengrenzen hinaus möglich sind. Es wurden an fünf Binnengrenzen zu Deutschland vorläufige Binnengrenzkontrollen eingeführt. An den übrigen Binnengrenzen wird die Einhaltung dieser Regeln dadurch kontrolliert, dass verstärkte Fahndungs- oder Kontrollmaßnahmen im Hinterland stattfinden. Das funktioniert aus unserer Warte gut. Nach den Berichten gerade aus den Bundesländern, die Sie genannt haben, finden dort kaum Grenzübertritte statt; das ist jedenfalls im Rahmen. Wir beobachten aber als Bundesregierung die Maßnahmen ständig und überprüfen unsere Maßnahmen daraufhin, ob sie geändert werden müssen. Insofern kann man für die Zukunft auch nicht ausschließen, dass hier noch Änderungen erfolgen.

Das gilt auch zu Ihrer konkreten Frage zu Österreich. Wir haben im Moment keine Veranlassung, die Situation an der österreichischen Grenze zu ändern.

Zur Situation, was den Tourismus allgemein angeht, kann ich Ihnen als BMI nichts sagen. Dafür ist das Wirtschaftsministerium zuständig.

BURGER: Ich kann vielleicht noch ergänzen, weil es ja auch die Reisewarnung betrifft, die das Auswärtige Amt ausspricht. Sie gilt bis auf Weiteres, zunächst bis Anfang Mai. Außenminister Maas hat am Freitag dazu klargestellt, dass wir zeitnah entscheiden werden, wie wir weiter damit umzugehen haben.

Im Moment hat sich aber an den Gründen für diese weltweite Reisewarnung nichts geändert. Viele Länder haben Ausgangssperren, Einreisebeschränkungen und sogar Einreisestopps verhängt. Auch der internationale Flugverkehr ist mehr oder weniger zum Erliegen gekommen. Solange sich daran nichts ändert, können wir auch diese Reisewarnung nicht aufheben.

Wir haben die Meldungen aus Österreich vom Wochenende zur Kenntnis genommen, auch die relativ zurückhaltenden Äußerungen aus dem österreichischen Gesundheitsministerium. Wir werden die Lage natürlich weiterhin genau beobachten und die Reisewarnung dann anpassen, wenn die Rahmenbedingungen es tatsächlich zulassen. Derzeit gelten aber überall auf der Welt noch Reisebeschränkungen, Ausgangssperren und Quarantänemaßnahmen, eben auch in Österreich.

Wichtig ist dem Außenminister dabei auch, dass wir keine Alleingänge unternehmen, sondern uns da eng im EU-Kreis abstimmen. Auch das hat der Minister am Freitag gesagt. Ich darf kurz zitieren:

„Eine europäische Abstimmung halte ich für außerordentlich sinnvoll. Letztlich haben wir es alle mit den gleichen Fakten zu tun. Wir müssen beobachten, ob der internationale Flugverkehr wiederaufgenommen wird. Wenn ein Land seine Reisewarnung aufgibt, wird das auch in anderen Ländern zu Fragen führen. Deshalb telefoniere ich zurzeit auch mit meinen Kollegen intensiv dazu, damit wir uns in dieser Frage abstimmen. Ich würde mir wünschen, dass wir innerhalb der Europäischen Union ein koordiniertes Vorgehen hinbekommen.“

Ich kann vielleicht kurz ergänzen, dass der Außenminister mit seinen europäischen Amtskollegen tatsächlich ganz intensiv in Gesprächen steht. Dabei geht es einerseits um die Frage, wie die bestehenden Reisebeschränkungen und die davon geltenden Ausnahmeregeln praktikabel so umgesetzt werden, dass beispielsweise im Grenzverkehr bei den Pendlern etc. die Ausnahmen, die vorgesehen sind, praktikabel umgesetzt werden können. Zum anderen geht es natürlich perspektivisch auch um die Frage, unter welchen Bedingungen irgendwann in Zukunft solche Beschränkungen wieder zurückgefahren werden können, wenn es das Infektionsgeschehen zulässt und die Maßnahmen so weit vorangeschritten sind, dass das auch kontrolliert möglich ist.

Das ist ein Thema in den Gesprächen mit den europäischen Partnern. Aber, wie gesagt: Derzeit gibt es keinen Anlass, an den Maßnahmen etwas zu ändern.

EICHLER: Ich kann auch bestätigen, dass es aktuell schwierig ist einzuschätzen, wie sich die Lage entwickelt. Wir können im Moment nur auf Sicht fahren. Natürlich ist uns bewusst, dass die Tourismusbranche unter der aktuellen Situation sehr leidet. Natürlich wünschen wir uns, dass es eine Rückkehr zur Normalität geben wird. Aber im Moment ist das Wichtigste, weiterhin die Ausbreitung des Virus zu stoppen.

FRAGE KREUTZFELDT: Ich habe eine Frage an das Bundesinnenministerium. Der Arbeitsminister hat letzte Woche einen neuen Arbeitsschutzstandard vorgestellt, wonach ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern an Arbeitsorten und auch in Fahrzeugen einzuhalten ist. Andernfalls müssen wirksame Alternativmaßnahmen ergriffen werden.

Mein Eindruck ist, dass das zum Beispiel bei der Polizei noch nicht umgesetzt wird, dass die Polizei immer noch in engen Mannschaftsfahrzeugen dicht an dicht unterwegs ist. Mich würde interessieren, ob Sie uns am Beispiel der Bundespolizei erläutern können, wie diese Arbeitsschutzvorgabe umgesetzt werden soll.

Herr Seibert, wie wird das generell in der Bundesregierung umgesetzt, zum Beispiel in den Dienstwagen mit Fahrern und Sicherheitspersonal?

GRÜNEWÄLDER: Was die konkrete Situation bei der Bundespolizei angeht, kann ich Ihnen sagen, dass dort selbstverständlich darauf geachtet wird, dass Hygienemaßnahmen eingehalten und dort, wo es möglich ist, auch Abstandsregeln eingehalten werden. Nun mag das aber nicht bei jedem Einsatz vor Ort möglich sein, zum Beispiel bei der Kontrolle von Einreisen. Dort werden in der Regel Masken getragen, auch da, wo es erforderlich ist, FFP2-Masken. Die Bundespolizei ist auf die Situation eingerichtet und hält die Hygienemaßnahmen ein.

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen nur die ganz allgemeine Auskunft geben, dass die Bundesregierung in all ihren Einheiten die Abstands- und Hygieneregeln und auch die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sehr ernst nimmt und wahrt. Das betrifft auch den Umgang miteinander, wenn man in Dienstwagen sitzt. Ich kann hier nicht für jeden Minister und jede Ministerin sprechen. Aber das ist ja genau einer dieser Orte, an denen beispielsweise möglicherweise Abstandsregelungen nicht perfekt eingehalten werden, wo wir dann also in der Bund-Länder-Einigung vom vergangenen Mittwoch dringend den Gebrauch von Masken empfehlen. Ich persönlich halte es so.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe eine Nachfrage an das Bundesinnenministerium zu den Grenzkontrollen. Sie haben eben geschildert, wie die Lage an den Grenzen ist und haben gesagt, dass es da, wo keine Grenzkontrollen, sondern diese Hinterlandkontrollen stattfinden, sehr gut funktionieren würde. Warum stellen Sie nicht überall auf diese Hinterlandkontrollen um, wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen? Verhalten sich die Franzosen so viel undisziplinierter als die Niederländer oder die Belgier? Ich frage deswegen nach, weil es zum Beispiel im Saarland mittlerweile großen Unmut gibt, dass quer durch Ortschaften Grenzschließungen angeordnet wurden und die Ministerpräsidenten auf beiden Seiten das Innenministerium bitten müssen, für Lockerungen zu sorgen. Warum gehen Sie nicht auf dieses andere, etwas weniger eingriffige Modell über?

GRÜNEWÄLDER: Aus unserer Sicht steht der Gesundheitsschutz der Bevölkerung an oberster Stelle. Wie können wir die Ausbreitung des Virus verringern? Dadurch, dass wir auch Infektionswege nach Deutschland unterbrechen. Es gibt die vorläufig angeordneten Grenzkontrollen an fünf Grenzen. Ich habe letzte Woche erläutert, dass es verschiedene Kriterien gegeben hat, wieso man sie an bestimmten Grenzen anordnet und an bestimmten Grenzen nicht. Ein Kriterium ist auch, ob die Bundesländer diese Maßnahmen mittragen oder ob sie uns gebeten haben, auf andere Weise sicherzustellen, dass die Einreise nur aus triftigem Grund erfolgt. Deswegen finden in den Grenzabschnitten, wo nicht kontrolliert wird, im Hinterland verstärkte Kontrollmaßnahmen statt. Das funktioniert aus unserer Sicht gut. Ich habe Ihnen aber auch gesagt, dass wir unsere Maßnahmen ständig überprüfen und es durchaus sein kann, dass wir zu der Überzeugung kommen, dass wir hier andere Maßnahmen durchführen müssen. Das ist jetzt der aktuelle Stand.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Nur zum Verständnis: Das heißt, Sie würden zum Beispiel die Kritik aus dem Saarland, wenn sie denn kommt, zurückgeben? Das können die Ministerpräsidenten dann selbst entscheiden? Wenn diese sich an Sie wenden und sagen sollten, dass sie aufgehoben oder geändert werden sollen, dann hätten Sie dafür ein offenes Ohr?

GRÜNEWÄLDER: Die Entscheidung, Binnengrenzkontrollen zu erlassen, nicht zu erlassen oder anzuheben, ist eine Entscheidung der Bundesregierung und vor allem des Bundesinnenministeriums. Wir stehen aber hier nicht nur mit den Nachbarländern in einem engen Austausch, sondern selbstverständlich auch mit den angrenzenden Bundesländern. Sie wissen, dass es gerade im Saarland und auch an der Grenze zu Luxemburg zum Wochenende an insgesamt vier weiteren Grenzübergängen möglich ist, wieder die Grenze zu überschreiten, dass also vier Grenzübergänge wieder geöffnet worden sind und dort wieder kontrolliert wird.

Wir sind also in einem engen Austausch und versuchen, die Situation so leicht wie möglich zu machen. Aber noch einmal: Im Vordergrund steht, die Ausbreitung des Virus anzuhalten und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.

FRAGE MÖHLE: Warum hat Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer darauf verzichtet, die SPD-Bundestagsfraktion über den geplanten Kauf von 45 US-Kampfjets des Herstellers Boeing einzuweisen, die künftig die nukleare Teilhabe Deutschlands innerhalb der NATO sicherstellen sollen?

Wie lange können diese betagten Tornados, die für diese Aufgabe derzeit noch bereitstehen, die nukleare Teilhabe Deutschlands noch sicherstellen?

Der Bundesrechnungshof hat den Tornadoeinsatz wegen der vielen technischen Pannen an den Flugzeugen mittlerweile als riskant kritisiert.

COLLATZ: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir die Gelegenheit, die Situation noch einmal im Gesamtzusammenhang darzustellen. Auch am Wochenende gab es Medienberichte, wonach eine Kommunikation zwischen dem Ministerium und den US-Behörden stattgefunden hätte und damit über einen Kauf für die Nachfolge des Tornados entschieden worden sei.

Ein kurzes Gespräch mit unseren Beschaffern ließ deutlich werden, dass diese hoffen oder sich wünschten, dass eine solche Entscheidung auf diesem Weg gefällt werden könnte. Aber dem ist natürlich nicht so. Alle, die sich bereits mit diesem etwas länglichen Prozess beschäftigt haben, wissen, dass sehr wohl festgelegt ist, welcher Prozess bewältigt werden muss, damit über die Nachfolge für den Tornado entschieden werden kann. Da spielt auch das Parlament eine ganz eminente Rolle und ist im Fokus. Wir stehen jetzt mit der Empfehlung, die das Ministerium im Moment für die Nachfolgelösung vorbereitet, erst am Anfang eines sicherlich noch Jahre dauernden Prozesses.

Damit sind wir auch bei der Nutzungsdauer. Hier kann ich vielleicht auch einmal Zahlen nennen. Der Tornado ist seit Ende der 70er Jahre sehr erfolgreich im Einsatz. Unsere Rüster sagen: Spätestens im Jahr 2030 wird er in eine Phase geraten, wo man ihn wirtschaftlich nicht mehr nutzen kann. Das heißt für uns, dass wir ab 2025 darangehen müssen, uns konkret um eine Nachfolge zu kümmern. Wenn wir das 2025 in die Wege leiten wollen, müssen wir uns jetzt darum kümmern, den Prozess einzuleiten, weil es ein sehr länglicher Prozess ist. Es geht jetzt darum, dass wir einen abgestimmten Lösungsweg des BMVg aufzeigen. An diesem Punkt sind wir jetzt.

Nur, um einmal die Komplexität aufzuzeigen: Es muss in diesem Lösungsansatz, den wir vorzuschlagen haben, erstens deutlich werden, dass wir mit dieser Lösung einen bruchfreien Fähigkeitserhalt für alle Verpflichtungen, die wir gegenüber unseren Verbündeten eingehen, auch zusichern können. Deswegen gibt es selbstverständlich sehr enge Gespräche mit allen Partnern, die im In- und Ausland eine Rolle spielen, insbesondere natürlich mit den USA, Frankreich und Großbritannien.

Zweitens geht es bei dieser Lösung natürlich darum, dass wir nach Möglichkeit die deutsche, aber auch die europäische wehrtechnische Industrie auslasten und zukunftsfähig halten. Es soll mit der Lösung, die wir vorzuschlagen haben, technisches und industrielles Know-how in Deutschland, aber auch in Europa erhalten und gefördert werden. Deswegen empfehlen wir ja auch eine Mischlösung, welche die europäische Rüstungsindustrie vollständig auslastet und wir darüber hinaus aber das ist weniger als ein Drittel des Gesamtumfangs, der dort ansteht vielleicht von außereuropäischen Anbietern beschaffen werden. Wie gesagt, dabei steht weniger als ein Drittel zur Diskussion.

Drittens. Wir sind im Moment auch mit unseren französischen Partnern dabei, darüber nachzudenken, wie es nach dem Eurofighter aussieht. Wir sind also dabei, ein zukünftiges Luftkampfsystem zu entwickeln, das aber auch noch ganz am Anfang steht. Das ist das sogenannte Future Combat Air System im Rahmen des sogenannten Next Generation Weapon Systems. Dieses steht aber auch erst 2040 oder danach zur Verfügung. Wir haben also zwischen 2025 und 2040 eine gewisse Fähigkeitslücke abzudecken, die mit einer Brückenlösung zu versehen ist.

Für die Zeit nach dem Ende der Nutzbarkeit des Tornados geht es um diese Übergangslösung, die jetzt in Rede steht. Die vorbereitenden Gespräche für diese fachliche Lösung begannen vor vielen Wochen. Darüber haben wir auch an dieser Stelle schon öfter gesprochen. Die Gespräche haben natürlich sowohl in Deutschland als auch im europäischen Rahmen stattgefunden, also innerhalb des Kabinetts, aber auch mit unseren internationalen Partnern. Die Ministerin hat mit dem Vizekanzler und auch mit dem mit dem Äußeren befassten Ministerium gesprochen. Sie hat ebenso am Wochenende sie wird das heute noch einmal tun mit US-Verteidigungsminister Esper gesprochen, dem sie mitgeteilt hat, dass sie beabsichtigt, eine Lösung vorzuschlagen, die sich mit einem Anteil von weniger als einem Drittel auf US-Produkte abstützt.

Wie geht es jetzt weiter? Die offizielle Entscheidung zum Lösungsvorschlag des Verteidigungsministeriums wird in den kommenden Tagen die Reife erhalten, um sie am Mittwoch in den Verteidigungsausschuss einzubringen. Dort steht das Thema nach derzeitigem Stand auf der Agenda und damit auch in einem formellen Rahmen des Parlaments. Mit dieser Richtungsentscheidung wird es dem BMVg möglich sein, die entsprechenden Dokumente, die für das Haushaltsverfahren notwendig sind, zu erarbeiten und dem Parlament allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode; so lange sind die Vorbereitungszeiträume – mit haushaltsbegründenden Unterlagen vorzulegen. Erst danach wird es möglich sein, eine Kauflösung anzustreben. Wir reden wir nach optimistischen Schätzungen von einem Zeitraum von etwa 2022, eher 2023.

Das sind die Rahmenbedingungen, die ich gerne aufzeigen wollte. Es geht also nicht, wie in einigen Überschriften erwähnt, darum, dass die Ministerin eine Entscheidung gefällt hat, sondern sie hat sich darum zu kümmern, dass das Verteidigungsministerium eine fachliche Lösung anbietet. Genau in dieser Phase sind wir jetzt. Diese wird sie am Mittwoch in den Verteidigungsausschuss mit einbringen.

FRAGE MÖHLE: Warum wurde die SPD-Bundestagsfraktion nicht informiert?

COLLATZ: Ich kann mich nur wiederholen: Innerhalb des Kabinetts wurde natürlich auch unter den Kolleginnen und Kollegen der Koalition über diese Fragen sowohl was Haushalt als auch auswärtige Beziehungen und Verpflichtungen innerhalb des Bündnisses angeht eng beraten. Darüber hinaus kann ich hier keine Stellung nehmen.

FRAGE JUNG: Ich hätte nur eine Verständnisfrage, Herr Collatz: Sie bestätigen gerade also, weil Sie auch die Mail an Herrn Esper angesprochen haben

COLLATZ: Ich habe keine Mail angesprochen, ich habe eine Kommunikation angesprochen.

FRAGE JUNG: Die Kommunikation zwischen der Ministerin und Herrn Esper. Es gibt also die Zusage für einen Kauf von US-Kampfjets?

COLLATZ: Es gibt keine Zusage für einen Kauf, weil die Ministerin diese Zusage überhaupt nicht machen kann. Es ist Parlamentsangelegenheit, einem solchen Kauf zuzustimmen oder nicht, da diese Entscheidung natürlich nur haushaltsbedingt getroffen werden kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe eine Lernfrage: Ist Deutschland eigentlich verpflichtet, atombombenabwurffähig zu sein?

COLLATZ: Wie die Bundesregierung zuletzt zum Beispiel auch im Weißbuch mitgeteilt hat, spielt die nukleare Teilhabe im Rahmen der Bündnisverpflichtung eine große Rolle und muss dementsprechend natürlich auch bei der Technik abgebildet werden.

FRAGE: Noch einmal zur Klarheit: Eine Beschaffungsvorlage im Verteidigungsministerium wurde also noch nicht gezeichnet?

COLLATZ: Das wird noch sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.

FRAGE WARWEG: Zum Verständnis: Explizit eine Mail bestätigen Sie nicht, aber Sie bestätigen eine Kommunikation mit ihrem Amtskollegen in den USA?

COLLATZ: Selbstverständlich.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Deren Inhalt war aber durchaus, zu bestätigen, dass Deutschland diese F18 erwerben will?

COLLATZ: Wir unterhalten uns ständig mit den Partnern darüber, wie wir unseren Verpflichtungen nachkommen wollen. Bei den vielen Fähigkeiten, die der Tornado insgesamt für uns abbildet, geht es ja eben auch darum, dass wir Möglichkeiten erarbeiten. Dazu gehört auch, sich mit amerikanischen Stellen zu unterhalten, ob die avisierten Möglichkeiten vorhanden sind, bevor wir sie natürlich dem Parlament vorschlagen. Wir können nichts vorschlagen, was jeglicher Grundlage entbehrt; dazu müssen wir uns natürlich mit unseren Stellen und unseren Partnern in den USA unterhalten.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Gibt es denn Überlegungen, diese anscheinend formelle und nicht vertrauliche Mail zu veröffentlichen, um die Sachlage jetzt zu klären?

COLLATZ: Ich kann nicht bestätigen, dass es eine Mail gibt.

ZUSATZ WARWEG: Die Kommunikation dann.

COLLATZ: Ich habe ja bestätigt, dass es Kommunikation gibt.

ZUSATZ WARWEG: Den Inhalt das ist ja das Spannende.

FRAGE HAUCK: Ist der F18 für Atomwaffen bzw. nukleare Teilhabe bereits zertifiziert?

COLLATZ: Wir haben schon seit Langem kommuniziert, dass wir eine Mischlösung anstreben, die auch amerikanische Produkte F18 beinhalten. In welchem Rahmen Zertifizierungen noch möglich sind oder nicht, kann dann entschieden werden, wenn wir letztlich eine Kaufentscheidung über das Parlament vorbereiten.

FRAGE VATES: Hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer über den Parlamentsvorbehalt informiert?

COLLATZ: Diese Frage habe ich nicht verstanden.

FRAGE VATES: Es geht um die Kommunikation mit dem US-Ministerium. Wurde dieses über den Parlamentsvorbehalt informiert?

COLLATZ: Es ist nicht angezeigt, internationale Partner über interne parlamentarische Dinge zu informieren. Es ist Aufgabe des Verteidigungsministeriums, in den Verfahren sicherzustellen, dass unsere Vorschläge den Prozessen des Parlaments genügen.

FRAGE JUNG: Herr Collatz, da die Bundeswehr jetzt auch im Inland an diversen Schauplätzen eingesetzt wird: Können Sie uns einmal informieren, ob es eine Maskenpflicht bzw. eine Empfehlung für Mund-Nasen-Schutz innerhalb der Bundeswehr gibt? Müssen die Soldatinnen und Soldaten also einen Schutz tragen?

COLLATZ: Für Ausbildungsvorhaben, bei denen eine solche räumliche Nähe gegeben ist, dass zum Beispiel die 1,5 Meter Abstand nicht eingehalten werden können, müssen Ersatzlösungen gefunden werden. Da ist es genauso wie bei der Bundespolizei, dass Masken natürlich eine Rolle spielen. Tatsächlich unterliegen wir auch den Marktzwängen und können noch nicht aber das ist in Vorbereitung vollständig alle ausstatten. Wir haben aber in den persönlichen Ausrüstung auch Möglichkeiten wie etwa Schals oder andere Mundtücher, die dann genutzt werden können. Ziel ist aber, dass wir zunächst noch die Ausbildung, sofern nicht einsatzrelevant, so weit reduzieren, dass wir darauf nicht zurückgreifen müssen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich meinte jetzt nicht in der Ausbildung, sondern im Einsatz hier im Inland aufgrund der Coronapandemie. Wird den Soldaten empfohlen, Mundschutz zu tragen?

COLLATZ: Wir sind im Inland im Rahmen der Amtshilfe nach Artikel 35 Absatz 1 des Grundgesetzes tätig. Die anfragenden Stellen, also die Stellen, die militärisches Personal anfragen, sind dann dafür verantwortlich, die entsprechende Schutzausstattung zur Verfügung zu stellen, und das klappt ganz gut.

FRAGE PUGLIESE: Herr Seibert, in einem Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ fordert der italienische Ministerpräsident Conte, dass die „ganze Feuerkraft“ der EU zum Einsatz kommt und besteht auf die Notwendigkeit gemeinsamer Anleihen. Wird der nächste Europäische Rat aus diesem Grund scheitern?

Zweitens. Wie reagiert die Bundesregierung auf Contes Äußerung, Deutschland diene nicht als Lokomotive, sondern als Bremse?

STS SEIBERT: Ganz grundsätzlich kommentiere ich ja nicht Interviews von Staats- und Regierungschefs befreundeter Länder. Da möchte ich heute auch keinen Unterschied machen. Wir haben hier ja mehrfach über die sehr massiven und sehr wichtigen Maßnahmen beraten, die die europäischen Finanzminister auf den Weg gebracht haben. Die Bundeskanzlerin hat sie einen Meilenstein auf dem Weg zu einer gemeinsamen europäischen Antwort auf die Corona-Herausforderung genannt und ist der festen Überzeugung, dass diese Maßnahmen nun auch wirklich so schnell wie möglich umgesetzt werden sollen, damit sie greifen können.

Außerdem hat die Eurogruppe bzw. haben die Finanzminister vorgeschlagen, einen langfristigen Fonds für die Phase des wirtschaftlichen Wiederaufschwungs, sage ich einmal, zu erarbeiten. Über diesen Fonds muss jetzt beraten werden, da muss ein Fahrplan erarbeitet werden. Das ist eines der Ziele der Videokonferenz des Europäischen Rates in dieser Woche. Wir sind überzeugt, dass die Ausgestaltung dieses Fonds auch im Zusammenhang mit den Beratungen über den mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union zu sehen ist. Deutschland war in der Vergangenheit bereit, Solidarität zu üben, Deutschland bleibt bereit, Solidarität zu üben und das auch in der Phase, über die der Europäische Rat jetzt zu sprechen hat.

Weil Sie mich fragen, ob der Rat scheitern wird: Unsere grundsätzliche Herangehensweise ist natürlich immer, zu einer gemeinsamen und starken europäischen Reaktion beizutragen. Das ist die Haltung, mit der die Bundesregierung bzw. die Bundeskanzlerin in solch einen Europäischen Rat geht.

FRAGE DR. RINKE: Ganz konkret dazu an Herrn Seibert und vielleicht auch an das Finanzministerium: Es gibt ja den Vorschlag vom Freitag aus Spanien und vom Europäischen Parlament, dass man diese vierte Schiene der Hilfe, wie Sie eben angedeutet haben, möglicherweise über das EU-Budget erreichen kann. Spanien schlägt jetzt ganz konkret einen 1,5 Billionen Euro schweren Wiederaufbaufonds vor, bei dem dann Anleihen gegeben werden können, die durch das EU-Budget abgesichert werden. Ist das für die Bundesregierung ein gangbarer Weg?

STS SEIBERT: Ich werde jetzt nicht als Sprecher der Bundesregierung wenige Tage vor dem Europäischen Rat einzelne Vorschläge bewerten oder gar Zahlen in den Raum stellen. Ich wiederhole noch einmal: Klar ist, dass für diesen Plan einer gemeinsamen kraftvollen Antwort für die Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs der EU-Haushalt eine zentrale Rolle spielt.

KOLBERG: Dem kann ich mich nur anschließen. Die Finanzminister haben Antworten auf die Frage nach einer solidarischen Antwort auf die Krise gegeben und haben entsprechende Vorschläge gemacht. Jetzt ist es an den Staats- und Regierungschefs, weitere Konkretisierungen vorzunehmen. Deutschland ist bereit, in diesem Rahmen eine konstruktive Rolle wahrzunehmen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Gibt es eine grundsätzliche Ablehnung dagegen, dass die EU als EU Anleihen aufnimmt?

KOLBERG: Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe: Wir wollen eine solidarische Antwort, eine kraftvolle Antwort auf diese Krise. Dafür haben die Finanzminister ein sehr umfassendes Paket geschnürt, über das wir hier schon häufig geredet haben. Jetzt geht es darum, diese Maßnahmen schnell umzusetzen, damit Hilfe dorthin kommt, wo sie besonders dringend gebraucht wird.

FRAGE JUNG: Sie haben gerade „eine solidarische Antwort“ gesagt. Wären denn auch Coronabonds eine mögliche solidarische Antwort für den Finanzminister, Herr Kolberg? Herr Seibert, schließt die Kanzlerin kategorisch Coronabonds und Eurobonds aus?

KOLBERG: Die Finanzminister haben zusammen einstimmig Vorschläge gemacht gemeinsame Vorschläge, wie wir mit der Krise jetzt wirksam und schnell umgehen können, um mit einem gemeinsamen Ansatz Unternehmen und Beschäftigte in Europa zu schützen. An diesen Vorschlägen wird jetzt gearbeitet.

ZUSATZ JUNG: Das war nicht meine Frage.

STS SEIBERT: Ich kann dem Kollegen nur recht geben. Unsere Haltung hierzu hat sich nicht geändert. In vielen Ausarbeitungen und Analysen sind ja die verfassungsrechtlichen, die europarechtlichen Schwierigkeiten von Eurobonds dargestellt worden. Darauf weisen wir auch heute hin.

FRAGE STEINLE: An das Bundesgesundheitsministerium zur Corona-App: Innerhalb des App-Konsortiums zu PEPP-PT gibt es momentan einen Streit über die Frage, ob es eine dezentrale oder eine zentrale Speicherung von anonymen Nutzerdaten geben soll.

Erste Frage: Welche Lösung bevorzugt die Bundesregierung? Ist eine dezentrale Speicherung gesetzlich überhaupt möglich?

Zweite Frage: Verzögert sich die App aufgrund dieses Streits über dezentrale oder zentrale Speicherung?

STS SEIBERT: Ich kann dazu nur ganz grundsätzlich sagen, dass PEPP-PT ein unabhängiges Konsortium aus, ich glaube, 130 europäischen Beteiligten ist. Das sind Diskussionen unter diesen Beteiligten und Wissenschaftlern, auf die die Bundesregierung keinen Einfluss nimmt und die ich hier auch nicht kommentieren möchte.

Unser Ansatz war immer klar: Es werden eine App und auch eine App-Architektur gesucht, die unsere Vorstellung von Datenschutz, von Datensicherheit und auch von gesellschaftlicher Verantwortung in eine technische Lösung überführen. Die internen Diskussionen innerhalb dieses Kreises von über 130 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen möchte ich hier nicht kommentieren.

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