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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 27. April 2020

Themen: Coronakabinett (Entwicklung einer Contact-Tracing-App, Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems, Gespräche mit Vertretern von Religionsgemeinschaften), Coronapandemie (Spielbetrieb der Fußball-Bundesliga, Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, regionale Unterschiede bei Beschränkungen, Interview mit dem Bundestagspräsidenten, weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, Binnengrenzkontrollen, Kontaktbeschränkungen, Interviewäußerungen des Bundesaußenministers zu Hilfen für Italien, Berichte über ein Spitzentreffen in Sachen Lufthansa, Rechtsanspruch auf Telearbeit, Hilfen für den Kulturbereich, Reisebeschränkungen, Gutscheine für annullierte Flüge), 5G-Netz-Ausbau

Naive Fragen zu:
Gottesdienste (ab 3:57)
– wird es da möglicherweise inhaltliche und zeitliche Beschränkungen geben? Denn die Mediziner sind sich einig, dass es im Baumarkt oder im Möbelmarkt anders ist; da wird ja nicht gesungen und gebetet. Singen und Beten ist laut Medizinern besonders gut geeignet, um Tröpfchen und Aerosole zu verbreiten. Wenn es mehr als fünfzehn Minuten dauert, ist das auch sehr gut geeignet, um andere anzustecken (ab 14:57)
– Aber erkennen Sie an, dass Singen und Beten besonders gut zum Verbreiten des Virus geeignet sind?
– Die Frage ist ja, warum sollte man überhaupt Gottesdienste erlauben, wenn man nicht Beten und Singen kann und alte Menschen dorthin kommen, die besonders ansteckungsgefährdet sind?

Bundesliga (ab 18:48)
– Es ist ja frappierend. Beim Rest der Bevölkerung soll sich ja das ganze Umfeld, wenn es einen Infektionsfall gibt, in Quarantäne begeben. Darum wird es ja auch eine App geben. Die Bundesliga will genau das Gegenteil machen: Wenn jemand infiziert ist, dann sollen nicht die Mannschaft und das Umfeld in Quarantäne gehen. Wie bewerten Sie das? Ist das eine Vorbildfunktion für die Bevölkerung? (ab 21:45)
– ist das eine gute Vorbildfunktion für den Rest der Bevölkerung?

Corona-App (ab 22:40)
– Ich kann da Frau Demmer zitieren, Herr Seibert: „Bei einem zentralen Server müssen Sie demjenigen vertrauen, der ihn pflegt, also in diesem Fall möglicherweise einer staatlichen Stelle. Bei einem dezentralen System müssen Sie Apple und Google vertrauen […].“ Gilt dieser Satz nicht mehr? Oder müssen wir jetzt Google und Apple vertrauen? (ab 26:50)
– Noch einmal: Ist die Haltung von Freitag hinfällig, oder muss die Bevölkerung laut Bundesregierung jetzt Apple und Google vertrauen? Wird es einen runden Tisch geben, gegebenenfalls mit dem Chaos Computer Club und anderen?
– Frau Demmer sagte am Freitag, dass auf unterschiedlichen Ebenen mit Apple im Kanzleramt geredet werde. Sind diese Gespräche jetzt beendet, oder laufen die immer noch? (ab 32:08)
– es ist ja trotzdem interessant, zu wissen, ob die Gespräche jetzt abgeschlossen sind, weil man sich für die dezentrale Lösung entschieden hat, oder ob man trotzdem weiterreden muss, weil es immer noch Gesprächsbedarf gibt.

AKK aufm Flugplatz (ab 36:28)
– War die Verteidigungsministerin heute (in der Sitzung des Coronakabinetts) anwesend, oder konnte sie den Termin nicht wahrnehmen, Herr Seibert? Warum müssen Mitglieder des Kabinetts bei öffentlichen Terminen wie zum Beispiel bei dem, wenn am Flughafen Masken entgegengenommen werden, keinen Abstand halten und keine Masken tragen? Die Bilder, die man davon heute im Fernsehen gesehen hat, waren ja unglaublich.
– Aber die Bilder werden Sie wahrscheinlich auch gesehen haben. Ist es aus Sicht der Bundesregierung bzw. aus Sicht des Sprechers der Bundesregierung gute Informations- und Vorbildpolitik, wenn die Verteidigungsministerin keinen Abstand hält und keinen Mund-Nasen-Schutz trägt?

Home Office (ab 54:05)
– könnten Sie aus Ihrer Sicht einmal die Gefahren und Fallstricke von Heimarbeit bzw. Homeoffice aufzeigen? Denn da geht es ja auch um Selbstausbeutung, Entgrenzung usw (ab 58:35)
– Vielleicht können Sie ja nachreichen, welche Gefahren Sie als Ministerium sehen. Das muss kein philosophischer Aufsatz sein.

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 27. April 2020:

STS SEIBERT: Meine Damen und Herren, einen schönen guten Tag! Das Coronakabinett ist vor einer Stunde zu Ende gegangen. Ich kann Ihnen ein bisschen über die heute beratenen Themen sagen.

In aller Kürze hat sich das Coronakabinett zunächst mit der Entwicklung einer Tracing-App befasst und dabei natürlich auch mit der Richtung, die der Chef des Bundeskanzleramtes und der Gesundheitsminister diesem Projekt am Wochenende gegeben haben.

Dann ging es erneut um die wichtige Frage, wie das öffentliche Gesundheitssystem gestärkt werden kann. Dazu hat es sehr intensive Beratungen mit den Ländern gegeben. Dabei geht es um einzelne Punkte der personellen, der finanziellen und auch der digitalen Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems.

Dann hat der Bundesinnenminister über die Gespräche mit den Vertretern der Religionsgemeinschaften berichtet. Auch dieses Thema liegt bei den Ländern; es hat dazu aber Gespräche zwischen dem Bundesinnenminister, Vertretern der Länder und Vertretern der Religionsgemeinschaften gegeben. Ich will nur sagen, dass das, erstens, naturgemäß ein Thema bei der Beratung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen am 30. April sein wird, und dass, zweitens, der Bundesinnenminister das ganz besonders große Problembewusstsein und die verantwortungsvolle Haltung, in der die Vertreter aller Religionsgemeinschaften in diesen Gesprächen argumentiert haben, hervorgehoben hat.

So viel zu dem Coronakabinett.

VORS. WELTY: Ich möchte vorschlagen, dass wir mit dem Thema der Gottesdienste beginnen.

FRAGE TIEDE: Eine Frage an das Bundesinnenministerium: Wie weit ist man dabei denn jetzt gekommen? Können Sie erklären, warum es nicht möglich ist, in Kirchen ganz einfache Abstandsregeln durchzusetzen? Warum sind wir noch immer keinen Schritt weiter?

Die Diskussion geht jetzt schon seit 14 Tagen. Die Baumärkte haben geöffnet. Teilweise haben Möbelläden auf. Kleine Boutiquen können aufmachen, wo es eng wird. Nur die Kirchen bleiben weiterhin zu, obwohl da ja relativ klar durch große Türen und durch viele Bänke der Abstand geregelt werden kann.

GRÜNEWÄLDER: Nach unserem Eindruck sind wir hierbei einen großen Schritt weitergekommen. Wie Sie wissen, gab es in der vorletzten Woche im Bundesinnenministerium Gespräche mit den Religionsgemeinschaften und Kirchen, wie wir unter strenger Einhaltung der Hygienemaßnahmen maßvolle Lockerungen der Einschränkungen des religiösen Lebens ermöglichen, gleichzeitig aber den Gesundheitsschutz der Menschen wahren können.

Man hat die Gespräche in der vergangenen Woche weitergeführt. Aus den sehr guten Konzepten der Religionsgemeinschaften eine zweistellige Anzahl wurde eingereicht wurde jetzt ein Maßnahmenpaket erarbeitet, ein Rahmenkonzept, das sich die Bundesregierung heute im Coronakabinett zu eigen gemacht hat und das Grundlage für eine Entscheidung auf der nächsten Bund-Länder-Konferenz sein soll.

Sie wissen ja, dass die Länder für die Regelungen nach dem Infektionsschutzgesetz zuständig sind, also auch für die Regelungen des religiösen Lebens, von Gottesdiensten usw. Deswegen ist es Sache der Länder, dies zu regeln. Der Bund hat ein Interesse daran, ein möglichst einheitliches Vorgehen zu ermöglichen. Deswegen ist dies Thema der nächsten Bund-Länder-Gespräche.

ZUSATZFRAGE TIEDE: Können Sie etwas Näheres zu dem sagen, was dazu heute vorgetragen wurde, was dabei herausgekommen ist? Sie haben am Freitag zusammengesessen. Dabei muss ja irgendetwas herausgekommen sein.

GRÜNEWÄLDER: Ich würde dem Konzept jetzt ungern weiter vorgreifen. Wie Sie gesagt haben, ist es möglich, dass man die Teilnehmerzahl begrenzt. Das ist eine Möglichkeit. Es sind auch bestimmte Einlassmöglichkeiten möglich, Einhaltung der Abstandsregelungen in den jeweiligen Kirchen. Aber die Einzelheiten werden nun im Bund-Länder-Kreis festgelegt. Der Beschluss des Bundes heute ist eine Grundlage dafür.

ZUSATZFRAGE TIEDE: Aber warum es in Deutschland einfacher ist, ein Schuhgeschäft zu öffnen als einen Gottesdienst, das habe ich immer noch nicht verstanden.

GRÜNEWÄLDER: Wie gesagt, ist der Prozess im Gange. Wir sind hierbei auf Basis der guten Konzepte der Kirchen und Religionsgemeinschaften auf sehr gutem Wege. An oberster Stelle steht immer noch der Gesundheitsschutz der Menschen und die Einhaltung der Hygieneregelungen und der Regeln des Infektionsschutzes. Dabei ist man jetzt einen guten Schritt weitergekommen. Das wird Grundlage für die nächsten Beschlüsse des Bund-Länder-Kreises sein.

STS SEIBERT: Das entscheidende ich möchte es noch einmal sagen ist natürlich die Beratung mit den Ländern. Denn bei ihnen liegen die Kompetenzen, und sie waren ja auch an diesen wichtigen und intensiven Vorgesprächen beteiligt.

FRAGE BLANK: Herr Seibert, Sie haben es ja schon als Thema für den Donnerstag benannt. Können wir damit rechnen, dass am Donnerstag auch über die Bundesligaspiele entschieden und beraten wird?

Vielleicht hilfsweise an das Bundesarbeitsministerium: Wann wird es eine Entscheidung geben, ob wieder gespielt werden kann?

Herr Laschet hat gestern

VORS. WELTY: Einen Augenblick bitte, damit die Sprecher wechseln können. Vielleicht können wir erst einmal bei dem Thema der Gottesdienste bleiben.

ZUSATZ BLANK: Zu denen habe ich keine Fragen.

STS SEIBERT (zur Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder): Ich kann vielleicht etwas zu der grundsätzlichen Erwartung an die Beratungen des Donnerstags sagen. Es ist natürlich gut, dass sich die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen in dem regelmäßigen 14-Tage-Rhythmus treffen. Die letzte Videokonferenz war Sie wissen es am 15. April, daher ist die nächste am 30. April.

Aber bedenken Sie bitte bei Ihren Erwartungen an diesen 30. April auch, dass wir gerade mitten in der wenn Sie so wollen ersten Öffnungswelle stehen. Die Öffnung von Geschäften hat ab dem 20. April in einzelnen Ländern begonnen, in anderen Ländern erst ab dem 22. und 23. April, Tage später. Wir haben gesagt: Wir wollen bei unserem vorsichtigen Vorgehen in den verschiedenen Öffnungsschritten immer im Blick haben, wie sich Öffnungsentscheidungen auf das Infektionsgeschehen, auf die Infektionszahlen auswirken. Das sieht man eben wirklich erst 10, 12 oder 14 Tage nach dem Beginn einer Öffnungsmaßnahme.

Das heißt: Dieser 30. April kommt zu früh, um die Auswirkungen der Öffnungen, die ab dem 20. April und zum Teil sogar erst noch später gegriffen haben, zu beurteilen. Für Konsequenzen daraus und für weitere Beschlüsse ist der 6. Mai, der ja auch schon genannt worden ist, das richtige Datum. Am 30. April wird es wichtige vorbereitende Beratungen und sehr begrenzte Beschlüsse geben.

ZUSATZFRAGE BLANK: Das heißt also, dass es für die Bundesliga dann noch keine Entscheidung geben wird, oder?

STS SEIBERT: Ich möchte jetzt nichts Einzelnes hervorheben. Ich habe versucht, Ihre Erwartungen in Richtung des 30. Aprils ein bisschen mitzubeeinflussen, so gut ich es kann. Auch die Bundeskanzlerin hat sich dazu ja bereits Ende der vergangenen Woche geäußert.

FRAGE BUSCHOW: Herr Seibert und Herr Grünewälder, Sie haben jetzt gesagt, Sie wollten den Beratungen am Donnerstag nicht vorgreifen. Einige Länder haben ja schon längst entschieden. Wie bewerten Sie es, dass manche Länder schon für sich Regelungen getroffen haben, die jeweils unterschiedlich sind? Manche erlauben 15 Teilnehmer in Gottesdiensten, andere 50 Teilnehmer. Konterkariert das nicht bereits jetzt die Beratungen, die am Donnerstag stattfinden sollen?

Wenn ich darf, Herr Seibert, noch eine Zusatzfrage zum Donnerstag: Können Sie schon eine Uhrzeit nennen, wann die Beratungen beginnen?

STS SEIBERT: Hatte Frau Demmer das am Freitag nicht getan? Ich schaue nach.

GRÜNEWÄLDER: Zu Ihrer ersten Frage kann ich sagen, dass es Aufgabe der Länder ist, diese Regelungen zu erlassen, und dass nach der Natur der Sache natürlich auch regionale Differenzierungen eintreten können. Das hängt vielleicht auch mit der Situation zusammen. In einem Bundesland sind die Infektionszahlen höher als in einem anderen Bundesland. Deswegen wird es immer regionale Unterschiede geben.

Als Bund haben wir ein Interesse daran das haben alle Länder , ein bundesweit möglichst einheitliches Vorgehen zu erreichen. Deswegen unterhält man sich im Bund-Länder-Kreis, und deshalb wird das Thema dort aufgerufen. Aber letztlich entscheidet das jedes Land für sich. Regionale Unterschiede sind ganz klar zu akzeptieren.

STS SEIBERT (zu der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder): Zu der Uhrzeit: Ich habe gesehen, dass es am Freitag noch nicht genannt wurde. Ich habe die Information jetzt nicht dabei. Wenn wir es schon wissen, dann können wir es nachreichen.

FRAGE DR. RINKE: Ist das Vorgehen bei den Ländern mit den regionalen Unterschieden, das Herr Grünewälder gerade geschildert hat, möglicherweise auch Vorbote eines neuen Ansatzes bei der Coronabekämpfung? Der Kanzleramtschef hat in einem Brief darauf hingewiesen, dass sich die Pandemie regional unterschiedlich ausbreite und dass man deswegen auch regional unterschiedlich sowohl bei der Lockerung als auch bei möglicherweise drohenden Verschärfungen vorgehen müsse.

Ist es möglich, dass man am 30. April zwischen Bund und Ländern zu dem Schluss kommt, dass man vielleicht regional stärker differenziert, als man das bisher getan hat?

STS SEIBERT: Vielleicht darf ich daran erinnern, dass es schon in den Beschlüssen, die die Kanzlerin und die Länderchefs gemeinsam am 15. April gefasst haben, einen Punkt gab, in dem es heißt:

„Im weiteren Verlauf muss berücksichtigt werden, dass die Epidemie sich in Deutschland nicht gleichmäßig ausbreitet. Während einige Landkreise noch kaum betroffen sind, kommt es in anderen Regionen zu Überlastungen im Gesundheitswesen“

usw. Das heißt: Der Gedanke das ist jeden Tag mit Blick auf die Zahlen von Land zu Land ganz einsichtig , dass uns das zwar alle in Deutschland insgesamt betrifft, aber doch in unterschiedlicher Ausprägung und dass es einen Unterschied macht, ob man in Sachsen-Anhalt in der Altmark wohnt oder im Großraum Stuttgart, ist natürlich längst Realität und spielt auch bei den Beratungen eine Rolle.

Insofern hat der Chef des Bundeskanzleramts ich denke, es war in dem Brief an die Fraktionen lediglich festgehalten, dass sich die Epidemie eben nicht gleichmäßig ausbreitet, sondern dass die Ausbreitung durchaus regional unterschiedlich sein kann. Das kann bedeuten, dass Beschränkungen in bestimmten Regionen aufrechterhalten oder nach zwischenzeitlichen Lockerungen auch wieder verschärft werden müssen.

Aber es wird natürlich immer das Bemühen geben, in den großen Zügen unserer Coronapolitik so will ich es einmal nennen zwischen Bund und Ländern eine gemeinsame Haltung, eine gemeinsame Architektur zu erreichen, so, wie es bisher gelungen ist.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Aber es ist gedanklich ja doch ein anderer Ansatz, wenn man einräumt, dass die Unterschiede groß sind, auch bei den Verschärfungen. Es gibt ja die Forderung, dass man künftig beim Abflauen der Pandemie stärker regional vorgeht. Das würde ja ein Abrücken von der Philosophie bedeuten, dass man möglichst viel bundesweit machen müsste.

STS SEIBERT: Also ich kann Ihnen keine neue Philosophie nennen. Das Zusammenwirken von Bund und Ländern war bisher nicht nur gelungen, sondern es war durchaus erfolgreich. Es hat immer regionale Nuancierungen gegeben, weil einige Länder aufgrund ihrer geografischen Situation mit anderen in sehr engem Kontakt stehen, die starke Infektionszahlen haben, und es auch andere regionale Unterschiede gibt. Trotzdem hat es den bisher auch geglückten Versuch einer gemeinsamen Politik im Kampf gegen die Coronapandemie gegeben, und das wird auch weiterhin der Fall sein. Das wird sich sicherlich auch am 30. April und am 6. Mai niederschlagen.

FRAGE JUNG (zum Verbot von Gottesdiensten): Herr Grünewälder, wird es da möglicherweise inhaltliche und zeitliche Beschränkungen geben? Herr Kautz, die Frage richtet sich auch an Sie.

Denn die Mediziner sind sich einig, dass es im Baumarkt oder im Möbelmarkt anders ist; da wird ja nicht gesungen und gebetet. Singen und Beten ist laut Medizinern besonders gut geeignet, um Tröpfchen und Aerosole zu verbreiten. Wenn es mehr als fünfzehn Minuten dauert, ist das auch sehr gut geeignet, um andere anzustecken.

GRÜNEWÄLDER: Wie gesagt: Zu Einzelheiten möchte ich jetzt nichts sagen. Das ist Sache der Länder. Wir sollten den nächsten Bund-Länder-Beschluss abwarten. Es ist sicher denkbar, wie Sie sagen, dass es dort Beschränkungen für das Singen geben wird. Das muss man aber jetzt abwarten. Das sind Einzelheiten, die man heute noch nicht sagen kann.

KAUTZ: Ich kann mich dazu nicht äußern. In die Entscheidungen der Länder müssen natürlich wissenschaftliche Erkenntnisse einfließen, die ich jetzt hier nicht abschließend bewerten kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber erkennen Sie an, dass Singen und Beten besonders gut zum Verbreiten des Virus geeignet sind?

KAUTZ: Herr Jung, es ist klar: Wenn Sie sprechen oder wenn Sie singen, werden natürlich, wie Sie das schon sehr fachkundig dargestellt haben, besonders viele Viren ausgestoßen. Das ist sicherlich bei dieser Entscheidung zu berücksichtigen.

GRÜNEWÄLDER: Im Übrigen sind diese Vorschläge auch mit dem RKI abgestimmt. Das heißt, Sie können davon ausgehen, dass die Hygiene- und Infektionsregeln eingehalten werden.

STS SEIBERT: Ich glaube, man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass die Religionsgemeinschaften Wenn ich vorhin gesagt habe, sie sind problembewusst, dann heißt es genau das, dass sie sozusagen jeden Teil ihrer Liturgie auf die Prüfung gestellt haben, um zu sehen: Kann damit eine erhöhte Infektionsgefahr zusammenhängen oder nicht? Genau dieses Verantwortungsbewusstsein zeigen sie. Die weiteren Beratungen sind am Donnerstag. Ich rechne einmal mit dem frühen Nachmittag. Mehr kann ich im Moment nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die Frage ist ja, warum sollte man überhaupt Gottesdienste erlauben, wenn man nicht Beten und Singen kann und alte Menschen dorthin kommen, die besonders ansteckungsgefährdet sind?

STS SEIBERT: Wir können uns jetzt, glaube ich, völlig fruchtlos hier über theologische Fragen unterhalten. Die Religionsausübung ist in Deutschland grundgesetzlich garantiert und hat zu Recht einen sehr hohen Wert in unserem Staat. Für viele Menschen ist es ein tiefes inneres Bedürfnis, ihre Religion nicht nur zuhause, sondern auch in der Gemeinschaft ausüben zu können. Das ist bekannt. Das ist etwas, weswegen man über dieses Thema ja auch so intensiv nachdenkt. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften, und zwar alle, die das Gespräch mit dem Bundesinnenministerium und den Vertretern der Länder geführt haben, haben sich da sehr verantwortungsbewusst und sehr problembewusst gezeigt. Es geht darum, dass Maßstäbe erarbeitet worden sind und die Länder dann auf der Basis solcher Maßstäbe ihre Entscheidungen treffen können.

FRAGE BLANK (zum Spielbetrieb der Fußball-Bundesliga): Die Frage richtet sich an das Arbeitsministerium, nachdem Sie offensichtlich zuständig sind. Wird von Ihrer Seite denn da überhaupt eine Genehmigung erteilt, oder wie müssen wir uns das vorstellen? Können Sie das einmal erklären?

JÄGER: Anders als Sie das darstellen, sind wir nicht für Fußball zuständig. Das ist immer noch Sache des Innenministeriums. Wir sind aber für Arbeitsschutz zuständig. Insofern führen wir Gespräche mit der DFL, in denen wir beratend tätig sind, um Möglichkeiten zu eruieren, wie das Ganze unter Beachtung des Arbeitsschutzes stattfinden kann.

ZUSATZFRAGE BLANK: Kann man da einen Zeithorizont erfahren, vielleicht auch vom Innenministerium, wann denn die Gespräche zu einem glücklichen Ende führen?

JÄGER: Ich kann keinen Zeithorizont nennen. Vielleicht ist das bei den Kollegen anders.

GRÜNEWÄLDER: Ich kann jedenfalls berichten, dass heute um 14 Uhr eine Telefonschaltkonferenz der Sportminister stattfindet, in der das BMI zu Gast ist. Wie Sie wissen, sind die Fragen weitgehend in der Länderhoheit. Das heißt, die Länder müssen entscheiden, wo Trainingsmöglichkeiten zugelassen werden. Sie sind auch für den Breitensport zuständig. Auch hier haben wir als Bund ein Interesse daran, dass wir eine möglichst bundeseinheitliche Regelung hinbekommen. Auch hier gilt, dass wir an die oberste Stelle erst einmal den Gesundheitsschutz der Bevölkerung stellen und wir schauen müssen, wie schrittweise Öffnungen möglich sind, die aber den Hygienestandards genügen müssen.

FRAGE TIEDE: Eine zweigeteilte Frage: War die Bundesliga denn heute Thema beim Coronakabinett?

Dann an das Arbeitsministerium: Es gab ja in der vorigen Woche dieses Papier Ihrer Expertenebene oder von der Arbeitsebene, das zwei Varianten für Fußballspiele vorsah. Die Eine war, man steckt alle in die Quarantäne, die mit den Spielern und dem Spielbetrieb zu tun haben. Die zweite Variante war, man spielt mit Masken.

Jetzt hat Ihr Minister gegenüber „BILD“ gesagt, er sei gegen die Maskenvariante. Das könne er sich nicht vorstellen. Das sei realitätsfern. Heißt das, dass aus Sicht Ihres Hauses die Variante zwei übrigbleibt? Wie ist da der Stand?

JÄGER: Bisher gibt es keine Entscheidung, welche Variante es sein wird. Der Minister hat nicht zu Unrecht dargestellt, dass es mit einer Maske relativ schwer sein dürfte, Fußball zu spielen. Allerdings war die andere dargestellte Variante nicht die einzig denkbare, sondern die, die gerade diese Gruppe in dem Papier dargestellt hat. Aber es gibt natürlich auch andere Arten, wie man mit dem Thema umgehen könnte.

ZUSATZFRAGE TIEDE: Welche?

JÄGER: Das würde ich gern den Fachleuten aus den Ministerien überlassen, die sich gerade dazu Gedanken machen.

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen die wesentlichen Themen genannt, mit denen sich das Coronakabinett heute befasst hat.

FRAGE JUNG: Ich habe an das BMI und das Kanzleramt noch eine Frage zu dem Konzept der Bundesliga. Es ist ja frappierend. Beim Rest der Bevölkerung soll sich ja das ganze Umfeld, wenn es einen Infektionsfall gibt, in Quarantäne begeben. Darum wird es ja auch eine App geben. Die Bundesliga will genau das Gegenteil machen: Wenn jemand infiziert ist, dann sollen nicht die Mannschaft und das Umfeld in Quarantäne gehen. Wie bewerten Sie das? Ist das eine Vorbildfunktion für die Bevölkerung?

GRÜNEWÄLDER: Herr Jung, ich bewerte das erst einmal gar nicht, weil es sich noch nicht um ein fertiges Konzept handelt, weil es Sache des Arbeitsschutzes und des BMAS ist.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert, ist das eine gute Vorbildfunktion für den Rest der Bevölkerung?

STS SEIBERT: Ich habe zu dem Thema jetzt auch nichts weiter beizutragen.

FRAGE DR. RINKE: Eine Frage an das Gesundheitsministerium. Ihr Minister hat sich ja gestern geäußert und gesagt, dass es noch etwas dauern wird, bis die App kommt. Vielleicht können Sie uns ein bisschen zu diesem Zeitpunkt sagen. Heißt das, dass der Mai im Prinzip gestrichen wurde, wir also erst im Juni damit rechnen können? Das wäre die eine Frage.

Die zweite Frage: Gestern wurde ja eine erste App im Apple Store angeboten, die „Geohealth App“, die in Hannover entwickelt wurde. Es gibt jetzt also eine bereits funktionierende App. Steht sie eigentlich auch bei Ihnen auf der Liste der zu prüfenden Apps? Empfehlen Sie deren Nutzung, oder wie ist Ihre Einschätzung dazu?

KAUTZ: Zum Zeitraum kann ich nur das wiederholen, was der Minister gestern gesagt hat. So schnell und so sicher wie möglich soll diese App sein. Wir haben natürlich alle Entwicklungen auf diesem Markt im Blick.

Zu einer konkreten App kann ich Ihnen keine Bewertung abgeben. Aber gehen Sie einmal davon aus, dass wir auf den Erkenntnissen aufsetzen werden, die wir aus der Machbarkeitsstudie des Fraunhofer-Instituts gewonnen haben, und dann eine dezentrale Lösung haben werden.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das Argument dieser App-Entwickler ist, sie würden empfehlen, ihre App zumindest so lange zu nutzen, bis eine andere App zur Verfügung steht. Ist das eine Argumentation, der Sie sich anschließen?

KAUTZ: Dass die Hersteller ihre App vertreiben wollen, das, glaube ich, liegt hinter dieser Äußerung. Ich kann konkret nichts Inhaltliches zu dieser App sagen.

FRAGE WOLF: Was war der ausschlaggebende Grund für den Richtungswechsel, vom Ansatz einer zentralen Datenspeicherung hin zur dezentralen Datenspeicherung? Welche Rolle spielten Gespräche mit Apple und Google?

KAUTZ: Zu dieser Frage haben sich der Kanzleramtsminister und der Gesundheitsminister ausgiebig eingelassen und Herr Spahn dann noch in mehreren Interviews gestern. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Die Anforderungen an diese App heißen: Die Datensicherheit muss gewährleistet sein. Wir müssen effektiv Kontakte von Infizierten nachverfolgen und Infektionsketten durchbrechen können. Aber wir müssen auch das epidemiologische Gesamtgeschehen im Blick haben.

Neben diesen ganzen Kriterien, die so eine App erfüllen muss, ist die Akzeptanz der Bevölkerung wichtig. Sowohl der Kanzleramtsminister als auch der Gesundheitsminister haben nach dem Wissenschaftsstreit, den es über diese App gegeben hat, gesagt: Darauf reagieren wir und wählen diese Lösung, die wir jetzt getroffen haben.

STS SEIBERT: Wenn ich das nur hinzufügen darf: Ich denke, die Neuorientierung, die der Gesundheitsminister und der Kanzleramtsminister am Wochenende vorgenommen haben, erhöht ganz klar die Chancen der Umsetzung, und darauf kommt es an. Es kommt darauf an, dass es möglichst großes Vertrauen in diese App geben wird, damit möglichst viele Bürgerinnen und Bürger sie auch herunterladen und benutzen. Ich denke, dass das mit dieser dezentralen Lösung besser erreicht werden kann. Die Kontroverse, die es gab, hatte das Potenzial, die Akzeptanz für diese App zu schmälern. Deswegen war es richtig, jetzt diese Neuorientierung vorzunehmen.

ZUSATZFRAGE WOLF: Hat sich an der Einschätzung verglichen mit Freitag etwas geändert? Warum wird nun mehr Vertrauen in Apple und Google als am Freitag gelegt?

KAUTZ: Ich habe am Freitag nichts von Vertrauen gesagt. Von daher kann ich das nicht kommentieren.

FRAGE JUNG: Ich kann da Frau Demmer zitieren, Herr Seibert:

„Bei einem zentralen Server müssen Sie demjenigen vertrauen, der ihn pflegt, also in diesem Fall möglicherweise einer staatlichen Stelle. Bei einem dezentralen System müssen Sie Apple und Google vertrauen […].“

Gilt dieser Satz nicht mehr? Oder müssen wir jetzt Google und Apple vertrauen?

STS SEIBERT: Ich glaube, dass die beiden Minister am Wochenende sehr klar erklärt haben, was die Motivation hinter dieser Neuorientierung ist. Es ist einfach die Motivation, dass möglichst viele Menschen diese App nutzen, damit wir gemeinsam im Kampf gegen das Virus vorankommen. Das ist die entscheidende Situation, und das Ganze natürlich mit einer App, die auf vollkommener Freiwilligkeit beruht, die datenschutzkonform ist und ein ganz hohes Maß an IT-Sicherheit gewährleistet. Dadurch kann es uns gelingen, dass von genügend vielen Menschen auch angenommen wird dafür werden wir natürlich mit allen guten Argumenten, die es gibt, werben , dass Infektionsketten möglichst früh zu erkennen sind und unterbrochen werden können.

Natürlich ist es notwendig, dass eine solche App dann eben auch gut auf den Handybetriebssystemen funktioniert. Deshalb treiben wir jetzt eine dezentrale Architektur voran, die die Kontakte nur auf den Geräten speichert, und das schafft Vertrauen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Noch einmal: Ist die Haltung von Freitag hinfällig, oder muss die Bevölkerung laut Bundesregierung jetzt Apple und Google vertrauen?

Herr Grünewälder, wird es einen runden Tisch geben, gegebenenfalls mit dem Chaos Computer Club und anderen?

STS SEIBERT: Ich habe diesbezüglich, glaube ich, jetzt die wesentlichen Argumente genannt. Es hat aus den Gründen, die wir genannt haben, am Wochenende eine Entscheidung für eine dezentrale Lösung gegeben, eine Lösung, die Kontakte nur auf Geräten und nicht an einem zentralen Ort speichert. Das schafft nach unserer Überzeugung auch Vertrauen bei den Bürgern.

GRÜNEWÄLDER: Wie Sie wissen, wird die App unter Federführung des Gesundheitsministeriums erarbeitet. Insofern kann ich diese Frage nicht beantworten.

Das BMI beteiligt sich an der Bearbeitung, wo es kann. Zum Beispiel ist das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik als Dienstleister mit involviert und prüft die Informationssicherheitsfragen. Aber darüber hinaus kann ich dazu nichts sagen.

FRAGE MÜLLER-THUM: Herr Seibert, können Sie noch einmal kurz sagen, wie es denn heute im Coronakabinett war? Gab es da noch einmal eine Debatte darüber? Haben Spahn und Braun einfach nur gesagt „Das ist jetzt die neue Linie“, und alle haben genickt, oder gab es noch eine Gegenrede oder Diskussionen?

STS SEIBERT: Ich berichte ja jetzt auch aus normalen Kabinettssitzungen nicht im Sinne eines Debattenverlaufs. Es gab aber keine Debatte, sondern es gab diesen wichtigen Tagesordnungspunkt, weil ja am Wochenende eine wichtige Entscheidung dazu gefällt worden war, und hinter der steht die gesamte Bundesregierung.

FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, zu Apple: Es war ja angekündigt worden, dass Gespräche mit Apple geführt werden. Wie muss man denn jetzt die Entscheidung, was das Unternehmen angeht, interpretieren? Hat die Bundesregierung da also einen Machtkampf verloren, weil Apple die Schnittstelle einfach nicht öffnen wollte? Wie beurteilen Sie das?

STS SEIBERT: Ich halte es persönlich nicht für die richtige Herangehensweise, in diesem Zusammenhang von Machtkämpfen zu sprechen. Wir haben ein Mittel, von dem wir uns einen wirklichen Fortschritt im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus versprechen und von dem wir uns versprechen, dass dieses Mittel, wenn sich genügend Bürger freiwillig daran beteiligen, weil sie den Nutzen für sich und für die Gesellschaft sehen, dann auch zum Einsatz kommen wird. Damit es zum Einsatz kommt und damit es auf den Handybetriebssystemen eben auch funktioniert, ist diese Entscheidung jetzt getroffen worden. Es ist eine Entscheidung für eine dezentrale, sicherlich Vertrauen schaffende Softwarearchitektur, und jetzt wird intensiv daran gearbeitet, dass sie möglichst bald zur Verfügung stehen kann.

KAUTZ: Ich darf vielleicht ergänzen: Apple und Google wären egal bei was für einer Lösung immer Teil der Lösung gewesen das hatte ich hier in dieser Veranstaltung auch schon einmal gesagt , weil sie immer eine App funktionieren lassen müssen und dafür Schnittstellen bereitstellen müssen, so oder so, ob man nun zentral speichert oder dezentral speichert.

FRAGE DELCKER: Wer entwickelt die Contact-Tracing-App für Deutschland? Steht fest, ob die App auf dem DP3T-Protokoll basieren wird?

KAUTZ: Die Details dazu sind noch nicht geklärt.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, Frau Demmer sagte am Freitag, dass auf unterschiedlichen Ebenen mit Apple im Kanzleramt geredet werde. Sind diese Gespräche jetzt beendet, oder laufen die immer noch?

STS SEIBERT: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Es ist auf unterschiedlicher Ebene geredet worden, und wenn weitergeredet wird, würde ich Ihnen das dann im Nachhinein auch wieder bestätigen. Ich kann Ihnen das jetzt im Moment nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie das vielleicht nachreichen, weil das ja dann doch interessant ist, wenn man sich jetzt für Apple entschieden hat?

STS SEIBERT: Etwas zu Gesprächen auf Arbeitsebene reiche ich üblicherweise nicht nach.

ZUSATZ JUNG: Aber es ist ja trotzdem interessant, zu wissen, ob die Gespräche jetzt abgeschlossen sind, weil man sich für die dezentrale Lösung entschieden hat, oder ob man trotzdem weiterreden muss, weil es immer noch Gesprächsbedarf gibt.

STS SEIBERT: Ja. Das sind alles Vorgänge im Rahmen der Erarbeitung und Programmierung dieser App, über die wir sicherlich nicht im Einzelnen und Gespräch für Gespräch berichten werden.

FRAGE LANGE: Ich hätte, Herr Seibert, gerne gewusst, ob die Äußerungen von Bundestagspräsident Schäuble im Coronakabinett eine Rolle gespielt haben, also die Äußerungen, die er im „Tagesspiegel“-Interview getätigt hat.

STS SEIBERT: Die Aufgabe des Coronakabinetts ist es ja, praktische Punkte unserer Coronapolitik, wenn ich das einmal so zusammenfassen darf, voranzutreiben, Projekte voranzutreiben, zu beurteilen, wo sie stehen, und zum Beispiel auch Vorbereitungen für das Ministerpräsidentengespräch am Donnerstag zu treffen. Damit hat sich das Kabinett dieses Mal befasst.

FRAGE LUDWIG: Sie haben vorhin gesagt, dass im Coronakabinett auch über die Stärkung des Gesundheitssystems oder des öffentlichen Gesundheitssystems diskutiert wurde. Können Sie noch einmal konkretisieren, worum es dabei ging?

STS SEIBERT: Das ist ja ein Thema, das uns jetzt seit einiger Zeit begleitet. Erinnern Sie sich an die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin. Darin hat sie ja ausführlich über die Notwendigkeit gesprochen, das öffentliche Gesundheitssystem noch weiter zu stärken. Sie hat über die große Bedeutung gesprochen, die das öffentliche Gesundheitssystem mit annähernd 400 Gesundheitsämtern, wenn ich mich recht erinnere, gerade bei der Verfolgung von Kontakten von Infizierten hat. Das liegt ja im Moment, solange wir noch keine App haben, alles bei den Gesundheitsämtern und wird dort mit großem Einsatz gemacht. Aber natürlich ist es wichtig, sie dabei noch mehr zu unterstützen.

Es ging um einzelne Punkte, die aber heute auch nicht neu waren, sondern die in den letzten Tagen eben deswegen, weil das ja auch wieder Länderkompetenzen betrifft sehr intensiv mit den Ländern beraten wurden. Es ging darum, wie man personell, finanziell und digital das öffentliche Gesundheitssystem stärken kann.

FRAGE MÜLLER-THUM: Herr Seibert, Sie hatten jetzt nicht die Frage beantwortet, ob das ein Thema gewesen ist. Sie hatten nur gesagt, womit sich das Coronakabinett grundsätzlich so beschäftigt. Ware die Äußerung von Herrn Schäuble also ein eventuell sogar kontroverses Diskussionsthema?

STS SEIBERT: Ich habe gesagt, dass sich das Coronakabinett auch heute mit diesen Dingen, die ich beschrieben habe, befasst hat.

FRAGE BLANK: Nun ist es aber eine zentrale Aussage der Kanzlerin und zum Beispiel auch des Kanzleramtsministers, dass Gesundheit und das Leben und Überleben der Menschen sozusagen das erste und wichtigste Thema seien. Da würde dann schon interessieren egal, ob das nun im Coronakabinett eine Rolle gespielt hat oder nicht , wie sich die Kanzlerin denn zu dem Satz „Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz des Lebens zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig“ positioniert. Wie verhält sich denn die Kanzlerin jetzt zu diesem Satz? Er ist ja schon sehr wichtig.

STS SEIBERT: Der Präsident des Deutschen Bundestags steht einem anderen Verfassungsorgan vor. Er hat in der deutschen Demokratie eine herausgehobene Rolle inne, und aus Respekt vor dieser Rolle werde ich seine Interviews sicherlich nicht kommentieren.

FRAGE JUNG: War die Verteidigungsministerin heute (in der Sitzung des Coronakabinetts) anwesend, oder konnte sie den Termin nicht wahrnehmen, Herr Seibert?

Warum müssen Mitglieder des Kabinetts bei öffentlichen Terminen wie zum Beispiel bei dem, wenn am Flughafen Masken entgegengenommen werden, keinen Abstand halten und keine Masken tragen? Die Bilder, die man davon heute im Fernsehen gesehen hat, waren ja unglaublich.

STS SEIBERT: Dann müssten wir dazu den Sprecher des Verteidigungsministeriums um das Wort bitten.

Ich kann Ihnen sagen, dass die Verteidigungsministerin selbst heute nicht anwesend war, sondern ihr Staatssekretär. Das erklärt sich dadurch, dass sie ja heute bei der Anlandung von, glaube ich, 10 Millionen Masken und anderem Schutzmaterial anwesend war. Deswegen überlappten sich die Termine.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber die Bilder werden Sie wahrscheinlich auch gesehen haben. Ist es aus Sicht der Bundesregierung bzw. aus Sicht des Sprechers der Bundesregierung gute Informations- und Vorbildpolitik, wenn die Verteidigungsministerin keinen Abstand hält und keinen Mund-Nasen-Schutz trägt?

STS SEIBERT: Über die Fragen des Mund-Nasen-Schutzes wann der dringend empfohlen ist bzw. jetzt in vielen Bundesländern auch zur Pflicht gemacht worden ist oder wann auch nicht ist ja hier schon viel gesprochen worden. Ich habe die Bilder tatsächlich nicht gesehen. Deswegen kann ich darüber jetzt mit Ihnen nicht reden.

FRAGE BLANK: Wenn ich mich recht entsinne, dann sind ja die Reisebeschränkungen und die Kontaktbeschränkungen alle bis zum 3. Mai befristet. Wird dann am Donnerstag dieser Woche noch einmal entschieden, das zu verlängern, oder wann können wir damit rechnen? Die Frage geht vielleicht auch an Herrn Breul.

STS SEIBERT: Meinen Sie Reisewarnungen?

ZUSATZ BLANK: Reisewarnungen.

BREUL: In der Tat: Die Reisewarnung gilt aktuell bis zum 3. Mai. Über die Verlängerung muss bis dahin gesprochen und entschieden werden. Es wird Sie allerdings nicht überraschen, in welche Richtung es geht; Sie haben den Außenminister in den letzten Tagen ja in diversen Medien gehört oder gelesen. Er sprach von dem klaren Erwartungsmanagement, dass die Urlaubssaison 2020 anders sein werde, als wir es uns wünschen und als wir es auch gewohnt sind.

Sie wissen: Es gibt auch innerhalb der EU Regelungen für die Einreise aus Drittländern und für die Reise zwischen den EU-Ländern. Wir streben an, dass wir uns innerhalb der EU, um dann auch möglichst rasch die Grenzen wieder öffnen zu können und Reiseverkehr zuzulassen, abstimmen und gemeinsame Kriterien dafür entwickeln, wann der Reiseverkehr oder überhaupt der Verkehr wieder aufgenommen werden kann. Darüber gibt es auch in Brüssel Gespräche zwischen den EU-Mitgliedstaaten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Es gibt noch keine förmliche Entscheidung. Aber Sie hören aus meinen Worten, dass jetzt nicht unmittelbar mit einem baldigen Ende der Reisewarnung zu rechnen ist.

GRÜNEWÄLDER: Das gilt auch für die Binnengrenzkontrollen. Wie Sie wissen, sind an fünf Landesgrenzen Binnengrenzkontrollen vorläufig bis zum 4. Mai und einschließlich des 4. Mais angeordnet worden. Auch über deren Verlängerung oder Nichtverlängerung wird vor dem 4. Mai zu entscheiden sein.

ZUSATZFRAGE BLANK: Gilt das also auch für die Kontaktbeschränkungen? Darüber muss man jetzt auch reden, weil die ja auch bis zum 4. Mai gelten, oder?

STS SEIBERT: Ich möchte den Beratungen vom 30. April jetzt nicht weiter vorgreifen. Ich glaube, ich habe dazu vorhin gesagt, was Sie so in etwa erwarten können, und auch, aus welchen Gründen in vielerlei Hinsicht dann auch der 6. Mai eben ein wichtiger Zeitpunkt sein wird. Aber die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin werden das gesamte Panorama der derzeitigen Lage, in der wir stecken, was die Pandemie betrifft, aufrufen.

FRAGE TIEDE: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Habe ich es richtig verstanden, dass es mit aller gebotenen Vorsicht und nach dem bisherigen Wissensstand sein kann, dass man zu innereuropäischen Reiseregelungen kommt, aber die EU selbst nach außen einigermaßen dicht hält, also dass wir innerhalb von Europa Sommerurlaub machen können, also zumindest innerhalb der EU? Habe ich das richtig verstanden?

BREUL: Nein, dazu habe ich keine abschließende Aussage treffen wollen. Diese kann ich auch nicht treffen. Was ich gesagt habe, ist, dass wir natürlich ein besonderes Interesse haben, uns mit den EU-Mitgliedstaaten abzustimmen, um möglichst rasch zu Schengen zurückzukommen. Natürlich sind das, wie der Zufall so will, unsere Nachbarländer, mit denen wir Landesgrenzen haben und wo natürlich die Fragen der Grenzübertritte und des Urlaubmachens von den Zahlen her eine besonders interessante ist. Dazu gibt es aber noch keine Entscheidung.

Der Außenminister hat über das Wochenende klargemacht, dass er es vernünftig findet, wenn wir diese Gespräche in der EU führen, dass wir gemeinsam Kriterien entwickeln, damit wir alle effektiv das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Pandemie so schnell wie möglich zu besiegen.

ZUSATZFRAGE TIEDE: Kroatien hat sich explizit dazu geäußert, dass man sich vorstellen kann, dass man Touristen aus Ländern, die die Coronalage einigermaßen im Griff zu haben scheinen zum Beispiel Deutschland , in diesem Jahr einreisen lässt. Gibt es darüber in der EU Gespräche oder ist das eine einzelne Stimme?

BREUL: Es gibt Gespräche innerhalb der EU. Es gibt auch Arbeitsgruppen, zum Beispiel für Konsularfragen usw., wo diese Gespräche aufgenommen werden können. Wir sind der Meinung, dass es sinnvoll ist, das im EU-Kreis zu besprechen und nicht einzelne Lösungen anzustreben.

FRAGE DR. RINKE: Meine Frage geht in eine andere Richtung. Die schwedische Außenministerin hat gesagt, dass für Schweden die Reisewarnungen auf jeden Fall bis Anfang Juni verlängert werden. Das ist ein wesentlich weiterer Zeitraum als der, den die Bundesregierung genannt hat. Wenn man sich europäisch abstimmt, heißt das, dass man sich zeitlich gesehen auch auf den Juni als Zeitpunkt konzentrieren sollte, wo es dann auch in Deutschland Lockerungen geben könnte?

BREUL: Ich glaube, das wäre jetzt ein bisschen zu weit gesprungen, Herr Rinke. Wir stehen am Anfang dieser Gespräche. Ich kann auch nicht darüber spekulieren, ob wir am Ende dabei landen, dass es ein gemeinsames Datum gibt, weil es für die Länder natürlich nach wie vor unterschiedliche Lagen gibt, was den Reiseverkehr angeht.

Uns ist wichtig, dass wir uns auf Kriterien verständigen und jeder entsprechend handeln kann, einfach mit dem Ziel, dass wir zusammen agieren, weil niemand etwas davon hat, die Pandemie im eigenen Land besiegt zu haben, um sie dann über Tourismus wieder zurückzuholen. Das Interesse teilen alle.

FRAGE WARWEG: Bundesaußenminister Heiko Maas hat in seinem letzten Interview mit dem „SPIEGEL“ dargelegt, dass sich die chinesischen und russischen Hilfen für Italien auf den zweiten Blick nicht als sehr brauchbar erwiesen hätten. Mich würde interessieren, auf welcher konkreten Quellen- und Faktenlage der Minister zu dieser Aussage gekommen ist.

BREUL: Herr Warweg, wenn ich mich richtig erinnere das Interview liegt jetzt ja schon ein paar Tage zurück , ist das, was Sie wiedergegeben haben, nicht die genaue Wortwahl des Ministers. Er hat gesagt: „Manches davon hat sich als nicht brauchbar erwiesen.“ Dazu gibt es eine Quellen- und Faktenlage, die Sie im öffentlichen Raum nachvollziehen können. Das war keine neue Information, sondern der Minister hat die Informationen, die bekannt sind, eingeordnet.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Deswegen auch meine Frage nach der konkreten Quellenlage. Was die Quellenlage angeht, gab es einen Verweis auf anonyme Quellen. Hier im Land hat „BILD“ mit einem angeblichen ehemaligen Militär hervorgestochen, der auch anonym blieb. Heißt das, Heiko Maas hat sich in seiner Aussage auf diese anonymen, nicht weiter verifizierbaren Quellen berufen?

BREUL: Herr Warweg, ich begrüße eindeutig, dass Sie zu faktenbasiertem Journalismus in Deutschland beitragen und sich bemühen, Informationen nachzuprüfen. Ich denke, da gibt es noch Raum für mehr Recherche von Ihrer Seite. Es gibt nachweisbar Lieferungen nach Europa, die bestimmten Qualitätskriterien nicht standgehalten haben, die dementsprechend für den Zweck, für den sie geliefert wurden, nicht nutzbar waren. Darauf hat der Außenminister Bezug genommen. Er hat in keinster Weise neue Anschuldigungen fabriziert oder sonstige Dinge in den Raum gestellt, die neu wären. Ich denke, die Faktenlage werden Sie bei ein wenig Internetrecherche sehr schnell finden.

FRAGE WEFERS: Heute soll es ein Spitzentreffen über die Lufthansa im Kanzleramt mit dem Vorstand sowie den Bundesministern Altmaier und Scholz geben. Bestätigen Sie das? Ist heute noch mit Nachrichten zu rechnen?

DR. BARON: Wie üblich können wir etwaige nicht presseöffentliche Termine nicht bestätigen. Das heißt, wir kommentieren sie nicht, bestätigen sie nicht, dementieren sie nicht. Wir kommentieren sie schlicht nicht.

VORS. WELTY: Möchte das Bundesfinanzministerium ergänzen? – Nicht.

FRAGE DR. DELFS: Können Sie darlegen, wie es kommt, dass noch am Freitag oder am Samstag von diesem Treffen die Rede war das wurde jedenfalls „aus Kreisen“ bestätigt und es heute heißt, dass dieses Treffen nicht stattfindet? Ist da irgendetwas passiert? Liegt das vielleicht daran, dass es innerhalb der Bundesregierung Uneinigkeit gibt, in welcher Form so eine Staatsbeteiligung stattfindet?

DR. BARON: Wie gesagt, Einzelfälle kommentieren wir nicht. Sie wissen, dass die Bundesregierung einen umfassenden Schutzschirm für Unternehmen aufgespannt hat, der sehr vielfältige Angebote an alle Branchen und alle Größen von Unternehmen bereithält, angefangen von Krediten über Bürgschaften bis hin zu eigenkapitalstärkenden Maßnahmen. Aber Einzelfälle kann ich in keiner Form kommentieren.

Zu Ihrer Frage bezüglich der Quellenlage: Sie müssten diese Frage an die betreffenden Quellen im Journalistenkreis richten, die darüber berichtet haben. Wir haben nicht presseöffentliche Termine in keiner Form kommentiert, wie wir das üblicherweise auch nicht machen. Das heißt, wir haben das Treffen weder bestätigt noch dementiert. Sie müssten bei den Kollegen nachfragen, die darüber berichtet haben.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: War das Thema Lufthansa heute ein Thema im Coronakabinett?

Eine zweite generelle Frage: Wie sieht man eigentlich Staatsbeteiligungen? Welches Modell wird allgemein bei so großen Unternehmen wie die Lufthansa präferiert? Eher eine stille Beteiligung oder eine Beteiligung mit Stimmrechten? Vielleicht können Finanz- und Wirtschaftsministerium dazu etwas sagen.

STS SEIBERT: Ich habe meine Inhaltsangabe aus dem Coronakabinett gegeben. Diese ist jetzt abgeschlossen.

KOLBERG: Der Minister hat sich zu der Frage, wie wir mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds und auch mit Beteiligungen umgehen, mehrfach in Interviews geäußert. Darüber hinaus habe ich hier nichts hinzuzufügen.

FRAGE GIRSCHICK: Ich habe dazu eine Lernfrage. Inwieweit wäre es nach deutschem und europäischen Recht zulässig und machbar, so eine stille Beteiligung bei einem Unternehmen ohne Mitsprache zu machen? Inwieweit sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine Beteiligung mit Mitsprache und eine Beteiligung ohne Mitsprache gegeben? Ginge es überhaupt, dass man sich ohne Mitsprache beteiligt?

KOLBERG: Wir sprechen hier in der Bundespressekonferenz über aktuelles Regierungshandeln und nicht über hypothetische Fragen. Von daher würde ich mich dazu jetzt hier nicht äußern.

FRAGE DR. RINKE: Zu dem aktuellen Regierungshandeln hätte ich vom Finanz- und vom Wirtschaftsministerium ganz gerne gewusst, ob es Vorbereitungen für eine europäische Absprache über Lufthansa gibt. Es ist ja von einigen Akteuren darauf hingewiesen worden, dass eine alleinige deutsche Regelung bei der Lufthansa wenig bringt, weil ja auch Belgien, Österreich und die Schweiz betroffen sind.

Eine zweite Frage zu den Kriterien. Herr Spohr hat schon gesagt, dass die Lufthansa zehntausend Stellen abbauen möchte. Ist dieser Stellenabbau mit den Hilfen der Bundesregierung vereinbar?

KOLBERG: Wir haben uns hier schon zu diesem Punkt geäußert und haben klargemacht, dass wir uns nicht zu Einzelunternehmen äußern. Darauf kann ich nur noch einmal verweisen.

Grundsätzlich gilt: Wir haben ein umfassendes Paket geschnürt, um Unternehmen und Arbeitsplätze zu schützen und stehen bereit, auch Unterstützung für Unternehmen, die in Not sind, zu leisten. Es gilt natürlich, dass wir alle notwendigen Schritte einhalten werden, um dies möglich zu machen.

DR. BARON: Ich kann auch nichts weiter ergänzen und nur noch einmal bestärken, dass Einzelfälle nicht kommentiert werden können. Dafür bitte ich um ausdrückliches Verständnis. Sie kennen die Börsenrelevanz all dieser Informationen, und deshalb ist keine Kommentierung möglich.

Es ist, wie der Kollege dargelegt hat: Sinn und Zweck all unserer umfassenden Rettungsschirme, die wir aufgelegt haben, ist es ja gerade, die Substanz unserer Wirtschaft zu erhalten, damit die Wirtschaft nach der Krise wieder hochgefahren werden kann. Dieser Zweck steht natürlich allgemein über all unseren Programmen. Aber noch einmal der Hinweis: Einzelfälle können wir nicht kommentieren.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Dann möchte ich die Frage ein bisschen allgemeiner formulieren: Es können also Unternehmen Staatshilfen beantragen, die gleichzeitig einen Stellenabbau ankündigen?

DR. BARON: Es tut mir leid. Auch diese Frage kann ich nicht beantworten.

Ich kann nur darauf hinweisen, dass es einen umfassenden Rettungsschirm gibt, den die Bundesregierung mit einer Vielfalt an Instrumenten aufgespannt hat: Kredite, Bürgschaften, eigenkapitalstärkende Maßnahmen. All das dient dem Zweck, die Substanz der Wirtschaft zu erhalten und Wirtschaft und Arbeitsplätze zu sichern. Das ist der Zweck all dieser Maßnahmen. Aber auf den Einzelfall kann ich Ihnen das nicht herunterbrechen.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, der bayerische Ministerpräsident hat die Lufthansa heute als „systemrelevant“ bezeichnet. Wäre das auch die Beschreibung, die die Bundeskanzlerin für die Lufthansa benutzen würde? Ist die Lufthansa systemrelevant?

STS SEIBERT: Ich werde jetzt nicht auf Zitate aus der einen Ecke mit eigenen Zitaten reagieren, sondern ich werde einfach nur sagen: Wir nehmen zu Einzelfällen keine Stellung. Auch die Luftverkehrsbranche ist das sieht man ja unvermittelt einer ganz harten Belastungsprobe ausgesetzt. Ziel der Bundesregierung ist es, gemeinsam mit den Luftfahrtunternehmen dauerhafte Schäden abzuwenden und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.

Wir haben zum Beispiel als Bundesregierung die Kapazitäten der Luftfahrtunternehmen genutzt, um möglichst viele unserer Staatsangehörigen dabei hat das Auswärtige Amt ja eine Riesenarbeit geleistet aus dem Ausland zurückzuführen, genauso wie wir die Kapazitäten der Luftfahrtunternehmen genutzt haben, um Hilfsmaterialien hierher nach Deutschland zu bringen. Auch damit sollte die Branche gestützt werden.

FRAGE SCHMIDT-DENKER: Minister Altmaier hat zu Beginn der Coronakrise sinngemäß gesagt, es werde kein Arbeitsplatz verlorengehen. Die Bundesregierung werde das durch ihre Maßnahmen sicherstellen. Ist diese Aussage Stand heute noch zu halten? Welche Maßnahmen sind möglicherweise noch im Köcher?

DR. BARON: Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass diese Frage Herrn Altmaier in den letzten öffentlichen Interviews fast täglich gestellt wurde. Es gibt sehr viele nachlesbare O-Töne von ihm selbst zu dieser Frage.

Ich möchte aber noch einmal darum bitten, dass der genaue Wortlaut seiner Äußerung zitiert wird. Er hat darauf hingewiesen, dass wir diese Programme aufsetzen, um die Substanz der Wirtschaft zu erhalten und damit durch Corona kein Arbeitsplatz verlorengehen muss. Ich bitte doch, diese Formulierung dann auch richtig zu zitieren. Im Übrigen verweise ich auf sehr vielfältig verfügbare O-Töne des Ministers genau zu dieser Frage.

FRAGE LEHMANN: An das BMAS zum Thema Heimarbeit: Warum hält der Minister einen Rechtsanspruch auf Heimarbeit für notwendig? Wie ist da jetzt der Plan? Der Koalitionspartner hat ja zunächst einmal ziemlich zurückhaltend auf diesen Vorstoß reagiert.

JÄGER: Der Minister hat sich ja am Wochenende im Interview mit einer Sonntagszeitung ausgiebig dazu geäußert, was er vom Homeoffice per Gesetz hält und welche Aspekte er daran sinnvoll findet. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigten, dass es immer wieder Unternehmen gab, in denen Beschäftigte gerne Homeoffice gemacht hätten, dies ihnen aber nicht ermöglicht wurde. Da sollen jetzt eben Möglichkeiten eröffnet werden. Auch über den Zeitplan hat der Minister bereits gesprochen: Er möchte gerne bis zum Herbst einen entsprechenden Entwurf vorlegen. Dann werden wir sehen, wie sich das weiter entwickelt.

FRAGE LANGE: Frau Jäger, der Minister hat auch Zahlen zitiert, dass der Anteil der per Homeoffice Arbeitenden auf 25 Prozent gestiegen sei. Wo kommt denn diese Zahl her, und wie hoch ist der Anteil der Frauen an diesen Heimarbeiterinnen? Es ist der falsche Ausdruck, aber Sie wissen, was ich meine.

Zweite Frage: Am Heimarbeitsplatz müssen ja normalerweise dieses Recht wird gerade wahrscheinlich auch massenhaft gebrochen ähnliche oder die gleichen Bedingungen gelten wie auch am Büroarbeitsplatz. Zum Beispiel muss dort auch ein Bürostuhl stehen und nicht irgendein Hocker. Wer bezahlt diese Kosten? Es sind dann ja doppelte Arbeitsplätze, die da entstehen. Ist da an Zuschüsse gedacht oder kommt das aus der Wirtschaft?

In diesem Zusammenhang noch an das Finanzministerium: Arbeitszimmer sind ja normalerweise steuerlich absetzbar. Gibt es jetzt schon Überlegungen oder Regelungen, dies aufgrund der Coronakrise zu ändern, weil ganz viele Menschen jetzt zu Hause arbeiten, obwohl sie nicht wirklich ein Arbeitszimmer in Anspruch nehmen? Ich hoffe, ich konnte meine Frage vernünftig darstellen.

JÄGER: Ich beginne mit den Zahlen: Es liegen keine ganz konkreten Zahlen vor. Der Minister hat auch selber gesagt, es seien Schätzungen. Diesen Schätzungen zufolge ist der Anteil eben so stark angestiegen. Was den Anteil von Frauen oder Männern im Homeoffice derzeit anbelangt, kann ich mich auch nur Ihrer Vermutung anschließen, aber auch dazu gibt es keine konkreten Zahlen, die uns vorlägen.

Zum zweiten Aspekt: Ja, wenn Sie es so darstellen, also wenn es wirklich Homeoffice-Arbeitsplätze wären, dann könnte es sein, dass da gerade bestimmte Regeln nicht eingehalten würden. In den meisten Fällen handelt es sich derzeit aber um mobiles Arbeit, also um nichts, was schon dauerhaft festgeschrieben wurde oder worauf sich ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer schon ganz klar geeinigt hätten. Dann läge nämlich beispielsweise auch ein Bürorechner vor, den der Arbeitnehmer bei sich zu Hause zur Verfügung hätte. Derzeit werden die meisten Leute aber einfach die Möglichkeit des mobilen Arbeitens nutzen und das bei sich zu Hause machen. Dafür gelten andere Regeln, da ist es nicht nötig, dass der Arbeitsplatz ergonomisch passend ausgestaltet ist. Wie es in Zukunft aussehen wird, wenn es ein Recht auf Homeoffice geben soll, ist natürlich etwas, was im Rahmen dieser Gesetzesvorbereitungen auch noch bedacht werden muss.

KOLBERG: Ergänzend zum Homeoffice: Insgesamt gilt ja, dass wir uns die Maßnahmen, die wir im steuerlichen Bereich und auch in anderen Bereichen ergriffen haben, immer wieder weiter anschauen und prüfen, ob möglicherweise Anpassungen notwendig sind. Das gilt auch mit Blick auf die Frage, ob Kosten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern möglichst einfach und pauschal anzuerkennen sind. Wenn es hier neue Regelungen gibt, dann werden wir die bekanntgeben.

FRAGE JUNG: Frau Jäger, könnten Sie aus Ihrer Sicht einmal die Gefahren und Fallstricke von Heimarbeit bzw. Homeoffice aufzeigen? Denn da geht es ja auch um Selbstausbeutung, Entgrenzung usw.

JÄGER: Ich hatte jetzt eigentlich nicht vor, hier so etwas wie ein philosophisches Grundsatzseminar zu starten.

ZUSATZ JUNG: Das habe ich nicht gefordert.

JÄGER: Natürlich ist man sich dessen bewusst, dass Homeoffice etwas ist, was ebenfalls geregelt gehört, um eben Selbstausbeutung und ähnliche Dinge zu vermeiden. Genau das ist etwas, was im Rahmen der Gesetzesinitiative vor sich gehen wird.

ZUSATZ JUNG: Vielleicht können Sie ja nachreichen, welche Gefahren Sie als Ministerium sehen. Das muss kein philosophischer Aufsatz sein.

JÄGER: Sehr nett. Danke.

FRAGE MÜLLER-THUM: An das BMF und das BMWi: Sie haben, glaube ich, in den letzten Tagen einen Brief der Kulturministerkonferenz bekommen, die noch einmal weitere Hilfen für den Kulturbetrieb gefordert haben Stichwort Soloselbstständige, die vorher vielleicht sehr gut verdient haben, jetzt aber trotzdem gar nichts verdienen. Wie geht man mit denen um? Ist der Brief angekommen? Läuft jetzt eine Debatte, ob man diese weitergehenden Hilfen geben möchte? Wie läuft da bei Ihnen hinter den Kulissen die Abstimmung?

KOLBERG: Wie ich eben schon betont habe: Uns ist natürlich wichtig, dass alle gut durch die Krise kommen. Deswegen werden wir die Maßnahmen, die wir schon ergriffen haben und die beispiellos sind, auch weiterhin überprüfen und anpassen. Für den Kulturbereich, der natürlich eine herausragende Bedeutung für unser Leben in Deutschland hat, haben wir schon eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen. Zum einen sind das die Soforthilfen, von denen ja auch weitgehend Gebrauch gemacht wird. Wir haben im Bereich der Grundsicherung eine Öffnung zugelassen, die es ermöglicht, erleichtert an die Grundsicherung heranzukommen. Im Übrigen sind wir natürlich weiterhin mit allen Beteiligten im Gespräch, um die Hilfe zu leisten, die notwendig ist.

DR. BARON: Ich kann das nur bekräftigen. Uns erreichen sehr, sehr viele Zuschriften aus den unterschiedlichen Branchen mit Lob, aber natürlich auch mit Kritik, wo es noch Verbesserungsbedarf gibt. All das schauen wir uns an und prüfen unsere Programme auch auf Verbesserungsbedarf. Einzelne Entscheidungen sind da jetzt noch nicht gefallen, aber es gibt da einen stetigen Austausch mit den Akteuren, ob und wo Prüfungs- oder Nachbesserungsbedarf besteht.

FRAGE BLANK: An das Außenministerium und vielleicht hilfsweise das Innenministerium: Bei Straßburg sitzen etwa 250 Moldauer fest, die nach Hause wollen, aber das nicht können, weil offensichtlich Tschechien und Deutschland die Einreise verweigern. Gibt es da einen aktuellen Stand? Gibt es möglicherweise Verhandlungen mit Frankreich, Moldawien oder Tschechien, um den Menschen, darunter auch Kinder, die Weiterreise zu ermöglichen?

GRÜNEWÄLDER: Dazu kann ich etwas berichten. Die Bundespolizei hat hier eine Lösung gefunden, um diese Situation aufzulösen und eine Durchreise durch Deutschland über die deutsch-österreichische Grenze und dann weiter über Passau zu ermöglichen.

ZUSATZFRAGE BLANK: Heute?

GRÜNEWÄLDER: Heute am späten Nachmittag. Man hat Gespräche mit den beteiligten Nachbarländern geführt und auch Frankreich darüber informiert.

FRAGE LANGE: An das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium ich glaube, das Justizministerium wäre auch zuständig, aber eines reicht ja zu den annullierten Flügen und der Gutscheinregelung, was die EU angeht: Was ist der neue Stand mit Blick auf den Vorstoß der Bundesregierung? Ich habe heute gelesen das aber nicht mehr wiedergefunden , dass Herr Bareis sich dazu in dem Sinne geäußert habe, dass andere EU-Staaten dort schon einen Alleingang gemacht hätten, und habe das ein bisschen so gedeutet, dass die Bundesregierung vielleicht plant, doch keine Entscheidung der Kommission abzuwarten, sondern selber eine Gutscheinregelung für annullierte Flüge ins Leben zu rufen. Was ist denn da der Stand?

DR. BARON: Ich würde wegen der dort liegenden Federführung vielleicht dem Kollegen aus dem Justizministerium den Vortritt lassen.

KALL: Herr Lange, zu der Gutscheinlösung gibt es im Vergleich zu Freitag noch keinen neuen Stand. Ich habe am Freitag gesagt, dass die Bundesregierung weiterhin auf eine Gutscheinlösung hinwirken möchte, die im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher ist, weil diese ansonsten vielfach ganz leer ausgehen könnten, die auch im Interesse der Wirtschaft ist, weil Unternehmen sonst noch stärker von Insolvenzen bedroht wären, und die mit europäischem Recht in Einklang zu bringen ist. In diesem Sinne hat sich die Bundesregierung an die Europäische Kommission gewandt. Es gibt erste Reaktionen aus Brüssel, aber noch keine Antwort der Kommission an die Bundesregierung. Insofern sind wir weiter in Gesprächen dazu.

ZUSATZFRAGE LANGE: Plant die Bundesregierung einen Alleingang?

KALL: Aus meinen Äußerungen hören Sie ja heraus, dass wir für diese Gutscheinlösung eintreten und dass wir eine europarechtskonforme Lösung suchen, die sowohl mit der Pauschalreiserichtlinie als auch mit der Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union in Einklang zu bringen ist, und uns genau in diesem Sinne an die Kommission gewandt haben.

FRAGE DR. RINKE: An das Wirtschaftsministerium und auch an das Auswärtige Amt: In den letzten Wochen ist in der Coronadebatte ja betont worden, dass man die Abhängigkeit von China nicht zu groß werden lassen sollte. Nun gibt es Neuigkeiten beim Thema 5G-Ausbau: Die Telekom verbaut Huawei-Komponenten. Steht das Ihrer Meinung nach bzw. der Meinung Ihrer Minister nach im Widerspruch zu diesen Anstrengungen, dass man sich in zentralen strategischen Bereichen unabhängiger von China machen möchte?

DR. BARON: Vonseiten des Wirtschaftsministeriums kann ich diesen Einzelfall nicht kommentieren. Bei 5G kennen Sie die Linie der Bundesregierung und die laufenden Arbeiten an den Gesetzesverschärfungen. Es gibt einen Katalog an objektiven Kriterien, die für alle Unternehmen gelten, der jetzt eben noch einmal in Gesetzesform ausgestaltet werden soll und dann die entsprechende Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sicherstellen soll. Zu den von Ihnen erwähnten Einzelfällen kann ich aber nicht Stellung nehmen.

BREUL: Zu dem Einzelfall kann ich auch nichts sagen. Der Minister hat sich ja wiederholt geäußert, dass er es für wichtig hält, dass wir als Europa in digitalen Zukunftsfragen ein Stück weit unsere Souveränität haben und auch ausbauen. An diesem Ziel hält er fest. Das misst sich jetzt aber nicht an einzelnen Entscheidungen, sondern ist eine Linie für die Politik, die letztlich durch diese Coronakrise eher gestärkt worden ist, als dass man sie infrage stellen würde.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: An das Wirtschaftsministerium: Es gibt ja den Vorwurf, dass die Telekommunikationsunternehmen jetzt Fakten schaffen, bevor dieser Katalog vorliegt. Der hätte ja eigentlich schon längst vorliegen sollen. Können Sie uns einen Zeitplan nennen, wann die Bundesregierung eigentlich klärt, nach was für Bestimmungen die Telekommunikationsunternehmen welche Komponenten einbauen dürfen?

DR. BARON: Zunächst einmal gibt es ja einen Katalog, der vorliegt und der vom BSI und der BNetzA im Austausch mit allen Beteiligten abgestimmt wurde. Alle kennen die Kriterien und sind auch daran gehalten. Die gesetzlichen Prozesse laufen, aber den Katalog als solchen gibt es ja, der wurde ja bereits abgestimmt.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Dann habe ich mich unpräzise ausgedrückt. Die gesetzlichen Vorbereitungen hätten ja eigentlich schon laufen sollen. Warum haben die sich verzögert und wann kommen sie?

GRÜNEWÄLDER: Dazu kann ich etwas ergänzen. Sie meinen ja das IT-Sicherheitsgesetz, das in der Ressortabstimmung ist. Da ist das, was die Kollegin sagt, richtig: Die Ressortabstimmung läuft, und wir sind zuversichtlich, dass sie bald zum Ende kommen wird.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das „bald“ können Sie aber nicht präzisieren?

GRÜNEWÄLDER: Nein.

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