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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 24. Juni 2020

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“, Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen, Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zum Entwurf des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen, Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zum Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes, Zustimmung zur Unterzeichnung des öffentlich-rechtlichen Vertrages zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland, Programm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft), Sitzung des Kabinettausschusses Digitalisierung, Termin der Bundeskanzlerin (Empfang des französischen Staatspräsidenten), Partnerschaftskonferenz mit dem Sudan im Format einer Videokonferenz, Konflikt zwischen Ägypten und Äthiopien um ein Staudammprojekt am Nil, mögliche Strafanzeige des Bundesinnenministers aufgrund eines Artikels in der „taz“, Besuch des Bundesinnenministers in Stuttgart, gesundheitlicher Zustand des Bundesinnenministers, COVID-19-Pandemie (regionaler Lockdown für die Kreise Gütersloh und Warendorf, Spendengipfel der EU-Kommission, Reisebeschränkungen und Reisewarnungen), Lufthansa, unfairer Steuerwettbewerb und aggressive Steuergestaltung, Wirecard, nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle, türkischer Drohnenangriff in Nordsyrien

Bericht aus dem Kabinett (ab 2:09)

Naive Fragen zu:
Macron/Merkel (ab 16:22)
– wird’s auch um die Verhinderung israelischen Annexion gehen? (19:25)

Kohleausstieg (ab 20:20)
– hat die Bestandsgarantie für den Tagebuch Garzweiler immer noch Bestand hat? Wenn ja, warum? (ab 22:00)
– welche Kohlekraftwerke werden wegen Datteln 4 nun konkret abgeschaltet?
– wie viele werden in den nächsten 5 Jahren und bis zum Ende des Jahrzehnts stillgelegt?
– welche Rollen spielen die CO2-Emissionen durch den Transport von Kohle nach Deutschland? Muss ja importiert werden…
– aus welchen Ländern wird Kohle importiert?
– haben Sie Kenntnis über die Wirtschaftlichkeit der bestehenden Kraftwerke? Können Sie die Zahl von 90% aller KKWs seien nicht mehr rentabel von Carbon Tracker bestätigen?

Sudan-Konferenz (ab 29:25)
– wird’s um den Nil-Streit zwischen Ägypten und Äthiopien gehen? welche Haltung hat die Bundesregierung zu diesem Konflikt? (32:14)

Seehofers Inszenierung & Anzeige (ab 33:25)
– können Sie begründen, warum der Innenminister ein demoliertes Polizeifahrzeug als Kulisse nochmal aufstellen ließ um sich dann da abzulichten? (ab 34:00)
– hat der Innenminister gewusst, dass es eine Inszenierung war?
– jetzt wo sie wissen, dass es eine Inszenierung war, wie bewerten Sie denn diese Inszenierung? (ab 43:57)

Zollkontrolle bei Tönnies (ab 56:54)
– waren die Arbeitsschutzbehörden des Zolls zuletzt bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück oder in anderen Werken von ihm? Gleiche Fragen zur „FKS“, also die Finanzkontrolle Schwarzarbeit
– warum können Sie das nicht konkret sagen?
– ist es geheim, wen die FKS kontrolliert?

Steueroasen (ab 1:09:33)
– Sie haben angegeben, dass Bundesbürger im Jahr 2018 auf Konten der Insel Jersey insgesamt €180 Milliarden geparkt haben – aber können Sie uns sagen, wie viele Bundesbürger das sind?
– Sehen Sie Jersey als Steueroase an?
– gehören zu diesem „Informationsaustausch“ die Cayman Islands, die Bahamas?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 24. Juni 2020:

SRS’IN DEMMER: Auch von mir einen schönen guten Tag! Das Kabinett hat heute sehr viel beschlossen. Ich fange einmal an:

Das Bundeskabinett hat zunächst zwei Gesetzentwürfe beschlossen, die der Umsetzung der Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 3. Juni zur Stärkung der Länder und Kommunen dienen. Der Entwurf eines Gesetzes zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder schafft die einfachgesetzlichen Grundlagen dafür. Die Folgewirkungen der Pandemie betreffen kurzfristig und unmittelbar die Haushalte aller Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland. Vor allem sind erhebliche Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer zu erwarten. Zudem sind viele Gemeinden und Gemeindeverbände mit hohen Sozialausgaben belastet. Deutschland braucht aber natürlich handlungsfähige und leistungsstarke Gemeinden und Gemeindeverbände, sowohl zur Überwindung der Pandemie als auch für den wirtschaftlichen Erholungsprozess.

Zur Stärkung ihrer durch die Pandemie verschlechterten Finanzlage gewährt der Bund nun allen Gemeinden für die in diesem Jahr zu erwartenden Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer zu gleichen Teilen mit dem jeweiligen Land einen pauschalen Ausgleich auf Basis von Artikel 143h des Grundgesetzes. Hierzu erhalten die Länder aus dem Bundeshaushalt einen Betrag in Höhe von insgesamt 6,134 Milliarden Euro. Zur weiteren Stärkung der Finanzkraft der Kommunen wird der Bund dauerhaft weitere 25 Prozent und insgesamt bis zu 74 Prozent der Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende übernehmen.

Für die einfachgesetzliche Umsetzung der genannten Maßnahmen erfolgt eine Änderung des Grundgesetzes. Verfassungsrechtliche Grundlage dafür ist der heute ebenfalls beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes in Artikel 104a und Artikel 143h. Hierdurch wird dem Bund verfassungsrechtlich ermöglicht, seine Beteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erhöhen und sich einmalig an einem pauschalen Ausgleich der krisenbedingten Gewerbesteuerausfälle der Gemeinden zu beteiligen.
Entlastet werden durch das Gesetz zusätzlich die neuen Länder, indem der Bund seinen Anteil an den Erstattungen für die Aufwendungen der Rentenversicherung aus den Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR von 40 Prozent auf 50 Prozent erhöht. Die grundsätzliche Verantwortung der Länder für die Gewährleistung einer angemessenen Finanzausstattung ihrer Kommunen bleibt davon natürlich unberührt.

Zudem hat das Kabinett heute Eckpunkte für ein Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ beschlossen. Damit sollen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildungstätigkeit der Betriebe abgefedert werden.

Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Deshalb sollen möglichst alle jungen Menschen eine Ausbildung beginnen und erfolgreich abschließen können, auch in Corona-Zeiten. Mit dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ unterstützt die Bundesregierung deshalb Ausbildungsbetriebe bei der dualen Ausbildung in der aktuell ja sehr schwierigen Situation mit rund 500 Millionen Euro, verteilt über die Jahre 2020 und 2021.

Vorgesehen sind insbesondere Prämien für von der Coronakrise besonders betroffene kleine und mittlere Unternehmen. Im Einzelnen soll es eine Ausbildungsprämie für kleine und mittlere Unternehmen geben, die ihr Ausbildungsangebot im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern. Das bedeutet 2000 Euro für jeden für das Ausbildungsjahr 2020/21 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag. Dann gibt es eine Ausbildungsprämie für die Unternehmen, die ihr Ausbildungsplatzangebot erhöhen. Das sind 3000 Euro für jeden gegenüber dem früheren Ausbildungsniveau zusätzlich abgeschlossenen Ausbildungsvertrag. Es gibt eine Förderung für die kleinen und mittleren Unternehmen, die ihre Ausbildungsaktivität trotz Coronabelastungen fortsetzen und Ausbilder sowie Azubis nicht in Kurzarbeit bringen. Es gibt auch eine Förderung für Unternehmen für die Übernahme einer Auftrags- oder Verbundausbildung für Auszubildende, die ihre Ausbildung temporär nicht im eigenen Betrieb weiterführen können. Es gibt eine Übernahmeprämie für Betriebe, die zusätzliche Auszubildende übernehmen, die wegen pandemiebedingter Insolvenz ihres Ausbildungsbetriebs die Ausbildung nicht fortsetzen können. Das sind 3000 Euro pro Auszubildenden, befristet bis zum 30. Juni 2021.

Für die Förderung kommen kleine und mittlere Unternehmen in Betracht, die eine Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen oder in den bundes- und landesrechtlich geregelten praxisintegrierten Ausbildungen im Gesundheits- und Sozialwesen durchführen. Mit diesen Eckpunkten setzt die Bundesregierung ein wichtiges Element des Beschlusses „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ des Koalitionsausschusses vom 3. Juni um.

Dann hat die Bundesregierung heute den vom Bundesinnenminister und der Bundesfamilienministerin vorgelegten Gesetzentwurf zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen beschlossen. Mit dem Entwurf werden die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um den Zugang zu zentralen Familienleistungen so stark wie möglich zu vereinfachen. Im Mittelpunkt stehen zunächst die Leistungen Elterngeld, Kindergeld und Namensbestimmung. Ziel ist es, Eltern in der Phase rund um die Geburt eines Kindes von Bürokratie zu entlasten. Verwaltungskontakte werden deshalb gebündelt, und die Daten müssen nicht mehrfach eingegeben werden, sondern nur noch einmal. Der Gang zum Amt kann damit also in vielen Fällen entfallen.

Auf Wunsch der Eltern können bestimmte vorhandene Nachweise zwischen den Behörden abgefragt werden, etwa die für den Elterngeldantrag notwendigen Nachweise für ein Einkommen aus nicht selbstständiger Tätigkeit. Mit dieser Vereinfachung von Nachweispflichten geht der Gesetzentwurf deutlich über die Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes hinaus und leistet einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des im Koalitionsvertrag verankerten Once-only-Prinzips. Dieses erlaubt es den Bürgern, ihre Daten nicht für jede Leistung erneut bei der Verwaltung abgeben zu müssen, sondern bereits hinterlegte Daten können dann behördenübergreifend erneut verwenden werden.

Parallel zur Arbeit am Gesetzentwurf hat das Bundesland Bremen auch die Arbeiten an der digitalen Umsetzung des Kombiantrags vorangetrieben. Die Leistung wird so bereits zeitnah nach Inkrafttreten dieses Gesetzes für einige Bremer Bürger digital zur Verfügung stehen, und diesem Vorbild werden weitere Länder folgen.

Dann hat die Bundesregierung heute die Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zu dem am 28. August des vergangenen Jahres vom Kabinett vorgelegten Entwurf des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen beschlossen. Die Koalitionsfraktionen hatten sich in ihren Beratungen zuvor auf einige Änderungen des Strukturstärkungsgesetzes verständigt. Die Formulierungshilfe dient jetzt also der Umsetzung dieser Änderungswünsche.

Neben den verabredeten Änderungen enthält die Formulierungshilfe auch Korrekturen klarstellender und technischer Natur. Stärkere Betonung finden nun die Ziele, das wirtschaftliche Wachstum zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen. Strukturschwache Steinkohlekraftwerksstandorte werden ebenfalls mit Bundesmitteln unterstützt.

Die betroffenen Länder haben sich auf eine Verteilung der Mittel geeinigt. Zudem sollen die ehemaligen Braunkohlereviere Helmstedt und Altenburger Land auch Unterstützung erfahren.

Darüber hinaus werden mit der Formulierungshilfe die in der Bund-Länder-Einigung zum Kohleausstieg vom 15. Januar beschlossenen zusätzlichen Bundesprojekte aufgenommen. Zusätzlich werden Priorisierungen von Verkehrsinfrastrukturprojekten verankert.

Dann gab es noch eine Formulierungshilfe, nämlich die für einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes mit Regelungen zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung.

Außerdem hat das Kabinett den öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung zur Kenntnis genommen und dessen Unterzeichnung nach Inkrafttreten des Kohleausstiegsgesetzes durch den Bundesminister für Wirtschaft und Energie zugestimmt. Die gesetzlichen Regelungen zur Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung umfassen vor allem verpflichtende Stilllegungsdaten für alle Braunkohlekraftwerke, die Anspruchsgrundlage für die Entschädigungen, einzelne Auszahlungsmodalitäten sowie die Ermächtigungsgrundlage zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages mit den Kraftwerks- und Tagebaubetreibern.
Die gesetzlichen Regelungen sollen durch den öffentlich-rechtlichen Vertrag ergänzt und konkretisiert werden. Der Vertrag soll nach Inkrafttreten des Kohleausstiegsgesetzes und unter anderem des Abschlusses der beihilferechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission durch den Bundesminister für Wirtschaft und Energie unterzeichnet werden.

Die Bundesregierung hat heute das Programm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli beginnen wird, beschlossen. Angesichts der Pandemie und ihrer Folgen steht die Europäische Union vor großen Herausforderungen. Die Erwartungen unserer Partner an uns sind groß. Unser übergreifendes Ziel ist es, dass Europa stärker, wettbewerbsfähiger, solidarischer und auch nachhaltiger aus der Krise hervorgeht. Damit die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten die Krise dauerhaft und wirksam überwinden können, müssen wir das Virus nachhaltig eindämmen, zielgerichtet und zukunftsorientiert in die europäische Wirtschaft investieren, unser Innovationspotenzial ausschöpfen und den sozialen Zusammenhalt stärken. Dafür benötigen wir gemeinsames, abgestimmtes Handeln, in europäischer Solidarität und auf Grundlage der gemeinsamen Werte.

Für die Bundesregierung als Ratspräsidentschaft ist dabei klar, dass die Aufgaben weit über die unmittelbare Bewältigung der aktuellen Pandemiesituation hinausgehen. Wir wollen daher vor allem auch wichtige Zukunftsthemen voranbringen. Wir müssen unseren Blick auf die großen Transformationsprozesse unserer Zeit dazu gehört der Klimawandel, dazu gehört die Digitalisierung lenken. In einer Welt zunehmender Polarisierung muss europäische Politik natürlich auch die Handlungsfähigkeit Europas nach außen stärken, um unsere Verantwortung in der Welt wahrzunehmen und europäische Werte und Interessen zu verteidigen.

In diesem Sinne hebt das heute verabschiedete Programm die zentralen Herausforderungen hervor, denen die EU gegenübersteht. Das Programm zeigt auch auf, wie die deutsche Ratspräsidentschaft die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft Europas stellen will.

Dann hat nach der regulären Kabinettssitzung der Kabinettausschuss Digitalisierung getagt. Die Themen hatte ich Ihnen in der vergangenen Woche schon vorgetragen. Es gab darin Berichte über den Stand zum Digitalisierungsprogramm Bund und zur Umsetzung, über die Erfahrungen der Bundesbehörden zur papierlosen Kommunikation, über den weiteren Prozess zur Datenstrategie der Bundesregierung, über die 4. Aktualisierung der Umsetzungsstrategie „Digitalisierung gestalten“ und über die deutsche Ratspräsidentschaft.

Vor einer Woche haben wir ja den Nachtragshaushalt verabschiedet, der hohe Milliardensummen in die Zukunft investiert und deutlich macht: Wir wollen als Land digitale Zukunft für alle schaffen. – Dazu haben wir uns sehr ambitionierte Ziele gesetzt, was sowohl KI made in Germany als auch Zukunftstechnologien wie Open RAN und Quantencomputing angeht.

Die Erfahrungen aus der Pandemie zeigen ja, dass unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und auch die Familien ohne digitale Technologien und Anwendungen in den letzten Monaten die Situation gar nicht hätten meistern können. Nun erwarten sie natürlich zu Recht, dass der Staat endlich wirklich nutzerfreundliche und medienbruchfreie Angebote schafft und auch die Verwaltung eine proaktive Servicestelle wird. Dies gilt natürlich auch für den Umgang mit Daten und den daraus gewonnenen Erkenntnissen. Die Bundesregierung arbeitet seit dem Beschluss der Eckpunkte im November des vergangenen Jahres an einer ambitionierten Datenstrategie. Sowohl die öffentliche Online-Konsultation als auch die Erkenntnisse und Erfahrungen der letzten Monate in der Krise werden in diese Datenstrategie natürlich einfließen und diese bereichern.

Dann habe ich noch einen Termin anzukündigen. Am kommenden Montag, den 29. Juni, wird die Bundeskanzlerin um 16 Uhr den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron in Schloss Meseberg empfangen. Die Bundeskanzlerin freut sich, dass mit diesem ersten Besuch eines ausländischen Staatschefs seit dem Ausbruch der Pandemie zugleich auch ein Zeichen für die engen deutsch-französischen Beziehungen gesetzt wird. Das Treffen wird zwei Tage vor Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli stattfinden.

Bei dem Gespräch wird es neben dem wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas, für den die Bundeskanzlerin mit dem französischen Staatspräsidenten ja am 18. Mai schon eine gemeinsame Initiative vorgelegt hat, auch um andere europapolitische Themen und natürlich auch um eine Reihe bilateraler und internationaler Themen gehen. Gegen 18 Uhr ist eine Pressekonferenz vorgesehen. Nach den Gesprächen wird dann auf Einladung der Bundeskanzlerin auch noch ein gemeinsames Abendessen stattfinden.

Selbstverständlich werden die Abstands- und Hygieneregeln genau eingehalten werden. Die Gegebenheiten in Meseberg bieten dafür einen geeigneten Rahmen.

FRAGE DR. RINKE: Frau Demmer, ich hätte ganz gerne gewusst, ob es konkrete Planungen gibt. Sie hatten ja darauf hingewiesen, dass Deutschland und Frankreich schon einen Vorschlag für den Aufbaufonds vorgelegt hatten. Ungeklärt ist immer noch die finanzielle Vorausschau. Ist geplant, dass Macron und Merkel am Montag dann auch ein Paket für die EU-Finanzverhandlungen schnüren werden?

SRS’IN DEMMER: Ich kann den Gesprächen in Meseberg jetzt natürlich nicht vorgreifen. Sie haben es angesprochen und ich vorgetragen: Es gibt ja einen gemeinsamen Vorschlag. Darauf hat auch die Kommission schon mit ihrem Vorschlag wiederum Bezug genommen. Dieses Treffen gilt natürlich der Vorbereitung des nächsten Gipfels. Darüber hinaus kann ich den Gesprächen hier, wie gesagt, nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Frau Demmer, Herr Burger, die französische Regierung hat gesagt, es werde auch um internationale Themen gehen. Ich nehme an, dass Libyen auf der Agenda stehen wird. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob die Bundesregierung Bedenken oder Kritik gegenüber der französischen Haltung hat, die sich ja mittlerweile in diesem Konflikt sehr stark hinter Haftar gestellt hat. Ist das also ein Gesprächspunkt, der aus Sicht der Bundesregierung unbedingt angesprochen werden muss? Sieht man ein Abrücken Frankreichs von der bisherigen EU-Position?

SRS’IN DEMMER: Ich muss mich da leider wiederholen: Ich kann den Gesprächen jetzt nicht vorgreifen. Was internationale Themen angeht, gibt es eine ganze Bandbreite von Themen, die sicherlich ansprechenswert wären.

Unsere Haltung zu Libyen kennen Sie. Da gibt es jetzt keinen neuen Stand.

BURGER: Ich kann nur ergänzen, dass Libyen natürlich auch ständig ein Thema in sehr regelmäßigen Gesprächen des Außenministers mit seinem französischen Amtskollegen ist. Die beiden haben ja seit dem Beginn der Coronapandemie einwöchentliche Telefonate eingeführt. Dabei ist Libyen praktisch immer Teil dessen, worüber gesprochen wird. Das war auch der Fall, als Jean-Yves Le Drian am Freitag hier in Berlin war.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Darf ich die Frage noch einmal wiederholen? Ich hatte ja gar nicht nach der deutschen Haltung gefragt, sondern danach, ob man das Gefühl hat, dass Frankreich von der gemeinsamen Position, die man hatte, abgerückt ist.

SRS’IN DEMMER: Aus Sicht der Bundesregierung ist es einfach wichtig, dass alle an den Verhandlungstisch zurückkehren. Dazu hat auch der Außenminister ja am Montag schon aufgerufen. Die Bundesregierung setzt sich für eine Beruhigung der Lage vor Ort ein. Ausdrückliches Ziel ist es, eine Deeskalation und einen baldigen Waffenstillstand zu erreichen. Die Anstrengungen der Bundesregierung für Libyen stehen im Zeichen von Konfliktlösung und Friedensfindung.

FRAGE JUNG: Zum Treffen von Macron und Merkel: Wird denn die Verhinderung der Annexion der Westbank durch die Israelis ein Thema sein? Ist davon auszugehen?

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen dazu nur das sagen, was ich auch Herrn Rinke schon gesagt habe: Selbstverständlich stehen internationale Themen Sie bestätigen mit Ihrer Nachfrage, dass es eine ganze Reihe von internationalen Themen gibt auf der Agenda. Ich kann den Gesprächen hier aber nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Steht dieses Thema auf der Agenda? Gehört es zu diesen Themen, die Sie meinen?

SRS’IN DEMMER: Wie gesagt: Ich kann nicht vorhersagen und Ihnen jetzt nicht schon sagen, welche Themen dort besprochen werden.

FRAGE JESSEN: Zu den Handreichungen und Argumentationshilfen gehört auch, dass der Kohleausstiegsvertrag abweichend von der ursprünglichen Vorlage nicht mehr vom Bundestag beschlossen werden muss, sondern ihm nur noch zur Kenntnis gegeben wird. Das ist objektiv eine Schwächung des Parlaments. Was veranlasst die Bundesregierung dazu, eine solche Schwächung des Parlaments vorzuschlagen?

SRS’IN DEMMER: Ich würde mir Ihre Interpretation jetzt nicht zu Eigen machen, und zu Details müssten die Fachressorts

VORS. WEFERS: Das Wirtschaftsministerium sieht sprechfähig aus!

EICHLER: Meines Wissens hat es dazu eine Austauschseite zur Formulierungshilfe gegeben. Danach ist es so, dass der Bundestag zustimmen muss.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Gleichwohl ist es ja ein Vorschlag Ihres Hauses, der vom Kabinett so übernommen wurde. Das heißt, es ist ein Wunsch Ihres Hauses.

Frau Demmer, wenn ein Parlament etwas nicht mehr beschließen muss, sondern nur noch zur Kenntnis nimmt, dann ist das selbstverständlich eine Schwächung der Möglichkeiten des Parlaments. Wie soll man das anders nennen?

VORS. WEFERS: Sie haben, denke ich, die Antwort nicht richtig

EICHLER: Ich denke, ich habe Ihnen die Antwort gerade gegeben. Der Stand, den Sie schildern ist nicht der Stand jetzt nach der Kabinettssitzung. In der Formulierungshilfe ist die Notwendigkeit einer Zustimmung des Bundestages vorgesehen.

Zwischenzeitlich gab es einen anderen Entwurf. Dann gab es eine Austauschseite, und es ist jetzt wieder zurückgegangen worden zur Bedingung der Zustimmung des Bundestages.

FRAGE JUNG: Hat die Bestandsgarantie für den Tagebau Garzweiler im jetzt verabschiedeten Entwurf immer noch Bestand? Wenn ja, warum?

Vom Umweltministerium oder auch von Ihnen, Frau Eichler, wüsste ich gern konkret, welche Kohlekraftwerke wegen Datteln 4 früher abgeschaltet werden. Das wurde der Öffentlichkeit ja versprochen.

EICHLER: Was das Thema Garzweiler angeht, halten wir weiterhin an der Bund-Länder-Einigung aus dem Januar dieses Jahres fest. Darin wurde die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Tagebaus Garzweiler festgehalten. Daran hat sich nichts geändert; dabei bleibt es. Der Tagebau ist für die Erhaltung der Versorgungssicherheit notwendig. Das wurde in dem Revierkonzept festgestellt.

Zu Ihrer zweiten Frage, zu Datteln 4: Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, welche Kraftwerke konkret dafür früher vom Netz genommen werden. Ich müsste Ihnen die Antwort nachreichen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Welche und wie viele Kraftwerke werden denn überhaupt in den nächsten fünf Jahren und bis Ende des Jahrzehnts stillgelegt?

An das Umweltministerium: Welche Rolle spielen die CO2-Emissionen für den Import der Kohle? Sie muss ja irgendwoher kommen, aus China, Australien oder Südamerika.

EICHLER: Ich kann Ihnen den Stilllegungspfad jetzt nicht aus dem Kopf nennen. Aber dazu, wann welche Kraftwerke ausscheiden sollen, haben wir eine Übersicht. Ich habe sie jetzt leider nicht dabei und nicht im Kopf.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie sie nachreichen?

EICHLER: Das kann ich tun.

KÜBLER: Ich habe mir das Konvolut noch nicht ausgedruckt, aber das alles steht mittlerweile online, auch die einzelnen Stilllegungen der Kraftwerke.

Zu Ihrer Frage nach den Importen aus China und deren CO2-Emissionskompensation muss ich leider passen. Das muss ich Ihnen nachliefern.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie denn sagen, aus welchen Ländern aktuell Kohle importiert wird und in den nächsten Jahren bis zum Kohleausstieg importiert werden soll?

Haben Sie, Frau Eichler, Kenntnis über die Wirtschaftlichkeit der bestehenden Kohlekraftwerke im Land? Der Dienst Carbon Tracker spricht davon, dass 90 Prozent der Kohlekraftwerke in Deutschland die Kosten nicht decken können. Können Sie das bestätigen?

EICHLER: Zur Wirtschaftlichkeit liegen mir keine Erkenntnisse vor. Dazu kann ich leider nichts sagen.

Auch woher die Kohleimporte kommen, kann ich Ihnen jetzt aus dem Kopf nicht sagen. Aber ich werde nachschauen. Ich denke, das findet man heraus.

FRAGE KREUTZFELDT: Frau Eichler oder Herr Kübler, was hat eigentlich den Ausschlag dafür gegeben, dass gestern Abend noch darinstand, der Bundestag müsse nicht zustimmen, und dass das heute Morgen wieder geändert wurde? Was ist der Hintergrund für diese Änderung? Können Sie dazu einen Satz sagen?

Meine andere Frage: Eine Veränderung im Vergleich zu den früheren Entwürfen, die mir aufgefallen ist, ist, dass bei der Steinkohle die Entschädigungssumme hochgesetzt und auch die Jahreszahl um ein Jahr erhöht wurden. Was ist der Hintergrund dafür?

EICHLER: Von vornherein war vorgesehen, dass der Bundestag dem Entwurf des Vertrages zustimmen muss. Das ist jetzt auch so umgesetzt. Zwischenzeitliche Änderungen möchte ich jetzt nicht weiter kommentieren.

Zur Änderung bei der Steinkohle: Im Laufe des parlamentarischen Verfahrens gab es Bestrebungen, vor allem mit Bezug auf die jüngeren Steinkohlekraftwerke noch gewisse Änderungen einzufügen. Dem dienen die Änderungen der Bestimmungen die Steinkohle betreffend.

FRAGE JESSEN: Herr Kübler, steht der jetzt beschlossene Abschaltplan in Übereinstimmung mit den Pariser Zielen? Dient er ihrer Erfüllung.

KÜBLER: Ja. Wir haben mit diesem Beschluss nicht nur das von einem großen gesellschaftlichen Konsens getragene Ergebnis der Kohlekommission und die Ergebnisse der Bund-Länder-Gespräche umgesetzt, sondern haben damit auch einen ganz klaren Ausstiegspfad. Deutschland wird damit das erste Land sein, das gleichzeitig aus Atom und Kohle austritt. Wir können damit Vorbild für die Welt werden.

Dieser Pfad, dieses Kohleausstiegsgesetz ist Teil des Konjunkturprogramms, das im vergangenen Jahr beschlossen wurde. Das wiederum ist ein Teil unseres Beitrags zum Weltklimaziel.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Werden mit diesem Ausstiegsplan die deutschen Verpflichtungen des Pariser Vertrages erreichbar sein?

KÜBLER: Davon gehen wir aus. Sie wissen aber auch, dass die europäischen Verhandlungen der Anhebung eines Zieles, was wir dieses Jahr nach dem Pariser Klimaabkommen noch melden müssen, in der Diskussion sind. Dazu wird es im September einen Impact geben. Dann wird es hoffentlich dafür setzt sich die Umweltministerin ein auf eine klare Anhebung der europäischen Klimaziele zur Treibhausgasreduktion auf 50 Prozent bis 55 Prozent gegenüber 1990 hinauslaufen. Insofern bindet sich das Kohleausstiegsgesetz dort mit ein.

FRAGE JUNG: Frau Demmer, wann hat das Klimakabinett zuletzt getagt, und wann wird es wieder tagen?

SRS’IN DEMMER: Das müsste ich nachreichen. Das kann ich jetzt aus dem Kopf nicht beantworten.

BURGER: Ich möchte Ihnen heute eine Veranstaltung ankündigen, die morgen stattfindet. Der Außenminister wird morgen Co-Gastgeber bei der Sudanpartnerschaftskonferenz sein. Diese Konferenz wird coronabedingt als Videokonferenz stattfinden, die Sie live mitverfolgen können, und zwar unter der Adresse: togetherwithsudan.de.

Der Sudan befindet sich nach dem Sturz von Expräsident Baschir im vergangenen Jahr an einem historischen Wendepunkt und steht auf dem Weg zu Frieden und Demokratie vor enormen Herausforderungen. Wir wollen als internationale Gemeinschaft die notwendige Unterstützung dafür geben.

Die morgige Partnerschaftskonferenz richten wir gemeinsam mit den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und dem Sudan aus. Co-Gastgeber sind Premierminister Hamdok, Außenminister Maas, UN-Generalsekretär Guterres und der EU-Außenbeauftragte Borrell.

Die Konferenz soll den Auftakt für einen neuen politischen Partnerschaftsprozess zwischen dem Sudan und der internationalen Gemeinschaft zur Unterstützung des Landes auf seinem Weg zu Frieden und Demokratie bilden. Gleichzeitig soll sie finanzielle Unterstützung der regionalen und internationalen Partner zur Unterstützung der wirtschaftlichen Reformen und zu ihrer sozialen Abfederung mobilisieren.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Burger, Sie haben die Ziele der Konferenz angedeutet. Was sehen Sie momentan als die Hauptherausforderung im Sudan an?

BURGER: Der Sudan hat sich im vergangenen Jahr auf einen sehr schwierigen und sehr bewundernswerten Weg der friedlichen Transformation begeben. Gleichzeitig steht er vor der Aufgabe, diesen schwierigen politischen Transitionsprozess es geht ja um die Frage des politischen Übergangs, der Übergabe der Regierung in zivile Hände erfolgreich voranzutreiben. Gleichzeitig steht der Sudan vor sehr ernsthaften wirtschaftlichen Problemen und einem enormen wirtschaftlichen Reformbedarf. Es ist bewundernswert, dass der Sudan in dieser Transitionsphase trotz all der Schwierigkeiten schon sehr schwierige Reformen in Angriff genommen hat. Diesen Weg wollen wir weiter begleiten. Wie gesagt, wollen wir auch internationale Unterstützung dafür mobilisieren, dass die sozialen Folgen dieser Reformen abgefedert werden können.

FRAGE JUNG: Wird der Streit zwischen Ägypten und Äthiopien um den Nil Thema sein?

BURGER: Es werden etwa 40 Delegationen teilnehmen. Ich kann nicht voraussagen, welche Delegation dort welches Thema anspricht. Aber die thematischen Schwerpunkte, die wir vonseiten der Co-Veranstalter sehen, habe ich genannt. Das ist eben die Mobilisierung der internationalen Unterstützung für den Sudan im Transformationsprozess.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie werden das Thema nicht auf die Agenda setzen.

Welche Haltung haben Sie denn zum Nilstreit?

BURGER: Die Haltung der Bundesregierung ganz grundsätzlich zur Frage des gemeinsamen Managements von Wasserressourcen ist, dass das so kooperativ wie möglich zwischen den beteiligten Staaten und im Rahmen der völkerrechtlichen Regeln vonstattengehen soll.

FRAGE REINECKE: Meine Frage geht an das Bundesinnenministerium. Kommt die angekündigte Strafanzeige von Minister Seehofer in Sachen „taz“, ja oder nein? Falls es noch keine Entscheidung gibt, bis wann wird sie spätestens fallen?

ALTER: Zu dieser Angelegenheit äußert sich der Bundesinnenminister selbst. Diese Aussage bezieht sich auf alle Facetten, die mit dieser Angelegenheit verbunden sind.

FRAGE JUNG: Ich mache das damit verwandte Thema der Inszenierung in Stuttgart auf. Können Sie uns begründen oder erklären, warum der Innenminister ein demoliertes Polizeifahrzeug als Kulisse noch einmal aufstellen ließ, um sich dann dort ablichten zu lassen?

ALTER: Die Organisation des Besuchs in Stuttgart erfolgte durch das Innenministerium in Stuttgart, durch Baden-Württemberg. Der Bundesinnenminister war dort Gast. Er hat dem baden-württembergischen Innenminister im Vorfeld gesagt, dass er keine eigenen Wünsche für den Ablauf des Tages habe. Er füge sich dem Programm, wie es von dort vorgeschlagen werde. So ist es auch erfolgt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Hat der Innenminister denn gewusst, dass das eine Inszenierung war?

ALTER: Der Innenminister hatte Kenntnis davon, dass er in der Fußgängerzone auf ein Polizeifahrzeug trifft, das in der Nacht am vergangenen Wochenende beschädigt worden ist. Darüber hinaus hatte er keine Informationen.

FRAGE JESSEN: Das ist das, was man in den USA die Herstellung einer „photo op“ nennt, einer „photographic opportunity“. Die einen nehmen dafür Kirchen; jetzt wurde ein Polizeiauto genommen.

Ist der Innenminister der Meinung, dass die Inszenierung, die künstliche Herstellung dieses Fotohintergrundes der Glaubwürdigkeit der Politik und auch seiner Position dienlich ist oder war?

ALTER: Der Bundesinnenminister ist in Absprache mit dem Innenminister von Baden-Württemberg nach Stuttgart gereist, weil es ihm wichtig war, den Originalschauplatz zu besuchen, an dem sich am vergangenen Wochenende die Szenen abgespielt haben. Ich wiederhole, dass die Programmgestaltung durch das baden-württembergische Innenministerium erfolgt ist. Wir haben daran in keiner Weise mitgewirkt und auch keine Wünsche geäußert. Wir sind dort als Gäste angekommen und haben uns an dem Programm beteiligt. Darüber hinaus hatten wir keine Kenntnisse.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das habe ich zur Kenntnis genommen. Meine Frage war aber, ob der Innenminister durch die Tatsache der Inszenierung die Glaubwürdigkeit seiner inhaltlichen Position und seiner demonstrativen Fürsorge für Polizeibeamte in Mitleidenschaft gezogen sieht, sozusagen einen Glaubwürdigkeitskollateralschaden durch die Tatsache der Inszenierung.

ALTER: Der Bundesinnenminister legt im Allgemeinen Wert darauf, dass er sich mit der Realität konfrontiert sieht, also mit Dingen, die tatsächlich im gesellschaftlichen Leben stattfinden. Das wollte er auch mit der Reise nach Stuttgart an den Originalschauplatz zum Ausdruck bringen. Er legt im Allgemeinen keinen Wert darauf, dass Dinge bewusst in irgendeiner Weise gestaltet werden.

Ich sehe aber jetzt nicht, dass man daraus ein Glaubwürdigkeitsproblem stricken könnte, was das Anliegen des Bundesinnenministers, nach Stuttgart zu reisen, angeht.

FRAGE HERZOG: Können wir davon ausgehen, dass sich Herr Seehofer noch heute bei der Pressekonferenz um 16.30 Uhr zu der Frage der Anklage äußern wird?

Eine zweite Frage: War er nach seiner Rückkehr aus Stuttgart die ganze Woche in Berlin, und ist er bei guter Gesundheit?

ALTER: Zur ersten Frage habe ich mich geäußert. Darüber hinaus werde ich an dieser Stelle nichts sagen. Wir haben zu einer Pressekonferenz heute Nachmittag um 16.30 Uhr ins Bundesinnenministerium eingeladen. Diese Pressekonferenz findet planmäßig statt, weil der österreichische Innenminister den Minister besucht, auch planmäßig, und auf Wunsch der österreichischen Delegation eine Pressekonferenz im Nachgang zum Termin stattfindet.

Im Übrigen kann ich Ihnen sagen, dass der Bundesinnenminister seit Montag in Berlin ist. Es geht ihm sehr gut.

ZUSATZFRAGE HERZOG: Frau Demmer, war diese ganze Sache heute auch Thema im Kabinett? Wurde darüber zwischen den Ministern gesprochen? Hat die Kanzlerin das erwähnt? Gab es seit Montag weitere Gespräche mit dem Bundesinnenminister?

SRS’IN DEMMER: Im Kabinett selbst war es kein Thema. Aber die Bundeskanzlerin und der Bundesinnenminister haben am Rande der Kabinettssitzung kurz unter anderem auch darüber gesprochen. Ich kann nur auf das verweisen, was Herr Alter sagte; der Bundesinnenminister wird sich der Öffentlichkeit gegenüber noch persönlich zu diesem Thema äußern.

FRAGE VON BULLION: Frau Demmer, die Bundeskanzlerin hat ja erkennen lassen, dass sie von dieser Anzeige nichts oder wenig hält. Das war am Wochenende. Montag, Dienstag, heute ist Mittwoch. Wie bewertet sie es, dass ihrem Wunsch bisher nicht stattgegeben wurde?

SRS’IN DEMMER: Ich kann mich an eine Bewertung nicht erinnern. Herr Seibert hat hier am Montag gesagt, sie sei dazu im Gespräch und im Austausch.

Ganz grundsätzlich sind sich der Bundesinnenminister und die Bundeskanzlerin völlig einig über den Stellenwert der Pressefreiheit in der Demokratie. Auch das wurde hier am Montag ausführlich zum Ausdruck gebracht.

Vor diesem Hintergrund gab es Austausch, eben auch heute noch einmal am Rande der Kabinettssitzung.

FRAGE MÜLLER-THUM: Sie haben eben betont, dass die Pressekonferenz auf Wunsch des österreichischen Gasts stattfinde. Das hört sich erst einmal nicht so an, als ob Herr Seehofer gern etwas mitteilen möchte.

Warum gibt es diese Pressekonferenz? Wird sich der deutsche Innenminister dabei zu der Strafanzeige äußern, während Sie bis dahin einfach gar nichts sagen, oder was ist jetzt die Lage?

ALTER: Es ist üblich, dass bei internationalen Besuchen darüber gesprochen wird, ob im Nachgang Pressetermine stattfinden sollen. Es ist routinemäßig so, dass manchmal der eine oder in anderen Fällen auch der andere Gesprächspartner ein Interesse daran hat. Dann verständigt man sich über diese Fragen, und es findet eine Pressebegegnung statt oder nicht. Genau so ist es auch in diesem Fall.

Ich kann noch einmal betonen: Es ist ein geplanter Besuch, der, wie ursprünglich angedacht, heute stattfindet. Die österreichische Seite hatte zu Beginn der Planung darum gebeten, dass man nach dem Gespräch eine Pressebegegnung einplant. Das tun wir; das ist also nichts Außergewöhnliches. Die thematische Zielrichtung dieser Pressekonferenz ergibt sich aus den Gesprächen mit dem österreichischen Innenminister.

Darüber hinaus habe ich mich bereits zu Beginn zu der ersten Frage geäußert.

FRAGE KREUTZFELDT: Herr Alter, auch noch ein Versuch. Auch wenn Sie sagen, was jetzt weiter passiert, sagt der Minister selbst zumindest Fakten, die bisher passiert sind. Das müssten Sie uns ja hier berichten können. Deswegen noch einmal direkt gefragt: Ist nach Ihrer Kenntnis zum jetzigen Zeitpunkt schon Anzeige erstattet worden?

Was war denn der Grund dafür, dass gestern sämtliche Termine des Ministers abgesagt worden sind?

ALTER: War die erste Frage für Sie beantwortet, oder soll ich darauf noch einmal eingehen?

ZUSATZFRAGE KREUTZFELDT: Nein. Ist bereits Anzeige erstattet worden?

ALTER: Zum jetzigen Zeitpunkt ist keine Strafanzeige erstattet worden.

Zum gestrigen Zeitplan kann ich sagen – das haben wir auch bereits auf Anfrage an mehreren Stellen so beauskunftet : Es hat am gestrigen Tage Terminverschiebungen gegeben, in deren Folge die Termine, die ursprünglich für den Bundesinnenminister geplant waren, verschoben werden mussten. Der Festakt „Stiftung Ehrenamt“ in Neustrelitz war nicht mehr zu verschieben, und deswegen hat der Bundesinnenminister sich dort vertreten lassen. Für alle anderen Termine, die verschoben worden sind, etwa die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts, wird derzeit ein Ersatztermin geprüft.

Diese Terminverschiebungen ergeben sich heute nicht mehr, und deswegen findet alles, wie ursprünglich angedacht, planmäßig statt.

FRAGE BUSCHOW: Herr Alter, ich muss auch noch einmal nachfragen; vielleicht habe ich es noch nicht verstanden. Sie haben gesagt, dass der Minister sich persönlich dazu äußern wird. Wenn ich Sie richtig verstanden haben, haben Sie jetzt aber nicht gesagt, dass er das zwangsläufig auf der Pressekonferenz heute machen wird. Deswegen frage ich noch einmal nach: Wird er sich heute zur Anzeige äußern?

ALTER: Ich hatte gesagt, dass diese Aussage, dass er sich selbst äußern wird, alle Aspekte umfasst, die mit dieser Angelegenheit verbunden sind. Dazu gehört auch der Zeitplan.

FRAGE JESSEN: Herr Alter, Sie wissen, dass es bei Pressebegegnungen mit ausländischen Gästen grundsätzlich für die Pressekonferenzen hinterher zwei Verfahrenswege gibt. Der eine ist, man begrenzt Fragen und Antworten auf das Thema dieses Besuchs, der zweite ist, es werden Fragen zu weiteren Punkten zugelassen. Von welchem dieser beiden Verfahrenswege können wir heute ausgehen? Werden über die Themen des Gesprächs mit dem österreichischen Innenminister hinaus Fragen zu weiteren Themen zugelassen werden?

ALTER: Ich kann mich in der Amtszeit von Bundesinnenminister Horst Seehofer nicht daran erinnern, dass wir je eine Pressekonferenz in unserem Haus veranstaltet haben, bei der wir die Fragen thematisch begrenzt hätten. Diese Praxis werden wir auch heute fortsetzen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das bedeutet, es wird auch zu Themen Fragen geben können, die nicht Thema des Gesprächs zwischen den beiden Ministern waren?

ALTER: Es wird die Fragen geben können, die gestellt werden.

FRAGE JUNG: Noch einmal zu der Inszenierung in Stuttgart: Jetzt, wo Sie wissen, dass es eine Inszenierung war und der Bundesinnenminister und Sie als Ministerium das wissen, wie bewerten Sie denn diese Inszenierung, unabhängig davon, ob Sie daran beteiligt waren?

ALTER: Sie bezeichnen das als „Inszenierung“. Es nicht meine Aufgabe, die Programmgestaltung des baden-württembergischen Innenministeriums zu bewerten. Es ist nur festzuhalten das ist ein Faktum , dass das ein Polizeifahrzeug gewesen ist, das nicht aus irgendeinem Museum geholt wurde, sondern dass es ein Polizeifahrzeug war, das in der Nacht am Wochenende in dieser Fußgängerzone beschädigt wurde. Möglicherweise war es zwischendurch mal nicht mehr da und wurde dann wieder aufgestellt. Aber es ist ein Originalgegenstand und ein Originalschauplatz. Dieses Polizeifahrzeug war Teil der Geschehnisse in der Nacht am Wochenende, und deswegen kann man sich darüber streiten, ob das eine Inszenierung ist oder ob es einfach die Darstellung der Realität ist, wie sie am Wochenende stattgefunden hat.

FRAGE WIEDERWALD: Meine Frage richtet sich an Frau Demmer, eventuell auch das Innen- oder das Gesundheitsministerium.

Wir sehen gerade, dass in Nordrhein-Westfalen zwei Kreise einen sogenannten Lockdown erleben. Wir sehen auch, dass einzelne Bundesländer schon Beherbergungsverbote bzw. Reisebeschränkungen gegen Einwohner dieser Kreise verhängt haben. Ist das im Sinne der Bundesregierung? Sollte es eventuell nicht eine einheitliche Regelung in ganz Deutschland geben?

Gilt das nicht auch grundsätzlich dafür, wann so ein Lockdown verhangen wird? Wir erleben gerade, dass die 50 Fälle pro sieben Tag auf 100 000 Einwohner nicht nur in Nordrhein-Westfalen gerissen werden, sondern auch durchaus in anderen Bundesländern, Stichwort Göttingen. Hier in Berlin ist man auch kurz davor. Sehen Sie nicht die Notwendigkeit für eine koordinierende Maßnahme?

SRS’IN DEMMER: Wir haben hier am Montag schon darüber gesprochen. Der Ausbruch ist massiv. Mehr als 1500 Menschen sind bisher positiv getestet. Für die Region besteht also ein hohes Infektionsrisiko. Das heißt, alle Anstrengungen müssen jetzt darauf gerichtet sein, dass dieser Infektionsausbruch nicht auf die Allgemeinbevölkerung überspringt.

Aus diesem Grund hat sich, wie Sie ja wissen, die Landesregierung dazu entschieden, wieder temporär Maßnahmen einzuführen, die genau darauf abzielen, die Kontaktdichte in der Bevölkerung zu verringern.

Wie Sie auch wissen, haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass spätestens bei einem Grenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner über sieben Tage vor Ort Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen werden. Das ist die Richtgröße. Wir sehen, die Verantwortlichen in den Bundesländern ergreifen schon meist vor Erreichen dieses Wertes Maßnahmen. Ob und wieweit die Bundesländer dabei das Infektionsgeschehen außerhalb ihres eigenen Gebietes einbeziehen und damit auf die dortigen Entwicklungen reagieren, liegt in der originären Zuständigkeit der Länder.

ZUSATZFRAGE WIEDERWALD: Auch wenn natürlich die Zuständigkeit bei den Ländern, zum Teil ja auch bei den Kreisen liegt, hat die Bundesregierung doch bestimmt eine Meinung dazu, wenn wir inzwischen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland damit anfangen, Reisebeschränkungen zu verhängen.

SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung steht in einem sehr regelmäßigen Austausch mit den Ländern. Es gibt einen regelmäßigen Austausch mit dem Chef des Bundeskanzleramtes und den Chefs der Staats- und Senatskanzleien. Selbstverständlich gibt es auch zu diesem Thema einen Austausch.

ZUSATZFRAGE WIEDERWALD: Wenn Sie „Austausch“ sagen, weiß ich immer noch nicht, wie Ihre Meinung dazu ist.

SRS’IN DEMMER: Den Austausch führen Bund und Länder und nicht Sie und ich hier.

FRAGE GAVRILIS: Wird es vonseiten der Bundeskanzlerin irgendeine Bestrebung geben, noch einmal alle an einen Tisch zu holen, um bundeseinheitliche Regelungen zu erzielen?

Eine zweite Frage, vielleicht an BMG oder BMJV: Wie bewertet man diese sogenannten Beherbergungsverbote juristisch? Geht das denn nach dem Infektionsschutzgesetz? Können das die Länder überhaupt so verordnen?

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen jetzt hier konkret keinen neuen Termin ankündigen. Aber Sie wissen ja aus der Vergangenheit, dass es immer große Bestrebungen des Bundes und der Länder gab, zu einem möglichst einheitlichen Verfahren zu kommen. Gleichzeitig gab es aber auch immer schon Differenzen und unterschiedliche Handhabungen, die eben auch den unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort geschuldet waren.

KALL: Bevor sich das BMG äußert, kann ich zu den Infektionsschutzmaßnahmen etwas sagen: Ich glaube, wir können die Maßnahmen der Länder hier nicht rechtlich bewerten. Die Länder sind für den Vollzug des Infektionsschutzrechts in eigener Verantwortung zuständig. Es hat ja auch eine ganze Zeit lang allgemeine Beherbergungsverbote gegeben. Es gibt eine ganze Bandbreite möglicher Maßnahmen, die jedenfalls wir als Bundesjustizministerium nicht im Einzelnen bewerten können, weil die Länder für diese Maßnahmen verantwortlich sind.

EWALD: Minister Spahn hat sich heute Morgen im ARD-Morgenmagazin noch einmal dazu geäußert und betont, dass jetzt das greift, was die Ministerpräsidenten beschlossen haben. Das heißt, das Ziel ist jetzt, regional die Ausbrüche in den Griff zu bekommen. Das kann dann eben auch heißen, dass Auflagen regional für einen begrenzten Zeitraum wieder verschärft werden.

Der Minister hat noch einmal betont, dass die Auflagen dem Schutz aller Menschen in Deutschland dienen. Wenn es diesem Virus zu leicht gemacht wird, breitet es sich ganz schnell wieder aus. Er hat noch einmal gesagt: Die Botschaft, die wir insbesondere aus Gütersloh mitnehmen sollen, lautet: Das Virus ist noch da.

Was die rechtliche Bewertung angeht, die Sie angedeutet haben: Die Bundesländer haben qua Infektionsschutzgesetz weitreichende Möglichkeiten, über entsprechende Rechtsverordnungen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Das Beispiel NRW zeigt ja, dass das diese Möglichkeiten entsprechend genutzt werden.

FRAGE VON BULLION: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich) Frau Demmer, heißt das, dass, wenn sich das aus lokalen Regionen, in denen starke Ausbrüche zu verzeichnen sind, auf ganz Deutschland überträgt, die Bundesregierung nicht wieder stärker in das Krisenmanagement eingreift oder wie soll man das verstehen?

EWALD: Wir haben es momentan mit einem Ausbruchsgeschehen zu tun, bei dem es um einen Großbetrieb geht. Momentan ist das Ziel, das Ausbruchsgeschehen auch im Hinblick auf diese lokale Begrenztheit entsprechend in den Griff zu bekommen. Aber es ist und bleibt Stand jetzt das ist die Situation vor Ort Aufgabe der Länder, zu entscheiden, wann und ob Auflagen verschärft werden. Das heißt eben auch: Beurteilen und entscheiden müssen das gegenwärtig die Behörden vor Ort.

SRS’IN DEMMER: Ich kann das nur insofern ergänzen, als dass natürlich diese regionalen Ausbrüche, die wir ja nicht nur in Gütersloh sehen, zeigen, dass die Pandemie nicht vorbei ist und dass das Virus nach wie vor in der Lage ist, eine große Anzahl von Personen zu infizieren. Deshalb müssen sich alle unsere Anstrengungen darauf richten, das Erreichte nicht zu gefährden. Das heißt, wir müssen wachsam bleiben. Wir müssen das Infektionsgeschehen weiter beobachten, was ja auch geschieht, und natürlich die Abstands- und Hygieneregeln einhalten.

Die Zuständigkeiten, über die wir heute und auch in den vergangenen Monaten immer wieder gesprochen haben, bleiben ja immer die gleichen. Es gibt einen guten Austausch zwischen Bund und Ländern. Der Föderalismus das hat sich ja in den vergangenen Monaten gezeigt war durchaus in der Lage, der Probleme, die eben unterschiedlich gelagert sind, Herr zu werden.

ZUSATZFRAGE VON BULLION: Hat die Bundeskanzlerin Einfluss auf Herrn Laschet genommen, den Lockdown im Kreis Gütersloh etwas zügiger voranzubringen?

SRS’IN DEMMER: Bund und Länder stehen im Austausch, und auch die Bundeskanzlerin steht im Austausch.

FRAGE JORDANS: Als vor einigen Wochen beschlossen wurde, die Verantwortung für neue Ausbrüche in erster Linie den lokalen Behörden zu überlassen, wurde ja schon gewarnt, dass es wegen lokalen Abhängigkeiten zu Schwierigkeiten kommen könnte. Jetzt hat eine CDU-geführte Landesregierung, ein CDU-geführter Kreis in Gütersloh die Aufsicht über eine Firma, die signifikant Geld an die CDU spendet. Ist das nicht der Zeitpunkt, wo Außenstehende einschreiten und gegebenenfalls untersuchen müssten, ob da Fehler gemacht wurden und ob weitergehende Maßnahmen unternommen werden müssen, die über das bisher Entschiedene hinausgehen?

SRS’IN DEMMER: Ich kann mich hier jetzt nur wiederholen: Die Landesregierung hat sich dazu entschieden, temporär Maßnahmen einzuführen, die genau darauf abzielen, die Kontaktdichte in der Bevölkerung zu verringern. Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen in Nordrhein-Westfalen und auch an anderen Orten, in denen das relevant ist, alles tun, um den Ausbruch einzudämmen und, soweit wie möglich, weitere Infektionen auszuschließen.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Befürwortet die Bundesregierung eine Aufarbeitung dessen, was dort geschehen ist, von außen?

SRS’IN DEMMER: Es gilt natürlich das, was für die gesamte Pandemie gilt: Die Pandemie, das Virus ist etwas völlig Neues. Wir haben Tag für Tag dazugelernt. Selbstverständlich werden wir das auch weiter tun. Eine generelle Betrachtung im Nachhinein wird natürlich auch zu „lessons learned“ führen. Aber das gilt ja für die gesamte Pandemie.

FRAGE JUNG: Da der Kollege Jordans schon die CDU-Korruptionsprobleme angesprochen hat, würde ich noch einmal gerne vom Bundesfinanzministerium wissen wollen, ob die Arbeitsschutzbehörden des Zolls – Sie haben ja gesagt, dass die noch intensiver arbeiten als zuvor – in den letzten Monaten oder jetzt im Werk von Herrn Tönnies in Rheda-Wiedenbrück oder in irgendwelchen anderen Werken von ihm gewesen sind.

Die gleiche Frage könnte man auch bezüglich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit stellen.

KOLBERG: Es ist ganz richtig, was Sie sagen: Für die Arbeitsschutzbehörden sind natürlich nicht wir beim Bundesfinanzministerium zuständig, sondern wir sind für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zuständig. Mein Kollege hat hier schon ausführlich darüber gesprochen, dass wir unsere Kontrollen intensiviert haben. Wie immer geben wir nicht Auskunft, welche Unternehmen wir kontrollieren. Zu einzelnen Unternehmen äußern wir uns nicht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum nicht? Sie geben ja auch Gesamtzahlen bekannt. Am Montag haben Sie in Bezug auf die Generalzolldirektion 137 Arbeitgeberprüfungen erwähnt. Da wäre es doch jetzt angesichts dieses aktuellen Skandals relevant, zu wissen, ob Sie bei dem Übeltäter überhaupt schon waren und ob er zu den anderen 137 gehört.

KOLBERG: Sie haben völlig Recht, dass wir uns zu den Gesamtzahlen äußern. Wie immer sagen wir, wie viele Prüfungen wir machen, was wir festgestellt haben, wie wir gegen Schwarzarbeit in den Unternehmen vorgehen. Dafür ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit zuständig. Sie ist nicht für die Wohnbedingungen usw. zuständig. Wenn natürlich bei den Kontrollen etwas auffällt, wird das an die zuständigen Landesbehörden weitergeleitet. Wie gesagt, in dem Bereich haben wir unsere Kontrollen intensiviert. Dazu hat der Kollege hier die Zahlen durchgegeben, und dem habe ich hier nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist es geheim, wen die Finanzkontrolle Schwarzarbeit kontrolliert oder wollen Sie uns das nicht sagen?

KOLBERG: Wie immer äußern wir uns zu Gesamtzahlen. Wir äußern uns, wo wir kontrollieren, was wir kontrollieren, wie viel wir kontrollieren, sodass eine Transparenz hergestellt ist. Zu einzelnen Unternehmen wer kontrolliert wird, ob Verstöße festgestellt werden usw. geben wir wie immer keine Auskunft. Wie üblich äußern wir uns zu einzelnen Unternehmen nicht.

FRAGE MÜLLER-THUM: Ich möchte einen anderen Aspekt der Pandemie ansprechen. Ich bin nicht sicher, ob sich die Frage an Frau Demmer oder an ein Fachministerium richtet. Am Samstag findet die zweite Online-Geberkonferenz für den Anti-Corona-Kampf der EU-Kommission statt. Mich würde einmal interessieren, wer daran eigentlich für die Bundesregierung teilnimmt, mit welchen Erwartungen Sie dort teilnehmen und ob Sie noch einmal neue finanzielle Zusagen mitbringen.

SRS’IN DEMMER: Die Konferenz wird in der Tat von der EU-Kommission gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation „Global Citizen“ organisiert und ist damit eine Folgekonferenz der Geberkonferenz, die schon am 4. Mai stattgefunden hat. Sie beginnt um 15 Uhr und wird per Livestream ausgestrahlt.

Die Bundeskanzlerin wird dort mit einer Videobotschaft zu sehen sein. Der Bundeskanzlerin geht es darum, sich dafür einzusetzen, dass Impfstoffe, Tests und Medikamente überall auf der Welt verfügbar sind und zugänglich gemacht werden. Dazu braucht es Geld und jede Menge Finanzhilfen sowohl für die Entwicklung als auch für die Verteilung von Impfstoffen, Tests und Medikamenten, um sie gerade Menschen in den Entwicklungsländern zugänglich zu machen.

Über finanzielle Zusagen, die dann im Rahmen der Konferenz am Samstag gemacht werden, kann ich hier jetzt noch keine Auskunft geben. Das wird dann am Samstag bekanntgegeben werden. Es werden 40 Staaten teilnehmen und es wird hochrangig besetzt sein, aber zu den Details müssten Sie beim Veranstalter nachfragen.

ZUSATZFRAGE MÜLLER-THUM: Das heißt, eine Videobotschaft ist das, was Deutschland an Beiträgen von Spitzenpolitikern einbringt, da ist nicht noch irgendjemand live in irgendeinem Panel oder sowas dabei?

SRS’IN DEMMER: Da wäre ich überfragt. Ich kann Ihnen für die Bundeskanzlerin diese Teilnahme bekanntgeben.

ZUSATZ MÜLLER-THUM: Falls aus den Ministerien noch jemand etwas hinzuzufügen hat auch gerne hinterher schriftlich , dann wäre ich dafür dankbar.

VORS. WEFERS: Es sieht nicht so aus, als ob sich jemand meldet oder Teilnahme signalisiert.

FRAGE: An das BMI zu dem Treffen von Herrn Seehofer mit seinem österreichischen Kollegen: Österreich hat ja eine Reisewarnung für Nordrhein-Westfalen ausgesprochen. Ist das auch Thema der Gespräche, und wie findet das Innenministerium das?

ALTER: Mir ist nicht bekannt, dass dieser Aspekt Teil der Agenda ist, aber normalerweise gibt es in der Agenda immer einen Punkt „Verschiedenes“, unter dem üblicherweise aktuelle Themen besprochen werden. Ich kann Ihnen im Moment nicht bestätigen, dass es so sein wird, aber ich will es auch nicht ausschließen.

ZUSATZFRAGE: Gibt es eine offizielle Reaktion auf die Reisewarnung?

ALTER: Nein, das wäre jetzt auch verfrüht. Der Bundesinnenminister spricht mit seinem Amtskollegen heute Nachmittag, deswegen ist es für die Pressesprecher in dieser Situation zu früh, dazu Stellung zu nehmen.

FRAGE JORDANS: Die Bundesregierung pocht ja schon seit Anfang der Pandemie auf einheitliche Regelungen und Kooperation innerhalb Europas, was die Bewältigung des Coronavirus angeht. Wie kann sie das denn machen, wenn selbst innerhalb Deutschlands Kleinstaaterei herrscht und man keine Vorgaben macht oder überhaupt nur äußern will, wie jetzt beispielsweise bei den Reisebeschränkungen innerhalb Deutschlands, wo die Gütersloher nicht nach Bayern dürfen, aber problemlos nach Baden-Württemberg oder nach Schleswig-Holstein?

SRS’IN DEMMER: Ich kann dem von mir bisher Gesagten nichts hinzufügen. Wie gesagt, Bund und Länder stehen zu diesem Thema im Austausch, und wir sehen, dass die lokalen Behörden vor Ort sich des Problems annehmen. Was den internationalen Austausch anbelangt, kann vielleicht auch Herr Burger noch ergänzen. Das ist ja auch Teil des Prozesses, den wir mit dem Ratsprogramm in der Ratspräsidentschaft erreichen wollen. Denn klar ist: Auch in Zukunft ist es gut, wenn Europa da zusammenarbeitet. Deswegen ist das ein wichtiger Teil der Ratspräsidentschaft und Teil des Ratspräsidentschaftsprogramms.

BURGER: Ich kann nur ergänzen, dass es bei allen Schritten, die wir zur Koordinierung des Vorgehens im europäischen Rahmen gemacht haben, immer darum geht, zu koordinieren und abzustimmen. Das bedeutet aber nicht, dass die unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten nicht trotzdem Berücksichtigung bei den Maßnahmen finden, die dann jeweils im einzelnen Land bzw. in der einzelnen Region auf die Lage vor Ort getroffen werden.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Aber Sie würden sich doch gegenüber unterschiedlichen Ländern auch äußern? Wenn jetzt beispielsweise Deutsche in Frankreich nicht erwünscht wären, aber in den Niederlanden schon, dann würden Sie doch vielleicht auch darauf pochen, dass eine einheitliche Regelung von diesen Partnerländern getroffen wird?

BURGER: Wie gesagt, wir treten dafür ein, dass es möglichst koordiniert und abgestimmt stattfindet, aber trotzdem eben unter Berücksichtigung der möglicherweise unterschiedlichen Gegebenheiten in jedem Land. Das ist jetzt nichts Neues, und das ist natürlich nicht dasselbe wie die Verordnung, von der jetzt die Rede ist, aber unsere Reisewarnungen beispielsweise für ein Land wie Schweden sind ja nach wie vor Ort in Kraft, einfach aufgrund dessen, dass dort das Infektionsgeschehen so ist, wie es ist.

FRAGE DR. RINKE: Ein anderer Aspekt, der aber genau da anschließt: Es hat gestern einen Bericht in der „New York Times“ gegeben, dass die EU die Einreise für US-Bürger wegen der dort wieder steigenden Infektionszahlen weiter untersagen will. Ich wüsste vom Außenministerium gern, ob sich das mit der Einschätzung der Bundesregierung zu der Lage in den USA deckt und ob die Bundesregierung auch dafür ist, dass US-Bürger hier nicht einreisen dürfen.

BURGER: Ich weiß nicht, ob Herr Alter etwas zu den laufenden Gesprächen in Brüssel sagen möchte. Ich würde dazu von meiner Seite jetzt nur sagen: Es laufen Gespräche unter den EU-Mitgliedstaaten mit den EU-Institutionen über die Frage, wie es nach dem 1. Juli mit der Einreise aus Drittstaaten weitergehen soll, und unter Verweis auf diese laufenden Gespräche habe ich dazu von meiner Seite zum jetzigen Zeitpunkt nichts weiter mitzuteilen.

ALTER: Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Die Gespräche laufen. Die Entscheidung soll zum 1. Juli wirksam werden. Es ist zu erwarten, dass Deutschland die Empfehlung der Kommission umsetzen wird. Wie sie aussieht, ist aber noch nicht entschieden.

FRAGE HERZOG: An Herrn Kolberg: Gibt es heute oder morgen noch Besprechungen zum Thema Lufthansa, an denen Sie als BMF beteiligt sind? Haben Sie Signale vom Großaktionär Thiele, ob er dem Rettungspaket in der morgigen Hauptversammlung zustimmen will?

KOLBERG: Der Bundesfinanzminister hat sich ja vor Kurzem zu dem Thema geäußert. Er hat gesagt: Es liegt ein Angebot auf dem Tisch, das die Bundesregierung gemacht hat und das mit der Kommission und dem Unternehmen abgestimmt ist. Das ist der Stand, den wir haben. Zu einzelnen Gesprächen usw. äußern wir uns ja wie üblich nicht.

FRAGE DR. RINKE: An das Finanzministerium und das Wirtschaftsministerium: Es gibt einen Vorschlag der Lufthansa, der jetzt bekannt geworden ist, zu einem Plan B, der besagt: Wenn das Rettungspaket morgen in der Hauptversammlung nicht durchgehen sollte, könnte der Bund in einem abgestuften Verfahren die Anteile an der Luftfahrtgesellschaft übernehmen, und zwar in einem ersten Schritt 10 Prozent. Ist das auch aus Sicht der Bundesregierung ein gangbarer Weg?

KOLBERG: Ich kann bei dem bleiben, was ich hier gerade gesagt habe: Der Bundesfinanzminister hat sich zu diesem Thema und zu dem Angebot, das die Bundesregierung vorgelegt hat, klar geäußert. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

EICHLER: Ich auch nicht.

FRAGE JUNG: Das Finanzministerium hat ja angegeben, dass Bundesbürger zumindest im Jahr 2018 insgesamt 180 Milliarden Euro auf Konten auf der Insel Jersey geparkt hatten. Können Sie uns sagen, wie viele Bundesbürger das sind, die dort diese 180 Milliarden Euro geparkt haben?

Sehen Sie Jersey eigentlich als Steueroase oder wie immer Sie das nennen wollen an?

KOLBERG: Der Bundesregierung ist wichtig und dafür tritt sie auch mit Nachdruck ein , sich gegen unfairen Steuerwettbewerb und aggressive Steuergestaltung einzusetzen. Da ist in den letzten Jahren viel passiert. Wir haben Fortschritte insbesondere beim internationalen Informationsaustausch erreicht, und dadurch wird auch mehr Steuertransparenz hergestellt. Deswegen haben wir auch diese Daten, über die Sie gerade sprechen die stammen ja vom Bundesfinanzministerium, die haben wir auf eine parlamentarische Anfrage hin übermittelt. Das ermöglicht den Steuerbehörden dann auch, gegen Personen vorzugehen, falls sie diese Vermögen bzw. diese Gelder, die auf den entsprechenden Konten sind, nicht versteuern. Dass Gelder, die im Ausland sind, ordnungsgemäß versteuert werden, war auch der Grund dafür, diesen internationalen Informationsaustausch aufzusetzen, und mit diesen Informationen arbeiten jetzt die Finanzbehörden.

Zu Einzelheiten: Ich werde nachschauen, ob ich auch sagen kann, wie viele Personen das sind. Mir liegen jetzt erst einmal nur die Informationen vor, die auch in der Presse bekanntgeworden sind.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sehen Sie Jersey als Steueroase an?

Nehmen an diesem Informationsaustausch auch die Cayman Islands und Bahamas teil?

KOLBERG: Genau, es gibt einige, die bei diesem Informationsaustausch nicht mitmachen bzw. in Steuerfragen insgesamt nicht kooperativ sind. In diesem Bereich ist es dann so darüber haben wir in dieser Runde auch schon häufig gesprochen , dass die auf eine schwarze Liste bei der EU kommen, wenn es keine Kooperation gibt. Dann werden die als nicht kooperative Staaten geführt, mit dem Ziel, dass sie sich eben auch an den Maßnahmen beteiligen, die zu mehr Steuertransparenz führen und die dazu führen, dass am Ende fair besteuert wird.

ZURUF JUNG: (akustisch unverständlich)

KOLBERG: Ja, und ich habe mich ja dazu geäußert: Die Staaten, die nicht kooperieren, werden auf dieser schwarzen Liste geführt. Diese Liste ist für alle einsehbar. Ich werde hier jetzt nicht anfangen, einzelne Länder zu bewerten; vielmehr kommt die Bewertung von der EU-Kommission. Diese Liste wird geführt und ist öffentlich einsehbar, und da kann jeder sehen, welche Staaten nicht kooperieren und welche Staaten mit uns kooperieren und beim internationalen Informationsaustausch mitmachen, um zu ermöglichen, dass vernünftig besteuert wird.

FRAGE JORDANS: An Herrn Kolberg und Frau Demmer: Seit den Geschehnissen bei Wirecard wird Verwunderung darüber ausgedrückt, dass es in Deutschland immer wieder zu Finanzskandalen oder anderweitigen Wirtschaftsskandalen kommt, die nicht von den hier zuständigen Behörden, sondern anderswo aufgedeckt werden beispielsweise im VW-Dieselskandal oder dem Geldwäscheskandal bei der Deutschen Bank. Wie erklären Sie es sich, dass die deutschen Behörden offensichtlich nicht in der Lage sind, diese großen Unternehmen ordentlich zu kontrollieren?

KOLBERG: Zunächst einmal: Der Minister hat sich gestern ja ganz klar zu dem Fall geäußert, den Sie gerade ansprechen. Er hat gesagt:

„Der Fall Wirecard ist in höchstem Maße besorgniserregend. Nach der Strafanzeige durch die BaFin gegen die vier Vorstandsmitglieder ist jetzt die Staatsanwaltschaft gefragt, mögliche Manipulationen durch das Unternehmen rückhaltlos aufzuklären.

Kritische Fragen stellen sich auch der Aufsicht über das Unternehmen, insbesondere mit Blick auf die Rechnungslegung und die Bilanzkontrolle. Hier scheinen Wirtschaftsprüfer wie Aufsichtsstellen nicht effektiv gewesen zu sein.

Die BaFin hat eigene Fehler bereits eingeräumt. Sie müssen schleunigst identifiziert und abgestellt werden.

Wir müssen schnell klären, wie wir unsere regulatorischen Vorschriften ändern müssen, um auch komplexe Unternehmensgeflechte flächendeckend, zeitnah und schnell überwachen zu können. Das sind wir Anlegern, Beschäftigten und Investoren schuldig und dem Finanzplatz Deutschland.“

Er hat auch genau diesen Punkt der Regularien angesprochen. Es ist natürlich ein laufender Prozess. Wir haben in den letzten Jahren in vielen dieser Bereiche Verschärfungen vorgenommen. Die Finanzdienstleistungsaufsicht wurde in den letzten Jahren erheblich gestärkt. Sie hat zusätzliche Kompetenzen erhalten, zum Beispiel im Anlegerschutzbereich. Zudem wurde der Kampf gegen Marktmissbrauch gestärkt. Hier sind hohe Bußgelder und Strafen vorgesehen.

Wie ich eben gesagt habe: Das ist ein Prozess, der laufend stattfindet und bei dem wir natürlich immer wieder schauen müssen, ob Anpassungen notwendig sind, um genau das Ziel zu erreichen, das ja auch Ihre Frage beinhaltet, nämlich dass wir eine funktionierende Aufsicht haben und gegen solche Manipulationen gezielt vorgehen können.

EICHLER: Ich kann vielleicht noch ergänzen: Die Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer erfolgt in Deutschland über die unabhängige Abschlussprüferaufsichtsstelle, kurz APAS. Diese ist aufgrund von EU-rechtlichen Vorgaben eingerichtet worden. Es ist eine unabhängige Behörde, die also auch nicht der Weisungsbefugnis des BMWi oder irgendeines anderen Ministeriums unterliegt. Wir haben keine Fachaufsicht, und insofern würde ich empfehlen, sich zu konkreten Fragen direkt an die APAS zu wenden.

KALL: Ich möchte für das Justizministerium ergänzen: Auch aus unserer Sicht muss der Fall Wirecard jetzt schnell und gründlich aufgeklärt werden. Das ist jetzt Sache der Justiz in München.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Bundesregierung in der letzten Woche ein neues Sanktionsrecht für Unternehmen beschlossen hat, so wie es im Koalitionsvertrag vereinbart ist, und auf den Weg gebracht hat. Das wird jetzt unter dem Titel „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ im Bundestag und Bundesrat beraten werden. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Staatsanwaltschaften künftig nicht nur gegen einzelne Manager, sondern auch gegen Unternehmen ermitteln müssen nicht nur können, wie bisher, sondern müssen , wenn Straftaten wie zum Beispiel massenhafte Betrugstaten aus Unternehmen heraus begangen werden. Darauf möchte ich nur hinweisen. Das betrifft jetzt nicht unmittelbar diesen Fall, aber soll eben gerade in der Zukunft dafür sorgen, dass solche Straftaten aus Unternehmen heraus nicht begangen werden.

FRAGE JESSEN: Zu den Abrüstungsgesprächen zwischen den USA und Russland, also „New Start“: Hat die Bundesregierung eine Meinung dazu, ob China in diese Verhandlungen mit einbezogen werden sollte oder ob das zwischen den Atommächten Russland und USA geklärt werden sollte?

BURGER: Vielen Dank. Die Bundesregierung begrüßt, dass sich die USA und Russland zu einer weiteren Runde der strategischen Gespräche getroffen und konstruktive Gespräche geführt haben. Es ist ein positives Zeichen, dass sich beide Seiten darauf geeinigt haben, ihre Gespräche in Kürze fortzusetzen. Wie Sie wissen, setzt sich die Bundesregierung und setzt sich Außenminister Maas nachdrücklich dafür ein, nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle wieder auf die internationale Tagesordnung zu bringen. Für uns steht die Verlängerung von „New Start“ dabei im Vordergrund. Der Vertrag würde sonst in neun Monaten auslaufen, und deswegen ermutigen wir die USA und Russland zu einer solchen Verlängerung.

Auch wenn es sich bei „New Start“ um einen bilateralen Vertrag handelt, ist er für uns Europäer von großer Bedeutung, denn er trägt maßgeblich zur europäischen und globalen Sicherheit bei, und die Verlängerung dieses zentralen Vertrages schafft eine gute Grundlage für die notwendige Weiterentwicklung und Ausweitung der Rüstungskontrolle.

Wir haben gleichzeitig ein großes Interesse an der Ausweitung und Weiterentwicklung der Rüstungskontrolle. Sie sollte einerseits China einbinden und andererseits weitere russische Nuklearwaffen in den Blick nehmen. Insofern unterstützen wir unsere amerikanischen Partner in ihrem Bestreben. Dass China mit seiner steigenden globalen Bedeutung mehr Verantwortung übernehmen muss eben auch in der Rüstungskontrolle , haben Bundeskanzlerin Merkel und der Außenminister mehrfach betont.

FRAGE JESSEN: An das Auswärtige Amt: Welche Kenntnis haben Sie vom Einsatz einer türkischen Kampfdrohne, bei dem gestern in der nordsyrischen Stadt Kobanê vier Frauen offenbar kurdische Aktivistinnen getötet wurden? Die Gesellschaft für bedrohte Völker kritisiert, dass solche Angriffe und Aktionen des NATO-Partners Türkei auch durch deutsches Stillschweigen ermöglicht und befördert würden.

BURGER: Falls wir von so einem Vorgang Kenntnis haben, müsste ich Ihnen die Antwort dazu nachreichen.

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