Artikel

Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 29. Juli 2020

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen, Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz, Nationaler Aktionsplan Integration, Allgemeine Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung), COVID-19-Pandemie (Testpflicht für Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten, Corona-Warn-App, Konzept der Deutschen Fußball Liga für Stadionbesuche), Berufung von Nurhan Soykan in das Projekt des Auswärtigen Amts zu Religion und Außenpolitik, Übergabe des Berichts der Monopolkommission (Schutz europäischer Unternehmen vor staatlich subventionierten Konzernen aus China, Vergabe der TV-Rechte an der Ersten und Zweiten Fußball-Bundesliga), Abzug von US-Truppen aus Deutschland, geplanter Kauf von F-18-Kampfflugzeugen, Medienberichte über Kontakte eines Mitarbeiters der Social-Media-Abteilung des Bundesverteidigungsministeriums zur „Identitären Bewegung“, Medienberichte über angebliche Waffenlieferungen aus Deutschland an das Kosovo, Entschädigung niederländischer Kriegsopfer im Zusammenhang mit Reichsbahntransporten im Zweiten Weltkrieg, Sanktionen gegen am Schmuggel von Waffen nach Libyen Beteiligte, offener Brief an die Bundesregierung in Bezug auf einen angeblich falschen Gebrauch des Antisemitismusbegriffs

1:57 Bericht aus dem Kabinett

Naive Fragen zu:
2:06 Kindergelderhöhung (Ankündigung)
– Wird die Erhöhung des Kindergeldes auch bei Familien ankommen, die Hartz IV beziehen, oder wird ihnen das wieder abgezogen werden? (ab 10:42)
– Warum ändern Sie das nicht?

5:28 Fleischindustrie (Ankündigung)
– Warum kommt das jetzt doch nicht früher, sondern doch erst ab dem 1. Januar, sodass jetzt immer noch so weitergearbeitet werden kann? (ab 12:22)
– Tönnies hat in den letzten Wochen 15 Tochterunternehmen gegründet. Wie bewerten Sie diese Entwicklung? Sehen Sie Schlupflöcher? (ab 16:12)

21:20 Corona-Tests am Flughafen
– können Sie erläutern, was passiert, wenn ich aus einem Risikogebiet komme, am Flughafen den Test machen soll, mich aber weigere? (ab 26:32)
– was ist mit zweiten Tests? Ich könnte mich ja am letzten Urlaubstag im Risikogebiet anstecken. Die Inkubationszeit beträgt vier Tage. Ich könnte mich am Abflughafen anstecken; ich könnte mich im Flugzeug anstecken. Werden Sie zweite Tests veranlassen?
– Wie soll das gehen? Wenn jemand aus einem Risikogebiet einreist, soll er sich dann eine Woche später noch einmal irgendwohin begeben und den zweiten Test machen?
– Sie sind ja auch Bundespolizist. Sie werden doch wissen, was passiert, wenn man sich einer Anordnung oder Verordnung verweigert. Ist dann Zwang von Polizeiseite die Folge?

44:47 Monopolkommission
– Wann werden Sie dazu sprechfähig sein, wann können wir hierzu Fragen stellen? (ab 47:31)

1:13:29 Antisemitismus/Felix Klein
– es geht um einen Brief von 60 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, Schriftstellern und Schriftstellerinnen, Künstlerinnen und Künstlern aus Israel und Deutschland an Frau Merkel, die vor „einem inflationären, sachlich unbegründeten und gesetzlich unfundierten Gebrauch des Antisemitismusbegriffs“ warnen. Frau Demmer, ist der Brief bei Ihnen angekommen? Wie reagiert die Kanzlerin darauf?
– Herr Alter, die Unterzeichner richten heftige Vorwürfe an den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Klein. Es heißt, „mit der Unterstützung rechtspopulistischer israelischer Stimmen lenke Herr Klein die Aufmerksamkeit von realen antisemitischen Gesinnungen und Ausschreitungen ab, die jüdisches Leben in Deutschland tatsächlich gefährden. Es werde geduldet, dass Stimmen des Friedens und des Dialogs diffamiert und mundtot gemacht werden sollen“. Haben Sie diesen Brief auch erhalten? Halten Sie weiter an Herrn Klein fest, der sich unter anderem ja auch an Journalisten dieses Hauses abzuarbeiten versucht?
– Frau Demmer, Sie sprechen von jeder Form des Antisemitismus. Genau darum geht es den Unterzeichnern dieses Briefs ja. Es geht um den inflationären und sachlich unbegründeten Gebrauch dieses Begriffs, wenn Kritik an der Besatzung der palästinensischen Gebiete, BDS usw. mit Antisemitismus gleichgesetzt werden. Darum geht es diesen Menschen.

Bitte unterstützt unsere Arbeit finanziell:
Konto: Jung & Naiv
IBAN: DE854 3060 967 104 779 2900
GLS Gemeinschaftsbank

PayPal ► http://www.paypal.me/JungNaiv

Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 29. Juli 2020:

SRS’IN DEMMER: Auch von mir einen schönen guten Tag! Das Kabinett hat heute unter der Leitung des Vizekanzlers Olaf Scholz getagt und vier Vorhaben beschlossen.

Der erste Beschluss betrifft ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags, nämlich die steuerliche Entlastung von Familien. Den ersten Teil der Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung bereits im ersten Familienentlastungsgesetz mit einem Entlastungsvolumen von 10 Milliarden Euro jährlich umgesetzt. Dazu zählte auch die Kindergelderhöhung um 10 Euro ab 2019.

Mit dem jetzt vorliegenden Zweiten Familienentlastungsgesetz will die Bundesregierung Steuerzahler und Familien auch zukünftig stärken und finanziell entlasten. Dazu soll das Kindergeld als bewährte familienpolitische Leistung ab Januar 2021 um weitere 15 Euro pro Monat steigen. Dieser Schritt wird auch beim steuerlichen Kinderfreibetrag entsprechend nachvollzogen. Angehoben wird ebenfalls der Grundfreibetrag für Erwachsene. Auf diesen Teil des Einkommens muss dann keine Einkommensteuer mehr gezahlt werden. Dabei handelt es sich um das sogenannte Existenzminimum. Durch gestiegene Preise hat sich das Existenzminimum erhöht. Zudem wird die sogenannte kalte Progression weiter abgebaut. Beim progressiven Einkommensteuertarif führen Lohnerhöhungen auch zu einem Ansteigen der durchschnittlichen Steuerbelastung. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen rutschen damit auch dann in höhere Steuertarife, wenn durch die Lohnsteigerung lediglich die Inflation ausgeglichen wird, sie real also gar nicht mehr Geld zur Verfügung haben. Diesen Effekt wird die Bundesregierung für die Jahre 2021 und 2022 bereinigen.

Mit diesem Gesetz geht die Bundesregierung über das verfassungsrechtlich Notwendige deutlich hinaus und leistet, wie im Koalitionsvertrag vereinbart und wie eben schon gesagt, einen spürbaren Beitrag zur finanziellen Stärkung von Familien. Insgesamt hat das Kabinett heute in der vollen Wirkung eine Entlastung in Höhe von fast 12 Milliarden Euro jährlich vereinbart.

Menschen mit Behinderungen haben ein Wahlrecht, den mit ihrer Behinderung zusammenhängenden Mehraufwand einzeln oder pauschal über die Behinderten-Pauschbeträge bei der Steuer geltend zu machen. Die Bundesregierung will sie finanziell und auch von Bürokratie entlasten. Das Kabinett hat heute einen Gesetzentwurf zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge beschlossen. Vorgesehen ist die Verdopplung der seit 1975 unverändert gebliebenen Behinderten-Pauschbeträge. Auf besondere Zusatzvoraussetzungen für die steuerliche Anerkennung bei einem Grad der Behinderung von unter 50 wird künftig verzichtet. Durch den neu eingeführten Grad der Behinderung von 20 profitieren künftig auch Menschen mit geringerer Behinderung von dieser Pauschale.

Um die persönliche Pflege zum Beispiel von Angehörigen zu fördern und höher anzuerkennen, soll auch der Pflege-Pauschbetrag erhöht und ausgeweitet werden. Der bisherige Pauschbetrag von 924 Euro für Steuerpflichtige, die eine hilflose Person pflegen, soll auf 1800 Euro nahezu verdoppelt werden. Neu eingeführt wird ein Pauschbetrag von 600 Euro bzw. 1100 Euro bei der Pflege von Personen mit den Pflegegraden 2 und 3.

Dann hat das Kabinett heute den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz, Arbeitsschutzkontrollgesetz, beschlossen. Gerade in der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie ist die Bedeutung eines starken Arbeitsschutzes sichtbar geworden. Die verstörenden Bilder von den Missständen in der Fleischindustrie und bei der Unterbringung von Beschäftigten in dieser Branche haben das überdeutlich gezeigt. Ziel des Gesetzentwurfs ist die Sicherung von Arbeitnehmerrechten, insbesondere in der Fleischindustrie. Gute Arbeit erfordert natürlich auch gute Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Gesundheitsschutzstandards. Kontrollen sind dafür unverzichtbar.

Der Gesetzentwurf umfasst unter anderem folgende Regelungen:

Der Einsatz von Werkverträgen und ab 1. April 2021 auch die Arbeitnehmerüberlassung in der Fleischindustrie werden verboten. Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung dürfen in Zukunft also nur noch von eigenem Stammpersonal des Inhabers vorgenommen werden. Von diesem Verbot ausgenommen sind Unternehmen des Fleischerhandwerks.

Des Weiteren gibt es die Pflicht zur elektronischen Aufzeichnung der geleisteten Arbeitszeit im Bereich der Fleischindustrie und zur Aufbewahrung der Dokumentation. Die Regeln dafür werden verschärft.

Branchenübergreifend werden Mindestanforderungen an Gemeinschaftsunterkünfte mit Bezug zum Arbeitsplatz festgeschrieben. Dies dient dem Schutz der Beschäftigten, die im Ausland angeworben wurden oder aus dem Ausland entsandt sind. Der Arbeitgeber hat künftig also Anschrift und Namen der untergebrachten Personen und den Zeitraum der Unterbringung zu dokumentieren.

Ebenfalls soll die Dichte der Kontrollen durch die Arbeitsschutzbehörden der Länder schrittweise erhöht werden.

Zu guter Letzt ging es heute um den Nationalen Aktionsplan Integration. Im Kabinett wurde heute die Erklärungen des Bundes zu Phase II Erstintegration: Ankommen erleichtern Werte vermitteln und Phase III Eingliederung: Teilhabe ermöglichen Leistung fordern und fördern beschlossen.

Sie wissen, dass Integration ein Prozess des Zusammenwachsens ist, der idealtypisch in mehreren Phasen erfolgt. Das Kernvorhaben der jetzt beschlossenen Phase II Erstintegration: Ankommen erleichtern Werte vermitteln bildet ein breites Fundament für gelingende Integration und Teilhabe. Die Zeit unmittelbar nach der Ankunft in Deutschland ist von entscheidender Bedeutung für die Integration aller neu ankommenden Einwanderinnen und Einwanderer. Sie haben sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden, müssen die deutsche Sprache lernen und brauchen Orientierung und Unterstützung beim Ankommen. Die Vorhaben der Phase II sehen daher Sprachförderung, die Beratung für die Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen und die Förderung von Bildung und Ausbildung vor. Für die Bundesregierung ist diese Phase unmittelbar nach der Ankunft in Deutschland für die Integration sehr wichtig.

Die Phase III zeigt, wie bedeutend gesellschaftliche Teilhabe ist, und zugleich auch, wie viele Voraussetzungen es braucht, um gesellschaftlich teilhaben zu können. Um Leistungen für eine gelingende Integration erbringen zu können, braucht es also geeignete Grundlagen. Neben offenen Zugängen zu Arbeitsmarkt, frühkindlicher Bildung und zivilgesellschaftlichem Engagement sind ebenso geeignete Unterstützungsangebote vor Ort erforderlich, um Kompetenzen für eine gesellschaftliche Teilhabe aufzubauen. Die Kernvorhaben der Bundesregierung in der Phase III sichern die Voraussetzung für eine erfolgreiche Eingliederung und Teilhabe von Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Deutschland.

Die gesamten Berichte zu den Phasen II und III des Nationalen Integrationsplans, die im Herbst vorgelegt werden sollen, bestehen jeweils aus vier Teilen, und zwar aus der heute beschlossenen Erklärung des Bundes, einer Erklärung der Länder, einer Erklärung der kommunalen Spitzenverbände sowie den Berichten der Themenforen. Die Ergebnisse der Phasen II und III des Aktionsplans sollen am 19. Oktober dieses Jahres auf dem zwölften Integrationsgipfel im Kanzleramt von der Bundeskanzlerin vorgestellt werden.

FRAGE JUNG: Wird die Erhöhung des Kindergeldes auch bei Familien ankommen, die Hartz IV beziehen, oder wird ihnen das wieder abgezogen werden?

VORS. BUSCHOW: An wen geht die Frage, oder wer kann sie beantworten?

ZUSATZ JUNG: An das Fachministerium, schätze ich, also entweder BMAS oder BMF.

KOLBERG: Es geht darum, die Familien zu stärken und das Kindergeld zu erhöhen. Die Frage müsste ich noch klären und die Antwort möglicherweise nachreichen. Ich hätte eigentlich gedacht, dass die Frage der Abziehbarkeit in den Bereich des BMAS fällt

JÄGER: Da es sich beim Kindergeld um ein Einkommen handelt und Einkommen eine Unterstützung für den Lebensunterhalt darstellt, wird es, auch wenn es erhöht wird, weiterhin verrechnet.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum ändern Sie das nicht?

JÄGER: Weil es sich um ein Einkommen handelt und Einkommen angerechnet werden.

ZUSATZ JUNG: Das können Sie ja ändern.

VORS. BUSCHOW: Dann kommen wir zum Thema des Arbeitsschutzes in der Fleischindustrie.

FRAGE JUNG: Warum kommt das jetzt doch nicht früher, sondern doch erst ab dem 1. Januar, sodass jetzt immer noch so weitergearbeitet werden kann?

JÄGER: Ich würde davon ausgehen, dass das Gesetz sehr schnell umgesetzt wird. Es sind nur wenige Monate. Insofern sind wir sehr zufrieden damit, dass es zum 1. Januar kommt. Aber das hindert die Arbeitsschutzkontrollbehörden der Länder natürlich auch jetzt nicht daran, sich Betriebe genau anzuschauen. Auch jetzt gelten bereits viele Regelungen, die für Coronaschutz sorgen sollen, und insofern kann man auch jetzt den Unternehmen auf die Finger schauen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber Ihr Minister wollte, dass das Gesetz früher in Kraft tritt und nicht erst zum 1. Januar. Warum haben Sie das nicht geschafft?

JÄGER: Daran, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, sind immer mehrere Instanzen beteiligt. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass das so schnell wie möglich der Fall ist. In diesem Fall wird es der 1. Januar 2021 sein.

FRAGE: Meine Frage richtet sich an das Wirtschaftsministerium. Können Sie steigende Verbraucherpreise in der Fleischindustrie und die Abwanderung von Firmen an günstigere ausländische Standorte ausschließen, oder sehen Sie eine solche Gefahr?

JÄGER: Dazu wäre ich sprechfähig.

GRAVE: Dann übergebe ich gern.

JÄGER: Der Minister hat sich heute in einer Pressekonferenz, die er dazu veranstaltet hat, ausgiebig zu diesem Thema geäußert und dort noch einmal betont, dass er nicht davon ausgehe, dass es zu eklatanten Preissteigerungen oder auch Abwanderung kommen werde. Zum einen war es bisher so, dass eher andere Länder beklagten, dass die Bedingungen in Deutschland dazu führten, dass die Fleischzerlegung von ihnen in Richtung Deutschlands abwandere. Zum anderen wurden auch bisher Gewinne gemacht, allerdings sozusagen in Zwischenketten und nicht ausschließlich von dem Ursprungsunternehmen. Die Kosten, die jetzt potenziell neu entstehen, werden sozusagen von diesen Zwischenketten umgelagert. Insofern gehen wir nicht davon aus, dass es zu eklatanten Preissteigerungen kommen wird.

ZUSATZFRAGE: Arbeitgeber kritisieren auch, dass die Zahl zu niedrig sei. Bei bis zu fünfzig Mitarbeitern darf ja weiterhin bei Arbeitsspitzen mit Leiharbeit abgefedert werden. Hätten Sie sich eine höhere Zahl gewünscht?

JÄGER: Wir sind sehr zufrieden mit der Zahl, die wir erreicht haben. Es geht ja um 49. Bis zu 49 können noch tätig bleiben, sofern es Betriebe sind, die in der Handwerksrolle eingetragen sind. Wir hätten keineswegs eine höhere Zahl gewollt.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Frage zu den potenziellen Schlupflöchern, die die Billigfleischindustrie jetzt schon auszunutzen versucht. Tönnies hat in den letzten Wochen 15 Tochterunternehmen gegründet. Wie bewerten Sie diese Entwicklung? Sehen Sie Schlupflöcher?

JÄGER: Wir verfolgen das natürlich sehr genau und werden schauen, inwieweit man darauf noch in irgendeiner Weise reagieren muss.

FRAGE GAVRILIS: Ich habe eine Frage an Frau Demmer oder das BMEL zu einem Thema, das nicht erwähnt wurde. War die Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung Lebensmittelkontrollen heute Thema? Können Sie das bestätigen?

SRS’IN DEMMER: Es gab eine sehr lange Top-1-Liste, die als beschlossen gilt, ohne dass es dazu eine Aussprache gibt. Ich müsste nachgucken, aber das BMEL kann bestimmt spontan antworten.

FRISCHEMEYER: Ja, die AVV RÜb war heute Thema im Kabinett und wurde durchgewinkt. Darüber sind wir sehr glücklich. Ich freue mich, dass ich es Ihnen hier kurz einordnen kann.

Die Länder haben uns vor nicht allzu langer Zeit gebeten, die AVV RÜb neu zu ordnen, und wünschten sich etwas mehr Flexibilität in der Sache. Dem sind wir sehr gern gefolgt. Sie hören schon, dass das im Prinzip Ländersache ist. Das heißt, dass die Länderbehörden für die Überwachung und die Kontrolle der Betriebe zuständig sind. Aber wir haben mit der AVV RÜb jetzt einen neuen Rahmen gesteckt. Dieser beinhaltet vor allen Dingen auch die Erfahrungswerte aus der Praxis in den Ländern. Genau das wurde heute vom Kabinett beschlossen.

ZUSATZFRAGE GAVRILIS: Es gibt bereits Kritik daran, dass es dahingehend geändert werden soll, dass Fleischbetriebe, die eben zur höchsten Risikoklasse gehören, nur noch wöchentlich statt täglich kontrolliert werden sollen. Auch in anderen Lebensmittelbetrieben soll es statt monatlich nun alle drei Monate Kontrollen geben.

Warum

FRISCHEMEYER: Das ist faktisch so nicht richtig. Ich kann es gern richtigstellen. Mit der neuen AVV RÜb implementieren wir ein Modell, das anders als früher jetzt verbindlich ist. Es ist risikoorientiert das war es auch früher schon und fußt auf vier Säulen: dem Hygienemanagement, der Betriebsart, dem Verhalten des Betriebsführers und der Eigenkontrolle. Ausgehend von diesen vier Säulen, leiten die Behörden vor Ort eine Regelkontrollfrequenz ab.

Zusätzlich gibt es aber noch Anlasskontrollen. Die Länder haben sich gewünscht, bei solchen Risikobetrieben, wie Sie sie gerade nannten, also im Fleischereihandwerk oder bei Fleischereiunternehmen, mehr Kapazität zu haben, um anlassbezogen und häufiger zu kontrollieren. Das kann auch jetzt immer noch arbeitstäglich passieren. Wenn die Behörden vor Ort in den Ländern oder in den Kommunen meinen, dass sie mehr kontrollieren müssten, weil es eben einen Anlass gibt, zum Beispiel eine Pressemeldung, einen Hinweis aus der Arbeiterschaft oder so etwas, dann können sie nach wie vor arbeitstäglich kontrollieren. Aber es hat keinen Sinn, einen Mineralwasserhersteller tagtäglich zu kontrollieren und dann keine Kapazitäten zu haben, um tatsächlich neuralgische Betriebe wie Fleischereien oder Fleischzerlegungsbetriebe kontrollieren zu können.

ZUSATZFRAGE GAVRILIS: Aber es ging ja um die Fleischbetriebe, um die höchste Risikoklasse. Noch einmal: Stimmt es, dass die Frequenz der Pflichtkontrollen dahingehend verringert wird, dass weniger kontrolliert wird? Es geht um die regulären Pflichtkontrollen, nicht um die Anlasskontrollen.

FRISCHEMEYER: Die Regelkontrollen werden anhand der vier Säulen klassifiziert. Daraus ergibt sich dann eine Regelkontrollfrequenz. Das bestimmen die Behörden vor Ort in den Ländern. Das kann nach wie vor arbeitstäglich passieren, wenn es um einen neuralgischen Betrieb geht. Wenn es um Fleisch geht, dann gehe ich stark davon aus, anders als zum Beispiel bei Wasserherstellern.

FRAGE MAYR: Frau Nauber, steht schon genau fest, an welchem Tag die Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten in Kraft tritt, es aber vor allen Dingen die zusätzlichen Testmöglichkeiten für alle Rückkehrer gibt?

Zweitens. Ist es richtig, dass die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten dieser Tests tragen muss?

NAUBER: Ich fange einmal von hinten an. In Umsetzung der Beschlüsse, auf die sich Gesundheitsminister von Bund und Ländern letzte Woche verständigt haben, gilt es für uns, zwei Teile umzusetzen. Das sind zum einen freiwillige Tests für alle Rückkehrer aus dem Ausland, die für diese kostenlos sein sollen. Dazu hat sich Minister Spahn vorhin gegenüber der FUNKE Mediengruppe geäußert. Die Kosten für diese Tests übernimmt der Bund über den erhöhten Zuschuss zur Krankenversicherung. Ich zitiere dazu gerne noch einmal den Minister:

„Wir müssen vermeiden, dass das Virus durch den Reiseverkehr unbemerkt nach Deutschland eingetragen wird. Darum kann sich jeder testen lassen, der nach Deutschland einreist. Die Tests können durch die Gesundheitsämter auch an Flughäfen, Bahnhöfen oder anderen Reiseknoten oder bei allen niedergelassenen Ärzten erfolgen. Diese kostenfreien Tests schützen alle. Niemand soll aus finanziellen Gründen auf sie verzichten, denn Gesundheit darf keine Frage des Geldbeutels sein.“

So viel zu der letzten Frage.

Zur ersten Frage, was die Kostenübernahme angeht: Die Erweiterung der Testverordnung des Bundes soll noch in dieser Woche in Kraft treten. Der Minister hat ja schon angekündigt, dass es eine Anordnung zu verpflichtenden Tests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten geben soll. Diese soll in der nächsten Woche in Kraft treten. Ich kann Ihnen aber noch keinen konkreten Tag nennen.

ZUSATZFRAGE MAYR: Der Minister sprach von Montag. Ist das denkbar?

NAUBER: Denkbar ist alles Mögliche. Wir arbeiten daran so schnell wir können. Es ist uns natürlich ein Anliegen, dass das so schnell wie möglich geschieht und sich alle darauf einstellen können. Wir arbeiten mit Hochdruck daran.

FRAGE WACKET: Frau Nauber oder Herr Burger, die Risikogebiete sind ja bisher als Länder klassifiziert, zum Beispiel die Türkei. Gibt es Überlegungen, das auch enger zu fassen? Der bayerische Ministerpräsident hatte das ja auch mal angeregt. Zum Beispiel könnten in Katalonien Pflichttests greifen, wenn Reisende aus solchen Regionen zurückkommen, in denen es schon Warnhinweise gibt.

BURGER: Es ist in der Tat grundsätzlich möglich, dass Risikogebiete auch unterhalb der nationalen Ebene ausgewiesen werden. Das hat es in der Vergangenheit auch schon gegeben, beispielsweise für bestimmte US-Bundesstaaten. Das wird auch in Zukunft ein mögliches Instrument sein.

ZUSATZFRAGE WACKET: Dann frage ich konkret nach: Was ist mit Katalonien?

BURGER: Was die konkrete Lage in Spanien angeht, so beobachten wir diese natürlich sehr genau. Sie haben mitbekommen, dass wir gestern unsere Reise- und Sicherheitshinweise für Spanien aktualisiert haben. Wir raten dort bis auf Weiteres von nicht notwendigen touristischen Reisen in die Regionen Aragón, Katalonien und Navarra ab, weil dort zuletzt leider die Infektionszahlen wieder steigen und es in einigen Orten auch zu teils massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens kommt. Klar ist: Wenn das Infektionsgeschehen vor Ort es erfordert, werden wir auch ohne zu zögern wieder Reisewarnungen für einzelne Gebiete oder auch für ganze Länder aussprechen. Das geschieht immer in der Gesamtschau des Infektionsgeschehens.

ZUSATZFRAGE WACKET: Das würde dann bedeuten, dass auch die Pflichttests greifen?

BURGER: Die Pflichttests sind nicht an die Reisewarnungen gebunden, sondern an die Liste der Risikogebiete. Das sind zwei Listen, bei denen es sehr viele Überschneidungen gibt, die aber eben nicht identisch sind. Es ist tatsächlich so, dass es Länder gibt, die kein Risikogebiet sind. Als ein Beispiel nenne ich Neuseeland, wo das Infektionsgeschehen sehr niedrig ist, für das wir aber trotzdem eine Reisewarnung aussprechen, weil wir für die Reisewarnung über die Infektionszahlen hinaus auch weitere Risikofaktoren, die Reisende betreffen können, natürlich in den Blick nehmen müssen, wenn es zum Beispiel Einschränkungen bei der Einreise für Deutsche gibt, oder wenn nicht sicher ist, ob dort auch Rückflugmöglichkeiten für Reisende bestehen. Das heißt, nicht jedes Land, für das es eine Reisewarnung gibt, ist auch ein Risikogebiet. Aber natürlich ist das Infektionsgeschehen für beide ein entscheidendes Kriterium.

FRAGE JUNG: Ich habe zwei Verständnisfragen.

Herr Alter, können Sie erläutern, was passiert, wenn ich aus einem Risikogebiet komme, am Flughafen den Test machen soll, mich aber weigere?

Frau Nauber, was ist mit zweiten Tests? Ich könnte mich ja am letzten Urlaubstag im Risikogebiet anstecken. Die Inkubationszeit beträgt vier Tage. Ich könnte mich am Abflughafen anstecken; ich könnte mich im Flugzeug anstecken. Werden Sie zweite Tests veranlassen?

NAUBER: Sie meinen Pflichttests?

ZUSATZ JUNG: Ja.

NAUBER: Ich würde Sie tatsächlich bitten, abzuwarten, bis die Anordnung fertiggestellt ist. Ich verweise aber gerne noch einmal darauf, dass im GMK-Beschluss schon der Hinweis enthalten ist, dass eine zweite Testung bei einem negativen Test innerhalb von fünf bis sieben Tagen ich glaube, das war der Zeitraum sinnvoll ist. Wie die Anordnung genau aussieht, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Ich würde Sie bitten, noch einen Moment abzuwarten. Wir arbeiten, wie gesagt, mit Hochdruck daran. Sie wird in Kürze vorliegen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie soll das gehen? Wenn jemand aus einem Risikogebiet einreist, soll er sich dann eine Woche später noch einmal irgendwohin begeben und den zweiten Test machen?

NAUBER: Wie gesagt, wie genau die Anordnung dann ausformuliert ist, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen.

ALTER: Ich kann Sie auch nur auf die laufenden Gespräche verweisen. Das ist eine Frage der praktischen Ausgestaltung. Das ist eine Anordnung, die nach dem Infektionsschutzgesetz getroffen werden soll. Dieses Gesetz wird dann auf Länderebene vollzogen, und die Bundespolizei ist im Rahmen ihrer eigenen Aufgaben beteiligt. Wie konkret das mit welchen Eventualitäten und gegebenenfalls Konsequenzen daraus ausgestaltet wird, ist Gegenstand der Gespräche.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie sind ja auch Bundespolizist. Sie werden doch wissen, was passiert, wenn man sich einer Anordnung oder Verordnung verweigert. Ist dann Zwang von Polizeiseite die Folge?

ALTER: Ich halte es nicht für praktikabel, dass man das mit Zwang durchsetzt. Sondern dann ist eben die Frage, welche Alternative besteht. Wenn man beispielsweise jetzt aus einem Risikogebiet einreist, wird man nicht getestet, sondern man hat die Pflicht, 14 Tage in Quarantäne zu gehen. Möglicherweise wird es ein Wechselspiel geben. Aber das sind laufende Gespräche, denen ich nicht vorgreifen kann.

FRAGE BEERHEIDE: Frau Nauber, eine Frage zu der Finanzierung. Bedeutet Ihre erste Antwort zur Finanzierung der Tests, dass das BMG nun einen Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds beschlossen hat? Wenn ja, wie hoch wird der sein?

NAUBER: Es gibt ja schon einen Bundeszuschuss. Es ist auch bereits beschlossen, dass dieser erhöht wird.

Im Übrigen hat der Minister schon mehrfach angekündigt, dass er sich im Herbst, wenn alle Zahlen vorliegen, noch einmal mit den Kassen zusammensetzen und schauen wird, wie dann die Lage ist. Dann wird man weitersehen.

FRAGE SAMBALE: Warum wurde die RKI-Liste der Corona-Risikogebiete seit neun Tagen nicht aktualisiert, obwohl sich die Lage in vielen Ländern zugespitzt hat? Wann gibt es die nächste Aktualisierung?

BURGER: Ich kann dazu sagen diese Liste wird gemeinsam vom Auswärtigen Amt, dem BMI und dem BMG gepflegt , dass wir diese Liste anlassbezogen jederzeit, mindestens vierzehntägig, aktualisieren können. Aber wenn es aufgrund des Infektionsgeschehens eine dringende Notwendigkeit gibt, kann das auch schneller passieren.

FRAGE DR. TUYALA: Frau Nauber, Herr Burger, ab wann gilt denn eigentlich ein Gebiet als Risikogebiet? Gibt es dafür feste Kriterien oder werden diese Kriterien im Laufe der Zeit angepasst? Wie sieht das in dem Bereich aus?

BURGER: Ein Kriterium ist natürlich einerseits die quantitative Pandemieentwicklung, also die Ansteckungszahlen, wie sie gemeldet werden. Darin fließt natürlich auch eine Bewertung ein, inwiefern die Datengrundlage, die es in einem bestimmten Land gibt, eigentlich verlässlich ist oder nicht. Für die Europäische Union haben wir dazu die Daten des ECDC; für andere Länder ist die Datengrundlage teilweise nicht so einfach zu ermitteln.

Dann gibt es aber auch eine qualitative Bewertung, bei der es um die Fragen geht: Wie zuverlässig und stabil ist das Gesundheitssystem vor Ort? Gibt es ausreichende Testkapazitäten? Gibt es überzeugende Hygieneregeln? All das fließt in die Bewertung von Risikogebieten mit ein.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Das ist also ein Set von festen Kriterien, anhand derer entschieden wird, ob ein Gebiet als Risikogebiet eingestuft wird? Das sind also immer die gleichen Kriterien und ab einer bestimmten Zahl gilt zum Beispiel ein Gebiet als Risikogebiet?

BURGER: Entschieden wird in der Gesamtschau dieser Kriterien. Da fließen, wie gesagt, auch qualitative Faktoren mit ein. Es sind natürlich dieselben Kriterien, die für alle Länder gelten.

FRAGE GRAVILIS: Frau Nauber, eine Frage zu den Pflichttests. Wie hoch werden die Kosten sein?

NAUBER: Das wird davon abhängen, in welchem Umfang die Tests in Anspruch genommen werden. Ich habe ja vorhin ausgeführt, dass wir über die Pflichttests hinaus gerade die Testverordnung des Bundes anpassen, die regelt, in welchen Fällen sich Personen ohne Symptome testen lassen können. Das hängt ganz stark davon ab, in welchem Umfang das in Anspruch genommen wird. Insofern kann ich das nicht genau beziffern.

ZUSATZFRAGE GRAVILIS: Sie können keine Summe nennen? Im Ministerium wird nicht über Summen geredet, wenn es um Geld geht? Eine Milliarde Euro, drei Milliarden Euro?

NAUBER: Wie gesagt, das hängt davon ab, wie das in Anspruch genommen wird. Deswegen können wir das vorab nicht seriös quantifizieren.

FRAGE TIEDE: Stimmt es, dass es einen Mangel an bestimmten Ingredienzen für die PCR-Coronatests gibt?

NAUBER: Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass die Kapazität für die Tests im Moment bei gut 1,2 Millionen pro Woche liegt. Ich habe mir heute noch einmal die aktuellen Zahlen geben lassen. Davon wird im Moment ungefähr die Hälfte ausgeschöpft. Ich glaube, die Zahlen sprechen für sich.

FRAGE RÖPCKE: Ich habe eine Frage zur Corona-Warn-App. Am letzten Freitag hieß es vonseiten der Telekom, dass Hintergrundaktualisierungsproblem auf iOS liege betriebssystemseitig bei Apple. Am Samstag wurde dann ein App-Update veröffentlicht, das das Problem behoben hat. War es Ende doch ein Problem des Apple-Codes?

Zweitens. Derzeit heißt es einerseits, die App funktioniere jetzt, wie sie soll, also im Hintergrund der Mobiltelefone. Andererseits hören wir, dass man sie täglich einmal öffnen soll, um ganz sicher zu gehen. Was ist hier der Sachstand?

SRS’IN DEMMER: Der Sachstand ist darüber haben wir ja auch schon am Montag gesprochen , dass die App gut funktioniert. Sie misst genau wie beschrieben die Kontakte. Jedes Handy gleicht also die Codes mit den Handys, denen es begegnet, ab. Einschränkungen gibt es bei verschiedenen Handys, was die Hintergrundaktualisierung anbelangt. Das heißt, nicht jeder ist automatisch über die Begegnungen informiert worden. In der vergangenen Woche war es auf manchen Handys notwendig, einmal am Tag auf die App zu klicken, um zu bemerken, ob man möglicherweise jemanden getroffen hat, der infiziert war und sich dann auch über die App dazu gemeldet hat.

Dieses Problem der Hintergrundaktualisierung ist in den letzten Tagen sowohl für die Android-Handys als auch für die iOS-iPhones behoben worden. Bei den Android-Handys lässt sich in den Einstellungen der App ein Schieberegler so verschieben, dass die Hintergrundaktualisierung jetzt funktioniert.

Was die iPhones angeht Herr Röpcke fragte ja, an wem es lag , sah es zunächst so aus, als läge es am Betriebssystem. Im Laufe der Reparaturarbeiten, wenn ich das hier so „unnerdig“ sagen darf, ist klar geworden, dass es auch am Coding der App lag. Das heißt, das Zusammenspiel zwischen dem Code der App und dem Betriebssystem hat nicht so funktioniert, wie es hätte funktionieren sollen. Deswegen ist es jetzt bei den iPhones notwendig, dass man tatsächlich das aktuellste Betriebssystem herunterlädt und dann noch einmal auf die App klickt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Das klingt alles sehr kompliziert, und mir leuchtet schon ein, dass das für manche Leute erst einmal abschreckend klingt. Erstens gibt es eine Hotline. Zweitens verweise ich gerne noch einmal auf www.bundesregierung.de, wo Erklärungen, Hinweise, alle Q&A und hoffentlich verständliche Erklärungen zu finden sind, wie man diese Sachen umstellen kann.

Die einfachste Lösung für den Moment ist, dass alle Nutzer, die diese App haben wir freuen uns jetzt über knapp 6,5 Millionen [Korrektur: 16,5 Millionen] Nutzer , am besten einmal am Tag, sozusagen vor oder nach dem Zähneputzen, auf diese App klicken. Dann findet man das jüngste Ergebnis.

Wenn ich das auch erklären darf: Das Problem ist das war mir neu , dass es tatsächlich um die 300 000 Telefone mit einer Android-Hardware gibt. Es ist offenbar eine sehr komplexe Sache ich beherrsche Coding nicht , das Zusammenspiel zwischen Hardware, Betriebssystem und der App immer auf Stand zu halten.

Es war von Anfang an klar, dass das Projekt mit dem Start vor genau sieben Wochen, wenn ich das noch einmal in Erinnerung rufen darf sieben Wochen ist kein Alter für so eine App, würde ich sagen , nicht abgeschlossen war. Sondern wir arbeiten quasi täglich und rund um die Uhr daran, dass das Ding besser wird. Wenn wir Fehler finden, beheben wir diese.

Ich würde auch noch gerne Folgendes loswerden: Die App war von Anfang an ein Hilfsmittel und kein Allheilmittel. Wenn man sich also überlegt, dass sie der Ersatz für Mitarbeiter des Gesundheitsamtes ist, die händisch und telefonisch erfragen, welche Kontaktketten es gegeben hat, ist sie in jedem Fall als Ergänzung und Hilfsmittel in der Pandemie eine Superlösung. Auch wenn sich die Infektionszahlen jetzt leicht erhöht haben, ist es gut, dass wir diese Phase zu Zeiten haben, wo wir die Pandemie noch beherrschen, was hoffentlich so bleiben wird. Jedenfalls ist die App weiterhin ein gutes Hilfsmittel. So, und jetzt Fragen.

FRAGE TIEDE: Meine Frage wurde wohl missverstanden. Es ging um Ingredienzen für die PCR-Coronatests. Es geht nicht um die Kapazitäten, sondern um die Frage, ob es genügend Material für die Labortests gibt.

NAUBER: Die Kapazitäten werden vom RKI bei den Laboren abgefragt. Wir gehen davon aus, dass, wenn die Kapazitäten so gemeldet werden, sie dann auch so vorhanden sind. Uns liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass es Engpässe gibt.

FRAGE MAYR: Frau Nauber, Herr Alter, die Deutsche Fußball Liga hat inzwischen ein Konzept vorgelegt, wie man ab der nächsten Saison wieder teilweise Zuschauer zulassen könnte. Wenn ich das richtig sehe, soll das ohne Gästefans und ohne Stehplätze ablaufen.

Die erste Frage ist, ob das angesichts der Tatsache denkbar ist, dass die Infektionszahlen wieder steigen. Es soll wohl in den nächsten zwei Wochen dazu eine Entscheidung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern geben. Trifft das zu?

Zweitens. Können Sie schon etwas zum Inhalt dieses Konzepts sagen?

ALTER: Ich kann ja einmal aus Sicht des Innenministeriums, das ja für Sport zuständig ist, anfangen. Der Bundesinnenminister hat sich in der Vergangenheit mehrfach offen dafür gezeigt, dass Fußballspiele auch wieder unter Teilnahme von Zuschauern zugelassen werden können. Die Vereinbarkeit von Lebensfreude und Gesundheitsschutz bzw. Infektionsschutz ist ja an anderen Stellen auch unter Beweis gestellt worden. Wichtig ist, dass die Regeln greifen und dass sie eingehalten werden. Die Konzepte werden jetzt bewertet, und wenn diese Konzepte überzeugen und tragfähig sind, ist jedenfalls aus Sicht des BMI sozusagen kein generelles Hemmnis vorhanden. Dazu, wie weit die Prüfung jetzt im Moment ist, kann ich Ihnen keine Auskunft geben.

ZUSATZFRAGE MAYR: An der Stelle möchte ich gleich noch einmal nachhaken: Sie sehen trotz der steigenden Infektionszahlen keine Probleme?

ALTER: Man muss natürlich die Gesamtsituation im Blick behalten. Allerdings ist es so, dass wir bei den Konzepten davon ausgehen, dass durch die Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen eine Übertragung des Virus vermieden werden kann, beispielsweise durch Abstandhalten, durch Maskenpflicht und Ähnliches viele Dinge, die Sie kennen. Die Konzepte, die vorgelegt werden, müssen eben sicherstellen, dass bei einem Stadionbesuch keine Infektionsketten ausgelöst werden. Wenn sie das tun, gibt es gute Chancen, dass auch Fußball wieder mit Zuschauern möglich ist.

NAUBER: Ich habe dem, ehrlich gesagt, nicht so viel hinzuzufügen. Der Gesundheitsminister hat sich ja vor, ich glaube, zwei Wochen schon einmal grundsätzlich zu diesem Thema und zu dem Konzept, das uns vorgelegt worden war, geäußert. Er hatte gesagt, dass es wesentliche Aspekte des Infektionsschutzes berücksichtige und dass eben unter anderem wichtig ist, dass die Zuschauerzahl reduziert wird, dass der Mindestabstand eingehalten wird, dass auf Stehplätze verzichtet wird und dass es Konzepte zur sicheren An- und Abreise sowie ein Alkoholverbot gibt. Allerdings ist Papier geduldig, und es geht eben am Ende darum, dass die Vereine diese Konzepte dann auch tatsächlich leben und dann mit den zuständigen Behörden vor Ort im Einzelnen abstimmen.

ZUSATZFRAGE MAYR: Die Entscheidung fällt dann über den Weg der Gesundheitsminister in den nächsten zwei Wochen?

NAUBER: Es entzieht sich jetzt, ehrlich gesagt, meiner Kenntnis, ob es Pläne gibt, dass die Gesundheitsminister darüber sprechen; ich kann mich dazu aber gerne noch schlau machen. Am Ende kommt es aber darauf an, dass das vor Ort in Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort umgesetzt wird.

VORS. BUSCHOW: Herr Jung, bevor Sie Ihre Frage zur Corona-Warn-App stellen, würde ich noch Frau Demmer das Wort geben; denn ich glaube, sie wollte auch noch etwas zur App loswerden.

SRS’IN DEMMER: Das trifft sich in der Tat gut, ich habe mich nämlich versprochen: Ich habe von 6,5 Millionen Nutzern gesprochen, es sind aber knapp 16,5 Millionen Nutzer. Das gibt mir außerdem die Gelegenheit, noch einmal dafür zu werben: Sie wird mit jedem Nutzer nützlicher. Und jetzt Herr Jung.

FRAGE JUNG: Ich glaube, Sie haben auch noch ein paar andere Sachen durcheinandergebracht 300 000 Android-Telefone usw. Ich würde Sie bitten, sich das, was Sie gesagt haben, vielleicht noch einmal im Nachhinein anzuhören und dazu etwas nachreichen.

SRS’IN DEMMER: Ich brauche mir das nicht anzuhören.

ZUSATZ JUNG: Im Netz gibt es auch schon Hohn und Spott dafür.

SRS’IN DEMMER: Tatsächlich?

ZUSATZ JUNG: Ja.

VORS. BUSCHOW: Das lässt sich aber, glaube ich, in dieser Sekunde schwer auflösen.

ZUSATZ JUNG: Darum: Nachreichen.

VORS. BUSCHOW: Vielleicht lässt sich das danach bilateral klären.

SRS’IN DEMMER: Sie müssten schon klar sagen, was Sie nachgereicht haben möchten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das war jetzt zu viel von den Analogien bis zu den Zahlen. Die eine Zahl haben Sie ja schon korrigiert.

VORS. BUSCHOW: Ich glaube aber, auf diese Weise kommen wir hier im Raum gerade nicht weiter, und ich habe auch noch eine Latte an anderen Themen.

FRAGE HASENKAMP: An das Wirtschaftsministerium zur Übergabe des Berichts der Monopolkommission. Darin geht es ja auch noch einmal um das Thema China. Und zwar wird da vorgeschlagen, den Weg über Beihilfeprüfungen zu gehen. Wie verhält sich der Minister dazu? Ist das ein Weg, der jetzt verfolgt werden soll?

GRAVE: Genau, der Bericht der Monopolkommission wurde übergeben. Wir schauen uns den jetzt an und geben dann Stellung dazu.

ZUSATZFRAGE HASENKAMP: Das Schwerpunktthema China ist ja auch ein Thema, das der Minister schon mehrfach angesprochen hat und zu dem er auch eigene Vorschläge gemacht hat. Können Sie das noch ein bisschen konkretisieren?

GRAVE: Wir müssen jetzt schauen, was genau in dem Gutachten steht, und dann können wir Stellung zu den Vorschlägen nehmen, die in dem Gutachten gemacht werden.

FRAGE GAVRILIS: Ich befürchte, die Antwort auf meine Frage wird genau die gleiche sein: Die Monopolkommission hat bezüglich der jüngsten Vergabe der TV-Rechte an der Ersten und Zweiten Fußball-Bundesliga ja auch das Bundeskartellamt kritisiert und fehlenden Wettbewerb bemängelt. Was sagen Sie dazu?

GRAVE: Genau, da ist die Antwort die gleiche: Wir werden uns anschauen, was in dem Gutachten steht, und dann dazu Stellung nehmen.

ZUSATZFRAGE GAVRILIS: Ernsthaft? Sie können aktuell also nichts zur Monopolkommission sagen?

GRAVE: Nein also nicht zu dem Gutachten.

ZUSATZFRAGE GAVRILIS: Das stand auch online; die Überreichung war ja, glaube ich, eine symbolische Überreichung. Insofern verstehe ich nicht, dass Sie hierzu nicht Stellung nehmen können.

GRAVE: So eine Stellungnahme muss abgesprochen werden, es muss diskutiert werden. Wenn wir so eine gemeinsame Stellungnahme fertiggestellt haben, können wir Stellung dazu nehmen.

FRAGE: Auch zum Gutachten der Monopolkommission, aber ich versuche es jetzt einmal ein bisschen allgemeiner: Es ist ja so, dass die Chinesen in Deutschland verstärkt durch die Coronapandemie geschwächte Unternehmen aufkaufen. Tut die Bundesregierung irgendetwas dagegen?

GRAVE: Da muss ich an dieser Stelle passen. Es gibt bestehende Regelungen, wie wir mit Bevor ich an dieser Stelle jetzt etwas Falsches sage: Ich müsste nachreichen, ob wir dazu eine Meinung haben neben der Stellungnahme, die wir zum Gutachten der Monopolkommission veröffentlichen werden.

FRAGE JUNG: Wann werden Sie dazu sprechfähig sein, wann können wir hierzu Fragen stellen?

GRAVE: Wann die Stellungnahme fertiggestellt ist, weiß ich, ehrlich gesagt nicht. Sie wird aber veröffentlicht werden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können wir hier am Montag dazu fragen?

GRAVE: Ich würde sagen, wir werden die Stellungnahme veröffentlichen, und wenn Sie sehen, dass sie zur Verfügung steht, können Sie Fragen dazu stellen.

Noch zu den Übernahmen: Da gibt es Einzelfallprüfungen, und die gibt es ja bereits jetzt.

VORS. BUSCHOW: Wenn es schon früher Nachreichungen gibt, würden wir uns freuen und die gerne weitergeben.

FRAGE RIEDEL: An der Berufung von Nurhan Soykan vom Zentralrat der Muslime in die Abteilung Religion und Außenpolitik des Auswärtigen Amts entzündet sich parteiübergreifend scharfe Kritik. Ihr wird vorgeworfen, sich nicht klar genug von Antisemitismus und Islamismus zu distanzieren und die umstrittenen Al-Quds-Demonstrationen verteidigt zu haben. Hält das Auswärtige Amt an der Berufung Soykans fest? Wie begegnen Sie der Kritik?

BURGER: Vielen Dank. Ich würde zuerst gerne kurz etwas zum Hintergrund dieses Projekts ausführen.

Das Auswärtige Amt ergänzt die klassische Außenpolitik zwischen Staaten um eine Außenpolitik der Gesellschaften, und das tun wir schon seit Jahren und zu verschiedensten Themen. Seit dem Jahr 2016 arbeiten wir auch zum Thema Religion und Außenpolitik. Die Idee ist ganz einfach: 84 Prozent der Weltbevölkerung bekennen sich zu einer Religion, die Strukturen der Religionsgemeinschaften reichen häufig bis in die entlegensten Orte, und ihre Stimme wird gerade dort auch gehört. Deswegen möchte das Auswärtige Amt Religionsgemeinschaften auf die damit einhergehende Verantwortung für Frieden ansprechen. Das Auswärtige Amt möchte den Einfluss dieser Religionsgemeinschaften besser verstehen und das konstruktive Potenzial stärken. Dazu möchte das Auswärtige Amt auch durch den Kontakt mit Vertretern verschiedener Religionen auch die eigene Kompetenz in diesem Feld verstärken.

Die Kritik an dem Projekt zu Religion und Außenpolitik nehmen wir sehr ernst. Das gilt natürlich besonders auch für die kritischen wie auch die positiven Rückmeldungen von religiösen Verbänden und Vereinen, die diesem Themenfeld grundsätzlich aufgeschlossen gegenüberstehen. Diese Wortmeldungen nehmen wir aufmerksam an und sind für die Beiträge dankbar. Wir werden in den kommenden Tagen einen intensiven Beratungsprozess zu diesem Projekt mit religiösen Verbänden und Vereinen und anderen, die dazu Beiträge leisten können, aufnehmen. Es ist uns wichtig, die Kritikpunkte genau anzuhören und darauf einzugehen. An einigen Stellen wird es vielleicht auch darum gehen, Missverständnisse auszuräumen, etwa was die Funktion des Projekts und der Berater angeht. Ziel dieses Gesprächs- und Austauschprozesses, den wir anstoßen möchten, ist es, das Projekt im Bereich von Religion und Außenpolitik so auszugestalten, dass es breite Unterstützung von denjenigen in Politik und Gesellschaft erhält, die wir für diese Arbeit brauchen. Bis dahin lassen wir die Arbeit an dem Projekt ruhen.

Ich möchte dazu auch noch anfügen: Ein Teil der Wortmeldungen, die es in den letzten Tagen dazu gegeben hat, vor allem in den sozialen Medien, spricht leider auch die Sprache unverhohlener antimuslimischer Ressentiments bis hin zu offenem Rassismus. Wortmeldungen dieser Art haben in einem demokratischen Diskurs keinen Platz, und die weisen wir auf das Schärfste zurück.

VORS. BUSCHOW: Ich erinnere noch einmal an die konkrete Frage: Hält das AA an der Berufung fest? Die andere Frage ist: Nach welchen Kriterien wurde Frau Soykan ausgewählt?

BURGER: Wie gesagt, wir möchten über dieses Projekt mit denjenigen, die sich dafür interessieren, und auch mit denjenigen, die Kritik daran geäußert haben, in einen Beratungsprozess eintreten, und wir möchten dieses Projekt im Rahmen dieses Austauschs so weiter ausgestalten, dass es breite Unterstützung von denjenigen in Politik und Gesellschaft erhält, die wir dafür brauchen.

FRAGE HASENKAMP: Habe ich Sie richtig verstanden: Sie lassen das Projekt ruhen? Können Sie das noch einmal erklären? Das Ganze liegt jetzt also auf Eis, bis dieser Diskussionsprozess abgeschlossen ist? Das gilt dann ja auch für die Berufung, oder nicht?

BURGER: Die Arbeit an dem Projekt lassen wir so lange ruhen, bis wir in diesem Beratungsprozess an einen Punkt gekommen sind, wo wir den Eindruck haben, dass wir die breite Unterstützung aus Politik und Gesellschaft dafür haben, die wir dafür brauchen.

ZUSATZFRAGE HASENKAMP: Das gilt dann auch für die Personalie?

BURGER: Das gilt für die gesamte Arbeit an dem Projekt.

FRAGE TOWFIGH NIA: An das Verteidigungsministerium: Herr Collatz, der amerikanische Verteidigungsminister wird heute die Einzelheiten über die Pläne für den Abzug von US-Truppen aus Deutschland bekanntgeben. Wurde die Bundesregierung darüber schon informiert? Gibt es noch Anstrengungen bzw. Bestrebungen der deutschen Seite, diese Rückzugspläne rückgängig zu machen?

COLLATZ: Ich glaube, ich habe am Montag genau das gesagt, was auch jetzt noch gilt: Es gab dazu Gespräche und die Amerikaner werden sich bald dazu äußern. Im Anschluss daran auch das habe ich deutlich gemacht wird es noch eine Vielzahl an Gesprächen sowohl mit dem Parlament als auch in der gesamten Bundesrepublik geben müssen. Danach wird die Öffentlichkeit darüber informiert, wie die Umsetzung sich darstellen könnte.

FRAGE HASENKAMP: Sie hatten, glaube ich, angekündigt, dass es eine abgestimmte Erklärung geben werde. Deswegen noch einmal die Frage: Wenn Herr Esper sich später äußert, spricht er dann quasi abgestimmt mit der Bundesregierung, oder wird es heute noch eine eigene Stellungnahme von Ihnen dazu geben?

COLLATZ: Sie werden den Medien ja entnommen haben, dass es auch innerhalb der amerikanischen Prozesse und Strukturen noch erheblichen Abstimmungsbedarf gegeben hat. Das Ergebnis werden wir wahrscheinlich heute Nachmittag von amerikanischer Seite hören, und dann beginnt intern der letzte Abstimmungsprozess. Der kann natürlich nur auf dem basieren, was von amerikanischer Seite geäußert wird.

ZUSATZFRAGE HASENKAMP: Der Transatlantik-Koordinator hat sich dahingehend geäußert, dass er hofft, der Senat oder der amerikanische Kongress werde die Pläne sozusagen noch zunichtemachen. Ist das quasi die Hoffnung der Bundesregierung?

COLLATZ: Der Koordinator ist nicht bei uns.

BURGER: Ich habe diese Äußerungen des Koordinators ehrlich gesagt nicht vorliegen. Ich kann dem, was der Kollege vom Verteidigungsministerium sagt, hier eigentlich auch nicht sehr viel hinzufügen, außer dem, was wir in der Vergangenheit bereits gesagt haben, nämlich dass die Bundesregierung der Auffassung ist, dass die enge Zusammenarbeit mit den US-Streitkräften auch in Deutschland in beiderseitigem Sicherheitsinteresse ist.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Collatz, dazu noch eine Verständnisfrage: Das heißt, die Amerikaner haben Sie noch nicht über die Einzelheiten dieser Abzugspläne informiert, Sie werden das alles also erst heute in der Pressekonferenz mitgeteilt bekommen? Habe ich das richtig verstanden?

COLLATZ: Unsere Ministerin hat mit ihrem Amtskollegen anlässlich von regelmäßig stattfindenden Gesprächen natürlich auch über den Prozess des Vorhabens der Amerikaner gesprochen, eventuell ihre Truppenanzahl zu reduzieren. Da wurde tatsächlich über den Prozess gesprochen; darüber sind wir informiert. Die Zahlen bzw. die ungefähr Größenordnung ist ja auch schon breit kommuniziert worden. Aber wie Sie sich vorstellen können, sind da auch noch viele Details zu klären und zu besprechen. Diese Details müssen wir abwarten.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Sie wissen also zum Beispiel noch nicht, um welche Basen es geht? Oder wissen Sie das schon?

COLLATZ: Wir kennen die Basen der Amerikaner. Welche wie stark betroffen sind, ist sicherlich erst auf amerikanischer Seite im Detail zu besprechen gewesen.

FRAGE TOWFIGH NIA: Eine weitere Frage zum geplanten Kauf der 45 Kampfflugzeuge vom Typ F-18: Es gab heute Meldungen von Greenpeace, wonach die bis zu acht Milliarden Euro kosten würden. Können Sie das bestätigen? Bleibt es bei dem Plan, dass es erst 2022 bzw. 2023 zu einer Entscheidung über den Kauf dieser Kampfflugzeuge kommt?

COLLATZ: Die F-18-Angaben von Greenpeace habe ich auch mit Interesse zur Kenntnis genommen. Ich kann diese Größenordnung weder bestätigen noch dementieren. Auch zu diesem Beschaffungsvorhaben habe ich hier aktiv gesprochen. Richtig ist, dass wir frühestens 2022 dem Parlament eine Vorlage geben werden können, die entscheidungsreif ist und dann auch Kosten beziffern wird, die dann zu genehmigen wären. Ich erinnere daran, dass der Beschaffungsprozess, also die tatsächliche Beschaffung dieser Flugzeuge, ab 2030 beginnen muss. Bis dahin sind auf dem Markt sicherlich auch noch viele Preisentwicklungen möglich.

Was die Größenordnung betrifft wenn Sie von einstelligen, zweistelligen oder dreistelligen Milliardengrößen ausgehen , kann ich ungefähr bestätigen, dass es einstellig bleiben wird und nicht dreistellig werden wird. Die Zahl, die genannt wurde und die, so wie ich es verstanden habe, aus Berichten über Käufe anderer Nationen schlussgefolgert wurde, halte ich nicht für eine ausreichende Grundlage, um damit Entscheidungen herbeizuführen.

FRAGE LÜCKING: Herr Collatz, was unternimmt die Bundeswehr, wenn sich rund um ihre Corporate Influencer in sozialen Medien eine rechte bis rechtsradikale Filterbubble zum Shitstorm verabredet? Das ist gerade wieder der Fall: Menschen, die die Bundeswehr rund um die aktuelle Berichterstattung zum Social-Media-Leiter kritisiert haben, werden angegriffen. Was unternimmt die Bundeswehr? Findet dort ein Monitoring statt, findet dort eine systematische Auswertung statt? Wie unterstützt die Bundeswehr die Zivilgesellschaft, wenn sich solche Shitstorms ausgerechnet an Bundeswehrthemen entwickeln?

COLLATZ: Zunächst: Corporate Influencer kenne ich seitens der Bundeswehr nicht. Wir haben uns natürlich im Rahmen unserer offiziellen Äußerungen an alles zu halten, was gesetzlich vorgegeben ist, und haben natürlich ein höchstes Interesse daran, dass sich Äußerungen zu uns und von uns in diesem Rahmen bewegen. Wir unterstützen alles im Rahmen unserer dienstlichen Kanäle, um eine offene und freie Gesellschaft auch im Kommunikationsbereich zu unterstützen.

Alle anderen Freiheiten, die sich manche im Netz herausnehmen, kann ich hier nur begrenzt ansprechen. Ich weiß auch nicht, worauf Sie sich jetzt beziehen. Da müsste ich noch einmal ins Netz schauen und mit dem entsprechenden Referat sprechen.

ZUSATZFRAGE LÜCKING: Dann präzisiere ich das noch: Ich meinte Corporate Influencer auch im Sinne von Testimonials. Die sind vielleicht nicht offiziell gesetzt, aber Sie hatten ja in Person des Social-Media-Leiters jemanden, der sich quasi zum Testimonial stilisiert hat.

Noch eine Verständnisfrage: Wer verantwortet auf Twitter den Account @BMVg_Bundeswehr und den Account @bundeswehrInfo? Hatte Herr B. dort auch Möglichkeiten zu monitoren, hineinzugucken, Inhalte vorzugeben?

COLLATZ: Sämtliche offizielle Kanäle der Bundeswehr werden letztlich in Herausgeberschaft des Verteidigungsministeriums und hier des Presseinfostabes betrieben. Die Verantwortlichkeiten für die Inhalte liegen an verschiedenen redaktionellen Stellen in der Bundeswehr für die Öffentlichkeit. Bei dem Twitterkanal @bundeswehrInfo ist es zum Beispiel die Redaktion der Bundeswehr. Für @BMVg_Bundeswehr liegt sie direkt im BMVg.

ZUSATZFRAGE LÜCKING: Also können Sie ausschließen, dass Herr Bohnert diesen Kanal mitgelesen hat, ausgewertet hat, dort eventuell auch noch Inhalte hineingegeben hat oder mit dem Team in engem Kontakt stand?

COLLATZ: Als Referent für Social Media das ist ja die Aufgabe, die er bis zu seiner Ablösung von diesen Aufgaben wahrgenommen hat war es natürlich seine Aufgabe, auch in diese Kanäle hineinzuschauen und Inhalte vorbereiten zu lassen.

FRAGE DR. TUYALA: Es gibt aktuell immer mehr Berichte darüber, dass die Bundesregierung grünes Licht für Waffenlieferungen an den Kosovo gegeben habe. Der serbische Präsident Vučić hat sich genauso wie der Verteidigungsminister Serbiens auch schon dazu geäußert. Wie lautet die Stellungnahme der Bundesregierung oder des Bundesverteidigungsministeriums zu diesem Sachverhalt?

COLLATZ: Zu Waffenlieferungen kann ich keine Angaben machen.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Frau Demmer?

SRS’IN DEMMER: Mir ist der Sachverhalt nicht bekannt. Ich würde gegebenenfalls etwas nachliefern.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Herr Burger?

BURGER: Das gilt für mich auch. Soweit das überhaupt in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes läge, müsste ich diesbezüglich etwas nachreichen.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Dann hätte ich eine Zusatzfrage zu dem Themenkomplex. Es ist ja allgemein bekannt, dass das kosovarische Parlament ebenfalls grünes Licht für den Aufbau einer Armee im Kosovo gegeben hat. Das sorgt jetzt natürlich regional gerade für erhebliche Unruhe. Wie lautet die Einschätzung der Bundesregierung? Wie steht sie dazu? Es wird ja auch von vielen Völkerrechtlern gesagt, dass das gegen die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats verstoßen würde. Wie positioniert sich die Bundesregierung dazu?

BURGER: Auch das würde ich gerne nachreichen.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Herr Collatz?

COLLATZ: Keinerlei Zuständigkeit bei uns!

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Inwiefern nicht zuständig?

COLLATZ: Das BMVg ist mit Waffenlieferungen nicht befasst. Wir verkaufen unsere Waffen nicht.

ZUSATZ DR. TUYALA: Dann würde ich also gerne Frau Demmer fragen. Das ist schon ein hochbrisantes Thema! Es wäre schon interessant, dazu eine konkrete Stellungnahme der Bundesregierung zu erhalten, die sich ja im Dialog zwischen Serbien und Kosovo engagiert.

VORS. BUSCHOW: Herr Tuyala, es war ja zugesichert worden, dass es eine Nachlieferung geben werde. Das ist bedauerlicherweise bei einigen Themen manchmal der Fall. Ich glaube, auf diese Art und Weise kommen wir gerade nicht weiter, auch wenn Sie noch dreimal sagen, dass Sie es gerne jetzt hätten.

ZUSATZ DR. TUYALA: Nein. Ich würde nur gerne noch ein weiteres Mal Frau Demmer danach fragen. Vielleicht hat Sie noch eine Stellungnahme abzugeben.

SRS’IN DEMMER: Ich habe Ihnen ja gerade gesagt, dass ich den Sachverhalt nicht kenne und gegebenenfalls etwas nachliefern würde. Sie kennen ja grundsätzlich unsere restriktiven Rüstungsexportrichtlinien.

ZURUF DR. TUYALA: Um diese ging es ja in der Zusatzfrage jetzt nicht!

SRS’IN DEMMER: Die Antwort auf die Zusatzfrage wird gegebenenfalls das Auswärtige Amt nachliefern.

FRAGE VAN DE HULSBEEK: Ich habe eine Frage an Frau Demmer. Es geht um ein Schreiben, das heute beim Kanzleramt eingereicht worden ist. Es geht um eine Entschädigung für niederländische Kriegsopfer im Zusammenhang mit Reichsbahntransporten im Zweiten Weltkrieg. Die Forderung kommt von Herrn Salo Muller. Der hat in den Niederlanden schon mit der niederländischen Bahn über so eine Entschädigung verhandelt. Meine Frage an Sie ist eigentlich: Würde die Bundesregierung sich dieser Verantwortung auch stellen? Ist sie bereit, diese Opfer zu entschädigen?

SRS’IN DEMMER: Wir konnten noch nicht verifizieren, ob dieser Brief eingegangen ist. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass sich Deutschland natürlich zu seiner Verantwortung für die Verbrechen der Naziherrschaft bekennt, gleichgültig, in welchem unserer Nachbarländer sie verübt wurden. Von Deutschland ist unvorstellbare Gewalt ausgegangen, die unzählige Menschen in zahlreichen Ländern Tod und Verderben gebracht hat. Wir werden die von Deutschen während des Zweiten Weltkriegs begangenen Verbrechen nie vergessen. Sie erfüllen uns bis heute mit großer Betroffenheit und Scham.

ZUSATZFRAGE VAN DE HULSBEEK: Diese Forderung ist auch bei der Deutschen Bahn eingereicht worden, aber die sieht sich nicht in der Verantwortung und verweist auf die Bundesregierung. Können Sie vielleicht schon grundsätzlich sagen, ob Sie bereit wären, sich mit Herrn Muller an einen Tisch zu setzen und diese Forderungen zu besprechen?

SRS’IN DEMMER: Ich kann ein solches Angebot jetzt schlecht unterbreiten, bevor der Briefkontakt überhaupt hergestellt worden ist.

VORS. BUSCHOW: Wenn ich es recht gesehen habe, kann das Finanzministerium weiterhelfen.

KOLBERG: Genau, wir sind ja für das Thema auch zuständig. Vielleicht kann ich noch kurz etwas ergänzen. Frau Demmer hat ja hier schon den wichtigsten Teil genannt. Ich möchte noch einmal hinzufügen: In dem Wissen, das geschehenes Unrecht natürlich nicht ungeschehen gemacht werden kann, leisten die Bundesregierung und die Bundesrepublik weltweit Entschädigungsleistungen. Zu Einzelfällen können wir von hier aus natürlich nicht Stellung nehmen. Es ist aber selbstverständlich, dass jeder Einzelfall genau geprüft wird. Im Übrigen haben wir umfangreiches Informationsmaterial zu den Entschädigungsleistungen, die die Bundesrepublik geleistet hat und auch derzeit leistet, auch auf unserer Internetseite zusammengestellt. Wenn Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne auch noch einmal bilateral an uns wenden.

FRAGE TOWFIGH NIA: Zum Waffenschmuggel nach Libyen: Herr Burger, Ihr Minister hat gestern über eine Vereinbarung der Bundesrepublik, Frankreichs und Italiens gesprochen, wonach Unternehmen, die Waffen über Drittländer nach Libyen schicken, sanktioniert werden. Können Sie uns nähere Einzelheiten nennen? Wie würde das konkret aussehen?

Ich hatte vor einiger Zeit auch eine Frage nach einem Bericht gestellt, wonach deutsche Lkws der Gruppe MAN in Libyen gesichtet worden sind, auf denen Luftabwehrraketensysteme montiert worden sind. Sie wollten dieser Sache nachgehen. Haben Sie da schon einen Einblick erhalten?

BURGER: Hinsichtlich der letzten Frage habe ich keinen neuen Stand dabei. Wenn wir darüber inzwischen etwas Neues wissen sollten, dann würde ich das gerne nachreichen.

Zum Thema der Sanktionen: Ich glaube, Sie beziehen sich wahrscheinlich auf Äußerungen des Außenministers von gestern.

ZUSATZ TOWFIGH NIA: Ja, auf ein Interview mit dem Bonner „General-Anzeiger“ von gestern.

BURGER: Ah, das Interview von Montag! – Es ist so, dass wir uns derzeit gemeinsam mit unseren europäischen Partnern in Überlegungen bezüglich neuer Sanktionen gegen solche Individuen und Unternehmen befinden, die am Waffenschmuggel nach Libyen beteiligt sind. Es geht darum, dass Sanktionen gegen individuelle Personen oder Unternehmen ergriffen werden, deren Vermögen in der EU eingefroren werden kann und denen im Fall von Personen die Einreise in die EU untersagt wird. Das bezieht sich auf das bereits bestehende EU-Sanktionsregime in Bezug auf Libyen, im Rahmen dessen Sanktionen gegen Individuen und Unternehmen möglich sind, die den Friedensprozess in Libyen untergraben. Neben den bestehenden UN-Sanktionen sind auf diese EU-Sanktionsliste derzeit 16 Personen für eine Einreisesperre vorgesehen, und die Vermögen von 19 Personen sind bereits eingefroren worden. Wir beraten derzeit mit unseren europäischen Partnern über die Listung weiterer Personen und Unternehmen, speziell nun mit Blick auf deren Beteiligung am Waffenschmuggel.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Ich habe noch eine Frage zu diesen MAN-Lkws: Wurde da überhaupt einmal nachgeforscht? Ist es überhaupt nicht wichtig, dass da deutsche LKWs in der libyschen Hauptstadt sind, auf die Luftabwehrraketen montiert worden sind?

BURGER: Mir liegt der aktuelle Stand dazu, wie gesagt, im Moment nicht vor. Ich werde das nachreichen.

FRAGE DR. TUYALA: Ich habe jetzt einfach nur noch einmal eine allgemeine Verständnisfrage. Wer sind denn nach Ansicht der Bundesregierung die Hauptverantwortlichen für die katastrophale Lage, die aktuell und nach wie vor in Libyen herrscht, Frau Demmer und Herr Burger?

BURGER: Das haben wir hier in der Vergangenheit sehr häufig vorgetragen. Ich tue es gerne wieder. Unserer Meinung nach liegt der Schlüssel dazu, Stabilität in Libyen zu schaffen, darin, dass insbesondere die internationalen Akteure, die den libyschen Konfliktparteien bei der Kriegsführung mit Geld, mit Waffen und mit Söldnern helfen, diese Einmischung beenden und sich stattdessen ihren Einfluss auf die Konfliktparteien zu Nutze machen, um sie dazu anzuhalten, sich einer politischen Lösung zu öffnen.

Wir haben hier in Berlin im Januar eine große Konferenz zu Libyen abgehalten. Dazu hatten wir gezielt die Akteure eingeladen, die aus unserer Sicht Einfluss in Libyen nehmen. Von all denen erwarten wir, dass sie diesen Einfluss, wie gesagt, im Sinne einer politischen Lösung nutzen.

ZUSATZFRAGE DR. TUYALA: Genau darauf zielte meine Frage ab. Wer sind diese Akteure also, die für das Auswärtige Amt jetzt, wie es für sich analysiert hat, die Hauptverantwortlichen für die aktuelle Zuspitzung der Situation oder der einfach katastrophalen Situation vor Ort sind? Das war genau die Frage.

Wie beurteilen Sie denn jetzt aufgrund der aktuellen Geschehnisse vor Ort eigentlich im Nachhinein den Erfolg der Konferenz in Berlin?

BURGER: Ich glaube, wenn man sich die Entwicklung in Libyen ansieht, dann kann man mit dieser Entwicklung überhaupt nicht zufrieden sein. Es gab im vergangenen halben Jahr eine weitere militärische Eskalation. Derzeit ist die militärische Lage ruhig, aber die zugrunde liegenden Spannungen sind nicht gelöst, und es findet auch weiterhin eine Zufuhr von Waffen bzw. Material statt. Deswegen halten wir an unseren Bemühungen fest, die Konfliktparteien und diejenigen, die sie von außen unterstützen, dazu zu drängen, diese militärische Konfrontation zu vermeiden und sich stattdessen wieder einer politischen Lösung zu öffnen.

Ich glaube, der Erfolg der Berliner Libyen-Konferenz liegt darin, dass Strukturen und diplomatische Prozesse geschaffen wurden, in denen diese politische Verständigung stattfinden kann, und dass es mit den 5+5-Gesprächen, mit den militärischen Gesprächen und auch mit den Gesprächen auf der wirtschaftlichen Ebene einen Fahrplan dafür gibt, wie ein solcher Prozess gestaltet werden kann. Nur braucht es dazu vor allem den politischen Willen und die politische Bereitschaft auf beiden Seiten des Konflikts, einzusehen, dass niemand diesen Konflikt militärisch für sich entscheiden wird und dass nur eine politische Lösung weiteres Leid in Libyen verhindern kann.

FRAGE JUNG: Frau Demmer, Herr Alter, es geht auch um einen Brief, nämlich einen Brief von 60 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, Schriftstellern und Schriftstellerinnen, Künstlerinnen und Künstlern aus Israel und Deutschland an Frau Merkel, die vor einem inflationären, sachlich unbegründeten und gesetzlich unfundierten Gebrauch des Antisemitismusbegriffs warnen. Frau Demmer, ist der Brief bei Ihnen angekommen? Wie reagiert die Kanzlerin darauf?

Herr Alter, die Unterzeichner richten heftige Vorwürfe an den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Klein. Es heißt, mit der Unterstützung rechtspopulistischer israelischer Stimmen lenke Herr Klein die Aufmerksamkeit von realen antisemitischen Gesinnungen und Ausschreitungen ab, die jüdisches Leben in Deutschland tatsächlich gefährden. Es werde geduldet, dass Stimmen des Friedens und des Dialogs diffamiert und mundtot gemacht werden sollen. Haben Sie diesen Brief auch erhalten? Halten Sie weiter an Herrn Klein fest, der sich unter anderem ja auch an Journalisten dieses Hauses abzuarbeiten versucht?

SRS’IN DEMMER: Vielleicht fange ich einmal an. Es handelt sich ja um einen offenen Brief, und solche beantworten wir nicht.

Dennoch wäre es mir wichtig, hier zu sagen, dass die Bundesregierung gar keinen Zweifel daran lässt, dass jede Form von Antisemitismus auf das Schärfste abgelehnt wird. Klar ist, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung ein hohes Gut und für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung unerlässlich ist, wie natürlich ebenso der kritische Diskurs und die sachliche Kritik an politischen Entscheidungen völlig zulässig sind. Die Bundesregierung verurteilt aber antisemitische und israelfeindliche Bestrebungen jedweder Art, unter welchem Vorwand auch immer. Das gilt insbesondere auch für antisemitische Übergriffe und Äußerungen, die als vermeintliche Kritik an der Politik des Staates Israel formuliert werden, tatsächlich dann aber einzig und allein Ausdruck des Hasses auf jüdische Menschen und ihre Religion sind.

ALTER. Der Antisemitismusbeauftragte, Herr Dr. Klein, ist ein Beauftragter der Bundesregierung, der organisatorisch an das Bundesinnenministerium angebunden ist. Insofern stellt sich die Frage, die Sie mir stellen, für das BMI als solches nicht.

ZUSATZ JUNG: Frau Demmer, Sie sprechen von jeder Form des Antisemitismus. Genau darum geht es den Unterzeichnern dieses Briefs ja. Es geht um den inflationären und sachlich unbegründeten Gebrauch dieses Begriffs, wenn Kritik an der Besatzung der palästinensischen Gebiete, BDS usw. mit Antisemitismus gleichgesetzt werden. Darum geht es diesen Menschen.

SRS’IN DEMMER: Ich kann den ersten Teil meiner Antwort gerne noch einmal wiederholen: Es ist doch völlig klar, dass die freie Meinungsäußerung, der kritische Diskurs und sachliche Kritik an politischen Entscheidungen in unserer Demokratie völlig zulässig und ohne jeden Zweifel zulässig sind. Gleichzeitig habe ich Ihnen die Haltung zu antisemitischen Äußerungen genannt, die eben Ausdruck des Hasses und der Abneigung gegenüber jüdischen Menschen und ihrer Religion sind.

ZUSATZFRAGE JUNG. Ist die Kanzlerin mit dem Beauftragten gegen Antisemitismus, Herrn Klein, zufrieden?

SRS’IN DEMMER: Es besteht überhaupt keine Veranlassung, die Arbeit des Beauftragten Felix Klein zu kommentieren und zu bewerten.

VORS. BUSCHOW: Dann gibt es noch zwei Ergänzungen von hier vorne. Ich starte einmal mit dem Wirtschaftsministerium!

GRAVE: Die Stellungnahme (zum Bericht der Monopolkommission) ist eine Stellungnahme der Bundesregierung, muss deshalb mit den Ressorts abgestimmt werden und wird deshalb im Kabinett verabschiedet. Wenn das auf der Kabinettsliste stehen wird, dann werden Sie das ja sehen; die Information bekommen Sie ja. Dies zum Zeitplan der Stellungnahme.

Dann ich bitte um Verständnis, dass ich das nicht alles im Kopf hatte zu China und Investitionsplanungen: Ganz generell ist Deutschland ein offener Investitionsstandort. Die Bundesregierung setzt sich dabei strategisch für die Sicherheit des Landes und von wichtigen Unternehmen ein, insbesondere im Bereich der Infrastruktur, und schaut deshalb in bestimmten Fällen genau an. Das Außenwirtschaftsgesetz gibt hierfür verschiedene Prüfmöglichkeiten, die in jüngster Zeit noch einmal weiter präzisiert und angepasst wurden. Diese Regelungen gelten allerdings für alle Drittstaaten, nicht nur für China.

Zu unterscheiden sind dabei das sektorübergreifende Investitionsprüfverfahren und das sektorspezifische Investitionsprüfverfahren. Dafür gibt es dann verschiedene Paragrafen, die ich Ihnen gerne zuschicken kann. Direktinvestitionen im Bereich der sektorspezifischen Prüfung sowie in Unternehmen, die kritische Infrastrukturen betreiben, unterfallen dabei einer schriftlichen Meldepflicht gegenüber dem Ministerium für Wirtschaft und Energie. Das BMWi kann, falls die Voraussetzungen dafür vorliegen und eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegeben ist, Erwerbe untersagen oder bestimmte Anordnungen erlassen, also Auflagen.

Das Außenwirtschaftsrecht wurde im Hinblick auf die Investitionsplanung vor Kurzem novelliert. Aktuell sind wir dabei, mit der 15. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung auf die Entwicklung der letzten Wochen zu reagieren. Die ist am 3. Juli in Kraft getreten. Der Fokus liegt dabei allerdings auf dem Gesundheitssektor. – Beantwortet das Ihre Frage?

FRAGE: Sie sagten, das wird in den letzten Wochen

GRAVE: Das wurde gerade novelliert. Zum 3. Juli ist das in Kraft getreten.

ZUSATZFRAGE: Hat das aber, wie Sie sagten, mit dem Gesundheitssektor und nicht mit der Wirtschaft zu tun?

GRAVE: Es geht um die Außenwirtschaftsverordnung, und der Fokus der Novelle liegt auf dem Gesundheitssektor, gerade wegen Corona.

SRS’IN DEMMER: Herr Jung hatte ja noch Nachfragen zu den 300 000. Ich kann das präzisieren: Es geht um Gerätevarianten. Das heißt, das Zusammenspiel zwischen Hardware und Software ergibt eine so hohe Zahl an Variantenmöglichkeiten. Es ist ein extrem komplexes Unternehmen, eine App darauf so funktionsfähig zu machen, dass sie immer, rund um die Uhr, zuverlässig und ohne Einschränkungen funktioniert.

Ich kann nur noch einmal abschließend sagen: Die App ist trotzdem toll, und es ergibt Sinn, sie herunterzuladen!

FRAGE DR. TUYALA: Sie sagten jetzt, das sei eine gute Sache und die App sei toll. Auf was für Daten basieren diese Äußerungen? Fand da in den letzten Wochen eine Evaluierung des konkreten Nutzens statt? Worauf stützen Sie die Aussage, dass das eine tolle Sache sei, dass das fantastisch sei etc.?

SRS’IN DEMMER: Dafür brauchen wir ja keine Daten. Vielmehr erleichtert die Tatsache, dass die App Kontaktketten sichtbar macht, im Falle einer Infektion bzw. einer Erkrankung einfach die Nachvollziehbarkeit, indem eben Leute benachrichtigt werden oder in der App erkennen können, ob sie möglicherweise zu lange zu nahe bei jemandem waren, der infiziert war. Das alleine ist schon eine tolle Sache, und je mehr Leute dabei mitmachen, desto besser ist es. Möglicherweise ist es nicht ganz so unkompliziert, wie wir es uns alle wünschen würden, aber ich halte die Komplexität dessen, einmal am Tag auf die App zu schauen, für beherrschbar und würde mich freuen, wenn es ganz viele Leute machten.

Zur Podcastversion

Podcast mit Interviewfolgen

Podcast mit Aufzeichnungen der BPK

Diskutiere und Kommentiere im Forum!
Werdet Unterstützer unserer Arbeit & verewigt euch im Abspann!
Wer mindestens 20€ gibt, wird im darauffolgenden Monat am Ende jeder Folge als Produzent gelistet.
Jung & Naiv
IBAN: DE85 4306 0967 1047 7929 00
BIC: GENODEM1GLS
BANK: GLS Gemeinschaftsbank