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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 16. Oktober 2020

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 16. Oktober 2020:

SRS’IN FIETZ: Guten Tag auch von meiner Seite! Ich nenne Ihnen die presseöffentlichen Termine der Kanzlerin in der kommenden Woche.

Am Montag, den 19. Oktober, leitet die Kanzlerin ab 12.30 Uhr den 12. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt. Der Gipfel wird digital durchgeführt. Der letzte Integrationsgipfel fand am 2. März 2020 statt. Die Gipfelteilnehmer werden Antworten auf die wichtige Frage erörtern, wie wir auch in Zeiten von Corona die Integration stärken können, da viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte besonders hart betroffen sind. Bei der Integration geht es darum, die Lebenssituation der Menschen mit Einwanderungsgeschichte zu verbessern, eine gleichberechtigte Teilhabe zu verwirklichen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Integration heißt Zusammenwachsen, und das geht nicht von heute auf morgen. Der Nationale Aktionsplan Integration ist deshalb in verschiedene Phasen unterteilt. Denn in jeder Phase der Integration haben die Menschen unterschiedliche Bedürfnisse. Beim Integrationsgipfel am Montag werden Ergebnisse und konkrete Maßnahmen vorgestellt, die zu den Phasen II dort geht es um Erstintegration und III das betrifft das Thema der Eingliederung gehören.

Neben der Bundeskanzlerin nehmen seitens der Bundesregierung Staatsministerin Widmann-Mauz, die Bundesministerinnen Karliczek und Giffey sowie Bundesminister Heil teil. Beim Integrationsgipfel werden etwa 40 Migrantenorganisationen vertreten sein. Eingeladen wurden insgesamt etwa 130 Vertreterinnen und Vertreter von Bund, Ländern, Kommunen, Zivilgesellschaft und Migrantenorganisationen, die an den Themenforen der Phasen II und III des Nationalen Aktionsplans aktiv mitgewirkt haben.

Am kommenden Dienstag, den 20. Oktober, begrüßt die Bundeskanzlerin um 10.30 Uhr den Premierminister der Republik Irak, Mustafa Al-Kadhimi, im Bundeskanzleramt. Inhalte des gemeinsamen Gesprächs werden voraussichtlich neben den bilateralen Beziehungen und Themen der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit die Eindämmung der Coronapandemie, der gemeinsame Kampf gegen den IS sowie regionale und internationale Themen sein.

Ebenfalls am Dienstag, den 20. Oktober, findet ein Gespräch der Bundeskanzlerin mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, mit Oberbürgermeisterinnen, Oberbürgermeistern sowie mit Landräten und Bürgermeistern statt. Diese Videokonferenz beginnt um 14 Uhr. Die Bundeskanzlerin tauscht sich mit den Teilnehmern der Videokonferenz über die Flüchtlingssituation in Griechenland sowie über die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland aus. Der Termin ist nicht presseöffentlich.

Am Mittwoch tagt das Bundeskabinett wieder um 9.30 Uhr unter der Leitung der Kanzlerin.

Ein weiterer Termin am Mittwoch ist um 14 Uhr die Übergabe des Jahresberichts des Nationalen Normenkontrollrats an die Bundeskanzlerin. Dieser Termin unterstreicht die Bedeutung, die die Bundeskanzlerin der Arbeit des Normenkontrollrats beimisst. Wie Sie wissen, bekennt sich die Bundesregierung dazu, bessere Rechtsetzung als dauerhaftes und eigenständiges Politikziel zu betrachten.

Der unabhängige Nationale Normenkontrollrat hat seine Arbeit im Jahr 2006 aufgenommen. Er hat der Bundeskanzlerin jährlich Bericht zu erstatten. Das Expertengremium hat die Aufgabe, die Bundesregierung bei der Umsetzung ihrer Maßnahmen auf den Gebieten des Bürokratieabbaus und der besseren Rechtsetzung zu beraten und zu unterstützen. Dabei prüft der Normenkontrollrat insbesondere die Regelungsentwürfe der Bundesregierung auf Nachvollziehbarkeit der Darstellung des Erfüllungsaufwandes, der für die Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaft und für die Verwaltung durch die Befolgung bundesrechtlicher Vorschriften entsteht. Darüber hinaus berät der Normenkontrollrat die Bundesregierung in der Frage, wie bürokratische Belastungen effektiv abgebaut werden können.

FRAGE REIMERS: Frau Fietz, Herr Alter, warum ist Bundesminister Seehofer beim Integrationsgipfel nicht dabei?

SRS’IN FIETZ: Ich nehme an, dass das damit zu tun hat, dass die Themen Erstintegration und Eingliederung im Mittelpunkt stehen. Aber vielleicht kann Herr Alter mehr dazu sagen.

ALTER: Ich kann keine konkrete Begründung dafür abgeben. Die Teilnahme des Bundesinnenministers an Veranstaltungen ist immer von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu können etwa Terminkollisionen, inhaltliche Bezüge und Schwerpunktsetzungen der jeweiligen Veranstaltung gehören. In diesem Fall wurde die Entscheidung getroffen, dass der Bundesinnenminister nicht hingeht.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Fietz, wie bewertet die Bundeskanzlerin die Sicherheitssituation im Irak momentan?

SRS’IN FIETZ: Grundsätzlich findet der Besuch des irakischen Ministerpräsidenten im Rahmen seiner europäischen Reise als Antrittsbesuch statt. Er besucht auch den französischen Präsidenten und macht Station in London. Irak ist ein enger Partner Deutschlands. Das Land sieht sich aktuell einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber, angefangen von COVID-19 über den sogenannten „Islamischen Staat“ bis hin zur Sicherheitslage und regionalen Konflikten wie zum Beispiel in Syrien. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, in engem Austausch zu bleiben.

FRAGE BAUMANN: Wird der Ministerpräsident des Irak am Dienstag mit militärischen Ehren empfangen?

SRS’IN FIETZ: Das wäre bei einem Antrittsbesuch üblich. Darauf wird aber aufgrund der Pandemielage verzichtet. [siehe auch Nachreichung, unten]

FRAGE BUSCHOW: Frau Fietz, Sie sagten, mit den Kommunen solle die Flüchtlingssituation in Griechenland besprochen werden. Vielleicht können Sie erklären, warum man diese Situation mit den Kommunen bespricht und ob das etwas damit zu tun hat, dass die Kommunen gern mehr Flüchtlinge aufnähmen.

Herr Alter, gibt es in irgendeiner Art und Weise Bewegung in der Frage der Kommunen, die mehr Flüchtlinge aufnehmen wollen? Bislang ist die Haltung des Bundes ja, dass das eine Entscheidung des Bundes ist.

SRS’IN FIETZ: Die Bundeskanzlerin spricht ja regelmäßig mit Vertretern der verschiedenen Ebenen, also auch mit den Vertretern der Kommunen. Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich das Engagement vieler Länder, Städte und Kommunen für Schutzbedürftige. Um der besonderen Aufnahmebereitschaft vieler Kommunen Rechnung zu tragen, hat das Bundesinnenministerium in Abstimmung mit allen Ländern ein Konzept erstellt, das bei der Verteilung der aufzunehmenden Personen auf die Länder zum Tragen kommt. Dieses berücksichtigt neben der Bereitschaft der Länder zur Aufnahme von Personen aus Griechenland auch eventuell bestehende familiäre Bindungen und besondere medizinische Bedarfe. Die Unterbringung und Weiterverteilung in die Kommunen liegt in der Zuständigkeit der Länder.

Eigene Landesaufnahmeprogramme ohne Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern stehen nicht im Einklang mit dem geltenden Recht. Die Bundesregierung plant diesbezüglich keine Änderungen. Humanitäre Aufnahmeprogramme sind Teil der deutschen Migrationspolitik mit außenpolitischer und regelmäßig auch europapolitischer Relevanz. Die Ausgestaltung und Koordinierung der Einwanderungs- und Asylpolitik obliegt dem Bund.

ALTER: Zur Ihrer zweiten Frage: Wir haben zur Kenntnis genommen, dass es auch nach der Diskussion, die auf den Bundesinnenminister zugespitzt war, eine Initiative im Bundesrat gab. Sie war auch innerhalb der Länderkammer nicht erfolgreich. Insofern ist die Antwort klar. Es gibt dazu keine Veränderung und keine veränderte Position.

FRAGE BLANK: Frau Fietz, Sie haben das nicht erwähnt. Plant die Bundeskanzlerin, angesichts der in weiten Teilen der Bevölkerung doch recht unklaren Lage, was Beherbergungsverbot und Beschränkungen angeht, wieder eine Fernsehansprache, also einen größeren öffentlichen Auftritt, bei dem sie ihre Haltung darlegt und erklärt?

SRS’IN FIETZ: Dazu habe ich Ihnen jetzt im Moment keine Ankündigung zu machen.

ZUSATZ BLANK: Die Formulierung „jetzt im Moment“ lässt natürlich aufhorchen.

SRS’IN FIETZ: Das ist einfach meiner Formulierung geschuldet. Ich habe Ihnen dazu keine Ankündigung zu machen.

FRAGE FELDHOFF: Die IG Metall will eine Staatsbeteiligung an deutschen Stahlhütten. Heute demonstrieren in Düsseldorf Thyssen-Mitarbeiter und die IG Metall für eine Staatsbeteiligung, um deutschen Stahl wettbewerbsfähig machen zu können. Warum lehnt der Minister das ab?

Die Bundesregierung will den Wandel hin zu grünem Stahl finanziell unterstützen. In welchem Umfang und in welcher Form kann das geschehen?

WAGNER: Vielen Dank für die Frage. Die Situation der Stahlbranche ist zurzeit tatsächlich sehr schwierig. Bundeswirtschaftsminister Altmaier ist angesichts der Lage auch sehr besorgt. Insbesondere ist es derzeit aber auch eine schwierige Situation für die Beschäftigten und die Unternehmen.

Die Stahlindustrie befindet sich derzeit in einem Transformationsprozess. Es handelt sich um eine doppelte Herausforderung. Wir haben einen starken internationalen Wettbewerb, und wir haben Überproduktion. Diese Lage hatten wir auch schon vor der Coronazeit. Durch die Coronazeit und die dementsprechenden Rückgänge auch in der Weltwirtschaft hat sich die Situation noch einmal verschärft.

Neben den Überkapazitäten und der hohen Konkurrenz auf internationalen Märkten haben wir die wachsende klimapolitische Herausforderung das wurde in der Frage ja gerade auch schon angesprochen , dass die Stahlindustrie als sehr, sehr energieintensive Industrie bis 2050 klimaneutral werden soll und wir dort auf klimaneutrale Produktionsmechanismen und Produktionsanlagen umstellen müssen. Das ist ein sehr aufwändiger und auch sehr kostenintensiver Prozess.

Die Stahlindustrie ist in unserer Volkswirtschaft eine Schlüsselindustrie für funktionierende Wertschöpfungsketten. Minister Altmaier hat dieses wichtige Thema bereits im Juli dieses Jahres mit dem Handlungskonzept Stahl adressiert und hat mit diesem Handlungskonzept ein politisches Gesamtkonzept für eine langfristig starke und international wettbewerbsfähige und klimaneutrale Stahlindustrie am Standort Deutschland vorgelegt. Dort geht es insbesondere um die Frage, wie wir in Zukunft unter dem Einsatz von Wasserstoff Stahl klimaneutral herstellen können. Es wird dort auch gesagt, dass wir vonseiten der Bundesregierung finanziell unterstützen müssen.

Die weiteren genauen Schritte, wie wir dort hinkommen, werden jetzt konkretisiert. Deswegen kann ich auch noch keine Angaben zu genauen Fördersummen machen und welche Programme das gegebenenfalls sein sollen. Genau das ist Teil der Diskussion um die Zukunft der deutschen Stahlindustrie.

Zu der Frage des Unternehmens, das Sie angesprochen haben, also Thyssenkrupp: Der Minister und die gesamte Bundesregierung sind besorgt. Das ist ein Unternehmen mit Standorten in Deutschland, das viele Beschäftigte hat. Der Minister hatte sich ja auch schon zu der Frage des Staatseinstiegs geäußert, die Sie gerade angesprochen haben. Ich möchte ihn noch einmal korrekt zitieren:

„[Ich glaube], dass die Probleme der Stahlindustrie nicht in erster Linie mit Staatsbeteiligungen gelöst werden können, sondern wir brauchen Wettbewerbsmodelle für die Zukunft.“

Genau darüber wird jetzt intensiv diskutiert.

FRAGE DR. RINKE: „Nicht in erster Linie“ heißt, dass es aber aus Sicht des Wirtschaftsministeriums durchaus ein Mittel sein kann? Das ist ja genau die Position, die auch Thyssenkrupp vertreten hatte.

Zweitens. Es gibt den britischen Stahlkonzern Liberty, der gerne die Stahlsparte übernehmen möchte. Ist das aus Sicht des Wirtschaftsministeriums ein sinnvoller Weg, oder haben Sie Bedenken, dass die Stahlsparte von Thyssenkrupp übernommen wird?

WAGNER: Was die erste Frage angeht, hatte ich eben auf das Zitat von Minister Altmaier anlässlich der Pressekonferenz des Energieministerrats am 6. Oktober verwiesen. Das können Sie auf unserer Website abrufen und in ganzer Länge anhören. Ich würde auf die Äußerungen des Ministers zu dieser Frage verweisen.

Zur zweiten Frage, was die Meldungen zum Interesse dieses Unternehmens an Thyssenkrupp angeht: Das sind unternehmerische Vorgänge, und das ist eine Berichterstattung über unternehmerische Vorgänge. Dabei halten wir uns wie üblich zurück.

FRAGE LANGE: Herr Wagner, ein Argument der Stahlkocher ist ja, dass Lufthansa unterstützt wurde und Thyssenkrupp jetzt gerade nicht. Was kann man diesen Menschen sagen? Ist das Argument schlüssig oder nicht?

WAGNER: Ich glaube, man muss das ein bisschen auseinanderhalten. Grundsätzlich gilt selbstverständlich, dass wir in Deutschland einen sehr umfassenden Rettungsschirm für die Unternehmen aufgebaut haben. Es gibt verschiedenste Programme: einen ganz großen Schutzschirm durch die KfW mit vielen Kreditprogrammen und Bürgschaftsprogrammen sowie den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der verschiedenste Instrumente von Garantien bis hin zu Fremdkapitalgarantien vorsieht. Das Beispiel Lufthansa, das Sie angesprochen haben, sieht eine staatliche Beteiligung vor, um Unternehmen mit Eigenkapital zu unterstützen, wenn Bedarf vorhanden ist und Fremdkapital allein nicht mehr hilft.

Das wird selbstverständlich in jedem Fall geprüft. Das ist die generelle Lage. Dieser Rettungsschirm gilt für alle deutsche Unternehmen. Es wird nicht zwischen einzelnen Unternehmen unterschieden, sondern es wird immer im Einzelfall geprüft. Das ist der Stand dazu.

FRAGE JENNEN: Mit anderen Worten: Es findet schon eine Prüfung im Rahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds statt.

Kann man eigentlich schon abschätzen, wie groß der Coronaeffekt in Bezug auf Thyssenkrupp ist? Davon hängt natürlich auch ab, in welcher Größenordnung so eine Hilfe ausfallen würde.

WAGNER: Zum ersten Punkt: Das möchte ich in der Form weder bestätigen noch dementieren. Wir geben grundsätzlich zu etwaigen Anträgen einzelner Unternehmen in Bezug auf den Wirtschaftsstabilisierungsfonds keine Auskunft. Das heißt, wir können das weder bestätigen noch dementieren. Das gilt auch in diesem Fall.

Zum zweiten Punkt: Ich kann Ihnen keine Zahlen nennen das machen wir auch innerhalb des Ministeriums nicht , wenn es darum geht, den Coronaeffekt auf einzelne Unternehmen herunterzubrechen. Klar ist, dass die Stahlbranche erheblich getroffen ist. Ich hatte ja eingangs schon gesagt: Überkapazitäten und der zunehmende Protektionismus mit Abschottung von internationalen Märkten haben die Stahlindustrie schon vor Corona getroffen. Natürlich ist die Stahlindustrie eine der Industrien, die stark von Produktionen abhängt. Wenn Sie an die Kfz-Industrie denken, spürt diese Branche natürlich ganz besonders, wenn die Produktion innerhalb der Weltwirtschaft zurückgeht. Die Branche ist davon natürlich sehr betroffen.

Ich kann Ihnen aber, wie gesagt, zu einzelnen Unternehmen und zu den Effekten auf einzelne Unternehmen keine Auskunft geben. Sie müssten gegebenenfalls in den Unternehmen nachfragen.

VORS. WOLF: Es gibt eine Nachreichung, was die Termine der Bundeskanzlerin angeht.

SRS’IN FIETZ: Ich habe gerade den Hinweis bekommen, dass noch geprüft wird, ob die militärischen Ehren anlässlich des Empfangs des irakischen Ministerpräsidenten tatsächlich aus Pandemiegründen ausfallen müssen oder nicht. Das befindet sich also noch in der Prüfung.

FRAGE SCHMIDT-MATTERN: Unterstützt Minister Altmaier den neuen Gesetzentwurf für mehr Frauen in Führungspositionen (FüPoG II)? Falls nicht, warum lehnen Sie dieses Gesetz ab?

WAGNER: Das angesprochene Gesetz befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Wie üblich kommentieren wir die Details der Ressortabstimmung nicht, und deswegen kann ich an dieser Stelle nicht mehr dazu sagen. Wir befinden uns dazu im Austausch mit den anderen Ministerien.

FRAGE: Wie beurteilt das Familien- und Frauenministerium die Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium in Sachen Gesetzentwurf FüPoG II?

STING: Vielen Dank für die Frage. Ich verweise auch auf die laufende Ressortabstimmung. Ministerin Giffey hatte sich vor zwei Wochen dazu geäußert, als gerade eine neue Allbright-Studie dazu herausgekommen ist.

Sie wissen ja, dass sich die Ressortabstimmung zum Thema Führungspositionengesetz schon eine Weile hinzieht. Ministerin Giffey setzt sich gemeinsam mit Justizministerin Lambrecht nach wie vor für dieses Gesetz ein. Um eine Einigung zu erzielen, ist eine Arbeitsgruppe gegründet worden. Es gab auch mehrere Gespräche mit der Kanzlerin. Die Arbeitsgruppe wird im Oktober erneut zusammenkommen, und wir hoffen auf eine Einigung noch im Herbst.

FRAGE BUSCHOW: Wer ist Mitglied dieser Arbeitsgruppe?

STING: Das ist eine sehr gute Frage. Die Antwort müsste ich Ihnen nachreichen, Frau Buschow. Das weiß ich nicht.

FRAGE LANGE: Da die Kanzlerin gestern schon gebeten wurde, sich zu kümmern und jetzt der Name der Kanzlerin noch einmal fiel, eine Frage an Frau Fietz. Wie stellt sich die Kanzlerin zu dem Thema? Geht ihr das eigentlich alles schnell genug, zumal sich die Legislaturperiode so langsam absehbar dem Ende zuneigt?

SRS’IN FIETZ: Lassen Sie mich etwas ganz Grundsätzliches dazu sagen:

Für die Bundeskanzlerin ist die Geschlechterparität in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein sehr wichtiges Anliegen. Wie Sie wissen, sind Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst noch immer unterrepräsentiert. Um dies zu ändern, wurde bereits in der letzten Legislaturperiode die Quote für die Aufsichtsräte in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst eingeführt. Der eingeschlagene Weg hat schon eine spürbare Verbesserung in beiden Bereichen bewirkt. Es zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede, was den Anteil von Frauen in Aufsichtsräten und in den Vorständen der Unternehmen betrifft. Dieser Umstand kann uns absolut nicht zufriedenstellen.

Die Bundeskanzlerin hat mehrfach darauf hingewiesen, dass sie es für absolut unzureichend hält, dass es immer noch börsennotierte Unternehmen gibt, in denen nicht eine einzige Frau im Vorstand sitzt. Um weitere Verbesserungen zu erzielen, haben das Bundesfamilienministerium und das Bundesjustizministerium, wie wir ja alle wissen, einen gemeinsamen Gesetzentwurf erarbeitet, dessen Inhalt derzeit in der Bundesregierung abgestimmt wird. Das ist nach wie vor der aktuelle Stand.

FRAGE SCHMIDT-MATTERN: Frau Giffey hat im Juni im Deutschlandfunk gesagt, dass Herr Altmaier bei diesem Gesetzentwurf auf der Bremse steht. Gilt das noch?

STING: Die Ministerin hat sich anlässlich der Allbrigth-Studie vor zwei Wochen zumindest in die Richtung geäußert. Sie hat mehrfach gesagt, dass es im Moment am Widerstand der Union liegt, dass sie auf eine Einigung hofft und sich dafür einsetzt. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

FRAGE FIRSOVA: Ich wollte wieder einmal eine Frage zum Fall Nawalny stellen. Ich möchte wissen, ob nach den Beratungen der EU gestern neue Sanktionen möglich sind.

SRS’IN FIETZ: Wie Sie wissen, hat es gestern einen Beschluss der EU in Bezug auf Sanktionen gegeben. Mit der Inkraftsetzung von Sanktionen gegen insgesamt sechs Personen und eine Organisation hat die EU ein klares Zeichen gegenüber Moskau gesetzt, dass der Einsatz von Chemiewaffen inakzeptabel ist. Wie Sie wissen, hatte der Europäische Rat bereits am 1. Oktober einstimmig und sehr deutlich den Mordversuch an Alexej Nawalny durch einen chemischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe verurteilt. Wie ihre Partner in der EU hofft die Bundesregierung nun darauf, dass die beschlossenen Sanktionen zu einem Umdenken in Moskau führen. Russland bleibt aufgefordert, sich zum Fall Nawalny und zum Einsatz des Nervenkampfstoffs Nowitschok zu erklären.

ZUSATZ FIRSOVA: Das beantwortet nicht die Frage, ob neue Sanktionen möglich sind.

SRS’IN FIETZ: Ich habe Ihnen zu diesem Zeitpunkt keine anderen Ankündigungen zu machen.

FRAGE REIMERS: Ich habe eine Frage im Nachgang zum Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch. Frau Fietz, als Experte war ein Forscher der Helmholtz-Gemeinschaft geladen und nicht Herr Drosten. Warum war Herr Michael Hermann-Meyer dieses Mal eingeladen? Was war der Grund für die Einladung? Warum war Herr Drosten nicht dabei?

SRS’IN FIETZ: Die Bundesregierung berät sich bezüglich des Umgangs mit der Coronapandemie mit einem vielfältigen und interdisziplinären Portfolio von Experten unter anderem der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Sie orientiert sich zudem selbstverständlich an den Handlungsempfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Die Bundeskanzlerin steht darüber hinaus mit verschiedenen Forschern mit unterschiedlichem wissenschaftlichen Hintergrund in Kontakt. Zu diesem Kreis zählen sowohl Herr Prof. Meyer-Hermann als beispielsweise auch Prof. Christian Drosten. Bezüglich bestimmter Fragen wie etwa in diesem Fall für die rechnerische Modellierung der Entwicklung einer Pandemie werden jetzt Experten wie Herr Meyer-Hermann bei bestimmten Anlässen hinzugezogen.

FRAGE BRANDES: Wie steht die Bundesregierung zu einer Abriegelung von Risikogebieten, wie von dem RKI-Präsidenten Wieler als Möglichkeit erwogen wird? Wenn sie positiv dazu steht, unter welchen Anzeichen bzw. Voraussetzungen könnte das erfolgen?

SRS’IN FIETZ: Ich kann dazu sagen: Die Beschränkung von Ein- und Ausreisen aus Risikogebieten kann rein epidemiologisch gesehen eine Möglichkeit sein, um eine Verbreitung des Virus zu verhindern. Das hat sich seit dem Frühjahr nicht geändert. Die Bundesregierung hat jedoch immer wieder betont, dass bei regionalen Ausbrüchen immer zielgerichtete, regional spezifische Maßnahmen ergriffen werden sollten.

FRAGE JÄHNERT (von der Vorsitzenden vorgelesen): Transportunternehmen hätten Beförderungen aus Risikogebieten zu unterlassen, soweit eine Rückreise deutscher Staatsangehöriger weiterhin möglich sei. Wie ist das zu verstehen? Das ist anscheinend so aus dem Gesetzentwurf gezogen. Deutsche dürfen aus Risikogebieten weiterhin einreisen, Ausländer aber nicht.

BURGER: Ich fürchte, ich verstehe den ersten Teil der Frage, den Sie vorgetragen haben, nicht. Transportunternehmen hätten was zu unterlassen?

VORS. WOLF: Beförderungen aus Risikogebieten.

BURGER: Verstehen Sie es? Ich verstehe es nicht.

VORS. WOLF: Es ist sozusagen diesem Gesetzentwurfs entnommen, dass Transportunternehmen die Beförderung aus Risikogebieten zu unterlassen hätten, soweit eine Rückreise deutscher Staatsangehöriger weiterhin möglich sei.

BURGER: Also aus der Muster-Quarantäneverordnung?

VORS. WOLF: Davon gehe ich aus, ja. Aber das ist nicht näher präzisiert. Vielleicht kann der Kollege das noch einmal präzisieren.

FRAGE BLANK: Frau Fietz, nachdem sich die Kanzlerin nach dem Treffen am Mittwoch schon unzufrieden über die Ergebnisse geäußert hat, laufen nun gerade Eilmeldungen darüber, dass ein Gericht in Berlin die Sperrstunde kippt, dass die Bayern ab morgen kein Beherbergungsverbot mehr haben werden und dass auch die Obergrenze für die Teilnahme an Gottesdiensten im Freien kippt. Wie würden Sie die aktuelle Entwicklung denn gerade einordnen? Kann das die Kanzlerin jetzt zufriedenstellen, gerade die Entwicklung beim Beherbergungsverbot?

SRS’IN FIETZ: Zu den aktuellen Meldungen kann ich noch keine Stellung beziehen, weil ich die jetzt erst gerade durch Sie zur Kenntnis genommen habe.

Ich kann Ihnen nur ganz grundsätzlich sagen, dass wir mit mehr als 7000 Neuinfektionen heute einen Anstieg verzeichnen, wie wir ihn bisher in Deutschland noch nicht gesehen haben. Die Dynamik des Infektionsgeschehens nimmt stetig zu, und wir müssen aufpassen, dass wir die Kontrolle über das Geschehen behalten und die Zahlen in den Griff bekommen. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Die Pandemie lässt sich nur eindämmen, wenn Infektionsketten erkannt und durchbrochen werden. Je höher jedoch die Zahl der neuen Infektionsfälle ist, desto schwieriger wird die Nachverfolgung. Einige Gesundheitsämter sind bereits jetzt an ihrer Belastungsgrenze angelangt.

Unser Ziel ist es, so viel wie möglich vom öffentlichen und privaten Leben aufrechtzuerhalten, und dabei geht es uns vor allem um den Wirtschaftskreislauf sowie um Schulen und Kitas. Jeder Einzelne trägt hierbei Verantwortung für sich und seine Mitmenschen. Ich kann nur noch einmal und wieder betonen, dass sich alle konsequent an die Regelungen halten müssen, die für verschiedene Bereiche nötig sind. Wir müssen weiterhin die Abstands- und Hygieneregeln einhalten, Mund-Nase-Bedeckungen tragen und, wenn dies erforderlich ist und empfohlen wird, regelmäßig lüften.

Die Kanzlerin hat ja deutlich gemacht, dass man mit richtigen Maßnahmen gegen das Virus ankämpfen kann. Sie hat aber auch deutlich gemacht, dass das jetzt entschieden und wirklich mit aller Kraft notwendig ist. Desgleichen hat sich auch Kanzleramtsminister Helge Braun heute noch einmal in einem Interview geäußert. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit den Maßnahmen weiter vorankommen, dass wir sie entschieden einhalten können und dass die Bevölkerung daran mitwirkt. Die Bevölkerung hat schon sehr viel getan, zeigt sich auch überwiegend verständig und ist bereit, diese Maßnahmen zu befolgen. Dies muss weiterhin der Fall sein.

ZUSATZFRAGE BLANK: Darf ich die Frage vielleicht noch an das Gesundheitsministerium weitergeben? Wie bewerten Sie denn im Moment die Welle von Aufregung über das Beherbergungsverbot gerade auch in Bayern als einem Land, das dabei sehr strikt ist? Ist das in der jetzigen Situation hilfreich?

GÜLDE: Herr Blank, zum Beherbergungsverbot haben wir uns ja bereits am Montag geäußert. Darüber hinaus hätte ich zu dem, was Frau Fietz gesagt hat, jetzt keine Ergänzungen vorzunehmen.

ZUSATZ BLANK: Aber seit Montag hat sich ja verdammt viel verändert!

GÜLDE: Ja. Nichtsdestotrotz bleibt es bei unserer Einschätzung dazu.

SRS’IN FIETZ: Vielleicht kann ich zum Beherbergungsverbot noch etwas ergänzen. Die Kanzlerin hat ja betont, dass sie sich in dieser Frage schon von vornherein einen weiter reichenden Beschluss gewünscht hätte. Darüber hinaus und daneben hat die Bundeskanzlerin aber auch darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich gemeinsam mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder in einem Appell an die Bürgerinnen und Bürger gewandt hat, von nicht notwendigen Reisen insbesondere aus den Hotspot-Gebieten abzusehen. Reisegeschehen kann nämlich immer wieder weitere Infektionen verursachen und die Verbreitung in der Fläche beschleunigen.

FRAGE DR. MAYNTZ: Ich habe eine Frage an das Innenministerium zu den Vorstellungen, abzuriegeln: Gibt es dafür Szenarien in Bezug auf Reserven der Bundespolizei, die dann bei solchen Abriegelungen abgerufen werden müssten?

ALTER: Es gibt keine konkreten Szenarien für diese Situation. Es ist ja in dem Beschluss die Formulierung enthalten, dass die Bundespolizei auf Anfrage oder, sagen wir einmal, Amtshilfeanträge hin auch die Länder, die Landkreise oder die Ordnungsämter unterstützt. Das ist so vorgesehen und abgesprochen. Details dazu werden auch geklärt. Die Zielrichtung besteht darin, dass die Bundespolizei dann in Einsatzbereichen zum Einsatz kommt, in denen die Länder bisher die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleisten.

Das ist aber etwas, das jetzt nicht unbedingt nur auf dieses von Ihnen geschilderte Szenario zutrifft, sondern es ist, glaube ich, für alle verständlich, dass die aktuelle Situation die Länderbehörden in besonderer Weise herausfordert, und es ist vollkommen klar, dass der Bund dann auch unterstützend zur Verfügung steht, wenn es notwendig ist.

ZUSATZFRAGE DR. MAYNTZ: Ein kleiner geschäftsleitender Hinweis: Die Frage, die das Auswärtige Amt eben nicht beantworten konnte, bezieht sich auf einen Referentenentwurf aus dem Gesundheitsministerium.

VORS. WOLF: Okay. Aber sie hatte dennoch einen Dreher. Fühlt sich das Gesundheitsministerium berufen, etwas dazu zu sagen?

GÜLDE: Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann dazu jetzt wirklich nichts sagen. Ich habe diese Frage nicht ganz verstanden, und eine solche Regelung, das Transportunternehmen angewiesen wurden, die Beförderung von deutschen Urlaubern zu unterlassen, sagt mir nichts. Dazu kann ich also keine Aussage treffen.

VORS. WOLF: Dann würde ich den Kollegen dennoch bitten, seine Frage vielleicht noch einmal umformulieren.

FRAGE DR. RINKE: Herr Alter, ich habe eine kurze Nachfrage zur Bundespolizei. Sie haben die Anfragen erwähnt. Können Sie sagen, wie viele denn schon eingegangen sind und wie viele Bundespolizisten denn für Länder oder Kommunen zur Verfügung stehen würden?

Ich habe noch eine Frage an Frau Fietz oder das Gesundheitsministerium oder das Auswärtige Amt; ich weiß nicht genau, wer darauf antworten könnte. Es gab ja im Frühjahr eine erhitzte Debatte über die Aufnahme von Intensivpatienten aus EU-Partnerländern. Gibt es bereits wieder Anstrengungen, solche Patienten aufzunehmen? Gibt es solche Fälle? Gibt es Angebote der Länder? Wird das von der Bundesregierung koordiniert?

ALTER: Ich beginne einmal. – Im Moment ist mir noch nicht bekannt, dass es dazu formelle Amtshilfeersuchen gibt. Das liegt daran, dass in der Folge des Beschlusses vom vergangenen Mittwoch jetzt Detailregelungen zwischen Bund und Ländern geklärt werden. Heute Nachmittag wird dazu unter anderem noch eine Telefonschaltkonferenz auf Staatssekretärsebene mit den Ländern stattfinden.

Zur zweiten Frage, wie viele Einsatzkräfte zur Verfügung stehen: Das ist eine Frage, die man nicht pauschal beantworten kann; denn die Bundespolizei ist ja keine Reservetruppe. Sie hat ja einen eigenen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen und ist auch jetzt schon in vielfältiger Weise unterstützend tätig, beispielsweise bei der Überwachung der Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr, insbesondere im Bereich der Deutschen Bahn AG. Die Frage, wie viele Kräfte in welcher Höhe zur Verfügung gestellt werden können, lässt sich letztlich nur spezifisch beantworten, wenn wir die Anforderungen kennen, wenn wir auch das übrige Einsatzgeschehen kennen und man dann eine verantwortliche Entscheidung treffen kann.

BURGER: Vielleicht fange ich mit dem zweiten Teil Ihrer Frage an. Sie haben recht: Wir haben im Frühjahr geholfen. Ganz viele Bundesländer haben sich daran mit großem Engagement beteiligt und sehr viel Solidarität gegenüber unseren europäischen Partnern gezeigt. Diese Verlegungen von Intensivpatienten nach Deutschland für eine Behandlung fanden unter Federführung der aufnehmenden Bundesländer statt, was auch eine gewisse Logik hat; denn dort sind die Kenntnisse über die Versorgungskapazitäten am unmittelbarsten.

Nach unserem Kenntnisstand wurden zwischen dem 21. März und dem 12. April insgesamt 232 Intensivpatienten aus Italien, Frankreich und den Niederlanden nach Deutschland zur Behandlung eingeliefert, davon 44 aus Italien, 58 aus den Niederlanden sowie 130 aus Frankreich.

Wir wissen, dass es zwischen verschiedenen Bundesländern und unseren europäischen Nachbarn auch jetzt zahlreiche Gespräche und Vorbereitungen gibt, bei denen oft auch deutsche Auslandsvertretungen in Gremien der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beteiligt sind. Ich weiß, dass es solche Gespräche zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen gibt. Der bayerische Ministerpräsident hat ebenfalls von solchen Gesprächen mit Tschechien berichtet.

Ich kann vielleicht noch sagen, wie wir in der Koordination auch auf europäischer Ebene seit dem Frühjahr weitergekommen sind. Die EU hat bereits seit dem Frühjahr Vorbereitungen für gegebenenfalls wieder erforderliche Patientenverlegungen getroffen. Transporte können jetzt über das Frühwarn- und Reaktionssystem sowie den EU-Katastrophenschutzmechanismus auf EU-Ebene koordiniert werden. Es ist gut, dass die Europäische Kommission das auf den Weg gebracht hat, und wir haben das als EU-Ratspräsidentschaft auch flankiert. Die EU hat außerdem Finanzmittel dafür verfügbar gemacht: Aus Mitteln des Emergency Support Instrument stehen 220 Millionen Euro für die finanzielle Unterstützung und Koordinierung des grenzüberschreitenden Transports von medizinischer Ausrüstung, Patienten und medizinischem Personal zur Verfügung.

Soweit das, was ich dazu beizutragen habe. Ich glaube, das Gesundheitsministerium kann noch ergänzen, was auf deutscher Ebene zusätzlich noch läuft.

GÜLDE: Ja, ich kann das gerne ergänzen, Herr Rinke. Wie Sie wissen, hat sich der Bund im Frühjahr dieses Jahres bereiterklärt, die Kosten für die Behandlung von COVID-19-Patienten aus dem EU-Ausland in deutschen Krankenhäusern zu übernehmen. Diese gesetzliche Regelung ist Ende September ausgelaufen, und derzeit laufen auf Bundesebene Gespräche darüber, diese Regelung zu verlängern.

VORS. WOLF: Der Kollege Jähnert von der ARD reicht nach: Es ging in seiner Frage tatsächlich um den Gesetzentwurf vom 13. Oktober, über den heute unter anderem „ThePioneer“ berichtet. Das Thema: Es sind schärfere Regelungen für Einreise aus Auslands-Risikogebieten geplant.

GÜLDE: Vielen Dank für die Klarstellung. Es geht dabei um das dritte Bevölkerungsschutzgesetz. Das befindet sich derzeit in der Anhörung, und zu Details dieses Gesetzentwurfs kann ich mich hier noch nicht äußern.

FRAGE JESSEN: Ich bin ein bisschen später gekommen falls meine Fragen schon gestellt worden waren, bitte ich um einen Hinweis.

Frau Fietz, wie geht die Bundesregierung mit dem Fakt um, dass eben doch zunehmend wichtige Teile des Schutzpaketes mittlerweile durch Gerichte außer Kraft gesetzt werden? Das macht ja dann das ganze Paket zunehmend nicht mehr handhabbar. Wie sieht die Strategie der Bundesregierung dem gegenüber aus?

Herr Alter, hat eigentlich Ihr Minister eine Einschätzung, ob und wie dieses Paket tatsächlich umsetzbar ist? Manchmal ist ja ein Schweigen sehr beredt. Er hat sich in den vergangenen Tagen nach meiner Kenntnis öffentlich relativ wenig dazu geäußert. Steht er dahinter, hält er das für umsetzbar, oder ist er skeptisch?

SRS’IN FIETZ: Ich hatte diese Frage eben schon einmal beantwortet.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Eben habe ich sozusagen keine Antwort herausgehört, als ich im Saal war. Was bedeutet es für die weitere Strategie der Bundesregierung, vor allem der Kanzlerin, die ja eigentlich einen noch, sagen wir, vorsichtigeren oder radikaleren Kurs fahren möchte, wenn Gerichte wirklich zunehmend sagen „Nein, das geht nicht, das ist unverhältnismäßig“ und schon die softe Variante für unverhältnismäßig erklärt wird?

SRS’IN FIETZ: Ich kann dem, was ich eben gesagt habe, nichts hinzufügen.

VORS. WOLF: Das war hier tatsächlich schon Thema.

ALTER: Der Bundesinnenminister hat ja an dieser Konferenz teilgenommen und hat natürlich auch eine Einschätzung zur aktuellen Situation und zu den aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen. Diese Einschätzung bringt er dort auch ein. Ich glaube, uns allen ist bekannt, dass ganz unterschiedliche Perspektiven eine Rolle spielen, man am Ende aber zu einem Kompromiss bzw. zu einem Verfahren, einer Entscheidung gekommen ist, die durch die Bundeskanzlerin bekanntgemacht wurde.

Insofern kann ich Ihnen sagen: Ja, der Bundesinnenminister steht zu dem, was die Bundeskanzlerin in dieser Woche vorgestellt hat. Es ist ja vereinbart worden, dass man das jetzt macht, schaut, wie es wirkt, und dann gegebenenfalls nachjustiert.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Teilt der Innenminister dann auch die sozusagen nachgelegte Unzufriedenheit seitens des Kanzleramtes und der Kanzlerin selbst, dass man eigentlich noch Weitergehenderes hätte beschließen müssen?

ALTER: Der Bundesinnenminister ist unabhängig davon der Auffassung, dass die Situation, wie wir sie jetzt erleben das ist an verschiedenen Stellen deutlich geworden , sehr ernst zu nehmen ist und dass alles unternommen werden muss, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen. Die Entscheidung, die am Mittwoch getroffen wurde, ist uns allen bekannt, und wir werden sehen, ob es Nachjustierungen geben wird.

FRAGE DR. RINKE: An Frau Fietz vielleicht schwer zu beantworten : Auf dem EU-Gipfel hat die finnische Regierungschefin gerade als Vorsichtsmaßnahme gegen Corona den Gipfel verlassen, so wie gestern auch schon Ursula von der Leyen. Hat das auch ganz praktische Auswirkungen auf die Kanzlerin? Wissen Sie, ob sie auch überlegt, den Gipfel vorsichtshalber zu verlassen?

SRS’IN FIETZ: Ich höre diese Nachricht über die finnische Ministerpräsidentin jetzt durch Sie, deshalb kann ich das nicht kommentieren. Ich habe im Moment keinen direkten Draht nach Brüssel, deshalb kann ich dazu von hier aus nichts sagen.

FRAGE: Zu den Schnelltests an das Gesundheitsministerium: Werden ab sofort Bewohner von Altenheimen und Pflegeheimen getestet? Was ist hier der Plan?

GÜLDE: Wie Sie wissen, haben wir die Testverordnung jetzt gerade erlassen. Darüber hinaus ist es bereits möglich, dass Pflegeeinrichtungen diese Antigentests erwerben können. Wichtig ist natürlich noch, dass das Personal für die Probenentnahme geschult ist. Sobald das erfolgt ist bzw. eine korrekte Probenentnahme gesichert ist, können solche Tests erfolgen.

FRAGE JENNEN: An Herrn Wagner zum Thema Boeing: Es gibt jetzt ja das Urteil der WTO, dass die EU Sanktionen erheben kann. Le Maire dringt darauf, dass die EU jetzt schon Vorbereitungen und auch eine Entscheidung trifft. Wie steht die Bundesregierung dazu? Könnte man sich vorstellen, noch vor den Präsidentschaftswahlen die Sanktionen einzuleiten?

WAGNER: Frau Jennen, danke für die Frage. Am 13. Oktober, also am Dienstag dieser Woche, gab es diese Entscheidung der WTO, die die EU ermächtigt hat, im Ausgleich Zölle in einer Höhe von, ich glaube, knapp 4 Milliarden US-Dollar wegen der WTO-widrigen US-Subventionen für Boeing zu erheben. Die Kommission hat ihre Haltung dazu bereits in einer Pressemitteilung erklärt. Diese Haltung wird von der Bundesregierung natürlich unterstützt. Wie auch die Europäische Kommission setzen wir darauf und setzen wir uns weiter dafür ein, dass wir eine Verhandlungslösung mit den USA erreichen und zu einer einvernehmlichen Lösung in Bezug auf die Strafzölle kommen.

Es gibt ein paralleles Verfahren, das die USA gegen die EU wegen WTO-rechtswidriger Airbus-Subventionen angestrebt hat, und im Gegenverfahren gab es diese Woche diese Ermächtigung hinsichtlich WTO-rechtswidriger Boeing-Subventionen durch die USA. Das Airbus-Verfahren ist immer ein Stück weit voraus, sodass diese Ermächtigung dort schon früher kam und die USA schon entsprechende Strafzölle erhoben haben. Im Gegenzug wurde jetzt auch die EU dazu ermächtigt.

Unsere Haltung war schon immer, dass wir versuchen wollen, hier zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, sodass beide Seiten auf diese Strafzölle verzichten können und wir eine Lösung finden, wie wir mit der Situation am besten umgehen. Dazu sind wir im Gespräch mit der Europäischen Kommission, die das Verfahren ja auch vor der WTO betrieben hat, und natürlich auch mit unseren französischen Partnern. Details zu dieser Abstimmung kann ich Ihnen aber noch nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JENNEN: Trotzdem hatte ich noch die Frage, ob man von deutscher Seite auch bereit wäre oder offen dafür wäre, noch vor den Präsidentschaftswahlen Sanktionen anzustrengen. Wenn es auf den Verhandlungsweg hinausläuft: Sieht man Verhandlungsmöglichkeiten mit dieser Regierung, oder möchte man da bis nach den US-Präsidentschaftswahlen warten?

WAGNER: Ich dachte eigentlich, die Frage mit beantwortet zu haben. Es ist tatsächlich so, dass wir uns jetzt im Augenblick und seit der Entscheidung mit der zuständigen Europäischen Kommission und mit den betroffenen Mitgliedstaaten, insbesondere auch Frankreich, abstimmen, wie wir darauf reagieren. Details kann ich dazu aber nicht nennen.

SRS’IN FIETZ: Ich kann noch etwas nachreichen: Die Kollegen im BPA haben Kontakt mit der Delegation in Brüssel aufgenommen. Die Kanzlerin wird den Gipfel ganz normal und wie geplant zu Ende bringen unter den geltenden Hygiene- und Abstandsregeln, die auch schon von Beginn an gültig sind. Auch die Pressekonferenz am Ende ist weiterhin geplant.

FRAGE SCHMIDT-MATTERN: Wie beurteilen Sie die Ansage aus dem Europäischen Rat, dass eine Lösung zur Erreichung des 55-Prozent-Klimaziels erst beim Rat im Dezember gefunden wird? Was ist für die deutsche Ratspräsidentschaft jetzt die schwierigste und forderndste Aufgabe beim Thema Klimaschutz?

HAUFE: Das gibt mir die Gelegenheit, gleich auf den Rat der europäischen Umweltminister und Umweltministerinnen hinzuweisen, der nächste Woche Freitag tagt. Dieser Umweltrat hat heute bzw. gestern am späten Abend vom Rat der europäischen Staats- und Regierungschefs einen klaren Auftrag bekommen, nämlich das europäische Klimagesetz jetzt weiter zu behandeln und dazu dann eben im Dezember auch eine Position zu fassen. Wir begrüßen diesen Beschluss des Europäischen Rates.

Die Staats- und Regierungschefs und zwar alle Staats- und Regierungschefs haben sich noch einmal sehr entschlossen hinter das Ziel gestellt, dass die Europäische Union bis 2050 treibhausgasneutral werden soll. Ich betone das mit dem „alle“, weil ich selber in der Medienbeobachtung immer wieder sehe, dass angenommen wird, dass unser östliches Nachbarland nicht dahinterstehen würde. Das ist einfach nicht der Fall, und die Staats- und Regierungschefs haben noch einmal ganz klar unterstrichen, dass sie alle hinter diesem 2050-Ziel der Klimaneutralität für Europa stehen und dass deswegen auch das Klimaziel für 2030 entsprechend deutlich angehoben werden muss. Es wird dazu im Dezember noch einmal eine Debatte seitens der Staats- und Regierungschefs geben, und danach wird dann der Umweltrat, der Rat der europäischen Umweltminister und -ministerinnen, entscheiden.

Das heißt, wir haben jetzt einen klaren Fahrplan für das Jahr: Wir werden in diesem Jahr noch einen Beschluss seitens des Rats für das europäische Klimagesetz, für das europäische Klimaziel haben, und wir werden damit auch das Pariser Abkommen erfüllen, die Spielregeln erfüllen. Trotz der Coronasituation, die ja eine deutliche Belastung darstellt, werden wir als Europäische Union ein erhöhtes Klimaziel nach den Regeln des Pariser Abkommens bekanntgeben, abliefern und dann eben auch Ende des Jahres veröffentlichen. Das ist seitens des Europäischen Rates auch noch einmal klar bekräftigt worden. Insofern haben wir einen klaren Auftrag und können damit sehr gut arbeiten.

VORS. WOLF: Es ist noch die Frage offen, was für die deutsche Ratspräsidentschaft jetzt die schwierigste und forderndste Aufgabe beim Thema Klimaschutz ist.

HAUFE: Die schwierigste Aufgabe beim Thema Klimaschutz?

VORS. WOLF: Im Zuge der deutschen Ratspräsidentschaft.

HAUFE: Ich denke, der Beschluss der Staats- und Regierungschefs macht auch deutlich, dass wir jeweils die speziellen Situationen der Mitgliedsländer gemeinsam mit Solidarität betrachten und auch angehen müssen. Ich glaube, der gegenseitige Austausch darüber, wie wir, also alle Länder, dieses Klimaziel tatsächlich auch gemeinsam hinbekommen, ist jetzt am allerwichtigsten. Das ist die größte Herausforderung. Es ist natürlich so, dass es für einige Mitgliedsländer schwieriger ist als für andere, das zu erreichen.

Wichtig ist der Austausch darüber. Es muss beschlossen werden, was dafür getan werden kann, damit Länder, die Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Klimaziele haben, eine sehr gute, breite Unterstützung erhalten.

SRS’IN FIETZ: Lassen Sie mich vielleicht an dieser Stelle noch einmal ergänzen, dass die Kanzlerin gestern Abend in Brüssel betont hat, dass jetzt auf dem Gipfel eine hohe Bereitschaft zu sehen war, dem Weg der Kommission zu folgen. Man war der Ansicht, dass es natürlich wichtig ist, die anspruchsvollen Klimareduktionsziele für die Europäische Union zu vereinbaren. Es gab aber auch Hinweise darauf es wurde darüber diskutiert; so hat sie es formuliert , dass wir Arbeitsplätze sichern, unsere Wirtschaft am Laufen halten müssen und natürlich unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Regionen der Welt, die nicht so viel Klimaschutz machen, nicht verlieren dürfen.

Die Kanzlerin hat auch gesagt, dass sie erwartet, dass es bis zum Dezember noch intensive Beratungen geben wird, aber das Grundzeichen positiv war. Sie hat noch einmal betont: „Wir brauchen einen stärkeren Klimaschutz und ambitioniertere Ziele. Ich hoffe, dass uns das im Dezember gelingen kann.“

FRAGE SORGE: Sehen Sie es mir nach, sollte ich es überhört haben: Ich würde gern wissen, ob das Kanzleramt die Einberufung eines weiteren Sondergipfels noch im Herbst plant, um eine Einigung für ein schärferes Klimaziel zu erreichen?

HAUFE: Ich habe diese Forderung gesehen. Sie kommt aus dem Europäischen Parlament. Ich habe ja gerade gesagt, dass wir bis Dezember einen sehr klaren Zeitplan haben.

Die Staats- und Regierungschefs haben beschlossen, dass sie noch einmal am 11. Dezember wird das wahrscheinlich sein über das Klimaziel beraten. Der Rat der europäischen Umweltminister und Umweltministerinnen wird dann am 17. Dezember das europäische Klimagesetz behandeln und dann dort auch, wie es aussieht, einen Beschluss fassen. Damit haben wir ja einen klaren Zeitablauf.

Zugleich ist noch einmal bekräftigt worden, dass wir auch das höhere Klimaziel im Rahmen des Pariser Abkommens bekanntgeben werden. Auch dahinter haben sich die Staats- und Regierungschefs gestellt.

Insofern herrscht hier Klarheit über die nächsten Schritte. Wir werden hier unter der deutschen Ratspräsidentschaft, so wie es aussieht, zu einem guten Abschluss kommen. Frau Fietz hat es auch gerade ausgeführt, was die Kanzlerin dazu gesagt hat. Insofern ist eigentlich alles zu dem Thema Zeitplanung und Abläufen gesagt.

FRAGE JESSEN: Herr Haufe, da Sie heute die Belastungen der Coronafolgen angesprochen haben, haben Sie eigentlich auch schon Kenntnisse konkreter Art über Entlastungen durch Coronafolgen, die es national oder international geben kann? Gab es weniger Reiseverkehr, weniger Produktionen? Wir hatten ja 1989/90 infolge der Auflösung der DDR ähnliche Phänomene. Können Sie so etwas jetzt schon berechnen oder prognostizieren?

HAUFE: Wie jede große Schwierigkeit oder Krisensituation schlechte Seiten hat, zeigt sie auch die eine oder andere alternative Lösung auf, die man vielleicht in Zukunft weiterverfolgen kann. Natürlich ist das hier auch so. Das hat die Bundesumweltministerin immer wieder deutlich gemacht.

Wir haben jetzt eine ganz andere Möglichkeit und Erfahrung, digital zusammenzuarbeiten. Das wirkt sich auch auf Emissionen, auf den Klimaschutz aus. Das heißt zum Beispiel, dass man die eine oder andere Dienstreise vielleicht lassen kann. Das hat die Ministerin deutlich gemacht. Das ist auch etwas, was wir jetzt besser erlernen.

Gleichzeitig gehen Sie vielleicht auf das Thema der CO₂-Minderung ein, die wir durch die Coronasituation insgesamt feststellen. Dazu gibt es ja Berechnungen. Diese spielen letztlich keine Rolle. Sie sind zu gering. Sie sind für die Belastung der Atmosphäre mit CO₂ wirklich kein entscheidender Faktor. Das ist ein viel zu minimaler Rückgang. Aber alle möglichen Alternativen, die damit zusammenhängen, etwa warum dieser Rückgang zustande kommt, sollten verfolgt werden. Das ist ganz klar unsere Position.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Meine Frage eben zielte in der Tat in die Richtung Reduzierung. Ich verstehe Sie richtig, dass der messbare Effekt deutlich geringer ist als seinerzeit infolge der deutschen Wiedervereinigung. Denn da war es ein relevanter Faktor. Das ist jetzt nicht in dieser Größenordnung, sondern es ist wie Sie sagen im Grunde eine sehr geringe Größe? Ist das richtig?

HAUFE: Ich kann jetzt keinen genauen Vergleich zu der Situation in 1990 ziehen. Sehen Sie mir das bitte nach. Das ist ein bisschen schwierig.

Diese Vergleiche sind auch deshalb schwierig, weil wir heute davon ausgehen müssen, dass wir eine ganz andere CO₂-Konzentration in der Atmosphäre haben, als wir sie 1990 hatten. Das muss man mit in Relation setzen.

Ich kann nur noch einmal unterstreichen, dass der jetzige CO₂-Minderungseffekt nicht entscheidend ist.

FRAGE BUSCHOW: Eine Frage an Herrn Alter: Das BMI hat gerade zeitgleich eine Pressemitteilung verbreitet, dass heute die ersten Flüchtlinge aus diesem 1500er Kontingent aus Griechenland angekommen sind.

Weil es inzwischen so viele Programme sind und es immer ein bisschen kleckerweise kommt, wollte ich einfach einmal die Frage stellen: Wann werden diese ganzen verschiedenen Programme denn nun nach dem Zeitplan des BMI abgeschlossen sein, jetzt auch mit Blick auf den Herbst und Winter, der ja die Lage dort nicht schöner macht?

ALTER: Die Frage kann ich Ihnen ganz konkret nicht beantworten, wann die verschiedenen Programme abgeschlossen sein werden. Es gibt Planungen.

Wie Sie schon sagen, laufen verschiedene Programme angefangen bei den 243 kranken Kindern mit ihren Familien, über die 400 unbegleiteten Minderjährigen, von denen Deutschland nach den Bränden in Moria 150 aufnimmt, und eben heute der erste Flug mit 26 Familien von den bereits anerkannten Schutzberechtigten von den griechischen Inseln. Insgesamt sind es 101 Personen, davon 61 Kinder und 40 Erwachsene, die schnellstmöglich nach Deutschland gebracht werden sollen.

Es handelt sich insgesamt um eine Größenordnung von etwa 2500 Personen. Bislang, also mit dem Flug, der heute angekommen ist, sind schon 903 Personen, also etwas weniger als die Hälfte, in Deutschland angekommen. Die Planungen laufen fortlaufend. Ich kann Ihnen aber kein Datum nennen, wann das alles abgeschlossen sein wird.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Es ist aber zumindest der Plan, es in diesem Jahr abzuschließen? Können Sie da einen Zeithorizont sagen?

ALTER: Es ist der Plan, das so schnell wie möglich abzuschließen. Aber das ist von verschiedenen Dingen abhängig.

Der Flug, der heute ankam, war ursprünglich schon Anfang der Woche geplant. Dann gab es administrative Gründe für die Verschiebung, auch immer wieder den Verdacht, dass es vielleicht doch eine Coronainfektion gab. Das wird natürlich ausgiebig geprüft.

Erst wenn alle Verdachtsmomente ausgeräumt sind, kann es auch logistisch umgesetzt werden. Das heißt, wir müssen bei aller Planung damit rechnen, dass es vielleicht hier und da zu Verzögerungen kommen kann. Deswegen tue ich mich schwer, ein Datum zu nennen.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Burger, wir haben jetzt ja den Jahrestag der Antiregierungsproteste im Libanon. Die Regierungsgestaltung ist sehr zäh und auch schwierig. Es gab die Hafenexplosion. Wie bewerten Sie die Situation?

BURGER: Sie haben recht. Morgen vor einem Jahr begannen die Proteste, bei denen Libanesinnen und Libanesen ganz konfessionsübergreifend und über alle sozialen Schichten hinweg gemeinsam ein Ende von Korruption und Misswirtschaft gefordert haben.

Wir sehen jetzt, ein Jahr später, dass sich die Hoffnungen der Protestierenden bisher leider nicht erfüllt haben. Es ist bisher nicht gelungen, eine stabile Regierung zu bilden, die echte Reformen angehen kann. Die schwere Wirtschafts- und Bankenkrise bleibt ungelöst. Für die Menschen im Libanon wird die Lage immer schwieriger.

Es ist an den politischen Parteien und Akteuren zu zeigen, dass sie den Ernst der Lage erkannt haben. Ein wichtiger Schritt dafür ist die rasche Bildung einer neuen glaubwürdigen Regierung, die dann auch sichtbare und nachhaltige Reformschritte einleiten muss.

Die Bundesregierung steht in dieser schwierigen Zeit fest an der Seite der Libanesinnen und Libanesen. Bereits vor der Hafenexplosion haben wir uns umfangreich im Libanon engagiert. Unser humanitäres Engagement haben wir seitdem noch einmal ausgebaut. Sichtbare Reformen sind allerdings die Voraussetzung für eine längerfristige Unterstützung Libanons, insbesondere zum Wiederaufbau und auch für eine Wiederaufnahme der Gespräche mit dem IWF.

Das ist unsere Botschaft gegenüber den politischen Parteien und Akteuren im Libanon.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Was sehen Sie als das Haupthindernis, warum es nicht zu einer Regierungsbildung kommen konnte?

BURGER: Wie gesagt: Aus unserer Sicht braucht es die Bereitschaft der libanesischen politischen Eliten zu echten Reformen und zu echten strukturellen Veränderungen, insbesondere was Transparenz der Verwendung von Mitteln angeht. Das ist die Forderung, die die libanesische Bevölkerung in den Protesten, die vor einem Jahr begonnen haben, sehr deutlich gemacht hat. Das ist auch die klare Erwartung der internationalen Gemeinschaft, insbesondere seit der Explosion. Es ist die Voraussetzung dafür, dass umfassende wirtschaftliche Unterstützung gewährleistet werden kann.

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