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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 18. Dezember 2020

Themen: COVID-19-Pandemie (Bilanz des Umgangs mit der Pandemie, COVAX-Initiative, Impfplan, Dezember-Hilfen, Finanzierung der Pandemiekosten), Wirecard AG, Investitionsabkommen zwischen der EU und China, Reform der Pflegeversicherung, GKKE-Rüstungsexportbericht, Vergiftung von Alexej Nawalny, Anklage gegen die frühere Leiterin der Bremer Außenstelle des BAMF

Naive Fragen zu:
2:11 Corona
– würde die Bundesregierung sagen, so gut wie die Gesellschaft durch die erste Welle gekommen ist, genauso schlecht geht es jetzt in der zweiten Welle? (ab 4:35)
– Wir sind ganz gut durch die erste Welle gekommen, weil das auch am guten Regierungshandeln lag. Kann man nicht sagen, dass die Situation, in der wir jetzt sind, also die zweite Welle, in der es sehr schlecht aussieht, auch mit Regierungshandeln zu tun hat?
– Wollen Sie so tun, als ob Sie mit Ihrem Handeln nichts mit der derzeitigen Situation zu tun haben?

19:18 Infektionsgeschehen
– Sie hatten vor ein paar Minuten gesagt, wir müssen uns darauf einrichten, dass Januar und Februar die schwersten Monate werden. Können Sie das ein bisschen erläutern, was Sie damit meinen? Geht die Bundesregierung davon aus, dass die täglichen Todeszahlen im Januar und Februar steigen werden?
– Ich habe Sie schon richtig verstanden, dass Sie damit rechnen, dass Januar und Februar vom Infektionsgeschehen her, von den Todeszahlen, schlimmer werden als jetzt der Dezember?

31:20 Nawalny
– Der russische Präsident hat sich ja gestern in der Jahrespressekonferenz auch zu dem Fall geäußert. Er meinte, wenn jemand Nawalny hätte vergiften wollen, dann wäre diese Arbeit zu Ende gebracht worden. Nawalny sei aus seiner Sicht nicht wichtig genug, um ein Ziel zu sein. Er sagte: Wer ist er schon? Wenn das jemand gewollt hätte, dann hätte er das auch zu Ende geführt. – Wie bewertet die Bundesregierung die Aussagen des russischen Präsidenten, von dem sie ja Aufklärung fordert? (ab 32:53)

33:43 Vermögensabgabe
– es geht um ein Thema, das in der Regierungsbefragung im Bundestag die Kanzlerin erreichte. Sie lehnt ja eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Pandemiekosten ab. Sie sagte: Spitzenverdiener und Wohlhabende sollten nicht noch zusätzlich belastet werden. – Erstens frage ich: Warum? Zweitens: Inwiefern werden Spitzenverdiener und Wohlhabende aktuell belastet?
– Dazu wollte ich auch das BMF befragen. Könnten Sie erläutern, wie Spitzenverdiener und Wohlhabende im Land aktuell belastet werden? Ist Ihre Haltung auch, dass diese nicht zusätzlich belastet werden sollen?
– Wird er das jetzt noch bei der Kanzlerin einbringen und versuchen, sie zu überzeugen?
– Nun stand die Pandemie ja auch nicht im Koalitionsvertrag. Andere Gegebenheiten erfordern also vielleicht andere Maßnahmen.

36:50 BAMF-„Skandal“
– ich weiß nicht, ob Sie damals schon Sprecher des BMI waren, aber im Mai 2018 hat das BMI in einer Pressemitteilung behauptet, „dass im Ankunftszentrum Bremen bewusst gesetzliche Regelungen und interne Dienstvorschriften missachtet wurden“. Das haben Sie also quasi als Tatsache dargestellt. Halten Sie auch daran fest Sie sprachen vorhin vom „aktuellen Stand“ , oder entschuldigen Sie sich für so eine Pressemitteilung? (ab 40:32)

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 18. Dezember 2020:

FRAGE KOCK: Herr Seibert, meine Frage ist quasi eine Jahresrückblickfrage, die ich Ihnen gerne stellen würde. Die erste Welle der COVID-19-Pandemie haben wir gut bewältigt, in die zweite sind wir mehr oder weniger hineingestolpert. Was ist die Sicht der Bundesregierung, was mögliche Fehler, Grunderkenntnisse dessen angeht, was falsch gemacht wurde?

STS SEIBERT: Das ist, ehrlich gesagt, eine ziemlich enzyklopädische Frage. Sie haben recht: Wenn man das Ganze nimmt, sind wir in Deutschland ziemlich gut durch die erste Welle gekommen. Jetzt sind wir in einer Situation, wie sie Herr Wieler vom Robert-Koch-Institut, der, glaube ich, erst vorgestern hier gesessen hat, so beschrieben hat: eine Lage so ernst, wie sie in dieser Pandemie noch nie war. Dieses Schicksal teilen wir im Übrigen mit den allermeisten europäischen Ländern.

Jetzt ist unsere Aufgabe, mit allem, was der Staat dafür tun kann, mit allem, was jeder Einzelne in seinem Leben dafür tun kann, wieder aus dieser Phase starken Wachstums und unerträglich hoher täglicher Todeszahlen herauszukommen. Die bevorstehende wahrscheinliche Zulassung des ersten Impfstoffs ich sage es jetzt einmal so gibt natürlich Hoffnung, wird aber das Problem natürlich nicht lösen. Realistisch müssen wir uns darauf einrichten, dass sicherlich die Monate Januar und Februar noch zu den schwersten gehören, die es in dieser Pandemie gibt.

Ich muss sagen, dass es mir schwerfällt, jetzt eine so umfassende Antwort zu geben, wie Sie sie haben möchten. Im Rückblick wird man immer sagen: Hätten wir zu dem Zeitpunkt bereits diese Maßnahme ergriffen, wäre uns möglicherweise ein härteres Eingreifen vier Wochen später erspart geblieben. Wie die Bundeskanzlerin es nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz gesagt hat: Jetzt ist der Moment, vorauszuschauen und so zu handeln, wie es jetzt der Moment erfordert.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, würde die Bundesregierung sagen, so gut wie die Gesellschaft durch die erste Welle gekommen ist, genauso schlecht geht es jetzt in der zweiten Welle?

STS SEIBERT: Ehrlich gesagt ergibt dieser Satz für mich jetzt keinen Sinn. Wir haben jetzt eine Situation, die so schwierig ist, wie sie in dieser Pandemie in diesem Land noch nicht war. Deswegen werden sehr schwere und einschränkende Maßnahmen ergriffen, die in alle Lebensbereiche hineinstrahlen in das Wirtschaftsleben, in unser aller persönliches Leben und die auch Freiheitsrechte temporär beschränken. Ich habe gestern in der ARD eine Umfrage gesehen, dass die allermeisten Deutschen diese Maßnahmen befürworten, unterstützen, für richtig halten und dass es sogar einen kleinen Teil gibt, der findet, es müsste noch weiterreichend gehandelt werden.

Das Wichtige ist jetzt nicht der Vergleich zwischen der ersten und zweiten Welle, sondern das Wichtige ist jetzt, dass wir das tun, was notwendig ist, um aus dieser Phase wieder herauszukommen und uns in eine Situation zu bringen, in der die besonders Vulnerablen vor der Krankheit geschützt sind. Deswegen werden sie jetzt auch die erste Priorität bei der Zuteilung der Impfstoffe bekommen, sodass wir zu einem späteren Zeitpunkt wieder in der Lage sind, Teile des öffentlichen und des wirtschaftlichen Lebens zu öffnen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das habe ich verstanden. Wir sind ganz gut durch die erste Welle gekommen, weil das auch am guten Regierungshandeln lag. Kann man nicht sagen, dass die Situation, in der wir jetzt sind, also die zweite Welle, in der es sehr schlecht aussieht, auch mit Regierungshandeln zu tun hat?

STS SEIBERT: Das ist Ihre Bewertung, die Ihnen als Journalist freisteht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wollen Sie so tun, als ob Sie mit Ihrem Handeln nichts mit der derzeitigen Situation zu tun haben?

STS SEIBERT: Das wäre doch absurd. Ich glaube auch nicht, dass Sie irgendeine meiner Äußerungen so interpretieren können.

FRAGE LANGE: Herr Seibert, es geht um die Verteilung von Impfstoffen an ärmere Länder. Ich glaube, zuletzt gab im Rahmen des G20-Prozesses eine ich nenne es einmal so Geberkonferenz. Gibt es diesbezüglich eventuell schon einen neuen Stand? Es fehlten zuletzt noch sechs Milliarden Euro.

Gibt es über die Bereitstellung von Geld hinaus auch eine Bereitstellung von Daten? Ist geplant, ärmeren Ländern womöglich Forschungsdaten zur Verfügung zu stellen, damit sie ihren eigenen Impfstoff entwickeln oder zumindest in die Forschung einsteigen können?

STS SEIBERT: Zur Frage der Übermittlung von Forschungsdaten müsste ich tatsächlich versuchen, Ihnen eine Antwort nachzureichen, falls das nicht einer meiner heute hier anwesenden Kollegen übernehmen kann.

Sie wissen, dass die Bundesrepublik Deutschland die Bundesregierung erst einmal sehr stark in dem Grundgedanken engagiert ist, dass ein sicherer, vertrauenswürdiger und auch bezahlbarer Impfstoff allen auf der Welt, die ihn brauchen, zur Verfügung stehen soll und dass das ein gemeinsames Gut sein soll und nicht nur einigen wenigen zur Verfügung stehen soll. Deswegen hat Deutschland bedeutende finanzielle Beiträge zur Finanzierung der COVAX-Initiative geleistet. COVAX ist dann sozusagen beauftragt worden, mit dem vorhandenen Geld die notwendigen Verhandlungen mit den Herstellern der potenziellen Impfstoffe zu führen.

Was den neuesten Stand betrifft, den ich heute nicht dabei habe, will ich gerne etwas nachreichen und würde dann auch die Frage der Übermittlung von Forschungsergebnissen nachreichen.

FRAGE REIFENRATH: Hat die EU aus jetziger Sicht zu wenige oder zu spät Impfstoffdosen der Hersteller BioNTech/Pfizer und Moderna bestellt?

STS SEIBERT: Ich glaube, dass das BMG da näher dran ist.

EWALD: Das ist, ehrlich gesagt, eine Frage, die Sie an die EU-Kommission richten müssen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es dort sehr frühzeitig Bemühungen gab, mit den Herstellern entsprechende Kapazitäten zu sichern. Diese Frage müssten Sie aber bitte, wie gesagt, an die EU-Kommission richten.

FRAGE JESSEN: Zur Frage, wie ärmeren Ländern geholfen wird: Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ weist darauf hin, dass 80 Prozent des Impfstoffs, der von BioNTech produziert wird, sozusagen zur Vergabe an reiche und wohlhabende Länder gebunden ist und 20 Prozent an die zahlenmäßig sehr viel stärkeren ärmeren Länder. Das ist ja nicht das, man eine gerechte Verteilung nennen würde. Gibt es eine Strategie, dieses Missverhältnis perspektivisch zu verändern?

STS SEIBERT: Erstens will ich gerne versuchen, auch Ihnen das betrifft aber auch Herrn Lange den neuesten Stand in Bezug auf die Frage der COVAX-Initiative nachzureichen.

Zweitens finde ich es wichtig, dass man nicht nur einen Impfstoff im Auge hat. Es wird unterschiedliche Impfstoffe geben, die im Laufe der Zeit zugelassen werden und in die Verimpfung kommen. Es wird unterschiedliche Impfstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften geben, auch was den Transport und die Lagerung betrifft. Diese werden das ist dabei auch zu bedenken nicht alle für jedes Land und für jede Bevölkerungsgruppe gleich geeignet sein. Insofern ist die Betrachtung eines einzelnen Impfstoffs jetzt, kurz vor Weihnachten 2020, noch nicht für das aussagekräftig, was im Jahr 2021 global passieren wird.

Ich will dazu aber gerne eine Antwort nachreichen.

FRAGE JORDANS: Ich habe eine Frage an das Bundesgesundheitsministerium: Der Bund ist für die Verteilung des Impfstoffs zuständig. Ist es richtig, dass der teilweise von außerhalb Europas ankommen wird?

Noch eine Frage an das Bundesinnenministerium: Wie viele Beamte der Bundespolizei werden bereitgestellt, um den Impfstoff vom Zentrallager in Quakenbrück in die Länder zu eskortieren?

EWALD: Der Minister hat sich heute ausführlich im Rahmen einer Pressekonferenz zum Impfplan geäußert. Stand heute gehen wir davon aus, dass am 27. Dezember mit dem Impfen in den Bundesländern begonnen werden kann. Der Zeitplan sieht wie folgt aus: am 21. tagt der Zulassungsausschuss der EMA, danach plant die EU-Kommission, die Zulassung zu erteilen, und anschließend erfolgt die Freigabe der Impfstoffchargen durch das Paul-Ehrlich-Institut. Erst dann wird der Impfstoff von BioNTech an die 27 Anlieferungszenten der Länder ausgeliefert. Danach liegt es in der Hand der Länder, den Impfstoff an ihre regionalen Zentren zu verteilen und mit der Impfung zu starten.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Die Frage war, ob der Impfstoff von außerhalb Europas kommt.

EWALD: Das ist auch eine Frage, die Sie an die EU-Kommission richten müssen. Dort läuft zentral der Beschaffungsprozess und die Verteilung an die 27 Mitgliedstaaten.

ALTER: Es wird im Zuge der Auslieferung der Impfstoffe natürlich zu einer Reihe von logistischen Verkehren kommen. Der Bundesinnenminister hatte dem Ersuchen entsprochen, dass auch die Bundespolizei bei der Sicherung der Impftransporte zur Verfügung steht. Das liegt in unser aller Interesse, dass der Impfstoff zügig und ohne Verzögerung vom jeweiligen Auslieferer beim Impfzentrum ankommen kann. Die Sicherung in den Bundesländern liegt bei der Landespolizei.

Wenn es allerdings um übergreifende Transporte geht wir sind auch darauf eingestellt, dass es Transporte aus dem Ausland geben könnte , dann wird das die Bundespolizei unterstützen. In welcher Größenordnung das sein wird, das lässt sich pauschal schwer sagen. Da finden im Moment Gespräche zwischen der Bundespolizei und den Polizeien der Länder statt. Da wird man je nach Notwendigkeit Entscheidungen treffen.

FRAGE KREUTZMANN: Stichwort Haftpflicht/Regress: Trifft es zu, dass das Gesundheitsministerium es abgelehnt hat, für den Regressfall die Versicherung von Ärzten zu übernehmen, die in Impfzentren den Impfstoff gegen COVID 19 verabreichen sollen?

Wenn Ärzte keine Versicherung finden, die sich bereiterklärt, eventuelle Regressforderungen abzudecken, wird dann der Bund einspringen? Ist eine Haftungsübernahme durch den Bund vorgesehen?

EWALD: Dazu liegen mir keine Informationen vor.

VORS. BUSCHOW: Können Sie die gegebenenfalls nachreichen?

EWALD: Grundsätzlich kann ich noch einmal zu der Frage der Haftung Folgendes ausführen: Wenn es durch die Anwendung des Impfstoffes zu einer Schädigung kommt, dann kommt je nach Fallgestaltung eine Haftung des pharmazeutischen Unternehmers aufgrund verschiedener gesetzlicher Grundlagen in Betracht. Das kann sich aus dem Arzneimittelrecht, aus dem Produkthaftungsgesetz, ergeben. Außerdem gelten die allgemeinen Haftungsregelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Im Infektionsschutzgesetz selbst ist auch genau geregelt, wann jemand einen Antrag auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz stellen kann. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn jemand durch eine Impfung, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen wurde, gesundheitlichen Schaden erlitten hat.

FRAGE LANGE: Ich glaube, die Frage geht an das Justizministerium. Dass es keine Impflicht geben wird, ist ja klar. Aber es gibt die Debatte, dass es eine Impfpflicht durch die Hintertür geben könnte. Herr Spahn hat es heute auch noch einmal angesprochen. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann geht es darum, dass Private sagen könnten: Du kommst hier nicht rein, wenn du nicht geimpft bist.

Das ist ja auch eine juristische Frage, würde ich jetzt einmal unterstellen. Gibt es dazu schon eine Meinungsbildung im Ministerium? Wie geht man also damit um?

DR. LEBER: Die von Ihnen genannten Fragen hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab, über die zum jetzigen Zeitpunkt noch keine verlässliche Aussage getroffen werden kann. Dies gilt insbesondere für die Frage, in welchem Maße eine Impfung nicht nur für die geimpfte Person vor einem Ausbruch der Krankheit schützt, sondern auch andere Personen vor einer Ansteckung.

Ein weiterer Gesichtspunkt sind die generellen Infektionsschutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz, die in den genannten Bereichen zu diesem Zeitpunkt gelten werden.

Ganz allgemein lässt sich natürlich sagen, dass es privaten Anbietern, etwa Inhabern von privaten Gastronomiebetrieben oder Beherbungsbetrieben, im Rahmen der Vertragsfreiheit freistehen kann, den Abschluss von Verträgen oder den Zutritt zu ihren Liegenschaften zu verweigern – ganz allgemein genannt. Mit Blick auf den Abschluss von Beförderungsverträgen ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass in diesem Bereich teilweise gesetzliche Kontrahierungszwänge bestehen. Insofern sind die hierfür vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Vorgaben noch zu beachten. Das allgemein dazu.

ZUSATZFRAGE LANGE: Kommen dann nicht vielleicht auch Diskriminierungen ins Spiel, wenn ich als Privater sage: Du kommst hier nicht rein, weil du nicht gesund bist, oder was auch immer? – Ist Diskriminierung eine Sache, die von Ihrem Ministerium geprüft worden ist?

DR. LEBER: Das waren jetzt gerade ganz allgemeine Ausführungen, die ich getätigt habe. Wie ich eingangs gesagt habe: Es hängt von ganz vielen Faktoren ab, die wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen können. Von daher lässt sich da keine abschließende Aussage treffen.

FRAGE HOENIG: Ich möchte mich nach dem aktuellen Stand bei den Dezember-Hilfen erkundigen. Ab wann können sie beantragt werden?

DR. BARON: Da kann ich Ihnen aktuell heute kein Datum nennen. Wir sind da in enger Abstimmung für alle finalen Fragen, die noch zu konkretisieren ist. Es sind einige Fragen, die mit den Ländern geklärt werden. Alle Arbeiten laufen da mit Hochdruck. Sobald wir Näheres mitteilen können, werden wir das selbstverständlich machen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass die Abschlagszahlungen für die November-Hilfe bereits seit dem 27. November fließen.

Ich möchte hier vielleicht auch noch einmal die Zahlen zum Stand gestern mitteilen: Wir haben bislang 219 702 Anträge. Von denen sind bereits Abschlagszahlungen mit einem Volumen von über 688 Millionen Euro ausgereicht worden. Das Geld fließt also und kommt bei den Betroffenen an.

FRAGE JUNG (zum Infektionsgeschehen): Herr Seibert, Sie hatten vor ein paar Minuten gesagt, wir müssen uns darauf einrichten, dass Januar und Februar die schwersten Monate werden. Können Sie das ein bisschen erläutern, was Sie damit meinen? Geht die Bundesregierung davon aus, dass die täglichen Todeszahlen im Januar und Februar steigen werden?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen hier keine genaue Betrachtung geben. Ich kann Ihnen die Zahlen natürlich nicht nennen. Aber wir haben derzeit täglich ein sehr hohes und immer noch wachsendes Niveau an Infektionszahlen. Wir haben ein sehr hohes Niveau es ist viel zu hoch an Todeszahlen.

Wir haben die Feiertage vor uns, die trotz aller Beschränkungen und der Vorsicht, die die allermeisten Menschen hoffentlich walten lassen werden, wahrscheinlich doch wieder Begegnungen und Mobilität mit sich bringen werden, die sich dann in einer gewissen Zahl von Ansteckungen übersetzen werden. Das wird erst im Januar in den Statistiken und vielleicht auch in den Krankenhäusern sichtbar werden.

Wir sehen jetzt Licht am Ende des Tunnels wegen der ersten Impfungen. Wir wissen aber auch dazu hat sich ja der Minister heute sehr ausführlich geäußert , dass das Impfen in den ersten Monaten noch nicht eine große Zahl der Bevölkerung erreichen wird. Wir haben also noch schwere Monate vor uns. Es ist Winter. Das heißt, die Aktivitäten finden im Inneren statt, wo eine größere Ansteckungsgefahr besteht, als wenn man im Sommer draußen ist. All das kommt zusammen. Das ist eine, glaube ich, realistische Einschätzung. Trotzdem haben wir auch genügend Gründe zur Hoffnung, dass uns 2021 Schritt für Schritt Verbesserungen und auch wieder Erleichterungen bringen wird.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe Sie schon richtig verstanden, dass Sie damit rechnen, dass Januar und Februar vom Infektionsgeschehen her, von den Todeszahlen, schlimmer werden als jetzt der Dezember?

STS SEIBERT: Ich habe gesagt, dass es noch einmal sehr schwere Monate in der Pandemie werden. Da habe ich mich an den Chef des RKI angelehnt, der hier vorgestern sagte: Wir sind in der schwierigsten Lage, in der wir bisher in dieser Pandemie waren.

FRAGE JESSEN: Wenn man mit Schulen spricht, die ja sozusagen auch zu den besonders heiklen Bereichen gehören, dann ist dort die Hoffnung, dass man sagt: Wenn wir etwas schaffen können, ehe auch bei uns geimpft werden kann, dann wäre es eine möglichst eng getaktete Feststellung von relativer Infektionsfreiheit, vor allem über Antigenschnelltests.

Schulen, Bildung, ist Ländersache. Aber gibt es denn Anstrengungen des Bundes, damit an Schulen vorrangig Lehrpersonal, aber auch Schüler, zunehmend und enger mit Antigenschnelltests getestet werden, um eine relative Sicherheit, wenn man so will, zu erreichen?

EWALD: Herr Jessen, das haben wir hier mehrfach vorgetragen. Es gibt die neue Testverordnung. Da gibt es die Möglichkeit, dass die Einrichtungen diese Antigenschnelltests auch einsetzen. Es gibt einen Beschluss der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin, dass dann die Möglichkeit besteht, sozusagen die Quarantänezeit zu verkürzen. Das steht alles in der Testverordnung, und sie ist auch schon in Kraft. Die Länder das habe ich, glaube ich, hier sogar selber noch einmal vorgetragen sind jetzt aufgefordert, das auch umzusetzen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Gehört dazu auch, dass gegebenenfalls nicht medizinisches Personal, zum Beispiel Lehrer selbst, angelernt werden, um untereinander diese Antigenschnelltests durchzuführen? Denn irgendwann sind die medizinischen, personellen Kapazitäten erschöpft.

EWALD: Diese Schnelltests sind ja Medizinprodukte. Wie Sie wissen, gibt es die Vorgabe, dass es geschultes Personal sein muss. Aber natürlich können sich die Lehrer entsprechend schulen lassen und dann sozusagen in der Handhabung dieser Tests qualifiziert genug sein, um sie selber durchzuführen.

FRAGE COLITT: Ich habe zu Wirecard und China Fragen gehen an das Auswärtige Amt, an das Finanzministerium und an das Wirtschaftsministerium.

An das Finanzministerium: Wird die Bundesregierung Richtlinien für den Wertpapierhandel von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes vorlegen?

DR. PODSTAWSKI: Vielen Dank. – Dazu haben wir uns ja hier auch verschiedentlich schon geäußert. Ich kann Ihnen grundsätzlich sagen, dass Insiderhandel verboten war und verboten ist und auch straf- und bußgeldrechtlich bewehrt ist. Wir haben hier schon kommuniziert, dass wir jetzt im Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz auch konkrete Vorschläge dafür vorgelegt haben, wie für die BaFin eine strengere Regulierung vorgesehen wird. Parallel dazu werden im Bundesministerium der Finanzen derzeit ergänzende Insider-Compliance-Regeln und Maßnahmen erarbeitet, um schon den bloßen Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden.

ZUSATZFRAGE COLITT: An das Auswärtige Amt und das Wirtschaftsministerium: Aus China heißt es, dass es Fortschritte in den Verhandlungen über das EU-China-Investitionsabkommen gebe und dass die Bundeskanzlerin diesen Durchbruch unterstütze. Können Sie das bestätigen?

STS SEIBERT: Ich bin zwar nicht das Auswärtige Amt, aber ich hörte irgendwie das Wort Bundeskanzlerin. Wir werden wahrscheinlich eh das Gleiche zu sagen haben: Die Beziehungen der EU zu China sind von strategischer Bedeutung. Die Beziehungen der EU zu China sind deswegen auch ein Schwerpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft gewesen; das hat die Bundeskanzlerin immer wieder betont.

Ein zentraler Politikbereich ist dieses EU-China-Investitionsabkommen. Die Verhandlungen laufen seit mehr als sechs Jahren. Zuletzt haben die EU und China das politische Engagement für diese Verhandlungen erhöht. Es hat am 14. September eine Videokonferenz zwischen der Bundeskanzlerin, dem Präsidenten des Rates, der Präsidentin der Europäischen Kommission und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping gegeben, bei der man dieses Thema quasi noch einmal auf die Chefebene gehoben hat. Dabei wurde das Ziel ein Abschluss dieses Abkommens bis Ende des Jahres noch einmal bekräftigt. Ende November hat die Bundeskanzlerin in einem erneuten Gespräch mit dem Staatspräsidenten auch noch einmal die Hoffnung ausgedrückt, dass ein ambitionierter Abschluss bald möglich sei.

In diesem Sinne führt die Europäische Kommission intensive Verhandlungen mit der chinesischen Seite. Es wurden in der Verhandlungsrunde im Dezember offenbar Fortschritte erreicht, aber die Verhandlungen dauern an. Das Ziel ist weiterhin ein ambitioniertes Abkommen zwischen China und der EU.

BURGER. Jetzt habe ich nichts mehr.

STS SEIBERT: Tut mir leid.

BURGER: Es bleibt nichts mehr für mich übrig. – In der Tat ist es so, dass die Kommission diese Verhandlungen führt, und dafür besteht natürlich ein enger Austausch zwischen der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten und auch mit der Bundesregierung, an dem wir uns beteiligen.

DR. BARON: Dazu haben die Kollegen alles ausgeführt. Es ist alles gesagt. Ich habe nichts zu ergänzen.

FRAGE LANGE: Herr Ewald, können Sie sagen, wie der Stand bezüglich der Reform der Pflegeversicherung ist? Der Minister ist bisher immer davon ausgegangen, dass es damit bis Ende der Legislaturperiode noch etwas werden werde. Wird es noch etwas werden? Wie ist der aktuelle Stand? Wann könnten wir mit Vorschlägen rechnen?

EWALD: Der Minister hat ja mehrfach öffentlich seine Vorstellungen für eine künftige Reform der Pflegeversicherung skizziert, und die Debatte darüber läuft.

ZUSATZFRAGE LANGE: Geht es vielleicht etwas präziser? Wie weit ist man? Die Debatte läuft ja jetzt schon sehr lange. Er hat auch schon vor Längerem Skizzen an die Wand geworfen. Aber die Legislaturperiode geht ja jetzt langsam auch dem Ende entgegen, zumindest die aktive Zeit.

EWALD: Herr Lange, ich kann das jetzt nicht weiter konkretisieren. Es gibt auch einen Austausch mit den Regierungsfraktionen darüber. Inwieweit noch innerhalb dieser Legislaturperiode auch ein Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht werden kann, vermag ich nicht zu sagen.

FRAGE NEHLS: An das Verteidigungsministerium: Bei der gestrigen Vorlage das Rüstungsexportberichts an diesem Ort wurde gesagt, dass deutsche Technologie für Gefechtsköpfe an die Türkei gegangen sei und dass Aserbaidschan diese Gefechtsköpfe durch Kampfdrohnen in Bergkarabach eingesetzt habe. Können Sie das bestätigen? Was hätte das mit bewaffneten Drohnen als einem Soldatenschutz zu tun?

COLLATZ: Zu dem Rüstungskontrollbericht kann ich an dieser Stelle nichts sagen. Danach bitte ich das zuständige Ministerium zu fragen.

DR. BARON: Dazu liegen mir keine Informationen vor. Ich müsste prüfen, ob wir etwas nachreichen können. Ich schiebe aber gleich hinterher, dass wir zu Einzelfällen in der Regel ja keine Stellung nehmen können. Deshalb muss ich das noch einmal genau prüfen.

FRAGE ESIPOV: Der russische Oppositionelle Nawalny wurde gestern von deutschen Staatsanwälten vernommen. Können Sie sagen, in welchem rechtlichen Rahmen das passierte?

Wie viele Rechtshilfeersuchen gab es aus Russland? Wurden sie von der Bundesregierung bewilligt oder nicht?

DR. LEBER: Vielen Dank. – Ich möchte das Thema noch ein wenig einrahmen. Gestern ist Herr Nawalny im Rahmen des Rechtshilfeverfahrens von der Staatsanwaltschaft Berlin als Opferzeuge vernommen worden. Wir möchten darauf hinweisen, dass bei der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Berlin keine russischen Ermittler zugegen waren. Herr Nawalny wurde in Russland vergiftet, und er hat der Anwesenheit russischer Ermittler bei seiner Vernehmung ausdrücklich widersprochen. Dieses Vorgehen entspricht dem europäischen Rechtshilfeübereinkommen.

Die gestrige Vernehmung bedeutet keine Bewilligung eines Ersuchens oder mehrerer der Ersuchen. Darüber bleibt zu entscheiden. Wir haben uns zu den Voraussetzungen nach dem europäischen Rechtshilfeübereinkommen und dem deutschen Recht immer wieder auch hier in der Regierungspressekonferenz geäußert. Darauf möchte ich verweisen.

Im Übrigen bleibt es dabei: Dieses Verbrechen muss in Russland aufgeklärt werden. Dies erfordert Ermittlungen, die der Schwere dieses Verbrechens angemessen sind. Alle dafür erforderlichen Informationen wie Blut, Gewebeproben und Kleidungsstücke liegen in Russland vor.

FRAGE JUNG: An Herrn Seibert und das AA: Der russische Präsident hat sich ja gestern in der Jahrespressekonferenz auch zu dem Fall geäußert. Er meinte, wenn jemand Nawalny hätte vergiften wollen, dann wäre diese Arbeit zu Ende gebracht worden. Nawalny sei aus seiner Sicht nicht wichtig genug, um ein Ziel zu sein. Er sagte: Wer ist er schon? Wenn das jemand gewollt hätte, dann hätte er das auch zu Ende geführt. – Wie bewertet die Bundesregierung die Aussagen des russischen Präsidenten, von dem sie ja Aufklärung fordert?

STS SEIBERT: Das sind Aussagen, die für sich stehen und die ich hier nicht kommentiere.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Burger?

BURGER: Das tue ich genauso wenig.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert, es geht um ein Thema, das in der Regierungsbefragung im Bundestag die Kanzlerin erreichte. Sie lehnt ja eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Pandemiekosten ab. Sie sagte: Spitzenverdiener und Wohlhabende sollten nicht noch zusätzlich belastet werden. – Erstens frage ich: Warum? Zweitens: Inwiefern werden Spitzenverdiener und Wohlhabende aktuell belastet?

STS SEIBERT: Ich habe den Worten der Kanzlerin aus der Regierungsbefragung zu diesem Thema nichts hinzuzufügen. Über die Grundfragen der Steuerbelastung einzelner Bevölkerungsgruppen kann das BMF sicherlich Auskunft geben; das ist ja bekannt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Dazu wollte ich auch das BMF befragen. Könnten Sie erläutern, wie Spitzenverdiener und Wohlhabende im Land aktuell belastet werden? Ist Ihre Haltung auch, dass diese nicht zusätzlich belastet werden sollen?

DR. PODSTAWSKI: Ich kann dazu nur sagen, dass die Position des Ministers bekannt ist.

ZURUF JUNG: Welche?

DR. PODSTAWSKI: Der Minister hat sich zuletzt im Interview mit dem „Tagesspiegel“ dazu geäußert und gesagt:

„Ich glaube aber, dass wir für Gerechtigkeit etwas in unserem Steuersystem tun müssen. Wenn wir sagen, diejenigen, die sehr viel verdienen, sollen einen etwas höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten, hat das etwas damit zu tun, dass wir Steuern für die mittleren und niedrigen Einkommen senken wollen.“

ZUSATZFRAGE JUNG: Wird er das jetzt noch bei der Kanzlerin einbringen und versuchen, sie zu überzeugen?

DR. PODSTAWSKI: Es ist ja ganz klar, dass im Koalitionsvertrag sozusagen die Pläne für diese Legislaturperiode festgeschrieben sind, und die Position des Ministers dazu habe ich jetzt zitiert.

ZUSATZ JUNG: Nun stand die Pandemie ja auch nicht im Koalitionsvertrag. Andere Gegebenheiten erfordern also vielleicht andere Maßnahmen.

DR. PODSTAWSKI: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

FRAGE JESSEN: Es geht um die Vorgänge und Rechtsverfahren im Zusammenhang mit der BAMF-Außenstelle Bremen. Da war ja ursprünglich Anklage erhoben worden, weil es durch die frühere Leitung angeblich massive Verstöße gegen Asylrechte gegeben haben soll. Jetzt hat die zuständige Kammer des Gerichts gestern die Klage der Staatsanwaltschaft im Grunde zu weitesten Teilen nicht zugelassen. Die Staatsanwaltschaft fand diese Entscheidung nachvollziehbar. Das heißt, die Vorwürfe sind zum größten Teil nicht mehr existent. Im Zusammenhang mit dem Erheben der Vorwürfe war die frühere Amtsleiterin suspendiert worden, auch wegen der Schwere der Vorwürfe. Hält diese Suspendierung noch an, Herr Alter? Wird sie im Hinblick auf die sozusagen reduzierte Dimension der Vorwürfe rehabilitiert, wird sie wieder eingesetzt?

ALTER: Wir erinnern uns zurück und wissen ja aus diesem Vorgang, dass zu Beginn der Aufklärung massive Vorwürfe im Raum standen, die geeignet waren, das Vertrauen in die rechtmäßige Arbeit der Behörden, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, stark und nachhaltig zu beeinträchtigen. Deswegen hat die Hausleitung des Bundesinnenministeriums entschieden, dass diese Vorgänge zunächst einmal restlos aufgeklärt werden müssen. Wir nehmen jetzt zunehmend die Ergebnisse wahr, die aus dieser Aufklärung resultieren.

In diesem Zusammenhang wurde auch entschieden, das Bundesamt zumindest in den Teilen, wo es notwendig erschien, personell und inhaltlich vollständig neu aufzustellen. Diese Entscheidungen sind auch aus heutiger Sicht richtig gewesen. Es waren massivste Vorwürfe, die behoben werden mussten, und wir haben auch intern im Bundesamt über diesen Fall hinaus viele Prozesse erneuert. Insofern gibt es an den Entscheidungen auch aus heutiger Sicht keinen Zweifel. Unabhängig davon, was jetzt sozusagen das Ergebnis der Aufklärung ist, war es natürlich auch richtig, diese Aufklärung in die Wege zu leiten.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Die Aufklärung in die Wege zu leiten, ist, wie Sie geschildert haben, natürlich notwendig gewesen. Wenn sich jetzt aber herausstellt, dass die Substanz der Vorwürfe, die dann diese Folgen hatten inklusive Suspendierung nicht haltbar ist und das ist der aktuelle Stand und die Position des Gerichts , kann man dann an Maßnahmen, die sozusagen unter anderen Annahmen getroffen worden sind, einfach festhalten? Die damalige Leiterin wurde suspendiert, weil man davon ausgegangen war, dass an den Vorwürfen erheblich etwas dran ist. Nun stellt sich durch Erklärungen sowohl der Strafkammer als auch der Staatsanwaltschaft heraus, dass dem offenbar nicht so war. Kann man dann an einer damals ausgesprochenen Suspendierung festhalten?

ALTER: Wenn eine solche Entscheidung getroffen wird die niemand leichtfertig trifft, weil sie ja eine konkrete Person oder mehrere konkrete Personen betrifft , dann wird immer auch der Gesamtzusammenhang in die Abwägung mit einbezogen. Das heißt also, nur aufgrund eines sachlich vorliegenden Vorgangs, der aufzuklären ist, passiert eine solche Entscheidung nicht. Die Gesamtsituation hat die Entscheidung erfordert, und sie ist aus heutiger Sicht immer noch richtig.

FRAGE JUNG: Herr Alter, ich weiß nicht, ob Sie damals schon Sprecher des BMI waren, aber im Mai 2018 hat das BMI in einer Pressemitteilung behauptet, „dass im Ankunftszentrum Bremen bewusst gesetzliche Regelungen und interne Dienstvorschriften missachtet wurden“. Das haben Sie also quasi als Tatsache dargestellt. Halten Sie auch daran fest Sie sprachen vorhin vom „aktuellen Stand“ , oder entschuldigen Sie sich für so eine Pressemitteilung?

ALTER: Ich kenne die Pressemitteilung jetzt nicht im Gesamtwortlaut. Sie haben jetzt einen Auszug vorgelesen, der wiederum bestätigt, dass wir uns in der damaligen Situation mit ganz schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert gesehen haben, und auf der Basis

ZUSATZ JUNG: Vorwürfe sind etwas anderes als Tatsachen.

VORS. BUSCHOW: Herr Jung, ich wiederhole es gerne noch einmal: Ich glaube, zu den ungeschriebenen Respektsregeln hier gehört es, sich ausreden zu lassen.

ZUSATZ JUNG: Ja.

VORS. BUSCHOW: Sonst muss ich jedes Mal Ihr Mikrofon ausschalten, und das macht, glaube ich, uns beiden nur Umstände. Danke.

ALTER: Diese Vorwürfe, die damals im Raum standen, sind offenbar auch in dieser Pressemitteilung aufgegriffen worden, und unter diesem Eindruck hat die Hausleitung des BMI verschiedene Dinge in die Wege geleitet, die in einigen Bereichen des BAMF zu einer inhaltlichen und personellen Neuaufstellung geführt haben. Das ist aus heutiger Sicht nach wie vor richtig.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wenn es um Vorwürfe ging, dann formuliert man das ja anders, als Sie es getan haben Sie haben es als Tatsache dahingestellt.

ALTER: Ich prüfe gerne noch einmal die Pressemitteilung wenn man diese Frage seriös beantworten will, muss man sie insgesamt lesen und reiche gegebenenfalls etwas nach.

VORS. BUSCHOW: Wir haben noch einen Abschied, und derjenige, der sich verabschieden möchte, hat jetzt das Wort.

EWALD: Vielen Dank! Ja, das war heute mein letzter Auftritt in der Bundespressekonferenz, deshalb möchte ich mich hier und heute von Ihnen verabschieden. Wenn ich mich in der Runde umschaue, stellt ich fest, dass ich zu denen gehöre, die mit am längsten dabei sind. Ich habe für mich herausgefunden, dass nach fast elf Jahren als Sprecher jetzt einmal eine Veränderung anstehen soll. Deshalb werde ich im nächsten Jahr im BMG in der Abteilung Digitalisierung und Innovation eine neue Aufgabe wahrnehmen.

Danke fürs Zuhören! Bleiben Sie neugierig, bleiben Sie kritisch, und vor allem: bleiben Sie gesund!

VORS. BUSCHOW: Danke für die Wünsche, die ich von dieser Stelle aus sehr gerne zurückgebe: Danke für die Zusammenarbeit!

Jetzt bleibt mir nur noch, uns allen zusammen einen schönen vierten Advent zu wünschen.

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