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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 13. Januar 2021

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur Ausweitung des Kinderkrankengelds in der gesetzlichen Krankenversicherung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes, Verordnung zum Schutz vor einreisebedingten Infektionsgefahren in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag), Lieferkettengesetz, COVID-19-Pandemie (Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft, Homeoffice, Kosten für FFP2-Masken, Pflicht zur Vorlage eines Negativtests bei der Einreise, Virusmutationen, Studie von John Ioannidis), Situation in der Ostukraine, geplante Rückkehr von Alexej Nawalny nach Russland, Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei, Vollstreckung der Todesstrafe gegen eine US-Bürgerin, Konzept des Bürgerrats

0:50 Kabinettsbericht

Naive Fragen zu:
7:54 Lieferkettengesetz
– möchten die beteiligten Ministerien irgendwas ergänzen? (ab 10:40)
– Sie sagten „Ausgewogenheit“ sei wichtig, Menschenrechte haben Sie erwähnt. Wo kann denn beim Thema Menschenrechte Ausgewogenheit herrschen? Entweder werden diese beachtet und sich drangehalten oder nicht. Wo braucht es da Kompromisse? Oder wo muss bei der Kinderarbeit „Ausgewogenheit“ herrschen?
– Ich wundere mich gerade über den Satz „Menschenrechte sind wichtig, aber…“

14:32 Corona-Einreiseverordnung
– Wann ist ein „Virusvariantengebiet“ ein Virusvariantengebiet? (ab 17:48)
– Könnten Sie aktuelle Beispiele für Virusvariantengebiete nennen?

19:05 Corona-Hilfen
– gibt es schon Januar/Februar-Hilfen? (ab 32:03)

33:11 Home Office
– Ist die Kanzlerin denn mit den „Appellen“ an die Wirtschaft zufrieden? (ab 35:20)
– Sie könnte ja auch die Haltung haben: Da wo es möglich ist, muss es gemacht werden…

37:05 FFP2-Maskenpflicht
– Wie sollen sich Hartz4-Empfänger diese Masken leisten können? (ab 41:54)
– in Bayern gibt es Menschen, die verpflichtet sind FFP2-Masken zu tragen und von Hartz 4 leben. Ich habe Sie jetzt so verstanden, dass diese Leute sich das irgendwie abzwacken müssen von ihrem jetztigen Geld. Da ist auch kein Abschlag für Mehraufwand geplant? Die Leute haben schon so wenig Geld, sollen Sie jetzt weniger essen um sich diese Maske leisten zu können?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 13. Januar 2021:

SRS’IN DEMMER: Das Bundeskabinett hat gestern im Umlaufverfahren eine Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Ausweitung des Kinderkrankengelds in der gesetzlichen Krankenversicherung beschlossen; das trage ich hiermit also nach. Der Entwurf geht auf einen Beschluss der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 5. Januar zurück. Danach soll in diesem Jahr jeder Elternteil pro Kind für zehn zusätzliche Arbeitstage Kinderkrankengeld erhalten können, Alleinerziehende für zusätzlich 20 Arbeitstage. Die Regelung gilt auch für Eltern, die ihr Kind zu Hause betreuen müssen, weil Schule, Kindergarten oder die Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen pandemiebedingt gerade geschlossen sind, die Präsenzpflicht in der Schule ausgesetzt ist oder der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wurde. Sie gilt auch für den Fall, dass das Kind aufgrund einer behördlichen Empfehlung die Einrichtung nicht besucht hat. Die Regelung soll rückwirkend zum 5. Januar in Kraft treten.

Heute hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei der Nutzung digitaler Produkte durch EU-weit einheitliche umfassende Gewährleistungsrechte stärkt. Mit dem Gesetzentwurf wird die EU-Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen vom 20. Mai 2019 durch neue Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch umgesetzt.

Die Regelungen gelten für Verbraucherverträge, also Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Sie beziehen sich auf die Bereitstellung digitaler Inhalte zum Beispiel Software, E-Books, Musikdateien oder Videoclips wie auch digitaler Dienstleistungen, so das Videostreaming, soziale Netzwerke und Cloud-Anwendungen.

Die Regelungen sind sowohl anzuwenden, wenn die Verbraucher für digitale Produkte einen Preis zahlen, als auch, wenn sie neben oder anstelle der Zahlung einfach nur personenbezogene Daten bereitstellen. Die Verbraucher erhalten umfassende Gewährleistungsrechte, wie sie das deutsche Recht bislang nur etwa bei Kauf-, Werk- und Mietverträgen kennt. So wird es einen Anspruch auf Nacherfüllung und das Recht zur Minderung oder zur Vertragsbeendigung, aber auch Schadenersatzansprüche geben.

Neu ist auch die Pflicht, dass Aktualisierungen, also funktionserhaltende Updates und Sicherheitsupdates, vom Unternehmer bereitzustellen sind, damit die digitalen Produkte vertragsgemäß bleiben.

Diese Neuerungen sollen ab dem 1. Januar 2022 zur Anwendung kommen.

Dann hat das Bundeskabinett heute den von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes beschlossen. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Erhebung der Filmabgabe fortzuführen und damit dann die Finanzierung der Herstellung sowie die marktgerechte Auswertung von deutschen und anderen europäischen Kinofilmen zu sichern und die Leistungsfähigkeit der deutschen Filmwirtschaft zu erhalten.

Die Erhebung der Filmabgabe durch die Filmförderungsanstalt endet nach dem derzeit geltenden FFG am 31. Dezember 2021. Mit dem Entwurf wird das Gesetz in weiten Teilen unverändert verlängert. Wegen der erheblichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die deutsche Filmwirtschaft und der hieraus resultierenden Marktverwerfungen werden im Wesentlichen nur rechtlich und förderpolitisch zwingend erforderliche Änderungen umgesetzt. Die Erhebung der Filmabgabe wird anstatt wie üblich auf fünf lediglich auf zwei Jahre befristet.

Der Entwurf sieht zudem die geschlechterparitätische Besetzung des Präsidiums der FFA sowie eine weitestgehend geschlechterparitätische Besetzung des Verwaltungsrats der FFA vor. Zugleich wird der Aufgabenkatalog der FFA um Vorgaben für faire Arbeitsbedingungen und um Vorgaben für die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung sowie von Diversität ergänzt. Mit dem Entwurf wird ferner die Förderung ökologischer Nachhaltigkeit durch die Aufnahme entsprechender Fördervoraussetzungen gestärkt.

Zu guter Letzt hat das Kabinett heute die sogenannte Coronavirus-Einreiseverordnung beschlossen. Diese zielt darauf ab, die Eintragung von Infektionen mit dem Coronavirus aus Gebieten mit einem erhöhten oder besonders hohen Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus zu minimieren. Wer sich in einem solchen Risikogebiet aufgehalten hat und in die Bundesrepublik Deutschland einreist, muss Anmelde-, Test- und Nachweispflichten erfüllen. Mit der Coronavirus-Einreiseverordnung führt die Bundesregierung die bestehenden Regelungsinstrumente der digitalen Einreiseanmeldung, der Testpflichtverordnung und der Coronavirus-Schutzverordnung zusammen.

Die Pflichten und Ausnahmen im Kontext der Einreise sind risikospezifisch ausgestaltet. Es werden drei Arten von Risikogebieten unterschieden: Gebiete außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für die das Bundesgesundheitsministerium im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesinnenministerium ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit festgestellt hat, zweitens Hochinzidenzgebiete mit einer Inzidenz, die ein Mehrfaches über derjenigen von Deutschland liegt, mindestens aber 200 beträgt, und drittens Virusvariantengebiete.

Nach Aufenthalt in einem Risikogebiet müssen Einreisende, bevor sie einreisen, grundsätzlich wie bisher eine digitale Einreiseanmeldung ausfüllen. Spätestens 48 Stunden nach ihrer Einreise aus einem Risikogebiet müssen sie über einen Nachweis verfügen, dass sie bei Einreise nicht mit dem Virus infiziert sind, und diesen auf Anforderung der zuständigen Behörde vorlegen. Einreisende aus Virus-Variantengebieten oder Hochinzidenzgebieten müssen den Nachweis bereits bei der Einreise mit sich führen und auf Anforderung des Beförderers bei Abreise, der zuständigen Behörde bei Einreise oder bei polizeilicher Kontrolle vorlegen. Bei der Einreise aus Virusvariantengebieten sind keine Ausnahmen von der Nachweispflicht vorgesehen.

Neu ist jetzt zudem, dass alle Reisenden bei Einreise in die Bundesrepublik Deutschland mittels einer sogenannten Einreise-SMS durch die Betreiber öffentlicher Mobilfunknetze über die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Einreise- und Infektionsschutzbestimmungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus sowie die zu beachtenden Infektionsschutzmaßnahmen informiert werden. Die Verordnung soll am 14. Januar verkündet werden und in Kraft treten.

Damit wäre es das aus dem Kabinett!

FRAGE KOCH: Frau Demmer, es hat wohl gerade ein Gespräch zwischen der Kanzlerin und mehreren Ministern über das Lieferkettengesetz gegeben, und ich wüsste gerne, was dabei herausgekommen ist, speziell, ob sie bei diesem Gespräch eine Regelung bezüglich der Konfliktfrage zivilrechtlicher Haftung für Unternehmen gefunden haben und welche Firmen in diese Regelung einbezogen werden sollen, also ab wie vielen Beschäftigten.

SRS’IN DEMMER: Wie Sie bereits wissen, werden innerhalb der Bundesregierung ja gerade die Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz erarbeitet. Diese werden dann zur Grundlage für unsere nationale Gesetzgebung werden, ebenso für die Verhandlungen, die später gegebenenfalls auf EU-Ebene zu führen sein werden. Die federführenden Ressorts werden sich darüber weiter intensiv und konstruktiv austauschen und versuchen, eine ausgewogene Lösung zu finden.

Ganz grundsätzlich würde ich an dieser Stelle gerne noch einmal betonen: Die Bundesregierung nimmt das Thema der Menschenrechte sehr ernst. Dennoch gilt bei diesem wichtigen und komplexen Thema eben: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Ich kann bestätigen, dass es nach dem aktuellen Stand dieses Eckpunktepapiers im Anschluss an die heutige Kabinettssitzung einen Austausch zwischen der Bundeskanzlerin, dem Chef des Bundeskanzleramtes und den vier Ministern Scholz, Heil, Altmaier und Müller gab. Bezüglich der Inhalte dieses vertraulichen Gesprächs kann ich Ihnen hier leider nichts berichten.

ZUSATZFRAGE KOCH: Wollen Sie gar nichts dazu sagen?

SRS’IN DEMMER: Wie gesagt: Das ist für die Bundesregierung ein wichtiges Thema, und es gilt bei diesem komplexen Thema, eine gute Lösung zu finden, und alle arbeiten konstruktiv an einer Lösung.

FRAGE BUSCHOW: Das klingt jetzt danach, dass es heute noch nicht die letzte Einigung gegeben hat. Wird es dann ein weiteres Gespräch in dieser Gruppe geben, oder gehen die Verhandlungen jetzt zwischen den Ressorts weiter?

SRS’IN DEMMER: Über den Austausch auf Arbeitsebene geben wir hier ja en détail nur sehr, sehr selten und in der Regel nicht Auskunft. Die Bundesregierung und alle beteiligten Minister und Ministerien befinden sich im Austausch und arbeiten konstruktiv an einer Lösung.

FRAGE JUNG: Möchten die beteiligten Ministerien irgendetwas ergänzen, oder möchten sie auch nichts sagen?

Frau Demmer, Sie meinten, Ausgewogenheit sei wichtig, und Menschenrechte haben Sie auch erwähnt. Wo kann denn in Bezug auf Menschenrechte Ausgewogenheit herrschen? Entweder werden die beachtet und eingehalten oder nicht. Wo braucht es da also Kompromisse?

Im Lieferkettengesetz geht es ja auch um Kinderarbeit. Wo muss da Ausgewogenheit herrschen? Ich bin davon ausgegangen, dass die Bundesregierung grundsätzlich gegen Kinderarbeit ist, und die würde ein Lieferkettengesetz doch verbieten.

SRS’IN DEMMER: Ich habe ja gerade noch einmal betonen, dass eben genau das sehr wichtige Themen sind, dass deswegen hier auch „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ gilt und dass die betroffenen Ministerien konstruktiv zusammenarbeiten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Was bedeutet Ausgewogenheit in Bezug auf Menschenrechte oder Kinderarbeit, wenn es um das Lieferkettengesetz geht? Wo braucht es da Ausgewogenheit?

SRS’IN DEMMER: Herr Jung, ich kann jetzt mit Ihnen nicht eine inhaltliche Diskussion über das Lieferkettengesetz führen. Ich kann

ZURUF JUNG: Sie haben das Wort benutzt!

SRS’IN DEMMER: Ja.

ZURUF JUNG: Sie haben das Wort benutzt.

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen sagen, wie ich es eben schon getan habe, dass Menschenrechte und Kinderrechte für die Bundesregierung selbstverständlich von herausgehobener Bedeutung sind. Das habe ich hier soeben gesagt. Gerade bei diesem wichtigen Thema geht es eben um eine gründliche Erarbeitung dieses Gesetzes.

VORS. FELDHOFF: Gibt es Ergänzungen? Fangen wir einmal mit dem Wirtschaftsministerium an.

EINHORN: Nein. Ich kann mich Frau Demmer voll anschließen. Wir haben hier ja auch schon mehrmals darüber berichtet. Wir haben auch schon betont, dass natürlich auch dem Wirtschaftsminister und dem Wirtschaftsministerium Menschenrechte, wie Frau Demmer es eben auch gesagt hat, überaus wichtig sind. Aber es kommt eben darauf an, dass zum Beispiel Haftungsregeln, wenn die festgesetzt werden, für die Unternehmen auch praktikabel sind, damit sie sich dann nicht zum Beispiel aufgrund unklarer Haftungsregeln aus Regionen wie zum Beispiel Afrika gänzlich zurückziehen, was auch nicht im Sinne dieses Vorhabens wäre.

VORS. FELDHOFF: Dann fragen wir einmal die anderen Ministerien. Das BMAS war dabei. Will das BMAS etwas ergänzen? – Keine Ergänzungen. Das Finanzministerium? – Auch keine Ergänzungen. – Herr Jung, haben Sie noch eine Nachfrage?

ZUSATZ JUNG: Ich wundere mich gerade über den Satz „Menschenrechte sind wichtig, aber …“.

EINHORN: Ja, entschuldigen Sie meine Formulierung, Herr Jung. Das mit dem Aber passiert ja im Deutschen hin und wieder.

Menschenrechte sind wichtig, und wir dürfen keine unklaren Formulierungen in dieses Gesetz bringen.

FRAGE POLANSKY: Ist es denn das Ziel und gehen Sie davon aus, dass es noch in dieser Legislaturperiode zu einer Einigung in dieser Frage kommen wird, Frau Demmer?

SRS’IN DEMMER: Ich glaube, ich habe gerade deutlich zum Ausdruck gebracht, wie wichtig dieses Thema ist. Der heutige Austausch im Anschluss an die Kabinettssitzung zeigt ja: Es gibt ein großes Interesse, dabei voranzukommen.

FRAGE SORGE: An das BMWi: Wie bewerten Sie den Appell der 70 Ökonomen, die sich öffentlich zum Lieferkettengesetz geäußert haben?

EINHORN: Der Appell ist mir jetzt im Detail nicht bekannt. Ich denke, dass auch dafür gilt, dass wir jetzt an dem Thema dran sind, uns konstruktiv innerhalb der Bundesregierung damit auseinandersetzen und eine gute Lösung finden wollen. Solche Vorschläge und Appelle nehmen wir natürlich zur Kenntnis, aber, wie es auch üblich ist, bewerten sie nicht im Detail.

FRAGE MEERKAMM (zur Coronavirus-Einreiseverordnung): Warum kommt das Gesetz jetzt? Die Virusmutation ist ja schon seit Längerem im Land nachgewiesen. Ist man damit nicht ein bisschen spät dran?

Daran anschließend habe ich noch die Frage: Wenn es denn so ist, dass man jetzt in Irland explodierende Zahlen beobachtet und die Niederlande den Lockdown verlängern, befürchtet die Bundesregierung ähnliche Entwicklungen auch in Deutschland?

Abschließend, wenn ich darf, habe ich noch eine Frage. Es gab ja bisher immer nur Vermutungen über die Gefährlichkeit des mutierten Virus. Gibt es mittlerweile belastbare Erkenntnisse darüber, vielleicht auch mit Zahlen unterlegt, worauf man sich jetzt im Prinzip einzustellen hat?

SRS’IN DEMMER: Bevor sich die Fachressorts gleich noch äußern werden, würde ich nur ganz grundsätzlich sagen: Die Bundesregierung hat ja im Rahmen der Pandemie sehr, sehr viele Entscheidungen sehr, sehr zügig und zeitnah und natürlich immer unter großem Druck gefällt. Gerade was die Mutation angeht darauf haben Sie ja hingewiesen , gab es auch eine sehr, sehr schnelle Erstreaktion. Insofern würde ich sagen, wir arbeiten hier sehr, sehr zügig. Zu den Details bitte ich die Fachressorts etwas zu sagen.

NAUBER: Ich kann unterstützen, was Frau Demmer gesagt hat. Wir haben mit Einreiseverordnungen sehr schnell gehandelt. Jetzt wird das alles das haben Sie vorhin dargestellt in einer Einreiseverordnung zusammengeführt. Dies zu Ihrer ersten Frage.

Zur Mutation an sich: Minister Spahn selbst hat das heute Morgen in einem Radiointerview eingeordnet. Nach allem, was wir wissen, sind die Virusmutationen nicht gefährlicher im Sinne von schwereren Verläufen, aber ansteckender. Je mehr Menschen sich anstecken, desto mehr Intensivbetten werden gebraucht und desto mehr Menschen sterben auch. Deswegen ist es wichtig, die Ausbreitung zu verhindern und gleichzeitig die besonders gefährdeten Gruppen zu schützen. Wir tun das durch Testen, durch die neue Einreiseverordnung und durch das Impfen der Ältesten und der Pflegeheimbewohner.

Das RKI hat übrigens auch eine eigene Unterseite, die stetig aktualisiert wird und auf der Sie alle Informationen zu den Mutationen finden.

ZUSATZFRAGE: Sind dort auch Zahlen über die Anzahl der bisher nachgewiesenen Mutationen zu finden?

NAUBER: In Deutschland sind sie bisher nur in Einzelfällen nachgewiesen. So viel kann ich Ihnen sagen. Aber das RKI informiert dort sehr transparent auch über die Situation in den Ländern, in denen die Mutationen verstärkt unterwegs sind.

ALTER: Ich denke, ich kann bezüglich Ihrer Frage nichts hinzufügen. Das Wesentliche wurde ja schon gesagt. Wenn Sie noch eine Frage an das BMI hätten, dann würde ich sie natürlich gern beantworten.

FRAGE JUNG: Könnte jemand erläutern, vielleicht Frau Demmer oder ein Ministerium, wann ein Virusvariantengebiet ein Virusvariantengebiet ist?

NAUBER: Damit transparent ist, für wen nach der neuen Einreiseverordnung welche Regelung gilt, wird auf der Internetseite des RKI die Risikogebietsliste, die Sie bereits kennen, entsprechend auf Hochinzidenzgebiete und auf Gebiete, in denen die Mutation verstärkt auftritt, angepasst.

ZUSATZFRAGE JUNG: Könnten Sie aktuelle Beispiele für Virusvariantengebiete in Europa nennen?

NAUBER: Die Liste wird im Laufe des Tages ergänzt und entsprechend angepasst. Dem kann ich jetzt nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Frau Adebahr?

ADEBAHR: Nein.

ALTER: Wenn ich das ergänzen darf: Sie wissen ja, dass zumindest Großbritannien und Südafrika solche Gebiete sind, für die diese Regelungen schon seit Anfang Januar gelten.

FRAGE REHER (zu den Novemberhilfen): Frau Einhorn, Sie teilen mit, seit gestern funktioniere das technisch. Die regulären Auszahlungen liefen. Wir hören aus unseren Ländern, konkret aus Sachsen, dass es weiterhin Schwierigkeiten gebe.

Wie ist Ihr Stand? Wie ist der Start der regulären Auszahlungen angelaufen?

Wie steht es um die Dezemberhilfen? Läuft die Antragstellung über die gleiche Plattform? Wann konkret starten die regulären Auszahlungen?

EINHORN: Vielen Dank für die Frage. Ich würde gern vorab noch ein bisschen ausgreifen, um die Situation zu schildern, in der wir uns zu befinden, und auch um auf alle die Hilfen einzugehen, die wir schon an den Start gebracht haben.

Wir befinden uns jetzt, im Januar 2021, seit fast zehn Monaten pandemiebedingt in der Ausnahmesituation. Besonders die Wirtschaft, die Unternehmen und die Soloselbstständigen sind davon stark betroffen und extrem herausgefordert. Deshalb hat die Bundesregierung schon von Anfang an auch für die Wirtschaft ein breites Portfolio von Maßnahmen auf die Beine gestellt und den Unternehmen so unter die Arme gegriffen. Der Bundesfinanzminister und der Bundeswirtschaftsminister haben das auch hier in der Bundespressekonferenz häufig erläutert und die einzelnen Maßnahmen vorgestellt.

Zu diesen Maßnahmen gehören die Soforthilfen vom Anfang, das KfW-Sonderprogramm mit den KfW-Schnellkrediten, Stundungen, Bürgschaften, der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, die Überbrückungshilfen I und II bis Dezember 2020, jetzt die Überbrückungshilfe III bis Ende Juni 2021 und die beiden von Ihnen angesprochenen November- und Dezemberhilfen.

Insgesamt wurden bereits über 75 Milliarden Euro aus diesen Hilfsmaßnahmen an die Antragssteller ausgezahlt. Hinzu kommen rund 20 Milliarden Euro an konjunkturellem Kurzarbeitergeld. Die Summe in Höhe von insgesamt 95 Milliarden Euro zeigt, dass die Hilfen bei den Antragstellern ankommen und dort helfen, wo die Hilfe benötigt wird.

Jetzt zu Ihrer konkreten Frage nach den November- und Dezemberhilfen: Was die Antragsstellungen und auch die Abschlagszahlungen und die Auszahlungen betrifft, haben wir bisher das umgesetzt, was wir angekündigt haben. Bezüglich der Novemberhilfe hatten wir relativ schnell auf Abschlagszahlungen gesetzt, um diese Hilfe so schnell wie möglich an die Unternehmen und Soloselbstständigen zu bringen, die von den Schließungen direkt oder indirekt betroffen sind. In einem großen Kraftakt von Bund und Ländern zusammen haben wir die Abschlagzahlungen schnell aufs Gleis gesetzt. Bei diesen Abschlagszahlungen geht der Bund quasi in Vorleistung für die Länder, weil er diese Abschlagszahlungen über die Bundeskasse auszahlt, während die regulären Auszahlungen, die für die Novemberhilfe jetzt auch möglich sind, entsprechend der grundgesetzlichen Aufgabenteilung durch die Länder erfolgen.

Bereits 97 Prozent aller Antragsteller für die November- und Dezemberhilfe haben die Abschlagszahlungen auf dem Konto. 97 Prozent, das ist ein sehr hoher Wert. Man kann damit sagen, dass die Abschlagszahlungen ein Erfolg sind. Hierfür wurden bereits rund zwei Milliarden Euro ausgezahlt.

Seit gestern ist es auch möglich, dass die regulären Auszahlungen für die Novemberhilfe erfolgen. Diese erfolgen durch die Länder. Wir hatten angekündigt, dass dies ab dem 10. Januar der Fall sein werde. Nun ist es ab dem 12. Januar der Fall. Wir hätten diese Differenz von 48 Stunden gern vermieden; sie war aber vor allem aus programmiertechnischen Gründen nicht zu vermeiden. Jetzt ist es aber möglich, dass die Auszahlung durch die Länder erfolgt. Damit geht die Verantwortung für die Auszahlung nun auch auf die einzelnen Länder über, die dafür auf die Programmierarbeit und die Vorarbeit des Bundes zurückgreifen können. Insofern müssten, wenn es teilweise noch zu Verzögerungen kommen sollte, jetzt die Länder, die dies beträfe, Fragen dazu beantworten können.

FRAGE JESSEN: Frau Einhorn, als Journalist bekommt man relativ häufig und intensiv auch begründete und nachvollziehbare Klagen von Menschen, die die Soforthilfe beantragt haben und sagen, es komme eben doch nicht an. Dieses „Sofort“ ist anscheinend doch kein „Sofort“ im Sinne von „unverzüglich“. Nun haben wir Herr Spahn hat das angedeutet mit weiteren zwei bis drei Monaten der Coronasituation mit all ihren Folgen zu rechnen.

Inwiefern ist gewährleistet, dass „sofort“ tatsächlich „ab sofort“ bedeutet und nicht wieder erstmal irgendeinen Abschlag und dann zwei Monate später vielleicht die komplette Auszahlung? Für die Betroffenen ist es der Hinweis auf die Länder hilft da, so finde ich, auch nicht weiter letztlich ein unzumutbarer Zustand.

EINHORN: Absolut. Das ist für die Betroffenen eine sehr schwere Situation. Aus genau diesem Grunde haben wir all die genannten Hilfen aufgestellt. Nun befinden wir uns während der gesamten zehn Monate aber auch in einer total dynamischen Situation. Als die zweite Welle kam und die Maßnahmen beschlossen wurden, haben wir sehr schnell die Novemberhilfe aufs Gleis gesetzt und genau dieses Instrument der Abschlagszahlung eingeführt, um schnell zu helfen. Wir müssen ja auch sehen, dass es natürlich auch das Interesse gibt, dass sich nicht Betrüger an diesen Hilfen bereichern. Das alles muss schon auch ordentlich zugehen. Bei den Summen, um die es geht im Endeffekt um bis zu vier Millionen Euro , muss auch gewährleistet sein, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie wirklich benötigt wird und wo es auch entsprechende Ausfälle und Betroffenheiten gibt. Insofern haben wir die Abschlagszahlung eingeführt, um schnell und unbürokratisch helfen zu können. Wie gesagt, haben 97 Prozent sie auf dem Konto, zwei Milliarden Euro. Das ist nicht nichts. Das läuft auch bei der Dezemberhilfe so, und das ist auch für die Überbrückungshilfe III so geplant.

Aber es ist so, dass die letztendliche Programmierung und die Auszahlung der Gesamtsumme etwas Zeit in Anspruch nimmt, weil es notwendig ist, dass zu den Anträgen Dinge eingereicht werden, die nachweisen, dass man betroffen ist.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Sie haben wieder das Argument der Betrugsverhinderung angeführt. Wie hoch ist der Anteil an erkennbar oder nachgewiesenermaßen betrügerischen Antragstellungen prozentual in etwa?

EINHORN: Jetzt muss ich leider, auch wenn Sie das nicht mögen, noch einmal an die Länder verweisen, weil das tatsächlich Sache der Länder ist, die ja die Auszahlung vornehmen und letztendlich auch die Anträge bearbeiten.

ZUSATZ JESSEN: Aber es ist Ihr Argument. Sie sagen: Wir müssen Betrug verhindern. Dieses Argument gilt doch nur dann, wenn Sie sagen können: Wir haben eine relevante Anzahl von mindestens betrugsverdächtigen Fällen.

EINHORN: Natürlich ist das unser Argument, weil wir mit der guten Vorarbeit und den Anforderungen, die erhoben werden, natürlich Betrugsfälle verhindern. Letztlich nehmen aber die Länder die einzelnen Anträge entgegen und zahlen das Geld aus. Wie auch den Medien zu entnehmen ist, gibt es jetzt auch erste große Fälle vor Gericht, in denen in den Ländern gegen solche mutmaßlichen Betrüger vorgegangen wird und diese vor Gericht gestellt werden. Insofern kann ich Ihre Frage leider wirklich nicht beantworten.

FRAGE REITSCHUSTER: Frau Einhorn, der Tagesspiegel hat einen großen Artikel veröffentlicht, aus dem ich kurz zitiere: „Neues im Kleingedruckten: Bundesregierung änderte klammheimlich Bedingungen für Corona-Hilfen“. Viele Firmen werden wohl weniger Hilfen bekommen. Es werden dramatische Situationen geschildert, dass teilweise Millionen weniger ausgezahlt werden. Das alles liege daran, dass die erste Regelung nicht EU-konform gewesen sei.

Können Sie diese Vorwürfe kommentieren?

EINHORN: Da auch das ein komplexes Thema ist, will ich ganz kurz ein bisschen weiter ausholen. Sie haben schon gesagt, dass es um beihilferechtliche Anforderungen geht. In der EU sind alle Mitgliedsstaaten, wenn sie finanzielle Unterstützung für Unternehmen leisten, an beihilferechtliche Vorgaben der Europäischen Kommission gebunden. Dies gilt auch für die Coronamaßnahmen.

Bei der Soforthilfe, der Überbrückungshilfe I und zum Beispiel auch dem KfW-Schnellkredit hat man sich bisher beihilferechtlich auf die Kleinbeihilfenregelung der Bundesregierung und die De-minimis-Verordnung berufen, weil die Beträge die Grenze von einer Million Euro nicht überschritten haben.

Jetzt kam die Überbrückungshilfe II. Wir haben sie angepasst und auch ausgebaut, unter anderem auch deshalb, um für die Unternehmen Auszahlungen in einer Höhe von über einer Million Euro zu ermöglichen, da die Betroffenheit teilweise sehr groß ist und teilweise mehr als eine Million Euro ausgezahlt werden muss. Diese Überbrückungshilfe II stützt sich auf die Fixkostenregelung. Wegen dieser Fixkostenregelung sind Beihilfen bis zu einer Höhe von weiteren drei Millionen Euro möglich, insgesamt also bis zu einer Höhe von vier Millionen Euro.

Diese Fixkostenregelung beruft sich auf eine Vorgabe der Europäischen Kommission, die diese erst im Oktober 2020 so formuliert hat. Nachdem die Europäische Kommission das festgelegt hat, haben wir schnell die Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 entworfen und umgesetzt. Diese Regelung wurde dann am 20. November von der Europäischen Kommission genehmigt. Erst nachdem die Europäische Kommission im Oktober die Vorgaben gemacht hatte und nachdem unsere Umsetzung am 20. November genehmigt wurde, konnte man also hierzu im Detail Auskünfte geben.

Dies haben wir dann getan. In den FAQs, die auf unserer Homepage stehen, haben wir Anfang Dezember darüber informiert. Zudem haben wir bei allen Hilfen von Anfang an betont, dass sie sich im beihilferechtlichen Rahmen bewegen. Insofern ist das keine neue Information, und wir haben das schon gar nicht klammheimlich getan, sondern wir haben das so schnell wie möglich getan, als es notwendig wurde, weil die Kommission die entsprechenden Vorgaben gemacht hatte.

Wir gehen auch davon aus, dass sich die Höhe der Auszahlung für die meisten Unternehmen nicht ändern wird, weil es um Unternehmen geht, die von den Schließungen und den Coronamaßnahmen, von der Coronasituation allgemein besonders betroffen sind und die deshalb auch die entsprechenden Verluste, die man nachweisen muss, wenn man im Rahmen der November- und Dezemberhilfen oder der Überbrückungshilfe II eine Unterstützung über eine Million Euro hinaus erhält, nachweisen können, weil sie sie gehabt haben.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Verstehe ich das also richtig dahingehend, dass die Bundesregierung hierbei keine handwerklichen Fehler, sondern alles richtig gemacht hat und dass einfach die Erwartungshaltung bei den Empfängern zu hoch war und diese und auch die Kollegen sich zu schlecht informiert haben?

EINHORN: Nein, so würde ich das nicht sagen. Wir haben keine handwerklichen Fehler gemacht, das stimmt. Die FAQs stehen auf unserer Homepage und werden ständig aktualisiert und erweitert. Natürlich sind sie umfänglich, einfach deshalb, weil es viele Hilfen gibt und weil das Beihilfethema ein kompliziertes Thema ist. Diese FAQs regelmäßig zu lesen und sich in dem Sinne darauf vorzubereiten, ist auf jeden Fall hilfreich.

Die Erwartungshaltung der Unternehmen ist richtig gewesen. Denn sie bekommen ja die Unterstützung. Die Unternehmen, die dort einen Antrag stellen, haben ja Verluste erlitten. Deshalb gehen wir davon aus, dass sich an der Höhe der Auszahlungen in aller Regel nichts ändern wird. Denn es gibt die Verluste, die man jetzt vorweisen muss, sonst müsste man den Antrag ja nicht stellen.

FRAGE REHER: Ich hatte noch eine Frage zu den Dezemberhilfen gestellt. Können Sie bitte sagen, wann genau diesbezüglich die regulären Auszahlungen starten? Wird das über die gleichen technischen Plattformen wie bei den Novemberhilfen laufen oder wie wird das gehen?

EINHORN: Was die Dezemberhilfe angeht, ist es so, dass Anträge seit dem 23. Dezember gestellt werden können, für Soloselbstständige schon seit dem 22. Dezember. Anfang Januar sind die Abschlagszahlungen gestartet. Die reguläre Auszahlung soll voraussichtlich Ende Januar starten. Das wird dann wieder so ähnlich funktionieren wie bei der Novemberhilfe.

FRAGE JUNG: Gibt es schon Januar- und Februarhilfen?

EINHORN: Es gibt die Überbrückungshilfe III, die von Januar 2021 bis Juni 2021 gilt. Ich habe vorhin schon gesagt, dass es auch für diese wieder Abschlagszahlungen geben soll.

ZUSATZFRAGE JUNG: Auf dem gleichen Niveau wie die Novemberhilfen?

EINHORN: Was die Überbrückungshilfe anbelangt, müsste ich in meinen Unterlagen noch einmal nachschauen, um keine falschen Zahlen zu nennen.

Was die Novemberhilfen angeht, ist es so: November- und Dezemberhilfen waren das haben wir von Anfang an betont außerordentliche Wirtschaftshilfen, weil es diese Schließungen für spezielle Branchen gab. Sie orientieren sich an den Umsatzeinbußen, während sich die Überbrückungshilfe an den Fixkosten orientiert und nach den Fixkosten erstattet bzw. Unterstützung leistet.

FRAGE HOENIG: Inwiefern appelliert die Kanzlerin an Firmen, mehr Homeoffice zu ermöglichen? Inwieweit sind aus Sicht der Kanzlerin strengere Vorgaben für Firmen sinnvoll?

SRS’IN DEMMER: Grundsätzlich ist nach dem letzten Treffen mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder noch einmal betont worden, dass Homeoffice ein wichtiges Instrument ist. Es gibt einen Appell, diesen zu nutzen.

Vielleicht kann zu den Details auch noch das BMAS Auskunft geben.

GÖPNER-REINECKE: Wie Frau Demmer bereits sagte, beinhaltet der Beschluss des Gesprächs der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten einen Appell, Homeoffice möglichst breit dort einzusetzen, wo immer das möglich ist. Dieser Appell richtet sich sowohl an die Arbeitgeber als auch an die Arbeitnehmer.

Bundesarbeitsminister Heil hat sich mehrfach dazu geäußert und hat auch mehrfach betont, dass wir gemeinsam alles dafür tun müssen, dass Arbeitsplätze nicht zu Infektionsorten werden. Wo Homeoffice betrieblich nicht möglich ist, gelten die speziell im Sommer erlassenen Arbeitsschutzstandards gegen COVID-19. Auch damit können Arbeitgeber ihre Beschäftigten aktiv vor Infektionen schützen.

Von meinem Kollegen wurde an dieser Stelle zuletzt am Montag schon mehrfach gesagt, dass zumindest der Gesetzentwurf zum mobilen Arbeiten keine weitergehende Pflicht zum Homeoffice enthält.

FRAGE JUNG: Frau Demmer, ist die Kanzlerin mit den Appellen an die Wirtschaft zufrieden?

SRS’IN DEMMER: Wie gesagt, wo immer es möglich ist, sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer das möglich machen. Es ist auch nicht in allen Arbeitsbereichen gleich möglich. Das ist bei einer Bürotätigkeit sicherlich einfacher möglich als in anderen Arbeitsbereichen.

ZURUF JUNG: Aber sie könnte ja auch die Haltung haben: Da, wo es möglich ist, muss es gemacht werden. Das möchte sie nicht?

SRS’IN DEMMER: Wie Sie vielleicht in den letzten Wochen und Monaten verfolgt haben, setzt die Bundesregierung auf Freiwilligkeit. Das gilt bei der App; das gilt beim Impfen.

ZURUF JUNG: Das klappt ja offenbar nicht!

SRS’IN DEMMER: Wir setzen hier auf das Verantwortungsgefühl des Einzelnen. Die gesamte Gesellschaft ist gefragt, das Virus da, wo es geht, einzudämmen.

VORS. FELDHOFF: Herr Jung, bei allem Verständnis für eine klare Aussage der Regierungssprecherin: Lassen Sie sie doch einfach ausreden und stellen dann danach die Frage weiter. Danke schön.

FRAGE MEERKAMM: Frau Demmer, es hieß gestern, die Kanzlerin wolle sich heute Mittag mit dem DGB-Vorsitzenden zum Thema Homeoffice austauschen. Kann man über dieses Gespräch schon etwas berichten?

SRS’IN DEMMER: Ich kann den Gesprächen zumal es vertrauliche Gespräche sind hier nicht vorgreifen. Wenn es etwas zu berichten gibt, tun wir das sicherlich.

FRAGE JESSEN: Meine Frage richtet sich an das Bundesfinanzministerium und sicherlich auch an das Bundesgesundheitsministerium.

Wenn wir davon ausgehen müssen, dass die Pandemie und die Einschränkungen und Schutzmaßnahmen noch Monate weitergehen und dass, wie jetzt in Bayern geschehen, FFP2-Masken für bestimmte Bereiche vorgeschrieben werden, muss dann nicht überlegt werden, ob die Anschaffung der dann doch kostspieligeren FFP2-Masken zur Daseinsvorsorge gehört? Das bedeutet, dass Leistungen dafür dann eben auch aus öffentlichen Kassen zu tragen oder zu bezuschussen sind. Ist das eine Überlegung oder eine Planung, die Sie anstellen?

NAUBER: Ich kann Ihnen sagen: Es ist richtig, dass Bundesländer wie Bayern auf besonders hohe Infektionszahlen mit zusätzlichen Maßnahmen reagieren.

HARTMANN: Ich kann auf den Minister verweisen, der immer betont hat, dass wir alles tun, was notwendig ist, um möglichst gut durch die Krise zu kommen und dass wir genügend Finanzen haben, um durchzuhalten.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das ist, mit Verlaub, in doppelter Weise keine Antwort gewesen – weder von Ihnen noch von Ihnen. Die konkrete Frage war doch: Wenn a) der Zeitraum, an dem weitetestgehend Maskenpflicht herrscht, und wir b) von Bayern ausgehend damit rechnen müssen, dass die relativ teuren FFP2-Masken vorgeschrieben sind, muss das nicht Anlass sein, zu überlegen, ob das zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehört, dass also die Kosten oder Zuschüsse von der öffentlichen Hand übernommen werden? Können Sie sich dazu bitte äußern.

HARTMANN: Ich kann zum Bundeshaushalt etwas sagen: Im Bundeshaushalt 2020/21, der gerade zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten, sind umfangreiche Mittel für Corona-Unternehmenshilfen bereitgestellt worden, aber auch Mittel für globale Mehrausgaben im Zusammenhang mit der Coronapandemie in Höhe von 35 Milliarden Euro. Das ist der aktuelle Stand zum Haushalt.

NAUBER: Wie Sie wissen, statten wir Risikogruppen mit FFP2-Masken aus, die über die Apotheken abgegeben werden. Mehr kann ich Ihnen zu dem Thema im Moment nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ich versuche es noch einmal: Faktisch werden wir doch durch die bayerische Vorschrift zumindest alle, die in Bayern unterwegs sind eine kollektive Risikogruppe.

Noch einmal: Frau Hartmann, das, was Sie gesagt haben, dass also der Bundeshaushalt in Kraft tritt, ist ja nicht unbekannt. Eine FFP2-Maske kostet ab einen Euro aufwärts, wenn man sie günstig kaufen kann. Wenn ich auf einmal im Monat zwangsweise 30, 50 Euro für FFP2-Masken ausgeben muss, ist das eine erhebliche Mehrausgabe, vor allem für Menschen mit geringem Einkommen. Denken Sie überhaupt darüber nach, so etwas aus der öffentlichen Hand im Wege der Daseinsvorsorge zu bezuschussen, zu unterstützen, zu tragen?

HARTMANN: Zu dem Themenkomplex Daseinsvorsorge in Bezug auf die Masken müsste sich meines Erachtens das Bundesgesundheitsministerium äußern. Ich kann, wie gesagt, nur noch einmal betonen, dass wir im Haushalt umfangreiche Mittel zur Bewältigung der Coronapandemie bereitgestellt haben.

NAUBER: Ich kann dem jetzt wirklich nichts mehr hinzufügen. Eine Frage zu Maßnahmen in Bayern müssten Sie an das Bundesland Bayern richten.

FRAGE REITSCHUSTER: Das Bundesland Berlin, offizielles Hauptstadtportal: Gutscheinversand für FFP2-Masken läuft schleppend. Das ist offenbar auch bundesweit so. Was läuft denn da schief?

NAUBER: Angefangen hat das Ganze als erste schnelle Lösung mit einer Ausgabe im Dezember von drei Masken, für die es nicht diese Coupons brauchte. Der Versand der Coupons hat begonnen, sodass die nach meiner Kenntnis bei den Versicherten eingegangen sind.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Also informiert das Hauptstadtportal hier falsch, weil es sagt, dass es diese Probleme und Verzögerungen gebe?

NAUBER: Ich kann jetzt nicht das Hauptstadtportal kommentieren. Ich kann Ihnen nur unseren Kenntnisstand übermitteln.

FRAGE JUNG: An das BMAS zu dem Thema FFP2-Masken. Es gibt ja auch Risikogruppen, die Hartz IV beziehen. Da muss man jeden Euro, jeden Cent zweimal umdrehen. Wie sollen die sich diese Masken leisten können?

GÖPNER-REINECKE: Ich hole ganz kurz einen Satz vorher aus: Die Coronapandemie hat uns allen, glaube ich, sehr eindringlich gezeigt, dass auf die soziale Absicherung in Deutschland Verlass ist. Der Zugang zu existenzsichernden Leistungen wurde in der Pandemie schneller und unbürokratischer. Diese Regelungen gelten ja auch noch bis März dieses Jahres.

Letzte Woche hat Minister Heil einen Gesetzentwurf vorgelegt, um die Grundsicherung dauerhaft bürgerfreundlicher zu machen und Menschen in einer existenziell bedrohlichen Situation mehr Sicherheit zu bieten. Der Regelbedarf das Geld, das die Menschen im Rahmen der Grundsicherung erhalten ist ein monatlicher Pauschalbetrag. Über diesen Pauschalbetrag und seine Verwendung entscheiden die Empfängerinnen und Empfänger eigenverantwortlich. Das können sie, und das müssen sie auch tun. Dazu gehört auch, dass man höhere Ausgaben in einem Lebensbereich mit niedrigeren Ausgaben in einem anderen Lebensbereich ausgleichen muss. Das ist auch in allen anderen Haushalten der Fall.

Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass wir die Regelbedarfe zum 1. Januar 2021 für Risikogruppen teilweise deutlich erhöht haben. Das BMG hat es gerade schon erwähnt: Es gibt für ältere Mitbürger die Möglichkeit, über die Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung Schutzmasken zu erhalten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Dann drehe ich die Frage andersherum: In Bayern gibt es Menschen, die nicht zu einer Risikogruppe gehören, aber ab sofort FFP2-Masken tragen müssen. Man muss, wenn man so eine Box kauft, sofort 30 bis 50 Euro ausgeben. Ich habe Sie jetzt so verstanden, dass diese Leute, die Hartz IV beziehen, sich das von ihrem jetzigen Geld irgendwie abzwacken müssen. Es ist auch in Zukunft kein Abschlag für Mehraufwand geplant. Die Leute haben schon super wenig Geld. Sollen sie denn jetzt weniger essen, um sich diese Masken leisten zu können? Habe ich Sie richtig verstanden?

GÖPNER-REINECKE: Herr Jung, ich habe ja Verständnis dafür. Ich habe auch gesagt: Das ist wenig Geld. Das haben wir hier an dieser Stelle oft genug gesagt. Das ist uns bewusst. Trotz allem müssen sich Haushalte, die Grundsicherung erhalten, wie alle anderen Haushalte auch dieses Geld für das einteilen, was sie benötigen.

ZURUF JUNG: Das ist doch Vorschrift!

GÖPNER-REINECKE: Ansonsten kann ich zu möglichen Regelungen in Bayern hier auch keine Stellung nehmen.

FRAGE DR. KELLER: Wie steht die Bundesregierung zu dem Gebot in Bayern? Wird das Gegenstand der nächsten MPK sein? Wie sieht die Bundesregierung diese Vorschrift? Muss es aus Sicht der Bundesregierung einen sozialen Ausgleich für Hartz IV-Empfänger geben?

DEMMER: Da kann ich mich Frau Nauber nur anschließen: Für die Umsetzung der Corona-Schutzverordnung sind die Bundesländer zuständig, die selbst eigene einzelne Maßnahmen festlegen. Deswegen kann ich nur auf Bayern verweisen.

FRAGE MEIER: Kann man davon ausgehen, dass die Pflicht zur Vorlage eines Negativtests bei der Einreise auch für alle Einreisenden aus Irland gilt? Frau Adebahr, können Sie etwas dazu sagen?

ADEBAHR: Nein, noch nicht. Die genauen Verordnungsdetails haben wir jetzt, und die werden wir umsetzen und dann veröffentlichen. Natürlich wird das BMI und werden wir auf der Seite des Auswärtigen Amts in unseren Reise- und Sicherheitshinweisen so transparent und so schnell wie möglich versuchen nachzuvollziehen, was jetzt in den einzelnen Ländern gilt. Grundsätzlich werden wir auch mit den Reise- und Sicherheitshinweisen die Regeln für die Risikogebiete egal, aus welchem Grund diese bestehen nachvollziehen und so gut es geht erklären. Das BMI wird dazu sicherlich auch kommunizieren.

FRAGE DELFS: An das BMG: Reichen aus Ihrer Sicht die bestehenden Maßnahmen aus, um auch die mutierten Versionen des Virus zu bekämpfen?

NAUBER: Ich denke, dass ich dazu vorhin schon einmal Stellung genommen hatte; das tue ich aber gerne noch einmal. Ich hatte ja schon ausgeführt, was der Minister heute Morgen in besagtem Radiointerview gesagt hat, und hatte noch hinzugefügt, dass es wichtig ist, die Ausbreitung auch dieser Varianten zu verhindern und gleichzeitig die besonders gefährdeten Gruppen zu schützen. Das tun wird durch Testen, durch die neue Verordnung und auch durch das Impfen der Ältesten und der Pflegeheimbewohner.

FRAGE REITSCHUSTER: An Frau Demmer und gegebenenfalls auch an Frau Nauber: Die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, rät ja von harten Lockdowns ab. Nun gibt es eine neue Studie von John Ioannidis einem der renommiertesten Medizinwissenschaftler, der auch für die Weltgesundheitsorganisation publiziert und anderen, und in dieser Studie, die Anfang Januar erschien, kam er zu der Schlussfolgerung, es gebe keinen Nutzen durch Lockdowns, aber Risiken. Die Studie ist auch peer-reviewt, ist also sehr solide. Meine Frage wäre: Kennen Sie diese Studie? Wie gehen Sie damit um? Was haben Sie für den Lockdown für wissenschaftliche Studien gehabt, die auch peer-reviewt und die für die Bundesregierung die Grundlage dafür liefern, dass der Lockdown etwas hilft? Ich kenne da nur das Leopoldina-Papier, das aber nur vier Seiten umfasst, also keine Studie ist. Was haben Sie denn für konkrete Studien?

SRS’IN DEMMER: Herr Reitschuster, wie üblich nehmen wir hier ja keine Stellung zu einzelnen Studien und einzelnen Untersuchungen einzelner Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Lassen Sie mich aber ein paar ganz grundsätzliche Anmerkungen machen, auch wenn wir hier schon wiederholt darüber gesprochen haben.

Die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin holen sich ihre Expertise von sehr, sehr vielen unterschiedlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den unterschiedlichsten Fachgebieten und Forschungsgemeinschaften und informieren sich dort. Ich darf Sie kurz an das erinnern, was die Bundeskanzlerin in der Debatte zum Bundeshaushalt 2021 am 9. Dezember zur Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnisse gesagt hat: Sie hat gesagt, sie glaube daran, dass es wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die real sind und an die man sich besser halten sollte. Wissenschaftliche Erkenntnisse können und sollten also politische Entscheidungen grundieren, aber ersetzen können wissenschaftliche Erkenntnisse politische Entscheidungen selbstverständlich nicht.

NAUBER: Ich kann dem nichts hinzufügen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Sie haben aber meine Frage nicht beantwortet. Die Frage war ja: Welche konkreten wissenschaftlichen Studien gibt es? Sie sagten jetzt, die Bundeskanzlerin glaube daran, dass es wissenschaftliche Erkenntnisse gibt. Wir haben 83 Millionen Menschen im Lockdown, und der Glaube der Bundeskanzlerin ist da etwas wenig. Was für konkrete wissenschaftliche Studien gibt es also? Es gibt jetzt eine fundierte Studie, die sagt, das bringe nichts, und Sie sagen einfach, Sie kommentieren das nicht. Wenn 83 Millionen Menschen im Lockdown sind, hätten sie wahrscheinlich gern eine Begründung, warum man so eine Studie nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht darauf reagiert.

SRS’IN DEMMER: Ich möchte das gerne richtigstellen: Ich habe nicht „das kommentiere ich nicht“ gesagt, sondern habe gesagt, dass wir grundsätzlich keine einzelnen Studien kommentieren. Ich habe aber darauf hingewiesen, dass Wissenschaft in unterschiedlichsten Ausprägungen bzw. Erkenntnisse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Fachgebieten sehr wohl Grundlage sind für die Entscheidungen, die die Bundesregierung dann trifft.

Vielleicht kann ich, wenn Sie auf den Lockdown hinweisen, diese Gelegenheit auch nutzen, noch einmal ganz grundsätzlich zu sagen, wie die Bundeskanzlerin die Lage einschätzt. Die Bundeskanzlerin hat nun ja mehrfach darauf hingewiesen, wie ernst die Lage ist. Sie geht davon aus, dass die kommenden Wochen und Monate wohl die schwierigsten in der Pandemie sein werden; das hat sie auch jüngst in ihrem Podcast am Wochenende ausgeführt. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Erkenntnisse über die Mutationen des Virus die Sorgen in diesem Augenblick nicht geringer machen. Ziel ist es nach wie vor, die Neuinfektionen deutlich zu senken, um die Gesundheitsämter wieder in die Lage zu versetzen, die Neuinfektionen nachzuverfolgen. Die Impfungen machen uns Hoffnung auf Besserung, aber trotzdem zeigt uns die Situation vor Ort in den Krankenhäusern, wie ernst die Lage ist.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Aber Sie können keine konkrete Studie nennen? Sie haben wieder nicht auf die Frage geantwortet, was für konkrete wissenschaftlich belegte Studien es für die Nützlichkeit des Lockdowns gibt.

VORS. FELDHOFF: Herr Reitschuster

ZUSATZ REITSCHUSTER: Andere haben auch drei Nachfragen gestellt!

VORS. FELDHOFF: Es geht doch gar nicht darum, ob Sie zwei oder drei Nachfragen stellen. Die Bundesregierung hat die Antwort gegeben, die sie gibt. Es kann vorkommen, dass man damit nicht zufrieden ist; das gestehe ich Ihnen zu. Alles Weitere ist dann Ihre Bewertung.

ZUSATZ REITSCHUSTER: Ich frage ja nur, ob ich das richtig verstehe, dass es die nicht gibt.

VORS. FELDHOFF: Auch das überlasse ich Ihrer Bewertung auf Ihrem Portal.

ZUSATZ REITSCHUSTER: Das war eine Frage, keine Bewertung.

VORS. FELDHOFF: Das gilt grundsätzlich für alle Kollegen, die hier im Saal Fragen stellen: Wenn die Bundesregierung die Fragen so beantwortet, wie sie sie beantwortet, dann müssen wir diese Antworten als Journalisten bewerten. Das tun wir dann auch in unseren Medien. Schönen Dank.

ZUSATZ REITSCHUSTER: Aber da darf sie doch selber antworten!

VORS. FELDHOFF: Es gibt noch eine Nachlieferung des BMWi.

EINHORN: Genau. Herr Jung, Sie hatten nach den Beträgen der Überbrückungshilfe III gefragt. Es ist so, dass der Maximalbetrag für alle Unternehmen bei 200 000 Euro pro Monat liegt, und für Unternehmen, die direkt oder indirekt von Schließungen betroffen sind, bei 500 000 Euro pro Monat. Das gilt für die Monate Januar bis Dezember; für diese Monate kann dann diese Überbrückungshilfe ausgezahlt werden.

FRAGE: Es gab gestern offensichtlich ein Normandie-Treffen auf Beraterebene hier in Berlin. Wie schätzt die Bundesregierung die Situation in der Ostukraine ein? Kann aus Sicht der Bundesregierung ein Treffen auf Ministerebene in absehbarer Zeit stattfinden?

SRS’IN DEMMER: Positiv festzuhalten ist, dass der seit dem 27. Juli geltende Waffenstillstand nun erstmals schon seit Monaten überwiegend hält. Die Einhaltung dieses Waffenstillstands ist der erste Punkt der Minsker Vereinbarungen und der Pariser Gipfelschlussfolgerungen. Es stimmt uns hoffnungsfroh, dass die Waffen in der Ostukraine nunmehr weitgehend schweigen. In der Folge sind unter der Zivilbevölkerung auch das ist erfreulich deutlich weniger Opfer zu beklagen als zuvor. Waffenstillstandsverletzungen und Explosionen in der Nähe von Kindergärten, Schulen und Altersheimen gehören jetzt nicht mehr zum Alltag der leidgeprüften Bevölkerung.

Positiv ist auch, dass es seit dem Gipfel einen wichtigen Gefangenenaustausch sowie Fortschritte bei den Verhandlungen zur Truppenentflechtung und zum Minenräumen gegeben hat.

Darüber hinaus hat die Ukraine einseitig weitere Übergangspunkte im Gebiet Luhansk eröffnet, was ein konkreter und willkommener Schritt ist, um das Leben im Osten der Ukraine zu erleichtern.

Das sind alles zweifellos Entwicklungen in die richtige Richtung. Andererseits ist und bleibt der Konflikt im Kern natürlich weiterhin ungelöst. Die Minsker Vereinbarungen sind nach wie vor nicht umgesetzt. Vor allem gibt es immer noch keine grundsätzliche Einigung über den Weg hin zu Kommunalwahlen im Donbass und zur Wiederherstellung der ukrainischen Kontrolle über die eigene Staatsgrenze mit Russland.

Das Momentum, das der Waffenstillstand jetzt bietet, muss nun genutzt werden. Auch Russland als Signatar der Minsker Vereinbarungen ist gefordert, seinen Einfluss auf die Separatisten geltend zu machen. Die Bundesregierung ist und bleibt bereit, sich weiterhin gemeinsam mit Frankreich um die Klärung der offenen Fragen zu bemühen.

VORS. FELDHOFF: Es gab noch die Frage nach einem möglichen Ministertreffen. Frau Adebahr, können Sie dazu vielleicht etwas sagen?

ADEBAHR: Frau Demmer hat ja dargestellt, wo es Fortschritte gibt nämlich bei der Entflechtung, beim Minenräumen und dass der Waffenstillstand hält und wo es noch weiter sehr viel Gesprächsbedarf gibt und wo es noch blockt, nämlich bei der letztlichen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Da wird im Moment eben intensiv auf Beraterebene gearbeitet. Natürlich wäre es schön, ein Ministertreffen zu haben. Wenn das zu gegebener Zeit der Fall ist, weil man vorankommt, dann werden wir Sie das rechtzeitig wissen lassen. Einen Termin kann ich Ihnen hier heute nicht nennen.

FRAGE: Herr Nawalny hat angekündigt, dass er am Sonntag nach Russland zurückkehren will. Wie bewertet die Bundesregierung dies und wie schätzt sie das Risiko für Herrn Nawalny ein?

SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung hat die Meldungen zur Kenntnis genommen. Wir freuen uns, dass Herr Nawalny sich in Deutschland offenbar gut von dem in Russland gegen ihn verübten Giftanschlag erholt hat. Zum aktuellen Gesundheitszustand von Herrn Nawalny und zu seinen konkreten Plänen müssten Sie allerdings ihn selbst oder sein Team befragen.

ADEBAHR: Ich kann nur hinzufügen, dass Herr Nawalny frei ist, seine Entscheidungen zu treffen, und dass wir froh sind, dass er nach diesem Anschlag, der auf ihn verübt wurde, gesund wurde.

FRAGE: Zum Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei: Wie kommentiert die Bundesregierung die Ankündigungen, dass die Sondierungsgespräche zwischen Griechenland und der Türkei am 25. Januar wieder aufgenommen werden sollen?

ADEBAHR: Das ist grundsätzlich positiv, denn wir haben uns seitens der Bundesregierung auch während unserer Ratspräsidentschaft sehr dafür eingesetzt, dass es direkte Gespräche zwischen Griechenland und der Türkei gibt. Wir haben auch immer betont, dass es aus unserer Sicht wirklich am meisten Sinn macht, wenn die Lösung der strittigen Seegrenzfragen auf dem Verhandlungsweg zwischen allen Beteiligten und das sind diese beiden Staaten auf der Basis des Völkerrechtes gefunden werden kann. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass beide Seiten angekündigt haben, dass die Sondierungsgespräche, die im Jahr 2016 abgebrochen worden waren, nun am 25. Januar wieder aufgenommen werden. Das ist hoffentlich ein guter und ein wichtiger Schritt und eine gute Nachricht für die gesamte Region.

Die Anschlussfrage wäre vermutlich: Was erwarten wir von diesen Gesprächen? Man kann zum jetzigen Zeitpunkt nur sagen, dass es Sache der Parteien, also der griechischen und der türkischen Seite ist, sich zu den Gesprächsthemen auszutauschen und diese festzulegen. Da ist es jetzt, glaube ich, nicht hilfreich, von unserer Seite bzw. von außen irgendwelche Erwartungen zu formulieren. Natürlich wird es erst einmal darum gehen, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen, um dann in einen konstruktiven und lösungsorientierten Dialog einzusteigen.

FRAGE JESSEN: Auch an Frau Adebahr: Nach fast 70 Jahren wurde in den USA zum ersten Mal wieder eine Frau per Todesstrafe hingerichtet ich glaube, das war heute in den frühen Morgenstunden. Gnadenbegehren wurden vom Präsidenten abgelehnt. Zuvor hatte unter anderem die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Frau Kofler, dazu aufgefordert, die Hinrichtung zumindest bis zum Amtsantritt der neuen Regierung aufzuschieben. Vor diesem Hintergrund: Wie beurteilen Sie diese Hinrichtung?

ADEBAHR: Wir sind als Deutsche und als Europäer gegen die Todesstrafe, unter allen und jeden Umständen, und das gilt weltweit und universell. Wir setzen uns überall, egal wo, für die Abschaffung der Todesstrafe ein, und vielleicht auch in ersten Schritten für Moratorien gegen die Todesstrafe. Frau Kofler hat dazu das Richtige gesagt. Wir finden, dass die Todesstrafe eine heute nicht mehr zeitgemäße Strafform ist und lehnen sie deshalb als Europäische Union ab. Das gilt für alle Länder dieser Welt und in allen Fällen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Und was sagen Sie zu den besonderen Bedingungen dieser Hinrichtung, also dazu, dass ein Präsident, der es hätte verhindern können, es wenige Tage vor dem Ende seiner Amtszeit nicht verhindert hat, sondern die Appelle die ja nicht von Frau Kofler allein gekommen sind, sondern die es weltweit gab schlicht und einfach ignoriert hat? Wie bewerten Sie ein solches Verhalten?

ADEBAHR: Ich glaube, in der Aussage, dass die Todesstrafe grundsätzlich abzulehnen ist, liegt auch unsere grundsätzliche Haltung. Das gilt für jede Vollstreckung der Todesstrafe in so vielen Fällen weltweit, und jeder solche Umstand ist aus unserer Sicht ein sehr besonderer und einer zu viel.

FRAGE DR. KELLER: Wie steht die Bundesregierung zu neuen Beteiligungsplattformen wie dem Bürgerrat, der von Bundestagspräsident Schäuble unterstützt wird und hier vor einer Stunde vorgestellt wurde?

SRS’IN DEMMER: Da muss ich passen, das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

VORS. FELDHOFF: Die Bundesregierung hat sicherlich eine Meinung dazu; da bin ich mir ganz sicher.

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