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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 25. Januar 2021

Themen: COVID-19-Pandemie (Einsatz von Bundeswehrsoldaten und Bundeswehrsoldatinnen sowie von Freiwilligen zur Durchführung von Antigenschnelltests in Pflegeheimen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe, Virusmutation, Flugverkehr aus Brasilien, Mindestanteil geimpfter Personen zur Erreichung einer sogenannten Herdenimmunität, Impfstoffversorgung, Durchschnittsalter der Coronapatienten in der Charité, Antigen-Schnelltests zum Selbstgebrauch, Antikörper-Medikament zur Behandlung einer akuten Erkrankung, Studien zu FFP2-Masken, Vergabe von Impfterminen, Impfstrategie, Schutzausrüstung, Masken für Bedürftige, Auswirkungen der Maßnahmen auf Kinder, Homeoffice, Öffnung von Schulen und Kitas, finanzielle Förderung von Impfstoffherstellern, Klinikschließungen, Initiative „No Covid“, Besprechung der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer, Möglichkeit zur Sofortabschreibung digitaler Wirtschaftsgüter), mögliche Einstufung der AfD als Verdachtsfall durch das BfV, Gaspipeline Nord Stream 2, Vorgehen von Sicherheitskräften gegen Demonstranten in Russland, Äußerungen von Ministerpräsident Ramelow in einer Gesprächsrunde auf der neuen Social-Media-Plattform Clubhouse, Amtsantritt des neuen US-Präsidenten, Produktionsengpässe in der Halbleiterfertigung/Auswirkungen auf die Automobilindustrie, völkerrechtlicher Status von Taiwan, Beobachtung der „Querdenker“-Bewegung durch den baden-württembergischen Verfassungsschutz, Konflikt um die Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer

Naive Fragen zu:
Impfstoffengpass
– Eine Lernfrage: Die Verträge mit den Impfstoffherstellern sind ja geheim. Aber gibt es eine Art Preisnachlass für nicht eingehaltene Liefertermine?
– Sie wissen nichts davon?

Masken
– Gibt es Neuigkeiten in Sachen Maskenzuschuss bzw. kostenlose Masken für Bedürftige?
– Mit welchem Konzept gehen Sie an dieses Thema? Es gibt in einigen Bundesländern ja jetzt schon Zuschussvarianten, die teils absurd sind. In Hamburg plant man zehn Euro pro Monat für Masken. Da kommt man selbst mit den billigen OP-Masken nicht hin, die man am besten täglich wechseln sollte. Was ist Ihr Plan? Eine höhere Geldsumme oder einfach 30 Masken pro 30 Tage oder Ähnliches?
– Wie schnell wollen Sie eine Lösung finden? Herr Seibert meinte ja auch, dass das jetzt zügig gehen soll.

NoCovid
– Dazu haben sich das Kanzleramt sowie der Gesundheitsminister ja schon positioniert. Ich würde gerne vom Wirtschaftsministerium und Finanzministerium wissen, wie Ihre Minister bzw. Ihre Häuser zur „No Covid“-Strategie stehen. Die Kanzlerin bzw. das Kanzleramt scheinen ja eher damit zu sympathisieren, Herr Spahn hat das abgelehnt. Wie stehen Ihre Häuser dazu? Das ist ja interessant; die „No Covid“-Strategie wurde ja unter anderem auch vom ifo Institut und Herrn Fuest unterschrieben.
– Beschäftigen Sie sich nicht damit? Das hat ja auch erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft. Dazu müssen Sie doch eine Position haben.

AfD/Verfassungsschutz
– Spielt es für Sie irgendeine Rolle, dass der Vorgänger des jetzigen Bundesverfassungsschutzpräsidenten, Herr Maaßen, bzw. seine Kanzlei die rechtliche Betreuung der AfD in diesem Fall übernimmt? Darf er das eigentlich?

Clubhouse
– Hat die Kanzlerin die Entschuldigung von Herrn Ramelow registriert?

Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 25. Januar 2021:

STS SEIBERT: Meine Damen und Herren, einen schönen guten Tag auch von mir. Ich will zu einem wichtigen Aspekt der Coronapolitik kommen. Sie wissen, dass es der Bundesregierung ein großes Anliegen ist, mitzuhelfen und Pflegeheime und Einrichtungen der Eingliederungshilfe dabei zu unterstützen, dass dort Antigenschnelltests zum Einsatz kommen können. Denn erstens lässt sich so verhindern, dass das Virus in diese Einrichtungen eindringt, und zweitens hilft das, die Besuche zu ermöglichen, die menschlich so wichtig sind.

Klar ist, dass die Einrichtungen dafür Personal brauchen. In einem ersten Schritt kann die Bundeswehr mit ihren Soldaten und Soldatinnen dabei eine große Hilfe sein und ist es zum Teil auch schon. Landkreise und kreisfreie Städte müssen nur ihren Bedarf ermitteln und melden. Um diesen Prozess noch zu beschleunigen, hat der Chef des Bundeskanzleramts, Minister Braun, in der vergangenen Woche an die Landräte und die Oberbürgermeister geschrieben. Es ist gut zu sehen, dass dieses Angebot immer weiter angenommen wird. Beispielsweise waren am vergangenen Donnerstag noch etwa 600 Soldaten konkret im Einsatz einem Heim zugeordnet. Heute sind es schon etwa 1400. Dieser Einsatz läuft also hoch. Aber natürlich das haben wir auch immer gesagt hat die Bundeswehr noch deutlich mehr Kapazitäten für diese Unterstützung in der ersten Phase. Es ist also zu hoffen, dass es nun auch immer mehr Anforderungen aus den Kreisen und Städten geben wird.

Dann, in der zweiten Phase, in einem zweiten Schritt, sollen Freiwillige eingesetzt werden. Deren Interessenbekundungen werden von der Bundesagentur für Arbeit an die Städte, die Gemeinden und die Landkreise vermittelt. Dabei werden natürlich die Vorgaben des Datenschutzes beachtet. Die Schulung der Freiwilligen wird jeweils vor Ort vom Deutschen Roten Kreuz übernommen. Die Anstellung erfolgt dann jeweils bei den Einrichtungen, die ihren Bedarf gemeldet haben.

Heute hat die Bundesagentur für Arbeit zur Information von Freiwilligen eine Informationsseite eingerichtet. Wir haben auch eine Pressemitteilung darüber versandt. Interessierte können sich also bei einer eigens eingerichteten bundesweiten Hotline der Bundesagentur für Arbeit melden. Sie können sich über die grundlegenden Voraussetzungen, die für einen solchen Einsatz bestehen informieren, und sie können ihre Interessenbekundung hinterlassen. Diese Hotline ist montags bis freitags von 8 Uhr bis 18 Uhr erreichbar und hat die Nummer 0800 4 5555 32.

FRAGE DR. RINKE: Zunächst habe ich eine Frage an Herrn Seibert oder das Verteidigungsministerium. Können Sie uns die aktuelle Zahl der Soldaten, die im Einsatz sind, nennen?

Zweitens: Herr Seibert, was ist die Zielgröße? Wie viele Menschen sollten zusätzlich in den Heimen sein, um dort zu helfen?

STS SEIBERT: Ich denke, für die aktuellen genauen Zahlen bitten wir den Kollegen des Verteidigungsministeriums auf das Podium. Was den Einsatz im Testen in den Einrichtungen betrifft, den ich beschrieben habe, sind es das war meine Zahl heute Morgen 1400. Insgesamt sind aber deutlich mehr Soldaten, nämlich, so meine ich, rund 15 000, bei der Unterstützung zur Bekämpfung der Pandemie gebunden. Aber das kann der Kollege sehr viel besser sagen.

Wie viele Menschen wird man brauchen? Darauf zielt ja Ihre Frage. Das kann von einer Bundesregierung natürlich nur schwer zentral ermittelt werden. Dazu müssen die Landkreise und die kreisfreien Städte ihren Bedarf melden. Das mag ganz unterschiedlich sein. Sicherlich gibt es Einrichtungen, die sich bereits mit Freiwilligen oder mit Testhelfern versorgt haben, und sicherlich gibt es auch Einrichtungen, die diesen Bedarf haben und ihn jetzt hoffentlich bald melden, damit wir im ersten Schritt mit der Bundeswehr noch besser helfen können und dann im zweiten Schritt die Freiwilligen zielgenau dort, wo sie gebraucht werden, in ihrer Region zum Einsatz bringen werden.

Ich kann Ihnen diese Zahl nicht melden, weil sie von dem Bedarf abhängt, den uns nur diejenigen, die vor Ort sind, wissen lassen können.

HELMBOLD: Ich kann gern ergänzen. Die aktuellen Zahlen entwickeln sich tatsächlich sehr dynamisch. Im Moment haben wir in Altenheimen 747 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz auf Basis von 52 Anträgen. 70 weitere Anträge sind aber in Planung.

Die Zahl 1400 umfasst diejenigen, die wir jetzt aktuell in Anführungszeichen in Planung haben, die sich also jetzt im Laufe des heutigen Tages, von morgen und übermorgen in diesen Bereichen aufbauen werden. Wir merken also, dass dieses Angebot verstärkt angenommen wird. Das ist auch sehr, sehr wesentlich.

Zum Prozess möchte ich verdeutlichen, weil darüber auch viele Missverständnisse in der Öffentlichkeit vorhanden sind: Amtshilfe bedeutet immer, dass wir unterstützen. Wir unterstützen auf Basis eines Antrags. Es geht auch gar nicht anders, weil wir für Amtshilfe eine rechtliche Grundlage brauchen. Das ist in Artikel 35 des Grundgesetzes sehr, sehr deutlich geregelt. Diese Anträge kommen üblicherweise aus den Kreisen und kreisfreien Städten, eben von dort, wo gerade Not herrscht. Das kann auch auf Landesebene oder auf Bezirksebene geschehen. Damit auch jeder vor Ort weiß, welche Angebote die Bundeswehr machen kann und wo die Grenzen liegen, gibt es dafür Kreisverbindungskommandos und Bezirksverbindungskommandos. Das sind durchaus viele. Wir haben 404 Kreisverbindungskommandos und 31 Bezirksverbindungskommandos. Zusätzlich kommen die Aufrufe vonseiten der Regierungen, die dafür sorgen, dass tatsächlich jeder darüber informiert ist, welche Möglichkeit tatsächlich besteht.

Diese Zahlen entwickeln sich sehr dynamisch. Sie haben es gesagt. Insgesamt haben wir etwa vierzehneinhalbtausend Menschen im Einsatz. Weiterhin haben wir allerdings noch das Kontingent von 20 000 Soldaten. Das bedeutet, wir haben im Moment noch eine deutliche Reserve. Wenn sich das Antragsgeschehen dynamisch weiterentwickelt, dann haben wir auch noch Möglichkeiten, diese Reserven aufzustocken.

STS SEIBERT: Da wir beim Thema von Corona sind, sage ich vielleicht noch etwas zur allgemeinen Lage, wenn ich darf.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Gern.

STS SEIBERT: Wir haben weiterhin das, was die Bundeskanzlerin neulich, ich denke, auch an dieser Stelle, ein gespaltenes Bild genannt hat. Wir haben seit einiger Zeit ein erfreuliches Sinken der Infektionszahlen, begleitet von einem Sinken der Zahl der Intensivpatienten. Das sind erste Erfolge für uns alle in dieser zweiten Welle. Das ist ein Ergebnis der Maßnahmen und des disziplinierten Verhaltens von Millionen von Menschen. Gleichzeitig haben wir die große und sehr reale Gefahr, dass sich die Virusmutante auch bei uns wie in anderen Ländern immer weiter durchsetzt und dass die Zahlen dann wieder stark in die Höhe getrieben werden könnten.

Sie haben von den Maßnahmen gehört, die hier in Berlin im Umfeld eines Krankenhauses ergriffen werden mussten. Es gibt ja leider noch weitere Beispiele des vermehrten Auftretens dieser Mutante, die ja offenbar leider deutlich ansteckender ist als das Standardvirus.

Das heißt: Wir sind auf einem guten Weg. Wir müssen ihn unbedingt fortsetzen, und wir müssen möglichst schnell zu deutlich niedrigeren Infektionszahlen kommen. Diesen guten Weg jetzt zu früh zu unterbrechen, das wäre gerade falsch. Denn wir müssen zumindest damit rechnen, dass auch Deutschland der weiteren Ausbreitung dieser Mutante nicht entgehen wird. Umso wichtiger ist es, die Infektionszahlen schnell zu senken. Denn je niedriger die Fallzahlen sind, desto besser werden wir auch die Ausbreitung der Mutante, der Virusmutation hemmen können.

FRAGE TIEDE: Sie sprachen die Gefahr durch die Mutante an, die die Bundesregierung sieht. Als die Großbritannienmutante auftrat, hat die EU, nachdem zuerst Holland angefangen hatte, den Reiseverkehr, den Personenverkehr mit Großbritannien eingestellt. Ähnliches gilt für Südafrika.

Frage an die Bundesregierung: Warum gilt das nicht für Brasilien, wo sich eine ebenfalls gefährliche Mutante wirklich stark ausbreitet? Von dort kommen nach wie vor Flieger an, bis zum Wochenende sogar noch mit ungetesteten Personen. Was ist zu erwarten? Soll auch der Flugverkehr mit Brasilien eingestellt werden?

Eine Zusatzfrage: Experten sagen, durch die verschiedenen Mutanten, die es gibt, kombiniert mit der geringen Wirksamkeit des AstraZeneca-Impfstoffes von nur 70 Prozent, könnte es sein, dass 70 Prozent geimpfter Deutscher für die Erreichung einer Herdenimmunität nicht ausreichen. Man müsste höher herangehen. Stimmt das?

KAUTZ: Ich kann beides kurz beantworten. Zur Herdenimmunität: Die Daten liegen noch nicht vor, um das genau sagen zu können. Das hat ja auch Professor Drosten hier vergangenen Freitag erzählt.

Zu Brasilien und Auflagen für Flugverkehr aus Brasilien: Wir haben das in einem Zweischritt gemacht, auch mit Großbritannien und Südafrika. Wir haben zunächst einmal die Einreise verhindert und dann die Einreiseverordnung entsprechend geändert, sodass wir klare Vorgaben haben, die sicherstellen, dass die Menschen, die aus Brasilien nach Deutschland kommen, entsprechend getestet werden, in Quarantäne gehen müssen und sich frühestens fünf Tage nach Einreise wieder freitesten können.

ZUSATZ TIEDE: Damals kamen keine Flieger mehr. Es gab ein Flugverbot aus Großbritannien

KAUTZ: Ich weiß. Das habe ich ja gerade erklärt

ZUSATZFRAGE TIEDE: Aber aus Brasilien kommen die Flieger ja noch.

KAUTZ: Ja, klar. Ich habe ja gesagt: In einem ersten Schritt haben wir gesagt: „Flugverbot!“, und in einem zweiten Schritt haben wir die Einreiseverordnung so geändert, dass wir damit sicherstellen, dass keine Infizierten aus diesen Ländern nach Deutschland kommen. Die kommen nicht auf die Flieger ohne einen Test.

FRAGE PAULI: An das Gesundheitsministerium: Die Ausbreitung der Mutation B.1.1.7 wird auch auf den Einsatz von Leiharbeitskräften zurückgeführt. Was ist die Konsequenz daraus? Mehr Test, weniger Leiharbeiter? Die Frage bezieht sich auf Krankenhäuser.

KAUTZ: Mir liegen zu Ihrer Erkenntnis, dass das auf Leiharbeit zurückzuführen sei, keine Informationen vor. Deswegen kann ich mich dazu nicht äußern.

FRAGE FRIED: Herr Kautz, können Sie schon etwas genauer erläutern, was die angekündigten Lieferausfälle bei AstraZeneca für Deutschland mengenmäßig bedeutet?

Herr Seibert, können Sie schon übersehen, ob das die Ankündigung der Bundeskanzlerin in der vergangenen Woche an diesem Platz gefährdet oder vielleicht sogar schon über den Haufen geworfen hat, bis zum 21. September allen ein Impfangebot zu machen?

KAUTZ: Der Minister hat sich dazu am Wochenende geäußert. Wir erwarten eine Zulassung für AstraZeneca an diesem Freitag. Die gute Nachricht dabei ist, dass wir dann schon im Februar mehrere Millionen Impfdosen von AstraZeneca bekommen, weniger als erwartet, aber immerhin. Aber Sie müssen das auch in den Zusammenhang mit anderen Herstellern einordnen, CureVac und Johnson & Johnson. Auch für diese erwarten wir entsprechende Zulassungen.

Zusammengenommen bleiben wir auf dieser Basis zuversichtlich, dass man im Sommer allen Deutschen ein Impfangebot machen kann.

ZUSATZFRAGE FRIED: Aber wieviel weniger von AstraZeneca kommt, können Sie noch nicht konkret sagen, oder?

KAUTZ: Das kann ich nicht sagen. Wir sind diesbezüglich von den Informationen der Firma abhängig, die wir an die Länder auch nur weitergeben. Das wird häufig verwechselt. Wir machen ja keine Impfpläne in dem Sinne, was also Mengen anbetrifft, sondern wir geben die Liefermengen, die die Firmen liefern können, aufgeteilt an die Länder weiter.

STS SEIBERT: Ich kann eigentlich Herrn Kautz nur voll und ganz beipflichten. Alle Perspektiven, die die Bundesregierung in Sachen Impfen und Impfzeitplan aufmacht, hängen natürlich davon ab, dass Impfstoffe zu dem Zeitpunkt, mit dem wir im Groben rechnen, auch zugelassen werden und dass Lieferungen so wie vereinbart stattfinden. Wenn alle Erwartungen eintreten, dann es sind ja die Bundeskanzlerin und auch andere Mitglieder der Bundesregierung zu dieser Aussage gekommen wären sie zu halten.

Aber die Impfproduktion das erleben wir ja ist das Ergebnis von langen, langen Lieferketten mit unzähligen Einzelelementen. Da kann immer etwas schiefgehen. Ich hoffe nicht, dass uns das so widerfahren wird. Aber es gibt da Unwägbarkeiten. Das gehört zur ehrlichen Information natürlich dazu.

In dem konkreten Fall der Ankündigung von AstraZeneca ist es, glaube ich, völlig richtig, dass die Europäische Kommission diese Sache mit dem Unternehmen aufnimmt.

FRAGE WOLF: An das BMG: Haben Sie konkrete Erkenntnisse darüber, was die Gründe für die Lieferengpässe bei AstraZeneca sind? Es gibt Medienberichte, wonach es Anpassungen des Vakzins wegen Mutationen und Folgen eines Brandes in einem Werk von AstraZeneca gibt.

KAUTZ: Mir liegen keine genauen Informationen darüber vor. Allerdings ist es die Anpassung des Vakzins wohl nicht. Es gibt Produktionsprobleme. Das müssten Sie im Zweifel die Firma selber fragen.

FRAGE JENNEN: Auch noch einmal zum Thema Lieferprobleme: Polen hat jetzt berichtet, dass auch Moderna in Verzug ist. Gibt es solche Hinweise auch schon in Deutschland, dass man auch in Deutschland in Verzug ist?

KAUTZ: Die Hinweise haben wir nicht. Moderna ist im Plan.

FRAGE TUCHEL: Wie viele Impfdosen der Hersteller BioNTtech, Pfizer und Moderna wird Deutschland bis Ende Januar erhalten haben? Wie hoch ist die Differenz zur ursprünglich erwarteten Menge? Vielleicht kann man das noch einmal zusammenfassen.

KAUTZ: Von BioNTech bis Ende Januar. Das liefere ich nach.

FRAGE JUNG: Eine Lernfrage: Die Verträge mit den Impfstoffherstellern sind ja geheim. Aber gibt es eine Art Preisnachlass für nicht eingehaltene Liefertermine?

KAUTZ: Herr Jung, die Frage müssten Sie im Zweifel der EU stellen. Denn sie hat die Verträge ausgehandelt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Sie wissen nichts davon?

KAUTZ: Ich kann mich dazu nicht äußern.

STS SEIBERT: Ich habe dazu auch nichts.

FRAGE JESSEN: Herr Kautz, wenn jetzt Antigenschnelltests zum Selbstgebrauch als Gurgel- oder Spucktests angeboten werden, dann gibt es da natürlich eine gewisse Unsicherheit der Ergebnisse. Wie wollen Sie verhindern, dass eine Art trügerischer Sicherheit entsteht, dass Menschen sich selbst testen und denken „Alles fein“ und sich so verhalten, dass der Erwartungsdruck entsteht, den Herr Drosten auch beschrieben hatte, Lockerungen zu machen oder zu praktizieren, die dann im Ergebnis doch wieder zu höheren Infektionszahlen führen? Wie wollen Sie dieses verhindern? Das liegt ja in der Natur der Sache, dass dieses Risiko besteht.

KAUTZ: Noch sind wir nicht so weit. Das haben vielleicht die Meldungen am Wochenende auch ein bisschen falsch dargestellt. Es geht bei dieser Medizinprodukte-Abgabeverordnung erst einmal um die prinzipielle Idee, solche Schnellteste für zuhause möglich zu machen. Wir sprechen jetzt nicht von den PCR-Tests, sondern wir sprechen ausdrücklich den Unterschied haben Sie auch gemacht von Selbsttests, die einfacher zu handhaben sind. Diese Produkte müssen zertifiziert werden. Sie müssen a) aussagekräftig genug sein und b) auch so von Laien praktizierbar sein, dass die Gefahr falsch positiver oder falsch negativer Testergebnisse relativ gering ist.

Aber Sie haben natürlich Recht: Ganz verhindern kann man das nicht, dass sich Menschen in falscher Sicherheit wiegen. Deswegen wäre auch die Empfehlung, wenn man so einen Schnelltest macht, dass man, wenn er positiv ausfällt, auf jeden Fall einen PCR-Test macht.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Sie sagen: So weit sind wir noch nicht. Erklären Sie bitte noch einmal, an welchem Stand Sie sind. Ab wann Bürger können damit rechnen: Ich kann morgen in die Apotheke gehen und mir das holen?

KAUTZ: Bislang können solche Tests nur durch geschultes Personal vorgenommen werden. Es ist im Gespräch aber das ist noch Gegenstand regierungsinterner Absprachen , dass man erlaubt, solche einfachen Schnelltests auch ohne entsprechend geschultes Personal einzusetzen. Das ist eine perspektivische Sache. Noch gibt es keine Schnelltests, die so zertifiziert sind und in der Menge verfügbar wären, dass sie für so eine Verordnung in Frage kommen.

FRAGE NEUHANN: Mich interessiert auch der Zeitplan. Zitat war ja wohl „bald zulassen“.

KAUTZ: Das habe ich gerade beantwortet.

FRAGE REITSCHUSTER: Herr Seibert, die Bundeskanzlerin hat am Donnerstag gesagt, das Durchschnittsalter der Patienten, die in der Charité liegen, sei 63 Jahre. Es seien auch Jüngere dabei. Könnten Sie das vielleicht noch einmal aufschlüsseln? Sind das die Patienten insgesamt? Sind das die Patienten auf den Intensivstationen oder die mit Corona?

STS SEIBERT: Herr Reitschuster, da die Bundeskanzlerin ihren ganzen Auftritt hier in der Bundespressekonferenz dem Thema Corona gewidmet hatte, gehe ich davon aus, dass auch diese Angabe über das Durchschnittsalter der Patienten in der Charité sich auf Coronapatienten bezog. Aber lesen Sie es bitte einfach noch einmal im Protokoll nach beziehungsweise fragen Sie für ganz genaue Informationen die Pressestelle der Charité.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Die zweite Frage an Herrn Kautz zu den FFP2-Masken. Da gab es ja vorher massive Bedenken. Es wurde auch immer gewarnt. Da gebe es arbeitsschutzrechtliche Vorschriften mit Pausen und dergleichen.

Ich will nun keine wissenschaftlichen Details erörtern. Herr Seibert hat ja gesagt, dass man das nicht soll. Aber vielleicht können Sie doch noch einmal sagen, welche Grundlagen und Studien da sind, dass man diese bisherigen Einschätzungen jetzt geändert hat? Welche konkreten Unterlagen gibt es dazu?

KAUTZ: Herr Reitschuster, zum wiederholten Male: Wissenschaftliche Analysen mache ich hier nicht. Aber die Entscheidung der Ministerpräsidenten sieht ja auch so aus, dass man medizinische Schutzmasken nehmen kann, und dazu zählen auch OP-Masken und nicht nur FFP2-Masken.

ZURUF REITSCHUSTER: Damit haben Sie aber die Frage nicht beantwortet, Herr Kautz.

KAUTZ: Ich habe das gesagt, was ich zu sagen habe, Herr Reitschuster.

FRAGE DR. RINKE: Ich muss noch einmal auf Medikamente zurückkommen. Zum einen hätte ich ganz gern perspektivisch gewusst, wann denn die bestellten Medikamente zur Behandlung von Coronapatienten, wie ja Ihr Minister am Wochenende bekanntgegeben hat, eigentlich kommen. Die Grünen sind ja auch der Ansicht, dass man mehr hätte bestellen sollen. Wird also gleich nachbestellt?

Eine kurze Nachfrage zu dieser Antwort auf AstraZeneca. Würde denn der Gesundheitsminister befürworten, dass die EU auch Schadensersatzklagen gegen solche Konzerne, die nicht rechtzeitig liefern, ins Auge fasst?

KAUTZ: Der Minister hat sich ja dazu schon insofern geäußert, als er gesagt hat, dass er von AstraZeneca erwartet, zumal die EU in die Vorproduktion investiert hat, dass sie vertragstreu bleiben. Alles andere haben wir registriert, was von der EU-Seite kam.

Die zweite Frage zu den monoklonalen Antikörpern: Das ist ja auch eine Frage von Liefermöglichkeiten. Es sind 200 000 bestellt worden. Sie kommen Zug um Zug, diese Woche beginnend, und werden dann den Spezial- und Unikliniken zur Verfügung gestellt. Sie sind auch nicht für den Einsatz, um das hier noch einmal klar zu sagen, von allen Coronapatienten, sondern für Hochrisikopatienten zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Erkrankung.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ich hatte ja auch gefragt: Die Grünen fordern, dass man noch mehr bestellt. Haben Sie das in Erwägung gezogen?

KAUTZ: Man zieht, wenn man Sachen bestellt, immer die Menge in Erwägung. Das ist ja klar. Aber es geht jetzt erst einmal darum, dass wir uns diese Menge sichergestellt haben und Erfahrungen bei der Anwendung machen. Alles Weitere werden wir dann sehen. Geplant ist momentan nicht, mehr zu bestellen. Aber das kann sich natürlich ändern.

FRAGE JORDANS: An das Gesundheitsministerium: In Nordrhein-Westfalen zeichnet sich wieder ein Fiasko bei der Vergabe von Impfterminen ab mit überlasteten Servern von Hotlines und vielen frustrierten über Achtzigjährigen. Was hat die Bundesregierung getan, um vier Wochen nach dem Impfstart in Deutschland Bundesländern zu helfen, um solche Probleme zu verhindern?

KAUTZ: Für die Terminvergabe und Terminorganisation sind die Bundesländer verantwortlich. Der Bund stellt eine Informationshotline zur Verfügung, die 116 117. Dort gibt es genug Kapazitäten, um sich zu informieren. Allerdings lassen die Länder teilweise ihre Terminvergaben über die 116 117 als Weiche laufen. Da kann es dann temporär zu Engpässen kommen. Die Callcenter zur Terminvergabe werden von den Ländern betrieben, nicht vom Bund.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Wie viele Impfdosen hat Deutschland bis heute erhalten? Vielleicht könnte man das in die Antworten reinpacken, die Sie nachliefern.

FRAGE TIEDE: Es geht noch einmal um die Impfstrategie und um die Priorisierung. Der AstraZeneca-Impfstoff, der am Freitag zugelassen werden soll, ist an älteren Menschen so gut wie gar nicht getestet worden, kommt also da für den Einsatz nicht in Frage und hat nur eine Wirksamkeit von ungefähr 70 Prozent. Hat das eine Auswirkung auf die Priorisierung und die Impfreihenfolge, die jetzt vorgenommen werden muss? Denn man kann ihn ja schlicht und ergreifend nicht in den Altenheimen einsetzen. Da fällt er heraus. Müssen andere Berufsgruppen, andere Risikogruppen, vorgezogen werden, um mit diesem Impfstoff geimpft werden zu können?

Befürchten Sie so eine Art Zweiklassenimpfung? Dann gibt es diejenigen, die die guten Impfstoffe bekommen, nämlich die mRNA-Impfstoffe von BioNTech oder Moderna, und diejenigen, die nur den 70-prozentigen Schutz von AstraZeneca bekommen?

KAUTZ: Herr Tiede, Sie scheinen alle Studien zu dem Impfstoff AstraZeneca gelesen und ausgewertet zu haben. Ich habe das nicht. Wir warten die Zulassung der EMA am Freitag ab.

ZUSATZFRAGE TIEDE: Ich habe mit den Experten geredet und weiß, dass AstraZeneca erhebliche Probleme bei der Zulassung hatte, weil eben genau Tests mit über 65-Jährigen fehlten. Sie sind wirklich nur im Prozentbereich getestet worden. Soweit habe ich die Studien tatsächlich ausgewertet. Von daher bleibt die Frage, ob man erwartet, dass man da etwas ändern muss?

KAUTZ: Ich kann das wiederholen, was ich gerade gesagt habe. Wir warten die Zulassung von der EMA ab.

FRAGE MISSLBECK: Ich habe eine Frage zum Thema Schutzausrüstung. Die Bundeszahnärztekammer beklagt aktuell wieder einen Mangel an Schutzmaterial, konkret das Fehlen von Handschuhen. Angesichts des bevorstehenden chinesischen Neujahrsfestes werden weitere Engpässe befürchtet. Wie viele Reserven hat der Bund? Wird ausreichend Mengenmaterial aus deutscher Produktion erwartet, das einen möglichen Ausfall aus China abfedern könnte?

KAUTZ: Auch das würde ich nachliefern. Ich glaube, die Zahlen kann man in so einer BPK nicht alle parat haben.

FRAGE JUNG: Meine Frage richtet sich an das BMAS, gegebenenfalls an Herrn Seibert. Gibt es Neuigkeiten in Sachen Maskenzuschuss bzw. kostenlose Masken für Bedürftige?

STS SEIBERT: Hier gilt aus meiner Sicht die Aussage vom vergangenen Freitag das ist ja noch nicht so lange her , dass sich die Bundesregierung schnell darüber verständigen, das Thema beraten und dann auch schnell eine Entscheidung fällen wird.

EHRENTRAUT: Ich kann das, was Herr Seibert gesagt hat, nur bestätigen. Der Minister hat am Wochenende noch einmal deutlich gemacht, dass es richtig ist, jetzt zügig einen Zuschuss für coronabedingte Belastungen zur Verfügung zu stellen. Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck an entsprechenden Konzepten. Über diese werden wir innerhalb der Bundesregierung beraten und zeitnah einen Beschluss fassen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Mit welchem Konzept gehen Sie an dieses Thema? Es gibt in einigen Bundesländern ja jetzt schon Zuschussvarianten, die teils absurd sind. In Hamburg plant man zehn Euro pro Monat für Masken. Da kommt man selbst mit den billigen OP-Masken nicht hin, die man am besten täglich wechseln sollte. Was ist Ihr Plan? Eine höhere Geldsumme oder einfach 30 Masken pro 30 Tage oder Ähnliches?

EHRENTRAUT: Wir arbeiten, wie gesagt, an Konzepten, und diese Arbeiten dauern an. Ich bitte um Verständnis, dass das Ergebnis dieser Arbeiten abzuwarten bleibt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie schnell wollen Sie eine Lösung finden? Herr Seibert meinte ja auch, dass das jetzt zügig gehen soll.

EHRENTRAUT: Sehr zeitnah.

ZUSATZFRAGE JUNG: Diese Woche?

EHRENTRAUT: So schnell wie möglich.

FRAGE DR. KELLER: Wird das schon am Mittwoch ein Thema im Kabinett sein?

EHRENTRAUT: Das kann ich heute noch nicht sagen.

ZUSATZFRAGE DR. KELLER: Wird wie bei den ersten Gutscheinaktionen in Bezug auf die FFP2-Masken wieder an Vordrucke der Bundesdruckerei gedacht?

EHRENTRAUT: Noch einmal: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man diese coronabedingten Belastungen abfedern kann. Wie wir das am Ende umsetzen, ist eben derzeit Gegenstand der Arbeiten und der Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung.

ZUSATZFRAGE DR. KELLER: Was hält die Bundesregierung von der Forderung vieler Sozialverbände, Hartz IV auf mindestens 600 Euro zu erhöhen?

EHRENTRAUT: Noch einmal: Es geht jetzt grundsätzlich darum, zu klären, wie diese coronabedingten Härten abgefedert werden können. Das werden wir innerhalb der Bundesregierung besprechen.

FRAGE REITSCHUSTER: Eine Frage an das Gesundheitsministerium und gegebenenfalls an das Familienministerium. Im September gab es eine Anhörung in der Kinderkommission des Bundestages, wo Experten gesagt haben, es grenze an Kindeswohlgefährdung, wie mit Kindern in der Pandemie umgegangen werde. Ich habe im November hier gefragt, was für konkrete Schritte gemacht werden. Damals gab es noch keine Auskunft zu dem Thema. Deshalb die Frage: Was ist in der Zwischenzeit, in diesen zwei Monaten, in puncto Monitoring der Auswirkungen auf Kinder und in puncto Schutzmaßnahmen geschehen, was gerade Kinder in bedrohten Familien und in einem gefährdeten sozialen Umfeld betrifft?

KAUTZ: Die Auswirkungen der Coronamaßnahmen werden natürlich wissenschaftlich begleitet. Diese wissenschaftlichen Studien werden vom RKI zusammengefasst und ausgewertet. Ich kann Ihnen hier keinen Sachstand dazu sagen. Was solche Fragen angeht, Herr Reitschuster, wäre es eigentlich besser, wenn wir das bilateral besprechen würden. Es ist ja klar, dass ich hier jetzt nicht eine Studienlage darlegen kann.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Es ging nicht nur um die Studienlage, sondern auch um konkrete Schritte. Dafür ist die Politik zuständig. Das müssten Sie ja wissen, wenn Sie konkrete Schritte gemacht haben. Das ist eigentlich der wesentlichere Punkt, der, glaube ich, auch Kinder und Eltern mehr interessiert.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Die Frage an das Familienministerium

ZURUF REITSCHUSTER: Keine Antwort?

KAUTZ: Ich habe geantwortet, was ich zu antworten habe.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Das Familienministerium schaut zu, ist aber heute nicht da. Insofern liefert das Ministerium die Antwort bestimmt nach.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Frage zum Thema Homeoffice, die sich vielleicht an Herrn Seibert richtet. Die Bundesregierung geht mit den Ministerien bei der Durchführung von Homeoffice voran. Auf anderen Ebenen der öffentlichen Verwaltung, die ja auch Vorbild sein müssen, sieht es nach vorliegenden Umfragen und Studien relativ finster aus. Weil die Hardwareausstattung in kommunalen Verwaltungen oder auch in Landesverwaltungen fehlt, sind teilweise nur 15 Prozent von 50 möglichen Prozent der Arbeitnehmer im Homeoffice. Gibt es irgendeine Form der Unterstützung, die seitens des Bundes geleistet werden kann, dass auch auf den unteren Ebenen öffentlicher Verwaltung Homeoffice praktiziert werden kann?

Viele Bürger werden nicht sagen „Das macht die Bundesregierung prima“, sondern für sie sind Beamte Beamte. Wenn das in der öffentlichen Verwaltung nicht vorbildhaft funktioniert, ist es ihnen egal, ob es Landes-, Bundesbeamte oder Beamte auf kommunaler Ebene sind. Was kann die Bundesregierung aus ihrer Vorbildrolle sozusagen nach unten weitergeben?

STS SEIBERT: Zunächst einmal ist klar, dass der dringende Aufruf, wo immer es möglich ist, Homeoffice zu ermöglichen, nicht nur für die Unternehmen gilt, wo wir jetzt ja eine Verpflichtung eingeführt haben, sondern dass auch für alle staatlichen Bereiche gilt, wo immer es möglich ist, Homeoffice zu ermöglichen. Ich kann jetzt hier nur für die Bundesregierung sprechen. In der Tat ist das in den Ministerien, auch im Bundespresseamt, bereits ganz, ganz überwiegend durchgesetzt und das nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Monaten.

Es bleibt natürlich bei der föderalen Aufteilung, dass es Ämter und Behörden gibt, die nicht im Bundeszugriff sind, sondern die den Kommunen und den Ländern unterstehen. Natürlich muss auch dort dafür gesorgt werden, dass Homeoffice möglich ist. Diese Aufforderung gilt für alle, denn wir müssen es ja insgesamt schaffen und nicht nur in einigen Sektoren der Gesellschaft , die Kontaktzahl zu reduzieren, um die Ansteckungsmöglichkeiten zu verringern.

Was die konkrete digitale Ausstattung in der ganzen Breite der deutschen Verwaltung betrifft, kann ich jetzt hier keine Aussagen machen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das Ansehen der Bundesregierung im Coronamanagement derzeit ist laut Angaben des aktuellen ARD-DeutschlandTrends schlechter als im vergangenen Jahr. Ich glaube, mehr als die Hälfte der Befragten 54 Prozent sind nicht zufrieden damit. Was sagen Ihre eigenen Umfragen dazu? Worin sehen Sie die Ursachen für diesen Rückgang der Akzeptanz?

STS SEIBERT: Sie wissen ja, dass ich hier grundsätzlich nicht über Umfragen spreche und auch nicht das Handeln der Bundesregierung aus Umfragen begründe. Wir sind in dieser zweiten Welle in einer schwierigen Situation. Wir waren im Sommer in einer viel, viel kommoderen Situation, was die Pandemie betrifft. Jetzt sind wir in einer sehr schwierigen Situation. Es gibt, wie ich es am Anfang dargestellt habe, jetzt eine ganze Menge Indikatoren, die hoffnungsvoll stimmen und die uns zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben im Hintergrund die dunkle Wolke einer sehr ernsthaften Gefahr, nämlich der Mutante.

Natürlich stimmt es, dass das Menschen auch verunsichert. Die Pandemie dauert nun auch schon sehr lange. Trotzdem ist es wichtig, dass wir als Gesellschaft möglichst zusammenbleiben, möglichst gemeinsam handeln und möglichst an einem Strang ziehen und diese nächsten Monate, die tatsächlich noch zu den schwierigen gehören, gemeinsam überstehen. Dann wird sicherlich sehr vieles besser werden.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Aber grundsätzliche Selbstkritik am Regierungshandeln, das für einen solchen Rückgang der Akzeptanz, der Zufriedenheit verantwortlich wäre oder beiträgt, hätten Sie jetzt nicht?

STS SEIBERT: Noch einmal: Ich gehe jetzt hier nicht auf Umfragen ein; das tue ich grundsätzlich nicht.

Die Bundesregierung überprüft ständig und laufend ihr Handeln und passt es auch neuen Realitäten und neuen Erkenntnissen an.

FRAGE HOENIG: Herr Seibert, wie bewertet die Kanzlerin Forderungen aus verschiedenen Bundesländern, die Schulen und Kitas ab Anfang Februar schrittweise zu öffnen?

STS SEIBERT: Zunächst einmal ist es wirklich erst ein paar Tage her letzten Dienstag vor noch nicht einmal einer Woche , dass Bund und Länder gemeinsam Beschlüsse erzielt haben, die auch von allen mitgetragen werden. Diese Beschlüsse, auch zu Schulen und Kitas, sind natürlich erst einmal um- und durchzusetzen.

Wenn die Infektionszahlen eine Lockerung ermöglichen auch darüber gab es absolute Einigkeit zwischen Bund und Ländern , werden Schulen und Kitas als erstes wieder geöffnet. Das hat ja auch die Bundeskanzlerin hier, glaube ich, explizit gesagt. Aber um dieses Ziel der Öffnung zu erreichen, müssen wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen und erst einmal das konsequent umsetzen, was wir wie gesagt, erst vor wenigen Tagen gemeinsam beschlossen haben. Die Länder haben in ihrem Zuständigkeitsbereich eine große Verantwortung. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sie dieser auch nachkommen werden.

Ansonsten sehen wir jetzt einmal, wie sich die Zahlen entwickeln. Ich habe es am Anfang gesagt: Wir sind auf einem hoffnungsvollen Pfad. Doch es gibt auch eine große Gefahr, die uns vieles von diesem hoffnungsvollen Pfad kaputtmachen könnte. Also müssen wir schauen, wo wir in ein, zwei Wochen stehen.

FRAGE HELLER: Wie viel an deutschen Steuergeldern haben die verschiedenen Impfstoffproduzenten im Vorfeld für Forschung, Entwicklung und Produktionsaufbau bekommen?

KAUTZ: Das betrifft Vertragsinhalte, die ich hier nicht öffentlich machen kann.

FRAGE JOPPA: Ich habe eine Frage zum Thema Klinikschließungen. Das Bündnis Klinikrettung berichtet von 20 Krankenhausschließungen im Jahre 2020. Betroffen seien 2144 Betten und 4000 Stellen. Kann die Bundesregierung diese Meldung bestätigen?

KAUTZ: Da ich diese Meldung nicht kenne, kann ich sie auch nicht bestätigen.

FRAGE JUNG: Ich habe noch eine Frage zur „No Covid“-Strategie. Dazu haben sich das Kanzleramt sowie der Gesundheitsminister ja schon positioniert. Ich würde gerne vom Wirtschaftsministerium und Finanzministerium wissen, wie Ihre Minister bzw. Ihre Häuser zur „No Covid“-Strategie stehen. Die Kanzlerin bzw. das Kanzleramt scheinen ja eher damit zu sympathisieren, Herr Spahn hat das abgelehnt. Wie stehen Ihre Häuser dazu? Das ist ja interessant; die „No Covid“-Strategie wurde ja unter anderem auch vom ifo Institut und Herrn Fuest unterschrieben.

DR. BARON: Vonseiten des Wirtschaftsministeriums kann ich den Stellungnahmen vonseiten des Bundeskanzleramtes und des Bundesgesundheitsministeriums nichts hinzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die haben ja unterschiedliche Haltungen. Welche haben Sie?

DR. BARON: Das fällt, wie gesagt, nicht in den Themenbereich unseres Hauses. Deshalb muss ich dafür an die Kollegen verweisen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Beschäftigen Sie sich nicht damit? Das hat ja auch erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft. Dazu müssen Sie doch eine Position haben.

Die Frage geht, wie gesagt, auch an das Finanzministerium.

DR. BARON: Ich habe dazu gesagt, was ich dazu sagen kann.

DR. KUHN: Ich kann mich der Kollegin vom Bundeswirtschaftsministerium eigentlich nur anschließen. Dafür gibt es ja die Runde der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin, und in der ist der Bundesfinanzminister ja auch dabei. Dort wird die Strategie für die Bekämpfung und Bewältigung der Coronapandemie besprochen, sowohl wirtschaftlich als auch gesundheitlich. In diesem Rahmen werden die Diskussionen geführt.

FRAGE REITSCHUSTER: Zur vorherigen Frage: Die Frage betraf die Schließung der Krankenhäuser. Ich hatte das vor ein paar Wochen auch schon einmal gefragt. Da wird jetzt völlig ausweichend geantwortet. Man sagt nichts dazu. Ist es in einer Pandemie nicht so, dass sich das Gesundheitsministerium doch zumindest damit befassen müsste, wenn Krankenhäuser geschlossen werden, wenn es Probleme mit der Kapazität an Intensivbetten gibt? Warum antworten Sie darauf ausweichend? Dazu müssten Sie doch eine Meinung haben oder auch etwas tun, damit die nicht geschlossen werden. Ich verstehe also dieses Ausweichen und Nichtbeantworten in so einer Lage, in der die Menschen wirklich massiv auf Krankenhausbetten angewiesen sind, nicht.

KAUTZ: Herr Reitschuster, ich kenne in der Tat diese Meldung nicht. Sie wissen vielleicht, dass die Krankenhausplanung eine Aufgabe der Länder ist. Insofern ist das Teil deren Verantwortung.

Ganz unabhängig von dieser Pandemie müssen eine Krankenhausschließung oder Bettenschließungen nicht per se negativ sein, sondern sind eigentlich nur Ausdruck dessen, dass es eine Bereinigung auf dem Krankenhausmarkt gibt. Die findet schon seit Jahren statt. Wir sorgen in der Coronakrise mit entsprechenden Förderprogrammen dafür, dass die Krankenhäuser Betten vorhalten können, vor allen Dingen Intensivbetten. Bislang ist das gut gelungen.

FRAGE DR. RINKE: Ich wollte Herrn Seibert fragen, wie seine so habe ich ihn verstanden mehrfache Warnung, dass man nicht zu früh von diesem Coronakurs abbiegen dürfe oder ihn beenden dürfe, zu verstehen ist, wenn gleichzeitig der Kanzleramtschef sagt, dass man mit den Ländern über Lockerungen rede. Was genau ist dann also mit den Bundesländern im Gespräch, wenn man von diesem Pfad jetzt nicht abweichen darf?

STS SEIBERT: Es ist ja auch ein Beschluss, den Bund und Länder am vergangenen Dienstag gefasst haben, dass man bis zu dem Datum ich glaube, es ist der 15. Februar gemeinsam über Öffnungsstrategien spricht. Insofern geschieht damit genau das, was sich Bund und Länder gemeinsam vorgenommen haben. Es ist eigentlich auch klar, dass es dabei um Öffnungsstrategien gehen muss, die so gestaltet sind, dass man nicht in ein permanentes jo-johaftes Auf-Zu-Auf-Zu kommt, sondern dass man Öffnungen so gestaltet, dass sie möglichst nicht nach kurzer Zeit wieder zurückgenommen werden müssen, was ja zu großer Verunsicherung führen würde, wie zum Teil in anderen Ländern zu beobachten war. Das heißt, diese Gespräche laufen so wie beschlossen. Ich kann Ihnen hier keine Einzelheiten nennen. Aber so eine Strategie will natürlich gut überlegt sein und muss auch in verschiedenen Stufen aufgebaut sein.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Wird diese Strategie dann auch an Zahlen geknüpft, an 50, 25 oder 0?

STS SEIBERT: Die wird sicherlich an Bedingungen geknüpft, vor allem auch an die Bedingung, dass unser öffentliches Gesundheitssystem, also die Gesundheitsämter, auch wieder in der Lage sein sollen, Infektionsketten wirklich nachhaltig aufzuspüren und zu unterbrechen; denn das würde uns eben in eine einigermaßen sichere Situation bringen. An welchem Inzidenzwert man das nun festmacht, ist sicherlich Teil der Gespräche. Einzelheiten darüber kann ich hier nicht berichten.

FRAGE LINDNER: Ich habe eine Frage an das Innenministerium. Es geht um die AfD. Es gab in der vergangenen Woche Medienberichte darüber, dass Ihr Haus einen mehrere 100 Seiten langen Bericht bezüglich der AfD prüfe, der durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vorgelegt wurde. Ich würde gerne wissen, ob diese Prüfung tatsächlich stattfindet und ob Sie den Eindruck teilen, dass dieser Bericht eine Heraufstufung der AfD zum Verdachtsfall befürwortet.

VICK: Mit Blick auf das laufende Gerichtsverfahren beim Verwaltungsgericht Köln äußern wir uns in dieser Angelegenheit nicht öffentlich.

FRAGE AM ORDE: Wird es in dieser Woche noch eine Entscheidung bezüglich der möglichen Einstufung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz geben?

Wie schätzt das BMI die juristische Lage am Verwaltungsgericht Köln ein? Welche Konsequenzen zieht das Amt daraus?

VICK: Ich kann, wie gesagt, lediglich bestätigen, dass die AfD beim Verwaltungsgericht Köln Eilanträge gestellt hat. Aber ansonsten habe ich dem nichts hinzuzufügen.

FRAGE JUNG: Spielt es für Sie irgendeine Rolle, dass der Vorgänger des jetzigen Bundesverfassungsschutzpräsidenten, Herr Maaßen, bzw. seine Kanzlei die rechtliche Betreuung der AfD in diesem Fall übernimmt? Darf er das eigentlich?

VICK: Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

FRAGE DR. RINKE: Ich hätte eine Frage, die sich sowohl an Herrn Seibert als auch an Frau Adebahr richtet. Es gab jetzt wiederholt Forderungen und auch eine Entschließung des Europäischen Parlaments, dass man wegen der Verhaftung von Herrn Nawalny jetzt auch an ein Ende von Nord Stream 2 oder an ein Moratorium denken solle. Die Kanzlerin hatte letzte Woche etwas dazu gesagt. Aber danach gab es ja neue Forderungen und vor allem Vorfälle. Deswegen hätte ich ganz gerne gewusst, ob die Position der Bundesregierung, an diesem Projekt festzuhalten, unverändert ist oder ob sich da ein Nachdenkprozess ergibt.

STS SEIBERT: Vielleicht darf ich das Stichwort Nawalny aufnehmen, um für die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin hier noch einmal etwas zu den Ereignissen in ganz Russland am Wochenende zu sagen. Die Bundesregierung verurteilt das ganze unverhältnismäßig harte Vorgehen der russischen Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten und verurteilt die Gewaltanwendung, die gegen friedlich demonstrierende Bürger verübt worden ist. Die russischen Bürgerinnen und Bürger, die da landesweit in mehr als 100 Städten auf die Straße gegangen sind, können sich auf Rechte berufen, die in der russischen Verfassung verbrieft sind, die in internationalen Menschenrechtsverträgen verbrieft sind. Insofern sind die Verhafteten unverzüglich auf freien Fuß zu setzen.

Dieses Vorgehen der russischen Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten ist leider ein weiteres Beispiel für den äußerst problematischen Umgang mit Andersdenkenden in der Russischen Föderation. Das Recht auf freie Meinungsäußerung muss auch in der Russischen Föderation gewährleistet sein, entsprechend den Prinzipien von OSZE und Europarat.

Insofern fordert die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die russische Regierung noch einmal auf, auch Herrn Nawalny unverzüglich freizulassen und die Umstände des Chemiewaffenmordanschlags auf sein Leben, der auf russischem Boden stattfand, vollumfänglich aufzuklären.

ZUSATZ DR. RINKE: Entschuldigung, aber jetzt haben Sie meine Frage nicht beantwortet.

STS SEIBERT: Ich wollte, weil das ja ein separates Thema ist, das erst einmal vorwegstellen.

Zu Nord Stream 2: Wir haben die Forderung des Europäischen Parlaments bezüglich dieses Themas zur Kenntnis genommen. Die europäischen Außenminister beraten ja heute in Brüssel, wie sie sich bezüglich der Ereignisse in Russland am Wochenende verhalten. Die bisherigen Sanktionen, die im Oktober in Kraft getreten sind, betreffen ja nicht Nord Stream, sondern sie betreffen Personen und Institutionen in direktem Zusammenhang mit dem Fall Nawalny, und einen direkten Zusammenhang zwischen dem Fall Nawalny und dem Projekt Nord Stream 2 besteht nicht.

Die Bundeskanzlerin hat sich hier in der vergangenen Woche zum Projekt Nord Stream 2 geäußert. Sie hat gesagt, dass sich ihre grundsätzliche Haltung und die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung nicht verändert hätten, und so ist es.

ADEBAHR: Was den Außenminister anbetrifft, hat er sich heute Morgen in Brüssel auch zu den Ereignissen am Wochenende geäußert und so, wie Herr Seibert es gerade dargestellt hat, auch noch einmal gesagt, dass rechtsstaatliche Prinzipien und das Recht auf freie Meinungsäußerung auch in Russland gelten müssen, dass es deshalb für friedlich Demonstrierende keinen Grund gibt, festgesetzt und verhaftet worden zu sein, und dass sie unverzüglich wieder freigelassen werden sollen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Gibt es denn aus Sicht des Außenministers einen Zusammenhang zwischen dem Fall Nawalny und Nord Stream 2?

ADEBAHR: Nein, auch unsere Position zu Nord Stream 2 hat sich nicht geändert.

FRAGE REITSCHUSTER: Herr Seibert, die russischen Behörden haben ja das Verbot der Demonstrationen mit Coronaschutz gerechtfertigt. Sie haben darauf verwiesen, dass in Westeuropa ja auch Demonstrationen wegen Corona verboten worden seien. Sehen Sie es auch ein bisschen selbstkritisch, dass man zum Beispiel durch Verbote in Deutschland, die es bei Demonstrationen wegen Corona ja gab, den russischen Behörden eine Steilvorlage für ihre Argumentation geliefert hat?

STS SEIBERT: Nein. Es gibt keine Steilvorlage für das Vorgehen russischer Behörden und vor allem gewalttätiger russischer Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten. Es gibt auch keine Rechtfertigung dafür.

FRAGE TIEDE: Auch noch einmal zu dem von Ihnen nicht hergestellten oder erkannten Zusammenhang zwischen dem Fall Nawalny und Nord Stream 2: Ist der Bundesregierung bekannt, dass sich der russische Staatshaushalt zu nahezu 50 Prozent unter anderem aus den Einnahmen aus den Gas- und Ölgeschäften vorwiegend in Westeuropa speist und dass der nationale Inlandsgeheimdienst FSB dann aus diesem Staatshaushalt, der also zu fast der Hälfte aus Einnahmen der Öl- und Gasgeschäfte Russlands gespeist wird, bezahlt wird, dass auch Nowitschok mit dem Geld entwickelt wird und dass die Leute, die das beim FSB weiterentwickeln und die dann auch die Agenten schulen, eben aus diesem Staatshaushalt bezahlt werden?

Bleibt die Bundesregierung angesichts dessen bei der Darstellung, dass es sich bei dem Gazprom-Geschäft um ein rein wirtschaftliches Projekt von Firmen handelt, obwohl Gazprom eine staatliche Firma ist und obwohl Gazprom mit seiner Tochter Gazprom-Media der größte Medienkonzern Russlands ist und in den ein Großteil der bis dahin freien Presse zwangseingegliedert worden ist?

STS SEIBERT: Die Bedeutung von Rohstoffexporten für die russische Wirtschaft ist der Bundesregierung bekannt.

ZUSATZFRAGE TIEDE: Und auch für den Staatshaushalt? Sie sagen ja, es gebe keinen Zusammenhang zwischen diesen beiden Sachen. Der Mann ist aber staatlicherseits vergiftet worden.

STS SEIBERT: Unsere Forderungen und unsere Haltung im Fall Nawalny sind doch sehr klar, und ich hoffe, wir haben sie gerade auch noch einmal klar gemacht.

FRAGE PAULI: An Herrn Seibert: Wie hat die Bundeskanzlerin die Berichte über die Äußerungen von Thüringens Ministerpräsident Ramelow aufgenommen, der bei Clubhouse, also einem halböffentlichen Raum, von „Merkelchen“ spricht und erzählt, dass er während der Bund-Länder-Runde auf seinem Handy „Candy Crush“ spielt?

STS SEIBERT: Das steht für sich und bedarf keines weiteren Kommentars.

FRAGE KUHN: Wie bewertet die Bundesregierung prinzipiell die Teilnahme von Regierungsmitgliedern oder hohen Ministeriumsmitarbeitern an Diskussionen auf der semiöffentlichen App Clubhouse? Gibt es hierfür Regeln?

STS SEIBERT: Ich denke, für uns alle gilt, dass das ein relativ neues Phänomen ist, das wahrscheinlich Sie, die Journalisten, und auch wir, die Vertreter der Bundesregierung, und alle anderen, die an der öffentlichen Kommunikation teilhaben, erst einmal beobachten und ausprobieren. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Es gibt erste Erfahrungen ich habe persönlich keine.

FRAGE HOENIG: Wie bewertet die Kanzlerin die Arbeitsatmosphäre bei den Beratungen in der Runde der Ministerpräsidenten?

STS SEIBERT: Nach vielen Ministerpräsidentenkonferenzen hat sie in der anschließenden Pressekonferenz ja gesagt, wie sie das empfunden hat, und darauf verweise ich.

FRAGE JUNG: Hat die Kanzlerin die Entschuldigung von Herrn Ramelow registriert?

STS SEIBERT: Ich habe dazu das Notwendige gesagt.

FRAGE FRIED: Herr Seibert, der neue US-Präsident hat nach seinem Amtsantritt inzwischen ja schon mit mehreren Staats- und Regierungschefs gesprochen, aber noch nicht mit der Bundeskanzlerin. Erste Frage: Ist da schon etwas avisiert, was Sie uns mitteilen könnten? Zweite Frage: Müssen wir irgendwelche Schlüsse daraus ziehen, dass wir in dieser Reihenfolge möglicherweise als Deutschland hinten anstehen müssen, was die internationale Bedeutung angeht, oder auch, was die Bedeutung der Bundeskanzlerin angeht, die ja nicht mehr so wahnsinnig lange im Amt sein wird?

STS SEIBERT: Erstens gebe ich hier grundsätzlich keine Auskunft über avisierte Telefonate, sondern nur über stattgefundene Telefonate. Wenn es soweit ist, werde ich Sie zum gegebenen Zeitpunkt sofort informieren. Zweitens würde ich daraus keine Schlüsse ziehen.

FRAGE KUHN: Welche Lehren zieht das Wirtschaftsministerium aus dem aktuellen Microchipmangel in der Autoindustrie, sowohl was die Standortpolitik angeht als auch mit Blick auf globale Lieferketten?

DR. BARON: Vielen Dank für die Frage. Es ist richtig, dass es bei den Produktionskapazitäten von asiatischen Halbleiterherstellern aktuell sehr hohe Auslastungen gibt. Deshalb beobachten wir die Lage im Markt auch sehr genau und befinden uns im Austausch mit der Automobilindustrie, aber auch mit dem taiwanesischen Wirtschaftsministerium.

Entscheidend ist aber, dass wir mittelfristig die Kapazitäten in Deutschland und in Europa stärken. Dazu gibt es auch bereits ein laufendes und ein avisiertes Projekt. Es gibt bereits seit einigen Jahren ein sogenanntes IPCEI-Projekt Mikroelektronik. Da stellen wir eine Milliarde Euro bis 2023 für Investitionen und Innovationen zur Verfügung und unterstützen dabei auch 18 deutsche Unternehmen, die Teil dieses europäischen Projekts Mikroelektronik sind. Zum Beispiel gibt es auch Halbleiterfertigung in Dresden. Wir arbeiten aktuell auch an einem weiteren Projekt zum Thema Mikroelektronik, das wir im Kontext der europäischen Ratspräsidentschaft angestoßen hatten. Denn es muss natürlich das Ziel sein, mittelfristig die Produktion in Deutschland und Europa zu stärken.

FRAGE DR. RINKE: Frau Baron, können Sie vielleicht noch etwas zu den Auswirkungen sagen, die diese Lieferengpässe im Moment haben? Ist dem Wirtschaftsministerium bekannt, dass deutsche Automobilhersteller Produktionen verlangsamen oder herunterfahren müssen, weil die nötigen Halbleiter fehlen?

DR. BARON: Konkrete Auswirkungen kann ich hier nicht quantifizieren oder beziffern. Es gibt im Markt eine angespannte Lage, weil die Produktionskapazitäten im asiatischen Raum eben stark ausgelastet sind. Wie sich das auf einzelne in Deutschland auswirkt, müssten Sie die jeweiligen Unternehmen fragen, da jedes Unternehmen natürlich andere Vertragsbeziehungen hat, zu denen ich hier keine Auskunft geben kann.

FRAGE JENNEN: An das Wirtschaftsministerium und das Außenministerium: Es ist ja ein Brief an die taiwanesische Regierung herausgegangen. Gibt es eine neue Position oder Haltung der Bundesregierung hinsichtlich des Status von Taiwan? Wird Taiwan jetzt als unabhängiger Staat, als souveräner Staat angesehen?

Ist dieser Brief mit dem Außenministerium abgestimmt worden?

DR. BARON: Wie gesagt, zu Einzelheiten von Korrespondenz nehme ich hier keine Stellung. Ich sage Ihnen nur: Wir sind dazu im Austausch mit dem taiwanesischen Wirtschaftsministerium. Im Übrigen gebe ich keine Auskunft zu Korrespondenz im Einzelnen.

Ja, zu allen Fragen, die außenpolitische Relevanz haben, stimmen wir uns natürlich auch mit dem Auswärtigen Amt ab.

Zu Ihrer ersten Frage müsste ich an die Kollegin des Auswärtigen Amts verweisen.

ADEBAHR: Die Haltung der Bundesregierung zu Taiwan hat sich nicht geändert.

ZUSATZFRAGE JENNEN: Ist es denn üblich, dass die Bundesregierung direkt in Kontakt mit der taiwanesischen Regierung tritt und nicht über China geht?

ADEBAHR: Wie gesagt die Kollegin hatte schon darauf hingewiesen , zu Einzelheiten von möglicher Kommunikation nehmen wir hier keine Stellung. Wenn wir da etwas nachreichen können, dann machen wir das gerne.

FRAGE DR. RINKE: Frau Adebahr, vielleicht ein bisschen genereller gefragt, unabhängig davon, ob es diesen Brief gab oder nicht: Was genau ist denn nach der Ein-China-Politik die Vereinbarung, welche Minister dürften mit welchen Vertretern der taiwanesischen Regierung Kontakt haben? Außenminister wahrscheinlich nicht, Kanzlerin nicht was ist mit einem Wirtschaftsminister, ist das im Bereich des Möglichen oder wäre das ungewöhnlich?

ADEBAHR: Wenn es da eine protokollarische Regel gibt, die wir uns gegeben haben sollten, dann müsste ich das nachreichen und würde das natürlich auch tun. Im Grundsatz ist unsere Politik unverändert und so, wie Sie sie kennen.

FRAGE DR. KELLER: Eine Frage zur sofortigen steuerlichen Absetzbarkeit von Laptops: Die Landeswirtschaftsminister fordern unter Federführung Baden-Württembergs, dass schon für 2020 gelten zu lassen. Was hält das Finanzministerium davon?

DR. KUHN: Der Minister hat sich zu diesem Thema schon geäußert, so wie das auch mein Kollege hier in der Bundespressekonferenz schon wiederholt getan hat. Wir wollen mit der Maßnahme die Digitalisierung in unserem Land vorantreiben und das über das Steuerrecht schnell, gezielt und unbürokratisch machen. Es geht darum, dass digitale Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 1. Januar 2021 sofort abgeschrieben werden sollen. Das ist der Vorschlag. Das soll untergesetzlich erfolgen. Dazu sind wir jetzt im Gespräch mit den Bundesländern. Das erfolgt im Rahmen eines sogenannten BMF-Schreibens, und da werden jetzt, so wie mein Kollege das hier auch schon gesagt hat, die Einzelheiten mit den Bundesländern abgestimmt. Das ist der Stand, den ich dazu berichten kann.

FRAGE ANGERER: An das Innenministerium: Laut einem Zeitungsinterview von letzter Woche sieht sich der baden-württembergische Verfassungsschutz mit der Beobachtung der „Querdenker“-Bewegung bestätigt und sieht dort Verbindungen zu Reichsbürgern und Rechtsextremisten. Gibt es dazu im Innenministerium und auch aus anderen Teilen der Bundesrepublik weitere Erkenntnisse?

VICK: Wie wir uns hier bereits geäußert haben, sind die Sicherheitsbehörden hellwach und haben alle Entwicklungen im Blick. Wir haben immer gesagt, dass diese Bewegung heterogen zusammengesetzt ist. Nach meinem Kenntnisstand ist dem nichts hinzuzufügen.

FRAGE PAPPAS: An das Auswärtige Amt zu dem Konflikt um die Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer: Die Türkei und Griechenland haben heute bilaterale Sondierungsgespräche aufgenommen. Die Bundeskanzlerin und der Außenminister haben in diesem Konflikt vermittelt.

Erste Frage: Was erwartet die Bundesregierung von den Sondierungsgesprächen?

Zweite Frage: Werden die Bundeskanzlerin und das Auswärtige Amt beim Erdgasstreit im östlichen Mittelmeer weiter vermitteln?

ADEBAHR: Wir freuen uns, dass die direkten Gespräche, die ja seit 2016 unterbrochen waren, heute wieder aufgenommen werden. Ja, wir haben das auch im Rahmen unserer Ratspräsidentschaft sehr unterstützt und darauf hingewirkt, dass solche direkten Gespräche stattfinden? Der Außenminister ist vergangene Woche extra noch einmal in Ankara gewesen und hat dort unsere Unterstützung zugesagt.

Welche Gesprächsthemen, welche Lösungen und welche Schritte dort jetzt vereinbart werden, ist Sache der Parteien, und ich glaube, wir tun auch gut daran, da im Moment nicht von außen, von der Seitenlinie, in einen beginnenden Prozess hinein zu kommentieren. Gesprächsgegenstände und alles Weitere sollen die beiden Parteien vielmehr mit sich ausmachen. Wir hoffen das ist, glaube ich, die richtige Richtung dass wieder gegenseitiges Vertrauen, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit aufgebaut werden kann, sodass man dann miteinander eine gute Lösung im Rahmen des Völkerrechtes das ist da ja der Parameter findet.

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