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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 27. Januar 2021

Themen: Kabinettssitzung (Jahreswirtschaftsbericht 2021, Datenstrategie, Verzicht auf die Erstattung von Auslagen der Bundesbehörden in der SARS-CoV2-Pandemie für die bei Ländern und Kommunen geleistete Amtshilfe), COVID-19-Pandemie (Lockerung der Maßnahmen, Impfstoff von AstraZeneca, Beratungen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer, Reisebeschränkungen, Masken für Bedürftige, PCR-Tests, Impfverordnung, mögliches Unterstützungsersuchen Portugals, Stand der Verbreitung von Virusmutationen in Deutschland, Impfung von Mitgliedern der Bundesregierung und von Mitarbeitern der Bundesministerien, Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu möglichen Lockerungen von Maßnahmen, sterile Immunität nach einer Impfung), geplante Reform des Urheberrechts, geplantes Lieferkettengesetz, Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter des Bundesverkehrsministeriums, Regeln für Mitglieder der Bundesregierung für die Verwendung der App Clubhouse, Position Deutschlands zur Interimspräsidentschaft von Juan Guaidó in Venezuela, Sudan-Partnerschaftskonferenz, mögliches Darlehen für die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, Deutscher Aufbau- und Resilienzplan, Beendigung der Zusammenarbeit zwischen Hans-Georg Maaßen und der Anwaltskanzlei Höcker, Inhaftierung Alexej Nawalnys in Russland

Naive Fragen zu:
Corona
– Warum war das Thema Masken für Bedürftige heute nicht im Kabinett? Frau Demmer, Sie sagten ja, es müsse das Nötigste getan werden. Auch die Bundesregierung scheint sich ja einig zu sein, dass das Nötigste getan werden muss. Kann das BMAS begründen, warum Sie es nicht geschafft haben, das jetzt ins Kabinett zu bringen?
– Frau Demmer, Sie sagten, Bedingung für Lockerungen sei erstens, dass die Gesundheitsämter wieder die Kontakte nachverfolgen können müssen, und zweitens, dass die Inzidenzzahl unter 50 sinkt. Das heißt, wenn die Inzidenzzahl zum Beispiel bei 49 ist, können die Gesundheitsämter aus Ihrer Sicht wieder Kontakte nachverfolgen?
– Ich hatte die Frage auch an das BMAS gestellt. Frau Demmer hat ja auch noch gesagt, dass Sie dazu vielleicht ein bisschen mehr sagen könnten.
– Frau Demmer, Sie redeten gerade von hilfsbedürftigen Menschen in der Grundsicherung, aber es gibt ja auch bedürftige Menschen, die nicht in der Grundsicherung sind, etwa Studierende, Minijobber, Soloselbstständige, die gerade auch kein Geld haben. Was ist mit denen?
– Habe ich es richtig verstanden, dass das Kanzleramt an Verschärfungen denkt und nicht an Lockerungen, Frau Demmer?

AfD/Verfassungsschutz
– Mir geht es um den Bundesverfassungsschutz. Ich hatte danach am Montag schon gefragt, Frau Vick. Sie haben uns immer noch keine Nachreichung geschickt, wie Sie versprochen haben. Das möchte ich anprangern. Gleichzeitig gab es ja auch eine diesbezügliche Entwicklung. Herr Maaßen hat sein Mandat bei der Kanzlei, die die AfD im Klageverfahren gegen den Bundesverfassungsschutz vertritt, beendet. Wie bewerten Sie das? Teilen Sie die Rechtsauffassung, die jetzt gemeinhin geäußert wird was Sie angeht, warte ich ja noch darauf , dass, wenn Herr Maaßen während seiner Amtszeit als Bundesverfassungsschutzpräsident mit der Prüfung einer möglichen Verfassungswidrigkeit der AfD befasst gewesen wäre, seine Kanzlei an sich das AfD-Klageverfahren nicht hätte annehmen dürfen?

 

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 27. Januar 2021:

SRS’IN DEMMER: Schönen guten Tag! Das Bundeskabinett hat heute den Jahreswirtschaftsbericht 2021 beschlossen, der den Titel „Coronakrise überwinden, wirtschaftliche Erholung unterstützen, Strukturen stärken“ trägt. Bundeswirtschaftsminister Altmaier wird Ihnen die Jahresprojektion der Bundesregierung für das Jahr 2021 sowie zentrale Inhalte des Jahreswirtschaftsberichts hier in der Bundespresskonferenz um 14.30 Uhr vorstellen. Deswegen will ich dem nicht großartig vorgreifen.

Nur so viel vorab: Die Coronapandemie stellt Unternehmen und Bürger vor große Herausforderungen. Der Jahreswirtschaftsbericht zeigt auf, dass die Bundesregierung mit umfangreichen fiskalischen Maßnahmen auf diese Herausforderungen reagiert hat. Die Bundesregierung hat die Wirtschaft stabilisiert und Arbeitsplätze gesichert. Insbesondere hat sie im Juni 2020 ein umfangreiches Konjunkturprogramm beschlossen, das in der Summe der Haushaltsansätze für 2020 und 2021 ein Volumen von 180 Milliarden Euro hat.

Sie haben vielleicht auch mitbekommen es gab heute Vormittag dazu schon eine ausführliche, live gestreamte Pressekonferenz mit dem Chef des Bundeskanzleramtes, Helge Braun , dass das Kabinett die Datenstrategie der Bundesregierung beschlossen hat.

Auch in der Pandemie stellen wir jeden Tag aufs Neue fest, welche Bedeutung Daten für unser alltägliches Leben als Person, als Gesellschaft sowie für unsere Wirtschaft und Wissenschaft haben, wenn wir sie innovativ und verantwortungsvoll nutzen. Gleichzeitig ist uns aber auch bewusst, welche individuellen Konsequenzen und gesellschaftlichen Folgen eine unethische Datennutzung haben kann. Mit ihren mehr als 240 Maßnahmen soll die Datenstrategie daher eine Innovationsstrategie für gesellschaftlichen Fortschritt und nachhaltiges Wachstum sein und Deutschland zum Vorreiter für die innovative und verantwortungsvolle Nutzung und das Teilen von Daten in Europa machen. Dafür hat das Kabinett heute vier Handlungsfelder beschlossen:

Zunächst sollen Dateninfrastrukturen leistungsfähig und nachhaltig ausgestaltet werden. Das beinhaltet Vorhaben, die das Fundament für eine moderne Datengesellschaft legen, also etwa digitale Infrastrukturmaßnahmen sowie Projekte, die ein lebendiges Ökosystem erzeugen, etwa Datenräume zum Beispiel für Mobilität oder Gesundheit.

Des Weiteren enthält die Datenstrategie Vorhaben, die dem Missbrauch von Daten entschieden entgegentreten und die verantwortungsvolle Datennutzung steigern.

Ein weiteres Ziel der Datenstrategie ist es, die Datenkompetenz in der breiten Bevölkerung, der Wirtschaft und Wissenschaft deutlich zu erhöhen und eine Datenkultur zu etablieren.

Nicht zuletzt haben wir uns auch selbst als Staat einige Hausaufgaben gegeben: Um für moderne Bürgerinnen und Bürger gute digitale Leistungen zu erbringen, muss sich die Verwaltung natürlich auch selbst neu aufstellen, die Dateninfrastruktur nachhaltig gestalten und die eigenen Datenkompetenzen verbessern.

Die gesamte Strategie in aller Ausführlichkeit finden Sie auf unserer Website bundesregierung.de.

Dann hat das Kabinett dem Antrag des Verteidigungsministeriums zugestimmt, dass die Bundeswehr und auch andere Bundesbehörden auf die Erstattung der Auslagen für Hilfeleistungen, die ihr im Wege der Amtshilfe bei der Bekämpfung der Coronapandemie entstanden sind, verzichten können. Das erlaubt die Bundeshaushaltsordnung, sofern ein dringliches Bundesinteresse vorliegt.

Die Pandemie wirkt sich spürbar in allen Bereichen des öffentlichen Lebens aus. Es liegt daher im Interesse Deutschlands, die hiermit verbundenen Schäden zu begrenzen und das Leben der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Das ist derzeit nur durch eine personelle Unterstützung durch Bundesbehörden und Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe möglich. Diese Regelung gilt rückwirkend vom 1. März 2020 und ist bis zum 31. Dezember 2021 begrenzt. Der Beschluss schafft damit eine gute Grundlage für ein einheitliches Vorgehen der amtshilfeleistenden Bundesbehörden und verbessert die Planungssicherheit für die Länder und Kommunen.

Das war der Bericht aus dem Kabinett.

FRAGE DR. RINKE: Frau Demmer, eine Frage in Sachen Amtshilfe, die Sie eben erwähnt haben. Können Sie uns sagen, mit welchen Kosten man in dem Zusammenhang rechnet?

SRS’IN DEMMER: Hier würde ich das zuständige Ressort um Amtshilfe bitten.

HELMBOLD: Ich möchte erst einmal mit der Bemerkung einsteigen, wie dankbar wir dafür sind, dass heute dieser Beschluss gefasst wurde. Die Bundeswehr steht für die Amtshilfe schnell und unkompliziert zur Verfügung. Die Verteidigungsministerin hat von Anfang an immer gesagt, dass diese Hilfen für Städte und Kommunen kostenlos sind. Es gab aber immer wieder Nachfragen und Unsicherheiten in Bezug auf die Kosten. Mit dem heutigen Kabinettsbeschluss sind die Unsicherheiten beseitigt.

Die Frage, wie die Kosten genau aussehen, ist sehr, sehr kompliziert. Zum einen ist natürlich das BMVg nur ein Teil derjenigen Behörden, die Amtshilfe leisten. Zum anderen gibt es Anteile von Kosten, die sozusagen ohnehin anfallen würden, beispielweise die Personalkosten derjenigen, die dort eingesetzt werden. Es gibt Kosten, die zusätzlich auflaufen. Diese im Moment zu beziffern vermag ich nicht; da bitte ich um Verständnis. Das wird hinterher im Rahmen der Aufarbeitung genau zu beleuchten sein. Im Moment kann ich Ihnen keine konkrete Zahl dazu nennen.

FRAGE SEILER: Eine Frage an Frau Demmer bzw. an das Bundeskanzleramt. Es gibt vermehrt Pläne der Länder, eine Lockerungsstrategie bereits ab einem Inzidenzwert von 100 zu verfolgen. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein will das zum Beispiel bei den nächsten Bund-Länder-Gesprächen vorschlagen. Wie steht das Bundeskanzleramt dazu, die Lockerungen schon ab einem Inzidenzwert ab 100 vorzunehmen? Werden solche Pläne Thema bei den nächsten Bund-Länder-Gesprächen sein?

SRS’IN DEMMER: Sie kennen die aktuellen Vereinbarungen und den Beschluss der letzten Ministerpräsidentenkonferenz. Bund und Länder sind natürlich ganz allgemein zur Situation und zur aktuellen Lage fortwährend im Austausch. Die Möglichkeiten der Lockerungen ergeben sich aus den Infektionszahlen und daraus, ob wir in der Lage sind, Kontaktketten nachzuvollziehen.

Wir sehen auf der einen Seite eine erfreuliche Entwicklung, dass nämlich die Zahlen sinken. Auf der anderen Seite haben wir es aber mit einer neuen Herausforderung zu tun, nämlich der Mutation des Virus. Hierbei gilt es, auf allen Ebenen zu versuchen, die Zahlen möglichst niedrig zu halten, denn so lassen sich die Mutation und die Folgen, die das hervorrufen könnte, begrenzen. Zunächst einmal bleibt es also dabei, dass das Ziel ist, die Zahlen zu begrenzen.

Die Bundeskanzlerin hat auch gesagt: Wenn wir das Ziel erreicht haben, Kontaktketten nachzuverfolgen, wenn wir den Inzidenzwert unter 50 gebracht haben, sind die ersten Lockerungsmöglichkeiten, die Schulen und Kitas wieder zu öffnen. Auf der anderen Seite ist es sicher im Interesse der Länder, jetzt schon Pläne zu erarbeiten, wie denn mögliche Lockerungen aussehen können. Aber darüber wird in der aktuellen Lage zu entscheiden sein.

ZUSATZFRAGE SEILER: Also bleibt der Bund bei einem Inzidenzwert von 50? Das Neue ist ja, dass der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern den Inzidenzwert von 100 für erste Lockerungen ins Gespräch gebracht haben.

SRS’IN DEMMER: Ich würde, wie gesagt, einzelne Äußerungen aus dem politischen Raum so nicht bewerten wollen. Das ist erst einmal die Lage der Dinge.

FRAGE HOENIG: Frau Demmer, AstraZeneca hat ein Krisentreffen mit der EU-Kommission platzen lassen. Wie bewerten Sie das Vorgehen von AstraZeneca? Welche Folgen hat diese Thematik für die Impfstrategie der Bundesregierung?

SRS’IN DEMMER: Wir haben hier ja schon mehrfach darüber gesprochen, aus welchen Gründen die Bundesregierung sich für eine gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen auf EU-Ebene entschieden hat. Auch die derzeitigen Diskussionen über Liefermengen des in diesem Fall im Moment noch gar nicht zugelassenen Impfstoffs von AstraZeneca zeigen, dass es richtig war, gemeinsam vorzugehen und als EU ein gemeinsamer Vertragspartner von AstraZeneca zu sein. Es zeigt eben auch, wie wichtig es war, hier auf mehrere und verschiedene Impfkandidaten zu setzen.

Klar ist aber auch: Die EU hat hier im großen Umfang investiert, um die weltweit ersten COVID-19-Impfstoffe zum Nutzen der Allgemeinheit, aber auch zum Nutzen der ganzen Welt zu entwickeln. Jetzt müssen Unternehmen entsprechend ihrer vertraglichen Vereinbarungen liefern. Auf jeden Fall ist es ein außerordentlich positives Zeichen um hier auch einmal positive Zeichen zu erwähnen , dass wir voraussichtlich in dieser Woche schon den dritten zugelassenen Impfstoff haben werden.

Was AstraZeneca konkret betrifft, so führt die EU-Kommission die Verhandlungen. Deshalb würde ich Sie bitten, Detailfragen an die EU-Kommission zu richten.

ZUSATZFRAGE HOENIG: Der Chef von AstraZeneca hat in einem Interview gesagt, sein Unternehmen sei vertraglich gar nicht zur Lieferung bestimmter Mengen verpflichtet, sondern es handele sich um eine „best-effort“-Vereinbarung, dass man sich also im besten Sinne bemühen soll. Haben Sie Kenntnis davon, dass das stimmt? Wenn das stimmt, hat sich die EU hier über den Tisch ziehen lassen?

SRS’IN DEMMER: Ich kann mich zu einzelnen Vertragsdetails hier nicht äußern und kenne aktuell die konkreten Äußerungen von AstraZeneca nicht. Deswegen würde ich Sie hierzu noch einmal an die EU verweisen.

FRAGE GAVRILIS: Eine Frage an das BMG. Sind laut Liefervertrag, den die Bundesregierung mit AstraZeneca abgeschlossen hat, Vertragsstrafen für den Fall einer Lieferverzögerung vorgesehen?

GÜLDE: Es ist so, wie Frau Demmer es schon gesagt hat: Die Vertragsverhandlungen liefen auf EU-Ebene. Ich kann mich zu einzelnen Lieferplänen jetzt nicht äußern. Wir geben Lieferpläne bekannt, wenn die Zulassung erfolgt ist. Das ist der aktuelle Sachstand dazu.

FRAGE LINDNER: Sind in den nationalen Lieferverträgen Sanktionen gegenüber AstraZeneca vorgesehen? Ist das korrekt?

GÜLDE: Noch einmal: Die Verträge selbst sind mit der EU-Kommission geschlossen worden. Insofern kann ich hinsichtlich Sanktionen keine Aussagen machen und würde Sie bitten, sich an die EU-Kommission zu wenden.

Grundsätzlich ist es so: AstraZeneca hat sich mit der EU-Kommission vertraglich dazu verpflichtet, der EU Impfdosen bereitzustellen, also diese vorzuproduzieren und auch in einem klar definierten Zeitrahmen zu liefern. Herr Minister Spahn hat sich ja auch mehrfach zu diesem Sachverhalt geäußert. Wir erwarten, dass AstraZeneca diese Zusagen auch einhält.

FRAGE REIFENRATH: Ich habe eine Frage zu den Gesprächen zwischen dem Bund und den Ländern. Die Maßnahmen laufen am 14. Februar aus. Es ist ja eigentlich davon auszugehen, dass das nächste Bund-Länder-Treffen in der kommenden Woche stattfindet. Frau Demmer, können Sie schon ungefähr sagen, ob das eher Anfang oder Ende nächster Woche der Fall sein wird?

SRS’IN DEMMER: Nein. Über Termine geben wir Ihnen ja auf jeden Fall zuverlässig und rechtzeitig Auskunft. Ich kann hier aber noch keine Ankündigung machen.

Wie gesagt, Bund und Länder sind in Arbeitsgruppen auch zu dem Thema im Gespräch, nach dem die Kollegin, die jetzt gerade den Saal verlässt, gefragt hatte. Ich kann den Beratungen, die da stattfinden, jetzt nicht vorgreifen.

FRAGE POKRAKA: Zwei Fragen, wenn ich darf.

Herr Gülde, der Gesundheitsminister hat sich auch auf europäischer Ebene sehr darum bemüht, dass es möglich ist, dass man aus einer Ampulle nicht fünf, sondern sechs Impfdosen herausbekommt. Schon letzte Woche hat sich herausgestellt, dass das die Lieferungen senkt, weil das vertraglich so festgelegt ist. Nun gibt es aber auch Meldungen, dass es teilweise gar nicht möglich ist in Thüringen betrifft das offensichtlich 50 Prozent der Fälle , dass man sechs Impfdosen aus so einer Ampulle herausbekommt. Muss man im Nachhinein nicht sagen, dass es ein Fehler war, dass man das angestrebt hat?

Frau Demmer, eine kurze Nachfrage: Gab es heute im Kabinett Diskussionen, Beratungen über das Thema Eindämmung des Flugverkehrs oder Grenzkontrollen? Darüber ist ja einiges berichtet worden. Gibt es halbwegs konkrete Pläne oder Diskussionen?

GÜLDE: Wir hatten uns zu diesem Sachverhalt bereits in der vergangenen Woche geäußert. Darauf möchte ich gerne verweisen. Wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass es, wenn das nötige Equipment vorhanden ist, also Spritzen und die entsprechenden Kanülen, möglich ist, sechs Dosen aus einer Ampulle zu ziehen.

Wir haben uns in der Vergangenheit auch zu den Liefermengen geäußert. In dieser Woche rechnen wir mit einer Reduzierung der Liefermenge seitens BioNTech, aber in den darauffolgenden Wochen mit einer deutlichen Erhöhung, auch unter Hinzuziehung dieser Möglichkeit, sechs Dosen aus einer Ampulle zu ziehen. Wenn man diese Möglichkeit herausrechnen würde, rechnen wir im Februar mit einer deutlichen Zunahme der zugesagten Liefermenge.

SRS’IN DEMMER: Was Ihre Frage angeht, würde ich gerne erneut ausholen und auf die weltweite Ausbreitung der Mutationen hinweisen, die die Bundesregierung mit großer Besorgnis wahrnimmt. Es muss hier wirklich das Nötigste getan werden. Das verhindert, dass dieses Virus weiter nach Deutschland eingetragen wird. Es besteht tatsächlich die reale Gefahr, dass sich das mutierte Virus durch Eintrag weiter und schneller ausbreitet.

Mit Blick auf eine Eindämmung des Eintrags ebensolcher Virusvarianten setzt die Bundesregierung hier auf ein europäisches Vorgehen. Es gilt weiterhin wie hier schon seit geraumer Zeit vorgetragen und in den Beschlüssen der MPK nachzulesen , von nicht notwendigen Reisen in Risikogebiete und in Gebiete mit Virusvarianten dringend abzusehen. Tatsächlich war das Thema heute im Kabinett: Es einen im Kabinett Austausch zu aktuellen Entwicklungen beim Thema Einreise. Hierbei spielten auch die neuesten Vorschläge der EU-Kommission eine Rolle, die bestehenden Einreisebeschränkungen für internationale Reisen in die EU wie auch innereuropäische Reisen mit Blick auf Virusvariantengebiete zu verschärfen. Die Gespräche hierzu laufen aber noch, und den Ergebnissen kann ich hier nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE POKRAKA: Ich möchte es noch einmal bei Herrn Gülde probieren: Es gibt jetzt offensichtlich die Meldungen aus den Ländern, dass es ihnen aus verschiedenen Gründen wohl nicht möglich ist, aus einer Ampulle sechs Impfdosen zu ziehen. Hat der Minister sich, bevor er sich auf europäischer Ebene dafür eingesetzt hat, dass das möglich ist, vor Ort mit den zuständigen Behörden informiert, ob er denen tatsächlich einen Gefallen tut? Sie sagen zwar, das ginge, wenn die richtigen Instrumente dazu verwandt werden, aber offensichtlich ist es ja nicht so.

GÜLDE: Grundlage dieser Entscheidung war es ja tatsächlich, eine schnellere Impfung zu ermöglichen. Insofern gab es dazu einen Austausch mit den zuständigen Stellen, sprich dem Paul-Ehrlich-Institut und der Ständigen Impfkommission.

SRS’IN DEMMER: Vielleicht kann ich noch eine Ergänzung machen, weil das auch hier und da besprochen wird: Mögliche Beschränkungen betreffen nicht den Warenverkehr.

FRAGE WARWEG: Ich habe noch eine Frage zu den Mutationen: In der Schweiz hat man jetzt festgestellt, dass die sogenannte britische Mutation bereits seit Oktober im Umlauf ist. In Österreich gibt es ähnliche Erkenntnisse. Herausgefunden hat man das unter anderem durch Abwassermonitoring. Da würde mich interessieren: Verfügt auch die Bundesrepublik Deutschland über Projekte und Möglichkeiten, mittels Abwassermonitoring und Revision von Proben herauszufinden, ob die britische Mutation vielleicht ähnlich wie in den Nachbarländern bereits seit Oktober im Umlaut ist? Das hat ja auch Implikationen auf die Art und Weise, wie man Sachen hier in der Bundesrepublik vermittelt und angeht.

GÜLDE: Meines Wissens gibt es eine solche Studie zum Thema Abwassermonitoring, aber konkrete Details müsste ich nachreichen.

SRS’IN DEMMER: Ich kann vielleicht nur noch einmal darauf hinweisen, dass wir letzten Montag eine neue Verordnung vorgestellt haben, mit der bundesweit die Genomsequenzierung erheblich ausgebaut wird. Ziel dieser Verordnung Sie kennen sie sicherlich ist es ja, einen besseren Überblick über die verschiedenen kursierenden Coronavirusvarianten und damit auch über die Verbreitung neu auftretender Virusmutanten zu bekommen.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Ich hatte ja auch explizit auf die zwei Nachbarländer Deutschlands verwiesen, in denen dieses Virus schon früher festgestellt wurde. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, dass das auch in Deutschland der Fall ist? Denn das hat ja durchaus relevante Implikationen für den Umgang mit dieser Mutation.

GÜLDE: Wie Frau Demmer gerade schon gesagt hat, gibt es eine Verordnung, die wir beschlossen haben, die das Ziel hat, die Genomsequenzierung für diese Mutanten drastisch auszuweiten. Erste Ergebnisse aus dieser Sequenzierung werden Anfang Februar vorliegen. Insofern kann ich diesen Ergebnissen jetzt nicht vorgreifen.

FRAGE JUNG: Warum war das Thema Masken für Bedürftige heute nicht im Kabinett? Frau Demmer, Sie sagten ja, es müsse das Nötigste getan werden. Auch die Bundesregierung scheint sich ja einig zu sein, dass das Nötigste getan werden muss. Kann das BMAS begründen, warum Sie es nicht geschafft haben, das jetzt ins Kabinett zu bringen?

Frau Demmer, Sie sagten, Bedingung für Lockerungen sei erstens, dass die Gesundheitsämter wieder die Kontakte nachverfolgen können müssen, und zweitens, dass die Inzidenzzahl unter 50 sinkt. Das heißt, wenn die Inzidenzzahl zum Beispiel bei 49 ist, können die Gesundheitsämter aus Ihrer Sicht wieder Kontakte nachverfolgen?

SRS’IN DEMMER: Zu Ihrer ersten Frage: Die Bundesregierung hat seit Beginn der Pandemie ja auch immer die Lage bedürftiger Menschen im Blick. Mit dem Sozialschutzpaket oder sogar den Sozialschutzpaketen hat sie unter anderem dafür gesorgt, dass der Zugang zur Grundsicherung erleichtert wurde und dass das Kurzarbeitergeld erhöht wurde. Darüber hinaus hat sie Maßnahmen ergriffen, um die finanzielle Situation bedürftiger Familien zu verbessern und kurzfristig etwa beim Elterngeld Kinderzuschlaganpassungen vorgenommen. Man darf auch nicht vergessen: Auch die Regelbedarfe sind zu Jahresbeginn zum Teil erheblich angehoben worden. Trotzdem ist es in der derzeitigen Situation richtig, grundsätzlich zu klären, wie coronabedingte Härten abgefedert werden können. Bundesminister Heil und Bundesminister Spahn bereiten deshalb eine Sachleistung in Gestalt von Masken für hilfsbedürftige Menschen in den Grundsicherungssystemen vor, die nach den derzeitigen Überlegungen über die Apotheken abgegeben werden sollen. Die Bundesregierung will sich schnell darüber verständigen und dann auch schnell zu einer Entscheidung kommen. Darüber wurde heute Morgen auch im Kabinett gesprochen. Vielleicht können sich zu den Details aber auch noch die Ressorts äußern.

Zu der Frage hinsichtlich der Lockerungen: Das war vielleicht missverständlich ausgedrückt. Wir haben von Anfang an immer das Ziel gehabt, die Verfolgung von Kontaktketten wieder zu ermöglichen, denn so lässt sich die Pandemie eindämmen. Aus praktischen Erfahrungswerten ist dabei der Inzidenzwert 50 entstanden. Darauf habe ich verwiesen. Ganz grundsätzlich machen sich Bund und Länder natürlich Gedanken darüber, wie mögliche Lockerungen aussehen können und ab welchen Grenzwerten solche Lockerungen möglicherweise eintreten können. Dazu laufen aber die Gespräche, und diesen Gesprächen kann ich nicht vorgreifen. Selbstverständlich sind auch die Vorschläge aus den Bundesländern, wie etwa der eben zitierte aus Schleswig-Holstein, Teil dieser Gespräche. Ich kann diesen Gesprächen aber nicht vorgreifen. Abschließend möchte ich noch sagen: Wir haben derzeit ja eine Beschlusslage bis zum 15. Februar. Bis dahin laufen die Gespräche, und dann sehen wir weiter.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich hatte die Frage auch an das BMAS gestellt. Frau Demmer hat ja auch noch gesagt, dass Sie dazu vielleicht ein bisschen mehr sagen könnten.

Frau Demmer, Sie redeten gerade von hilfsbedürftigen Menschen in der Grundsicherung, aber es gibt ja auch bedürftige Menschen, die nicht in der Grundsicherung sind, etwa Studierende, Minijobber, Soloselbstständige, die gerade auch kein Geld haben. Was ist mit denen?

Habe ich es richtig verstanden, dass das Kanzleramt an Verschärfungen denkt und nicht an Lockerungen, Frau Demmer?

SRS’IN DEMMER: Ich habe hier ganz grundsätzlich über den Stand der Dinge Auskunft gegeben. Die grundsätzlichen Prämissen, unter denen man über Lockerungen nachdenken kann, hängen an der allgemeinen Lage. Derzeit haben wir eine Beschlusslage, die noch eine ganze Weile andauern wird was nicht heißt, dass sich nicht alle permanent Gedanken darüber machen würden, wie es weitergehen kann natürlich immer mit dem Ziel vor Augen, sobald es möglich ist, Lockerungen zu ermöglichen. Das hängt aber eben immer noch von der pandemischen Lage ab, die wir alle leider nicht so ganz genau vorhersagen können.

Um noch einmal auf die bedürftigen Menschen in der Coronalage zu sprechen zu kommen: Wie gesagt, selbstverständlich hat die Bundesregierung diese Menschen im Blick. Es geht hier jetzt um schnelle Hilfe, unkomplizierte Hilfe. Zu den Details der Abwicklung können die Ressorts möglicherweise noch Auskunft geben. Wir versuchen zu helfen, wo wir können.

GÖPNER-REINECKE: Das Bundessozialministerium hat die zusätzlichen sozialen Sorgen auch die zusätzlichen Sorgen, die dadurch im Alltag entstehen von hilfsbedürftigen Menschen in den Grundsicherungssystemen, aber auch von Menschen mit geringem Einkommen, sehr genau im Blick. Bundessozialminister Hubertus Heil setzt sich dafür ein, dass die Versorgung mit FFP2-Masken sichergestellt wird. Die Arbeit an den Lösungen zusammen mit dem Bundesgesundheitsministerium läuft auf Hochtouren, aber ich kann Ihnen heute und jetzt keine weiteren Details dazu nennen.

FRAGE: Noch einmal zu der Frage der Reisebeschränkungen: Deutschland hat ja bereits recht strenge Regeln für die Einreise aus Mutationsgebieten erlassen, die Tests vor dem Abflug, Quarantäne usw. vorsehen. Frau Demmer, habe ich Sie richtig verstanden, dass Deutschland sich nun auf EU-Ebene dafür einsetzt, dass alle Länder auf diesen Standard gehen?

Sowohl an Frau Demmer als auch an das Innenministerium: Plant die Regierung eine Verordnung, die das Reisen einschränkt, und wenn ja, was ist da geplant und wann?

SRS’IN DEMMER: Wie gesagt, das war heute Thema im Kabinett, aber grundsätzlich sind dort auch die Vorschläge der EU-Kommission besprochen worden. In Brüssel werden derzeit Gespräche geführt, wird das Thema erörtert, und den Ergebnissen dieser Gespräche kann ich hier nicht vorgreifen.

FRAGE HOENIG: An Frau Demmer: Herr Seehofer hat ja in einem Interview gesagt, man müsse prüfen, den Flugverkehr nach Deutschland nahezu auf null zu reduzieren. Inwiefern ist das auch die Position der Kanzlerin?

An das BMI: Was konkret bedeutet es, dass man das prüft? Ab wann könnte so etwas gelten, und ist das rechtlich überhaupt zulässig? Das wären ja quasi Landeverbote.

SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung prüft ja fortdauernd Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Dazu gehören jetzt auch diese, die gemeinsam mit unseren europäischen Partnern geprüft werden. Das schließt natürlich nationales Vorgehen nicht aus. Den Gesprächen, die derzeit in Brüssel laufen, kann ich aber nicht vorgreifen.

VICK: Ich habe dem von Frau Demmer Gesagten nichts hinzuzufügen.

FRAGE JESSEN: Noch eine Frage zu dem Impfstoff von AstraZeneca: Sie verweisen für konkrete Detailfragen auf die EU. Tatsächlich ist es aber so, dass bei den etwa 330 Millionen Euro, mit denen die EU die AstraZeneca-Produktion vorfinanziert hat, rechnerisch ein Anteil von etwa 40 Prozent ca. 130 Millionen Euro deutschem Geld mit drinsteckt. Das ist das Geld deutscher Steuerzahler. Insofern ist doch die Frage legitim: In welcher Weise sorgt die Bundesregierung dafür, dass Transparenz geschaffen wird? Sind Sie dafür und streben Sie an, dass die Verträge mit AstraZeneca offengelegt werden, damit man weiß, wer sich wozu verpflichtet hat? Folgen Sie dem Vorschlag des deutschen EU-Abgeordneten Peter Liese, der meint, die EU solle dafür sorgen, dass es Verbote für den Export von AstraZeneca-Produkten in Nicht-EU-Gebiete gibt. Das sind zwei konkrete Maßnahmen, in denen die Bundesregierung Stakeholder sein kann.

SRS’IN DEMMER: Ich hatte eben ja schon gesagt, dass wir natürlich erwarten, dass die Unternehmen entsprechend der Vertraglichen Vereinbarungen liefern. Zum Zweiten hat sich gestern auch Minister Spahn dazu geäußert dazu kann Herr Gülde gleich möglicherweise noch ergänzen , wie wichtig es natürlich ist, darüber informiert zu sein, welche und wie viele in Europa produzierte Impfstoffe Europa verlassen. Die EU hat hier in großem Umfang in Forschung, Entwicklung und Produktion von Impfstoffen investiert und hat sie gefördert. Da wäre es natürlich nur fair, zu wissen, wohin wie viel von diesem Impfstoff geht. Die EU-Kommission prüft hier einen Transparenzmechanismus, um einen Exportstopp geht es dabei aber nicht.

GÜLDE: Dem kann ich nichts hinzufügen; damit hat Frau Demmer eigentlich alles beantwortet.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Noch einmal: Es handelt sich um Geld deutscher Steuerzahler in einer Höhe von ungefähr 130 Millionen Euro die Zahlen haben Sie ja nicht bestritten , das da drin steckt. Ich gehe davon aus, dass die Verträge zumindest der Bundesregierung bekannt sind. Gehen Sie also davon aus, dass AstraZeneca die Verpflichtung hat, zunächst die mit der EU beschlossenen oder verabredeten Chargen zu liefern? Ist die Bundesregierung dafür, dass die Verträge mit AstraZeneca öffentlich gemacht werden? Verweisen Sie jetzt bitte nicht an die EU-Kommission. Es geht hier ja darum, für welche Strategie die Bundesregierung in diesem Fall ist. Sind Sie für eine Veröffentlichung der Verträge?

SRS’IN DEMMER: Ich möchte einfach noch einmal darauf hinweisen, dass wir zunächst einmal davon ausgehen und auch erwarten, dass die Unternehmen ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Zum Zweiten ist dieser Impfstoff noch gar nicht zugelassen. Auch darauf warten wir jetzt noch. Darüber hinaus habe ich meinem bisher Gesagten nichts hinzuzufügen.

FRAGE DR. DELFS: An Frau Demmer bzw. das Justizministerium: Die Bundeskanzlerin hat gestern im Zusammenhang mit dem Impfstoffstreit zwischen der EU und AstraZeneca den „War Act“ der US-Regierung erwähnt, der es dem Präsidenten erlaubt, in den Produktionsprozess von Pharmafirmen einzugreifen, um die nationale Impfstoffversorgung sicherzustellen. Gibt es eine ähnliche gesetzliche Handhabe in Deutschland?

SRS’IN DEMMER: Ich glaube, auch hierzu habe ich eben deutlich ausgeführt, dass die Kommission einen Transparenzmechanismus prüft, dass es aber um keinen Exportstopp geht.

FRAGE BASIROV: Die Europäische Union plant, den Export von in der EU hergestelltem Impfstoff zu kontrollieren. Welche Rolle hat Deutschland bei diesem Beschlussfassungsprozess gespielt? War Deutschland Anreger für diese Entscheidung? Wie soll diese Kontrolle in der Praxis aussehen?

SRS’IN DEMMER: Ich denke, wie gesagt, dass ich mich ziemlich deutlich geäußert habe. Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Transparenz, und über interne Abstimmungsprozesse geben wir in der Regel ja keine Auskunft. Also denke ich, dass die Frage beantwortet ist.

FRAGE REITSCHUSTER: Herr Gülde, die Weltgesundheitsorganisation hat am 13. Januar eine Informationsnotiz veröffentlicht. Darin hat sie sich relativ kritisch mit dem PCR-Test auseinandergesetzt und gesagt, dass es dabei eine Fehlerwahrscheinlichkeit gebe. Die offizielle Position der Bundesregierung war bisher ja: Die gibt es nicht. Ein ganz entscheidender Punkt ist, dass darin gesagt wird: Wenn jemand mit dem PCR-Test positiv getestet ist und keine klinischen Symptome aufweist, dann solle man noch einmal testen. Das ist in Deutschland bisher nicht passiert. Einige Fußballer konnten sich das leisten. Es wurde auch darüber geschrieben, dass sie sich dann ein zweites Mal testen ließen und sich freitesteten.

Nun kamen viele hunderttausend Menschen in häusliche Absonderung, wie sich das nennt. Sie alle hatten nur einen Test.

Meine Frage: Wollen Sie das aufgrund dieser Erkenntnisse der Weltgesundheitsorganisation ändern? Bekommt jetzt jeder, der keine klinischen Symptome aufweist, die Möglichkeit zu einem Zweittest? Wird das auch mit den Kassen gemacht?

Wie schätzen Sie es ein, dass bisher möglicherweise viele in häuslicher Absonderung waren, obwohl sie es nach diesen Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation gar nicht hätten sein müssen?

GÜLDE: Herr Reitschuster, diese Fragen haben Sie an dieser Stelle bereits in der vergangenen Woche gestellt.

ZUSATZ REITSCHUSTER: Nein!

GÜLDE: Herr Professor Drosten hat Ihnen auch Auskunft dazu gegeben. Dem hätte ich jetzt, im Grunde genommen, nichts weiter hinzuzufügen.

Auch das RKI gibt Empfehlungen zum Umgang mit der PCR-Diagnostik. Diese sehen tatsächlich auch qualitätssichernde Maßnahmen im Falle unsicherer Testergebnisse vor. Es gibt die Möglichkeit der erneuten Testung beispielsweise mit einem anderen Testverfahren. Es gibt auch die Möglichkeit der Validierung durch einen in der PCR-Diagnostik erfahrenen Arzt und weitere Möglichkeiten unter Hinzuziehung eines Antikörpertests.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Herr Gülde, die Frage wurde von Herrn Drosten nicht beantwortet, und sie war auch nicht so spezifisch. Daher wiederhole ich es. Sie haben auf die spezifische Frage nicht geantwortet.

In der Information der WHO heißt es explizit: Zweittest erforderlich, wenn keine klinischen Symptome. Noch einmal die Frage: Wird sich die Bundesregierung an diese Empfehlung der WHO halten oder entsprechenden Einfluss nehmen, oder hält sich die Bundesregierung nicht an diese Empfehlung der WHO?

GÜLDE: Es bleibt bei meinen Ausführungen dazu.

ZUSATZ REITSCHUSTER: Also keine Antwort.

GÜLDE: Ich habe Ihnen gerade eine Antwort gegeben.

FRAGE LUDWIG: Ich will auf die Reisebeschränkungen zurückkommen. Wie ist die Haltung des BMI bzw. die persönliche Position des Ministers? Welche Maßnahmen würden Sie für zielführend halten?

Würde eine Beschränkung der Flüge auf nahezu null auch Flüge in Hochrisikogebiete beinhalten oder nur Flüge aus diesen Gebieten?

Eine zweite Frage, wenn ich darf: An das BMG: Es ist wohl eine Überarbeitung der Impfverordnungen geplant, also der Reihenfolge. Was genau soll geändert werden?

VICK: Wie in den letzten Wochen und Monaten schon mehrfach deutlich gemacht, hat der Gesundheitsschutz der Bevölkerung natürlich höchste Priorität. Demzufolge beobachtet die Bundesregierung, wie Frau Demmer schon ausgeführt hat, die weltweite Ausbreitung der Coronavirusvarianten. Das BMG hat uns mitgeteilt, dass die festgestellten Mutationen im Hinblick auf die Ausbreitung des Infektionsgeschehens hoch gefährlich sind. Der Bundesinnenminister hat (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) Vorschläge gemacht, die derzeit innerhalb der Bundesregierung diskutiert werden. Dazu gehört auch die Einschränkung von Reisemöglichkeiten.

ZUSATZFRAGE LUDWIG: In Hochrisikoländer oder nur aus Hochrisikoländern?

VICK: Die Gespräche bleiben abzuwarten, aber es geht natürlich in allererster Linie darum, das Einschleppen der Mutation nach Deutschland zu vermeiden.

FRAGE SEVERIN: Was ist an den Meldungen dran, dass der Bundesgesundheitsminister mit Blick auf die geringe Beteiligung von Probanden über 60 Jahren an den AstraZeneca-Studien die Priorität bei den Impfungen ändern will?

GÜLDE: Die Impfverordnung wird gegebenenfalls dann überarbeitet, wenn eine Zulassung des AstraZeneca-Impfstoffes erfolgt ist. Als zweiter Schritt ist dann natürlich auch noch die Empfehlung der Ständigen Impfkommission abzuwarten. Darauf aufbauend, werden wir dann gegebenenfalls unsere Impfverordnung ändern.

FRAGE DR. RINKE: Herr Burger, können Sie bestätigen, dass die Regierung Portugals, wo es im Moment ja sehr viele Coronafälle und Patienten gibt, Deutschland um Hilfe mit Material aber auch um die Aufnahme von Patienten gebeten hat?

Haben Sie aktuelle Zahlen darüber, wie viele Coronapatienten aus anderen EU-Staaten im Moment in Deutschland behandelt werden?

Herr Gülde, haben Sie mit Blick auf die Gensequenzierungen, die vorhin erwähnt wurden, eine aktuelle Zahl, wie viele Fälle von Mutationen in Deutschland mittlerweile festgestellt wurden?

BURGER: Patientenverlegungen nach Deutschland finden unter Federführung der jeweils aufnehmenden Bundesländer und des Robert-Koch-Instituts statt.

Soweit das Auswärtige Amt Kenntnis hat, liegt bisher von portugiesischer Seite keine Anfrage zur Übernahme von Coronaintensivpatienten vor. Wir sind jedoch gemeinsam mit den portugiesischen Behörden in der Prüfung möglicher Hilfen.

Insgesamt wurden, soweit wir als Auswärtiges Amt derzeit Kenntnis haben, bisher in der zweiten Welle 53 Patienten nach Deutschland überstellt, davon 14 Patienten aus den Niederlanden nach Nordrhein-Westfalen, 31 Patienten aus Belgien und acht Patienten aus Frankreich. In der ersten Welle waren es das hatten wir hier verschiedentlich berichtet insgesamt 232 Intensivpatienten aus Italien, den Niederlanden und Frankreich.

GÜLDE: Herr Rinke, meinen Sie eine bestimmte Mutation, diesen B.1.1.7, oder meinen Sie generell

ZUSATZ DR. RINKE: Im Idealfall können Sie uns Zahlen für die in Großbritannien festgestellte Mutation, für die brasilianische Mutation und für die südafrikanische Mutation nennen.

GÜLDE: Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

FRAGE DR. VOEGELI: Ist das Bundeskabinett inzwischen geimpft? Wenn nicht, für wann ist das geplant?

In welchem Umfang ist geplant, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien zu impfen?

SRS’IN DEMMER: Sowohl für das Bundeskabinett als auch für die Mitarbeiter der Bundesbehörden und ministerien gelten die Regeln, die die Ständige Impfkommission aufgestellt hat.

FRAGE DELHAES: Bund und Länder hatten sich auf die Arbeitsgruppe verständigt, die über Lockerungen in der Coronakrise diskutieren soll. Wer sitzt in der AG? Wie oft tagt sie? Wann werden die Ergebnisse vorliegen?

SRS’IN DEMMER: Sie stehen in einem regen Austausch. Ich kann Ihnen die Besetzung hier nicht nennen.

Es ist der Blick in die Glaskugel. Wir halten Sie, wie gesagt, auch zu diesem Thema ganz sicher regelmäßig auf dem Laufenden,

FRAGE REITSCHUSTER: Herr Gülde, eine Frage zu den Impfungen: Nach den bisherigen Erkenntnissen ist ja nicht erwiesen, dass sie vor einer Übertragung schützen, und es ist auch nicht wahrscheinlich, dass sie zu einer sterilen Immunität führen, also dazu, dass der Geimpfte nicht mehr krank werden kann; sie schützen nur vor einem schweren Verlauf. Bei einigen Fachleuten gibt es nun eine Befürchtung. Sie sagen: Dadurch, dass Menschen geimpft sind, werden sie, gerade Jüngere, nach dieser Impfung keine Symptome zeigen und könnten dadurch zu Superspreadern werden, könnten das Virus also noch mehr verbreiten.

Wie sieht die Bundesregierung diese Gefahr? Die bisherige Impfstrategie ist ja, dass man Junge und Gesunde impft, um Schwache und Alte zu schützen. Wie funktioniert das, wenn die Impfung nicht vor einer Übertragung schützt und wenn die Gefahr besteht, dass keine sterile Immunität vorhanden ist?

GÜLDE: Die Impfstrategie der Bundesregierung sieht vor, dass wir jetzt in erster Linie erst einmal die Alten, Kranken und Schwachen impfen und nicht die Gesunden.

Zurzeit gibt es noch keine Hinweise darauf, dass mit einer Impfung nicht auch eine sterile Immunität einhergeht. Diese Forschungen laufen derzeit noch, und deren Ergebnisse bleiben abzuwarten.

Grundsätzlich gilt aber nach wie vor natürlich auch die Einhaltung der weiteren Maßnahmen, sprich, Kontaktbeschränkungen, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. All das sind Maßnahmen, die natürlich auch dazu führen, dass eine Übertragung verhindert werden kann.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Sie sagten, es gebe keine Hinweise darauf, dass sie nicht eintritt. Ich schließe daraus, dass es umgekehrt auch noch keine belegten Hinweise darauf gibt, dass sie eintritt. Wenn man das nicht belegt, wäre das ja ziemlich negativ in der Hinsicht, dass dann die Impfung nicht insoweit helfen könnte, als dass man auf die Kontaktbeschränkungen und dergleichen verzichten könnte.

Ist also im Moment wirklich noch unklar, inwieweit die Impfung diesbezüglich zu einer Erleichterung führen wird?

GÜLDE: Eine Impfung sorgt in erster Linie dafür, dass eine schwere Erkrankung verhindert wird. Die vorliegenden Studien deuten genau darauf hin, dass dies wirklich so funktioniert.

Was die sterile Immunität anbelangt, so gilt es, die Forschungen dazu abzuwarten.

Grundsätzlich ist es so darauf haben wir auch immer wieder hingewiesen : Je mehr Menschen bereit sind, sich impfen zu lassen, desto schneller können wir dazu kommen, nach und nach auch kontaktbeschränkende Maßnahmen zu lockern.

FRAGE HOENIG: Herr Gülde, es gab Berichte, wonach der Impfstoff von AstraZeneca eine Wirksamkeit von nur acht Prozent bei Senioren habe. Das Unternehmen hat das zurückgewiesen. Welche Erkenntnisse hat das Gesundheitsministerium dazu?

GÜLDE: Vielen Dank für die Frage. Letztlich möchte ich dazu eigentlich sagen, dass eine falsche Behauptung nicht dadurch wahrer wird, dass sie wiederholt wird. Sowohl die EMA und das Paul-Ehrlich-Institut als auch AstraZeneca und das BMG haben sich gestern dazu geäußert und dieser Darstellung erneut widersprochen.

Wir können die Berichte, dass der AstraZeneca-Impfstoff eine geringere Wirksamkeit aufweise, nicht bestätigen. Auf den ersten Blick scheint es für uns so, als seien dabei zwei wesentliche Dinge verwechselt worden. Rund acht Prozent der Probanden der AstraZeneca-Wirksamkeitsstudie waren zwischen 56 Jahren und 69 Jahren alt. Daraus zu schließen, dass es nur eine Wirksamkeit von acht Prozent gebe, ist nicht nachvollziehbar und aus unserer Sicht auch tatsächlich falsch.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur wertet derzeit die Studienlage dazu aus. Wenn diese Auswertung abgeschlossen und eine Zulassung erfolgt ist, dann können wir uns natürlich auch zur Wirksamkeit bei den über 65-Jährigen oder über 75-Jährigen äußern. Gegebenenfalls müsste dann die Impfverordnung entsprechend angepasst werden.

FRAGE REIFENRATH: Ich habe eine spezielle Frage zu den kostenlosen FFP2-Masken für die Senioren. Sie bekommen Briefe mit Coupons, dass sie dann diese Masken in den Apotheken zu zwei Euro oder so kaufen können.

Mich interessieren diese Briefe. Sie werden ja eigentlich von den Krankenkassen verschickt. Ist es denn trotzdem so, dass die Bundesregierung im Absender steht ich habe so etwas gesehen. Oder ist das ein Fake?

GÜLDE: Ich muss ganz ehrlich sagen: Das weiß ich jetzt gar nicht. Meines Wissens ist es tatsächlich so, dass die Krankenkassen diese Briefe ausstellen und die Coupons zuschicken. Mir ist nicht bekannt, dass als Absender die Bundesregierung genannt würde.

FRAGE DUDIN: Frau Demmer, heute sollte eigentlich die Reform des Urheberrechts im Parlament beraten werden. Das Thema ist aber kurzfristig von der Tagesordnung geflogen. Was ist der Grund dafür?

SRS’IN DEMMER: Es hat sich einfach weiterer, kurzfristiger Abstimmungsbedarf ergeben. Wie Sie wissen, kommentieren wir die ressortübergreifenden Verhandlungen dieser Abstimmungsprozesse nicht im Einzelnen.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Dann gibt es eine Frage nach dem Stand des Lieferkettengesetzes. Das BMZ ist nicht anwesend. Vielleicht kann das BMWi oder Frau Demmer etwas dazu sagen.

WAGNER: Ich kann gern etwas dazu sagen. Die Abstimmungen zwischen den beteiligten Ressorts laufen. Das ist der Stand.

VORS. SZENT-IVANYI: Frau Demmer?

SRS’IN DEMMER: Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

FRAGE LINDNER: Herr Alexandrin, es geht um eine Geschichte, über die die „Süddeutsche Zeitung“ gestern berichtet hat. Es geht um Konzertkarten, die ein hoher Spitzenbeamter Ihres Hauses angefordert bzw. angesprochen haben solle. Jetzt steht in dieser Geschichte Aussage gegen Aussage.

Wie bewertet das Verkehrsministerium das? Ist die Aussage von Ruoff falsch, oder wurde sie falsch verstanden?

ALEXANDRIN: Vielen Dank für die Gelegenheit, hier auch noch einmal klar und deutlich zu sagen, dass nie um Tickets gebeten wurde. Es bestand auch gar kein Interesse daran. Das heißt, im Zweifel wurde hier etwas falsch verstanden. Genau so ist es.

ZUSATZFRAGE LINDNER: Minister Scheuer wird ja morgen das letzte Mal im Untersuchungsausschuss sein. Was erwartet Ihr Haus denn von seinem Auftritt im Untersuchungsausschuss?

ALEXANDRIN: Aus Respekt vor der Arbeit des Untersuchungsausschusses würde ich diesem Meeting hier und heute nicht vorgreifen.

FRAGE GAVRILIS: Frau Bär und Herr Braun haben ja auf Clubhouse die Datenstrategie vorgestellt. Auch die Verteidigungsministerin hat dort bereits gesprochen. Gibt es mittlerweile Regeln für Mitglieder der Bundesregierung in Bezug darauf, ob sie die App zum Beispiel nur mit dienstlichen Smartphones oder mit privaten Smartphones nutzen dürfen? Wie sollten sensible Kontakte geschützt werden, wenn Clubhouse für Einladungen auf das Kontaktbuch Zugriff benötigt, Frau Demmer?

SRS’IN DEMMER: Dazu müsste sich vielleicht das BMI äußern.

VICK: Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

FRAGE WARWEG: Am 25. Januar haben die EU-Staaten, also der Rat der Europäischen Union, erneut bestätigt, dass sie Juan Guaidó nicht mehr als Interimspräsidenten von Venezuela anerkennen. Diese Erklärung wurde ja auch von Deutschland mitgetragen. Deswegen würde mich interessieren: Gilt das auch bilateral? Erkennt die Bundesrepublik Deutschland also spätestens seit Montag Juan Guaidó nicht mehr als Interimspräsidenten an? Können Sie das so bestätigen?

BURGER: Im Kreis der EU-Mitgliedstaaten haben wir uns auf eine gemeinsame Position zu Venezuela geeinigt. Die ist in den Ratsschlussfolgerungen vom 25. Januar zusammengefasst. Ich hatte Ihnen ja genau diesen Abstimmungsprozess Anfang Januar auch schon angekündigt, als Sie nach dieser Positionierung der Bundesregierung gefragt haben, und ich hatte Ihnen damals schon gesagt, dass wir uns dazu im EU-Kreis eng abstimmen wollen.

Für uns bedeuten diese Ratsschlussfolgerungen nun, dass die Bundesregierung weiterhin die von Juan Guaidó angeführten demokratischen Kräfte in Venezuela mit dem Ziel unterstützt, den Ausweg aus der Krise durch freie, faire und glaubwürdige Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu befördern. Uns ging es von Anfang an darum, dass die venezolanische Bevölkerung selbst darüber bestimmen kann, wer in Venezuela regiert, und über die Geschicke selbst bestimmen kann. Das bleibt auch weiter unser Ziel. Dafür braucht es faire und freie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. So viel dazu.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Meine Frage war ja, und die haben Sie immer noch nicht beantwortet: Erkennt die BRD Juan Guaidó noch als Interimspräsidenten an oder nicht?

BURGER: Die Situation in Venezuela hat sich weiterentwickelt. Wir haben Ihnen dazu gesagt, dass wir die Parlamentswahlen, die dort stattgefunden haben, nicht anerkennen, wie auch die Europäische Union dies genauso nicht tut. Die Schlussfolgerungen, die wir daraus gezogen haben, haben wir gemeinsam als Europäer gezogen, und das Ergebnis finden Sie in den Ratsschlussfolgerungen von Montag.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Mehrere Quellen in Brüssel haben mir gegenüber bestätigt, dass deutsche Diplomaten bis zum Schluss versucht hätten, die anderen EU-Staaten zu überzeugen, die völkerrechts- und auch verfassungswidrige Anerkennung von Guaidó als Interimspräsidenten beizubehalten. Dazu habe ich die ganz einfache Frage: Wie erklären Sie sich diese diplomatische Niederlage im Kreis der EU?

BURGER: Das ist eine Falschinformation. Ich habe gesehen, dass Sie die in den vergangenen Tagen auch schon in den sozialen Medien verbreitet haben. Solche Versuche hat es natürlich nicht gegeben. Wenn Sie sich anschauen, wie Juan Guaidó in Stellungnahmen der EU in den letzten Jahren bezeichnet wurde, dann können Sie sich auch ganz einfach erklären, dass es für solche Versuche, wie Sie sie unterstellen, natürlich überhaupt keine Anhaltspunkte gegeben hätte.

FRAGE: Herr Burger, können Sie ein bisschen über das Ziel der morgigen virtuellen Sudan-Partnerschaftskonferenz erzählen? Geht es um gesetzliche Reformen, um die Wirtschaft, um Menschenrechte und Demokratisierung?

BURGER: Ich würde Ihnen eine detaillierte Antwort darauf gerne nachreichen, was die konkreten Ziele angeht.

Grundsätzlich das haben Sie verfolgt ist Deutschland seit Beginn des demokratischen Transformationsprozesses in Sudan dort sehr aktiv engagiert. Außenminister Maas war auch der erste ausländische Außenminister, der nach dem friedlichen Regierungswechsel bzw. friedlichen Machtwechsel das Land besucht hat. Wir haben uns insbesondere in der Gruppe der „Freunde des Sudan“ engagiert. Das ist eine ganze Reihe von Ländern, die sich für Sudan engagieren. Innerhalb dieser Ländergruppe bemühen wir uns darum, dass die internationale Gemeinschaft möglichst konstruktive Bedingungen dafür schafft, dass dieser Wandel in Sudan gelingen kann. Dazu gehört natürlich einerseits, dass man die Entwicklung demokratischer, rechtsstaatlicher Prinzipien dort unterstützt. Dazu gehört natürlich auch das Werben um wirtschaftliche Unterstützung, die Sudan dringend braucht. Das ist der Rahmen, in dem sich dieses Treffen bewegt.

Wenn ich zu konkreteren Zielsetzungen dieses Treffens noch etwas sagen kann, will ich das gerne schriftlich nachreichen.

FRAGE HOENIG: Sorry, das Thema hat weitgehend wieder mit Corona zu tun. Es geht um Galeria Karstadt Kaufhof. Herr Wagner, es soll heute eine Sitzung des WSF-Ausschusses geben. Es soll um mögliche Staatshilfen gehen, also Steuermittel. Inwieweit ist denn für das Wirtschaftsministerium das Unternehmen quasi systemrelevant und von erheblicher Bedeutung für die Wirtschaft, was ja die Voraussetzung für WSF-Hilfen wären?

WAGNER: Herr Hoenig, vielen Dank für die Frage. – Zunächst muss ich hier noch einmal kurz klarstellen, dass wir als Bundeswirtschaftsministerium über etwaige Anträge von Unternehmen, über die jetzt berichtet wird, oder auch über Anträge von anderen Unternehmen, über die spekuliert wird, keine Auskunft geben können. Das sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Wir informieren immer nach vertraglicher Vereinbarung solcher Hilfen auf der Internetseite der Finanzagentur, des Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Dort nennen wir ja das Unternehmen und die jeweilige Hilfssumme, die bereitgestellt wird. Ansonsten gilt, dass wir uns dann dazu äußern, wenn etwaige Unternehmen selbst etwas dazu kommunizieren, weil es immer die Entscheidung des jeweiligen Unternehmens ist, inwieweit es die Öffentlichkeit über gegebenenfalls laufende Prozesse informiert.

Im Übrigen gilt, dass wir hier als Bundeswirtschaftsministerium keine abstrakte Systemrelevanz oder auch andere Kriterien bescheinigen. Das haben wir in der Vergangenheit nicht gemacht und werden es auch jetzt nicht machen. Im Übrigen gilt auch für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, dass die Systemrelevanz an sich sozusagen kein Kriterium ist, das für eine Hilfe notwendig wäre, sondern dafür gibt es verschiedene Kriterien. Sie können gerne auch noch einmal in die diesbezüglichen Publikationen schauen. Die sind auch auf unserer Homepage zu finden. Dort finden sich breite Informationen darüber, was das für Unternehmen sind.

Im Vordergrund steht, dass wir Unternehmen dabei helfen, die Auswirkungen der Coronapandemie zu überstehen, und damit insbesondere natürlich auch viele Arbeitsplätze sichern wollen, damit gerade Unternehmen, die vorher gesund waren und die jetzt durch die Auswirkungen der Coronapandemie in Schwierigkeiten geraten sind, nach diesen Auswirkungen, wenn sie wieder loslegen können, dann auch tatsächlich weitermachen können und wir die Arbeitsplätze und Standorte sichern können.

FRAGE VON DER BURCHARD: Es gibt Berichte darüber, dass die EU-Kommission den deutschen Wiederaufbauplan zurückgewiesen habe, da die Reformvorschläge nicht ausreichend seien. Plant die Bundesregierung, den deutschen Wiederaufbauplan anzupassen, um die Kritik der Kommission zu adressieren?

WAGNER: Ich glaube, für den EU-Wiederaufbaufonds ist das Bundesfinanzministerium federführend zuständig.

WOGATZKI: Mit dem Deutschen Aufbau- und Resilienzplan setzen wir einen starken Fokus auf zentrale Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Klimawandel. Insgesamt tragen 80 Prozent der Ausgaben im Deutschen Aufbau- und Resilienzplan zu diesen Themenfeldern bei. Wir übertreffen damit die Vorgaben aus der Aufbau- und Resilienzfazilität, die die EU uns vorgegeben hat. Außerdem kann ich dazu sagen, dass der Entwurf ein kohärentes Paket aus Investitionen und Reformen darstellt und Deutschland damit den Plan ambitioniert umsetzt.

Was die angebliche Kritik angeht, die gerade angesprochen wurde, kann ich dazu nur sagen, dass der Deutsche Aufbau- und Resilienzplan verabschiedet wurde und Grundlage der Gespräche ist und dass Deutschland mit der Kommission im Austausch steht. Ziel ist, dass der finale Plan dann bis zum 30. April an die Kommission übersandt wird.

FRAGE DR. RINKE: Um es zu verstehen, weil ich jetzt eine kleine Diskrepanz zwischen der Frage und der Antwort sehe, vielleicht aus Unverständnis: Sie verhandeln im Moment also mit der EU-Kommission, haben aber den deutschen Plan eigentlich noch gar nicht an die EU-Kommission geschickt. Ist das richtig?

WOGATZKI: Es gibt einen Entwurf, der auch vom Bundeskabinett im Dezember verabschiedet wurde. Der ist an die Kommission übersandt worden. Der wird wie die Aufbaupläne alle anderen Mitgliedstaaten geprüft. Die Kommission hat aber noch keine abschließende Entscheidung über die Pläne getroffen. Wir stehen darüber im Austausch. Das ist das, was ich dazu sagen kann.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Am 30. April werden Sie dann den endgültigen Plan übersenden, und der wird danach nicht noch einmal geprüft werden, sondern wir befinden uns jetzt in der Prüfungsphase?

WOGATZKI: Wir befinden uns in der Prüfungsphase. Am 30. April das ist der finale Plan soll er übersandt werden.

FRAGE JUNG: Mir geht es um den Bundesverfassungsschutz. Ich hatte danach am Montag schon gefragt, Frau Vick. Sie haben uns immer noch keine Nachreichung geschickt, wie Sie versprochen haben. Das möchte ich anprangern.

Gleichzeitig gab es ja auch eine diesbezügliche Entwicklung. Herr Maaßen hat sein Mandat bei der Kanzlei, die die AfD im Klageverfahren gegen den Bundesverfassungsschutz vertritt, beendet. Wie bewerten Sie das?

Teilen Sie die Rechtsauffassung, die jetzt gemeinhin geäußert wird was Sie angeht, warte ich ja noch darauf , dass, wenn Herr Maaßen während seiner Amtszeit als Bundesverfassungsschutzpräsident mit der Prüfung einer möglichen Verfassungswidrigkeit der AfD befasst gewesen wäre, seine Kanzlei an sich das AfD-Klageverfahren nicht hätte annehmen dürfen?

VICK: Vielen Dank für die Frage. – Erst einmal: Diese private, autonome Entscheidung von Herrn Maaßen und der Kanzlei, die beschlossen haben, die Zusammenarbeit zu beenden, kann das BMI nicht bewerten.

Ob und gegebenenfalls wie Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung verletzt wurden, obliegt auch nicht der Prüfung durch das BMI.

ZUSATZFRAGE JUNG: Kommt da einmal eine Antwort auf die Frage von Montag?

VICK: Sie hatten mir am Montag genau die gleiche Frage gestellt: Wie bewertet das BMI, dass der Herr Maaßen in der Kanzlei beschäftigt ist?

ZUSATZFRAGE JUNG: Ja, und ob er das machen darf und sollte! Darauf haben Sie nie geantwortet.

VICK: Unabhängig vom Einzelfall, zu dem wir jetzt konkret keine Stellung beziehen könne, gelten für Beamte auch im Ruhestand die allgemein geltenden Dienstpflichten nach dem BBG, und die gelten auch für Herrn Maaßen.

FRAGE REITSCHUSTER: Ich habe eine Frage an Frau Demmer und Herrn Burger. In Russland sitzt ja Alexej Nawalny in Haft. Weggefährten von ihm machen sich Sorgen um sein Überleben. Aus der Opposition gab es jetzt Stimmen, die sagten, dass es sehr hilfreich für seine Sicherheit wäre, wenn man ihn für den Friedensnobelpreis nominieren würde. Die sagen, das könnten Regierungen machen, dass könnten auch Parlamente machen. Die Bundesregierung möchte Herrn Nawalny ja nach Kräften unterstützen. Könnten Sie sich daher vorstellen, Herrn Nawalny für den Friedensnobelpreis zu nominieren?

Ich will die Frage auch noch einmal explizit stellen. Herr Maas und Frau Merkel sind ja auch Abgeordnete. Könnten sie sich das möglicherweise auch als Abgeordnete im Parlament vorstellen?

SRS’IN DEMMER: Über die Vergabe von Friedensnobelpreisen entscheidet nicht die Bundesregierung. Deswegen betrifft das jetzt kein Bundesregierungshandeln. Insofern kann ich

ZURUF REITSCHUSTER: Die Nominierung!

SRS’IN DEMMER: Auch das ist nicht Aufgabe der Bundesregierung.

BURGER: Dem kann ich mich nur anschließen.

ZUSATZ REITSCHUSTER: Wenn Sie, wie Sie sagten, alles Mögliche tun wollen und wenn aus Russland eben die Bitte kommt, dann wäre das ja auch etwas von allem Möglichen.

BURGER: Ich kenne diese Bitte nicht, und deswegen werde ich die jetzt hier auch nicht kommentieren. Im Übrigen ist es genau so, wie Frau Demmer es sagt: Die Vergabe von Friedensnobelpreisen ist nicht Aufgabe der Bundesregierung.

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