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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 22. März 2021

Themen: Europäischer Rat im Videoformat, Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zum Europäischen Rat, Außenministertreffen in Brüssel, Coronakabinett, COVID-19-Pandemie, Besuch der Bundesverteidigungsministerin beim Kommando Spezialkräfte in Calw, EU-Sanktionen, Demonstration in Kassel, Erbschaftssteuer, Spitzengespräch der Konzertierten Aktion Mobilität, Tätigkeit von Leitungspersonen des deutschen Sports für den Staatssicherheitsdienst, Interviewäußerungen des US-Präsidenten, Lobbyregister, Gaspipeline Nord Stream 2, Flugstunden von Kampfflugzeugen der Bundeswehr

0:39 Bericht aus dem Corona-Kabinett

5:52 Fragen zur Corona-Politik

Naive Fragen zu:
9:35 Brasilianische Variante & exponentielles Wachstum
– warum sagen Sie „Nicht wieder in expotentielles Wachstum kommen“? Das RKI sagt, dass wir das schon längst haben… (ab 13:25)
– wie bewerten Sie die brasilianische Variante?

29:33 Spahns Ehemann/Burda
– „zu keinem Zeitpunkt informiert und involviert“ ist jetzt nicht Ihre Position und die Ihres Ministers, sondern Sie tragen die Position von Burda vor, richtig? (ab 32:07)
– wie ist denn aus Sicht des BMG und des Ministers? Wann wurde sein Ehemann informiert und involviert? Sie sind ja nicht die Pressesprecherin von Burda…

35:50 Olympia in Tokio
– wie bewerten Sie die Entscheidung des IOC, dass keine ausländischen Gäste zu den Olympischen Spielen nach Tokio kommen dürfen?
– was passiert mit den gebuchten Flügen und Hotels?

38:39 KSK-Skandal
– warum wird der KSK-Kommandeur seine Aufgaben weiter wahrnehmen? (39:46)

40:06 Sanktionen gegen Chinesen/Guantanamo
– wer sind diese vier chinesischen Verantwortlichen? Ist Präsident Xi darunter? (ab 42:32)
– gibt es eigentlich Sanktionen gegen Verantwortliche in den USA wegen Guantanamo?

55:31 Ex-IMs im heutigen Leistungssport (Stasi)
– im jüngsten Tätigkeitsbericht des Stasi-Unterlagen-Beauftragten heißt es beim Punkt Leitende Personen im Sport: „In Vorbereitung der European Games in Minsk 2019 bzw. der Youth Olympic Games in Lausanne 2020 erfolgten 81 Überprüfungen von Leitungspersonen des deutschen Sports. In acht Fällen ergaben sich Hinweise auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst.“
– War das BMI als Hauptgeldgeber des Hochleistungssports darüber informiert? Sind Sie dagegen vorgegangen?
– Worum handelt es sich bei den „acht Fällen“, bei denen „sich Hinweise auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst ergaben“?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 22. März 2021:

SRS’IN FIETZ: Guten Tag auch von meiner Seite! Ich habe für Sie eine Terminänderung. Wie am Freitag an dieser Stelle angesprochen, wird die Bundeskanzlerin am Donnerstag und Freitag am Europäischen Rat teilnehmen. Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, hat sich aufgrund der in vielen EU-Mitgliedstaaten stark steigenden Coronazahlen dazu entschlossen, das Treffen nicht physisch in Brüssel abzuhalten, sondern die Staats- und Regierungschefs werden sich per Video zusammenschalten. Die Tagesordnung bleibt im Grundsatz unverändert.

Außerdem darf ich auf einen zusätzlichen Termin der Bundeskanzlerin hinweisen. Am Donnerstag wird die Bundeskanzlerin um 9 Uhr eine Regierungserklärung zum Europäischen Rat abgeben. Inhaltlich wird es dabei um die Themen des Europäischen Rates gehen. Die Staats- und Regierungschefs werden die gemeinsame Binnenmarkt-und Industriepolitik vor allem mit dem Fokus auf Digitalisierung diskutieren. Darüber hinaus wird die aktuelle Lage der COVID-19-Pandemie erörtert. Zudem stehen die Lage im Östlichen Mittelmeer und das Verhältnis der EU zur Türkei auf der Tagesordnung.

Das für Mittwoch von 11.30 Uhr bis 12.30 Uhr geplante Briefing zum Europäischen Rat wird, wie angekündigt, als Videokonferenz stattfinden.

Bei dem heutigen Treffen der Bundeskanzlerin mit den zuständigen Fachministern ging es um aktuelle Themen, die die Pandemie betreffen. Wie üblich wurde anfangs über die aktuelle Infektionslage berichtet. Die Zahl der Neuinfektionen nimmt deutlich zu. Im Verlauf des Wochenendes ist die durchschnittliche Inzidenz bundesweit wieder über 100 gestiegen. Der Wert heute liegt bei 107,3. Sie kennen die Zahlen.

Die Virusvariante B.1.1.7 ist die dominierende in Deutschland geworden. Das ist nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts besorgniserregend, weil B.1.1.7 nach bisherigen Erkenntnissen ansteckender ist.

Die Zahl der COVID-19-Erkrankten auf Intensivstationen nimmt auch zu; erstmals liegt sie wieder bei über 3000. Das ist ebenfalls besorgniserregend. Sie alle kennen die Warnungen von Medizinerinnen und Medizinern, was steigende Infektionszahlen für das Gesundheitssystem für die Belastungen in den Kliniken bedeuten. Diese Warnungen sollten wir ernst nehmen.

Im Beschluss vom 3. März wurde ein Stufenplan für Öffnungen vereinbart, gleichzeitig auch eine Rücknahme von Öffnungsschritten, wenn die Inzidenzen stabil steigen. Sie kennen den Beschluss; er war auch mehrfach Gegenstand der Erläuterungen hier in der Bundespressekonferenz.

Nun ist angesichts der steigenden Inzidenzen der Fall eingetreten, in dem die vereinbarte Notbremse zum Tragen kommt. Die Bundeskanzlerin hatte schon am Freitag in ihrem Pressestatement nach dem Gespräch mit den Ländern zum Thema Impfen zum Ausdruck gebracht, wie wichtig diese Notbremse ist, um ein unkontrolliert exponentiell wachsendes Infektionsgeschehen zu verhindern. Gleichzeitig hat sie darauf hingewiesen, dass sie sich gewünscht hätte, wir kämen ohne diese Notbremse aus, was aber leider angesichts steigender Zahlen nicht der Fall ist. An Lockerungen, die wir uns alle gewünscht hätten, ist nur bei stabilen oder sinkenden Inzidenzzahlen zu denken. In dieser Situation sind wir gegenwärtig nicht.

Heute Nachmittag kommen die Regierungschefinnen und -chefs der Länder mit der Bundeskanzlerin zu ihren Beratungen zusammen. Die Beratungen heute finden vor dem Hintergrund einer leider wieder angespannten Infektionslage statt. Über die Ergebnisse der Beratungen werden Sie wie üblich im Anschluss unterrichtet. Vielen Dank.

FRAGE DR. RINKE: Meine Frage richtet sich an das Auswärtige Amt und an Frau Fietz. Die Außenminister haben sich heute in Brüssel physisch getroffen. Der Gipfel wird aber, wie Sie angekündigt haben, per Videoschalte stattfinden. Hat es, was die Außenminister angeht, ähnliche Überlegungen gegeben? Warum gibt es eine Differenz zwischen diesen beiden Gipfeln?

SASSE: Da bin ich, glaube ich, nicht die richtige Ansprechpartnerin. Sie müssten sich an die EU wenden, Herr Rinke. Ich kann nur Ihre Aussage bestätigen, dass das Treffen der Außenminister heute in Brüssel physisch stattfindet und derzeit läuft.

SRS’IN FIETZ: Im Falle des Rates hat Charles Michel diese Entscheidung getroffen und kein Mitgliedsland.

FRAGE BADER: Womöglich kann das Bundesinnenministerium helfen, vielleicht auch das Bundesjustizministerium. Spanien verbietet seinen Festlandbewohnern, nach Mallorca zu reisen. Großbritannien verbietet auch solche Reisen. Warum kann Deutschland das nicht machen?

VICK: Ich würde auf die Beschlüsse der Ministerpräsidenten hinweisen wollen. Dem habe ich erst einmal nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE BADER: Wäre das denn rechtlich möglich?

SRS’IN FIETZ: Wenn ich nur zur Erläuterung beitragen darf: Grundsätzlich muss man sagen, dass sich die Reisebeschränkungen an den Inzidenzwerten orientieren. Die Inzidenzwerte lassen ein generelles Reiseverbot nach Mallorca im Moment einfach nicht zu. Ich gebe der Kollegin Recht. Wir müssen einfach abwarten, wie sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten heute gemeinsam mit der Bundesregierung zu diesem Fall positionieren.

FRAGE DR. RINKE: Wenn ich es richtig sehe, sind es drei Ministerien der Bundesregierung, die über diese Aufhebung entscheiden: Innen-, Außen- und Gesundheitsministerium. Nun hat es massive Kritik gegeben. Denkt die Bundesregierung darüber nach, diese Kriterien zu verändern, nach denen man Risikoregionen einstuft, zumal sich in Deutschland Frau Fietz hat darauf hingewiesen die britische Variante schon dominierend ausgebreitet hat? Was soll die Unterscheidung zwischen anderen Ländern, in denen es Virusvariantengebiete gibt, und Deutschland, das ebenfalls ein Virusvariantengebiet ist?

SRS’IN FIETZ: Herr Rinke, ich glaube, wir müssen alle gemeinsam die Beratungen abwarten. Ich kann dem nicht vorgreifen, was möglicherweise hinsichtlich dieses Komplexes beschlossen wird.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Nur um es richtig zu verstehen: Es könnte sein, dass bei den Bund-Länder-Beratungen auch eine veränderte Position der Bundesregierung herauskommt?

SRS’IN FIETZ: Das will ich damit nicht gesagt haben. Ich denke, das Thema wird heute mit Sicherheit eine Rolle spielen. Aber was das Ergebnis sein wird, kann ich nicht voraussagen.

FRAGE REITSCHUSTER: Frau Fietz, Frau Nauber, David Nabarro, Sonderberichterstatter der WHO, hat im Oktober gesagt: Wir bei der Weltgesundheitsorganisation befürworten Lockdowns nicht als Hauptmittel. Sie seien nur gerechtfertigt, „um Zeit zu gewinnen, um umzuorganisieren, sich neu aufzustellen, die eigenen Ressourcen neu auszutarieren und um medizinisches Personal zu schützen, das erschöpft ist.“ Welcher von diesen drei Punkten trifft als Begründung für die jetzige Verlängerung des Lockdowns zu? Danke.

SRS’IN FIETZ: Herr Reitschuster, wir haben hier über dieses Zitat schon mehrfach gesprochen. Ich glaube nicht, dass ich Ihnen neuere Erkenntnisse zuliefern kann. Sie müssen dieses Zitat im Gesamtzusammenhang sehen. Einzelne Zitate aus der öffentlichen Diskussion kommentieren wir auch nicht.

VORS. FELDHOFF: Frau Nauber, haben Sie noch Ergänzungen?

NAUBER: Nein.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Ich frage zum wiederholten Male, weil ich keine Antwort bekomme. Die Bundesregierung muss doch sagen können, welcher von den drei Punkten, die die WHO für einen Lockdown als sinnvoll erachtet, begründet ist. Kann die Bundesregierung das nicht beantworten?

SRS’IN FIETZ: Ich kann dem, was ich eben gesagt habe, nichts hinzufügen.

FRAGE JESSEN: Noch einmal zum Thema Mallorca. Es ist bekannt, dass sich dort die brasilianische Variante des Virus durchgesetzt hat, die wie die britische eine besonders gefährliche ist. Hat das bei den Beratungen des Coronakabinetts irgendeine Rolle im Hinblick auf das Setting gespielt, dass Inzidenzahlen eben nicht das alleinige Kriterium sein können, oder geht die Bundesregierung in die heuteigen Gespräche mit den Ländern sozusagen ohne eigene Position?

SRS’IN FIETZ: Das Coronakabinett hat heute Morgen getagt und hat, wie ich eben gesagt habe, die Ministerpräsidentenkonferenz von heute Nachmittag vorbereitet. Dabei war das auch Thema Urlaubsreisen ein Thema. Wie das aber im Einzelnen heute Nachmittag diskutiert wird, kann ich Ihnen natürlich nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das ist doch genau der Kern meiner Frage, Frau Fietz. Mit welcher im Coronakabinett vorbereiteten Position geht die Bundesregierung in die Gespräche heute Nachmittag, zum Beispiel im Hinblick auf Mallorca?

SRS’IN FIETZ: Ich habe eben versucht, deutlich zu machen, dass die Bundesregierung sehr daran interessiert ist, dass wir nicht wieder in ein exponentielles Wachstum kommen und möchte deshalb auch das habe ich eben gesagt Öffnungsschritte auf jeden Fall so lange zurückstellen, bis man sagen kann: Man hat wieder stabile bis sinkende Inzidenzwerte. Vor diesem ganzen Hintergrund wird auch die Frage nach Urlaubsreisen diskutiert, und zwar nicht nur die Frage nach Urlaubsreisen ins Ausland, nach Mallorca, sondern auch die Frage nach Urlaubsreisen im Innern.

FRAGE JORDANS: Meine erste Frage richtet sich an das Bundesfamilienministerium. Die Ministerin hat heute vorgeschlagen, dass Eltern ihre Kinder selber testen können, bevor sie sie in die Kita bringen. Wie soll sichergestellt werden, dass Kinder tatsächlich richtig und überhaupt getestet werden?

Zweitens. Weiß die Ministerin, wie viele Mitglieder der Bundesregierung schulpflichtige Kinder oder solche haben, die in Kitas gehen?

VORS. FELDHOFF: Das Familienministerium ist leider nicht anwesend. Möchte die Regierungssprecherin dazu etwas sagen?

SRS’IN FIETZ: Im Moment nicht.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Frau Fietz, lange waren die Todeszahlen in den USA sehr hoch, aber seit einigen Wochen sinken sie stark. In Deutschland steigen sie derweil, und am Wochenende haben sie die der USA überholt. Was hat die Bundesregierung falsch gemacht, dass so etwas passieren konnte?

SRS’IN FIETZ: Ich denke, dass wir grundsätzlich sagen müssen: Wir haben es in Deutschland bislang geschafft, dass unser Gesundheitssystem nicht überlastet war. Wir haben nach dem Ausbruch der Pandemie mit der Verfügbarkeit der Impfstoffe dafür gesorgt, dass tatsächlich die Menschen in den besonders vulnerablen Gruppen geimpft werden konnten. Das führt auch dazu, dass die Todeszahlen in diesen hohen Altersgruppen zurückgehen. Jetzt ist das Bemühen eben, dass wir ein weiteres Ansteigen der Werte verhindern, um damit die Kliniken nicht zu überlasten und auch dafür zu sorgen, dass es keinen weiteren Anstieg der Todeszahlen in massiver Form gibt.

FRAGE JUNG: Frau Fietz, Sie sagten gerade, man wolle nicht wieder zu einem exponentiellen Wachstum kommen. Widersprechen Sie damit dem RKI, das hier am Freitag hat verlautbaren lassen, dass wir schon längst bei einem exponentiellen Wachstum sind?

Frau Nauber, wie bewertet Ihr Ministerium die brasilianische Variante? Können Sie etwas zur Gefährlichkeit und zu Ihrer Einschätzung hinsichtlich des Auftretens auf Mallorca sagen?

SRS’IN FIETZ: Wenn ich „wieder“ gesagt habe, dann meinte ich damit die Entwicklung, die wir vor Weihnachten erleben mussten. Ich meinte damit, dass wir nicht wieder in eine solche Situation kommen sollten. Das exponentielle Wachstum können wir noch stoppen, wenn wir uns jetzt entsprechend verhalten. Das ist das Ziel der Bundesregierung.

NAUBER: Bezüglich der Virusvarianten würde ich gerne erneut auf den Bericht des RKI dazu verweisen, der ja ausführlich Stellung zur Ausbreitung dieser Varianten nimmt und auch eine Einschätzung dazu abgibt, wie diese Varianten im Vergleich zu dem ursprünglich aufgetretenen Virus einzuschätzen sind.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber es kann ja sein, dass Reiserückkehrer aus Mallorca mit der brasilianischen Variante hier auftauchen. Wie bewerten Sie die Gefährlichkeit für Deutschland?

NAUBER: Noch einmal: Das RKI gibt eine Einschätzung dazu ab, wie gefährlich einzelne Virusvarianten sind. Das wird in dem Bericht auch nach den unterschiedlichen Virusvarianten aufgeschlüsselt.

Zu der Frage nach Mallorca haben wir hier ja jetzt schon mehrfach gesagt, dass die Beratungen der Konferenz mit den Ministerpräsidenten abzuwarten bleiben.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe eine Frage an Frau Fietz, und zwar geht es um AstraZeneca und die Äußerung der EU-Kommission, dass sie jetzt ernsthaft über eine Exportkontrolle und einen Exportstopp nachdenke. Das hat in Großbritannien sehr große Entrüstung ausgelöst. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob die Bundesregierung unterstützt, dass es einen Stopp des Exports des AstraZeneca-Impfstoffs aus der EU geben soll.

SRS’IN FIETZ: Ich möchte ganz grundsätzlich etwas zu dem Thema „Impfstoff und Exportstopp“ sagen. Unternehmen aus der EU exportieren große Mengen an COVID-19-Impfstoffen in andere Länder. Die EU hat ein Exportregime erlassen, das bei einer Gefährdung der Einhaltung der Lieferverpflichtungen der Unternehmen die Möglichkeit der Untersagung von Ausfuhren zulässt. Die Pandemie ist eine globale Herausforderung, die nur bewältigt werden kann, wenn Menschen weltweit geimpft werden. Zudem ist die Impfstoffproduktion sehr komplex, sodass funktionierende Lieferketten über Ländergrenzen hinweg essenziell sind. Die Kommissionspräsidentin hat von einer möglichen Überarbeitung der gegenwärtigen Regelung zur Exportkontrolle und Exporttransparenz gesprochen. Dazu finden derzeit Gespräche statt. Das Thema dürfte auch beim kommenden Europäischen Rat diskutiert werden, und wir müssen abwarten, wie sich die Gespräche dort entwickeln werden.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Wenn Sie darauf hinweisen, dass nur funktionierende Lieferketten über Ländergrenzen hinweg wichtig seien, verstehe ich Sie dann richtig, dass die Bundesregierung die Überarbeitung dieser Pläne oder ein Exportverbot deswegen kritisch sieht?

SRS’IN FIETZ: Noch einmal: Die Pandemie belastet Länder weltweit enorm. Deshalb wollen sie alles tun, um das Impfen der Menschen in ihren jeweiligen Ländern zu beschleunigen; denn nur so kann die Pandemie eingedämmt und zu einem normalen Leben zurückgekehrt werden.

Die EU ist ein wichtiger Produktionsstandort für die Impfstoffe. Aus der EU gelangt, wie ich schon sagte, viel Impfstoff in Drittstaaten. Wir stellen fest, dass die EU in viele Länder der Welt exportiert, während aus den USA und Großbritannien bisher nichts oder fast gar nichts exportiert wurde. Wie die EU-Kommission mitgeteilt hat, ist die EU weiterhin ein führender Lieferant von Impfstoffen in alle Welt. Seit der Einführung der Maßnahme vor sechs Wochen wurden Ausfuhren in Höhe von mehr als 34 Millionen Dosen in mehr als 30 Länder genehmigt.

Gleichzeitig haben die Mitgliedstaaten und die EU ein berechtigtes Interesse daran, dass Unternehmen ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Dies ist leider bisher in einigen Fällen nicht geschehen.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommissionspräsidentin angekündigt, beim Europäischen Rat das Thema weitergehender Beschränkungen der Ausfuhren von Impfstoffen aus der EU anzusprechen. Grundsätzlich unterstützt die Bundesregierung das Anliegen der Kommission, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten entsprechend den abgeschlossenen Verträgen auch tatsächlich mit Impfstoff versorgt werden. Wir müssen wie gesagt abwarten, was der Europäische Rat in dieser Woche beschließen wird.

FRAGE JESSEN: Da kollidieren ja sozusagen zwei Prinzipien miteinander, nämlich zum einen die Sicherung der Impfstoffe für die europäische Bevölkerung, zum anderen das Interesse, dass global geimpft werden kann. Bei der WTO haben die wohlhabenderen Staaten eine beantragte Freigabe der Patente auf Impfstoffe, sodass die in anderen Ländern produziert werden könnten, abgelehnt. Ich glaube, die Bundesregierung hat eine solche Ablehnung bzw. eine Nicht-Freigabe in der Vergangenheit auch damit begründet, dass man ja zum Beispiel im Rahmen von COVAX selbst exportiere. Ist es, wenn dieser Kanal sozusagen ein Stück weit dichtgemacht wird, dann nicht an der Zeit, dafür zu stimmen, dass die Patente freigegeben werden?

SRS’IN FIETZ: Zum einen ist hinsichtlich dieses Themas überhaupt noch nichts entschieden. Da müssen wir tatsächlich die Beratungen des Europäischen Rats abwarten.

Zum anderen liegt die derzeitige Lage bei der Impfstoffversorgung nach Auffassung der Bundesregierung nicht in der Vergabe oder im Halten von Patenten begründet, sondern in der noch nicht ausreichenden Produktionsmenge, die möglich ist. Deshalb würden so weitreichende Maßnahmen wie eine Aufhebung der Lizenzierung der Patente im Grunde genommen im Moment keine Verbesserung der Lage in Bezug auf eine verstärkte Impfstoffproduktion bedeuten, weil die Impfstoffproduktion eben ein hochkomplexer Prozess ist, der sich auch nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen lässt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Die Freigabe der Patente würde aber eine Impfstoffproduktion dort, wo sie technologisch möglich ist, ermöglichen. Warum ist die Bundesregierung nicht dafür, wenigstens diese Option zu bieten?

SRS’IN FIETZ: Viele Hersteller der Impfstoffe kooperieren und arbeiten ja schon mit anderen Unternehmen zusammen. Was die Frage der Patente angeht, habe ich Ihnen die Erklärung der Bundesregierung dazu gegeben.

FRAGE: Boris Johnson will offenbar in dieser Woche mit europäischen Regierungschefs über den möglichen Exportstopp für den AstraZeneca-Impfstoff aus der EU nach Großbritannien sprechen. Hat die Bundeskanzlerin bereits mit Herrn Johnson gesprochen? Wenn ja, was war die Botschaft der Kanzlerin?

SRS’IN FIETZ: Ich kann Ihnen sagen, dass die Bundeskanzlerin gestern mit Premierminister Johnson telefoniert und gesprochen hat und dass die Impfstoffverteilung Gegenstand des Gesprächs war. Aber darüber hinaus kann ich Ihnen aus diesem vertraulichen Gespräch nicht mehr berichten.

FRAGE KÖNIG: Ich habe auch eine Frage zur Impfstoffverteilung. Der österreichische Bundeskanzler Kurz und die osteuropäischen Staaten haben einen Korrekturmechanismus in der Impfstoffverteilung gefordert, eine Art Nachadjustierung. Da würden wir von der Austria Presse Agentur gerne wissen, was die deutsche Regierung davon hält.

SRS’IN FIETZ: Ich gehe davon aus, dass dieses Thema auch beim Europäischen Rat beraten werden wird und kann dazu deshalb heute keine Stellung beziehen.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe auch eine Frage an das Gesundheitsministerium. Es geht wieder um AstraZeneca, aber um das mangelnde Vertrauen und die Probleme, die es offenbar in einigen Bundesländern damit gibt, die Imagekampagne mit dem Impfstoff jetzt wieder anzuschieben. Es gibt Berichte aus mehreren Bundesländern über freie Termine. Sind Sie über solche Probleme informiert? Gibt es zweitens spezielle Aktionen oder eine Werbekampagne für diesen Impfstoff, nachdem ja jetzt auch die US-Behörden gesagt haben, er sei sicher, und man habe überhaupt keine Hinweise auf Probleme mit Thrombosen feststellen können?

NAUBER: Dazu würde ich ehrlich gesagt gerne auf die Sitzung in der BPK vom vergangenen Freitag verweisen, in der der Minister ja ausführlich zu dem Thema Stellung genommen hat.

Ob uns jetzt Hinweise zu Problemen bei der Terminvergabe vorliegen, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann aber nachschauen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Aber müsste das nicht bei Ihnen ganz oben auf der Prioritätenliste stehen? Sie wollen nämlich doch das Impftempo beschleunigen, und wenn sich jetzt herausstellt, dass ganz viele Impftermine gar nicht wahrgenommen werden, weil die Leute entweder nicht hingehen oder keine Termine machen können, dann müsste es doch eigentlich in Ihrem Interesse sein, sich darum zu kümmern.

NAUBER: Ja, und genau das hat der Minister am vergangenen Freitag ja auch sehr deutlich gemacht.

SRS’IN FIETZ: Aber lassen Sie mich bitte noch einmal betonen, dass das Vorgehen der vergangenen Woche doch eigentlich dazu angetan ist, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Impfstoffe zu erhöhen. Das zeigt nämlich doch, dass wir neue Impfstoffe auch dann im Auge behalten, wenn sie zugelassen worden sind, dass wir sorgfältig und verantwortungsvoll im Blick behalten, ob oder welche Nebenwirkungen es gibt, und dass das dann genau geprüft wird. Deshalb ist diese Aussetzung des Impfvorgangs in der vergangenen Woche doch eigentlich ein Beweis dafür, dass ein einmal zugelassener Impfstoff nicht nach dem Motto „egal, was passiert“ weiter verimpft wird, sondern dass man genau darauf schaut, welche Nebenwirkungen diese Impfstoffe möglicherweise haben und wie man damit umgehen kann. Dass es jetzt wieder eine Zulassung gibt und dass wieder weitergeimpft wird, zeigt doch auch im Grunde genommen den Erfolg dieses ganzen Kontrollprozesses.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das war eigentlich nicht die Frage. Sie begründen jetzt, warum man ausgesetzt hat. Ich habe ja auf die Probleme verwiesen, die es heute, am Montag, offenbar in vielen Bundesländern gibt, in denen nicht damit geimpft wird. Es gibt weitere Umfragen, die zeigen, dass das Vertrauen in AstraZeneca nicht nur in Deutschland, sondern zum Beispiel auch in Frankreich gesunken ist. Darauf zielte die Frage ab; vielleicht war das nicht klar genug. Was macht die Bundesregierung, um das Vertrauen in AstraZeneca wieder zu erhöhen?

SRS’IN FIETZ: Meine Antworte zielte genau in diese Richtung. Ich wollte eben deutlich machen, dass dieser Kontrollprozess in der vergangenen Woche ein Beleg dafür ist, dass man Vertrauen in den Impfstoff haben kann und man sich durchaus zu einer Impfung mit AstraZeneca bereitfinden kann. Die Kanzlerin hat ja auch am Freitag mitgeteilt, dass sie sich durchaus mit AstraZeneca impfen lassen würde, wenn sie denn an der Reihe ist.

FRAGE REITSCHUSTER: Ich hätte noch eine Frage an Frau Fietz und Frau Nauber: Die Beschlussvorlage der Bundesregierung sieht ja eine nächtliche Ausgangssperre vor. Nun hat am Sonntag der Stanford-Professor Ioannidis genau davor gewarnt. Kurzes Zitat:

In der begrenzten Zeit sind dann noch mehr Leute gleichzeitig im öffentlichen Raum unterwegs. Sie stecken sich so vermehrt an und sitzen anschließend vermehrt in geschlossenen Räumen zusammen.

Wie stehen Sie zu dieser Kritik? Was ist Ihre wissenschaftliche Grundlage für die Ausgangssperren, die Sie möchten?

SRS’IN FIETZ: Ich kann da nur wiederholen, was wir schon öfter gesagt haben. Wie üblich nehmen wir hier nicht Stellung zu einzelnen Untersuchungen oder Studien einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Aber ich wiederhole auch gern, dass die Bundesregierung insgesamt den wissenschaftlichen Kurs und veröffentlichte Studien sowohl wahr- als auch ernstnimmt, und zwar seit Beginn der Pandemie.

NAUBER: Ich kann dem nichts hinzufügen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Eine nächtliche Ausgangssperre ist ja doch ein weitreichender Eingriff in Grundrechte. Sie müssen doch wissenschaftliche Erkenntnisse haben, wie Sie diesen Eingriff in die Grundrechte rechtfertigen. Können Sie diese nennen?

SRS’IN FIETZ: Zum einen möchte ich darauf hinweisen, dass es Ausgangssperren dieser Art in vielen Ländern Europas und der Welt gibt. Zweitens möchte ich darauf hinweisen, dass darüber heute Nachmittag beraten wird und ich diesen Beratungen nicht vorgreifen will.

FRAGE DR. RINKE: Eine Frage an Frau Sasse: Noch einmal zum Thema Reisen und Urlauber. Der Außenminister hat ja auf dem Gipfel der zweiten Welle klargemacht, dass eine Rückholaktion wie im Sommer 2020 aufgrund der hohen Kosten und dem Umfang der Bemühungen so nicht noch einmal geplant ist. Das war als Warnung an die Urlauber verstanden worden, dass sie sich der Risiken bewusst sein müssen.

Deswegen jetzt die Frage: Ist das Auswärtige Amt bereit, jetzt wieder eine Rückholaktion zu planen? Oder müssen sich diejenigen, die jetzt nach Mallorca oder sonst wohin reisen, darauf einstellen, dass sie dann auch selber dafür sorgen müssen, zurückzukommen?

SASSE: Der Außenminister hat sich ja in der letzten Woche auch selber zum Thema Mallorca geäußert. Zum einen hat er darauf hingewiesen, dass die Inzidenz in Mallorca weiterhin unterhalb des festgelegten Wertes liegt. Zum anderen hat er gesagt, dass das Nichtvorhandensein einer Reisewarnung nicht gleichbedeutend mit einer Einladung ist, irgendwohin zu fahren.

Er hat auch gesagt:

„Da muss sich jeder selbst überlegen, was er tut. Das können wir den Menschen nicht abnehmen.“

Diese Aussage in Verbindung mit der Äußerung vom letzten Jahr können Sie so werten, dass eine Rückholaktion im Moment nicht geplant ist und wir weiterhin, wie es der Außenminister deutlich gemacht hat, der Auffassung sind, dass die bestehende Reisewarnung nicht zur Folge haben darf, dass man überall hinreisen kann.

FRAGE JESSEN: Das ist jetzt dieser Punkt, wo Privates und Politisches ineinander übergehen. Es geht um die Beschaffung von Masken, die vom Arbeitgeber des Ehemanns des Ministers geliefert wurden. Wann wusste der Minister, dass das ein direktes Angebot des Arbeitgebers ist? Hat er diese Lieferung in irgendeiner Art und Weise mit seinem Ehemann besprochen?

NAUBER: Zunächst einmal ist es richtig, dass das Bundesgesundheitsministerium in der Anfangszeit der Pandemie 570 000 KN95-Masken von der Burda GmbH gekauft hat, als Masken im Gesundheitswesen dringend benötigt wurden.

Der Vertrag mit der Burda GmbH ist nach Angebotseingang nach einem standardisierten Verfahren zu marktüblichen Preisen geschlossen und abgewickelt worden.

Dazu hat die Burda GmbH dem „SPIEGEL“ erklärt:

„Der Vorstand der Hubert Burda Media hat dem Gesundheitsministerium im April 2020 angeboten, bei der Maskenbeschaffung zu helfen, als die Bundesregierung auf dringender Suche nach Schutzmasken war.“

Dafür habe sich der CEO Paul-Bernhard Kallen direkt an den Minister gewandt. Spahns Ehemann sei zu keinem Zeitpunkt über die Transaktionen informiert oder involviert gewesen. Der Preis der Schutzmasken habe 1,73 Dollar pro Stück betragen.

Ich zitiere noch einmal den Sprecher der Burda GmbH gegenüber dem „SPIEGEL“:

„Hubert Burda Media hat die Kosten für die Masken eins zu eins weitergereicht.“

FRAGE JESSEN: Diese Erklärungen sind ja auch schon veröffentlicht worden. Danke für die Wiederholung.

Das bedeutet, dass zum einen der Burda-Repräsentant in Berlin von seiner Firma nicht über das Maskengeschäft informiert wurde und dass er auch von seinem Ehemann, der der direkte Ansprechpartner gewesen ist, nicht über das Maskengeschäft informiert wurde. Das bedeutet, Herr Funke ist sozusagen von zwei Seiten her im Unklaren gelassen worden. Das widerspricht in gewisser Weise der Lebenserfahrung.

NAUBER: Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass Herr Spahns Ehemann laut Burda zu keinem Zeitpunkt über die Transaktion informiert oder involviert gewesen ist.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das ist die Aussage von Burda. Meine Frage ist ja auch schon im ersten Anlauf gewesen: Hat der Minister seinen Ehemann über dieses Geschäft informiert oder nicht, und wenn ja, wann?

NAUBER: Ich habe Ihnen jetzt dazu mitgeteilt, was ich Ihnen heute dazu sagen kann.

FRAGE JUNG: Dazu auch. Also zu keinem Zeitpunkt über die Transaktion informiert und involviert. – Das ist jetzt nicht Ihre Position und die Ihres Ministers, sondern Sie tragen die Position von Burda vor. Habe ich es richtig verstanden?

NAUBER: Genau. Der Ehemann von Herrn Spahn ist ja bei Burda angestellt und nicht beim BMG.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie ist es denn aus Sicht des BMG und des Ministers? Wann wurde sein Ehemann informiert und involviert?

NAUBER: Noch einmal: Ich habe dazu jetzt gesagt, was ich dazu sagen kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber Sie sind ja nicht die Pressesprecherin von Burda, sondern des Gesundheitsministeriums und des Ministers.

NAUBER: Genau.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wann war sein Mann involviert oder informiert?

NAUBER: Auch da kann ich mich nur noch einmal wiederholen. Seitens des BMG kann ich mitteilen, dass der Vertrag mit Burda nach Angebotseingang nach einem standardisierten Verfahren zu marktüblichen Preisen geschlossen und abgewickelt worden ist.

ZURUF JUNG: Das war nicht die Frage.

VORS. FELDHOFF: Ich glaube, Sie müssen mit der Antwort leben, Herr Jung.

FRAGE REITSCHUSTER: Eine Frage an Frau Fietz und Frau Nauber: Frau Nauber, am Freitag saß auf Ihrem Platz Herr Professor Lauterbach und hat in drastischen Tönen vor „long COVID“ gewarnt. Er sagte, da drohe ein Tsunami, ganz massive schwere Erkrankungen in vielen Jahren. Ich will nicht alles wiederholen. Teilen Sie diese Einschätzung? Was liegen Ihnen da für Erkenntnisse vor?

NAUBER: Ich glaube, das ist hinlänglich bekannt, dass COVID-19 nicht nur zu Todesfällen führen kann, sondern es auch Langzeitfolgen geben kann. Das RKI hat diesbezüglich alle Aspekte im Blick.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Wenn aber von einem Tsunami die Rede ist und hier ganz drastische Folgen geschildert werden, dann würde mich doch interessieren, welche wissenschaftliche Grundlage die Bundesregierung in Bezug auf diese Langzeitwirkungen genau hat und welche konkreten Schritte dagegen unternommen werden

NAUBER: Erst einmal zielen alle Maßnahmen, die getroffen werden, darauf ab, dass sich möglichst wenige Menschen mit dem Virus infizieren, um zum einen vor einem schweren Krankheitsverlauf, aber auch vor möglichen Langzeitfolgen zu schützen. Was die wissenschaftliche Einschätzung anbelangt, würde ich Sie bitten, sich an das Robert-Koch-Institut zu wenden.

SRS’IN FIETZ: Ich würde noch einen weiteren Satz sagen, weil wir eben so lange über das Reisen und über Mallorca gesprochen haben. Ich möchte noch einmal betonen, dass die Bundesregierung an alle Bürgerinnen und Bürger appelliert, auf Reisen, insbesondere auf touristische Reisen, nach Möglichkeit zu verzichten. Reisen stellt einen breiten Verbreitungsweg des Virus dar. Deshalb ist die Aufhebung der Reisewarnung keinesfalls mit einer Aufforderung zum Reisen oder einer Unbedenklichkeitserklärung zu verwechseln ist

Die Bundesregierung weiß natürlich auch, welche Härten das für die Gastronomie, für die Touristik und die Veranstaltungswirtschaft bedeuten und hat deshalb auch diverse Hilfs- und Unterstützungsleistungen auf den Weg gebracht. Heute Nachmittag wird man, wie gesagt, noch einmal darüber beraten, wie man weiter mit diesem Thema umgehen wird.

FRAGE JUNG: Zum Großthema Corona gehören auch die Olympischen Spiele. Da würde mich vom Sportministerium interessieren, wie Sie die Entscheidung der japanischen Vertreter des IOC bewerten, Olympia ohne ausländische Fans zu veranstalten. Wissen Sie, was mit den gebuchten Flügen und Hotels der Deutschen passiert?

VICK: Wir bedauern natürlich sehr, dass diese Spiele nicht auch Sportbegeisterte aus der ganzen Welt zusammenbringen. Jedoch verstehen wir die Entscheidung und halten sie auch für notwendig, um alle Beteiligten und nicht zuletzt die Menschen in Japan zu schützen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die Frage war: Es gibt ja viele Deutsche, die schon Tickets und Hotels gebucht haben. Können sie jetzt mit Rückerstattungen rechnen, und werden die deutschen Sportler so oder so nach Japan geschickt?

VICK: Ob Flüge zurückerstattet werden können, das kann ich jetzt aus Sicht des Bundesinnenministeriums nicht bewerten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Was ist mit den deutschen Sportlern?

VICK: Soweit ich weiß, geht es darum, dass die Zuschauer nicht aus dem Ausland einreisen können.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die Sportler können ja auch das Virus einschleppen oder mitbringen. Werden die deutschen Sportler und Sportlerinnen so oder so geschickt?

VICK: Die ursprüngliche Frage richtete sich danach, wie wir es sehen, dass ausländische Zuschauer nicht einreisen können. Dazu habe ich Ihnen etwas gesagt.

FRAGE DR. DELFS: Genießt der Gesundheitsminister noch das volle Vertrauen der Bundeskanzlerin?

SRS’IN FIETZ: Die Bundeskanzlerin arbeitet mit allen Ministerinnen und Ministern des Kabinetts vertrauensvoll zusammen.

FRAGE BADER: An das Verteidigungsministerium: Herr Collatz, die Ministerin ist heute beim Kommando Spezialkräfte in Calw. Was ist der Zweck des heutigen Besuchs?

COLLATZ: Das kann ich so bestätigen. Wie schon bei der Vorstellung des ersten Zwischenberichts zum KSK, ist es der Ministerin ein großes Anliegen, bevor sie ihre Unterschrift unter den zweiten Zwischenbericht setzt, noch einmal mit den Menschen im KSK zu sprechen und die Eindrücke, die sie gewonnen hat, zu vertiefen, um auf dieser Basis den Bericht dem Parlament morgen formell zuleiten zu können.

ZUSATZFRAGE BADER: Können Sie ausschließen, dass Kommandeur Kreitmayr in den nächsten Tagen abgelöst wird?

COLLATZ: Wir haben gestern eine Pressemitteilung dazu veröffentlicht, nachdem die Ministerin viele Vorgespräche mit den Beteiligten geführt hat. Darin ist auch der Satz enthalten, dass der Kommandeur des KSK seine Aufgaben während der laufenden Voruntersuchungen zunächst weiterhin wahrnehmen wird.

FRAGE JUNG: Warum tut er das?

COLLATZ: Weil sich die Ministerin durch die bisherigen Sachstandserhebungen nicht dazu veranlasst gesehen hat, Herrn Kreitmayr von seinen bisherigen Aufgaben entbinden zu müssen.

FRAGE JORDANS: Frau Sasse, unterstützt, die Bundesregierung die EU-Sanktionen gegen China?

Welche Auswirkungen werden sie auf die Beziehungen mit Peking haben?

SASSE: Vielen Dank. Diese Frage ist heute auch im Zusammenhang mit dem Rat für auswärtige Beziehungen relevant. Die EU hat heute im Rahmen des EU-Menschenrechtssanktionsregimes, das, wie Sie wissen, neu ist, auch Sanktionen gegen China verhängt. Insgesamt wurden heute im Rahmen des Rates restriktive Maßnahmen gegen elf Personen und vier Entitäten aus sechs Ländern verabschiedet. Erfasst sind unter anderem Personen und Entitäten aus China, Nordkorea, Libyen, Südsudan, Eritrea und Russland. Ich muss deswegen an der Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass sich das Paket, das die EU heute verabschiedet hat, nicht gegen ein bestimmtes Land richtet, sondern dass es insgesamt auf schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen abzielt, unabhängig von dem Ort, an dem sie begangen werden.

Was konkret den Punkt Chinas angeht, so haben wir, denke ich, an dieser Stelle schon mehrfach erläutert, dass wir die Lage der Uiguren und anderer ethnischer und religiöser Minderheiten in Xinjiang für schwierig ansehen und dass dieses Thema ganz oben auf der Liste der schwerwiegenden Bedenken der EU und auch der Bundesregierung in Bezug auf die Menschenrechtslage in China steht. Wir sprechen dieses Thema auch das wissen Sie sowohl bilateral bei Treffen mit chinesischen Gesprächspartnern als auch öffentlich unter anderem in UN-Foren immer wieder an.

Die Existenz politischer Umerziehungslager, die weitverbreitete Überwachung, die systematische Einschränkung der Religionsfreiheit von Uiguren und anderen Minderheiten in Xinjiang sowie Berichte über Zwangsarbeit, Zwangssterilisationen und erzwungene Geburtenkontrolle sind schwere Menschenrechtsverletzungen.

Die vier Personen und die Einrichtung, gegen die sich die Auflistungen richten, haben eine aktive Rolle bei der Gestaltung und Umsetzung der chinesischen Politik in Xinjiang gespielt, die unter anderem willkürliche Inhaftierungen in großem Umfang, groß angelegte Überwachung, Indoktrination, erniedrigende Behandlungen sowie Verletzungen der Religions- und Glaubensfreiheit umfasst.

FRAGE JUNG: Können Sie uns sagen, welche vier chinesischen Verantwortlichen das betrifft? Können Sie uns die Namen nennen? Ist Präsident Xi darunter?

SASSE: Diese Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten. Was ich zu den Menschenrechtssanktionen, die heute verabschiedet wurden, zu sagen habe, habe ich gerade gesagt. Weitere Details insbesondere zu den Betroffenen kann ich an dieser Stelle nicht nennen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Vielleicht könnten Sie das nachreichen.

Wenn es Ihnen um Erniedrigung, Folter usw. geht: Haben Sie uns Sanktionen gegen amerikanische Verantwortliche im Zusammenhang mit Guantanamo mitzuteilen?

SASSE: Zunächst noch einmal zurück zum Thema Chinas: Dafür ist, denke ich, die EU der richtige Ansprechpartner, weil es ja um EU-Sanktionen geht, die heute verhängt wurden. Wenn Sie Details zu den Personen und Entitäten benötigen, könnten Sie sich vielleicht auch an die EU wenden.

Was die Amerikaner angeht, so haben wir an dieser Stelle unsere Position zu Guantanamo in der Vergangenheit sehr, sehr häufig deutlich gemacht. An der Haltung hat sich nichts geändert.

ZUSATZFRAGE JUNG: Gab es bisher in Sachen Guantanamo Sanktionen gegen amerikanische Verantwortliche?

SASSE: Wie gesagt, haben wir unsere Position zu Guantanamo einschließlich dieser Frage in der Vergangenheit mehrfach und immer wieder deutlich gemacht, auch auf Fragen von Ihnen hin. Das möchte ich an dieser Stelle deswegen nicht noch einmal ausführen.

FRAGE DR. RINKE: Frau Sasse, Sie haben gesagt, diese Sanktionen richteten sich nicht gegen einzelne Länder. Sie sind aber offenbar so aufgefasst worden, zumindest in China. China hat nämlich schon angekündigt, Gegensanktionen zu verhängen, und unter anderem den Europaabgeordneten der Grünen Herrn Bütikofer mit Sanktionen belegt.

Können Sie uns sagen, was die Reaktion der Bundesregierung darauf ist?

Hatten Sie erwartet, dass China Gegensanktionen verhängen würde?

SASSE: Diese Meldung ist mir bekannt. Ich kann Ihnen an der Stelle nur sagen, dass wir die Reaktion Chinas zur Kenntnis genommen haben.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Frage an das BMI zu der Coronademonstration in Kassel am Sonnabend. Darüber gibt es vielfältige Berichte. Der Einsatz wird auch nachträglich noch aufgearbeitet. Die Berichte haben zum Inhalt, dass die Polizei zum Teil darauf verzichtet habe, Auflagen gegen die Demo durchzusetzen, und zum Zweiten Gegendemonstranten mit unangemessener Härte überzogen habe.

Erste Frage: War Bundespolizei bei diesem Einsatz dabei? Welche Beobachtungen gibt es da?

Zweite Frage: Ist das Bundesinnenministerium darüber besorgt, wenn Polizei bei solchen Demonstrationen möglicherweise mit zweierlei Maßstab vorgeht?

VICK: Das BMI kennt Medienberichte zum Versammlungsgeschehen am vergangenen Wochenende. Da das Versammlungsrecht dem Grunde nach Ländersache ist, kann ich den konkreten Einsatz von dieser Stelle aus nicht bewerten. Ich kann aber losgelöst vom Einzelfall erklären, dass das Versammlungsrecht ein hohes Gut in unserer Demokratie ist und dass wir gerade in diesen Zeiten das Versammlungsrecht gewährleisten müssen.

Allerdings muss das Versammlungsrecht in Pandemiezeiten natürlich im Einklang mit dem Infektionsschutz ausgeübt werden, und wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass das auch funktioniert. Wie Sie schon erwähnt haben, müssen für Versammlungen Auflagen erlassen werden, um den Infektionsschutz zu garantieren. Die erlassenen Auflagen müssen selbstverständlich auch umgesetzt und im Zweifel durchgesetzt werden. Allerdings erwartet das BMI natürlich, dass sich bei der Durchsetzung ordnungsrechtlicher Maßnahmen durch die zuständigen Stellen an Recht und Gesetz gehalten wird.

Die Innenminister aus Hessen und Thüringen haben bereits angekündigt, dass der Polizeieinsatz umfassend aufgearbeitet werden soll. Den Ergebnissen daraus kann ich an der Stelle nicht vorgreifen.

ZUSATZ JESSEN: Das beantwortet nicht die Frage, ob bei dem Einsatz Bundespolizei mit dabei war und ob von daher das BMI sozusagen Erfahrungsberichte aus eigenen Quellen mit heranzieht und den Einsatz auch von diesem Ansatz her beleuchtet und beurteilt.

VICK: Meines Wissens waren Bundespolizisten im Rahmen ihrer eigenen Aufgaben eingesetzt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das heißt, dass es dann doch einen Anlass dafür gibt, den Polizeieinsatz, soweit es Bundespolizei angeht, selbst zu untersuchen. Tun Sie das?

VICK: Meines Wissens war die Bundespolizei bei der An- und Abreise eingesetzt und nicht bei den Durchsetzungen der ordnungsrechtlichen Maßnahmen. Aber falls ich dazu einen anderen Kenntnisstand erhalten sollte, würde ich das gegebenenfalls nachreichen.

FRAGE REITSCHUSTER: Frau Vick, eine Polizistin hat im privaten Gespräch bei der Demo einer Demonstrantin mit der Hand ein Herzzeichen gezeigt. Das führte zu massiven Diskussionen. Es hieß, das Neutralitätsgebot sei verletzt worden.

Mir ist klar, dass Sie den Einzelfall nicht kommentieren können, aber generell: Wo beginnt für Sie das Neutralitätsgebot? Dürfen Polizisten freundlich sein, oder steht das Zeigen eines Herzens generell schon im Verdacht, die Neutralität zu verletzen?

VICK: Grundsätzlich ist die Rolle der Polizei bei solchen Versammlungen vielfältig. Auf der einen Seite muss sie die Versammlungsfreiheit für alle gewährleisten. Auf der anderen Seite muss sie gegebenenfalls erlassene Auflagen durchsetzen und kontrollieren.

Wie Sie bereits erwähnt haben, gilt allgemein eine Neutralitätspflicht für Beamtinnen und Beamte. Das heißt, dass Beamte neutral sein und unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Einflüssen handeln sollen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Aber wo liegt für Sie die Grenze zwischen Neutralität und Freundlichkeit?

VICK: Sie wollen eine Bewertung des Einzelfalls, den Sie gerade beschrieben haben. Ich kann den Einzelfall nicht bewerten. Das ist umfassend. Sie haben ein Bild beschrieben. Ich weiß nicht, wie es zu diesen Bildern gekommen ist und was vielleicht noch mit eine Rolle gespielt hat, sodass ich das von dieser Stelle aus nicht bewerten kann.

FRAGE DR. RINKE: Frau Vick, nachdem es mehrfach Kritik an Polizeieinsätzen gegen sogenannte Querdenkerdemonstrationen gegeben hat, will ich nachfragen, ob es bei Ihnen Untersuchungen dazu gibt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Bundespolizisten gewisse Sympathien für solche coronamaßnahmenkritischen Positionen haben? Wird das von Ihnen untersucht? Hat das Ministerium die Bundespolizei angewiesen, verstärkt danach zu schauen?

VICK: Grundsätzlich kann ich Ihnen sagen, dass die Sicherheitsbehörden hellwach sind und im Rahmen ihrer Aufgaben alle Entwicklungen, auch Entwicklungen, die gegebenenfalls im Zusammenhang mit Coronaprotesten entstehen, betrachten. Dem habe ich erst einmal nichts hinzuzufügen.

ZUSATZ DR. RINKE: Dass Sie das beobachten, ist klar. Aber meine Frage zielte mehr darauf, ob Sie intern, innerhalb der Bundespolizei, hinterherfragen oder recherchieren, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es da möglicherweise Sympathisanten einer solchen Bewegung gibt.

VICK: Wenn ich sage, dass die Sicherheitsbehörden hellwach sind und alle möglichen Entwicklungen im Zusammenhang mit Coronaprotesten betrachten, dann steht die Aussage für sich.

SRS’IN FIETZ: Lassen Sie mich vielleicht noch ergänzen, dass die Bundesregierung insgesamt die Bereitschaft des hessischen Innenministers Beuth begrüßt, den gesamten Polizeieinsatz in Kassel, wie er es formuliert hat, gründlich nachzuarbeiten.

FRAGE REITSCHUSTER: Frau Vick, ich wurde am Samstag in Kassel von Gegendemonstranten tätlich angegriffen. Das ist mir auch früher schon passiert; es passiert auch anderen immer wieder. Man hat den Eindruck, dass die Aggression gegenüber Journalisten von unterschiedlichen Seiten bei Demonstrationen zunimmt.

Halten Sie die aktuelle Gesetzeslage diesbezüglich für ausreichend? Macht sich die Bundesregierung Gedanken darüber, wie sie Journalisten und damit auch die Berichterstattung angesichts einer zunehmenden Aggression noch besser schützen könnte?

VICK: Ihre persönlichen Erfahrungen vom Wochenende kann ich natürlich nicht bewerten, aber ich rate jedem, der in irgendeiner Form rechtswidriges Verhalten festzustellen meint, dies bei den zuständigen Behörden zur Anzeige zu bringen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Die Frage richtete sich ja nicht auf den Einzelfall, sondern die Frage war, ob sich die Bundesregierung hier generell Gedanken macht, die Situation rechtlich zu verbessern.

VICK: Auch da habe ich ehrlicherweise meinen Aussagen von vorhin nichts hinzuzufügen. Wir beobachten die Entwicklung fortlaufend und sind hellwach, und gegebenenfalls gibt es Maßnahmen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Eine Nachfrage zu der Frage von Herrn Rinke, ob die Bundesregierung beobachtet, ob es bei Polizisten Sympathien gibt: Inwieweit ist es Privatsache, was für Ansichten und Sympathien Polizisten haben, und inwieweit ist das eine Sache des Arbeitgebers?

VICK: Wie ich zu Ihrer ersten Frage schon ausgeführt habe, hat jeder selbstverständlich das Recht auf seine private Meinung. Für Beamtinnen und Beamte gilt aber eben die Neutralitätspflicht, sodass sie sich im Rahmen ihrer Berufsausübung neutral zu verhalten haben.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Aber was für eine Ansicht sie haben, geht niemanden etwas an, solange sie die nicht in die Arbeit einfließen lassen?

VICK: Selbstverständlich gilt die Meinungsvielfalt und -freiheit unseres Grundgesetzes auch für Beamtinnen und Beamte.

FRAGE LINKE: Mehr als 90 Prozent aller Erbschaften und Schenkungen über 100 Millionen Euro wurden im Jahr 2019 von der Steuer befreit. Das zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion. Die Linke fordert deswegen eine Erbschaftssteuerreform. Wie steht es um eine solche Erbschaftssteuerreform? Gibt es dahingehend Pläne vonseiten der Bundesregierung, und wenn ja, wie sehen diese aus?

DR. KUHN: Eine Reform der Erbschaftsteuer ist ja 2016, also noch von der letzten Regierung, vorgenommen worden. Hintergrund war, dass es da Anpassungsbedarf aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gab. Wie Sie wissen, gab es seinerzeit intensive Befassungen des Bundestags und auch des Bundesrats und der Vermittlungsausschuss ist einbezogen worden. Es hat dann relativ lange gedauert, bis es eine Kompromissfindung in dieser komplexen Materie gab. Das ist jetzt der Stand. Der Koalitionsvertrag selber das wissen Sie auch sieht keine Anpassung des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts vor.

FRAGE LINDNER: Zum Autogipfel: Wer nimmt an diesem Autogipfel morgen Abend teil? Was sind die wichtigsten Themen?

SRS’IN FIETZ: Da bin ich im Moment wirklich überfragt; ich weiß jetzt nicht genau, ob das am Freitag angekündigt wurde oder nicht.

VORS. FELDHOFF: Das wird wohl nicht öffentlich sein, aber trotzdem kann man ja fragen.

SRS’IN FIETZ: Genau, jetzt erinnere ich mich: Er ist nicht öffentlich, und deshalb kann ich natürlich über Teilnehmer auch nichts sagen.

VORS. FELDHOFF: Das bedauern wir.

FRAGE LINDNER: Wenn der Autogipfel schon nicht öffentlich ist: Gibt es danach vielleicht trotzdem eine Presseinformation?

SRS’IN FIETZ: Soweit ich mich erinnere, ist das nicht vorgesehen.

FRAGE JUNG: Sind bei dem Autogipfel neben der Autolobby auch noch andere Gruppen eingeladen, zum Beispiel Umweltverbände?

SRS’IN FIETZ: Ich kann Ihnen keine weiteren Angaben zu dem Autogipfel machen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie uns im Nachhinein die Gästeliste schicken?

SRS’IN FIETZ: Ich werde sehen, ob das möglich ist. Wenn ja, dann machen wir das gerne.

FRAGE JUNG: Zum Thema Sport an das BMI: Es geht um den Bericht, den der Stasi-Unterlagen-Beauftragte, Herr Jahn, am Freitag vorgelegt hat. Darin steht zum Thema „Leitende Personen im Sport“:

„In Vorbereitung der European Games in Minsk 2019 bzw. der Youth Olympic Games in Lausanne 2020 erfolgten 81 Überprüfungen von Leitungspersonen des deutschen Sports. In acht Fällen ergaben sich Hinweise auf eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst.“

Mich würde interessieren: Hat das BMI davon gewusst? Was haben Sie dagegen getan?

VICK: Dazu kann ich Ihnen jetzt keine Informationen geben, das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie auch nachreichen, worum es sich bei diesen acht Fällen handelt? Wer sind diese Personen, sind die immer noch leitungstechnisch im Leistungssport in Deutschland tätig?

VICK: Wie ich gerade gesagt habe, werde ich die Informationen gegebenenfalls nachreichen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum gegebenenfalls?

VICK: Weil ich Ihnen ja jetzt nicht sagen kann, welche Informationen ich dazu habe.

FRAGE LINKE: Zum Thema Diplomatie und Russland: Wie bewertet die Bundesregierung, dass US-Präsident Joe Biden den russischen Präsidenten als Killer bezeichnet habe?

SASSE: Außenminister Maas hat sich bereits in der vergangenen Woche anlässlich verschiedener Pressekonferenzen zu diesem Thema geäußert und hat gesagt, dass er zu diesen Äußerungen keine Stellung nimmt.

SRS’IN FIETZ: Ich kann nur darauf verweisen, dass Herr Seibert dazu hier schon Stellung genommen hat.

FRAGE JESSEN: Dazu hätte ich gern das Justizministerium gefragt: Im Moment wird ja sehr intensiv über mehr Transparenzregeln und Vorschriften, was Abgeordneteneinkünfte usw. angeht, debattiert. Sind das Regeln, die im Wege der Selbstverpflichtung wesentlich zu treffen sind, oder sind das Dinge, die auch auf Gesetzesebene zu regeln wären? Wenn das so ist: Ist das Bundesjustizministerium schon von sich aus aktiv geworden bei der Formulierung entsprechender Gesetze, oder ist schon fachliche Expertise und Hilfestellung bei Ihnen angefragt worden?

DR. LEBER: Ich glaube, die Sachverhalte, die Sie gerade beschrieben haben, beziehen sich unter anderem auf das Abgeordnetengesetz, und für das müsste das Innenministerium zuständig sein, soweit ich weiß. Vielleicht kann die Kollegin da weiterhelfen.

VICK: Entschuldigung, können Sie die Frage wiederholen?

FRAGE JESSEN: Im Zuge der Debatte um Nebeneinkünfte, Korruptionsverdacht, Vorteilsnahme geht es ja darum, neue Regeln für die Offenlegung von Nebentätigkeiten, Einkünften usw. von Abgeordneten aufzustellen. Die Frage ist, inwiefern das gesetzliches Regelwerk ist. Meine Frage an das Justizministerium war, ob dazu schon um fachliche Expertise nachgesucht worden ist, und die Antwort war, dass das BMI, weil es um das Abgeordnetengesetz gehe, wohl federführend sei, also Sie etwas sagen können müssten.

VICK: Meines Erachtens ist das Thema Lobbyregister hier letzte Woche schon Thema gewesen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Den Ausführungen von Ihnen beiden entnehme ich jetzt, dass es keine eigenen Aktivitäten innerhalb der beiden Ressorts gibt, das politische Begehren auch in rechtskonforme Vorschriften umzusetzen. Sehe ich das richtig?

VICK: Meinem Kenntnisstand nach haben wir an dieser Stelle schon erklärt, dass das Lobbyregister begrüßt wird und dass zügig darauf hingearbeitet werden soll.

VORS. FELDHOFF: Es gibt noch eine Nachlieferung des Auswärtigen Amtes.

SASSE: Genau, ich wollte noch einmal auf Ihre Frage zu den Personen und Einheiten, die unter das neue Listungspaket gegenüber China fallen, zurückkommen, Herr Jung. Ich hatte Sie ja auf die EU verwiesen. Das ist auch richtig, denn die Namen sind im Beschluss zu den Sanktionen bzw. zu diesem Listungspaket enthalten. Um Ihnen die Arbeit leicht zu machen: Das ist im aktuellen Amtsblatt der EU veröffentlicht, und gemäß dieser Veröffentlichung im Amtsblatt fallen darunter der Direktor des Büros für öffentliche Sicherheit von Xinjiang, Vertreter des politischen Parteikomitees des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang sowie das Büro für öffentliche Sicherheit.

FRAGE JUNG: Warum ist Herr Xi als Präsident nicht dabei? Der ist dafür ja letztverantwortlich.

SASSE: Da muss ich Sie leider auf das verweisen, was ich vorher schon gesagt habe: Das ist eine Entscheidung der EU, die einstimmig getroffen wurde, und in dem aktuellen Listungspaket sind genau diese Personen und Einheiten genannt, die ich gerade erwähnt habe.

ZUSATZFRAGE JUNG: Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass Präsident Xi auf diese Sanktionsliste kommt?

SASSE: Ich kann Ihnen nur sagen, was dazu heute im Rahmen der EU beschlossen wurde.

FRAGE NEHLS: Hat die Bundesregierung dem Verlangen der USA nach einem Stopp des Nord-Stream-2-Pipelinebaus inzwischen nachgegeben und diesen verfügt, oder wie ist der Stand des Ringens wenn Washington überhaupt mit sich verhandeln lässt?

SRS’IN FIETZ: Ich kann dazu nur allgemein sagen, dass wir die Berichterstattung zur Kenntnis genommen haben. Unsere grundsätzliche Haltung zu extraterritorialen Sanktionen ist bekannt und gilt auch weiterhin. Zu den Auswirkungen der Sanktionen und zur Fertigstellung von Nord Stream 2 gilt wie bisher, dass es sich um ein Projekt der Wirtschaft handelt. Deshalb sind Fragen zum aktuellen Stand und zur weiteren Planung an die jeweiligen Projektträger zu richten.

FRAGE DR. RINKE: An Frau Sasse: Es gab ja immer wieder einmal Spekulationen über mögliche Abstimmungen zwischen den beiden Regierungen, also den Regierungen der USA und Deutschlands. Ist Ihnen bekannt, dass es Planungen für ein solches Gespräch über Nord Stream 2 entweder auf der Ebene der Minister oder möglicherweise auf Fachebene gibt?

SASSE: Ich kann Ihnen zu solchen Planungen heute nichts berichten. Unsere grundsätzliche Position zu Nord Stream 2 einschließlich der Tatsache, dass wir zu diesem Thema mit der US-Regierung gerne zu Konsultationen bereit sind , hat Frau Adebahr ja in der vergangenen Woche noch einmal deutlich gemacht. Diese Äußerungen von Frau Adebahr haben weiter Bestand und geben den aktuellen Stand wieder.

FRAGE WARWEG: Nach RT DE vorliegenden Informationen haben die Flugstunden von Kampfjets der Bundeswehr im Pandemiejahr 2020 signifikant zugenommen. Können Sie das bestätigen, und wie erklären Sie diese Zunahme?

COLLATZ: Diese Zahlen kann ich so nicht bestätigen. Mir liegen aktuelle Zahlen der Flugbereitschaft vor, aber ich glaube, danach ist nicht gefragt; diese gehen nämlich zurück. Zu Kampfflugzeugstunden kann ich hier keine Auskunft tätigen. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

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