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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 19. April 2021

Themen: Sitzung des Coronakabinetts, COVID-19-Pandemie, Gesundheitszustand von Alexej Nawalny, Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin, Mietpreisbremse auf Bundesebene, Gespräche zwischen den JCPOA-Teilnehmern in Wien, Medienberichte über direkte Gespräche zwischen Saudi-Arabien und dem Iran in Bagdad, Explosionen in einem Munitionsdepot in Tschechien im Jahre 2014, Erklärung europäischer Fußballclubs zur geplanten Gründung einer Super League, Vorschlag des Bundesvorstands der Grünen zur Nominierung von Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl 2021, Abzug der NATO aus Afghanistan

Themen/Naive Fragen zu:
– Notbremse
– Infektionsherd Arbeitsplatz
– Afghanistan-Abzug

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 19. April 2021:

VORS. BUSCHOW eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’IN DEMMER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS’IN DEMMER: Einen schönen guten Tag auch von mir! Heute Vormittag hat sich die Bundeskanzlerin mit den zuständigen Fachministern im Coronakabinett getroffen, um über die aktuelle Lage zu beraten.

Wie üblich wurde zuallererst über die aktuelle Infektionslage berichtet. Sie werden die Zahlen kennen. Der Inzidenzwert steigt stetig. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt derzeit bundesweit bei 165,1. Noch vor einem Monat, am 19. März, lag der Wert unter 100, bei 95,6. 4842 Menschen benötigen derzeit eine intensivmedizinische Behandlung, 2723 von ihnen müssen dabei invasiv beatmet werden. Das heißt, die dritte Welle hat Deutschland fest im Griff.

Die eindringlichen Appelle, die uns aus der Medizin erreichen, müssten mittlerweile jeden aufgerüttelt haben. Wir müssen die Einschätzungen aus den Kliniken, aus den Intensivstationen, aus der Wissenschaft und vom medizinischen Personal ernst nehmen. Wir müssen deutliche Maßnahmen ergreifen, die die dritte Welle brechen. Denn das Gesundheitssystem droht an die Belastungsgrenze zu kommen. Etliche Menschen erkranken schwer; viele sterben. Von zehn Erkrankten wird einer mit Spätfolgen seiner COVID-19-Erkrankung zu kämpfen haben. Das ist der wissenschaftliche Stand von heute, wobei gerade die Fragen zu den Spätfolgen noch nicht richtig abschließend beantwortet werden können. Aber wir alle haben es jetzt in der Hand, etwas dagegen zu tun und dürfen dabei nichts unversucht lassen.

Ein Thema im Coronakabinett war heute die Abgabe von Arzneimitteln mit monoklonalen Antikörpern. Bisher fehlen, wie Sie ja wissen, zielgerichtete Therapiemöglichkeiten gegen COVID-19. Die Bundesregierung hat nun beschlossen, nicht zugelassene monoklonale antikörperhaltige Arzneimittel zentral zu beschaffen. Diese sollen bei Patientinnen und Patienten bestimmter Risikogruppen nach individueller Nutzen-Risiko-Einschätzung durch die behandelnden Ärzte zum Einsatz kommen, um so einem schweren Verlauf entgegenzuwirken. Näheres dazu kann bestimmt das Bundesgesundheitsministerium mitteilen.

Ebenso war Thema, wie weit Geimpfte mit negativ Getesteten gleichgestellt werden sollen. Wie Sie wissen, wurde bei dem Treffen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder am 22. März ja das RKI gebeten, einen Bericht darüber vorzulegen. Auch das war heute Thema.

Dabei will ich es einmal belassen.

FRAGE JUNG (zum Infektionsschutzgesetz): Zu der Notbremse bei den Schulen, wo die Inzidenz jetzt von 200 auf 165 heruntergesetzt wurde: Woher kommt diese willkürliche Zahl?

SRS’IN DEMMER: Das Infektionsschutzgesetz liegt ja derzeit im parlamentarischen Verfahren. Es wird jetzt dort beraten. Ich kann den Ergebnissen nicht vorgreifen und hier natürlich auch nicht den Diskussionsstand wiedergeben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum gibt es keine Notbremse in Sachen Betrieben und Büros im Gegensatz zu den Schulen?

STS SEIBERT: Sämtliche Fragen, die den Diskussionsstand zum Infektionsschutzgesetz betreffen, sind jetzt hier und heute in der Regierungspressekonferenz schwer zu verhandeln. Denn sie befinden sich im parlamentarischen Verfahren. Dessen Ergebnis können wir hier schlecht vorgreifen.

FRAGE REITSCHUSTER (zu Sterbefallzahlen in Deutschland): Herr Kautz, laut statistischem Bundesamt hatten wir im letzten Monat eine Untersterblichkeit. Im März starben 11 Prozent weniger als im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2020. Wie erklären Sie sich das?

KAUTZ: Herr Reitschuster, ich kommentiere keine Zahlen, die ich vorher nicht gesehen habe.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Das wundert mich jetzt aber. Warum verfolgt das Gesundheitsministerium nicht die Zahlen über die Sterblichkeit, und warum kommentiert es sie nicht?

KAUTZ: Das tun wir ganz sicherlich. Aber Sie zitieren eine ganz konkrete Zahl, die ich nicht kenne, deren Zusammenhang ich nicht kenne. Das kann ich an dieser Stelle nicht kommentieren.

FRAGE RIETIG: Frau Demmer oder Herr Alter, befürwortet das Coronakabinett die Entsendung einer Delegation aus Athletinnen und Athleten und Funktionären usw. zu den Olympischen Spielen nach Tokio? Wenn ja, impliziert dies eine Zustimmung zu einer vorgezogenen Impfung der Teilnehmer?

SRS’IN DEMMER: Auch das war heute kurz Thema im Coronakabinett. Herr Alter kann Ihnen dazu Näheres sagen.

ALTER: Das Bundesinnenministerium, die Bundesregierung, steht einer Entsendung von Athletinnen und Athleten zu den Olympischen Spielen positiv gegenüber. Wir wollen auf keinen Fall riskieren, dass die Athletinnen und die Athleten sowie deren Betreuer für andere anlässlich der Olympischen Spiele ein Infektionsrisiko darstellen. Wir wollen auch vermeiden, dass sie sich selbst im Rahmen dieser Veranstaltung infizieren. Deswegen besteht Einigkeit innerhalb der Bundesregierung, dass die Athletinnen und Athleten zeitgerecht vor den Olympischen Spielen geimpft werden sollen.

FRAGE JESSEN: Eine Frage zum Test am Arbeitsplatz: Der Bundeswirtschaftsminister hat gestern Abend noch einmal gesagt, ihm lägen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, inwiefern der Arbeitsplatz ein besonderes Infektionsrisiko darstelle. Die Frage geht an das Bundesgesundheitsministerium und auch an das BMAS: Haben Sie Zahlen darüber? Verfügen Sie über Zahlen, in welcher Weise Arbeitsplätze Infektionsrisiken darstellen?

KAUTZ: Zahlen habe ich dazu nicht präsent, Herr Jessen. Prinzipiell ist es so, dass jeglicher Kontakt, den man vermeidet, gut bei der Pandemiebekämpfung ist. Dazu gehört sicherlich auch, dass man verstärkt Homeoffice macht.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Da auf der anderen Seite über Schulen ja durchaus Studien vorliegen: Arbeitet das Gesundheitsministerium, die Bundesregierung, daran, einen validen Überblick über Infektionsrisiken am Arbeitsplatz zu gewinnen?

KAUTZ: Es gibt dazu Studien. Das RKI verfolgt dazu Studien. Ich kann Ihnen das aber jetzt hier nicht referieren, welche Studien das sind. Das haben wir schon mehrfach gesagt, dass wir uns in der Regierungspressekonferenz in diese wissenschaftlichen Auseinandersetzungen nicht einmischen werden.

VORS. BUSCHOW: Will das BMAS ergänzen?

CHAGHERI: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

VORS. BUSCHOW: Die Antwort war das werden Sie nicht gehört haben, Herr Jessen , es gibt dort auch keine Zahlen.

FRAGE SCHERSCH: Anders als ursprünglich geplant soll nun doch kein Impfstoff von AstraZeneca in den Hausarztpraxen zum Einsatz kommen. Stattdessen wurden die Mengen des BioNTech-Vakzins auf zwei Millionen Dosen aufgestockt. Was steckt hinter dieser kurzfristigen Entscheidung?

KAUTZ: Prinzipiell ist diese Auskunft nicht richtig. Sie ist richtig auf eine Woche bezogen. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass nicht genug AstraZeneca-Impfstoff vorhanden ist, um auch die Arztpraxen zu bedienen. Allerdings wird dieser Mangel durch zusätzliche Lieferungen von BioNTech überkompensiert. Deswegen werden in einer Woche die Arztpraxen ausschließlich mit BioNTech beliefert.

FRAGE BEERHEIDE: Eine Frage zur Bestellung: Bestellt wurde ja bereits schon. Wie geht das Bundesgesundheitsministerium nun mit der Entscheidung der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA um, die Notfallzulassung wieder auszusetzen?

FRAGE MEYER: An Frau Demmer bzw. das Gesundheitsministerium: Können Sie noch einmal genauer erläutern, wie viel genau beschafft werden soll und wofür genau es eingesetzt werden soll?

KAUTZ: Wir haben insgesamt 200 000 Dosen von diesen monoklonalen Antikörpern beschafft. Diese Antikörper sind in der EU nicht zugelassen, deswegen muss uns diese Notfallzulassung der FDA bzw. die entzogene Notfallzulassung der FDA insofern auch nicht zwingend bekümmern. Es liegt in der Verantwortung der Ärzte, diese Antikörper einzusetzen. Es gibt aufgrund von Daten durchaus Grund zu der Annahme, dass sie helfen, wenn sie in einem sehr frühen Stadium und bei Menschen, bei denen man einen schweren Verlauft vermutet, verabreicht werden.

An dieser Konditionierung sehen Sie schon: Das muss eine ärztliche Entscheidung im Einzelfall sein und ist jetzt kein Allheilmittel gegen diese Pandemie. Die Antikörper werden jetzt schon in spezialisierten Krankenhäusern eingesetzt. Wenn die Patienten allerdings erst einmal im Krankenhaus sind das hat der Minister hier letzte Woche, meine ich, noch einmal kurz erläutert , ist es natürlich schon relativ spät. Das heißt, im Grunde müssten Sie schon dann, wenn Sie das erste Mal Kontakt mit einem niedergelassenen Arzt haben, therapiert werden. Das ist Ziel der Verordnung, die wir planen und die auch heute im Coronakabinett erörtert wurde.

FRAGE REITSCHUSTER: Herr Kautz, am 25. März schrieb die „Tagesschau“:

„Das RKI warnt, dass auf Intensivstationen jetzt mehr jüngere Menschen mit einer Corona-Infektion liegen. Doch zuverlässige Daten dazu gibt es nicht. Die Politik ist auf Vermutungen angewiesen.“

Hat sich das geändert, haben Sie inzwischen zuverlässige Daten?

KAUTZ: Herr Reitschuster, das ist doch immer dasselbe Fragemuster. Ich antworte auf solche Fragen nicht. Natürlich kenne ich die Quelle, also tagesschau.de, aber tagesschau.de schreibt irgendwas, Ende irgendwann, und Sie stellen daraus eine Frage das beantworte ich nicht.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Die Frage war ganz konkret: Haben Sie konkrete Zahlen über das Alter der COVID-Patienten auf den Intensivstationen? Warum beantworten Sie diese Frage nicht, warum finden Sie die unzulässig? Das ist eine ganz konkrete Sachfrage, und die sollte ein Ministerium in meinen Augen beantworten können.

KAUTZ: Das stimmt, diese Frage kann ich sicherlich auch beantworten. Ich will die Antwort in diesem Fall nachreichen.

FRAGE JORDANS: Die Bundesregierung hat mehrfach gesagt, dass einer von zehn Coronapatienten Langzeitfolgen erleiden könnte. Auf welche Studie konkret bezieht sich das und welche Folgen beinhaltet das?

KAUTZ: Das war aber nicht die Zahl, die ich genannt habe.

SRS’IN DEMMER: Ich habe die gerade genannt, aber konkret auch darauf verwiesen, dass es letztlich bei Spätfolgen ohnehin noch einer sehr viel längeren Betrachtung bedarf, sodass das jetzt erste Hinweise sind. Ich kann Ihnen derzeit also keine Studie nennen, vielmehr sind das erste Hinweise. Sollte es konkretes Zahlenmaterial geben, dann werde ich das natürlich nachreichen.

FRAGE JUNG: Ich würde gern doch noch einmal das BMAS zum Infektionsgeschehen an der Arbeitsstätte hören: Unabhängig von Zahlen möchte ich gerne die Einschätzung haben, wie der Arbeitsplatz im Büro und in Betrieben zum Infektionsgeschehen beiträgt. Welche Erkenntnisse haben Sie da, unabhängig von Zahlen?

CHAGHERI: Mein Kollege hat sich ja letzte Woche an dieser Stelle schon recht ausführlich dazu geäußert, dass wir gerade als BMAS an der Arbeitsschutzverordnung gearbeitet haben, die morgen in der Ihnen bekannten Form in Kraft tritt und die das Ziel hat, die Infektionsrisiken am Arbeitsplatz die so wie an anderen Orten natürlich auch am Arbeitsplatz bestehen zu minimieren. Das Ziel ist immer, die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das war eine Antwort auf eine Frage, die ich nicht gestellt habe. Ich will wissen: Wie ist das Infektionsgeschehen in Büros und Betriebsstätten? Ich wollte nicht das wissen, was Sie jetzt gesagt haben.

CHAGHERI: Dazu hat Herr Kautz, glaube ich, eben schon gesagt, dass wir Ihnen im Moment keine konkreten Zahlen nennen können.

ZUSATZFRAGE JUNG: Na ja, es gibt ja auch fachliche Expertise, zum Beispiel von Herrn Drosten und anderen Virologen, die ganz klar sagen, dass wir sehr wohl wissen, wo die Kontakte auftreten. Dazu zählt der Privatbereich, dazu zählen der Erziehungs- und Bildungsbereich und dazu zählen die Arbeitsstätten. Was wissen Sie darüber genau?

CHAGHERI: Für den Schutz an der Arbeitsstätte gibt es ja die vielfältigen Regeln die Ihnen auch bekannt sind , die in der Arbeitsschutzverordnung festgehalten sind: das Gebot zum Homeoffice, die Verpflichtung, Mindestabstände einzuhalten, die Verpflichtung, Schutzmasken zu tragen.

FRAGE REITSCHUSTER: Noch eine Frage an Herrn Kautz: Der Minister hat hier kürzlich gesagt, dass vollständig Geimpfte mit Personen mit negativem Testergebnis gleichgesetzt werden sollen. Er berief sich auf eine Studie des RKI. Die sollte im Wortlaut veröffentlicht werden. Nach meinem Kenntnisstand ist das noch nicht geschehen. Wird die noch veröffentlicht? Warum wurde sie noch nicht veröffentlicht?

KAUTZ: Das RKI hat die Studienergebnisse, die vorliegen, in der Empfehlung bzw. dem Bericht zusammengefasst und an das Coronakabinett, an die Länder, geschickt. Das ist also öffentlich, und wenn Sie mögen, kann ich Ihnen das auch zuschicken.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Aber im Wortlaut ist sie nicht öffentlich. Kann man die auch im Wortlaut bekommen?

KAUTZ: Ja, ich kann Sie Ihnen auch geben.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Im Wortlaut? Danke.

KAUTZ: Ja.

FRAGE JESSEN: Mutmaßlich an das BMWi: Wir haben nach wie vor die Situation, dass es gegebenenfalls eine Testpflicht an Schulen gibt, aber nicht in Betrieben. Worauf stützt sich diese unterschiedliche Behandlung? Sind das rechtliche Aspekte, ist das rechtlich geboten, oder ist es rechtlich unmöglich zu sagen: „Das, was an Schulen möglich ist, gilt auch in den Betrieben“? Worauf stützt sich das objektiv?

EINHORN: Sie haben vorhin ja selber schon gesagt, dass sich der Minister gestern auch zu dieser Frage noch einmal geäußert hatte. Auch bei Herrn Jung war er letzte Woche zu Gast, und da ging es auch um dieses Thema. Es ist so, dass das Infektionsschutzgesetz aktuell im parlamentarischen Verfahren ist das wurde heute auch schon gesagt und dass man zu eventuellen weiteren Änderungen jetzt noch nicht vorgreifen kann. Denn genau diese Themen Was passiert eventuell noch in Betrieben, wie gehen wir mit den Schulen um, wie hoch dürfen die Inzidenzwerte sein bzw. dürfen die Inzidenzwerte noch steigen, bevor man eingreift? sind jetzt ja noch Thema, und dem kann ich nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: All das habe ich auch gehört. Der Punkt ist, dass die Bundesregierung eindeutig eine Testpflicht an Schulen als möglich ansieht, in Betrieben derzeit aber offenbar nicht. Unabhängig von dem, was im parlamentarischen Verfahren beschlossen wird: Worauf stützt sich diese unterschiedliche Einschätzung von Testpflichtmöglichkeiten der Bundesregierung?

EINHORN: Ich glaube, da ist das BMWi jetzt nicht der richtige Ansprechpartner.

SRS’IN DEMMER: Vielleicht kann ich ganz allgemein darauf hinweisen: Die allgemeine Testpflicht für Schülerinnen und Schüler und für das Lehrpersonal an allgemeinbildenden Schulen und auch an Berufsschulen dient der möglichen Früherkennung von Infektionsherden, und davon sind Schulen derzeit besonders betroffen. Aufgrund der Vielzahl von Personenkontakten und der räumlichen Rahmenbedingungen an der Schule besteht dort bei Ansteckungen einfach ein höheres Potenzial, eine größere Anzahl von Personen in der Schule und damit mittelbar auch Familienangehörige zu infizieren.

Das ist ja insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass gerade bei jüngeren Schulkindern Hygienekonzepte und das Einhalten von AHA-Regeln sehr viel begrenzter konsequent umgesetzt werden können, weil es jüngeren Kindern natürlich viel, viel schwerer fällt, sich an solche Regeln zu halten. Insofern ist die Testpflicht für Lehrkräfte ergänzt worden und damit eine sinnvolle Testverpflichtung der am Präsenzunterricht teilnehmenden Schulkinder, also eine Ergänzung der bestehenden Hygienekonzepte. Damit möchte man eben verhindern, dass Infektionsherde zu einer großen Anzahl von Infektionen führen.

FRAGE JUNG: Können Sie in dem Zusammenhang noch einmal erklären, wie man Infektionsherde am Arbeitsplatz verhindert?

SRS’IN DEMMER: Auch der Arbeitsplatz ist natürlich ein Ort, an dem sich Menschen begegnen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das Infektionsrisiko soll genauso groß sein wie an Schulen und Kitas.

VORS. BUSCHOW: Herr Jung, wollen Sie vielleicht erst einmal aussprechen lassen.

SRS’IN DEMMER: Wie gesagt, die zuständigen Ressorts haben gesagt: Es gibt keine konkreten Zahlen, was unter anderem auch damit zusammenhängt, dass die Inzidenzen sehr hoch sind. Das heißt, eine Nachverfolgbarkeit von Kontaktketten ist im Moment ohnehin nur sehr schwierig umsetzbar.

Grundsätzlich ist aber natürlich der Arbeitsplatz ein Ort, an dem sich Menschen begegnen. Es gibt eben Arbeitsstätten, an denen Homeoffice nicht umsetzbar ist. Insofern ist natürlich auch zum Schutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ein Test von Vorteil. Wenn sich alle, die sich in einem Raum treffen, regelmäßig testen, fällt einfach viel früher auf, ob jemand dabei ist, der möglicherweise die Kollegen und Kolleginnen anstecken kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich verstehe ja, dass man Menschen nicht dazu zwingen kann, getestet zu werden. Aber man könnte die Arbeitgeber dazu zwingen, nur noch Leute ins Büro oder in die Betriebsstätten zu lassen, die negativ getestet sind. Dann kann sich der Arbeitnehmer aussuchen, ob er zu Hause arbeitet oder getestet werden will. Warum macht man das nicht?

SRS’IN DEMMER: Wie gesagt, ich möchte den Ressorts hier nicht reinreden.

Grundsätzlich geht es doch in dieser Lage, die derzeit sehr angespannt ist, weil die Zahlen so sind, wie sie sind, ohnehin darum, dass jeder Verantwortung dafür übernimmt, keinen anderen anzustecken, sich nicht anzustecken, um die Inzidenzen wieder nach unten zu bringen. Dabei sind Tests und die Testpflichten eine Brücke, und die Impfkampagne ist eine weitere. Wir versuchen doch nur, alles, was möglich ist, zu tun, um eine weitere Ausbreitung der Pandemie, die derzeit in einer ziemlich schwierigen Phase ist, zu verhindern und die Gesamtlage zu verbessern, und zwar für uns alle.

FRAGE SCHERSCH: Sind kurzfristig Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs weggebrochen oder haben die Impfzentren größere Mengen angefragt als gedacht, sodass weniger Dosen für die Praxen zur Verfügung stehen?

KAUTZ: Das hatte ich eigentlich gerade schon beantwortet. Es ist in der Tat ein bisschen weniger Impfstoff von AstraZeneca angekommen, dafür überkompensiert durch den Impfstoff von BioNTech, und deswegen werden die Hausarztpraxen mit dem Impfstoff von BioNTech beliefert. Das Prinzip ist so, dass die Länder ihre Bedarfe für die Impfzentren anmelden und es eine klare Menge für die Impfzentren gibt. Alles darüber hinaus geht an die Arztpraxen. Es sieht so aus, dass in der nächsten Woche für die Arztpraxen dann schon doppelt so viel Impfstoff zur Verfügung steht wie in den drei Wochen davor.

FRAGE REITSCHUSTER: Eine Frage zum Thema Impfen. Herr Kautz, der Chef von Pfizer hat sich am Wochenende dahingehend geäußert, dass wahrscheinlich nach einem halben bis einem Jahr eine Drittimpfung und danach jährlich eine Auffrischungsimpfung notwendig ist. Wie stehen Sie dazu? Wie ist das Gesundheitswesen darauf vorbereitet?

KAUTZ: Dazu muss ich noch gar stehen, weil noch nicht klar ist, ob eine Drittimpfung notwendig ist oder nicht. Es haben hier an dieser Stelle schon sowohl Herr Wieler als auch Herr Spahn verschiedentlich gesagt, dass das noch nicht klar sei. Wenn Sie heute die Meldungen über BioNTech-Lieferungen im nächsten Jahr für die EU lesen, dann sehen Sie auch, dass man sich darauf vorbereitet. Gerade mRNA-Impfstoff kann dazu dienen, so eine dritte Impfung angepasst an das Infektionsgeschehen und an die Virusvarianten, die es dann gibt, durchzuführen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Sie sagten zuerst, dass es noch nicht klar ist, aber dass Sie sich trotzdem sicherheitshalber vorbereiten. Habe ich das richtig verstanden?

KAUTZ: Dass die Kontingente gesichert werden, stimmt. Dass wir auch mehr Impfstoff zur Verfügung haben, als Deutschland eigentlich braucht jedenfalls, wenn alle Impfstoffe ankommen , stimmt auch.

FRAGE WACKET: Noch einmal zur Impfstofflieferung in der letzten Aprilwoche, also in der 17. Kalenderwoche. Vor einem Monat war ja noch davon ausgegangen worden, dass mindestens eine Million mehr Dosen da sind. Hat AstraZeneca weniger geliefert oder Johnson & Johnson? Wie erklärt sich dieses Delta?

KAUTZ: Ich kann jetzt nicht nachvollziehen, woher Sie diese Zahlen nehmen. Ich habe gerade gesagt, dass AstraZeneca in der Tat weniger liefert. Es gibt, was die Lieferung an die Hausarztpraxen angeht das hatte ich Ihnen schon letzte Woche erklärt bzw. das hat der Minister hier schon am Donnerstag erklärt , sozusagen einen Nachholeffekt. Die Impfdosen kommen am Ende der Woche an und werden dann in der nächsten Woche ausgeliefert. Sie müssen zwischen Lieferung an den Bund und Auslieferung an die Hausarztpraxen differenzieren, Herr Wacket. Ansonsten verweise ich auf das, was der Minister letzte Woche gesagt hat.

ZUSATZFRAGE WACKET: Lassen Sie mich trotzdem nachfragen. Beim Impfgipfel gab es auch so eine ähnliche Tabelle wie die, die Sie am Freitag herumgeschickt haben. Dort wurde aufgeführt, was in den Impfzentren verimpft wird und was in den Hausarztpraxen verimpft wird. Das waren 2,25 Millionen Impfdosen in den Impfzentren und drei Millionen in den Hausarztpraxen. Jetzt sind es in der letzten Aprilwoche zwei Millionen in den Hausarztpraxen. Die sind ja nicht vorgezogen worden. Es fehlen also eine Million Dosen. Das muss ja zu erklären sein.

KAUTZ: Ich sehe diese Differenz nicht. Diese Zahlen, die Sie jetzt nennen, kann ich Das müsste ich nachprüfen und müssen wir bitte bilateral klären, Herr Wacket.

FRAGE BRÖSSLER: Frau Demmer, wie sehr ist die Bundeskanzlerin in Sorge um das Leben von Alexej Nawalny? Geht ihr das aufgrund der Vorgeschichte besonders nahe?

Welche Möglichkeiten sieht sie, Herrn Nawalny zu helfen? Was hat sie in der Sache bisher unternommen?

SRS’IN DEMMER: Die Meldungen über den sich offenbar rapide verschlechternden Gesundheitszustand von Herrn Nawalny sind in der Tat beunruhigend. Alexej Nawalny benötigt eine adäquate medizinische Behandlung und auch Zugang zu Ärzten seines Vertrauens. Beim heutigen Außenrat in Brüssel werden sich die EU-Außenminister auch mit der Lage von Herrn Nawalny befassen.

ZUSATZFRAGE BRÖSSLER: Die USA haben angekündigt, dass der Tod von Herrn Nawalny Konsequenzen nach sich ziehen würde. Schließt sich die Bundeskanzlerin, die Bundesregierung, dieser Aussage an? Welche Konsequenzen könnten das dann sein?

SRS’IN DEMMER: Wir haben die Äußerungen zur Kenntnis genommen. Ich möchte sie jetzt hier nicht kommentieren. Ich möchte auch nicht darüber spekulieren, was wann passieren könnte.

Sie haben gehört: Die Lage ist sehr beunruhigend. Herr Nawalny benötigt eine adäquate medizinische Behandlung und Zugang zu den Ärzten seines Vertrauens.

FRAGE COERPER: Das Bundesverfassungsgericht hat den Berliner Mietendeckel gekippt. Das Land Berlin fordert jetzt, dass der Bund die geltenden Gesetze anpasse. Sieht die Bundesregierung überhaupt Handlungsbedarf?

ALTER: Der Bundesinnenminister, der ja auch für das Bauwesen zuständig ist, hat seine politische Position zu diesem Thema mehrfach deutlich gemacht. Er hält eine Deckelung der Miete für den falschen baupolitischen Weg. Seine Devise heißt: Bauen, bauen, bauen. Nur durch mehr und ausreichend Wohnraum kann man der Preissteigerung wirksam und nachhaltig entgegenwirken.

ZUSATZFRAGE COERPER: Ist die Bundesregierung mit den Ergebnissen, die das Bundesgesetz zur Mietpreisbremse bisher liefert, zufrieden?

ALTER: Dafür müsste ich an meine Kollegin vom Justizministerium abgeben, weil dort die Federführung dafür liegt.

DR. KRÜGER: Vielen Dank. Ich kann zu dem gesamten Komplex vielleicht ausführen, dass wir das Landesvorhaben selbst nicht kommentieren können. Aber Sie haben ja gefragt, wie es mit einer Regelung auf Bundesebene aussehen würde.

Dazu muss man vielleicht das gesamte Thema einordnen. Das hat Justizministerin Christine Lambrecht kürzlich getan. Sie hat gesagt:

„Unser Land ist eine Mieternation. Fast die Hälfte der Menschen wohnt zur Miete. Schon deshalb ist klar: Das Mietrecht hat eine Schlüsselfunktion in unserer Gesellschaft. Die Sicherung bezahlbaren Wohnens ist ein zentrales sozialpolitisches Anliegen.“

Wir haben in dieser Legislaturperiode viele Vorhaben auf den Weg gebracht. Die Mietpreisbremse ist eines davon. Sie wurde verschärft und noch erweitert. Sie haben sie gerade schon angesprochen. Auch weitere Maßnahmen zur Sicherung bezahlbaren Wohnens wurden auf den Weg gebracht und umgesetzt.

Richtig ist aber auch, dass wir uns durchaus mehr hätten vorstellen können. Bekannt ist zum Beispiel, dass das Justizministerium vorgeschlagen hat, auch Mietwucher zu begrenzen oder dieses Thema klarer zu regeln, als es aktuell geregelt ist. Es gibt eine Regelung, die aber nicht häufig zur Anwendung kommt. Wir haben uns dafür eingesetzt, sie rechtssicher umzugestalten. Auch das wäre aus unserer Sicht eine Maßnahme gewesen, um bezahlbares Wohnen auch weiter möglich zu machen und zu unterstützen. Zu diesem Vorhaben gab es keine Einigung in der Bundesregierung. Daher ist es nicht vorangekommen.

Bauen, bauen, bauen, das ist natürlich auch aus unserer Sicht das erste und wirksamste Mittel gegen mangelnden Wohnraum. Aber solange nicht genug bezahlbare Wohnungen da sind, könnten wir uns durchaus vorstellen, weitere Maßnahmen umzusetzen. Sicherlich wird es mit einem bundesweiten Mietendeckel, wenn Sie es so nennen wollen, in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich nichts mehr.

ZUSATZFRAGE COERPER: Wird das also, wenn ich noch einmal nachfragen darf, ein Thema für die nächste sein?

DR. KRÜGER: Das wäre dann eine Frage an die nächste Bundesregierung.

FRAGE JORDANS: Zu den Nuklearverhandlungen in Wien: Wie lange wird es aus Sicht der E3 dauern, bis die zwei Expertengruppen ihre Vorschläge der Joint Commission präsentieren werden?

ADEBAHR: Das wäre ein Blick in ein Verhandlungsorakel, den ich hier, denke ich, nicht geben kann. Ich kann aber gern noch einmal sagen, dass wir auf Ebene der politischen Direktoren bereits zwei Joint Commissions hatten, die eine am vergangen Donnerstag, den 15. April, und auch am Samstag, den 17. April, gab es in Wien diese Gespräche als Joint Commission. Das lief also über das Wochenende weiter.

Auch aktuell tagen die beiden Arbeitsgruppen für Nuklearfragen und für Sanktionsfragen. Es gibt und gab am Wochenende Gespräche und Koordinierung innerhalb der E3 und auch mit dem EAD. Auch aktuell finden zur Stunde in Wien die sogenannten „proximity talks“ statt. Sie wissen, dass beide, die USA und Iran, auch in Wien anwesend sind.

Ich kann Ihnen naturgemäß keine vertraulichen Details aus diesen Gesprächen mitteilen. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir durchaus Fortschritte erzielt haben und dass wir uns insgesamt vielleicht und hoffentlich auf einem Weg der Annäherung befinden. Aber es gibt weiterhin sehr viele offene Fragen. Es kann sein, dass es noch mehrere Runden braucht. Dazu sind wir und die E3 bereit. Insofern ist es ein offener Prozess. Wie der aktuelle Stand ist, habe ich Ihnen gerade mitgeteilt. Die Gespräche werden aktuell fortgesetzt. Unser politischer Direktor ist in Wien. Wir hoffen, dass es gut vorangeht.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, am Wochenende gab es amerikanische und britische Meldungen, wonach es zu direkten Gesprächen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran gekommen sei, zum ersten Mal seit fünf Jahren.

Wie bewertet Ihr Ministerium diese jüngste Entwicklung?

ADEBAHR: Wir haben die Meldungen zu möglichen Gesprächen in Irak gesehen und würden selbstverständlich alle Schritte und Gespräche begrüßen, die zu einer Entspannung der internationalen Lage beitragen können. Allerdings kennen wir im Moment außer den Medienberichten keine Details. Grundsätzlich wäre das ein begrüßenswerter Schritt.

Wir setzen uns natürlich seit Jahren für Entspannung in der Region und damit auch für eine Kommunikation und eine Entspannung zwischen Iran und Saudi-Arabien ein. Wir unterstützen mehrere Dialogformate, zum Teil in sogenannten „Track-two“-Gesprächen, also auch in Gesprächen mit gesellschaftlichen Führungspersönlichkeiten, und sind dort mit vielen Seiten in Kontakt. Wenn es so käme, würden wir dies begrüßen.

FRAGE NEHLS: Hat das Interesse des Irans an Neuverhandlungen des einseitig gekündigten Atomvertrags zu- oder abgenommen?

Welche Rolle spielt dabei nach Ansicht der Bundesregierung die angekündigte Milliardeninvestitionsspritze Chinas?

Wie hilfreich ist das Sperrfeuer Israels?

ADEBAHR: Ich beschreibe, was wir im Moment wahrnehmen: Wir sehen eine iranische Delegation vor Ort in Wien, die zu Gesprächen bereit ist und dort auch mitverhandelt. Wie gesagt, sehen wir dort Bewegung. Wir sehen auch durchaus Fortschritte und den Willen, voranzukommen. Das ist es, was wir von der iranischen Delegation in Wien und damit von der iranischen Regierung im Moment wahrnehmen.

Die Wortwahl des Kollegen würde ich mir nicht zu eigen machen. Ich denke, zu den Vorfällen der vergangenen Tage und Wochen in Natans und zum Beispiel auch zu der Ankündigung Irans, auf 60 Prozent anzureichern, haben wir uns hier geäußert. Das kann der Kollege gern nachlesen.

FRAGE ZÁPOTOCKÝ: Tschechien wirft Russland vor, an der Explosion eines Munitionslagers mit zwei Todesopfern beteiligt gewesen zu sein. Tschechien hat 18 russische Diplomaten des Landes verwiesen, Russland 20 tschechische Botschaftsmitarbeiter.

Was kann man jetzt von Deutschland erwarten? Könnte Deutschland die Aggressivität Russlands als einen Grund dafür sehen, den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 zu stoppen?

SRS’IN DEMMER: Die Bundesregierung hat die Berichte zur Kenntnis genommen. Die Ermittlungsergebnisse der tschechischen Behörden zu den Ereignissen aus dem Jahr 2014 geben Anlass zur Sorge. Wir teilen das Interesse unserer tschechischen Partner und Freunde, dass die Umstände der Explosion eines Munitionslagers im Jahr 2014, bei der es zwei Tote gab, lückenlos aufgeklärt werden. Die heutige Sitzung des EU-Außenministerrats wird die Gelegenheit bieten, auch über die politischen Folgen der Ermittlungsergebnisse zu beraten, und dem möchte ich jetzt hier nicht vorgreifen.

FRAGE BRÖSSLER: Ich würde gerne noch einmal die Frage nach Nord Stream 2 aufgreifen, die der Kollege gestellt hatte. Dazu haben Sie nicht Stellung genommen.

Wenn man an den Fall Skripal zurückdenkt: Damals haben etliche Staaten ebenfalls mit der Ausweisung russischer Diplomaten reagiert. Frau Demmer, Frau Adebahr, ist an einen solchen Schritt in diesem Fall gedacht?

ADEBAHR: Zu dem Vorfall hat sich Frau Demmer geäußert, und vielleicht haben Sie auch den gestrigen Tweet unserer Botschaft in Prag gesehen. Der Außenministerrat befasst sich heute damit, und wir werden natürlich auch mit unseren tschechischen Partnern die nächsten Schritte beraten. Wichtig ist für uns auch, wenn wir uns diese Sache weiter anschauen, welche Ergebnisse die tschechische Seite uns zur Verfügung stellt und wie wir über die ersten Berichte hinaus, die wir gesehen haben, unsere Informationen weiter einschätzen können. Insofern ist es im Moment bei dem zu belassen, was Frau Demmer gesagt hat.

ZUSATZFRAGE BRÖSSLER: Heißt das, Sie haben von der tschechischen Seite noch kein Material gesehen?

ADEBAHR: Das habe ich nicht gesagt. Das ist eine Meldung, die jetzt am Wochenende oder am Sonntag einlief. Wir haben uns dazu geäußert, und zum Beispiel die EU-Außenminister beraten heute auch weiter über diese Causa.

FRAGE COURBET: Was hält Bundeskanzlerin Angela Merkel von dem Wunsch einiger reicher Fußballklubs, eine geschlossene europäische Fußballliga namens Super League zu gründen?

FRAGE DR. KAIN: Teilt sie die Kritik des britischen Premierministers Boris Johnson an diesen Plänen?

SRS’IN DEMMER: Ich würde dafür an das Sportministerium verweisen.

ALTER: Wir weisen in solchen Fällen immer auf Folgendes hin: Der Sport ist autonom und kann sich so organisieren, wie er es für richtig hält. In die aktuellen Pläne ist das Bundesinnenministerium weder eingebunden noch sehen wir im Moment Bezüge.

FRAGE JESSEN: Auf der anderen Seite: Wenn der Premierminister eines anderen europäischen Landes das für wichtig genug hält, dazu Stellung zu nehmen, und die Kanzlerin bekanntermaßen sehr fußballinteressiert ist, Frau Demmer, könnten Sie vielleicht nachreichen, ob sie eine Position dazu hat.

SRS’IN DEMMER: Ich habe den Ausführungen von Herrn Alter nichts hinzuzufügen.

FRAGE REITSCHUSTER: Frau Demmer, wie war denn die Reaktion der Kanzlerin darauf, dass Frau Baerbock als Kanzlerkandidatin der Grünen nominiert wurde?

SRS’IN DEMMER: Da kann ich gerne von hier aus einen Glückwunsch aussprechen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

SRS’IN DEMMER: Von der Kanzlerin.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Warum hält sich die Kanzlerin denn so auffallend mit Äußerungen zur K-Frage in der Union zurück?

SRS’IN DEMMER: Dazu hat sich die Kanzlerin ja sehr, sehr oft und ausführlich und abschließend selbst geäußert. Dem habe ich hier nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Hat sie keine Sorge, dass dieser Kampf der Union schaden könnte?

SRS’IN DEMMER: Wir sind hier zusammengekommen, um über Regierungshandeln zu sprechen, nicht über Parteipolitik, und dabei möchte ich es auch belassen.

FRAGE JUNG: Es geht um den Abzug aus Afghanistan. Mir geht es um den Komplex afghanischer Ortskräfte. Wie weit zurück muss man denn als Ortskraft gehen, um jetzt Hilfe von der Bundesregierung und vom Verteidigungsministerium zu erwarten?

Ich meine, es gibt selbst bis zum Ende des Kampfeinsatzes 2014 immer noch Ortskräfte, die über Jahre hinweg Asyl beantragt haben und es nie gewährt bekommen haben. Können die jetzt auch mit Hilfe rechnen, oder nur diejenigen, die in den letzten fünf Jahren in Masar-e Scharif geholfen haben?

Außerdem gibt es ja das haben wir ja vor Ort gemerkt auch Freelancer, die gar keinen richtigen Vertrag mit der Bundeswehr geschlossen haben, aber trotzdem ein und aus gehen, aber dann von den Taliban ja auch als Verräter angesehen werden.

COLLATZ: Danke, Herr Jung. – Sie beziehen sich auf Äußerungen der Ministerin vom Wochenende, die natürlich auch für das BMVg und die Bundeswehr deutlich gemacht hat, dass sie sieht, dass wir da auch deutlich einen persönlichen Beitrag zu leisten haben und uns verantwortlich fühlen. Hiermit sind natürlich auch mehrere Ressorts befasst; das Auswärtige Amt und das BMI sind ebenso von diesem Vorgang betroffen. Die Gespräche darüber laufen natürlich auch, weil die Verfahren festgelegt werden müssen und die Aufnahme in Deutschland festgelegt werden muss.

Das ist auch genau der Prozess, der im Ortskräfteverfahren festgelegt wurde. Darin werden auch die Fristen eindeutig festgelegt, nämlich dass Beschäftigte, die in den letzten zwei Jahren einen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland hatten, dieses Verfahren bis zu zwei Jahre nach der Entlassung noch in Anspruch nehmen und ihre Anträge einreichen können.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum nur die letzten zwei Jahre, warum nicht die letzten 20?

Auf wie viele Afghanen hat man denn in den letzten 20 Jahren gesetzt? Wie viele waren das insgesamt?

COLLATZ: Die Definition ist nach meiner Kenntnis: Bis zu zwei Jahre nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses können diese Anträge noch eingereicht werden.

ADEBAHR: Es gab 850 Aufnahmezusagen für afghanische Beschäftigte. Das sind die Zahlen, die wir aktuell recherchiert haben. Insgesamt für die Kernfamilie und Kinder hat Deutschland rund 3300 Einreisevisa erteilt.

FRAGE LÜCKING: Wird es auch Chancen für afghanische Ortskräfte geben, die bereits zum ISAF-Abzug 2014 oder in den Monaten davor entlassen wurden?

Wie verfährt die Bundeswehr mit Freelancern, die keinen festen Arbeitsvertrag hatten?

COLLATZ: Die erste Frage ist, glaube ich, beantwortet. Die Fristen stehen eindeutig fest.

Bezüglich der zweiten Frage müsste ich schauen, ob ich darauf eine Antwort nachliefern kann.

FRAGE JUNG: Ich hatte gefragt, wie viele afghanische Hilfskräfte man in den letzten 20 Jahren engagiert hat. Wie viele haben insgesamt gearbeitet?

COLLATZ: Mir liegen nur die aktuellen Zahlen vor. Es sind etwa 300 Kräfte, die derzeit beschäftigt sind. Die Gesamtzahl müsste ich auch nachrecherchieren.

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