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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 31. Mai 2021

Themen: Medienberichte über die Nutzung einer dänischen Abhörstation durch die NSA, Pflegereform, 22. Deutsch-Französischer Ministerrat, Lage in Mali, Verhandlungen zwischen der deutschen und der namibischen Regierung über die Aufarbeitung der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia, Urteil des Bundesfinanzhofs im Zusammenhang mit der Rentenbesteuerung, COVID-19-Pandemie, Notlandung eines Flugzeugs in Berlin, Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan in Deutschland

Themen/Naive Fragen zu:
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1:37 Spionage-Affäre NSA/Dänemark
– Geht die Kooperation mit dem dänischen Geheimdienst weiter? (ab 6:52)
– würden Sie denn dementieren, dass Sie weiter mit dem dänischen Geheimdienst zusammenarbeiten?

11:52 Putsch in Mali
– Das Malische Militär hat Regierungspolitiker festgenommen und zum Rücktritt gezwungen – sind das dieselben Soldaten, die wir vor Ort ausbilden? (ab 14:10)
– wie war das beim ersten Putsch vor einem Jahr? Haben wir die Leute damals ausgebildet?

24:02 Abrechnungsbetrug bei Schnelltests
– was sagt die Kanzlerin zum Abrechnungsbetrug? (ab 27:11)
– Unabhängig von Kontrollen und Kontrolleuren: Inwiefern soll die Testverordnung „angepasst“ werden?

40:27 Quarantäne-Regeln für Nationalspieler
– Oliver Bierhoff, Manager der Nationalmannschaft, sagt, dass man in Verhandlungen stehe mit dem BMI in Sachen Quarantäneregeln für Spieler der englischen Klubs, dass da wieder mal Sonderegeln für die Fußballer kommen sollen. Können Sie diese Verhandlungen bestätigen? Und gibt’s da Aussicht auf Erfolg?
– also der Nationaltrainer muss damit rechnen, dass diese Spieler zumindest beim ersten Spiel nicht eingesetzt werden können?

47:26 Umzugskosten für afghanische Ortskräfte
– wie helfen Sie den afghanischen Ortskräften, die sich den Umzug nach Deutschland nicht leisten können? Das BMI lehnt ja eine Anpassung der Umzugskostenhilfe ab… (ab 49:57)

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 31. Mai 2021:

VORS. WELTY eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

FRAGE HERZOG: Es geht um die Berichterstattung über den dänischen Geheimdienst. Mutmaßlich geht die Frage also an Herrn Seibert.

Kann die Bundesregierung bestätigen oder dementieren, dass der dänische Geheimdienst der NSA die Nutzung einer Abhörstation ermöglicht hat, der dadurch auch deutsche Spitzenpolitiker ausspähen konnte?

STS SEIBERT: Die Bundesregierung hat die Berichterstattung zur Kenntnis genommen. Sie steht zur Aufklärung mit allen relevanten nationalen wie internationalen Stellen im Kontakt.

Ich bitte das kennen Sie schon um Verständnis, dass die Bundesregierung zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Tätigkeiten betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung nimmt. Damit ist keine Aussage getroffen, ob ein Sachverhalt zutreffend ist oder nicht. Die Bundesregierung berichtet zu diesen entsprechenden Themen insbesondere den zuständigen geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages.

ZUSATZFRAGE HERZOG: Wenn Sie sagen, Sie stünden mit Partnern zur Aufklärung im Kontakt, heißt das, dass Sie zu diesem Zeitpunkt noch keine eigenen Erkenntnisse haben?

STS SEIBERT: Wir haben es ja auf Anfrage der recherchierenden Journalisten schon gesagt: Die Bundeskanzlerin hat vom Gegenstand dieser aktuellen Recherche durch die Anfrage der Journalisten erfahren.

FRAGE: Wie wird die Bundesregierung auf diese Informationen reagieren?

STS SEIBERT: Da habe ich dem, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzuzufügen.

FRAGE TIMOFEEVA: Werden Sie entsprechende Erklärungen von Dänemark und den USA anfordern, zum Beispiel auf Ebene der Botschafter?

STS SEIBERT: Ich habe dem, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzuzufügen.

Grundsätzlich kann ich sagen: Unsere Überzeugungen zu diesem Thema sind ja im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Vorgehens der NSA ausführlich dargelegt worden. Auch ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages hat sich intensiv mit der Problematik auseinandergesetzt. Die Bundeskanzlerin hat sich dort auch geäußert. All dem ist heute nichts Neues hinzuzufügen.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Seibert, ist Spionage unter europäischen Partnern für die Bundesregierung akzeptabel?

STS SEIBERT: Die dänische Verteidigungsministerin hat jetzt aus aktuellem Anlass für ihre Regierung dazu Stellung genommen. Ihrer grundsätzlichen Bewertung schließen wir uns an.

Im Übrigen verweise ich noch einmal darauf, dass diese Themen ja intensiv besprochen wurden hier in der Bundespressekonferenz und in einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages. Die Bundesregierung hat bei verschiedenen Gelegenheiten dazu ausführlich ihre Überzeugung dargelegt. Dem habe ich heute nichts Neues hinzuzufügen.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, wenn Sie sagen, die Bundesregierung habe über die Berichterstattung von der konkreten Recherche erfahren, bedeutet das, dass die Bundesregierung zuvor keinerlei Anhaltspunkte dafür hatte, dass das über Dänemark lief? Sie waren da völlig ahnungslos?

STS SEIBERT: Das bedeutet das, was ich gerade zu dem Thema gesagt habe.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Sie haben gesagt, Sie hätten von der konkreten Recherche über die Berichterstattung erfahren.

STS SEIBERT: Ich habe gesagt: Wir haben vom Gegenstand der aktuellen Recherche durch die Anfrage erfahren.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ja. Das bedeutet deswegen frage ich nach , Sie hatten zuvor keinerlei Informationen, der auf den Gegenstand dieser Recherche hindeutete?

STS SEIBERT: Ich muss Ihnen leider noch einmal den Satz sagen, der in diesem Fall gilt da muss ich Sie um Verständnis bitten , dass die Bundesregierung über Angelegenheiten, die nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten von Nachrichtendiensten betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich spricht.

VORS. WELTY: Herr von der Burchard fragt nach einem Gespräch mit der EU-Kommission, da ja die vorherige dänische Ministerpräsidentin heute EU-Kommissarin ist, und Frau Jennen fragt explizit nach Kontakten zum US-Justizministerium.

STS SEIBERT: Die Bundesregierung steht zur Aufklärung in Kontakt mit den relevanten Stellen, national wie international.

FRAGE JUNG: Herr Seibert, geht denn die Kooperation mit dem dänischen Geheimdienst weiter?

STS SEIBERT: Sie haben mich jetzt gehört. Aber ich sage es natürlich gern noch einmal und bitte insoweit um Verständnis , dass wir über geheimdienstliche Tätigkeiten und Erkenntnisse hier nicht öffentlich sprechen, sondern den zuständigen geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages berichten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie denn dementieren, dass sie weiter mit dem dänischen Geheimdienst zusammenarbeiten?

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen dazu hier nichts zu sagen.

FRAGE POLANSKY: Herr Kautz, angeblich gibt es zur Pflegereform eine Verständigung zwischen Ihrem Ministerium und dem Arbeitsministerium, die auch vorsieht, dass es einen jährlichen Steuerzuschuss von einer Milliarde Euro geben soll und Kinderlose einen etwas erhöhten Anteil für die Pflegeversicherung leisten sollen. Die erste Frage wäre, ob das stimmt.

KAUTZ: Es ist richtig, dass die Gespräche dazu laufen. Sie kennen unsere Vorstellung, dass wir Pflegekräfte nach Tarif bezahlen wollen, ohne die Pflegebedürftigen zu überfordern. Dazu laufen die Gespräche. Sie sind aber noch nicht abgeschlossen.

ZUSATZFRAGE POLANSKY: Ist denn davon auszugehen, dass es dann am Mittwoch im Kabinett sein wird?

KAUTZ: Ich kann den Ergebnissen von Gesprächen nicht vorgreifen. Aber der Minister hat heute Morgen schon im Interview mit dem „Deutschlandfunk“ gesagt, dass er sehr optimistisch ist, dass bald eine Lösung gefunden wird.

FRAGE: Ist denn mit Blick auf Mittwoch schon ein Entwurf zur Pflegereform in der Ressortstabstimmung?

KAUTZ: Ich kann Ihnen nicht mehr als das sagen, was ich Ihnen gesagt habe.

FRAGE BUCHSTEINER: Sind die eine Milliarde Euro, die als Bundeszuschuss im Gespräch sind, das letzte Wort? Oder ist das BMF offen dafür, hier noch einmal nachzulegen?

DR. PODSTAWSKI: Der Kollege vom Bundesgesundheitsministerium hat ja gerade gesagt: Wir sind hier in der Abstimmung. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

FRAGE POLANSKY: Können Sie denn andeuten, worüber noch verhandelt wird, also wo jetzt die Knackpunkte sind?

KAUTZ: Ich kann Ihnen zu den Inhalten der Gespräche nichts sagen. Das tut mir leid.

FRAGE KÖNIG: Zum letzten Deutsch-Französischen Ministerrat vor der Bundestagswahl: Wie fällt die Bilanz der Bundesregierung zur deutsch-französischen Zusammenarbeit der letzten Jahre aus?

STS SEIBERT: Das ist jetzt eine sehr große Frage. Ich will zunächst einmal sagen: Dieser Deutsch-Französische Ministerrat hat, wie es der unglaublich engen Zusammenarbeit unserer beiden Länder auf allen Gebieten entspricht, wirklich eine ganz breite Tagesordnung. Es werden ja alle Minister mit ihren französischen Gegenübern einzelne Gespräche führen. Es wird auch darum gehen, gemeinsam zu schauen, wie der Vertrag von Aachen, der eine große Errungenschaft in dieser Legislaturperiode ist 22. Januar 2019 und der eine ganze Reihe von konkreten Vorhaben beschloss, bei diesen konkreten Vorhaben schon umgesetzt worden ist. Da wird man heute sicherlich eine sehr positive erste Bilanz ziehen können.

Frankreich ist ein unverzichtbarer Freund und Partner für Deutschland. Die Zusammenarbeit mit den jeweiligen französischen Präsidenten ist eine Säule unserer Außenpolitik, und das reicht von der zunehmenden gemeinsamen Arbeit bei der Sicherheits- und Verteidigungspolitik über die großen globalen Themen wie Klimaschutz, bei denen wir am gleichen Strang ziehen, bis in viele sehr bürgernahe Themen in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland, die gerade auch durch den Aachener Vertrag noch einmal einen neuen Schub bekommen hat.

FRAGE: Inwieweit wird heute über das weitere Vorgehen in Mali gesprochen? Die französische Seite hat ja signalisiert, angesichts des Putsches stünde eventuell auch ein Rückzug der Truppen zur Debatte. Wie verhält sich Berlin dazu?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen jetzt naturgemäß nicht genau sagen, was dazu heute beim Deutsch-Französischen Ministerrat besprochen werden wird, aber es ist natürlich gut vorstellbar, dass es sowohl im Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem französischen Präsidenten als auch im Gespräch der Verteidigungsminister und der Außenminister ein Thema ist.

Wir haben die Absetzung des bisherigen Übergangspräsidenten und des Premiers ausdrücklich verurteilt. ECOWAS hat Mali jetzt ja aus seinen Gremien und Institutionen ausgeschlossen und hat damit ein klares Zeichen gesetzt, dass die Vorgänge in Mali so nicht akzeptiert werden können. Diese Entscheidung der Staats- und Regierungschefs von ECOWAS unterstützen wir ausdrücklich. Jetzt muss alles dafür getan werden, zu der ursprünglich vereinbarten zivil geführten Transition zurückzukehren und den Fahrplan bis zu den Wahlen fortzusetzen. ECOWAS und die Afrikanische Union suchen eine tragfähige Lösung und sie haben dabei unsere Unterstützung.

ZUSATZFRAGE: An das BMVg: Was bedeutet die aktuelle Situation für die Bundeswehrsoldaten? Inwieweit gibt es Ausbildungsbetrieb und inwieweit wird der Aufbau der Truppen dort vorangetrieben?

HELMBOLD: Im Moment ist es so, dass unsere Soldatinnen und Soldaten den Auftrag ausführen, den die Politik ihnen gegeben hat. Im Moment finden ja politische Bewertungen auf nationaler und auf internationaler Ebene statt, und diese politischen Bewertungen sind maßgeblich dafür, wie wir gemeinsam mit unseren internationalen Partnern unser Engagement fortsetzen. Dem kann ich auch im Einzelnen nicht vorgreifen.

FRAGE JUNG: Es war jetzt ja wieder das Militär, das Regierungspolitiker festgenommen und zum Rücktritt gezwungen hat. Ist das dasselbe Militär, das wir dort ausbilden, Herr Helmbold?

HELMBOLD: Dazu haben wir keine Details. Sie wissen, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern malische Sicherheitskräfte vor Ort ausbilden. Unser Ziel ist dort natürlich, die malischen Sicherheitskräfte in die Lage zu versetzen, selber für Stabilität vor Ort zu sorgen, und das natürlich nach allen Maßstäben des Völkerrechts und nach allen Maßstäben, die für eine Demokratie angemessen sind. Was die Einzelheiten betrifft, so kann ich dazu im Moment keine Ausführungen machen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das ist ja der zweite Putsch innerhalb eines Jahres. Vor einem Jahr hatten wir eine ähnliche Frage gestellt, da wussten Sie das auch nicht. Wissen Sie denn jetzt in Bezug auf den letzten Putsch, bei dem das Militär ebenfalls Regierungspolitiker zum Rücktritt gezwungen hat, ob das Leute waren, die Sie ausgebildet haben?

HELMBOLD: Das ist insgesamt eine Bewertung, die der internationalen Gemeinschaft als Ganzes obliegt. Wie Sie wissen, sind wir mit 22 anderen Nationen bei EUTM tätig. Ich habe im Moment keine zusätzlichen Details für Sie.

FRAGE HASENKAMP: Ist die Bundesregierung der Meinung, dass der Einsatz in Mali weiterhin sinnvoll ist?

STS SEIBERT: Ich will vielleicht eines vorweggeben, bevor sich auch noch die Kollegin aus dem Auswärtigen Amt äußert: Unser Engagement in Afrika beim Kampf gegen den Terrorismus, speziell in der Sahelregion, ist von großer Bedeutung. Wenn die Sahelstaaten durch den sie permanent bedrängenden Terrorismus destabilisiert werden, dann hat das direkte humanitäre Auswirkungen für Millionen von Menschen und für eine große Region in Afrika. Das kann nicht im europäischen Interesse sein, und deswegen ist es richtig, dass dort in den vergangenen Jahren der Kampf gegen den Terrorismus unterstützt worden ist. Dass das in der Region immer schwierig ist und dass es neben Fortschritten auch Rückschläge gibt, will niemand bestreiten.

FRAGE JESSEN: Können Sie sagen, wie die Bundesregierung derzeit diplomatisch in Mali vertreten ist und welchem Kontakt Sie mit den amtierenden Machthabern stehen?

ADEBAHR: Wir sind in Mali wie in den afrikanischen Staaten grundsätzlich durch unsere Botschaft vertreten. Wir waren noch über das Wochenende in ganz engem Kontakt mit ECOWAS und auch mit der Leiterin von ECOWAS, um eben den Gipfel, der jetzt stattgefunden hat, gestern vorzubereiten und dort auch unsere Position darzulegen, die Herr Seibert hier gerade dargelegt hat. Denn wir sehen ECOWAS als afrikanische Organisation dort im Lead, um die richtigen Schritte und auch den richtigen Druck auszuüben, um den zivilen Übergangsprozess aufrechtzuhalten bzw. zu diesem Prozess zurückzukehren und um die Wahlen, die für den 27. Februar terminiert sind, zu unterstützen.

Wir sind mit unserer Botschaft vor Ort, besonders mit ECOWAS und mit den Akteuren und natürlich auch mit allen internationalen Partnern, die vor Ort sind im Gespräch. Ich kann Ihnen hier nicht darüber berichten, mit wem wir konkret aktuell auch von malischer Seite gesprochen haben. Aber ja, Diplomaten sprechen miteinander und Diplomaten sprechen auch mit Leuten in der malischen Führungsriege – weil man das tun muss, um seine Forderungen da auch an den Mann zu bringen. Ich denke, das ist auch richtig.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ein Militärputsch ist ja eine gewaltsame Machtübernahme. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie sich, was sich da etwas tut, auch in der Pflicht sehen, mit denjenigen, die jeweils die Macht übernommen haben auf welchem Weg auch immer , in direkten Kontakt zu treten?

ADEBAHR: Ich kann Ihnen über einen solchen direkten Kontakt hier nicht berichten. Es ist aber so, dass Herr Goïta beim ECOWAS-Gipfel eingeladen und anwesend war, und wir waren über das Wochenende mit der ECOWAS-Führung in engem Kontakt.

FRAGE WEIDMANN: Ich habe eine Frage zu Namibia. Es hat ja eine Einigung zwischen der namibischen Regierung und der Bundesregierung gegeben; darüber ist ja auch berichtet worden. Nun soll Bundesaußenminister Heiko Maas ja eigentlich morgen Abend nach Namibia reisen, unter anderem um diese Versöhnungserklärung zu unterschreiben. Findet diese Reise statt?

ADEBAHR: Herr Weidmann, wir haben keine solche Reise angekündigt und ich kann Ihnen nichts darüber berichten.

ZUSATZFRAGE WEIDMANN: Findet die Reise statt oder nicht?

ADEBAHR: Wir haben keine solche Reise angekündigt, Herr Weidmann.

ZUSATZFRAGE WEIDMANN: Unabhängig von der Ankündigung: Wird Herr Heiko Maas hinfahren oder nicht?

ADEBAHR: Unabhängig von einer nicht stattgefundenen Ankündigung kann ich Ihnen hier heute keine Reise ankündigen.

FRAGE RENAUD: Ich möchte noch etwas zum Deutsch-Französischen Ministerrat fragen: Können Sie noch ein paar konkrete Schwerpunkte nennen, die besprochen werden sollen?

STS SEIBERT: Wir haben hier am Freitag ja ein bisschen ausführlicher berichtet. Ich habe gesagt: Es wird um eine erste Bilanz zur erfolgreichen Umsetzung von vielen Vorhaben gehen, die Deutschland und Frankreich im Vertrag von Aachen beschlossen haben. Es wird natürlich um die derzeitige Coronapandemie gehen, in der wir ja immer noch stecken, vor allem aber auch um die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie und um den Zusammenhalt unserer Gesellschaften. Das Ganze wird sicherlich nicht nur auf Deutschland und Frankreich bezogen werden, sondern auch auf die Situation in der Europäischen Union.

Dann wird es darum gehen, wie Deutschland und Frankreich gemeinsam die grüne und die digitale Transition so gestalten können, dass sie in unseren Ländern zu mehr Wohlstand führen und dass wir auch unsere Wirtschaften darauf einrichten. Das sind einige Themen.

Was die Fachminister im Einzelnen noch besprechen werden, kann ich Ihnen hier nicht sagen. Wir veranstalten im Anschluss eine Pressekonferenz. Vielleicht wird da für Sie noch manches klarer.

Ich kann Ihnen noch sagen, dass im Anschluss, nach der Pressekonferenz heute, der 3. Deutsch-Französische Technologiedialog stattfinden wird. Das zeigt schon einmal, wie Deutschland und Frankreich auch an den Themen der wirtschaftlichen und technologischen Zukunft sehr stark zusammenarbeiten. Dort werden auch Vertreter von Unternehmen sowie Vertreter der Europäischen Union dabei sein. Das ist die dritte Auflage des Deutsch-Französischen Technologiedialogs. In der Vergangenheit ging es um Wasserstoff, 5G und Dateninfrastrukturen. Dieses Mal geht es um die Resilienz der europäischen Gesundheitsindustrien.

FRAGE BÖCKING: Meine Frage bezieht sich auf die Rentenurteile von heute. Plant das Bundesfinanzministerium, den Grundfreibetrag und die Kassenbeiträge ab sofort nicht mehr in die Berechnung des steuerfreien Rentenanteils einzubeziehen, oder wird es erneut eine Stufenlösung geben?

DR. PODSTAWSKI: Ich bitte um Verständnis. Die Urteilsverkündung lief ja quasi noch. Das Bundesfinanzministerium ist vor Ort beim Finanzhof in München vertreten. Wir werden uns zeitnah zu den Urteilen äußern.

FRAGE POLANSKY: Auch auf die Gefahr hin, dass Sie das Gleiche antworten: Können Sie vielleicht eine erste Bewertung zu den Urteilen abgeben?

DR. PODSTAWSKI: Ich kann Ihnen jetzt noch einmal sagen: Wir werden uns zeitnah dazu äußern. Darauf würde ich Sie verweisen.

FRAGE HASENKAMP: Gibt es Handlungsbedarf? Wie schnell soll er umgesetzt werden?

DR. PODSTAWSKI: Auch dazu kann ich nur wiederholen, dass wir uns dazu zeitnah noch einmal äußern werden. Die Urteilsverkündung lief gerade eben noch. Ich bitte um Verständnis und verweise darauf, dass wir uns dazu äußern werden.

FRAGE HOFMANN: Was ist das Ergebnis der Gespräche mit den Ländern über den möglichen Abrechnungsbetrug in Coronatestzentren? Wie soll der Betrug künftig verhindert werden?

KAUTZ: Dazu hat heute eine Schaltkonferenz der Gesundheitsministerinnen und minister der Länder und des Bundesgesundheitsministers stattgefunden. Zunächst haben sie unisono festgestellt, dass es ein Erfolg war, diese Infrastruktur für Testzentren so schnell auf die Beine zu stellen. Es gibt sehr viele seriöse Anbieter; das sollte man über die Diskussion, die wir aktuell führen, nicht vergessen, DRK, Arbeiter-Samariter-Bund, Arztpraxen, Apotheken, die Testzentren der Gesundheitsämter selbst und auch viele private Anbieter, die das machen. Außerdem werden Testzentren kontrolliert.

Einige Testzentren das haben mehrere Gesundheitsminister dort auch gesagt sind auch schon geschlossen worden. Gleichwohl haben mehrere Teilnehmer auch betont, dass diese offensichtlich kriminellen Machenschaften nicht hinnehmbar seien. Man hat sich darauf geeinigt, dass man die Testverordnung sehr kurzfristig entsprechend anpassen und die Kontrollmöglichkeiten verbessern wolle. Dafür gibt es Ansatzpunkte. Dazu hatte sich Gesundheitsminister Spahn gestern Abend und auch heute Morgen, zuerst bei „Anne Will“ und dann im „Deutschlandfunk“, schon geäußert. Zum einen könnte man den KVen die Möglichkeit geben, abgerechnete Sachkosten mit den abgerechneten Test zu vergleichen. Wenn jemand also 200 Testkits angefordert oder bezahlt hat und im Anschluss daran 400 Tests abrechnet, ist es eben ein bisschen schwierig, das zu rechtfertigen. Das könnte ein Ansatzpunkt für eine Kontrolle sein. Des Weiteren will man eventuell die Finanzämter in die Kontrolle mit einbeziehen, indem man die Testzentren privater Anbieter dazu verpflichtet, Steuer-IDs an die Abrechnungsstellen weiterzugeben, sodass dann auch Umsätze gegengerechnet werden können. Schließlich braucht es eine schriftliche Bestätigung der Gesundheitsämter, dass die Testzentren diese Tests vernünftig durchführen, allein eine Onlineregistrierung reicht dafür nicht.

Detaillierter kann ich das jetzt noch nicht sagen, weil sich, wie gesagt, die Gesundheitsminister von Bund und Ländern darauf geeinigt haben, zusammen mit den Spitzenverbänden und auch den KVen zu erörtern, wie man die Testverordnung relativ zeitnah, relativ kurzfristig wir sprechen dabei von Tagen, nicht von Wochen verändern und anpassen kann.

FRAGE JUNG: Was sagt denn die Kanzlerin zu diesem wahrscheinlich millionenfachen Betrug bei Schnelltests?

Ich habe noch nicht ganz verstanden, was Sie unabhängig von den Kontrollen und Kontrolleuren

VORS. WELTY: Eine Frage, eine Nachfrage, bitte!

ZUSATZ JUNG: an der Testverordnung machen wollen.

STS SEIBERT: Zunächst einmal der Kollege aus dem BMG hat es gesagt ist hervorzuheben, dass es innerhalb sehr kurzer Zeit gelungen ist, ein so dichtes Netz von Testmöglichkeiten aufzubauen. Ich denke, dass viele Bürger darüber sehr froh sind, weil es ihnen die Möglichkeit gibt, die vielen Öffnungen und Lockerungen jetzt auch selbst zu nutzen. Testungen können Lockerungen absichern und damit verhindern, dass Infektionszahlen wieder steigen.

Betrug ist Betrug. Wo ein Betrugsverdacht im Raum steht, muss dem nachgegangen und muss er geahndet werden, und das wird auch geschehen. Herr Kautz hat für das BMG ja gerade berichtet, in welche Richtung der Minister mit den Ländern darüber gesprochen hat.

KAUTZ: Herr Jung, ich habe drei Punkte genannt. Ich kann Ihnen noch einen vierten Punkt sagen. Das war nicht unmittelbar Bestandteil dessen, was heute besprochen wurde, aber der Minister hat auch angekündigt, dass in der Testverordnung auch die Preise angepasst werden sollen, weil sich das aufgrund der Nachfrage und des Angebotes etwas geändert hat, vor allen Dingen die Sachkosten, sodass man davon ausgehen kann, dass die Preise für die Vergütung deutlich gesenkt werden.

FRAGE GAVRILIS: Wie viel werden Anbieter für einen Test statt der aktuell 18 Euro in Zukunft bekommen, und zu wann soll die Testverordnung mit konkreten Verschärfungen geändert werden?

KAUTZ: Ein konkreter Preis steht noch nicht fest. Der Minister hat gestern bei „Anne Will“ gesagt: unter 10 Euro. Zum Zeithorizont habe ich mich, denke ich, gerade geäußert.

FRAGE SPIEKERMANN: Betrug ist Betrug, aber Lücke ist auch Lücke. Wie konnte eine derartig lückenhafte Verordnung auf den Weg gebracht werden? Man muss doch auch ein paar Dinge gesehen haben, die anfällig sind.

KAUTZ: Die Gesundheitsämter sind dafür zuständig, die Testzentren zuzulassen. Das passiert. Wie gesagt, passieren auch die Kontrollen. Es werden auch Testzentren wieder vom Netz genommen. Eine gewisse Kontrolle funktioniert also schon. Aber man muss natürlich, wenn man den Anspruch hat, schnell eine Testinfrastruktur aufzubauen, durchaus eine Balance zwischen pragmatischen Lösungen und bürokratischen Lösungen finden. Je mehr Bürokratie man einzieht, desto sicherer und weniger anfällig für kriminelle Machenschaften ist so etwas, aber desto weniger flexibel ist es und desto langsamer wird der Aufbau dieser Teststruktur passieren. Diese Teststruktur hat zum einen dabei geholfen, die dritte Welle zu brechen, und hilft uns zum anderen dabei, den Alltag in der Pandemie besser zu bewältigen.

FRAGE JORDANS: Herr Kautz, wie hoch ist der Anteil positiver Tests in den Testzentren?

KAUTZ: Die aktuellen Zahlen dazu kann ich Ihnen nicht nennen. Ich werde sie nachreichen.

FRAGE HERZOG: Herr Kautz, Sie haben eben gesagt, es werde schon kontrolliert. Heißt das, es wurde auch schon vor der aktuellen Berichterstattung kontrolliert und es gab auch da schon Versuche, Betrug zu verhindern?

KAUTZ: Klar wurde schon vor der aktuellen Berichterstattung kontrolliert. Allein wenn sich der Betreiber eines Testzentrums beim Gesundheitsamt meldet und sagt „Ich möchte als Testzentrum registriert werden“, kontrolliert das Gesundheitsamt, ob man das machen kann oder nicht.

Wie gesagt, es gab einige Gesundheitsminister, die betont haben, dass diese Kontrollen auch im Nachhinein dazu geführt haben, dass Testzentren vom Netz genommen wurden.

ZUSATZFRAGE HERZOG: Ich weiß nicht genau, an wen sich meine Zusatzfrage richtet. Vielleicht ist das BMJV zuständig. In wie vielen Ländern wird nach Kenntnis der Bundesregierung gegen Testzentren ermittelt?

KALL: Wie Sie wissen, Frau Herzog, sind für die Strafverfolgung die Staatsanwaltschaften der Länder zuständig. Deswegen kann ich Ihnen hier keinen Gesamtüberblick darüber geben. Es ist ja darüber berichtet worden, dass zum Beispiel die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Bochum in Nordrhein-Westfalen die Ermittlungen führt und dass sie auch unmittelbar Durchsuchungen hat vornehmen lassen. Im Übrigen würde ich Sie bitten, sich dazu an die Landesjustizministerien oder direkt an die Staatsanwaltschaften zu wenden.

Aber auch Bundesjustizministerin Frau Lambrecht hat sich gestern Abend ganz klar geäußert, dass man Testzentren nicht über einen Kamm scheren darf, aber dort, wo es um Betrugsverdacht geht, dieser ganz konsequent verfolgt und auch hart geahndet werden muss und geahndet werden kann. Dabei geht es um Betrugsvorwürfe, auch um gewerbsmäßigen Betrug. Bei gewerbsmäßigem Betrug beträgt der Strafrahmen bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe. Es sind also ganz erhebliche Straftaten, die hier im Raum stehen.

FRAGE JUNG: Es geht ja auch um spezielle Testzentrumsbetreiber wie MediCan, bei dem der Immobilienunternehmer Oguzhan Can im Blickpunkt steht. Hat sich der Bundesgesundheitsminister jemals mit ihm getroffen, Herr Kautz?

KAUTZ: Das ist mir nicht bekannt. Ich weiß es schlicht nicht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie das nachreichen? Das wäre ja ein entscheidender Punkt.

KAUTZ: Das kann ich gerne prüfen.

FRAGE GAVRILIS: Es gibt Testzentren, in denen Selbsttests unter Aufsicht durchgeführt werden können. Ist das laut der Testverordnung rechtens oder muss der Test zwangsläufig vom Personal durchgeführt werden?

KAUTZ: Meines Wissens ist es so, dass der Test durch das Personal durchgeführt werden muss. Auch diesbezüglich müsste ich in die Testverordnung schauen.

FRAGE JESSEN: Herr Kautz, welches war aus heutiger Sicht die gravierendste Schwachstelle Ihrer Testverordnung?

KAUTZ: Durch die Testverordnung ist es gelungen, diese Testinfrastruktur sehr, sehr schnell aufzubauen. Das hat ermöglicht, den Alltag in der Pandemie zu erleichtern, abzusichern und vor allen Dingen sicherer zu machen. Die Testverordnung hat es ermöglicht, dass wir in dieser Phase der Pandemie Trittsicherheit haben. Sie hat ermöglicht, dass wir mehr öffnen können, als es ohne Testen möglich gewesen wäre. Insofern hat die Testverordnung durchaus ihr Ziel erreicht. Es wurde auch sicherlich verhindert, dass zum Beispiel Menschen in Läden hineingegangen sind, die positiv, die infiziert waren. Insofern hat die Testverordnung auch ihr Ziel erreicht.

Dass nachgeschärft werden muss, dass die Kontrollen wahrscheinlich verschärft werden, habe ich ja gerade schon gesagt. Ich glaube, wir sollten angesichts eines Falls, in dessen Zusammenhang jetzt die Staatsanwaltschaft ermittelt und untersucht, nicht den Erfolg dieser Teststrategie infrage stellen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass diese Manipulationsmöglichkeiten unter Testzentrumsbetreibern ausgetauscht wurden, dass sich da eine Art Kartell oder eine informelle Schwindelgemeinschaft gebildet hat?

KAUTZ: Nein.

FRAGE: Herr Kautz, beschränkt sich dieser angebliche Betrug nur auf das Finanzielle oder möglichweise auch auf die Verlässlichkeit der Ergebnisse?

KAUTZ: Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zurzeit laufen. Sie kennen wahrscheinlich die Zahlen von durchgeführten Tests und die Rate der positiven Tests. Ich kenne sie nur aus der Berichterstattung. Das ist aber natürlich ohne Frage auffällig.

FRAGE BREYTON: Die Bundeskanzlerin hat angekündigt, mit dem Parlament über eine Verlängerung der Bundesnotbremse zu diskutieren. Zieht die Bundeskanzlerin demnach eine Verlängerung der Bundesnotbremse über den Juni hinaus in Betracht? Welche Gründe sprechen nach Ansicht der Bundesregierung dafür?

STS SEIBERT: Ich glaube, ehrlich gesagt, dass es bei Frau Breyton um eine Verwechslung handelt. Es geht um die Frage, ob der Bundestag und nur er kann das tun die sogenannte epidemische Lage von nationaler Tragweite verlängert. Darüber sind natürlich Gespräche mit dem Parlament zu führen. Die Bundesnotbremse ist davon jetzt einmal ganz unabhängig.

Ich weiß jetzt nicht, auf welches von beiden Themen sie anspricht. Deswegen ist es ja auch immer gut, wenn Journalisten in die Regierungspressekonferenz kommen.

KAUTZ: Darf ich kurz eine Sache nachreichen: Es ist so, wie ich es gesagt habe: Diese Antigenschnelltests dürfen nur durch geschultes Personal durchgeführt werden. Wenn es um Selbsttests geht, können diese zwar unter Aufsicht selbst durchgeführt werden, sind aber nicht abzurechnen.

FRAGE SPIEKERMANN: Noch einmal zur Bundesnotbremse. Es gibt eine neue Studie der Uni München, die besagt, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Bundeslockdown und den sinkenden Zahlen gibt. Was sagen Sie dazu, Herr Seibert?

STS SEIBERT: Jede Studie wird natürlich zunächst einmal zur Kenntnis genommen.

Als die Notbremse vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde, war es der 21. April und wir hatten eine bundesweit durchschnittliche Inzidenz von gut 160. Wir waren mitten in der dritten Welle. Heute liegen wir bei einer bundesweit durchschnittlichen Inzidenz von 35. Die Maßnahmen, die in Landkreisen mit einer Inzidenz über 100 durch die Notbremse bestimmt wurden, haben mit Sicherheit dazu beigetragen, dass wir diese dritte Welle der Pandemie bremsen und schließlich brechen konnten und dass die Zahl der Infektionen heute schon wieder, wie gesagt, im nationalen Durchschnitt bei 35 liegt. Aber wir wollen sie noch weiter deutlich senken. Die Inzidenzwerte in einigen Bundesländern sind ja auch schon wieder deutlich weiter unten.

FRAGE POLANSKY: Herr Seibert, Sie sagen „noch weiter deutlich senken“. Welchen Zielwert streben Sie denn dabei an? Es wurde von Herrn Spahn der Zielwert 20 genannt. Ist das der aktuelle Wert?

STS SEIBERT: Dazu hat sich Herr Spahn und auch sein Ministerium in der vergangenen Woche sehr deutlich geäußert, dass es dabei nicht in irgendeiner Weise um einen neuen Indikator, einen neuen Zielwert ging, sondern dass es darum ging, zu sagen, dass wir versuchen, in Bezug auf die Inzidenz noch deutlich weiter herunterzukommen. Diese lag im letzten Sommer im bundesweiten Durchschnitt bei zwei, drei, vier.

Der Inzidenzwert 35 ist ein enormer Fortschritt, über den wir uns alle freuen können und den auch wirklich alle Bürger dieses Landes gemeinsam erreicht haben. Aber in Anbetracht der Varianten, die auch bei uns in Deutschland prozentual noch nicht so stark verbreitet, aber angekommen sind, und auch in Anbetracht möglicher neuer Varianten, die entstehen können, sind wir gut beraten, noch deutlich weiter herunterzugehen. Ich werde Ihnen jetzt keinen Wert nennen. Es ist unheimlich erfreulich, dass der Wert in einzelnen Bundesländer schon deutlich weiter unten ist. Das zeigt uns allen den Weg.

FRAGE JUNG: Oliver Bierhoff, der DFB-Nationalmannschaftsmanager, sagt, dass man in Verhandlungen mit dem Bundesinnenministerium in Sachen Quarantäneregeln für die Spieler der englischen Clubs stehe, dass es da wieder einmal zu Sonderregeln für die Fußballer kommen soll. Können Sie diese Verhandlungen bestätigen? Gibt es da eine Aussicht auf Erfolg?

ALTER: Wir stehen mit dem Deutschen Fußball-Bund in Kontakt so würde ich es ausdrücken und informieren uns gegenseitig. Insbesondere informieren wir den DFB über die Tragweite und den Geltungsinhalt der Einreiseverordnung. Das ist ja deswegen interessant, weil Großbritannien seit einigen Tagen als Virusvariantengebiet eingestuft ist und sich daraus verschärfte Regeln ergeben, die natürlich auch die Organisationsmechanismen der Fußball-Europameisterschaft betreffen. Es gibt in der Einreiseverordnung keine Ausnahmeregelung speziell für Profifußballer, und solche Ausnahmeregelungen sind auch nicht geplant, sondern es gelten die Regeln, die für alle anderen auch gelten. Dazu stehen wir mit dem DFB in Kontakt.

ZUSATZ JUNG: Das heißt, der Nationaltrainer muss damit rechnen, dass diese vier Spieler von den englischen Clubs nicht eingesetzt werden können, zumindest nicht beim ersten Spiel.

ALTER: Das würde ich so nicht sagen. Die Einreiseverordnung sieht ja vor, dass beispielsweise die Quarantäneregeln dann infrage kommen, wenn man einen längeren Aufenthalt im Virusvariantengebiet hatte. Wenn man also beispielsweise länger als 24 Stunden dort war, dann greifen diese Regeln. Das heißt also, wenn man in diese Quarantänepflicht nicht hineinrutschen will, dann muss man sich umorganisieren und das ganze Verfahren anpassen, damit dort unter bestimmten Bedingungen nur ein möglichst kurzer Aufenthalt stattfindet. Ob das möglich ist und wie das wirklich gemacht werden kann, wird im Moment diskutiert.

STS SEIBERT: Ich will vielleicht noch auf die Frage von Frau Breyton zurückkommen, weil es ja nicht gut ist, wenn jetzt, weil die Frage etwas unscharf formuliert war, vielleicht Verwirrung zurückbleibt. Die sogenannte epidemische Lage von nationaler Tragweite hat der Bundestag festgestellt, und nur er kann sie verlängern. Nur er das ist wichtig zu betonen kann sie auch jederzeit wieder aufheben, wenn die Voraussetzungen für diese epidemische Lage von nationaler Tragweite nicht mehr vorliegen. Die Feststellung dieser epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch das Parlament ist eine Voraussetzung für alle zentralen Regelungen zur Eindämmung der Pandemie. Sie ermöglicht es dem Bundesgesundheitsminister, Verordnungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, zur Bewältigung der Pandemiefolgen, im Bereich des Infektionsschutzes, des Gesundheitswesens und der Pflege zu erlassen. Beispiele sind also die Impfverordnung, die Testverordnung, die Einreiseverordnung.

Das andere ist die sogenannte Bundesnotbremse. Die läuft bis zum 30. Juni. Ich weiß nicht, ob Frau Breyton danach gefragt hat. Wenn die sehr erfreuliche Entwicklung der letzten Wochen anhalten wird, was wir alle hoffen, dann ist die Tendenz aus heutiger Sicht, diese Notbremse mit dem 30. Juni auslaufen zu lassen. Aber das ist natürlich von der pandemischen Entwicklung abhängig.

FRAGE TIMOFEEVA: Es hat nach der Notlandung der Ryanair-Maschine in Berlin von Ryanair geheißen, dass die Meldung über mögliche Drohungen an Bord von der deutschen Seite kam. Können Sie sagen, wer diese Information an die Deutsche Flugsicherung gegeben hat?

ALTER: Ich kann Ihnen zunächst einmal aus Sicht des Innenministeriums, das ja für die Bundespolizei zuständig ist, sagen, dass es, bezogen auf diesen Flug, einen polizeilichen Sachverhalt gab, der eine Gefährdung dieses Flugzeugs zumindest nicht ausschließen ließ. Vor diesem Hintergrund ist das Flugzeug außerplanmäßig in Berlin gelandet. Es wurde gründlich untersucht, sowohl die Passagiere als auch das Gepäck. Im Ergebnis konnte kein Gefährdungssachverhalt festgestellt werden. Das heißt also, das war eine Vorsichtsmaßnahme aufgrund eines ernst zu nehmenden Hinweises, und nach Abschluss der Maßnahmen ist das Flugzeug ja auch mit all seinen Passagieren zum Zielort weitergeflogen.

FRAGE JESSEN: Herr Alter, können Sie uns sagen, inwiefern sich der Informationsweg und die Entscheidung über die Landung strukturell und systemisch von der erzwungenen Landung des Ryanair-Flugzeugs in Minsk unterschieden haben oder unterscheiden?

ALTER: Ich habe keine Kenntnis darüber, wie die Informationsflüsse in dem Fall in Minsk abliefen, den Sie beschreiben. Es ist nur so das könnte vielleicht auch das BMVI noch ergänzen , dass es in Deutschland so ist, dass, wenn solche Hinweise eingehen Manchmal sind es anonyme Hinweise. Es gibt also ganz viele Fallgestaltungen. Manchmal gibt es Anrufe bei der Bundespolizei, in denen Dinge ausgesprochen werden, die zu überprüfen sind. Dann ist es üblicherweise so, dass die Sicherheitsbehörden Kontakt mit den Behörden aufnehmen, die für die Flugsicherung zuständig sind, und dann wird mit der entsprechenden Besatzung Kontakt aufgenommen und das weitere Verfahren besprochen.

Hierbei geht es nicht um eine Erzwingung, sondern in diesem Fall in Berlin, über den wir hier sprechen, ist die Entscheidung der Flugsicherung gemeinsam mit der Crew des betreffenden Flugzeugs gewesen, schnellstmöglich diesem Hinweis nachzugehen, die Überprüfung durchzuführen und, nachdem das ausgeräumt wurde, auch unverzüglich die Reise fortzusetzen – mit allen Passagieren und allen Gepäckstücken.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ist die Information richtig, dass die Bombenwarnung zunächst am Zielflughafen in Krakau eingegangen ist und von dort aus dann nach Deutschland zurückgemeldet wurde? Ging die Meldung von Krakau direkt an die Flugsicherung, oder verlief sie über Sicherheitseinrichtungen, die dem BMI unterstehen?

ALTER: Solche Sachverhalte ziehen immer auch noch polizeiliche Ermittlungen nach sich. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Verständnis, dass ich jetzt zu den Details des Vorfalls insbesondere dazu, von wo aus an wen welche Informationen ergingen an dieser Stelle keine Auskunft geben möchte.

FRAGE HASENKAMP: BMI und BMVg haben unbürokratische Lösungen für die Ortskräfte in Afghanistan in Aussicht gestellt. Wie ist der Stand der Gespräche?

HELMBOLD: Ich glaube, das Auswärtige Amt hat sich in der letzten Regierungspressekonferenz schon sehr umfangreich dazu geäußert und die einzelnen Maßnahmen auch schon angesprochen.

ALTER: Ich kann wenig ergänzen. Es gibt seit vielen Jahren ein Verfahren für die Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan, das sich aus Sicht des Bundesinnenministeriums bislang bewährt hat. Die derzeitige Situation wurde zum Anlass dafür genommen, dass sich alle Behörden noch einmal mit der Frage auseinandergesetzt haben, wie man den Prozess zusätzlich beschleunigen kann und wie man das, was gilt, möglichst unbürokratisch abwickeln kann, sodass eine Aufnahme derjenigen, die von diesem Ortskräfteverfahren profitieren, schnellstmöglich erfolgen kann. Das findet statt. Aber es ist keine Änderung des Verfahrens geplant.

ADEBAHR: Dabei geht es eher darum, Flexibilität in den Verfahrensabläufen zu erreichen. Wir als Auswärtiges Amt sind beispielsweise für diesen Teil der Visaerteilung zuständig. Dafür haben wir zum Beispiel auch die Lösung gefunden, dass wir gewisse Anträge von Deutschland aus bearbeiten können, sodass wir uns dadurch eine Zeitersparnis erhoffen. Auch in die Erteilung von Papieren sind wir involviert. Da läuft im Moment eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen allen Ressorts.

HELMBOLD: Ja, und genau das unterstützen wir auch. Unser Ziel ist es weiterhin, dass diejenigen, die an unserer Seite gestanden haben, mit ihren Familien nach Deutschland in Sicherheit gebracht werden können.

FRAGE POLANSKY: Es ist ja die Rede davon gewesen, dass zwei Anlaufstellen gegründet werden sollen, und zwar in Kabul und in Masar-e Scharif. Morgen soll das wohl passieren. Die sollen tatsächlich eröffnet werden.

HELMBOLD: Ich möchte hier bitten, generell vorsichtig mit Zahlen, Daten und Ähnlichem zu sein. Wir müssen auch bei allem, was wir hier öffentlich sagen, darauf achten, dass wir Ortskräfte vor Ort nicht gefährden. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle auch sehr zurückhalten.

FRAGE JUNG: Aber wird es denn Anlaufstellen geben? Sie müssen ja den Tag nicht nennen.

HELMBOLD: Ich glaube, auch darüber haben wir schon berichtet.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie helfen Sie den afghanischen Ortskräften, die sich den Umzug nach Deutschland nicht leisten können? Das BMI lehnt ja eine Anpassung der Umzugskostenhilfe für diese Menschen ab. – Es ist ja schön und gut, dass die herkommen können, aber wenn Sie es sich nicht leisten können?

HELMBOLD: Richten Sie die Frage jetzt an das BMVg?

ZUSATZ JUNG: Oder an das AA. Das AA wollte laut Freitag auch noch einmal prüfen, ob es dafür zuständig ist.

ADEBAHR: Ich habe im Moment nichts weiter mitzuteilen. Ich werde aber gerne noch einmal nachfragen.

HELMBOLD: Ich habe im Moment auch keine Ergänzung.

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