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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 21. Juni 2021

Themen: geplantes Verbot von Propagandamitteln und Kennzeichen von Organisationen auf der EU-Terroristenliste, Präsidentschaftswahl im Iran, iranisches Atomprogramm, COVID-19-Pandemie, Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan in Deutschland, FCAS, Fußball-Europameisterschaft, Reise des österreichischen Bundeskanzlers nach Berlin, russische Einflussnahme auf die Bundestagswahl, Festnahme russischer Staatsangehöriger wegen Spionageverdacht, Parlamentswahl in Armenien, Medienberichte über rechtsextreme Vorfälle in der Bundestagspolizei

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:25 Start der RegPK

4:45 Wahl in Iran
– hat die Kanzlerin schon gratuliert? (ab 7:05)
– waren die Wahlen frei und fair?

10:40 Corona/Delta-Variante/Schule
– wann rechnen Sie damit, dass die Delta-Variante dominierend sein wird? (ab 23:47)
– was ist mit Schulen, wo sowohl zB 11- und 12-Jährige sind als auch über-12-Jährige?
– Nachreichung zu den Schulen 31:59

33:00 Afghanische Hilfskräfte
– bleibt’s dabei, dass diese Menschen keine Umzugskostenhilfe erwarten können? und warum nur Hilfskräfte bis 2013? Wir sind seit 2001 vor Ort… (ab 34:25)

37:30 EM/LGBT/Ungarn
– wie bewerten Sie das ungarische Gesetz, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität einschränkt? Wie protestieren Sie dagegen? (ab 39:08)
– wie bewerten das Sportministerium die aktuelle Diskussion? Bisher gehörte das BMI ja nicht zu den Bundesministerien, die Regenbogenflaggen gehisst haben…

44:55 Wahl in Armenien
– wie ist die Einschätzung zur Freiheit und Fairness der Wahl? Die Opposition beklagt erhebliche Verstöße…

46:17 Rechtsextreme bei der Bundestagspolizei

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 21. Juni 2021:

VORS. BUSCHOW eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

FRAGE ECKSTEIN: Am Wochenende gab es Berichte, dass sich SPD-Fraktion und Unionsfraktion darauf verständigt hätten, die Flagge der Hamas zu verbieten. Das soll noch diese Woche in den Bundestag kommen.

Welche Position vertritt die Bundesregierung dazu?

KALL: Sie haben es schon gesagt. Es gibt eine Initiative der Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag, die §§ 68 und 68a des Strafgesetzbuchs zu erweitern, sodass künftig Propagandamittel und Kennzeichen nicht nur von verfassungswidrigen Organisationen, sondern auch von terroristischen Organisationen unter Strafe stehen, und zwar von solchen, die von der EU als Terrororganisation gelistet sind. Insofern sollen die §§ 68 und 68a StGB erweitert werden. Die Initiative geht auf die Fraktionen zurück. Das Bundesjustizministerium war daran beteiligt. Alles Weitere gern auf Nachfrage.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Heißt das, dass diese Initiative von der Bundesregierung unterstützt wird?

KALL: Wie gesagt, waren wir dazu mit den Fraktionen in Kontakt und haben an der Formulierung mitgewirkt.

FRAGE STUCHLIK: Die Grundfrage ist: Würde man sich bei der Neuformulierung dieses Passus ausschließlich auf EU-Recht verlassen? Würde man also einfach die Definition übernehmen: „Terrororganisation nach Definition der Europäischen Union“?

KALL: Genau. Es geht ganz konkret darum, auf die Durchführungsverordnung der Europäischen Union zu verweisen, in der die EU diese Liste von Terrororganisationen führt.

ZUSATZFRAGE STUCHLIK: Wie sieht der Zeitplan aus? Die Regierungsfraktionen haben gesagt, das solle noch in dieser Legislaturperiode passieren. Sehr viel Zeit ist dafür ja nicht mehr. Gibt es bereits Pläne, das im Kabinett zu besprechen? Können Sie uns ein Datum nennen, zu dem das in Kraft treten könnte?

KALL: Das Thema wird im Deutschen Bundestag jetzt schon diskutiert. Insofern wird es sicherlich keine Kabinettsbefassung mehr geben. Darüber hinaus möchte ich mich jetzt aber eigentlich nicht zum Zeitplan äußern. Es ist, wie gesagt, eine Initiative der Fraktionen. Aber Sie alle wissen ja, dass diese Woche die letzte reguläre Sitzungswoche ist. Insofern sagt das sicherlich schon viel über den Zeitplan.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, eine Frage zur Wahl im Iran: Erwarten Sie, dass es vor der Vereidigung des iranischen Präsidenten Anfang August zu einem Kompromiss kommt? Die Gespräche der ersten bis sechsten Runde sind ja jetzt beendet. Nächste Woche sollen neue Gespräche stattfinden. Das heißt, dass der Zeitplan bis zur Vereidigung des neuen Präsidenten ziemlich eng ist.

Eine zweite Frage: Die Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran waren ja schon unter der reformorientierten iranischen Regierung alles andere als gut. Erwarten Sie jetzt eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Ländern?

ADEBAHR: Vielleicht zum JCPOA vielleicht will Herr Seibert sonst auch noch etwas zum Grundsätzlichen sagen : Gestern hat in der Tat die sechste Runde der Verhandlungen in Wien mit einer Joint Commission geschlossen. Wir sind in den Gesprächen dort wieder ein gutes Stück vorangekommen. Nun stehen aber immer noch wichtige Punkte und Entscheidungen an und aus, für die die Verhandlungspartner in die jeweiligen Hauptstädte zurückgeflogen sind, um sich von ihren jeweiligen Führungen Beratungen dazu geben zu lassen.

Wir stehen nach wie vor bereit, mit ganzer Kraft dafür zu arbeiten, dass wir das JCPOA so schnell wie möglich herstellen, und würden uns über Flexibilität und Pragmatismus auf allen Seiten sehr freuen, um bald nach Wien zurückzukehren, um den Abschluss der Verhandlungen und vielleicht eine Vereinbarung zustande zu bekommen.

Sie haben vielleicht auch gesehen, dass sich europäische Diplomaten gestern auch noch einmal geäußert haben. Sie haben gesagt, dass die Zeit der Entscheidung nun mit schnellen Schritten nahe und dass man aus unserer Sicht deshalb so früh wie möglich nach Wien zurückkehren sollte. Ob und gegebenenfalls wann eine Einigung gelingt, kann ich heute natürlich nicht vorhersagen. Aber wir denken schon, dass es eine Möglichkeit gibt, und das könnte aus unserer Sicht auch schnell vonstattengehen.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Wenn Sie sagen, dass es eine Möglichkeit gebe, meinen Sie dann: Vor Anfang August, vor der Vereidigung des Präsidenten? Denn dann würde es wahrscheinlich schwieriger werden.

ADEBAHR: Das ist auch eine Frage, die in der Zukunft liegt. Richtig ist, dass die jetzige Regierung noch bis August geschäftsführend im Amt ist. Insofern sind aus unserer Sicht eine Rückkehr nach Wien und auch ein Weiterverhandeln gut möglich.

FRAGE JUNG: Frau Adebahr, sieht die Bundesregierung die Wahl im Iran als frei und fair an?

Herr Seibert, hat die Kanzlerin dem Sieger gratuliert?

STS SEIBERT: Ich kann für die Bundesregierung sagen, dass wir den Ausgang der Präsidentschaftswahl in Iran zur Kenntnis genommen haben. Wir haben bereits in der Vergangenheit gesagt, dass der Zulassungsprozess der Kandidaten in keiner Weise unseren Vorstellungen von freien und fairen Wahlen entspricht. Jetzt richten wir als Bundesregierung unser Augenmerk, wie es Frau Adebahr gerade gesagt hat, weiter auf die Verhandlungen über das Atomabkommen in Wien.

Zu der Frage, die Sie in Bezug auf die Kanzlerin gestellt haben, kann ich Ihnen nichts ankündigen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wann wird die Kanzlerin gratulieren?

STS SEIBERT: Dazu habe ich Ihnen nichts anzukündigen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum nicht?

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen dazu nichts anzukündigen. Ich habe unsere Einschätzung des Wahlprozesses in Iran genannt und gesagt, dass es uns jetzt wichtig ist, bei den Verhandlungen über das Atomabkommen in Wien voranzukommen, bei denen dann der künftige Präsident des Irans, Herr Raissi, sicherlich auch seine Rolle spielen wird.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Adebahr, Sie haben die Atomfrage beantwortet. Sie haben aber nicht beantwortet, wie es um die Iranbeziehung mit einer Hardlinerregierung im Iran stehen wird.

ADEBAHR: Sie haben ja Herrn Seibert zu unserem Blick auf die Situation im Iran nach der Wahl gehört. Insofern werden wir einfach schauen. Die alte Regierung ist ja bis Mitte August geschäftsführend im Amt. Das ist eine Periode, die jetzt noch kommt. Ich will nicht in die Zukunft spekulieren, was dann wie eventuell sein könnte.

Ein ganz konkreter Punkt, an dem wir mit dem Iran arbeiten, sind eben die Gespräche in Wien. Das ist auch ganz pragmatisch, und dabei wollen wir auch weiterhin konstruktiv mit der geschäftsführenden Regierung zusammenarbeiten.

FRAGE JUNG: Es ist bekannt, dass Herr Reissi für die außergerichtlichen Hinrichtungen Tausender Regimegegner 1988 im Iran mitverantwortlich ist. Unter anderem fordert amnesty international, dass ihm der Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemacht werde. Schließt sich die Bundesregierung dem an?

Wie bewerten Sie seine Tat?

STS SEIBERT: Dieser Teil der jüngeren iranischen Geschichte und auch die Rolle, die der jetzt gewählte Präsident dabei gespielt haben soll, sind der Bundesregierung bekannt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Schließen Sie sich der Einschätzung unter anderem von amnesty international an, dass er nach Den Haag gehöre?

STS SEIBERT: Ich habe dazu nichts Weiteres zu sagen.

FRAGE RATZ: Meine Frage geht an das Auswärtige Amt und das Gesundheitsministerium. Welche Bemühungen unternimmt die Bundesregierung, um Taiwan bei der Beschaffung von Impfstoffen gegen das Coronavirus zu unterstützen?

ADEBAHR: Ich denke, auf Anfragen dazu hat das BMWi geantwortet.

EICHLER: Das war am Freitag ja schon Thema, und da hatte ich gesagt, dass wir etwaige Korrespondenz nicht kommentieren und uns nicht äußern.

FRAGE REITSCHUSTER: An Herrn Gülde und an das Arbeitsministerium: Das europäische Schnellwarnsystem RAPEX und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, das dem Arbeitsministerium unterstellt ist, warnen aktuell vor insgesamt fünf verschiedenen FFP2-Masken unterschiedlicher Hersteller. Bei einem Produkt droht laut RAPEX sogar Erstickungsgefahr. Nun gibt es Kritik, dass weder RAPEX noch die Bundesanstalt offenlegen, wo diese Produkte im Handel waren; es wird nur allgemein darauf verwiesen. Warum wird das nicht offengelegt, damit die Leute besser geschützt sind?

EHRENTRAUT: Mir sagt das jetzt erst einmal nichts. Da müsste ich etwas nachliefern, sofern es möglich ist.

GÜLDE: Gleiches gilt für mich.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Es ist aber doch eine schwerwiegende Sache, wenn es Warnungen bei fünf Masken verschiedener Hersteller gibt. Darum wundert es mich, dass die Ministerien das nicht verfolgen. Wie sieht denn da das Monitoring aus?

EHRENTRAUT: Nur weil ich jetzt über diesen Sachverhalt keine Kenntnis habe, heißt das nicht, dass wir als Ministerium darüber nicht Kenntnis haben. Wir werden das nachprüfen und gegebenenfalls etwas nachliefern.

FRAGE FRIED: Herr Gülde, mich würde interessieren, auf welcher Grundlage der Bundesgesundheitsminister am Wochenende Eltern, Lehrer und Schüler in Deutschland verschreckt hat mit seiner Ankündigung, dass auch im Herbst und Winter Masken im Unterricht getragen werden müssen und der Wechselunterricht beibehalten wird. Könnten Sie vielleicht auch sagen, was Bund und Länder in den verbleibenden Monaten vielleicht auch schon in den Sommerferien dafür zu tun gedenken, dass das nicht nötig wird?

GÜLDE: Vielleicht darf ich das noch kurz etwas einordnen. Der Minister hat ja am Wochenende deutlich gemacht, dass keine Frage ist, ob die Deltavariante in Deutschland die dominierende Variante sein wird, sondern nur wann und unter welchen Bedingungen. Je geringer die Inzidenzen sind, desto besser können wir damit umgehen; darauf hat der Minister abgezielt. Wir können zuversichtlich sein, müssen aber gleichzeitig vorsichtig bleiben. Sonst drohen im neuen Schuljahr erneut Auflagen, die keiner will, und dazu würden dann die genannten zählen.

ZUSATZFRAGE FRIED: So wie Sie das jetzt sagen, klingt das konditioniert, nämlich in dem Sinne, dass das so sein wird, wenn die Deltavariante eine so starke Welle auslöst. So, wie ich den Minister im wörtlichen Zitat verstanden habe, hat er das in der Tutzinger Tagung ja bereits fest vorausgesagt.

GÜLDE: Noch einmal: Dass Delta die dominierende Variante sein wird, ist gesetzt die Frage ist nur, wann. Darauf hat der Minister abgezielt.

ZUSATZFRAGE FRIED: Die zweite Frage war noch unbeantwortet: Was gedenken der Minister und die Länder sowie vielleicht auch die Bundeskanzlerin zu tun, um diese nicht sehr erfreulichen Perspektiven abzumildern?

GÜLDE: Auch das hat der Minister ja gesagt: Wir müssen die Situation natürlich aufmerksam im Blick behalten. Er ist gestern unter anderem auch zum Thema Reiseverhalten gefragt worden und hat eindringlich appelliert, Reisen zum Beispiel in Risiko- oder Hochinzidenzgebiete, die nicht unbedingt nötig sind, zu vermeiden.

FRAGE REITSCHUSTER: Noch einmal an das Arbeitsministerium und an das Gesundheitsministerium: Die Grünen-Abgeordnete Rößner hat eine Anfrage zu FFP2-Masken für Kinder an die Bundesregierung gestellt, und die Antwort war, dass man beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte jetzt auch eine Normung für Masken in Kindergrößen initiiert hat. Was plant die Bundesregierung da genau mit FFP2-Masken in Kindergrößen?

GÜLDE: Wie Sie schon richtig gesagt haben, Herr Reitschuster, planen wir tatsächlich eine Normung. Es gibt ein Normungsverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, um Standards für solche Infektionsschutzmasken festzulegen. Der Minister hat sich am Wochenende auch dazu geäußert. Wir haben in diesem Bereich zwar auf eine Initiative der Industrie gehofft; die gab es in dem Maße aber tatsächlich nicht. Es gab zwar einzelne Masken, aber wir wollen eben ein Normungsverfahren in Gang setzen, um solche Masken für Kinder zu ermöglichen.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Wenn man so etwas in Gang setzt, hat man ja normalerweise eine Absicht. Ist beabsichtigt, für Kinder auch eine FFP2-Maskenpflicht oder eine Empfehlung herauszugeben?

GÜLDE: Eine Pflicht oder eine Empfehlung ist mit einer Normung nicht verbunden. Wie gesagt, es geht jetzt um die Normung; es geht darum, Normstandards für FFP2-Masken festzulegen. Das ist nicht gleichzusetzen mit einer Maskenpflicht.

FRAGE FRIED: Herr Gülde, ich muss noch einmal nachfragen: Der Minister hat ja auch gesagt, das Problem bestünde darin, dass die Schulen zu Drehscheiben in die Haushalte werden könnten. Jetzt gehen wir ja davon aus, dass bis zum Herbst jedem Bürger in Deutschland ein Impfangebot gemacht wird. Im Moment sieht es danach aus, dass sehr viele das wahrnehmen. Worin besteht dann eigentlich noch genau die Gefahr, wenn Kinder das Virus weitertragen? Anders herum gefragt: Wann sind eigentlich die Bedingungen erfüllt, dass man diese Vorsichtsmaßnahmen zurückschrauben kann.

GÜLDE: Das hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab; auch dazu hat sich der Minister ja geäußert. Das Thema Delta ist letztlich noch nicht komplett in seiner Gänze untersucht. Insofern sind natürlich auch Fragen von möglichen Impfdurchbrüchen oder von Menschen, die sich nicht impfen lassen können, unbeantwortet. Auch die Frage, wie Kinder sich tatsächlich mit der Deltavariante infizieren und welche Krankheitsausbrüche das möglicherweise nach sich zieht, ist unbeantwortet.

ZUSATZFRAGE FRIED: Herr Seibert, hält die Bundeskanzlerin es für hilfreich, dass ihr Gesundheitsminister jetzt vor den Ferien derartig unerfreuliche Szenarien bis in den Winter hinein entwirft?

STS SEIBERT: Für uns alle in der Bundesregierung ist doch klar: Geöffnete Schulen haben eine ganz hohe Priorität. Wir wissen doch alle, dass der Präsenzunterricht die beste Form des Unterrichts ist, und nach allem, was Kinder und Jugendliche in der Pandemie bisher eben auch durchmachen mussten, ist doch sehr zu wünschen, dass es möglich ist genau wie es die Kultusminister ja auch vorgesehen haben , nach den Ferien überall wieder im Präsenzunterricht zu sein.

Gleichzeitig haben die Gesundheitsminister zu Recht gemeinsam beschlossen, die Entwicklung der Pandemie über den Sommer hin ganz genau zu beobachten. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass es lokal zu größeren Infektionsausbrüchen kommt, auf die dann auch zu reagieren wäre. Aber die Priorität für geöffnete Schulen, für Präsenzunterricht, den kein noch so guter Distanzunterricht ersetzen kann, ist doch die Haltung, die wir alle haben. Gleichzeitig haben wir es mit einer noch nicht komplett vorauszusehenden Entwicklung zu tun, und der Blick in andere Länder Großbritannien, Portugal zeigt uns, wie auch bei Ländern, die in der Inzidenz schon sehr niedrig waren und deren pandemische Entwicklung sehr positiv war, durch die Deltavariante wieder Infektionen in großer Zahl entstehen können. Auf die wäre natürlich zu reagieren.

Außerdem fragten Sie vorhin auch, was die Bundesregierung zum Beispiel tun kann, um die Verhältnisse in den Schulen so zu gestalten, dass Präsenzunterricht möglich sein wird. Wir hatten hier schon einmal darüber berichtet: Seit Mitte Juni genauer gesagt seit dem 11. Juni läuft die Förderung durch das BMWi für Umbau und Aufrüstung von stationären raumlufttechnischen Anlagen, also beispielsweise die Anschaffung von Luftfilteranlagen in Einrichtungen für Kinder unter zwölf, in Kindergärten, in Grundschulen. Da übernimmt der Bund 80 Prozent der Kosten. Das ist begrenzt auf Einrichtungen für Kinder unter zwölf Jahre, weil da die Altersgrenze liegt, unterhalb derer es derzeit einfach keinen zugelassenen Impfstoff für Kinder gibt.

FRAGE STUCHLIK: Ich bin im Moment ein bisschen verwirrt vielleicht können Sie mir helfen. Habe ich Sie richtig verstanden, dass im Herbst Wechselunterricht und Maskenpflicht in jedem Fall kommen, unabhängig von der Dynamik der Deltavariante? Oder habe ich Sie da falsch verstanden?

GÜLDE: Da haben Sie mich in der Tat falsch verstanden. Möglicherweise haben Sie auch den Minister falsch verstanden. Der Minister hat gesagt: Wir müssen uns darauf vorbereiten. Darum gilt es, solche Szenarien zu verhindern. Wir haben es jetzt mit unserem Verhalten während sinkender Inzidenzahlen in der Hand, es nicht wieder zu steigenden Inzidenzzahlen kommen zu lassen.

Das war das, was der Minister dazu gesagt hat.

ZUSATZFRAGE STUCKLIK: Darf ich andersherum nachfragen: Wann würden Sie denn von Wechselunterricht und Maskenpflicht absehen? Welches Szenario würden Sie denn diesbezüglich voraussetzen wollen?

GÜLDE: Wie gesagt, die Entscheidung, ob Wechselunterricht stattfindet oder nicht, ist keine Entscheidung, die im Bundesgesundheitsministerium getroffen wird.

FRAGE FRIED: Herr Seibert, zwei Nachfragen zu dem, was Sie gesagt haben.

Erstens. Von den Entlüftungsgeräten reden wir jetzt schon über ein Jahr. Wie kann es eigentlich sein, dass die immer noch in ausreichendem Maße dort vorhanden sind, wo sie gefordert sind?

Zweitens. Können Sie verstehen, dass es ein gewisses Misstrauen gegen das Versprechen gibt, dass das Wohl der Kinder und die Öffnung der Schulen prioritär sind, weil diese Zusage ja schon einmal nicht eingehalten wurde?

STS SEIBERT: Herr Fried, ich weiß nicht, ob wir seit über einem Jahr von denselben Lüftungsgeräten reden. Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr erhebliche Mittel bereitgestellt, um solche lüftungs- und raumlufttechnischen Umbauten zu ermöglichen. Das betraf aber nicht die Schulen, sondern zum Beispiel Universitäten und öffentliche Einrichtungen. Das ist etwas anderes. Jetzt reden wir konkret über die Übernahme von 80 Prozent der Kosten in Einrichtungen für Kinder bis zu zwölf Jahren. Ich glaube nicht, dass das genau das Gleiche ist.

Ich kann verstehen, dass die letzten eineinviertel Jahre dieser Pandemie gerade für Kinder, gerade für Eltern mit kleinen Kindern eine extreme Belastung war und dass die Zeiten mit Distanzunterricht, Wechselunterricht, dann wieder zurück in den Distanzunterricht, gelegentlich Präsenzunterricht für niemanden das sind, was wir uns eigentlich als einen geordneten Bildungsverlauf für unsere Kinder wünschen. Aber die Pandemie war eben da. Auf sie musste reagiert werden und ist auch richtigerweise reagiert worden.

Jetzt sind wir in einer Situation, die viel besser ist, bei der wir aber nicht sagen können: „Es kann keine weitere Gefahr drohen“, weil wir wissen, dass diese Deltavariante deutlich ansteckender, möglicherweise auch in häufigeren Fällen zu Krankheitsverläufen führend, die ins Krankenhaus führen diese Eigenschaften hat. Wir sehen in anderen Ländern, wie es zu einem Wiederhochschnellen der Zahlen kommen kann. Deswegen müssen wir uns dieses Risikos bewusst sein und jetzt den Sommer so sehr wir können nutzen, um bei den Impfungen weiter so gut und schnell voranzukommen, um die Zahlen wirklich niedrig zu halten. Das ist unser gemeinsames Ziel.

FRAGE JUNG: Herr Gülde, wann rechnen Sie denn damit, dass die Deltavariante dominierend sein wird? Das ist ja nur eine Frage der Zeit.

GÜLDE: Wir können dazu jetzt natürlich noch keine Aussagen treffen. Das hängt, wie ich gerade schon gesagt habe, natürlich ein bisschen davon ab, wie wir insgesamt mit den sinkenden Inzidenzen und beispielsweise mit unserem Reiseverhalten umgehen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert, Sie betonten ja, dass es für Kinder bis zu zwölf Jahren diese Unterstützungsleistung des Bundes gibt. Wie sieht das denn am Beispiel von Gymnasien aus? Es gibt Elf- bis Zwölfjährige, die zum Gymnasium gehen, aber auch Dreizehn- bis Vierzehnjährige. Werden dann nur Klassen mit Elf- und Zwölfjährigen diese Lüftungsanlagen finanziert, Klassen mit Dreizehn- bis Vierzehnjährigen aber nicht? Wie soll das gehen?

STS SEIBERT: Das kann ich Ihnen de facto nicht ganz genau sagen. Es gibt diese Grenze, die man eingebaut hat. Deswegen richtet sich das im Wesentlichen auch an Grundschulen und Kindertagesstätten. Da ist ja die Altersgrenze klar.

Konkret müsste vielleicht das BMWi versuchen, etwas nachzuliefern. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Im Wesentlichen betrifft das Kindertagesstätten und Grundschulen, weil dort für die Kinder keine Möglichkeit besteht, geimpft zu werden.

EICHLER: Ich kann dazu jetzt nichts ergänzen. Ich würde schauen, ob ich etwas nachliefern kann und es Ihnen dann zuschicken.

FRAGE REITSCHUSTER: Herr Gülde, das PEI hat in seinem neuen Sicherheitsbericht vermeldet, dass es ein verstärktes Auftreten von Herzmuskelentzündungen bei jungen Menschen gibt. Man sagt, bedauerlicherweise hat man nicht zeitnah die Daten von Arztpraxen, was Alter und Geschlecht angeht und dass dieser Informationsfluss nicht gut funktioniert. Was tun Sie, um den zu verbessern?

Kurze Frage an Herrn Seibert: Sie haben jetzt wieder auf schlechte Erfahrungen aus anderen Ländern verwiesen. Warum verweisen Sie, was Länder mit schlechten Erfahrungen angeht, immer sehr gerne auf diese? Was Länder mit guten Erfahrungen angeht Texas, Florida , sagen Sie immer, dass das kein Vergleich sei. Danke.

GÜLDE: Ich würde anfangen und zum Thema Myokarditis bei Impfstoffen etwas sagen. Das PEI wertet die Meldungen aus. Es gibt den neuen Sicherheitsbericht. Tatsächlich ist es so, dass in sehr seltenen Fällen Herzmuskelentzündungen aufgetreten sind. Zurzeit das sagt das PEI gibt es noch keinen Hinweis auf ein Signal. Das heißt, bei allen Impfstoffen ausgenommen der von Johnson & Johnson, der in der Impfkampgange noch keine so große Rolle spielt, was die Quantität anbelangt wurden tatsächlich solche Herzmuskelentzündungen unter anderem bei jungen Menschen beobachtet, aber nur in sehr seltenen Fällen. Insgesamt ist von 92 Fällen die Rede, ungefähr aufgeteilt auf die jeweilige Quantität des Impfstoffs in der Impfkampagne. Das Ganze wird weiter untersucht. Das PEI hat das aufmerksam im Blick. Zurzeit gibt es aber keinen Hinweis auf ein Signal, was das PEI in seinem Sicherheitsbericht auch vermerkt hat.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Die Frage war, warum der Informationsfluss nicht funktioniert.

GÜLDE: Ich sagte ja gerade, dass das PEI versucht, noch weitere Daten zu erhalten. Es hat fortwährend die Lage im Blick. Das heißt, es gehen weiterhin Meldungen an das PEI ein. Sie wissen ja auch, dass jeder Daten melden kann. Zurzeit lässt aber weder die Quantität noch die Qualität der Daten tatsächlich ein Signal erkennen.

STS SEIBERT: Zu der Frage an mich: Ich beziehe mich hier auf die europäischen Länder, mit denen wir in geografisch enger Nachbarschaft leben, mit denen wir uns auch politisch am intensivsten über den Verlauf der Pandemie austauschen, von denen wir sozusagen die Pandemiedetails am besten wissen. Da kann man derzeit eben in Großbritannien und Portugal sehen, wie das Wiederaufflammen der Infektionen direkt auf die Deltavariante zurückzuführen ist. Man hört das auch aus Ländern über See. Ich kann hier die texanischen und floridianischen Verhältnisse nicht bewerten.

VORS. BUSCHOW: Das Bundeswirtschaftsministerium hat mir signalisiert, dass es etwas nachreichen kann.

EICHLER: Was die raumlufttechnischen Anlagen angeht, habe ich eine Information erhalten. Die Einrichtungen für Kinder unter zwölf Jahren umfassen Kitas, Horte, Kindertagesspflegestellen und staatlich anerkannte allgemeinbildende Schulen in öffentlicher oder freier Trägerschaft. Was die Schulen angeht, werden alle Schulen berücksichtigt, in denen Kinder unter zwölf Jahren unterrichtet werden. Das heißt, es spielt dann keine Rolle, ob dort auch ältere Kinder unterrichtet werden oder nicht. Nähere Informationen finden Sie auf der Website des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

FRAGE JUNG: Das bedeutet also, die Gymnasien werden auch unterstützt. Werden sie voll ausgestattet oder nur bis zu dem Anteil der Elf- und Zwölfjährigen an der Schule?

EICHLER: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Diese Information findet man sicherlich auf der Website des BAFA. Dort sind die Details für die Antragstellung verfügbar.

FRAGE LINKE: Herr Gülde, laut einer Studie der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen haben Ergebnisse von PCR-Tests allein eine zu geringe Aussagekraft, um damit Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zu begründen. Wie kommentiert die Bundesregierung die Ergebnisse?

GÜLDE: Dazu würde ich gerne zwei Dinge sagen, weil begleitend zu dieser Studie Behauptungen im Raum stehen, die gerne einmal aufgeworfen werden.

Zum einen würde ich gerne grundsätzlich etwas zum PCR-Test sagen. Der PCR-Test ist und bleibt der Goldstandard für den Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion. Er hat eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität. Insofern haben wir keinen Zweifel an der Genauigkeit des PCR-Tests. Darüber hinaus sind eben auch die Labore gesetzlich angehalten, Qualitätssicherungsstandards einzuführen und diese auch tatsächlich einzuhalten, was etwa den Umgang mit unsicheren oder grenzwertigen Testergebnissen anbelangt.

Zur zweiten Behauptung, der PCR-Test würde als einziges Kriterium für die Aufrechterhaltung oder die Lockerung von Maßnahmen herhalten, ist vielleicht zu sagen: Ja, die Neuinfektionen sind ein wichtiger Indikator, um die epidemische Lage tatsächlich zu beurteilen, aber sie sind nicht der einzige Faktor, sondern es gibt weitere Kriterien, die wir natürlich mit in die Betrachtung einfließen lassen. Das sind unter anderem natürlich die Belegung der Intensivkapazitäten, das sind allgemein Hospitalisierungen und das sind natürlich auch Todesfälle. Im Übrigen, und das möchte ich auch an dieser Stelle noch einmal sagen, sind das alles Faktoren, die gerade in der Vergangenheit deutlich miteinander korrespondiert haben, also insbesondere in einer Zeit, in der wir noch nicht flächendeckend geimpft haben. Weitere Faktoren, die wir in die Betrachtung einfließen lassen, sind natürlich der Impffortschritt und weitere qualitative Kriterien, etwa das Auftreten von Infektionsclustern oder ein eher diffuses Infektionsgeschehen sowie das Auftreten von Virusvarianten.

EICHLER: Noch eine kleine Ergänzung: Es wird dann kein Unterschied gemacht. Die Schulen sind dann also insgesamt antragsberechtigt.

FRAGE DUDIN: Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium und das Innenministerium, wahrscheinlich eher an Herrn Collatz. Ich wüsste gerne noch einmal bezüglich der afghanischen Helfer der Bundeswehr, die jetzt hier aufgenommen werden sollen, ob das die sind, die seit 2013 für die Bundeswehr gearbeitet haben und gleichzeitig eine Gefährdungsanzeige gestellt haben, oder ob das alle sind, die seit 2013 überhaupt für die Bundeswehr gearbeitet haben. Wie viele wären das in etwa?

COLLATZ: Zu den genauen Zahlen werde ich noch nichts sagen können. Sie haben sicherlich am Wochenende die Bestätigung vom BMI gehört, dass wir uns auf eine Erweiterung auf die Angehörigen derjenigen afghanischen Ortskräften, die für die Sicherheitskräfte in Afghanistan gearbeitet haben, geeinigt haben. Dabei geht es darum, dass denjenigen, die seit 2013, also in Erweiterung der Zweijahresregel, für die Bundeswehr und die Sicherheitsbehörden gearbeitet haben, erneut die Chance gegeben wird, ihren Antrag zu stellen, insofern sie schon einen gestellt hatten und dieser abgelehnt wurde.

ZUSATZFRAGE DUDIN: An das Innenministerium: Auf welchem Weg sollen die Afghanen dann hierherkommen? Läuft das über § 22 des Aufenthaltsgesetzes ab, wie es damals bei den Weißhelmen abgelaufen ist, oder auf welchem Weg kommen die nach Deutschland?

VICK: Die genaue Rechtsgrundlage müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

FRAGE JUNG: Bleibt es dabei, dass diese Menschen keine Umzugskostenhilfe erwarten können?

Warum geht die Regelung jetzt eigentlich nur bis 2013 zurück? Wir sind seit 2001 vor Ort.

COLLATZ: Zur Umzugskostenhilfe kann ich nichts sagen. Dazu kann ich auch nichts nachliefern.

ZUSATZ JUNG: Die Menschen müssen es sich ja leisten können, hierherzukommen.

COLLATZ: Damit bin ich seitens des BMVg nicht befasst.

Was die Regelung angeht, handelt es sich nach meiner Kenntnis darum, dass wir die Daten für den davor liegenden Zeitraum nicht mehr haben.

VICK: Bezüglich der Umzugskosten ist es im derzeitigen Verfahren so geregelt, dass die Personen, die eine Aufnahmezusage erhalten, die Kosten selbst tragen müssen. Mir ist bezüglich dessen jetzt kein neuer Kenntnisstand bekannt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Haben Sie einen Kenntnisstand in Bezug darauf, wie viele Afghanen und Afghaninnen sich das leisten können? Wie hoch ist da der Prozentanteil?

VICK: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen.

FRAGE STUCHLIK: Herr Collatz, diese Woche soll es im Verteidigungsausschuss um FCAS gehen. Es gibt ja den Bundesrechnungshofbericht, der moniert, dass der Vertrag noch nicht abschließend ausverhandelt ist. Er nennt das irgendwie auch einen außergewöhnlichen Vorgang. Wie steht denn das Verteidigungsministerium dazu, dem Parlament unfertige Verträge vorzulegen?

COLLATZ: Ich kann insofern dazu Stellung nehmen, weil der Bericht ja auch eingestuft ist, als wir ja eine Vorlage an das BMF bezüglich des Projekts vorgelegt haben, die wir für vorlagefähig halten. Sie liegt beim BMF, und aus unserer Sicht steht einer Befassung mit der Thematik am Mittwoch nichts im Wege; so viel kann ich sagen. Der Rechnungshofbericht zitiert ja auch eindeutig die dazugehörigen Regularien. Das bedeutet, dass das Risikomanagement natürlich in die politischen Entscheidungen einbezogen werden muss, aber dort auch die Verantwortung liegt. Das ist eindeutig so.

ZUSATZFRAGE STUCHLIK: Es gibt noch Bedenken, dass sich die französische Seite mit ihren Interessen wesentlich mehr als die deutsche durchgesetzt habe. Wie ist Ihre Position dazu?

COLLATZ: Das wird in der Vorlage berücksichtigt. Wir halten das Projekt mit dem Status, in dem es sich jetzt befindet, und mit den Anteilen, die vorgelegt werden, für genehmigungsfähig, auch unter Berücksichtigung eines internationalen Risikomanagements.

FRAGE JORDANS: Zur EM: Herr Seibert, es gab am Wochenende eine große Diskussion um die Regenbogen-Armbinde von Manuel Neuer. Die UEFA hat bis jetzt noch kein Okay für die Beleuchtung der Allianz Arena am Mittwoch gegeben. Was hält die Bundesregierung von solch politischen Symbolen im Sport? Ist das unangebracht, oder ist es richtig, dass man da Zeichen setzen sollte?

STS SEIBERT: Zunächst einmal, wenn wir über die EM reden, würde ich gerne noch einmal kurz das Spiel in den Mittelpunkt stellen und noch einmal einen herzlichen Glückwunsch an die Nationalmannschaft aussprechen. Das Spiel gegen Portugal war wirklich ein Fest, und wir hoffen, es folgen noch viele weitere dieser Art für die deutsche Mannschaft.

Die Bundeskanzlerin wird das Spiel gegen Ungarn natürlich wie Millionen andere am Fernseher verfolgen. Ich kann von hier aus sagen, dass sie Jogi Löw und den Spielern von Herzen die Daumen drückt, dass sie ihnen einen erfolgreichen Abschluss der Gruppenphase wünscht, ein Spiel, das Spielern wie Fans noch einmal so viel Freude macht und das dann Zuversicht für die nächsten Runden gibt.

Zur Diskussion darüber, ob Manuel Neuer eine Regenbogen-Kapitänsbinde trägt oder ob das Stadion in diesen Farben beleuchtet wird: Das ist zunächst einmal Sache des DFB oder auch der Stadt München und der unabhängigen Sportverbände. Wenn ich es richtig verstanden habe, hat die UEFA bereits erklärt, dass sie gegen die Regenbogen-Kapitänsbinde von Manuel Neuer keine Einwände hat. Wofür steht denn der Regenbogen? Er steht dafür, wie wir leben wollen: mit Respekt füreinander und ohne die Diskriminierungen, die Minderheiten lange Zeit ausgegrenzt haben. Dazu können sich sicherlich die allermeisten bekennen.

FRAGE JUNG: Grundlage ist ja, dass aktuell gerade „Pride Month“ ist und gleichzeitig in Ungarn letzte Woche ein Gesetz, dass die Informationsrechte von Jugendlichen im Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität einschränkt, verabschiedet wurde. Wie bewertet die Bundesregierung diese Gesetzgebung in Ungarn, und wie protestieren Sie dagegen?

STS SEIBERT: Also, noch einmal: Die Beleuchtung des Münchner Stadions ist eine Frage der lokalen Verantwortlichen und der unabhängigen Sportverbände.

ZURUF JUNG: Darum ging es mir gar nicht.

STS SEIBERT: Auf einem anderen Spielfeld haben wir die ungarische politische Entscheidung, die sogenannte Werbung für Homosexualität verbieten soll. Die EU-Kommission hat angekündigt zu prüfen, ob das gegen EU-Recht verstößt. Die EU-Kommission ist genau der richtige Adressat dafür. Denn sie wacht über die Einhaltung der Verträge. Das Ende dieser Prüfung und welche Schritte dann möglicherweise folgen, ist abzuwarten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie bewertet das Sportministerium die aktuelle Diskussion um die Regenbogenflagge bei der Allianz Arena und dem DFB-Kapitän? Wenn ich mich richtig erinnere, hat das BMI bisher nie die Regenbogenflagge gehisst, anders als andere Bundesministerien.

VICK: Ich habe den Ausführungen von Herrn Seibert nichts hinzuzufügen.

FRAGE JÖLLI: Herr Seibert, Kanzlerin Merkel empfängt heute Mario Draghi. Am Freitag war Emmanuel Macron zu Gast. Morgen kommt der österreichische Kanzler Sebastian Kurz nach Berlin. Wieso gibt es da kein Treffen?

STS SEIBERT: Was es mit dem Bundeskanzler Sebastian Kurz gibt, ist eine Videokonferenz heute Mittag, ein Austausch in Vorbereitung des Europäischen Rates. Das sind ja im Wesentlichen auch die Themen, die mit dem italienischen Ministerpräsidenten heute im Mittelpunkt stehen.

FRAGE REITSCHUSTER: Eine Frage an das Innenministerium und gegebenenfalls auch an Herrn Seibert: Es gibt diverse Medienberichte, wonach aus Russland versucht wird, Einfluss auf die Bundestagswahl zu nehmen, besonders so heißt es in diesen Medienberichten gegenüber den Grünen. Als Quelle wird da immer das Innenministerium genannt. Ich wollte fragen, was Ihnen dazu vorliegt und wie Herr Seibert das einschätzt.

VICK: Das Bundesinnenministerium kennt die Berichterstattung. Aber wie Sie wissen, kommentieren wir Berichterstattung grundsätzlich nicht.

Ich kann Ihnen aber sagen da können Sie sich sicher sein , dass die Sicherheitsbehörden alle Entwicklungen auch bezüglich der Bundestagswahl im Blick halten.

STS SEIBERT: Wir wissen, dass es und zwar nicht erst jetzt im Vorfeld der Bundestagswahl, sondern schon in den letzten Jahren zunehmend Versuche gibt, Desinformationsinhalte und Fake News nach Deutschland hineinzubringen. Es gibt genügend davon auch in Deutschland, originär hier. Aber es gibt eben auch Versuche, sie nach Deutschland hineinzubringen. Das ist uns bekannt.

Es lohnt sich immer zu lesen, was der Europäische Auswärtige Dienst dazu feststellt. Er hat ja eine Sondereinheit „East StratCom Task Force“. Da sieht man, dass das nicht nur ein Problem Deutschlands, sondern ein Problem mit europäischer Dimension ist. Auch andere europäische Mitgliedsstaaten erleben dieses Thema Desinformation und Propaganda sehr intensiv. Entsprechend sind wir mit den europäischen Partnern dazu im Austausch und schauen sehr genau hin.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Frau Vick, Sie haben jetzt gesagt, Sie können keine konkreten Angaben machen. Wir haben jetzt noch drei Monate bis zur Bundestagswahl. Wenn es diese Einflussversuche gibt, dann wäre es doch ein Gebot der Transparenz gegenüber den Wählern und auch wichtig im Sinne demokratischer Willensbildung, dass man sie dann schnellstens öffentlich macht. Warum passiert das nicht?

VICK: Wie ich Ihnen schon gesagt habe: Die Sicherheitsbehörden haben die Entwicklung auch mit Bezug auf die Bundestagswahl im Blick. Zu gegebenenfalls stattfindenden operativen Maßnahmen äußern wir uns grundsätzlich nicht.

FRAGE BASIROV: Frau Adebahr, der Generalbundesanwalt hat heute die Festnahme russischer Staatsangehöriger aufgrund des Spionageverdachts angekündigt. Wie kann das Auswärtige Amt das kommentieren? Wird man den russischen Botschafter zum Gespräch einladen?

ADEBAHR: Ich habe nur die Pressemeldungen gesehen. Eventuell könnten schon das BMJV oder das BMI etwas dazu sagen. Von unserer Seite gibt es noch nichts.

KALL: Das kann ich ganz kurz machen: Da würde ich Sie bitten, sich an den Generalbundesanwalt zu wenden, der über sein Ermittlungsverfahren natürlich selber informiert.

FRAGE JUNG: Es geht um die Wahl in Armenien: Frau Adebahr, hat die Bundesregierung eine Einschätzung zur Freiheit und Fairness der Wahl? Die Opposition beklagt nämlich, dass sie nicht legitim sei und es dort erhebliche Verstöße gegeben habe.

ADEBAHR: Nach den uns bisher vorliegenden Informationen scheint die Wahl zunächst einmal in Richtung regelkonform abgelaufen zu sein. Aber wir erwarten um 13 Uhr, also in Kürze, eine Stellungnahme der internationalen Beobachtermission ODIHR. Das ist eine Mission aus OSZE und Vertretern der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und des Europarates. Das sind die Experten, die vor Ort waren und das genau beurteilen können. Sie werden sich um 13 Uhr äußern. Insofern wollen wir gern abwarten, was dort gesagt wird und uns dann eine Meinung bilden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Seibert, ist geplant, dass die Kanzlerin dem Regierungschef Paschinjan gratuliert?

STS SEIBERT: Darüber berichte ich Ihnen, wenn es soweit ist. Jetzt ist es sinnvoll abzuwarten, was die Wahlbeobachter sagen. Wenn es eine Gratulation gibt, dann werden Sie das von uns erfahren.

FRAGE ECKSTEIN: Eine Frage an das Bundesinnenministerium: Es hat in der vergangenen Woche Berichte über rechtsextreme Vorfälle in der Bundestagspolizei gegeben, auch im Zusammenhang mit „Reichsbürgern“ etc. Hat es dazu einen Austausch zwischen dem Innenministerium und der Bundestagsverwaltung gegeben?

VICK: Das müsste ich Ihnen gegebenenfalls nachreichen, ob da ein Austausch stattgefunden hat. Aber wie Sie wissen, ist die Bundestagspolizei ja vom Bundesinnenministerium unabhängig.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Haben Sie diese Berichte zum Anlass genommen, die für die Bewachung der Ministerien und der Bundesregierung zuständigen Sicherheitsbehörden noch einmal dahingehend zu überprüfen?

VICK: Die Bundestagspolizei ist ja etwas ganz anders

ZURUF ECKSTEIN: Das meine ich nicht. Ich meinte nicht die Bundestagspolizei, sondern wollte wissen, ob Sie die Berichte zum Anlass genommen haben, quasi die Polizeien, die für den Schutz der Bundesregierung zuständig sind, dahingehend noch einmal zu überprüfen?

VICK: Ich wüsste nicht, warum eine von der Bundespolizei unabhängige Polizei Anlass geben sollte, die komplette Bundespolizei zu überdenken.

FRAGE JUNG: Vielleicht kann Herr Seibert auch noch einmal etwas zur Berichterstattung zur Bundestagspolizei sagen, wo es vermehrt rechtsextreme Vorfälle gegeben haben soll Hitler-Gruß im Pausenraum, Beteiligte in „Reichsbürger“-Parteien, Aufruf zu Querdenkerbewegungen.

STS SEIBERT: Es ist bereits gesagt worden, dass der Bundestag ein eigenes Verfassungsorgan und damit auch für die Polizei zuständig ist.

Was man gehört hat, was da vorgefallen sein soll, ist natürlich schockierend. Deswegen ist es auch ganz richtig, dass der Bundestag dem komplett auf den Grund geht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wird sich das Verhalten der Kanzlerin und der Minister und Ministerinnen im Gebäude ändern?

STS SEIBERT: Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, was Sie damit meinen. Dafür gibt es jetzt keinen Anlass.

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