Themen: Termine der Bundeskanzlerin (St. Michael-Jahresempfang des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Besuch des Präsidenten des libyschen Präsidialrats, Feierlichkeiten anlässlich des Tages der Deutschen Einheit), Hackerangriff auf das Statistische Bundesamt, Bundestagswahl, tödlicher Angriff auf einen Tankstellenmitarbeiter in Idar-Oberstein, Hasskriminalität, Entwicklung der Gas- und Strompreise, Nord Stream 2, Fridays for Future, Aufnahme afghanischer Ortskräfte in Deutschland, COVID-19-Pandemie, Nominierung von Tedros Adhanom Ghebreyesus für eine weitere Amtszeit als WHO-Generaldirektor durch Deutschland, Konjunkturprognose für das Jahr 2021, Holzpreise in Deutschland
Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:20 Termine der Kanzlerin
3:44 Hackerangriff Statistisches Bundesamt
7:10 Seibert zur Wahl
9:13 Seehofer & Idar-Oberstein
12:48 Seehofers Whataboutism
15:35 Gaspreise
24:18 Enteignung für Nord Stream 2
26:55 Klimastreik
30:27 Geht Merkel auch streiken?
35:29 Erdgas-Ausstieg
37:06 Thema: Afghanistan
38:17 Afghanen in Ramstein
44:36 Thema: WHO-Chef Tedros
47:52 Wer entscheidet über Unterstützung für Tedros?
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 24. September 2021:
VORS. WEFERS eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
STS SEIBERT: Ich wollte, wenn ich darf, als Ihr Dauergast dem neu gewählten Vorstand der Bundespressekonferenz, dem Sie ja auch angehören, herzlichen Glückwunsch sagen. Wenn ich das richtig sehe, ist der neue Vorstand der alte Vorstand, und hinzugekommen ist Herr Gerhardt, der die Bonner Mitglieder vertritt. Ihnen allen also danke für die Bereitschaft, sich dazu zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, dass Sie damit einen ganz erheblichen Beitrag zu dieser für unsere demokratische, politische Kommunikation so wichtigen Institution leisten. Das wollte ich bei der Gelegenheit gesagt haben. Grüßen Sie die anderen.
VORS. WEFERS: Vielen Dank! Das nehme ich im Namen des Vorstands herzlich entgegen und freue mich, dass der alte Vorstand und der neue Vorstand der eingespielte Vorstand ist, was bei einem Ehrenamt sozusagen auch Reibungsverluste vermeidet.
STS SEIBERT: Genau! So gehen Sie gut aufgestellt in interessante Zeiten.
Zu den Terminen der Bundeskanzlerin: Am Montag, dem 27. September, nimmt die Bundeskanzlerin um 18 Uhr am St. Michael-Jahresempfang des Kommissariats der deutschen Bischöfe teil. Das ist der jährliche Empfang der katholischen Kirche für Vertreter des öffentlichen Lebens.
Dann kann ich Ihnen noch ankündigen, dass am Freitag der nächsten Woche der Besuch des Präsidenten des libyschen Präsidialrats, Mohamed al-Mnefi, in Berlin und im Kanzleramt stattfindet. Sie wissen, Deutschland hat mit der Initiierung des Berlin-Prozesses, mit der Ausrichtung der Berliner Libyen-Konferenz im Januar vergangenen Jahres und im Juni dieses Jahres besondere Verantwortung für den libyschen Friedensprozess übernommen. In diesem Sinne ist der Besuch des Präsidenten eine gute Gelegenheit, um sich über weitere Schritte auszutauschen.
Noch ein Blick auf das kommende Wochenende, das das Wochenende mit den Festlichkeiten und Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Halle (Saale) ist. Das Motto heißt „Gemeinsam Zukunft formen“. Unter dieses Motto hat Sachsen-Anhalt als diesjähriges Gastgeberland die Feierlichkeiten gestellt.
Der offizielle Teil der Feierlichkeiten beginnt am Sonntag, dem 3. Oktober, um 10 Uhr mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Pauluskirche, dann der Festakt in der Georg-Friedrich-Händel Halle. Die Bundeskanzlerin wird die Festrede halten. Natürlich werden neben der Bundeskanzlerin auch der Bundespräsident, der Bundestagspräsident, der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt und weitere Gäste teilnehmen.
Das war es.
FRAGE JORDANS: Herr Seibert, wird die Kanzlerin am Montag beim Jahresempfang der Bischöfe eine Rede halten?
STS SEIBERT: Nein, sie besucht den Empfang.
FRAGE JAHN: Ich habe eine Frage an das Bundesinnenministerium zum Hackerangriff auf das Statistische Bundesamt. Inwiefern besteht ein Zusammenhang zur Bundestagswahl?
Gibt es Hinweise auf die Täter?
DR. WEDE: Vielen Dank für die Frage. Ich kann zunächst einmal bestätigen, dass es einen Hackerangriff auf einen Server des Statistischen Bundesamts gegeben hat. Dieser Server, der angegriffen wurde, ist Teil einer Entwicklungsumgebung für den Zensus. Er ist insofern von dem anderen System des Statistischen Bundesamts technisch und örtlich getrennt.
Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keinen Hinweis des BSI, dass an diesem betroffenen Server eine Manipulation oder ein Datenabfluss stattgefunden hat. Das, was wir bisher sagen können, ist, dass der interne Wahlserver von diesem Angriff nicht betroffen war und insofern von diesem Hackerangriff auch keine Gefahr für die Bundestagswahl droht. Das BSI ist allerdings an diesem Fall dran. Es erfolgt eine ganz reguläre Sicherheitsüberprüfung, um auszuschließen, dass es in irgendeiner Weise weitere Schäden gibt.
ZUSATZFRAGE JAHN: Gibt es schon Hinweise, von wo aus dieser Angriff gekommen ist?
DR. WEDE: Das ist noch Gegenstand der laufenden Prüfung.
FRAGE ECKSTEIN: Nur noch einmal zur Klarstellung: Am Abend gab es Agenturmeldungen, in denen das BSI mit dem Hinweis zitiert wurde, dieser Angriff stehe im Zusammenhang mit der Bundestagswahl. Gehen Sie weiterhin davon aus? Können Sie das ausführen?
DR. WEDE: Ich weiß nicht, wie dieses Zitat in die Presse gekommen ist. Es gibt vonseiten des BSI keine solche Aussagen.
ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Eine Nachfrage zur Bedeutung dieser Tat. Es gibt viele Hackerangriffe. Können Sie diesen einordnen? Ist das einer von Dutzenden, Hunderten, die es gibt und gegeben hat, der jetzt einfach öffentlich wurde oder ist das ein Eingriff, der schon bedeutender als die üblichen Hackerangriffe war, die es ja jeden Tag gibt?
DR. WEDE: Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen, weil es laufende Ermittlungen gibt, die genau diese Fragen beantworten.
FRAGE HOENIG: Herr Wede, wie schätzen Sie denn insgesamt die Bedrohung durch Cyberangriffe auf Bundesinstitutionen ein? Hat das aus Sicht des BMI im Jahr der Bundestagswahl zugenommen? Wie hoch ist die Gefahr insgesamt?
DR. WEDE: Vielleicht darf ich hier noch einmal auf etwas hinweisen, was wir in der Vergangenheit auch schon oft gesagt haben: Es ist zunächst einmal so, dass wir keinen kompletten Überblick über alle Angriffe haben, die auf Parteien, auf das politische System erfolgen, weil die Parteien diese Angriffe freiwillig melden. Wenn sie sie melden, stehen wir natürlich zur Verfügung, um den Schaden aufzuklären und die betroffenen Institutionen zu unterstützen.
Was wir haben, ist ein Überblick über die Angriffe innerhalb des Regierungsnetzes. Dazu kann ich sagen, dass die Anzahl der Angriffe in der letzten Zeit ungefähr gleich geblieben ist.
STS SEIBERT: Ich würde vielleicht grundsätzlich etwas zur Bundestagswahl sagen. An diesem Sonntag wählen die Bürger und Bürgerinnen den neuen Bundestag. Einige Worte dazu:
Erst einmal einen ganz herzlichen Dank an die rund 650 000 Männer und Frauen, die sich als Wahlhelfer und Wahlhelferinnen zur Verfügung stellen und die ehrenamtlich zu einem guten Gelingen und einem guten Ablauf dieser Bundestagswahl beitragen. Das ist ein großartiges Engagement für uns alle und für unsere Demokratie.
Die Sicherheit der Bundestagwahl ist ein hohes Gut. Das Wahlrecht ist ein wesentliches Grundrecht, eine Grundlage unserer Demokratie. Deshalb möchte ich noch einmal auf die Informationen des Bundeswahlleiters hinweisen. Er hat hier in der Bundespressekonferenz und auf vielen Kanälen klar gesagt, dass die Wahl und der Wahlprozess gesichert sind und die ordnungsgemäße Durchführung gewährleistet ist. Er hat insbesondere auch klar gesagt, dass die Briefwahl ebenso sicher wie die Urnenwahl ist. So war es, seit 1957 diese Möglichkeit, per Briefwahl zu wählen, eingeführt wurde.
Der Bundeswahlleiter hat auch deutlich gemacht, dass man sich vor allem in den sozialen Netzwerken auf Desinformationskampagnen einstellen muss. Wir alle wissen: Es werden gezielt Desinformationen verbreitet, um Unsicherheit zu schüren. Bei manchen der Absender solcher Desinformationen sticht die politische Absicht klar ins Auge. Deshalb ist es für die Bürger und Bürgerinnen so wichtig, sich zu informieren, wenn sie Fragen haben, und zwar auf den Seiten des Bundeswahlleiters oder auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung.
FRAGE ECKSTEIN (zum tödlichen Angriff auf einen Tankstellenmitarbeiter in Idar-Oberstein): Eine Nachfrage an das Bundesinnenministerium. Am Mittwoch war das hier Thema, und Sie sprachen ich hoffe, ich sage das jetzt korrekt in etwa von einem schlimmen Einzelfall, von dem aus man allerdings keine generalisierenden Aussagen treffen könne. Das war die Position des Bundesinnenministeriums. Kurz danach hat sich auch der Bundesinnenminister gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ geäußert und kritisiert, dass Gesetzesvorhaben nicht umgesetzt worden sind. Es entstand dann schon der Eindruck, man hätte dieses Verbrechen vielleicht verhindern können.
Ich wollte fragen, was jetzt die Position des Bundesinnenministeriums dazu ist und ob Sie diesen Widerspruch zwischen Ihren Aussagen hier am Mittwoch und dem, was Herr Seehofer gesagt hat, erläutern können.
DR. WEDE: Einen Widerspruch sehe ich nicht. Aber vielleicht können Sie gleich erläutern, an welcher Stelle genau Sie diesen Widerspruch sehen.
Ansonsten stehen die Aussagen des Ministers hier für sich.
ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Vielleicht können Sie noch ausführen. Der Minister hat kritisiert, dass Gesetzesvorhaben nicht umgesetzt werden konnten. Hätte man diese Tat verhindern können, wenn man diese Gesetze umgesetzt hätte?
DR. WEDE: Das ist jetzt eine sehr hypothetische Frage, zu der ich an dieser Stelle keine Aussage treffen möchte und, ehrlich gesagt, auch nicht kann.
FRAGE JORDANS: Herr Wede, ich hatte am Mittwoch online eine Frage gestellt, die Sie nicht wirklich beantwortet haben. Deshalb versuche ich es jetzt noch einmal. Aus dem Social-Media-Profil des Täters zeigt sich, dass er sich vor allem für rechte Politiker und Medien interessierte. Sehen Sie in Äußerungen dieser Politiker und Medien eine Quelle, aus der sich extremistische Querdenker befeuern?
DR. WEDE: Ich meine, dass ich diese Frage bereits am Mittwoch beantwortet habe. Ich will das aber gerne wiederholen: Es ist zum jetzigen Zeitpunkt zu früh, um zu sagen, welche Kausalitäten im Einzelnen zu dieser Tat geführt haben. Ich kann hier auch keine Spekulationen darüber anstellen, ob einzelne Profile in den sozialen Medien vielleicht dazu beigetragen haben. Da bitte ich um Verständnis, dass die Behörden von Rheinland-Pfalz hier die Ermittlungen führen. Die Ermittlungen werden aktuell ja noch geführt, es liegen noch keine definitiven Ergebnisse vor. Solange ist es reine Spekulation zu sagen, dass aufgrund von gewissen Twitterkanälen dieser abscheuliche Mord entstanden sei.
ZUSATZFRAGE JORDANS: Der Mord ist der Anlass für die Frage, aber die Frage war so formuliert, dass sie eigentlich generell auf die Rolle der Medien bzw. dieser Politiker anspielt. Ganz unabhängig von den weiteren Ermittlungen: Sehen Sie eine Verrohung des Debattenklimas in Deutschland nicht nur durch die oft kritisierten sozialen Medien, sondern auch durch Amtsträger, gewählte Volksvertreter oder gewisse Medien, die sich vor allem bei der Diskussion um die Coronapolitik dahingehend äußern, dass beispielsweise die Bundesregierung eine Diktatur einführe, gegen die man Widerstand leisten müsse? Vielleicht kann sich Herr Seibert dazu äußern?
DR. WEDE: Ich habe meinen Ausführungen nichts hinzuzufügen.
FRAGE JUNG: Mich würde zu der Aussage, die Herr Seehofer am Mittwoch verbreiten lassen hat, zunächst einmal interessieren, warum er die Tat sofort in Zusammenhang mit anderen extremistischen Spektren gebracht hat. Er hat ja gesagt, wir verzeichneten hier eine Zunahme, ob im linksextremistischen, rechtsextremistischen, islamistischen oder antisemitischen Bereich. Warum macht er da gleich Whataboutism? Stimmt diese Aussage überhaupt, dass es eine Zunahme zum Beispiel im linksextremistischen Bereich gibt? Worauf fußt diese Aussage?
DR. WEDE: Herr Jung, ich glaube, dass die Aussagen des Innenministers hier für sich stehen und auch keine Einsortierung meinerseits erfordern. Die Zunahme der politisch motivierten Kriminalität war ja auch hier an dieser Stelle zuletzt häufig ein Thema.
ZUSATZFRAGE JUNG: Das heißt, das, was er da gesagt hat, ist eine faktisch richtige Aussage? Sind Sie da sicher?
DR. WEDE: Die Aussagen des Innenministers stehen für sich, und das kommentiere ich hier nicht.
FRAGE REITSCHUSTER: An Herrn Seibert: Es kursiert eine Rundmail mit Todesdrohungen gegen 150 regierungskritische Journalisten, Politiker und Prominente. Wie erklärt sich die Bundesregierung solchen Hass auf Regierungskritiker, und was gedenkt sie dagegen zu tun?
STS SEIBERT: Ich habe keine Kenntnis von dieser Liste; deswegen kann ich das jetzt auch nicht kommentieren. Ich glaube, aus den Ausführungen des Kollegen und aus vielem, was wir hier in den letzten Wochen und Monaten gesagt haben, ist mehr als klar geworden, dass wir jede Form von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung, Bedrohungen gegen Menschen, die sich politisch engagieren, und Vorkommnisse, wie wir sie bei Demonstrationen erlebt haben, zutiefst ablehnen und dass wir alle auffordern, zu einem demokratischen Umgang miteinander zu kommen, wo man einander zuhört, wo man Argumente austauscht und wo man nicht zu solchen Mitteln greift.
Ich kenne diese Liste nicht. Es soll auch vielerlei Arten solcher Listen geben. Das ist ganz grundsätzlich eine grässliche Sache, wenn es stimmt.
FRAGE HOENIG: Frau Baron, Sie oder Ihre Kollegen haben sich schon am letzten Mittwoch geäußert, ich möchte aber noch einmal fragen: Es ist jetzt eine große Debatte über die Folgen der hohen Gaspreise entstanden; auch die Strompreise werden ansteigen. Halten Sie als Bundeswirtschaftsministerium da nicht irgendeine Art eines staatlichen Eingriffs für notwendig?
DR. BARON: Ich kann noch einmal auf das verweisen, was wir schon gesagt hatten: Natürlich beobachten wir die Lage am Gasmarkt sehr genau sowohl, was die Liefermengen am Gasmarkt angeht, als auch, was die Gaspreisentwicklung angeht. Es gibt aktuell deutliche Steigerungen bei den Gaspreisen. Das hat einen Strauß an Ursachen, die zusammenkommen meine Kollegin hat es ausgeführt : Das ist natürlich das Wiederanziehen der Konjunktur weltweit, vor allem das Anziehen der Konjunktur in Asien; es gab einen längeren, kälteren Winter, der zu einer erhöhten Nachfrage geführt hat auch für die Lieferländer, die eine erhöhte Nachfrage im eigenen Land bedienen müssen. Aufgrund dieser verschiedenen Ursachen sehen wir diese Gaspreisentwicklung und verfolgen sie auch sehr genau. Wir sehen auch, dass der Markt reagiert: Norwegen hat angekündigt, sein Fördervolumen zu erhöhen. Insofern ist das natürlich eine Entwicklung, die wir ganz genau verfolgen müssen.
Daneben gibt es das Thema Strompreise. Auch da müssen wir die Entwicklung sehr genau verfolgen. Minister Altmaier hat ja wiederholt deutlich gemacht, dass er sich für die vollständige Abschaffung der EEG-Umlage einsetzt, um auf der Seite der EEG-Umlage zu Senkungen zu kommen. Wir rechnen auch mit einem Absinken der EEG-Umlage für das Jahr 2022, die wie immer am 15. Oktober final festgelegt wird. Aber natürlich das ist eine Debatte, die wir genau beobachten müssen.
FRAGE ECKSTEIN: Es gibt ja den Vorwurf auch von Politikerinnen und Politikern, Russland würde das unter anderem nutzen, um eine schnellere Nord-Stream-2-Eröffnung herbeizuführen. Liegen der Bundesregierung dazu irgendwelche Erkenntnisse vor?
DR. BARON: Auch dazu haben wir bereits Stellung genommen. Ich wiederhole es gern noch einmal: Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist weiterhin hoch. Die in Deutschland bestehende Nachfrage wird vollständig bedient. Nach unseren Informationen werden auch bestehende vertragliche Beziehungen vollständig bedient, auch die der russischen Seite. Es gibt daher in Deutschland zum aktuellen Zeitpunkt keine Versorgungsengpässe. Auch das müssen wir natürlich genau beobachten.
Ich möchte auch noch einmal darauf verweisen, dass Deutschland in den letzten Jahren auch beim Thema Gasspeicher sehr viel getan hat. Wir haben die Kapazitäten der Gasspeicher ausgedehnt. Deutschland verfügt über die größten Gasspeicher in der EU, und weltweit sind wir die Nummer vier. Insofern sind die absoluten Gasspeicherkapazitäten in Deutschland deutlich höher als in anderen Ländern, sodass man die Situation in Deutschland auch nicht eins zu eins vergleichen kann mit der Debatte, die jetzt in anderen Ländern geführt wird.
ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Vielleicht auch an das Auswärtige Amt: Finden dazu aktuell auch Gespräche mit Russland statt, beispielsweise auch über eine Erhöhung der Gaslieferungen?
DR. BARON: Noch einmal: Es sind die Händler am Markt, die das Gas einkaufen. Die Bundesregierung kauft kein Gas ein und hat keine Gaslieferverträge mit privaten Unternehmen oder mit privaten Partnern. Wir beobachten die Lage natürlich ganz genau, aber wir führen keine Gespräche zu privaten Vertragsbeziehungen.
SASSE: Ich kann dem eigentlich nichts hinzufügen, außer noch einmal den generellen Kommentar, dass wir grundsätzlich natürlich mit Russland im Gespräch zu einer Vielzahl von Themen sind, unter anderem auch zu diesem Thema.
FRAGE DR. RINKE: Frau Baron, anknüpfend an das, was Sie gerade zu den Gasspeichern gesagt haben: Sie haben auf die Kapazitäten hingewiesen. Nun hat es vor vier Wochen Berichte gegeben, dass die Gasspeicher nicht gefüllt seien was im Sommer relativ normal ist, aber wir gehen jetzt ja auf den nächsten Winter zu. Was ist Ihre Einschätzung? Sind die Gasspeicher in einem ausreichenden Maße gefüllt, um auch die Versorgung im Winter zu sichern?
DR. BARON: Vielen Dank ich nehme auch dazu gern noch einmal Stellung. Die Gasspeicher sind aktuell ich habe es vor der RegPK noch einmal geprüft zu 64,69 Prozent gefüllt. Das ist niedriger als in den Vorjahren, das stimmt. Es gab ein vergleichbares Niveau aber auch schon einmal im Jahr 2015. Auch das muss man zum Sachverhalt dazufügen. Ich habe ausgeführt, dass wir in Deutschland die größten Gasspeicherkapazitäten in der EU haben und dass wir im weltweiten Vergleich die Nummer vier sind. Das ist ein Gesamtgasvolumen von 24,6 Milliarden Kubikmetern, also eine sehr hohe Gesamtmenge.
Vielleicht noch eine Zahl: Natürlich ist es Sinn und Zweck, dass die Gasspeicher vor dem Winter befüllt werden, aber das regelt natürlich der Markt nach den Marktpreissignalen. Jetzt haben wir gerade kein großes Sommer-Winter-Spread, sodass die Gasspeicherung aktuell nicht attraktiv ist. Sie steigt aber wöchentlich an geringer als in den Vorjahren, aber sie steigt an.
Vielleicht noch eine Zahl zum Schluss: Wenn man sagt, dass wir jetzt bei 64,69 Prozent sind, dann befindet sich hierzulange mehr als 16-mal so viel in den Speichern als in Großbritannien, wo die Speicherkapazitäten eben andere sind.
FRAGE JORDANS: Die Gasversorgung ist ja nicht nur eine Marktfrage, sondern auch eine Frage der strategischen Sicherheit national, aber auch europaweit. Gibt es denn Diskussionen mit europäischen Partnern, wie man gemeinsam eine etwaige Knappheit verhindern kann bzw. ob Deutschland dann einspringen würde, wenn einem befreundeten Land ob es jetzt Polen, die Schweiz oder wer auch immer ist auf einmal das Gas ausgeht?
DR. BARON: Sie haben natürlich völlig recht, dass diese Frage auch europäisch diskutiert wird. Es gab in dieser Woche den informellen Energierat in Slowenien. Staatssekretär Feicht hat dort für die Bundesregierung teilgenommen. Das Thema Gas gehörte nicht zu den gängigen Tagesordnungspunkten, aber es wurde als aktuelles Thema behandelt. Auch die zuständige EU-Kommissarin hat sich zum Thema geäußert und zugesagt, dass auch die EU-Kommission das Thema monitoren wird und die Lieferfragen und Speicherfragen für die Europäische Union insgesamt betrachten und sich das sehr genau anschauen wird.
Das Bild unter den Mitgliedstaaten auch da sind die Äußerungen zum informellen Energieministerrat öffentlich bekannt ist unterschiedlich, je nach der Lage im eigenen Land. Man kann hier aber nicht davon sprechen, dass es aktuell einen einheitlichen Meinungsstand gibt. Griechenland, das die Situation als sehr angespannt ansieht, hat sich dazu geäußert. Die Niederlande, Irland und Finnland sehen die Situation hingegen nicht als sehr angespannt an. Für Deutschland habe ich geschildert, dass wir große Gasspeicher haben und die Versorgung aktuell sichergestellt ist. Es gibt also unterschiedliche Situationen in den Mitgliedsstaaten. Die EU-Kommission hat sich auf dem informellen Energierat dazu erklärt, dass es ein stärkeres europaweites Monitoring geben solle.
FRAGE DR. RINKE: Eine kurze Nachfrage zu Großbritannien, damit ich es richtig verstehe: Sie sagten: 16-mal mehr als in Deutschland. Worauf bezieht sich das? Auf die Zahl von 64 Prozent, die Sie nannten, oder auf die absolute Menge?
DR. BARON: Auf die 65 Prozent, die wir aktuell erreicht haben. Wenn man sagt: „Wir haben aktuell nur 65 Prozent unserer Gesamtmenge erreicht“, dann haben wir aktuell dennoch 16-mal so viel in den Gasspeichern wie Großbritannien, weil wir bezüglich des Gesamtvolumens, also der absoluten Menge, in den letzten Jahren eine sehr viel höhere Kapazität in Deutschland aufgebaut haben.
FRAGE JUNG: Weil am Wochenende hier in Berlin ja auch das Thema einer Enteignung Thema ist, würde mich interessieren, ob Sie Zahlen darüber haben, wie viele Landwirte, Privatpersonen und Grundbesitzer für Nord Stream 2 enteignet wurden. Können Sie uns eine Zahl nennen?
DR. BARON: Dazu kann ich Ihnen keinen Zahl nennen und würde die Rückfrage stellen: Wo genau sehen Sie bei einer durch Teile der ausschließlichen Wirtschaftszone geführten Pipeline die Enteignung?
ZUSATZ JUNG: Die Gasrohre müssen von der Ostsee durch Deutschland gelegt werden. Dafür muss Boden umgepflügt werden, durch Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen.
DR. BARON: Das beträfe die Anbindungsleitungen, die für diese Pipeline als notwendig erachtet werden. Es gibt bestehende Anbindungsleitungen, die auch genutzt werden. Dafür gibt es natürlich die betreffenden Landesverfahren. Dazu müssten Sie sich an die Länder wenden, durch die diese Leitungen führen. Aber Sie sprechen von den Anbindungsleitungen in Deutschland.
ZUSATZFRAGE JUNG: Sie haben ja sonst immer alle Zahlen parat. Warum haben Sie denn die Zahlen dazu nicht parat?
DR. BARON: Ich kann Ihnen nicht sagen, ob Ihre Aussage zutrifft. Aber die Zuständigkeit dafür liegt nach den in Deutschland getrennten Verfassungsräumen von Bund und Land bei den Ländern.
ZURUF JUNG: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)
DR. WEDE: Ich habe mir eben noch einmal den jüngsten Verfassungsschutzbericht mit Blick auf die Frage nach einer Zunahme der Zahlen mit extremistischem Hintergrund angeschaut. Da Herr Jung danach gefragt hat, möchte ich sie hier nachreichen.
Die Zahl der Straftaten im rechtsextremistischen Bereich ist von 2019 auf 2020 gestiegen, und zwar von 21 290 auf 22 357. Die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten ist in diesem Zeitraum ebenfalls gestiegen, und zwar von 6449 auf 6632. Im Bereich religiöser Ideologie gab es ebenfalls einen Zuwachs der extremistischen Straftaten, und zwar von 362 auf 409.
Für weitere Details würde ich aber tatsächlich auf den Verfassungsschutzbericht verweisen.
FRAGE HOENIG: Herr Seibert, hier ganz in der Nähe demonstrieren heute wieder Tausende jüngerer Menschen beim globalen Klimastreik. Inwieweit nehmen Sie als Bundesregierung die Kritik wahr, und inwieweit würden Sie einräumen, dass die Regierung in der vergangenen Legislaturperiode zu wenig getan habe? Inwieweit sind mehr Anstrengungen für den Klimaschutz nötig?
STS SEIBERT: Erstens einmal zu den Klimastreiks, Fridays for Future: Die Bundeskanzlerin hat schon 2019 und seitdem immer einmal wieder betont, wie wichtig es ist, dass sich Menschen in Deutschland für ihre Interessen, für ihre politischen Überzeugungen und gerade auch für den Klimaschutz einsetzen. Das begrüßen wir, und das gilt natürlich auch für junge Menschen und Schüler und Schülerinnen.
Ich weiß nicht, ob das jetzt der Ort ist, um noch einmal die gesamte deutsche Klimapolitik aufzufächern. Es ist, denke ich, sehr deutlich. Wir haben viele Stunden in dieser Legislatur damit verbracht, darzulegen, wie die Bundesregierung ihre Anstrengungen verstärkt hat, um neue Klimaziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes zu erreichen, wie wir auch in Europa auf ambitioniertere Ziele hingewirkt haben, wie sie letztlich ja auch festgesetzt wurden. Deutschland soll 2045 klimaneutral werden. Wir wollen bis 2030 den CO2-Ausstoß um 65 Prozent senken. Wir haben ein Sofortprogramm 2022 auf den Weg gebracht, ein Klimaschutzprogramm 2030 beschlossen, und es sind vielerlei Prozesse im Gang, die natürlich von der nächsten Bundesregierung mit Überzeugung und Konsequenz weitergeführt werden müssen.
Ich würde jetzt keinen Sinn darin sehen, nun die gesamte deutsche Klimapolitik noch einmal zu referieren. Das sind ein paar Worte dazu. Wir haben eine neue Dynamik sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene.
FRAGE DR. RINKE: Herr Seibert, die Kanzlerin hat ausdrücklich gesagt, dass Proteste von Fridays für Future willkommen seien, um den Druck in der Klimapolitik zu erhöhen. Jetzt sind wir zwei Tage vor der Wahl. Begrüßt die Kanzlerin auch die heutigen Demonstrationen als Aufforderung an die Parteien, die Klimaschutzanstrengungen noch weiter zu erhöhen?
STS SEIBERT: Ich habe mich gerade grundsätzlich zu Demonstrationen für eine wirksame Klimaschutzpolitik geäußert und will das jetzt nicht in einen weiteren Zusammenhang mit der Bundestagswahl bringen. Das ist die Sache der Organisatoren. Ich habe mich grundsätzlich dazu geäußert.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Mir ging es um eine Beurteilung der heutigen Demonstrationen. Werden sie von der Kanzlerin also begrüßt?
STS SEIBERT: Ich beurteile die heutigen Demonstrationen nicht. Sie sind ein Teil einer ganz lebendigen Bewegung von Menschen, von jungen und alten Menschen, die sich für eine konsequente und wirksame Klimaschutzpolitik einsetzen. Die Bundesregierung in ihren Verantwortlichkeiten hat in dieser Legislaturperiode versucht, das auch in politische Maßnahmen zu gießen.
FRAGE JUNG: Eine konsequente und wirksame Klimaschutzpolitik der Bundesregierung gab es ja nicht. Das ist ja genau das, was die jungen Menschen kritisieren, insbesondere dass kein einziger Klimaschutzplan der Bundesregierung in irgendeiner Weise mit dem Eineinhalbgradziel, wozu Sie sich durch das Paris-Abkommen verpflichtet haben, kompatibel ist.
Wie gehen Sie mit dieser Kritik um? Räumen Sie ein, dass diese Bundesregierung zu wenig getan hat? Die Kanzlerin selbst hat auf der Sommerpressekonferenz gesagt, dass sie zu wenig getan habe. Geht sie heute vielleicht selbst streiken und klagt sich selbst an?
STS SEIBERT: Was die Bundeskanzlerin in der Sommerpressekonferenz hier gesagt hat, steht für sich. Das muss ich jetzt nicht wiederholen.
Ansonsten ist das wie eigentlich jedes Mal, wenn wir uns hier treffen, Ihr Statement zu dieser Sache. Ich habe dem jetzt nichts hinzuzufügen. Wir wissen, dass Klimaschutzpolitik nie fertig ist. Wir wissen, dass Klimaschutzpolitik immer ein dynamischer und immer ehrgeiziger werdender Prozess sein muss. Wir wissen, dass man national, europäisch und global handeln muss. Auf allen drei Ebenen ist diese Bundesregierung sehr aktiv.
ZUSATZ JUNG: Das ist kein Statement, sondern das sind Tatsachen. Selbst die Bundesregierung will, wie Sie sagen, 2045 klimaneutral sein. Die Tatsachen, die wissenschaftlichen Tatsachen besagen, dass man 2032 klimaneutral sein muss, um das Eineinhalbgradziel zu erreichen. Das ist noch nicht mal Ihr Ziel, geschweige denn, dass Sie das in irgendeiner Weise schaffen. Darum weise ich das jetzt zurück, dass das ein Statement ist, Herr Seibert.
STS SEIBERT: Zurückweisung zur Kenntnis genommen. Das kann ich jetzt nicht anders sagen.
FRAGE JORDANS: Die Bundesumweltministerin hat, wie ich meine, in einem Interview gesagt, dass die Aktivisten von Fridays for Future sehr wohl viel erreicht hätten. Herr Seibert, sehen Sie es auch so, dass ohne diese Demos in Deutschland weniger für Klimaschutz getan worden wäre als mit den Demos und dass sie in der Vergangenheit Druck sowohl auf die Bundesregierung als auch auf die Parteien ausgeübt haben?
Die Kanzlerin hält heute, so meine ich, eine Rede virtueller Natur im Zusammenhang mit der UNO-Vollversammlung in New York. Wird darin mit Blick auf das Klimathema irgendetwas verkündet werden?
STS SEIBERT: Zu einer Rede kann ich Ihnen jetzt hier nichts weiter sagen.
Fridays for Future das hat die Kanzlerin bereits 2019 mehrfach sehr deutlich gesagt hat natürlich etwas erreicht. Es ist eigentlich eine unglaubliche Leistung. Überlegen Sie: Es ging mit dem Protest einer jungen Schwedin in Stockholm los und ist zu einer fast weltweiten Massenbewegung geworden. Natürlich ist dabei ein Bewusstsein geschaffen worden, dass Hunderttausende oder vielleicht Millionen junger Menschen erreicht und sich auf den Straßen niedergeschlagen hat, aber auch in den aktiven Beiträgen, die aus dieser Bewegung zur politischen Debatte geleistet werden. Die Bundeskanzlerin selbst hat sich mit Frau Thunberg und einigen Mitstreitern, Frau Neubauer und zwei belgischen Mitstreiterinnen, getroffen. Natürlich ist das eine enorme Leistung der Bewusstmachung dieses Themas in der jungen Generation.
FICHTNER: Auch nichts, was ich an dieser Stelle nicht schon gesagt hätte: Wenn wir uns daran erinnern, wo wir vor vier Jahren standen, dann sieht man natürlich Fortschritte im Vergleich zu damals, die ohne diesen großen gesellschaftlichen Rückhalt vermutlich auch nicht möglich gewesen wären. Wir haben jetzt einen Kohleausstieg. Wir haben einen CO2-Preis. Wir haben ein Klimaschutzgesetz. Es werden Milliarden in klimafreundliche Technologien investiert. Wir haben auch eine neue gesellschaftliche Grundstimmung, in der Politikerinnen und Politiker nicht mehr erklären müssen, warum sie Klimaschutz machen, sondern erklären müssen, wenn sie nicht Klimaschutz machen. Das macht natürlich einen Unterschied aus und wird hoffentlich auch weiterhin einen Unterschied ausmachen.
Dann würde ich gerne noch einmal hervorheben, dass es sich ja heute nicht nur um einen nationalen Klimastreik handelt, sondern um einen globalen Klimastreik. Auch das macht diese Errungenschaften von Fridays for Future im Grunde nur noch größer; denn wir haben es ja mit einer globalen Aufgabe zu tun, und dabei werden wir in vielen Ländern und außerhalb von Deutschland auch diesen (akustisch unverständlich) in den nächsten Jahren brauchen.
FRAGE JUNG: Herr Fichtner, da Sie gerade den Kohleausstieg angesprochen haben, und fossile Energie haben wir auch gerade besprochen: Wann plant die Bundesregierung den Erdgasausstieg?
FICHTNER: Das war ja hier auch vorgestern schon ein Thema. Es gibt dazu keine Beschlusslage jenseits der Aussage, dass Deutschland 2045 klimaneutral werden soll, was auch daran liegt, dass wir bei Erdgas ja nicht nur über Verstromung und Gaskraftwerke reden da muss das relativ früh passieren , sondern wir reden ja auch über Heizungen im Gebäudebestand. Wir reden auch über die Versorgung der Industrie, teilweise auch im Übergang von Kohle über Gas zu grünem Wasserstoff. Deswegen gibt es jetzt nicht eine Zahl für alles. Ansonsten wird das natürlich auch etwas sein, mit dem sich die künftige Bundesregierung dann beschäftigen muss.
FRAGE REITSCHUSTER: Wie viel Prozent der Gasspeicherkapazitäten in Deutschland sind direkt oder indirekt in der Hand von russischen Firmen wie zum Beispiel Gazprom?
DR. BARON: Das ist eine Frage, die Sie den relevanten Marktakteuren stellen müssten. Die Speicherbetreiber sind häufig Konsortien, die sich aus unterschiedlichen Unternehmen zusammensetzen. Es ist nicht meine Aufgabe, die Konsortien zu benennen; das müssten Sie bitte am Markt erfragen.
FRAGE LÜCKING: Wie haben sich die Zahl der Aufnahmen und Anträge afghanischer Ortskräfte dieser Woche entwickelt? Sind weitere afghanischer Ortskräfte in Deutschland angekommen?
DR. WEDE: Ich würde hier ganz gerne auf das Verfahren verweisen, auf das wir uns geeinigt haben, nämlich dass wir zu den Zahlen am Montag Stellung nehmen.
VORS. WEFERS: Wenn ich kurz eingreifen darf: Montag wird es keine Regierungspressekonferenz geben, weil Montag ja der Tag nach der Wahl sein wird.
DR. WEDE: Aber gleichwohl würde ich dann mit dem Stand vom Montag dieser Woche antworten. Da ist es tatsächlich so, dass wir am Montag dieser Woche eine höhere Zahl als am Montag davor zu verzeichnen hatten, was zeigt, dass auch noch weiterhin Ortskräfte einreisen.
FRAGE JUNG: Gibt es in Ramstein immer noch Afghanen bzw. Afghaninnen, die Papiere, Genehmigungen oder die Erlaubnis haben, in Deutschland zu sein, oder sind jetzt alle weg?
DR. WEDE: Dafür würde ich gerne an das Auswärtige Amt verweisen.
SASSE: Wenn wir dazu etwas zu berichten haben, Herr Jung, würde ich die Antwort auf die Frage nachreichen. Ich kann das im Moment nicht aus dem Kopf heraus sagen.
FRAGE BÄSECKE: Herr Seibert, mit der Ära Merkel geht ja auch ihre Ära als Regierungssprecher dem Ende entgegen. Das werden Sie vermissen? Was werden Sie nicht vermissen? Haben Sie vielleicht ein, zwei Tipps an Ihren Nachfolger?
STS SEIBERT: Das Wort „Ära“ ziehen wir im Zusammenhang mit mir hier einmal aus dem Verkehr. Ich kann Ihnen jetzt gerne einmal die Abläufe nach der Bundestagswahl referieren, die vielleicht auch von staatsbürgerlichem Interesse sind. Was alles andere angeht, habe ich jetzt keine Antwort für Sie.
Wichtig ist, zu wissen, dass wir es ja wie alle vier Jahre machen werden, genau so, wie es das Grundgesetz vorsieht. Es wird auch nach dem Tag der Bundestagswahl eine vollständig handlungsfähige Bundesregierung geben. Sie wird weiterarbeiten, wie es unser Grundgesetz vorsieht. Zur Erinnerung: Da gibt es die einschlägigen Artikel 39, 63, 64 und 69. Das heißt, bis zur konstituierenden Sitzung des Bundestags, und die soll am 26. Oktober stattfinden, wird die Bundesregierung als amtierende Bundesregierung im Amt sein. Dann, anschließend gegebenenfalls auf Ersuchen des Bundespräsidenten , wird sie geschäftsführend im Amt sein. So läuft das, wie alle vier Jahre in gut geübter Verfassungspraxis.
ZUSATZ BÄSECKE: Vielleicht nur zur Erklärung: Es geht ja ein bisschen darum, dass Sie als Person für die Zuschauer und Zuschauerinnen
STS SEIBERT: Ja, aber ich glaube, nicht hier in der Bundespressekonferenz. Ich bin halt der Regierungssprecher, und das werde ich, wie es aussieht, auch noch eine Weile lang sein. Wenn ich dann irgendwann einmal meine letzte Pressekonferenz haben werde, werde ich vielleicht zwei Sätze sagen.
FRAGE REITSCHUSTER: Es geht um invasive Beatmung und den Zeitpunkt. Laut den Ärzten des Verbandes pneumologischer Kliniken besteht ein eklatanter Fehler bei der Behandlung von COVID-Patienten durch zu frühe invasive Beatmung. Ihr Behandlungskonzept, das Mörsermodell, führt zu dramatisch geringeren Sterberaten und viel weniger Intensivbettenbelegung. Ist Ihnen das bekannt? Falls es Ihnen nicht bekannt ist, warum ist es ihnen nicht bekannt? Wenn ja, warum wird in einer Krise die Behebung eines so folgenreichen Fehlers nicht adäquat angemahnt?
GÜLDE: Die Entscheidung für eine medizinische Behandlung dazu gehört auch die invasive Beatmung ist immer eine medizinische Entscheidung, keine politische. Insofern obliegt es sowohl den medizinischen Fachgesellschaften als natürlich auch den Ärztinnen und Ärzten vor Ort, diese Entscheidung dann gegebenenfalls selbst zu treffen. Dafür gibt es dann auch entsprechende Richtlinien, die aber von den medizinischen Fachgesellschaften entworfen werden, nicht von der Politik.
FRAGE DR. RINKE: Ich hätte auch eine Frage an das Gesundheitsministerium. Wenn wir jetzt einmal auf die Zahlen vom Wochenende schauen, und zwar die verschiedenen Indikatoren, dann gibt es ja überall einen Rückgang. Deswegen hätte ich ganz gerne gefragt, und das nicht zum ersten Mal, sondern jetzt schon ein paar Tage lang, wie das Gesundheitsministerium die Lage einschätzt. Ist es Zeit für eine Entwarnung in der Coronapandemie, oder wie würden Sie das einschätzen?
GÜLDE: Es ist in der Tat so, Herr Rinke, dass wir derzeit in vielen Bereichen einen Rückgang der Zahlen erleben. Wie sind diese Zahlen einzuschätzen? Wir gehen davon aus, dass die derzeitige Entwicklung auf den Rückgang des Sommerreiseverkehrs zurückzuführen ist. Auch eine Abnahme der im Rahmen des Schulempfangs diagnostizierten Infektionen ist durchaus zu verzeichnen. Vor dem Hintergrund der erreichten Impfquote und der Einführung der 2G- bzw. 3G-Regelung in vielen Bereichen ist es wahrscheinlich auch zu einer Abnahme von Infektionen gekommen. Grundsätzlich ist es aber noch zu früh, um jetzt von einer Entwarnung oder von einem anhaltenden Trend zu sprechen. Die Gründe hatte ich ja gerade eben genannt.
Der Minister hat sich, wie gesagt, auch mehrfach zu diesem Thema geäußert. Ein umfangreicher Impfschutz führt halt eben dazu, dass wir gut durch Herbst und Winter kommen, und daher rufen wir eben auch Menschen, die sich noch nicht haben impfen lassen, weiterhin dazu auf, sich impfen zu lassen.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Die Tests an den Schulen finden ja immer noch statt und sind möglicherweise ein Grund dafür, warum das Anschwellen der Zahlen bei Schuljahresbeginn wieder abgeflachte. Ist das Gesundheitsministerium dafür, dass diese zwei Tests pro Woche als Anforderung in den Bundesländern auch in den nächsten Wochen und Monaten erhalten bleiben?
GÜLDE: Grundsätzlich ist das halt eben eine Entscheidung, die die Länder zu treffen haben. Aber wir haben uns ja mehrfach dazu geäußert, dass umfassende Tests an Schulen eben weiterhin notwendig sein werden.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Können Sie da aber keinen Zeitrahmen nennen?
GÜLDE: Ich kann Ihnen jetzt kein Zeitintervall nennen und sagen, ob das jetzt zweimal oder dreimal wöchentlich stattfinden sollte.
FRAGE JORDANS: Deutschland und Frankreich haben heute Herrn Tedros für eine weitere Amtszeit als WHO-Chef nominiert. Er ist ja wegen seiner China-Nähe am Anfang der Pandemie schon auch ein bisschen in der Kritik gewesen. Ich würde gerne wissen, ob Sie eine offizielle Begründung dafür haben, dass Deutschland ihn für eine weitere Amtszeit nominiert.
GÜLDE: Wenn wir da eine offizielle Begründung geben können, dann würde ich sie gern nachreichen.
ZUSATZFRAGE JORDANS: Okay. Auf Twitter haben Sie ihre Unterstützung schon verkündet.
GÜLDE: Wie gesagt: Wenn wir eine offizielle Begründung dafür nachreichen können, dann werde ich das gern tun.
VORS. WEFERS: Dann geht das es wahrscheinlich ganz schnell, wenn das schon auf Twitter steht. Wir nehmen es gern für alle.
FRAGE JUNG: Noch einmal daran anschließend: Mich würde nicht nur die Begründung interessieren, warum Sie die Kandidatur von Herrn Tedros unterstützen, sondern auch, wer eigentlich in der Bundesregierung entscheidet, ob man die Nominierung von Herrn Tedros unterstützt.
GÜLDE: Wie gesagt, die Frage würde ich gern nachreichen.
FRAGE REITSCHUSTER: Es geht um die COVID-Toten in deutschen Krankenhäusern, die aus Pflegeheimen stammen und dort isoliert und einsam sterben mussten. Gibt es Pläne dafür, wie man das in Zukunft ändern könnte?
GÜLDE: Ich glaube, die Frage kommt etwas spät. Im Grunde genommen gibt es ja seit Beginn dieses Jahres entsprechende Empfehlungen, wie Hygieneschutzmaßnahmen auch in Pflegeeinrichtungen umzusetzen sind. Es gab auch die Äußerungen des Bundesministers und des Pflegebevollmächtigten, dass so eine Situation, dass Pflegebedürftige einsam in den Heimen in ihren Zimmern verbleiben müssen, nicht wieder vorkommt.
Wie gesagt, dafür gibt es Grundlagen. Es gibt Hygieneschutzmaßnahmen, an die sich auch die Einrichtungen halten. Es gibt Testkonzepte für den Besuch von Pflegebedürftigen in Pflegeeinrichtungen. Diese Dinge sind alle in den Empfehlungen des RKI nachzulesen.
STS SEIBERT: Man kann es nur immer wieder sagen: Wir haben in dieser Bevölkerungsgruppe der Pflegebedürftigen der Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben ganz mit Bedacht mit dem Impfen begonnen. Das Impfen bietet den allerbesten Schutz und vermeidet, dass es wie im Frühjahr und Sommer des vergangenen Jahres zu schrecklichen und auch einsamen Toden kommt.
Das RKI hat ja in seinem gestrigen Wochenbericht die Impfeffektivität der letzten vier Wochen abgeschätzt. Impfen bietet einen Schutz vor Hospitalisierung für die über 60-Jährigen von 95 Prozent. Für die unter 60-Jährigen sind es 96 Prozent. Impfen bietet einen Schutz vor intensivmedizinischer Behandlung für die über 60-Jährigen von etwa 96 Prozent und für die 18- bis 59-Jährigen von 97 Prozent.
Deswegen gilt gerade für diese Gruppe, aber im Grunde für jeden von uns: Impfen bietet wirksamen Schutz.
ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Es ging mir nicht um die Zustände für die Sterbenden in den Pflegeheimen, sondern in den Krankenhäusern.
STS SEIBERT: Ich denke, wir hatten seine Frage verstanden.
FRAGE HOENIG: Frau Baron, es haben jetzt einige Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Konjunkturprognosen für das laufende Jahr recht deutlich zurückgenommen. Inwieweit bleibt die Bundesregierung bei ihrer Prognose, die für dieses Jahr, glaube ich, bei 3,5 Prozent liegt?
DR. BARON: Wir beobachten die Lage natürlich sehr genau und berichten ja auch monatlich über die verschiedenen Konjunkturindikatoren. Aktuell haben wir in der Frühjahrsprognose die Werte 3,5 Prozent Wachstum in diesem Jahr und 3,6 Prozent Wachstum für das kommende Jahr. Sie wissen aber auch, dass auch noch eine Herbstprojektion der Bundesregierung erfolgen wird. Aktuell sind es aber die genannten Zahlen, von denen wir weiter ausgehen.
FRAGE HOENIG: Eine Frage zu den hohen Holzpreisen: Inwieweit denken Sie über weitere Maßnahmen nach, um den Preisanstieg da ein bisschen zu dämpfen, gerade für die Bauindustrie? Denken Sie über so ein Instrument wie ein Exportverbot nach?
DR. BARON: Diese Frage haben wir hier schon öfter diskutiert. Wir hatten vor dem Sommer verschiedene Gespräche mit der Holzwirtschaft, auch mit den Bundesländern. Wir haben noch einmal die Vorgaben in der öffentlichen Beschaffung überprüft, dass sozusagen auch Kulanz gewährt wird, wenn es starke Preissteigerungen gibt. Diese Maßnahmen werden jetzt umgesetzt. Das ist das Portfolio an Instrumenten, das wir auch aktuell mit den Ländern abgestimmt haben.