Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Reise nach Israel, Empfang des Präsidenten der Italienischen Republik, virtueller Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der G20 zu Afghanistan, Teilnahme an einer Veranstaltungsreihe zur Würdigung des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr, Teilnahme an einem virtuellen Festakt des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Reise nach Spanien, Reise nach Belgien, Reise in die Türkei), 15. Weltnaturkonferenz, Ermittlungen gegen Soldaten des Wachbataillons unter anderem wegen rechtsextremer Vorfälle, Friedensnobelpreis, Aufnahme ehemaliger afghanischer Ortskräfte in Deutschland, Urteil des polnischen Verfassungsgerichts über die Vereinbarkeit des polnischen Rechts mit einigen EU-Gesetzen, Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze, gescheiterte Verlängerung des Mandats der Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats zur Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen im Jemen, Fragen einer Gruppe von OPCW-Mitgliedstaaten an die Russische Föderation zum Fall Nawalny, Anordnung von Maßnahmen zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei der VTB Bank Europe SE durch die BaFin, Vorwürfe gegen IWF-Direktorin Georgiewa, Korruptionsvorwürfe gegen den österreichischen Bundeskanzler Kurz, COVID-19-Pandemie, Finanzhilfen der Bundesregierung für Überlebende der Leningrader Blockade, Aufruf zum Freitagsgebet durch Muezzine in Köln
Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:22 Termine der Kanzlerin
4:40 Weltnaturkonferenz
6:02 Nächster Bundeswehr-Skandal
9:19 Um wie viele Soldaten geht es? Wie kam es zur Aufdeckung?
11:48 Merkel bei Bundeswehr-Appell
15:45 Merkel in Israel: Kein Treffen mit Palästinensern?
18:15 Weltnaturkonferenz ohne Merkel?
22:00 Thema Afghanistan
24:14 Charterflug aus Pakistan
26:30 Familiennachzug
31:40 EU-Urteil in Polen
34:49 Hält man das polnische Verfassungstribal für unabhängig?
36:35 Hartz-4-Regelsatzerhöhung verfassungswidrig?
45:11 Korruptionsskandal in Österreich
58:08 Muezzin-Ruf in Köln
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 08. Oktober 2021:
VORS. SZENT-IVÁNYI eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
STS SEIBERT (zu den öffentlichen Terminen der Bundeskanzlerin): Guten Tag!
Ich hatte Ihnen ja schon gesagt, dass die Bundeskanzlerin morgen und dann bis einschließlich Montag auf Einladung des israelischen Premierministers Naftali Bennett in Israel sein wird. Das können wir jetzt also überspringen.
Am Dienstag wird sie dann den italienischen Präsidenten Sergio Mattarella im Kanzleramt zu einem Gespräch empfangen. Ich denke, man kann sagen: Das zeigt nach dem gestrigen Besuch bei Premierminister Draghi in Rom auch noch einmal die wirklich enge Partnerschaft Deutschlands und Italiens innerhalb der Europäischen Union und auch bilateral.
Ebenfalls am Dienstag, von 13 bis 15.30 Uhr, nimmt die Bundeskanzlerin per Videokonferenz an einem virtuellen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der G20 zu Afghanistan teil. Auf Einladung des italienischen Vorsitzes wollen sich die G20 vor allem mit den humanitären Aspekten der Lage in Afghanistan befassen und gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Not der Menschen im Land zu lindern. Die Bundeskanzlerin hatte ja schon begrüßt, dass die italienische Präsidentschaft die Initiative zu diesem Videogipfel ergriffen hatte. Der reguläre G20-Gipfel findet, wie Sie wissen, Ende dieses Monats in Rom statt.
Am Mittwoch wird die Bundeskanzlerin von 14.30 Uhr bis 15.45 Uhr am Abschlussappell für die am Afghanistaneinsatz beteiligten Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr teilnehmen. Veranstaltungsort ist der Bendlerblock. Um 17.15 Uhr findet dann ein Empfang des Bundestagspräsidenten im Deutschen Bundestag statt, an dem die Bundeskanzlerin ebenfalls teilnimmt. Von 19 bis 19.45 Uhr gibt es dann einen großen Zapfenstreich zur Würdigung dieses 20-jährigen deutschen Afghanistaneinsatzes auf dem Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude. Auch daran wird die Bundeskanzlerin teilnehmen.
Am Mittwochnachmittag ab 16.15 Uhr wird sie im Übrigen an einem virtuellen Festakt des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, APA, teilnehmen und dort eine Rede halten. Der Anlass ist die Amtsübergabe vom bisherigen APA-Vorsitzenden Joe Kaeser an den künftigen Vorsitzenden Roland Busch, der der Vorstandsvorsitzende von Siemens ist.
Am Donnerstag, dem 14. Oktober, reist die Bundeskanzlerin nach Spanien. Sie wird dort mit dem spanischen Europapreis Karl V. ausgezeichnet. Verleihen wird ihr diesen Preis der spanische König Felipe VI., und zwar im königlichen Kloster Yuste in der Region Extremadura. Der Preis wird vergeben durch die Europäische und Iberoamerikanische Akademie der Stiftung Yuste für außerordentliches europäisches Engagement. Bei der Preisverleihung wird die Bundeskanzlerin eine Rede halten. Auf der spanischen Seite nehmen neben dem König auch Ministerpräsident Pedro Sánchez und der Präsident der Regionalregierung von Extremadura teil.
Am Freitag wird die Bundeskanzlerin dann Belgien besuchen. Dort gibt es zunächst ein Mittagessen mit dem belgischen König Philippe und dann ein Gespräch mit dem Premierminister Alexander De Croo. Schwerpunkt sind sicherlich die internationalen und die europäischen Themen, vor allem auch die Tagung des Europäischen Rates, die ja dann am 21. und 22. Oktober wieder bevorsteht. Nach dieser Unterredung mit Premierminister De Croo gibt es gegen 16.40 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz. Am späteren Nachmittag wird die Bundeskanzlerin auf Einladung des Premierministers an einem Konzert teilnehmen und anschließend an einem informellen Abendessen im kleinen Kreis.
Am Samstag, dem 16. Oktober, reist die Bundeskanzlerin in die Türkei und wird dort in Istanbul mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zusammentreffen.
Das ist erst einmal die Terminvorschau, soweit ich sie heute schon habe.
FICHTNER: Ich habe auch eine Terminankündigung: Nächste Woche findet vom 11. bis zum 15. Oktober die 15. Weltnaturkonferenz statt, und zwar hybrid in Kunming in China und virtuell. Die Weltnaturkonferenz ist die Schwester der Weltklimakonferenz. Sie ist weniger bekannt, aber leider nicht weniger dringend; denn die Naturkrise ist ähnlich dramatisch wie die Klimakrise. Weltweit sterben Arten aus, Natur wird zerstört. Ähnlich wie es 2015 in Paris für das Klima gelungen ist, soll es nun bei der Weltnaturkonferenz gelingen, eine globale Vereinbarung für die Natur und ihre Vielfalt zu schaffen, und es soll gelingen, diesen Abwärtstrend aufzuhalten und umzudrehen.
Die Konferenz ist wegen Corona in zwei Teile geteilt. Nächste Woche findet von Montag bis Freitag zunächst der hybride Auftakt auf politischer Ebene statt. Die deutsche Delegation wird von der Bundesumweltministerin geleitet. Auch der Entwicklungsminister nimmt teil. Den Winter über wird es Verhandlungen auf Expertenebene geben, und im April/Mai dann hoffentlich in Präsenz den Abschluss einer globalen Vereinbarung.
Wir wollen Sie am Montag um 10 Uhr im Naturkundemuseum über die Erwartungen an die Konferenz aus deutscher Sicht informieren. Die Konferenz selbst können Sie dann auch auf den Kanälen der Convention on Biological Diversity online verfolgen.
COLLATZ: Guten Tag! Ich möchte Sie an dieser Stelle darüber informieren, dass wir seit einigen Tagen und Wochen in den Reihen von Soldaten des Wachbataillons wegen sehr schwerwiegender Vorwürfe zu ermitteln hatten, und der Sachstand der Ermittlungen lässt es angezeigt erscheinen, sowohl das Parlament zu informieren was auch in diesen Minuten geschieht als auch die breitere Öffentlichkeit.
Es geht einmal wieder, muss man sagen um ziemlich abartige Trink- und Aufnahmerituale, es geht um sexualisierte Gewalt und Übergriffigkeit, es geht um rechtsextremistische Vorfälle. Das erfüllt uns natürlich mit Sorge. Wir gehen diesen Fällen mit aller Härte nach, und ich kann Ihnen an dieser Stelle auch erste Konsequenzen mitteilen. Es ist ja auch aus rechtlichen Aspekten immer schwierig, hier zu Einzelfällen etwas in die Öffentlichkeit zu geben, aber ich kann Ihnen sagen, dass eine Kompanie, eine Einheit, die hier besonders auffällig geworden ist, aus dem protokollarischen Dienst herausgenommen wurde. Diese Einheit wird also bis auf Weiteres, bis es zu einer endgültigen Klärung der Vorhalte gekommen ist, nicht mehr im Protokolldienst, bei protokollarischen Veranstaltungen, eingesetzt. Natürlich werden auch Vorgesetzte, denen hier schuldhaftes Verhalten vorgeworfen wird, vorerst von ihren Funktionen entbunden.
Diese Vorfälle, die ich Ihnen hier zur Kenntnis gebe, beschämen uns alle zutiefst. Es ist für uns Soldatinnen und Soldaten, auch für mich als uniformierten Menschen in der Bundeswehr, schwer erträglich, dass es erneut und in einigen Verbänden eben auch gehäuft zu Vorfällen dieser Art kommt und dann auch schon wieder in einem rechtsextremen Kontext. Wer als rechtsextrem oder durch Gewalttaten auffällt, wer die Würde seines Gegenüber nicht achtet, wer Hass sät, der schädigt nicht nur was schon schlimm genug ist das Ansehen der Bundeswehr. Die Auswirkungen eines solchen Verhaltens gehen vielmehr viel tiefer. Das bedeutet immer auch eine Spaltung der Gemeinschaft in der Bundeswehr, wie es auch in der Gesellschaft bei solchem Verhalten zu betrachten ist.
Eine militärische Gemeinschaft das möchte ich hier auch besonders betonen und hervorheben ist immer und in besonderem Maße auf den Zusammenhalt der Menschen in der Bundeswehr angewiesen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe oder Religion. Wir nennen das Kameradschaft zivil spricht man hier von Solidarität oder einer Solidargemeinschaft. Wer sich extremistisch und menschenfeindlich äußert, greift diese Solidargemeinschaft in der Bundeswehr, genannt Kameradschaft, an. Er verhält sich unkameradschaftlich und begibt sich aus dieser Gemeinschaft heraus. Er gefährdet das ist deswegen auch mit besonderer Härte zu verfolgen unsere Einsatzbereitschaft.
Wir werden deswegen alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um Personen, die die Menschenwürde der Kameradinnen und Kameraden nicht achten, aus der Bundeswehr zu entfernen. In besonderem Maße gilt das natürlich für Rechtsextremismus. Mir ist es wichtig deutlich zu machen, dass wir eine Nulltoleranzlinie verfolgen. Bei der geht es nicht nur darum, das Ansehen der Bundeswehr zu wahren, sondern eben, wie ich deutlich gemacht habe, insbesondere den Zusammenhalt und die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr.
FRAGE JUNG: Herr Collatz, wie ist man auf das Wachbataillon aufmerksam geworden? Um wie viele Soldaten ich gehe einmal nicht davon aus, dass es um Soldatinnen geht geht es hier?
COLLATZ: Der Sachverhalt ist noch nicht vollständig ausermittelt. Wir haben das Wachbataillon an dieser Stelle aufgrund von Vorfällen ja schon einmal als Thema gehabt; auch medial ist es bereits seit dem Frühjahr dieses Jahres in Erscheinung getreten. Das hat zu internen Ermittlungen geführt, und diese internen Ermittlungen haben weitere Kontexte hervorgehoben, die wir dann auch ausermittelt haben. In diesem Zuge kam es jetzt zu weiteren Verdächtigungen. Wir sind dort im Bereich mehrerer Dutzend.
ZUSATZFRAGE JUNG: Um welches Wachbataillon geht es genau?
COLLATZ: Es gibt nur eins das Wachbataillon der Bundeswehr.
FRAGE DR. RINKE: Um das einordnen zu können: Sie haben eben gesagt „Wir sind dort im Bereich mehrerer Dutzend“. Können Sie sagen, wie viele Mitglieder das Wachbataillon insgesamt hat bzw. um welche Größenordnung es da geht?
COLLATZ: Knapp tausend ist die Stärke des Wachbataillons.
FRAGE JUNG: Geht es denn nur um einfache Soldaten oder auch um Offiziere, Führungsoffiziere?
COLLATZ: Abschließend kann ich das noch nicht sagen. Der Schwerpunkt ist, wie das so oft zu verzeichnen ist, tatsächlich im einfachen Dienst zu sehen. Es gibt aber, wie ich es deutlich gemacht habe, auch bereits Erkenntnisse über Vorgesetzte, die dort unter Verdacht stehen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Gab es schon irgendwelche personellen Konsequenzen?
COLLATZ: So, wie ich es aufgezählt habe: Diejenigen Vorgesetzten, die im Verdacht stehen, werden aus ihrer Funktion als Vorgesetzte herausgenommen, und eine weitere Konsequenz ist das ist aber eher organisatorischer Art , dass eine Kompanie aus dem protokollarischen Dienst herausgenommen wird.
FRAGE JESSEN (zu den Terminen der Bundeskanzlerin): Ich habe eine Frage zur Teilnahme der Bundeskanzlerin beim Appell im Bendlerblock: Herr Seibert, gehen Sie davon aus oder würde die Kanzlerin es begrüßen, wenn dabei auch der zivilen Opfer des Afghanistankrieges sowie auch der Menschen, die als deutsche Ortskräfte Opfer geworden sind oder die es jetzt zu werden drohen, gedacht wird?
STS SEIBERT: Die identische Frage haben ja Sie bzw. Herr Jung in den letzten Wochen bzw. in den letzten Regierungspressekonferenzen immer wieder gestellt. Es ist vom Bundesverteidigungsministerium sehr richtig gesagt worden wenn ich das jetzt so aus der Erinnerung wiedergeben darf , dass aller Aspekte dieses über 20 Jahre währenden Einsatzes gedacht wird. Es wird also ein umfassendes Gedenken sein. Mehr kann ich Ihnen dazu heute, vor der Veranstaltung, noch nicht sagen.
FRAGE: Herr Seibert, was ist der Anlass des Besuches der Bundeskanzlerin in Istanbul? Gibt es da bestimmte Themen, die im Vordergrund stehen?
STS SEIBERT: Zunächst einmal ist die Türkei für uns ein wichtiger, enger Partner. Unsere Länder sind auf vielfältige Art und Weise miteinander verbunden nicht zuletzt, sondern in ganz besonderer Weise eben auch durch Millionen von Menschen hier in Deutschland, die familiäre Wurzeln in der Türkei haben und die im Grunde eine persönliche Brücke in dieses Land bilden. Deswegen ist es für uns als Bundesregierung immer wichtig gewesen, wirklich eng, konstruktiv, vertrauensvoll mit der Türkei zusammenzuarbeiten und gerade auch dann, wenn es sehr unterschiedliche Einschätzungen, Meinungsverschiedenheiten oder Kritik, die wir in der Vergangenheit auch immer geübt haben, gibt, trotzdem im Gespräch zu bleiben und diese Kritik direkt zu üben.
Es gibt verschiedene internationale Themen, die uns natürlich auch aufgrund der geostrategischen Lage der Türkei miteinander verbinden. Die Türkei ist ein NATO-Partner; auch das kann sozusagen Themen bereitstellen. Das Thema der Migration ist ein wichtiges. Die Bundesregierung hat immer wieder darauf hingewiesen, wie groß die türkische Leistung ist, Millionen von Menschen insbesondere aus Syrien aufzunehmen und dass dies auch von europäischer Seite anerkannt werden muss. Das ist ja auch ein Grundgedanke des Flüchtlingsabkommens bzw. des Migrationsabkommens zwischen der EU und der Türkei. Ich denke, das sind die Themen, die da im breitesten Sinne auf dem Tisch liegen werden.
FRAGE DR. RINKE: Zu den anderen beiden angekündigten Reisen: Herr Seibert, nachdem die Kanzlerin auch gestern in Italien war und da von einem Abschiedsbesuch die Rede war, möchte ich fragen, ob sie jetzt noch durch alle EU-Staaten reist, um sich zu verabschieden.
STS SEIBERT: Nein.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Warum nicht? Bzw. wie erklärt sich dann die Auswahl von zum Beispiel Belgien, Spanien und Italien?
STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin hat ja vielfältige Begegnungen und Gespräche mit europäischen Partnern und Regierungschefs und chefinnen, auch wenn sie nicht in das jeweilige Land reist. Wir kommen gerade von einem Westbalkangipfel der Europäischen Union; es gibt also auch andere Gelegenheiten als eine bilaterale Reise, um klarzumachen, wie wichtig uns, wie eng das Verhältnis und die Zusammenarbeit mit einem Staat sind.
Insofern gibt es jetzt noch einige Reisen. Wir werden immer rechtzeitig darauf hinweisen, wenn die geplant sind. Ich gehe aber nicht davon aus, dass es alle 27 betreffen wird.
FRAGE JUNG: Zu der Reise nach Israel, Herr Seibert: Mit wem trifft sie sich von der palästinensischen Seite?
STS SEIBERT: Auch diese Frage hatten wir schon. Die Bundeskanzlerin ist eingeladen vom israelischen Premierminister, das heißt, sie wird den israelischen Premierminister sowie den alternierenden Premierminister und derzeitigen Außenminister treffen und sie wird den israelischen Staatspräsidenten treffen. Das Thema Palästina, das Thema Friedensprozess, das Thema einer ausgehandelten Zweistaatenlösung von der im Moment allerdings nichts zu sehen ist reist immer mit, weil es neben den bilateralen Beziehungen eines der wichtigen Themen ist. Das heißt, die Bundeskanzler wird ihre Überzeugungen zu diesem Thema auch in den Gesprächen mit den israelischen Gesprächspartnern zum Ausdruck bringen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Wenn das Thema immer mitreist, warum trifft sie sich dann nur mit der einen Seite? Sie könnte sich ja selbst bei Herrn Abbas oder bei anderen in Ramallah melden.
STS SEIBERT: Wenn es Gespräche, Kontakte, Telefonate gibt, sage ich Ihnen wie immer Bescheid. An diesem Wochenende und bis einschließlich Montag gibt es jetzt eine Reise auf Einladung der israelischen Regierung mit einem sehr dichten Programm.
FRAGE VON DER BURCHARD: Warum hält die Bundeskanzlerin gerade jetzt einen Besuch in Belgien ab? War dies längerfristig als bilateraler Besuch geplant, oder gibt es einen konkreten europapolitischen Anlass, warum sie nach Brüssel fährt?
STS SEIBERT: Es gibt eine Einladung der belgischen Regierung und den Wunsch der belgischen Regierung, dass die Bundeskanzlerin diesen Besuch macht. Diesem Wunsch kommt sie sehr gerne nach.
Belgien ist ein ganz wichtiger Partner. Die Bundeskanzlerin hat in der Vergangenheit ja häufiger gesagt, dass man aufpassen muss, dass man nicht mit den Ländern, mit denen man nahezu problemfreie Beziehungen hat, sozusagen die seltensten Kontakte pflegt. Deswegen wird sie sehr gerne in dieses Land, das uns ein besonders guter und enger Partner ist, auf Einladung des belgischen Premierministers und des Königs reisen.
FRAGE JUNG (zur Weltnaturkonferenz): Herr Seibert, warum reist die Kanzlerin nicht zu dieser Konferenz? Sie wird ja immer als „Klima-Kanzlerin“ bezeichnet. Wenn das die kleine Schwester der Weltklimakonferenz ist, dann frage ich mich, warum sie nicht selbst dorthin fährt.
STS SEIBERT: Ich habe Ihnen die Termine für die kommende Woche vorgetragen. COP26 findet Anfang November statt. Wenn es diesbezüglich eine Information über den Besuch der Kanzlerin zu geben gibt, tue ich das auch gerne.
ZUSATZFRAGE JUNG: Hätte es denn aus Sicht des Umweltministeriums geholfen, wenn die Kanzlerin dabei wäre, um diese Konferenz aufzuwerten?
FICHTNER: Das Wort „Reise“ ist in dem Fall sehr missverständlich, weil es eine hybride Konferenz ist. Vor Ort in Kunming ist im Grunde nur Wirtschaftspersonal, das sowieso in China wegen der Quarantäneregeln ansässig ist, die es dort gibt.
Es wurden zwar Staats- und Regierungschefs eingeladen, allerdings nicht alle, sondern nur eine kleine repräsentative Zahl. Europa wird von Präsident Macron vertreten. Ansonsten hören wir von der chinesischen Seite, dass sie sehr zufrieden ist, dass das Bundesumweltministerium und auch das Bundesentwicklungsministerium auf Ministerebene vertreten sind.
STS SEIBERT: Ich möchte, wenn ich darf, noch etwas hinzufügen. Denn kurz vor dieser Pressekonferenz ist ja bekannt geworden, dass der diesjährige Friedensnobelpreis an zwei Journalisten geht.
Weil wir hier an einem Ort der Pressefreiheit sind, ist es mir wichtig, im Namen der Bundesregierung sehr herzliche Glückwünsche sowohl an Maria Ressa, die philippinische Journalistin, als auch an Dmitri Muratov, den russischen Journalisten, zu senden.
Beide haben sich über Jahrzehnte in ihren jeweiligen Ländern unter zunehmend schwierigen Umständen und unter zunehmend wachsendem politischen Druck für die Freiheit der Presse eingesetzt. Das hat das Nobelpreiskomitee als mutig bekannt und hat noch einmal daran erinnert, was auch die Überzeugung der Bundesregierung ist, dass die Meinungs- und Pressefreiheit eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden sind. Insofern an diesem Ort, der ein Ort der Pressefreiheit ist, noch einmal ganz herzlichen Glückwunsch sowohl an Maria Ressa als auch an Dmitri Muratov!
Möge dieser Preis nicht nur für sie eine Ermutigung sein, sondern für alle, die sich wo auch immer auf dieser Welt für die Pressefreiheit, für die Freiheit, seine Meinung in Schrift und Bild zu äußern, einsetzen.
FRAGE NEHLS: Eine Frage an das Verteidigungsministerium. Wie ist der Vorfall aufgedeckt worden bzw. von wem wurde er gemeldet?
COLLATZ: Ich kann so viel sagen, dass es sich um interne Ermittlungsergebnisse und Meldungen aus dem Kreis der Kameradinnen und Kameraden handelt, denen nachgegangen wurde. Im Rahmen der disziplinaren Ermittlungen, die dann gefolgt sind, ergaben sich weitere Sachverhalte, die dann Ursprung der Ausweitung dieser Überprüfung war. Unterm Strich entstand also aus internen Meldungen heraus der Bedarf für weitere Ermittlungen.
FRAGE CLASMANN: Ich habe eine Frage zum Thema Ortskräfte aus Afghanistan. Verfügt das Auswärtige Amt inzwischen über eine Namensliste der Ortskräfte, die ein Aufnahmezusage für Deutschland erhalten haben?
Wenn ja, wie viele Menschen stehen auf dieser Liste? Bitte sagen Sie dazu, ob mit oder ohne Angehörige.
Eine Nachfrage: Hat es auch noch Veränderungen auf der Liste weiterer schutzbedürftiger Personen ich meine die sogenannte Menschenrechtsliste , gegeben oder steht noch die im September genannte Zahl von rund 2600 Personen plus Kernfamilien?
BURGER: Vielen Dank! Wir haben uns ja auf ein ressortgemeinsames Vorgehen bei der Erhebung und Kommunikation dieser Ortskräftedaten unter Federführung des Bundesinnenministeriums verständigt. Das Auswärtige Amt meldet die Zahlen an das Bundesinnenministerium, welches dann die Zahlen für die gesamte Bundesregierung kommuniziert. Diese Abstimmung ist in vollem Gange. Ich hoffe, dass wir auch sehr schnell entsprechende Zahlen kommunizieren können.
Es kann dabei mitunter zu Verzögerungen kommen. Das liegt im Fall des Auswärtigen Amtes daran, dass wir uns nicht nur um unsere eigenen Ortskräfte kümmern, sondern beispielsweise auch um Ortskräfte von Mittlerorganisationen wie dem DAAD, dem Goethe-Institut, aber beispielsweise auch um Ortskräfte der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der NATO, für die Deutschland Verantwortung übernommen hat. Das erhöht natürlich die Komplexität, weil wir auf Zulieferungen von solchen Organisationen angewiesen sind. Dabei kommt es zu Rückfragen und entsprechend zu möglichen Anpassungen. Wir haben die Zahlen jedoch intern konsolidiert. Sie befinden sich gerade im Meldeprozess an das BMI.
FRAGE JUNG: Sie hatten gestern über einen Charterflug aus Pakistan mit Afghanen und Afghaninnen berichtet. Sie sagten, es gebe weitere Optionen in der Pipeline. Können Sie uns darüber informieren?
BURGER: Ich kann über diese weiteren Optionen hier an dieser Stelle noch nichts sagen, weil sich die weiteren Optionen noch in Prüfungen befinden. Das ist ein sehr sensibler Prozess. Sie wissen, dass wir für alles, was wir dort tun, auf Zustimmung oder zumindest Duldung derjenigen angewiesen sind, die vor Ort die Kontrolle ausüben. Was Optionen angeht, die Drittstaaten betreffen beispielsweise Nachbarstaaten , sind wir auf deren Mitwirkung angewiesen. Deswegen muss ich um Verständnis bitten, dass wir über Optionen, die wir zwar im Moment vorbereiten, aber die wir noch nicht aktivieren konnten, hier keine Auskunft geben dürfen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir sehr konkret an verschiedenen Optionen dran sind, um die Ausreise von Menschen aus Afghanistan, für die wir Verantwortung tragen, zu erleichtern und vor allem auch zu beschleunigen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Lernfrage: War das der erste Charterflug aus einem Nachbarland Afghanistans in Sachen Ortskräfte?
BURGER: Das war der zweite Charterflug aus Pakistan. Ich hatte in der letzten Regierungspressekonferenz am Mittwoch hier die Zahlen für Visa vorgetragen, die wir im Rahmen dieser Operation in den Nachbarstaaten vergeben haben. Die bei weitem größte Zahl ist von unserer Botschaft in Islamabad vergeben worden, nämlich ungefähr 650. Das zeigt, dass es tatsächlich in einem gewissen Umfang Menschen gelingt, die Grenze zu überqueren und zu unserer Botschaft in Islamabad zu kommen. So, wie wir das in Aussicht gestellt haben, wird bei Vorliegen einer entsprechenden Aufnahmezusage dort sehr schnell und unkompliziert ein Visaverfahren durchgeführt.
Weil es aus unserer Sicht für die Beteiligten schnell und gut ist, bieten wir eben auch Charterflüge an, um diese Leute nach Deutschland zu bringen, damit nicht jeder Einzelne auch noch selbst die Logistik dieser Reise nach Deutschland organisieren muss.
FRAGE POHL: Frage zum Thema Visaerteilung für den Familiennachzug: Nach unseren Recherchen gab es vor dem Verwaltungsgericht Berlin in den letzten Jahren mehrere tausend Fälle, die mit einer Einigung und dann einer nachträglichen Erteilung eines Visums geendet haben. Wie erklären Sie sich, dass das Auswärtige Amt vor Gericht so oft die ursprüngliche Visaablehnung der Botschaften vor Ort wieder zurückzieht?
BURGER: Das kann man so pauschal nicht beantworten, weil das natürlich von den Umständen jedes Einzelfalls abhängt. Eine sehr einfache Erklärung das kann ich jetzt nur anekdotisch sagen ist eine Fallkonstellation, die nicht so selten ist, dass ein Antrag abgelehnt wird, weil beispielsweise Dokumente zunächst einmal unvollständig vorgelegt wurden, im gerichtlichen Überprüfungsverfahren aber die Antragsteller beispielsweise Dokumente nachreichen und dann auf dieser Grundlage das Visum erteilt werden kann, ohne dass es dazu eine Entscheidung des Gerichts bedarf. Das ist nur eine mögliche Konstellation. Es gibt sehr viele unterschiedliche Konstellationen, in denen so etwas geschehen kann.
Zu den von Ihnen erwähnten Zahlen müsste ich gegebenenfalls eine Einschätzung nachliefern. Die Statistik dazu habe ich hier nicht präsent.
ZUSATZFRAGE POHL: Unsere Anwälte sagen, dass aus ihrer Sicht der eigentliche Grund für diese langwierige und für die Betroffenen auch recht kostspielige Praxis ist, dass man mögliche Berechtigte abschrecken will. Das heißt ganz konkret, dass man die Zahl der Familiennachzüge kleinhalten möchte. Was sagen Sie zu dem Vorwurf?
BURGER: Den Vorwurf weise ich zurück. Unsere Visastellen entscheiden nach Recht und Gesetz. Familienzusammenführung ist in vielen Fällen ein gesetzlich, teilweise sogar grundgesetzlich verbriefter Anspruch. Deswegen gibt es natürlich überhaupt keine Absicht vonseiten der Visastellen, diese Familienzusammenführung bzw. diesen Familiennachzug zu unterbinden. Im Gegenteil. Unsere Visastellen sind gehalten und sie arbeiten daran , den gesetzlich verbrieften Anspruch und den grundgesetzlich verbrieften Schutz von Ehe und Familie entsprechend umzusetzen.
FRAGE JUNG: Die Familien warten aber trotzdem seit Jahren immer wieder auf Genehmigungen. Das zermürbt ja viele Familien auch. Was tut denn das Auswärtige Amt dafür, dass sich das verkürzt? Sie wollen ja auch nicht, dass die Familien leiden, wenn Sie wollen, dass das alles nach Recht und Gesetz geht.
BURGER: Auch das ist sehr schwer pauschal zu beantworten, weil sich die Konstellationen auf der ganzen Welt sehr stark unterscheiden. Es gibt insbesondere bestimmte Länder, wo das Dokumentenwesen in einem sehr schlechten Zustand ist und beispielsweise Personenstandsurkunden einfach keine besondere Beweiskraft besitzen, weil sie sehr einfach zu fälschen oder falsch ausgestellt erhältlich sind. Weil die Grundlage, auf der beispielsweise ein Visum zur Familienzusammenführung ausgestellt wird, jeweils ist, dass eine Familienbeziehung besteht beispielsweise eine Ehe , führt das in solchen Konstellationen oft dazu, dass Familiensachverhalte, die in einem anderen Land vielleicht relativ einfach nachzuweisen wären, in einem Land und in einer anderen Konstellation sehr viel aufwendiger nachzuweisen sind, beispielsweise über Abstammungsgutachten oder Ähnliches. So etwas kann natürlich zu erheblichen Verzögerungen führen.
In vielen Ländern ist es in den letzten Jahren insbesondere auch aufgrund der COVID-19-Pandemie so gewesen, dass unsere Visastellen in ihrer Arbeit sehr stark eingeschränkt waren, weil etwa der Publikumsverkehr nicht in der normalen Form möglich war oder unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfach aufgrund der geltenden Gesetze vor Ort gar nicht erst zur Arbeit kommen durften. Das hat in einigen Ländern auch zu erheblichen Verzögerungen geführt.
In wieder anderen Ländern ist es schlicht auch eine Frage der Bearbeitungskapazitäten, weil die Zahl der Fälle einfach sehr, sehr hoch ist. Auch da verfolgen wir verschiedene Modelle, um zu versuchen, diese Prozesse zu beschleunigen. Es gibt in einer ganzen Reihe von Ländern beispielsweise eine Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die sogenannte Family Assistance Programmes betreibt, wo Familien beraten werden und ihnen geholfen wird, Dokumente und Anträge so vorzubereiten, dass über sie dann auch schnell entschieden werden kann.
Ich glaube, das alles zeigt, dass wir uns dieser Problematik bewusst sind und dass wir das, was wir können, leisten und immer wieder nach neuen Wegen suchen, um zu versuchen, diese Prozesse zu beschleunigen.
FRAGE: Das polnische Verfassungsgericht hat gestern die EU-Verträge teilweise für verfassungswidrig erklärt. Ist dieses Urteil für die Bundesregierung ein Grund zur Sorge?
STS SEIBERT: Ich würde sagen, dass, weil sich heute auch schon der Bundesaußenminister gemeldet hat, vielleicht zuerst der Sprecher des Außenministeriums antwortet.
BURGER: Ich darf Ihnen kurz eine Äußerung von Bundesaußenminister Maas vortragen, die er heute gegenüber einer großen deutschen Mediengruppe getätigt hat. Der Bundesaußenminister hat gesagt:
„Wenn ein Land sich politisch dafür entscheidet, Teil der EU zu sein, muss es auch dafür Sorge tragen, die vereinbarten Regeln voll und ganz umzusetzen. Mitglied in der Europäischen Union zu sein, bedeutet, dass wir gemeinsame Werte verfolgen, von einem starken gemeinsamen Binnenmarkt profitieren und mit einer Stimme sprechen. Es bedeutet aber auch, dass wir uns an gemeinsame Regeln halten, die das Fundament der Europäischen Union bilden – mit allen Konsequenzen. Die EU-Kommission hat unsere volle Unterstützung für ihre Aufgabe, dem europäischen Recht überall in der EU Geltung zu verschaffen.“
Ergänzend dazu kann ich Ihnen vielleicht sagen, dass wir die gestrige Entscheidung des polnischen Verfassungstribunals zur Kenntnis genommen haben. Einzelheiten dieser Entscheidung können wir an dieser Stelle nicht kommentieren, auch weil die Entscheidung noch nicht offiziell verkündet wurde.
Zugleich möchte ich grundsätzlich betonen, dass unsere Position ganz eindeutig ist: Eine einheitliche Anwendung des europäischen Rechts ist unverzichtbar. Es besteht kein Zweifel, dass das EU-Recht in allen EU-Mitgliedstaaten gilt. Die EU-Verträge wurden unterzeichnet und ratifiziert. Alle Mitgliedstaaten sind weiterhin verpflichtet, sich an sie zu halten.
FRAGE DR. RINKE: Ich hätte ganz gerne Herrn Seibert nach den Konsequenzen gefragt. Es gibt ja schon Forderungen, dass man Geldzahlungen an Polen einstellen soll. Ist das eine Position, die die Bundesregierung auch befürwortet?
STS SEIBERT: Zunächst einmal unterstreiche ich alles, was der Kollege aus dem Auswärtigen Amt gesagt hat.
Die Europäische Kommission ist die Hüterin der Verträge. Sie ist zuständig, zu überwachen, wie das Unionsrecht eingehalten wird. Deswegen ist es jetzt an ihr, und das hat die Europäische Kommission ja auch schon angekündigt, das polnische Urteil und vor allem die Begründung dieses Urteils sehr genau zu prüfen. Dann kann über die nächsten Schritte entschieden werden. Die Kommission hat dabei das volle Vertrauen der Bundesregierung.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Heißt das, es gibt jetzt keine eigene deutsche Position, was mögliche Konsequenzen angeht?
STS SEIBERT: Na ja, die deutsche Grundüberzeugung hat der Kollege aus dem Auswärtigen Amt ja jetzt auch gerade noch einmal sehr klargemacht. Aber es ist tatsächlich die Rolle der Europäischen Kommission, zu überprüfen, wie in den 27 Mitgliedstaaten das Unionsrecht eingehalten wird. Dafür liegt jetzt dieses Urteil vor, wenn es auch noch nicht offiziell verkündet wurde, wie wir gerade gehört haben. Es wird eine Begründung geben. Die muss man sehr genau prüfen. Dann ist es an der Kommission, nächste Schritte zu gehen. Sie hat dabei das volle Vertrauen der Bundesregierung.
FRAGE JUNG: Hält die Bundesregierung das polnische Verfassungstribunal für unabhängig?
BURGER: Ich habe dazu hier für die Bundesregierung keine Einschätzung vorzutragen. Herr Seibert hat gesagt, dass es Aufgabe der Europäischen Kommission ist, über die Einhaltung der Verträge zu wachen. Dazu gehört auch die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeitsprinzipien. Insofern sind für uns die Feststellungen maßgeblich, die die Europäische Kommission und der Europäische Gerichtshof in dieser Frage treffen.
ZUSATZFRAGE JUNG: Aber wir hatten hier ja auch immer wieder das Thema des polnischen Justizsystems. Die Vorsitzende des Verfassungstribunals ist eine enge Vertraute des PiS-Gründers und -Parteivorsitzenden. Im Grunde wird das Verfassungstribunal ja von der polnischen Regierung kontrolliert. Dementsprechend stelle ich die Frage nach der Unabhängigkeit.
BURGER: Genau mit dieser Frage haben sich ja, wie gesagt, der Europäische Gerichtshof und die Europäische Kommission befasst, und die unterstützen wir in ihrer Rolle.
FRAGE JESSEN: Das wäre eine Frage an das BMAS, wenn es im Saal ist. Es geht um die Frage der geplanten Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze ab 2022 um drei Euro. Das wurde ja vor wenigen Minuten auch vom Bundesrat gebilligt. Juristen weisen darauf hin, dass die Anhebung um drei Euro angesichts der absehbaren Inflation zu einer realen Verschlechterung der Lebensabsicherung führt. Das würde Vorgaben des Grundgesetzes widersprechen, demzufolge eben solche absehbaren Lebenshaltungskostensteigerungen mit eingerechnet werden müssen. Wird es da eine Nachbesserung durch die Bundesregierung geben?
GÖPNER-REINECKE: Vielen Dank, Herr Jessen, für die Frage, weil ich damit auch noch einmal ganz deutlich sagen kann, dass die Fortschreibung der Regelbedarfe ein gesetzlich festgelegter Vorgang ist. Insofern besteht bei dieser Umsetzung kein Ermessensspielraum der Bundesregierung.
Zu den konkreten Aussagen dieses Rechtsgutachtens oder überhaupt von Rechtsgutachten von einzelnen politischen Gruppen bzw. Verbänden nehmen wir hier generell keine Stellung. Dafür bitte ich auch um Verständnis. Ich kann jetzt nur die geltende Rechtsgrundlage für die Fortschreibung der Regelbedarfe darstellen. Über Änderungen am System der Grundsicherung oder an der Fortschreibung der Regelbedarfe muss dann die kommende Bundesregierung entscheiden.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Ich kann das auch gerne präzisieren. Ist die Bundesregierung nach Ihrer Auffassung verpflichtet, absehbare und real schon eingetretene Steigerungen der Lebenshaltungskosten in die Regelbedarfsanpassung einzubeziehen oder nicht?
GÖPNER-REINECKE: Nein. Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorgehensweise zur Ermittlung der Regelbedarfe dazu gehört auch die Fortschreibung der Regelbedarfe wiederholt eingehend geprüft das war zuletzt im Jahr 2014 der Fall , und hat die gesetzlichen Grundlagen dafür als verfassungsgemäß beurteilt.
FRAGE JUNG: Sie hatten ja wieder auf das Gesetz verwiesen und darauf, dass man da wenig machen könne. Warum ändern Sie das Gesetz nicht, wenn es dazu führt, dass es zu offensichtlich verfassungswidrigen Regelbedarfen kommt?
GÖPNER-REINECKE: Das ist ja jetzt nur die Auffassung eines Rechtsgutachtens. Die geltende gesetzliche Grundlage für die Fortschreibung der Regelbedarfe habe ich deutlich gemacht. Inwiefern es gesetzliche Änderungen geben wird auch das sagte ich , ist Teil der Entscheidungen der nächsten Bundesregierung.
ZUSATZFRAGE JUNG: Ja, aber wir haben ja jetzt immer noch eine amtierende Regierung. Das hätten Sie ja schon längst machen können. Ihr Minister wird ja wahrscheinlich Teil der nächsten Regierung sein. Will Ihr Minister, will Ihr Ministerium oder würden Sie das gerne ändern?
GÖPNER-REINECKE: Meine persönliche Meinung steht hier ja nicht zur Debatte, Herr Jung. Die geltende Rechtsgrundlage ist vom Bundesverfassungsgericht geprüft und für rechtmäßig befunden worden, und ich kann Ihnen heute auch keine Änderungen mitteilen.
FRAGE TOWFIGH NIA: Im UN-Menschenrechtsrat ist die Verlängerung einer Untersuchungskommission zur Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen im Bürgerkriegsland Jemen gescheitert. Gibt es dazu eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes?
BURGER: Ja. Wir bedauern zutiefst, dass die Jemen-Resolution im Menschenrechtsrat gescheitert ist. Im Jemen beobachten wir anhaltend schwere Menschenrechtsverletzungen von allen Konfliktparteien und eine der größten humanitären Katastrophen unsere Zeit. Eine Verlängerung des Mandats der unabhängigen und internationalen Untersuchungskommission zur Dokumentation dieser Menschenrechtsverletzungen wäre daher entscheidend gewesen, auch für eine künftige Aufarbeitung und den politischen Prozess.
Wir, die Bundesregierung, haben uns in die Verhandlungen zur Verlängerung des Mandats aktiv eingebracht und den EU-Co-Federführer Niederlande unterstützt. Auch wenn die Resolution nun abgelehnt wurde, wird die Menschenrechtslage im Jemen im Menschenrechtsrat weiter behandelt und von uns aufmerksam beobachtet werden.
FRAGE TIMOFEEVA: Haben Sie bereits eine Antwort der Russischen Föderation auf das Schreiben der Gruppe der 45 Mitgliederstaaten der OPCW bekommen? Russische Vertreter der OPCW haben gestern gesagt, die Antwort sei am 7. Oktober fertiggestellt worden. Können Sie Stellung zum Inhalt dieser Antwort nehmen?
BURGER: Das kann ich hier und jetzt nicht. Ob eine solche Antwort bei uns schon eingegangen ist, würde ich gerne prüfen und die Antwort nachreichen.
Was Inhalt einer Kommunikation der russischen Seite ist, ist wahrscheinlich eine Frage, die in erster Linie von der russischen Seite zu erfragen wäre.
ZUSATZFRAGE TIMOFEEVA: Die BaFin hat am 1. Oktober gegenüber der VTB Bank Europe SE die Umsetzung angemessener interner Sicherungsmaßnahmen zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung angeordnet. Außerdem hat die BaFin mit sofortiger Wirkung einen Sonderbeauftragten bei dem Institut bestellt, um die Umsetzung dieser Maßnahme zu überwachen. Wie lange kann eine solche Überwachung dauern? Beeinflusst die Überwachung aktuelle operative Aktivitäten der VTB Bank?
DR. PODSTAWSKI: Ich kann mich jetzt hier zu dem einzelnen Vorgang nicht äußern und würde dafür auch an die BaFin verweisen. Grundsätzlich wissen Sie ja, dass die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung für die Bundesregierung höchste Priorität hat. Wir setzen uns dafür national wie international ein. Die BaFin folgt dort ihrem Mandat.
FRAGE DR. RINKE: Es geht um die IWF-Chefin Georgiewa. Da gab es schon einmal die Frage an die Bundesregierung, wie sie sich im Streit um Manipulationsvorwürfe aus ihrer Zeit als Weltbank-Präsidentin aufstellt. Damals war darauf verwiesen worden, dass sie sich selbst erst äußern müsse, und dann würde die Bundesregierung eine Position beziehen. Das hat sie mittlerweile getan und die Vorwürfe zurückgewiesen. Deswegen hätte ich ganz gerne gewusst, was die Position der Bundesregierung ist. Unterstützt sie die Präsidentin weiter, oder wäre sie für eine Abberufung?
DR. PODSTAWSKI: Sie haben ja schon darauf hingewiesen, Herr Rinke, dass sich meine Kollegin hier zu dem Thema auch schon geäußert hat. Wir haben jetzt auch die Möglichkeit, noch darauf hinzuweisen, dass sich die Anteilseigner des IWF dazu entschieden haben, zeitnah sowohl den Verfasser des Berichts, um den es geht, anzuhören, als auch Frau Georgiewa die Gelegenheit zu geben, Stellung zu nehmen. Es geht dabei um ein offenes und transparentes Verfahren, das eben bei den Anteilseignern des IWF läuft. Darauf würde ich verweisen. Darüber hinaus habe ich keine Neuigkeiten.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das verstehe ich so, dass aus Ihrer Sicht die Stellungnahme noch gar nicht erfolgt ist. Sie hat sich ja offenbar schon zu den Vorwürfen geäußert.
Wann soll dieser Zeitpunkt sein, an dem die Anteilseigner dann eine Art Vorladung für die beiden aussprechen?
DR. PODSTAWSKI: Dieser Prozess läuft bei den Anteilseignern des IWF ab und wird dort auch sozusagen aufgesetzt. Dazu habe ich keine darüberhinausgehenden Neuigkeiten zu berichten.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Also kein Zeitpunkt, heute oder kommende Woche?
DR. PODSTAWSKI: Ich kann Ihnen dazu jetzt keinen Zeitpunkt nennen, nein.
FRAGE JUNG: Herr Seibert, Herr Burger, wie bewertet die Bundesregierung den eskalierenden Korruptionsskandal in Österreich? Das betrifft ja auch den österreichischen Kanzler, dem zehn Jahre Haft drohen.
STS SEIBERT: Ja, das ist ganz klar eine innere Angelegenheit Österreichs, die ich jetzt hier für die Bundesregierung nicht zu kommentieren habe.
ZUSATZFRAGE JUNG: Aber die Bundesregierung ist ja auch als EU-Staat zur Korruptionsbekämpfung verpflichtet und damit auch zur Korruptionsbekämpfung in anderen Staaten, wozu Sie sich ja teilweise auch immer wieder geäußert haben. Wie bewerten Sie dann diese Entwicklung?
STS SEIBERT: Es bleibt bei meiner Antwort. Wir haben die Berichte zur Kenntnis genommen. Wir nehmen auch weitere Berichte zur Kenntnis. Es ist eine innere österreichische Angelegenheit, die ich für die Bundesregierung hier nicht kommentiere.
FRAGE JESSEN: Belasten diese Ermittlungen und Vorwürfe das Verhältnis zwischen der Kanzlerin und Herrn Kurz?
STS SEIBERT: Das sind alles Versuche, mich jetzt zu einem Kommentar zu dieser innerösterreichischen Angelegenheit zu bringen, und den werde ich nicht abgeben. In Österreich gibt es eine lebhafte Debatte, die Sie ja selbst verfolgen, und dort werden diese Fragen geklärt.
ZUSATZ JESSEN: Entschuldigung, das war kein Versuch, Sie zu einem Kommentar zu bewegen.
STS SEIBERT: Ich glaube, doch.
ZUSATZ JESSEN: Nein. Ich präzisieren es gerne. Die Frage war Sie sprechen für die Kanzlerin , ob das Verhältnis der Kanzlerin zu ihrem österreichischen Amtskollegen durch diese Vorwürfe belastet wird.
STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin ist dem österreichischen Bundeskanzler zuletzt in Slowenien beim Westbalkan-Gipfel begegnet. Sie wird ihm bei weiteren europäischen Terminen wieder begegnen. Ansonsten ist das eine österreichische Angelegenheit, die dort intensiv diskutiert und untersucht wird. Dabei belassen wir es, jedenfalls für die Bundesregierung.
FRAGE REITSCHUSTER: Laut Leibnitz-Gutachten für das Bundesgesundheitsministerium lag die Zahl der auf den Intensivstationen behandelten COVID-19-Fälle zum 1. Januar 2021 entsprechend DIVI-Register um 40 Prozent höher als nach den InEK-Zahlen. Können Sie diese Diskrepanz erklären?
GÜLDE: Grundsätzlich haben wir uns zur Belegung der Intensivkapazitäten hier schon mehrfach geäußert. Es mag mitunter tatsächlich Unterschiede in diesen Zahlen gegeben haben. Die kann ich jetzt hier im Einzelnen nicht einordnen. Allerdings hatten wir das hier tatsächlich auch schon mehrfach geklärt. Es ist im Laufe dieser Pandemie gelungen, eine flächendeckende Überlastung des Gesundheitssystems tatsächlich zu verhindern. Dass es in Einzelfällen dann tatsächlich auch zu starken Überbelegungen von Intensivkapazitäten gekommen ist und dass in Einzelfällen auch tatsächlich Patientinnen und Patienten in andere Bundesländer verlegt werden, das gab es tatsächlich. Aber glücklicherweise waren dies wenige Fälle. Das ist die Einschätzung, die ich dazu abgeben kann.
FRAGE JESSEN: Herr Gülde, der Schauspieler Jan Josef Liefers gehörte zu den sehr prominenten Gesichtern der Kampagne #allesdichtmachen vor einigen Monaten. Jetzt hat er auf einer Intensivstation, die sozusagen nicht an ihre Grenzen gekommen war, dennoch nach seiner Auffassung Schockierendes erlebt. Er rückt im Grunde inhaltlich von seiner Position ein Stück weit ab. Empfehlen Sie gegebenenfalls weitere Besuche von Skeptikern in dieser Realität? Würden Sie das ermöglichen und befürworten?
GÜLDE: Was wir natürlich befürworten, ist, dass man sich mit der Lage auf den Intensivstationen und auch mit schweren Verläufen von COVID-19-Erkrankungen tatsächlich befasst. Inwieweit es der Krankenhausbetrieb tatsächlich gestattet, dass man sich die Lage vor Ort anschaut, kann ich jetzt von hier aus natürlich nicht beurteilen. Ich wage aber zu bezweifeln, dass flächendeckende Besuche auf Intensivstationen jetzt tatsächlich möglich sind. Nichtsdestotrotz gibt es zahlreiche Äußerungen von Ärztinnen und Ärzten, von Intensivpflegerinnen und -pflegern dazu, wie diese Situation dort einzuschätzen ist, und ich denke, das spricht durchaus für sich.
FRAGE REITSCHUSTER: Im vergangenen Jahr sagte Herr Wieler, dass es wegen der AHA-Regeln kaum noch Grippefälle gab. Die gelten weiter. Warum droht dann jetzt eine Grippewelle?
GÜLDE: Zum Thema der Grippe haben sich ja Herr Prof. Wieler und Herr Minister Spahn in dieser Woche sehr ausführlich geäußert. Es gab hier eine Pressekonferenz dazu. Dass wir es immer wieder mit unterschiedlichen Grippestämmen pro Saison zu tun haben, das wurde hier sehr ausführlich dargelegt. Dass es aus diesen Gründen sehr schwer ist, die Grippesaison vorherzusagen, das ist ja auch sehr ausführlich behandelt worden.
STS SEIBERT: Ich halte das auch für eine Frage, die Mediziner beantworten sollten.
Aber man könnte natürlich laienmäßig einmal den Erklärungsversuch machen, dass im Winter 2021 das öffentliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland sehr stark heruntergefahren war, auch unser aller privates und gesellschaftliches Leben. Dadurch war die Möglichkeit der Übertragung von einem Infizierten auf andere sehr viel geringer als jetzt in der doch schon wieder weitgehend normalisierten Situation, in der wir heute leben.
FRAGE DR. RINKE: Zum Thema Impfquote an das Gesundheitsministerium die Frage: Der Bundesgesundheitsminister hat ja gestern auf die neue RKI-Studie hingewiesen, dass bis zu 5 Prozent mehr geimpft sein können als die offizielle Statistik ausweist. Ich hätte ganz gern gefragt, ob man dann die offizielle Statistik ändert und wann man sie ändert. Denn auch heute das habe ich nachgesehen steht als Impfquote wieder 68,4 Prozent. Wenn man das ernstnimmt, was Herr Spahn gestern gesagt hat, dann müsste man ja immer bis zu 5 Prozent hinzuaddieren. Wird das also verändert, oder geht weiterhin die niedrige und damit eigentlich gar nicht stimmende Zahl in die öffentliche Kommunikation?
GÜLDE: Herr Rinke, vielen Dank für die Frage. Das gibt mir auch die Möglichkeit, das Thema ein bisschen einzuordnen.
Zunächst einmal möchte ich da einhaken. Wir sprechen nicht von 5 Prozent, sondern von bis zu 5 Prozentpunkten, über die die tatsächliche Impfquote liegen könnte. Aus diesem Begriff „könnte“ lässt sich schon absehen: Wir haben einerseits die Zahlen, die uns aus dem digitalen Impfquotenmonitoring vorliegen. Das andere sind Befragungen, die das RKI durchführt.
Aus den vergangenen Befragungen des RKI wurde schon deutlich, dass weder das digitale Impfquotenmonitoring noch diese Befragung die Zahlen wirklich eins zu eins abbilden können. Grundsätzlich ist es so: Wir gehen bei dem digitalen Impfquotenmonitoring von einer leichten Untererfassung aus. Das hatte Minister Spahn, wie Sie ja schon richtig gesagt haben, gestern eingeordnet, warum es da zu einer Untererfassung kommen kann.
Das Andere sind diese Umfragen, die durchgeführt werden. Auch sie haben natürlich gewisse methodische Schwierigkeiten. Es stellen sich hier Fragen: Wer nimmt an diesen Umfragen teil? Ist der- oder diejenige der deutschen Sprache mächtig und kann entsprechend an dieser Umfrage teilnehmen? Insofern gibt es da gewisse methodische Probleme. Von daher sprechen wir nur von Näherungswerten.
Wir haben die Umfrage des Robert-Koch-Instituts zum Anlass genommen, das RKI noch einmal zu bitten, in diesem Bereich genauer nachzuforschen. Deswegen hat das Robert-Koch-Institut die Meldung der Ärzte mit der Anzahl an tatsächlich ausgelieferten Impdosen verglichen und hat festgestellt, dass die tatsächliche Impfquote um bis zu 5 Prozentpunkte höher liegen könnte als bislang angenommen.
Aber noch einmal: Das sind Näherungswerte. Bei der offiziellen Impfquote beziehen wir uns auf das digitale Impfquotenmonitoring, also auf das, was uns tatsächlich geliefert wird und an Zahlen vorliegt. Das andere muss man aufaddieren. Wie gesagt: Das sind Näherungswerte, mit denen wir es da zu tun haben.
Vielleicht noch eine Ergänzung: Das RKI hat eine weitere Studie in Auftrag gegeben, die zurzeit aber noch läuft. Sie soll mit mehr Befragten und auch mehrsprachig stattfinden.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Noch eine Nachfrage, damit ich es verstehe. Denn wir wollen ja die korrekten Zahlen berichten. Eigentlich müssten Sie doch dann einen kleinen Zusatz machen, dass die Zahlen höchstwahrscheinlich nicht stimmen.
GÜLDE: Das hatten wir tatsächlich gesagt, dass wir von einer leichten Untererfassung beim digitalen Impfquotenmonitoring ausgehen.
Wenn wir beim Thema Corona sind, hätte ich noch eine kurze Nachlieferung, da uns offensichtlich Herr Reitschuster zuhört. Er hatte mich in der vergangenen Woche nach einer Studie aus der Universität Innsbruck gefragt. Dabei ging es um schwere COVID-19-Verläufe. Er hatte da einen möglichen Zusammenhang mit der Impfung hergestellt.
Wir haben uns diese Studie tatsächlich einmal angesehen. Diesen Zusammenhang, den er hergestellt hat, können wir beim besten Willen nicht nachvollziehen.
Lassen Sie mich kurz darstellen, worum es dabei geht. Es ist eine sehr kleine Studie aus der Universität Innsbruck mit insgesamt 37 Probanden. Dabei geht es um eine besondere Form eines schweren COVID-19-Verlaufs, den sogenannten Zytokinsturm, mit anderen Worten eine überschießende Immunreaktion. Diese Studie, die dort vorgelegt wurde, ist eine deskriptive Studie. Die schweren Verläufe waren mit einem hohen Antikörperspiegel einhergehend. Dies lässt aber keine Rückschlüsse auf einen kausalen Zusammenhang zu. Zum Thema Zytokinsturm ist inzwischen relativ gut von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften belegt, dass sie mit einem hohen Antikörperspiegel einhergehen. Aber das lässt keine Rückschlüsse auf einen schweren Verlauf infolge einer COVID-19-Impfung zu.
BURGER: Ich habe auch noch eine kurze Nachlieferung zu der Frage von Frau Timofeeva, ob die Antwort der Russischen Föderation auf das Schreiben von mehreren Staaten im Rahmen der OVCW eingegangen sei.
Dazu kann ich Ihnen sagen: Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine solche Antwort bei uns nicht eingegangen.
FRAGE TIMOFEEVA: Ein Vertreter der Claims Conference hat gestern mitgeteilt, dass aufgrund der Verhandlungen mit der Bundesregierung die jüdischen Opfer der Blockade von Leningrad materielle Leistungen erhalten können. Um wie viele ehemalige sowjetische Bürger handelt es sich? Plant die Bundesregierung auch die Opfer der Blockade anderer Nationalitäten zu entschädigen?
BURGER: Ich glaube, das ist eine Frage für das Finanzministerium.
DR. PODSTAWSKI: Ich habe dazu aktuell keine Informationen vorliegen. Ich müsste das gegebenenfalls nachreichen.
FRAGE JESSEN: Die Frage geht an das BMI, das ja auch die Islamkonferenz veranstaltet. Heute ist Freitag, der Tag, an dem traditionell Muezzine zum Gebet rufen, analog dem Glockenläuten der christlichen Kirchen. Begrüßt das BMI den Modellversuch in Köln, wo jetzt diese Form der praktizierten Religionsfreiheit erlaubt werden soll? Sehen Sie das als ein Modell für weitere islamische Glaubenshäuser in der Bundesrepublik an?
DR. LAMMERT: Das müsste ich nachreichen.
ZUSATZ JESSEN: Das wäre schön.