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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 25. Oktober 2021

Themen: angekündigte Ausweisung von Botschaftern mehrerer westlicher Staaten aus der Türkei, steigende Energiepreise, Putschversuch im Sudan, COVID-19-Pandemie, unerlaubte Einreisen von Flüchtlingen aus Belarus, UN-Klimakonferenz in Glasgow, Nord Stream 2, Äußerungen der Bundesverteidigungsministerin zum Einsatz von Nuklearwaffen, Ende der Amtszeit der Bundesregierung, Ermittlungen gegen einen Soldaten im Verantwortungsbereich des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Atomprogramm des Iran

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:57 Erdogan vs NATO

10:00 Lernfrage: Unterstützt die Kanzlerin diesen offenen Brief und die Forderung nach der Freilassung von Herrn Kavala?
– Hat sich die Kanzlerin bei Herrn Erdoğan für die Freilassung von Herrn Kavala eingesetzt?
– Unterstützt Außenminister Maas die Forderung nach der Freilassung von Herrn Kavala?

23:30 Thema Coronapolitik
30:45 Thema: Kimmichs Nichtimpfung
39:29 Frage: Der Fußball in Deutschland genießt unglaubliche Privilegien. Könnten Sie noch einmal sagen, welche Vorbildfunktion dementsprechend führende Nationalspieler in diesem Land haben?
– Herr Kimmich sagt ja auch, dass er sich nicht unsolidarisch verhalte, weil er sich alle zwei, drei Tage testen lasse und sich an Hygienemaßnahmen halte. Ist das für die Bundeskanzlerin solidarisch genug?

42:43 Thema Belarus/Geflüchtete

51:10 Thema: AKKs Atomwaffeneinsatz gegen Russland
53:33 Frage: Hatte die Ministerin bei ihrer ausgesprochenen Drohung in Sachen Einsatz von Atomwaffen auch an die in Deutschland lagernden Atomwaffen gedacht? Das würde ja automatisch ein Ziel der Gegenseite bedeuten und damit Deutschland auslöschen.

57:55 Frage zu dem 32-Jährigen Bundeswehroffizier, der letzte Woche in NRW festgenommen wurde, der neben vielen Waffen auch radioaktives Material zu Hause gebunkert hatte. Er gehört einem Bundeswehrzentrum an, das für die Analyse selbstgebauter Sprengsätze und deren Abwehr zuständig ist. Gehört es zur Aufgabe von solchen Soldaten, auch zu Hause zu basteln, selbst mit Beständen, die nicht direkt von der Bundeswehr kommen? Wie sicher sind Sie, dass nichts von dem, was er zu Hause hatte, nicht auch aus Bundeswehrbeständen stammt?
– Eine Lernfrage: Kommen in irgendeiner Weise Offiziere aus dem Einsatzführungskommando an geheime BND-Papiere? Die wurden ja bei ihm gefunden.

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 25. Oktober 2021:

VORS. FELDHOFF eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

FRAGE DR. RINKE: Die Frage richtet sich an Frau Sasse. Ich hätte ganz gern gewusst, ob Sie mittlerweile einen Ausweisungsbescheid für den deutschen Botschafter bekommen haben und wie die Bundesregierung in der Abstimmung mit den Partnern vorangekommen ist?

SASSE: Das gibt mir die Gelegenheit, Herr Rinke, noch einmal grundsätzlich auf die Entwicklung vom Wochenende einzugehen. Wir haben die Presseberichterstattung über die Äußerung von Staatspräsident Erdoğan natürlich zur Kenntnis genommen. Auf diplomatischem Weg ist uns bis dato keine derartige Mitteilung über eine Ausweisung oder Ähnliches zugestellt worden.

Über das Wochenende auch das haben Sie schon angedeutet, und das hatten wir am Wochenende auch bekanntgegeben haben wir uns in dieser Sache intensiv mit unseren ebenfalls betroffenen Partnern beraten. Diese Beratungen dauern auch heute an.

Aus unserer Sicht stünde ein solcher Schritt im Widerspruch zur Tiefe und auch zur Bedeutung der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Er entspräche auch nicht dem Umgang unter NATO-Verbündeten. Für uns ist klar, dass unser Handeln in der Türkei, aber natürlich nicht nur dort, immer im Einklang mit den Bestimmungen des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen steht. Das war der Fall und wird es auch bleiben.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Selbst wenn Sie jetzt noch kein offizielles Schreiben bekommen haben: Ist die Tatsache an sich, dass der türkische Präsident sich in dieser Weise geäußert hat, nicht schon eine Art von Misstrauensbeweis gegenüber Deutschland und einigen anderen Ländern, die einige Politiker hier als nicht akzeptabel bezeichnet haben?

SASSE: Zu den Äußerungen von Herrn Erdoğan habe ich ja gerade Stellung genommen.

Ich kann noch einmal zu den Abstimmungen mit den Partnern ergänzen: Auch darauf hatten Sie ja in ihrer vorherigen Frage Bezug genommen. Sie haben ja zur Kenntnis genommen, dass eine ganze Reihe von Ländern betroffen ist. Wir waren dazu über das Wochenende mehrfach, mit Washington und Paris unter anderem, in Kontakt.

Wie gesagt: Bisher haben wir noch keine formelle Mitteilung auf diplomatischem Weg erhalten. Für den Fall, dass eine solche Mitteilung bei uns und unseren Partnern eingeht, werden wir uns zunächst im Kreis der Partner über das weitere Vorgehen beraten. Deswegen bitte ich auch um Verständnis, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage zu nächsten Schritten machen kann.

Was die Beziehung zur Türkei als solche angeht, habe ich, glaube ich, deutlich gemacht, dass die deutsch-türkischen Beziehungen aus unserer Sicht tief und vielfältig und uns ganz besonders wichtig sind. Daran wird sich nichts ändern.

STS SEIBERT: Ich will das absolut unterstreichen, was die Kollegin aus dem Auswärtigen Amt gesagt hat. Natürlich nehmen wir die Äußerungen des türkischen Staatspräsidenten mit Sorge und auch mit Unverständnis zur Kenntnis.

Aber, wie gesagt, es gibt jetzt keine formelle Mitteilung der türkischen Seite. Wir sind in engem Gespräch mit den Partnern, die ja von einer ähnlichen Androhung betroffen sind. Nun warten wir das ab. Über Reaktionen ist jetzt nicht zu spekulieren.

FRAGE HOENIG: Frau Sasse, ist der türkische Botschafter in Berlin schon einbestellt worden, oder planen Sie das? Wie sieht Ihre Reaktion aus?

SASSE: Ich glaube, wir haben jetzt mehrfach betont, dass uns eine formelle Mitteilung noch nicht erreicht hat. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass ich an dieser Stelle nicht über Reaktionen auf etwas spekulieren möchte, was noch gar nicht eingetreten ist.

VORS. FELDHOFF: Dann habe ich eine Frage von Frau Karaviti von der Athener Nachrichtenagentur an Herrn Seibert. Hätte die Bundeskanzlerin ihren Besuch in der Türkei abgesagt, wenn Präsident Erdoğan seine Aussage über den deutschen Botschafter in der Türkei vor ihrem Besuch getätigt hätte?

STS SEIBERT: Das ist ja nun eine vollkommen hypothetische Frage. Die Bundeskanzlerin hat den Besuch, der ja noch nicht lange her ist, gemacht, weil das Verhältnis Deutschlands zur Türkei ein ganz wichtiges Verhältnis in unserer Außenpolitik ist. Wir haben das vielfach betont. Wir sind NATO-Partner. Wir haben aufgrund der Tatsache, dass wir drei oder vier Millionen Menschen in unserem Land unter uns haben, die türkische Wurzeln in ihrer Familie haben, eine Art menschliche Brücke zwischen beiden Ländern. Dem hat auch der Besuch entsprochen.

Gleichzeitig ist es so, dass bei Gesprächen der Bundeskanzlerin wann immer sie in der Vergangenheit mit dem türkischen Staatspräsidenten gesprochen hat; so war es auch bei diesem Besuch in Istanbul natürlich rechtsstaatliche Entwicklungen und Sorgen, die wir über rechtsstaatliche Entwicklungen haben, auch offen zur Sprache kommen.

FRAGE LENZ: Frau Sasse, könnten Sie uns vielleicht noch kurz Nachhilfe in den diplomatischen Gepflogenheiten geben? Wie lange dauert es denn üblicherweise zwischen einer verbalen Ankündigung und der Zustellung der diplomatischen Note? Wie viel Zeit ist da in vergleichbaren Fällen vergangen?

SASSE: Ich kann an dieser Stelle keinen Vergleich ziehen. Ich kann Ihnen nur noch einmal die Lektüre des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen ans Herz legen. Da ist in Artikel 9 klar geregelt, unter welchen Voraussetzungen die Erklärung zu einer unerwünschten Person passieren kann. Es handelt sich dabei um eine ziemlich schwerwiegende Maßnahme in den diplomatischen Beziehungen und kommt daher zum Glück nicht so häufig vor.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, hat sich diese Zuspitzung der Lage inklusive dieser Konsequenzen bei den Gesprächen zwischen Frau Merkel und Herrn Erdoğan beim Abschiedsbesuch in irgendeiner Weise angedeutet? Gab es möglicherweise bereits Telefonate zwischen den beiden Personen oder wird es diese noch geben?

STS SEIBERT: Zur Bewertung des Besuchs in Istanbul verweise ich Sie auf die Pressekonferenz, die die Bundeskanzlerin dort zusammen mit dem türkischen Staatspräsidenten gegeben hat, und auf das, was sie da zu den deutsch-türkischen Beziehungen und den rechtsstaatlichen Fragen gesagt hat.

Was die andere Frage betrifft, so haben wir das jetzt ehrlich gesagt doch klar dargelegt. Wir haben Äußerungen des türkischen Staatspräsidenten, die wir mit Sorge gehört haben. Wir haben nun eine etwas unklare Situation, weil es keine diplomatisch formale Mitteilung gibt, die dem entspräche. Das ist jetzt abzuwarten, wie sich die Sache weiterentwickelt. Wir sind mit unseren Partnern und unseren Verbündeten im Gespräch. Deswegen kann ich hier heute über das, was folgen mag, keine Aussagen machen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ist das eine Form, in der NATO-Partner miteinander umgehen können, ohne das Bündnis zu gefährden?

STS SEIBERT: Nein, das ist ja gesagt worden. Wenn es dazu kommen sollte, was der türkische Staatspräsident in seiner Rede gesagt hat, dann wäre das natürlich ein Schritt, der nicht im Einklang stünde mit unserem ohnehin engen bilateralen Verhältnis, aber auch mit der Tatsache, dass wir Verbündete innerhalb der NATO sind.

FRAGE DR. RINKE: Frau Sasse, noch einmal zu dem Ursprung dieses Streits, nämlich der gemeinsamen Aufforderung oder Bitte der Botschafter, dass man sich im Falle des inhaftierten Geschäftsmannes auf türkischer Seite bewegt. Wie oft kommt es eigentlich vor, dass verschiedene westliche Botschafter gemeinsam so einen Appell zu einem aus türkischer Sicht innenpolitischen Thema veröffentlichen?

SASSE: Dazu kann ich Ihnen sagen, dass es gerade unter engen Partnern, wie es zwischen Deutschland und der Türkei der Fall ist, selbstverständlich ist, sich daran zu erinnern, internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Für das Europaratsmitglied Türkei zählt dazu auch die Umsetzung von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Herr Burger und Frau Demmer waren in der vergangenen Woche ja schon ausführlicher auf den Fall Kavala eingegangen und hatten sich zu diesem Fall geäußert.

Ich kann ergänzend darauf hinweisen, dass sich die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Frau Kofler, gemeinsam mit der französischen Menschenrechtsbeauftragten, Botschafterin Borione, am 7. Oktober zu dem Fall geäußert hatte und die Position unserer beiden Länder sehr deutlich gemacht hat.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das interpretiere ich so, dass Sie das eben anders als die türkische Regierung nicht als rein innertürkische Angelegenheit betrachten.

STS SEIBERT: Es gibt ein Urteil des Europäischen Menschengerichtshofs. Das stammt aus dem Dezember 2019. Wir sind grundsätzlich der Auffassung, dass Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umgesetzt werden müssen.

FRAGE JUNG: Dementsprechend die Lernfrage: Unterstützt die Kanzlerin diesen offenen Brief und die Forderung nach der Freilassung von Herrn Kavala?

STS SEIBERT: Die Kanzlerin schreibt ja keine offenen Briefe, sondern sie vertritt die Positionen, die ihre und auch die der Bundesregierung sind, im direkten Gespräch mit den Staatspräsidenten. Hier haben wir uns jetzt geäußert. Es gibt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen Kavala. Nach unserer Überzeugung sollte das umgesetzt werden. Es stammt bereits aus dem Jahr 2019.

ZUSATZFRAGE JUNG: Hat sich die Kanzlerin bei Herrn Erdoğan für die Freilassung von Herrn Kavala eingesetzt?

Frau Sasse, unterstützt Außenminister Maas die Forderung nach der Freilassung von Herrn Kavala?

STS SEIBERT: Ich bleibe dabei. Die Bundeskanzlerin hat auch bei diesem Gespräch mit dem türkischen Staatspräsidenten in Istanbul wieder rechtsstaatliche Thematik angesprochen. Ich gehe jetzt auf ein ansonsten vertrauliches Gespräch nicht weiter ein. Aber unsere Position ist ja hier noch einmal klar dargelegt worden.

SASSE: Wie Herr Seibert gesagt hat: Unsere Position zum Fall Kavala ist in der vergangenen Woche deutlich gemacht worden. Sie ist auch durch die Erklärung der beiden Menschenrechtsbeauftragten vom 7. Oktober sehr deutlich geworden. Dem habe ich an dieser Stelle nichts hinzuzufügen.

FRAGE JESSEN: Frau Sasse, der Botschafter ist der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland. Darf man davon ausgehen, dass die Position, die er vertritt, dann auch die Position der Bundesrepublik Deutschland bzw. der Bundesregierung ist?

SASSE: Ich kann Ihnen zu dieser Frage nur noch einmal sagen, dass die Erinnerung eines Staates an seine internationalen Verpflichtungen durchaus den normalen Tätigkeiten von Botschafterinnen und Botschaftern in ihren jeweiligen Gaststaaten entspricht, in diesem Fall der Türkei.

ZUSATZFRAGE JESSEN: War das Auswärtige Amt auch über die Unterschrift unter den offenen Brief informiert? War das abgestimmt?

SASSE: Ich habe an dieser Stelle nichts zu ergänzen.

VORS. FELDHOFF: Dann möchte ich zum Thema Energiepreise kommen.

Herr Heller lässt an den Regierungssprecher fragen: Die Forderungen an die alte Regierung werden lauter, noch vor der Bildung einer neuen Bundesregierung eine Entlastung von Niedrigverdienern für steigende Gas- und Strompreise auf den Weg zu bringen. Wird daran gearbeitet, und welche Optionen werden da verfolgt?

Dann stellt er eine Lernfrage dazu. Gibt es eigentlich in Deutschland die praktische Möglichkeit, den von Energiepreissteigerungen besonders betroffenen Menschen per Direktzahlung, etwa mit einem 100-Euro-Scheck, zu helfen?

STS SEIBERT: Vielleicht wollen das Wirtschaftsministerium oder das Finanzministerium dazu später auch noch etwas sagen.

Ich kann dazu sagen, dass das Thema auch auf europäischer Ebene beim gerade gewesenen Europäischen Rat eine große Rolle gespielt hat und sich die europäischen Energieminister Anfang dieser Woche noch einmal mit dem Thema befassen werden. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats heißt es unter anderem, dass die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, im eigenen Bereich das Instrumentarium dringend bestmöglich zu nutzen, die schwächsten Verbraucher kurzfristig zu entlasten und europäische Unternehmen zu unterstützen. Da hat die Europäische Kommission eine sogenannte Toolbox, eine Auswahl an Möglichkeiten, fest vorgelegt. Die Bundeskanzlerin hat das ja auch begrüßt.

Hier in Deutschland sind in dieser Legislaturperiode schon eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen worden, die die Energiekosten reduzieren. Wir haben das in den vergangenen Regierungspressekonferenzen ziemlich ausführlich besprochen. Ich erinnere noch einmal an die Fortschreibung und Dynamisierung des Wohngeldes. Das gilt seit diesem März in der neuen Form. Das stellt eben sicher, dass dieses sozialpolitische Instrument der Wohnungspolitik erhalten bleibt und es auch nachhaltig Belastungen vermeidet. Es ist hier bereits von der Senkung der EEG-Umlage mit den Mitteln aus dem Konjunkturpaket und aus der CO₂-Bepreisung die Rede gewesen. Das wird einen ziemlich großen Effekt ausmachen, weil die EEG-Umlage von 6,5 Cent pro Kilowattstunde auf 3,7 Cent zu reduzieren ist. Auch das wird eine spürbare Entlastung bei Bürgern und Unternehmen bringen.

Mehr kann ich jetzt an dieser Stelle dazu nicht sagen.

DR. BARON: Ich kann vielleicht auch noch einmal unterstreichen:

In der Tat kommen in dieser Woche, nämlich morgen am 26. Oktober, die europäischen Energieminister zusammen. Staatssekretär Feicht wird die Bundesregierung und das Bundeswirtschaftsministerium vertreten, um diese Fragen zu erörtern. Wir haben hier ja auch schon deutlich gemacht, dass wir die Europäische Kommission in ihrer Haltung unterstützen, dass mittel- und langfristig ein starker und funktionierender Energiebinnenmarkt der Weg ist, um Preise mittel- und langfristig stabil zu halten und natürlich der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien.

Maßnahmen in Deutschland hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier in seiner Pressekonferenz am 15. Oktober zur Vorstellung der EEG-Umlage ja noch einmal deutlich gemacht; Herr Seibert hat sie gerade genannt. Eine schnelle Abschaffung der EEG-Umlage und eine Umstellung auf Haushaltsfinanzierung könnten hier Entlastung herbeiführen, weil man dann die Kostenlast auf mehr Schultern verteilen würde.

VORS. FELDHOFF: Herr Heller fragt noch einmal nach. Es gibt also keine neuen kurzfristigen Erwägungen, die jetzt in der Regierung getätigt werden?

DR. BARON: Ich kann den morgigen Beschlüssen natürlich nicht vorgreifen. Ich weiß nicht, was der Energierat morgen beschließen wird. Das ist der Stand, den ich aber heute nennen kann.

FRAGE JESSEN: Sie haben gesagt, Herr Altmaier werde bei der Konferenz vertreten. Können Sie Gründe dafür nennen? Das wäre doch eigentlich Chefsache, oder?

DR. BARON: Sie wissen ja, dass morgen auch die konstituierende Sitzung des Bundestages stattfinden wird. Demzufolge finden natürlich auch die Entlassungen der aktuellen Minister und die Wiederaufnahme der geschäftsführenden Tätigkeiten der Regierung statt. Somit kollidieren morgen leider Termine, sodass Staatssekretär Feicht den Minister vertreten wird, was er aber in der Vergangenheit bei Energieräten auch schon getan hat.

FRAGE HOENIG: Eine Frage in diesem Zusammenhang an das BMF: Der Bundesverkehrsminister hat seinem Amtskollegen, Herrn Scholz, einen Brief geschrieben und gebeten, kurzfristig Konzepte zu erarbeiten. Er hat auch eine Spritpreisbremse ins Spiel gebracht, sollten die Spritpreise auf mehr als 2 Euro steigen. Erste Frage: Was hält das Bundesfinanzministerium von einer solchen Spritpreisbremse? Zweitens: Hat Herr Scholz Herrn Scheuer schon geantwortet? Wird an möglichen Konzepten gearbeitet, falls die Energiepreise weiter steigen?

HARTMANN: Dazu haben sich die Bundesregierung und auch wir ja schon letzte Woche geäußert, und ich habe keine Neuigkeiten zu berichten. Darauf würde ich verweisen.

FRAGE DR. RINKE: Ich hätte ganz gerne noch einmal Herrn Seibert gefragt. Wenn das Wirtschaftsministerium darauf hinweist, dass Herr Altmaier jetzt noch eine schnelle Abschaffung des EEG anbietet, woran genau hakt es jetzt, daran, dass es keine Verständigung mit der sich abzeichnenden neuen Regierung gibt, die ja genau das auch möchte, oder warum kann dieser Schritt jetzt noch nicht umgesetzt werden?

STS SEIBERT: Die Bundesregierung ich dachte, ich hätte es ein bisschen angedeutet hat schon viel getan, um die Kosten, die den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft durch die EEG-Umlage entstehen, zu begrenzen und, wo immer möglich, auch zu senken. Das wird in dem Umfang geschehen, den ich gerade beschrieben habe.

Über eine vollständige Abschaffung der EEG-Umlage kann letztlich nur die zukünftige Bundesregierung entscheiden. Auch dazu hat sich ja das BMWi schon geäußert, und der Minister hat sich klar geäußert. Aber aus unserer Überzeugung ist das eine Entscheidung, die dann von der künftigen Bundesregierung zu treffen wäre.

ZUSATZ DR. RINKE: Aber die Frage zielte darauf ab, warum es nicht jetzt passiert, wenn die zukünftige Regierung bereits klar gesagt hat, dass sie das möchte, und der jetzige Wirtschaftsminister das auch möchte. Dann stellt sich die Frage, warum man es dann nicht jetzt macht.

STS SEIBERT: Noch hat die zukünftige Bundesregierung ja nicht ihr Amt angetreten. Es gibt auch noch keinen Koalitionsvertrag. Es wird derzeit alles verhandelt. Nach unserer Überzeugung ist das etwas, das der künftigen Bundesregierung, wenn sie dann ihr Amt angetreten haben wird, vorbehalten ist.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Sasse, Ihr Minister hat den Putschversuch im Sudan verurteilt. Gibt es schon irgendwelche Konsequenzen in Form von Sanktionen? Wird es Gespräche mit anderen EU-Mitgliedern geben? Wird es beispielsweise eine Kürzung der Entwicklungshilfe als Reaktion auf diesen Putsch geben?

SASSE: Vielen Dank, Herr Towfigh Nia, für die Frage. – Ich kann noch einmal für alle an dieser Stelle sagen, dass sich Außenminister Maas heute Morgen zu dem Putschversuch in Sudan geäußert hat, und ich möchte ihn wie folgt zitieren:

„Die Meldungen über einen erneuten Putschversuch in Sudan sind bestürzend, der Versuch ist klar zu verurteilen. Ich rufe alle, die im Sudan Verantwortung für die Sicherheit und die staatliche Ordnung tragen, auf, den friedlichen politischen Übergangsprozess in Sudan hin zu einer Demokratie fortzuführen und den Willen der Bevölkerung zu respektieren. Dieser Umsturzversuch muss sofort beendet werden.

Die politisch Verantwortlichen müssen ihre Meinungsverschiedenheiten in einem friedlichen Dialog lösen. Dies sind sie den Menschen in Sudan, die für ein Ende der Diktatur und für demokratische Veränderungen gekämpft haben, schuldig.“

Wenn Sie nach möglichen Folgen fragen, Herr Towfigh Nia, dann muss ich sagen, dass es dafür an dieser Stelle verfrüht ist, und ich möchte darüber nicht spekulieren. Die Lage vor Ort ist noch sehr unübersichtlich, und man wird abwarten müssen, wie sich die Lage weiterentwickelt, bevor wir über mögliche Folgen sprechen.

FRAGE HOENIG: Frau Sasse, wenn Sie sagen, die Lage sei sehr unübersichtlich, welche Informationen haben Sie denn über die Botschaft und andere Stellen darüber, wie die Lage im Sudan momentan ist?

SASSE: Ich habe gerade die Lageeinschätzung wiedergegeben. Die Lage ist unübersichtlich. Ich habe hier an dieser Stelle auch die Worte des Außenministers wiedergegeben. Mit mehr Informationen zur Lage vor Ort kann ich Sie im Moment nicht versorgen. Ich werde das aber gegebenenfalls im Verlauf der weiteren Woche tun können.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Sasse, Sie wollten jetzt nicht über die Konsequenzen spekulieren. Aber was sind die nächsten Schritte? Wird es darüber Gespräche mit EU-Mitgliedern geben? Wird es irgendwelche weiteren Aktionen geben, oder wird man jetzt einfach nur abwarten, bis (akustisch unverständlich)?

SASSE: Na ja, Sie wissen, dass wir in Bezug auf den Sudan sehr engagiert sind, und das seit längerer Zeit. Das bedeutet auch, dass wir selbstverständlich kontinuierlich Gespräche mit allen Partnern über das Thema des Sudans führen. Ich habe gesagt: Wir beobachten die Lage vor Ort sehr genau.

Man muss das Ganze vielleicht auch noch einmal politisch einordnen. Die Umwälzungen seit dem Sturz des Baschir-Regimes vor zwei Jahren haben dem Land nämlich die Chance auf Frieden und Demokratie geboten und tun es auch weiterhin. Das Friedensabkommen von Dschuba, das Sie alle kennen, stellt dabei einen Meilenstein dar. Es muss daher jetzt darum gehen, wie der Außenminister gesagt hat, den Umsturzversuch zu beenden und zum friedlichen Übergangsprozess in Sudan zurückzukehren.

FRAGE JESSEN: Können Sie uns etwas über die Situation deutscher Staatsbürger, Unternehmen und Institutionen im Sudan sagen? Gibt es da besondere Kontakte, besondere Empfehlungen, besondere Schutzmaßnahmen?

SASSE: Ja. Es ist so, dass sich nach unserem derzeitigen Kenntnisstand eine niedrige dreistellige Zahl deutscher Staatsangehöriger in Sudan aufhält. Die Deutschen, die sich bei uns bzw. bei der Botschaft registriert haben, wurden heute Morgen mit einem sogenannten Landsleutebrief über die angespannte innenpolitische Lage informiert. Außerdem haben wir wie immer in solchen Fällen die Reise- und Sicherheitshinweise für Sudan angepasst. Die Botschaft ist derzeit nur eingeschränkt arbeitsfähig und daher heute für den Besucherverkehr geschlossen. Wir stehen aber mit den Kollegen vor Ort per E-Mail und telefonisch in Kontakt, und selbstverständlich beobachten wir die weiteren Entwicklungen sehr genau.

FRAGE DR. RINKE: Ich hätte ganz gerne gewusst, ob angesichts der immer weiter steigenden Zahlen im Gesundheitsministerium Vorbereitungen für oder erste Gedankenspiele darüber laufen, dass man wieder zu neuen Corona-Einschränkungen kommen muss.

EWALD: Der Minister hat sich ja gestern im ZDF und auch im Deutschlandfunk noch einmal dazu geäußert, auch zur Pandemielage als solcher. Er hat darauf hingewiesen, dass wir uns in der vierten Welle befinden. Wir erleben gerade eine Pandemie der Ungeimpften, insbesondere auch der Jüngeren und der Kinder. Aber wer sich trotz Impfung ansteckt, wird zumeist nicht schwer krank. Trotzdem liegt die Hospitalisierungsinzidenz im Vergleich zum vergangenen Jahr wir haben ja nach heutigem Stand geringere Restriktionen immer noch deutlich unter 3.

Auch zu der Diskussion über die Beendigung der epidemischen Lage hat sich der Minister geäußert und gesagt, dass der Ball jetzt bei den Fraktionen liegt. Das habe ich hier ja auch am Freitag noch einmal betont. Er hat darauf hingewiesen, dass der Bundestag dann mit dem Auslaufen der epidemischen Lage zum 25. November ohnehin überlegen muss, was danach passiert. Noch einmal ganz wichtig: Auch wenn die „Epi-Lage“ ausläuft, brauchen wir weiterhin 3G- und die bekannten AHA-Maßnahmen.

Die Pandemie ist also noch nicht vorbei, aber wir haben im Vergleich zum Vorjahr, in dem es ja deutlich striktere Maßnahmen gab, eben eine andere Lage, und das gilt es jetzt entsprechend zu bewerten.

STS SEIBERT: Ich will vielleicht zu der pandemischen Lage auch etwas sagen. Es gibt ja jetzt eine bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz von etwa 110. Es gibt aber auch bei den Hospitalisierungen wir schauen ja nun auch seit Langem verstärkt auf diese Zahl eine deutlich steigende Tendenz. Das Robert-Koch-Institut rechnet auch mit einer weiteren Steigerung der Fallzahlen, erstens, weil wir immer noch eine vergleichsweise große Bevölkerungszahl haben, die ungeimpft ist. Es gibt mehr Kontakte in Innenräumen; das liegt jetzt einfach am Herbst und dem kommenden Winter. Außerdem hat es die Herbstferien in Berlin liegen gerade hinter uns eben auch die vermehrte Reisetätigkeit gegeben.

Das RKI berichtet ja auch, dass es wieder vermehrt Ausbrüche in medizinischen Einrichtungen, in Alten- und Pflegeheimen wahrnimmt. Vor diesem Hintergrund ist es einfach wichtig, noch einmal ganz klar zu sagen: Ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen sollten gemäß der STIKO-Empfehlung die angebotene Auffrischungsimpfung jetzt auch wirklich wahrnehmen. Man kann eigentlich jedem jüngeren Menschen nur sagen: Sprechen Sie mit Ihren Eltern, sprechen Sie mit Ihren Großeltern darüber, dass sie diese Angebote annehmen. Es ist nämlich einfach so, dass dies unser bester Schutz ist, um gut durch Herbst und Winter zu kommen.

Das RKI hat in seinem Bericht in der vergangenen Woche ja noch einmal die Impfwirksamkeit herausgestrichen. Ich schaue gerade, ob ich die Zahlen habe gerade hatte ich sie noch , weil die nämlich interessant sind. Die Impfeffektivität in den letzten vier Wochen ist vom RKI am vergangenen Donnerstag wieder eingeschätzt worden. Ich will einfach einmal die Ergebnisse vortragen: Das Impfen bietet einen Schutz vor Hospitalisierung für die Altersgruppe der 18- bis 59-jährigen von etwa 90 Prozent, für die über 60-Jährigen von 86 Prozent. Es bietet einen Schutz vor einer intensivmedizinischen Behandlung von 94 Prozent für die 18- bis 59-jährigen und etwa 92 Prozent für die über 60-Jährigen. Auch der Schutz vor Tod beträgt bei den jüngeren 98 Prozent und für die über 60-jährigen 87 Prozent.

Also ist die derzeitige Lage, in der wir uns befinden und in der die Pandemie eben überhaupt noch nicht vorbei ist, immer ein weiterer Hinweis darauf, dass Impfungen der wirksamste Schutz sind. Jeder, der sich impfen lassen könnte und noch nicht geimpft ist, sollte sich jetzt möglichst impfen lassen. Ältere und Vorerkrankte sollten, wie ich gerade gesagt habe, das Angebot der Auffrischungsimpfung wahrnehmen. Es gibt genügend Impfangebote, und je höher die Impfquote, desto besser werden wir gemeinsam durch den Herbst und den Winter kommen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Meine Frage zielte ja auf zusätzliche Maßnahmen ab, weniger auf das Impfen. Herr Seibert, andere Länder, die vor einem ähnlichen Problem stehen, haben längst zusätzliche Maßnahmen ergriffen: Italien hat eine 3G-Pflicht am Arbeitsplatz eingeführt, Österreich, Großbritannien denkt jetzt an eine Impfpflicht für medizinisches Personal. Deswegen stelle ich noch einmal die Frage: Plant die Bundesregierung zusätzliche Einschränkungen, um die Ausdehnung dieser vierten Welle der Pandemie einzudämmen?

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen hier heute keine zusätzlichen Ankündigungen zu machen. Ich glaube, wir sind sehr gut beraten, das, was im Moment gilt, also die 3G-Pflicht, wie sie von Bund und Ländern beschlossen wurde, auch wirklich durchzusetzen. Wir sind sehr gut beraten, jetzt, wo wir uns in die Innenräume verlagern, auch wieder zunehmend Abstands-, Hygiene- und Maskenregelungen ernst zu nehmen. Wer im Sommer glaubte, das sei jetzt nicht mehr so wichtig, der wird vielleicht durch die steigenden Fallzahlen der letzten Tage und Wochen eines Besseren belehrt. Wir bekommen ja auch aus den Krankenhäusern schon wieder Hinweise darauf, dass es möglicherweise bald zu der Phase kommen wird, in der man bestimmte Operationen wird verschieben müssen, weil eben die Zahl der Coronapatienten wieder so groß sein wird. Ich glaube, wir alle wollen das unserem Gesundheitssystem und den Menschen in unserem Gesundheitssystem den Ärzten und Ärztinnen, dem Pflegepersonal nicht zumuten.

FRAGE REITSCHUSTER: Könnten Sie einen Überblick über die Kosten der Impfwerbung geben?

EWALD: Das kann ich mit Sicherheit. Ich würde das dann gerne nachreichen.

STS SEIBERT: Vielleicht sollte man auch noch einmal etwas sagen. Was ist Impfwerbung? – Die Bundesregierung Bundesgesundheitsministerium, Bundesregierung, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informiert über das Impfen in all seinen Facetten. Auch das verursacht logischerweise Kosten. Das würde ich aber nicht Werbung nennen. Das ist Information für die Bürger, wie die Bürger sie auch millionenfach nachsuchen.

FRAGE HOENIG: Herr Ewald, Herr Seibert hat gerade noch einmal betont, Impfung sei der beste Schutz. Jetzt hat für große Schlagzeilen gesorgt, dass Nationalspieler Kimmich sich noch nicht hat impfen lassen und das damit begründet hat, dass Langzeitstudien fehlen. Was sagen Sie zu diesem Punkt, dass Langzeitstudien fehlen?

EWALD: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass es natürlich auch beim Impfen für Profifußballer letztendlich eine individuelle Entscheidung ist, ob sie sich impfen lassen oder nicht.

Zu der Frage der Langzeitstudien: Es ist so, dass es ja auch Äußerungen von Wissenschaftlern, von Virologen, dazu gibt. Wir haben ja den Vorteil, dass dieser Impfstoff bei den COVID-19-Impfungen innerhalb kürzester Zeit bei vielen Menschen angewendet worden ist. Deshalb wissen wir zumindest über die seltenen Nebenwirkungen wie Sinusvenenthrombose oder Myokarditis und andere bereits sehr viel. Die COVID-19-Impfstoffe sind in Bezug auf seltene Nebenwirkungen deshalb auch deutlich besser erforscht als andere Vakzine. Nebenwirkungen einer COVID-Impfung das sagen uns Experten treten immer innerhalb weniger Wochen nach der Impfung auf. Insofern ist die Frage der Nebenwirkungen bzw. der Langzeitwirkungen eher unter dem Aspekt zu sehen, dass besondere Aspekte hier noch erforscht werden müssen.

Grundsätzlich kann ich Ihnen sagen, dass wir im Bereich der Information und Aufklärung, was Nebenwirkungen angeht, quasi täglich über unsere Social-Media-Kanäle und andere Kanäle aufklären bzw. informieren. Jeder hat die Möglichkeit, sich die auch wissenschaftlich sehr vertiefte aktuelle Studienlage dazu anzuschauen. Das Paul-Ehrlich-Institut, das RKI und unser ganzer nachgeordneter Bereich sowie auch die anderen Ressorts leisten Aufklärungsarbeit. Insofern ist der aktuelle wissenschaftliche Stand auch in Bezug auf die Nebenwirkungen immer abrufbar, und jeder hat die Möglichkeit, sich entsprechend aufzuklären.

STS SEIBERT: Ich will, wenn ich darf vielleicht auch kurz etwas dazu sagen. Alle Fragen sind natürlich berechtigt, und wer Zweifel hat, der soll den auch äußern. Ich habe es gerade gesagt: Die Bundesregierung wirbt eindringlich für die Impfung und ist froh, dass sich mindestens 55 Millionen Menschen den vollen Impfschutz schon besorgt haben. Wir werben aber auch nicht nur für die Impfung, sondern ich habe es gerade gesagt wir informieren auch auf unseren Seiten der Bundesregierung, des Bundesgesundheitsministeriums und der Bundeszentrale intensiv und über alle Aspekte, gerade auch über die Fragen, die die Menschen zur Art der Impfstoffe, zur Wirkung der Impfstoffe oder zu möglichen Impffolgen haben.

Es gibt auf diese Fragen klare und überzeugende Antworten von nationalen und internationalen Experten, sodass ich eigentlich nur sagen kann: Ich hoffe, dass Joshua Kimmich alle diese Informationen noch einmal auf sich wirken lässt und sich dann vielleicht auch für die Impfung entscheiden kann; denn als einer, auf den Millionen schauen, hätte er dann erst recht Vorbildwirkung. Von der Zahl der Geimpften hängt eben auch ganz entscheidend ab, wie wir hier in Deutschland unser Zusammenleben in der Pandemie organisieren können.

FRAGE JESSEN: Herr Seibert, die Positionierung der Kanzlerin im sogenannten Team Vorsicht basierte ja auch immer darauf, dass sie sich relativ intensiv auch mit Virologinnen und Virologen ausgetauscht hat. Hat sie das in jüngerer Zeit auch wieder getan oder kommt das jetzt noch? Die Unterschiede und die Positionierung werden ja auch in der Debatte um das Ende oder Nichtende der epidemischen Lage deutlich.

STS SEIBERT: Sie hat sich tatsächlich immer wieder ausgetauscht, und das übrigens nicht nur mit Virologen und Virologinnen, sondern auch mit Experten für das öffentliche Gesundheitswesen usw. Sie hat von vornherein in dieser Pandemie, soweit man das kann, die wissenschaftlichen Studien, die wissenschaftliche Entwicklung zur Kenntnis genommen und verfolgt. Das ist auch weiterhin der Fall.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Aber aktuelle Gespräche dieser Art in intensiverer, die dann möglicherweise auch in Debatten zwischen ihr und Herrn Spahn eingegangen sein könnten, gab es nicht?

STS SEIBERT: Das habe ich nicht behauptet. Sie ist immer noch im Austausch.

FRAGE: Würden, wenn die epidemische Lage auslaufen würde, damit auch die Rechtsgrundlagen für die Coronaeinschränkungen wegfallen bzw. wären die 2G- oder 3G-Maßnahmen damit nicht mehr rechtskräftig? Wann ist mit dieser Beendigung zu rechnen?

STS SEIBERT: Der Kollege aus dem Gesundheitsministerium hat es ja gesagt: Die Ministerpräsidentenkonferenz hat ein ganz klares Anliegen der Länder formuliert, nämlich einen rechtssicheren Rahmen für die Coronaschutzmaßnahmen zu haben, auch wenn die epidemische Lage mit dem 25. November auslaufen sollte. Darüber sind wir in der Bundesregierung in Gesprächen. Ich gehe davon aus, dass diese Gespräche auch zu einem entsprechenden Ergebnis im Sinne der Forderung und des Wunsches der Ministerpräsidenten führen werden.

EWALD: Grundsätzlich ist es so das hatte ich hier auch am Freitag schon vorgetragen , dass, auch wenn die epidemische Lage ausläuft, die Länderparlamente Auflagen auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes beschließen können.

FRAGE DR. RINKE: An das anschließend, was Herr Seibert gerade erwähnt hat, nämlich die Ministerpräsidentenkonferenz: Die nächste Regierung bzw. der nächste Bundeskanzler wird ja, wenn die Verhandlungen funktionieren und zu einem Abschluss kommen, in der Woche nach Nikolaus vereidigt. Bis dahin sind es ja noch ein paar Wochen. In den letzten Monaten in der Pandemie hatte man immer Bund-Länder-Spitzenrunden, wenn die Entwicklung einigermaßen dramatisch oder dynamisch war. Sehen Sie bzw. sieht die Kanzlerin jetzt die Notwendigkeit, sich mit den Ministerpräsidenten in der Spitzenrunde über zwei Punkte zu verständen, nämlich erstens über das Impfen, was Sie erwähnt haben, weil die Unterschiede zwischen Sachsen und Bremen mittlerweile gigantisch sind, und zweitens über den Punkt Testungen, weil es da von verschiedenen Seiten Forderungen gibt, dass man doch bitte wieder bundeseinheitlich regelt, wie in Schulen getestet wird. Gibt es die Notwendigkeit für eine neue Bund-Länder-Spitzenrunde?

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen heute nicht ankündigen, dass eine solche neue Runde schon irgendwie terminiert sei oder dass es darüber Gespräche gibt. Das kann ich Ihnen schlicht nicht sagen. Wir würden Sie darüber rechtzeitig informieren.

Das, was Sie angesprochen haben: Der große Unterschied in der Impfquote beispielsweise zwischen Bremen und Sachsen ist evident und muss natürlich auch ein Grund zur Sorge sein.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Sie können es nicht ankündigen, aber halten Sie es denn für notwendig?

STS SEIBERT: Ich habe nichts anzukündigen. Was für die Bundesregierung im Moment das Wesentliche ist, habe ich, glaube ich, versucht, hier in meinen Antworten auf die bisherigen Coronafragen zu sagen.

VORS. FELDHOFF: Ich habe noch eine Frage von Herrn Reitschuster an das das Bundesgesundheitsministerium: Heute vor einer Woche sagten Sie hier: „Die Zahl der Coronatoten ist deutlich zurückgegangen“. Sie waren aber von Mai bis September meist sehr viel höher als in den Vorjahresmonaten trotz Impfungen. Wie erklärt sich das BMG das?

EWALD: Das Robert-Koch-Institut hat in seinem Wochenbericht eine entsprechende Aussage dazu getroffen, auf die ich hier auch am Freitag verwiesen habe. Dieser Bewertung schließe ich mich an.

FRAGE JUNG: Noch einmal zum Fall Kimmich, Herr Seibert: Der Fußball in Deutschland genießt unglaubliche Privilegien. Könnten Sie noch einmal sagen, welche Vorbildfunktion dementsprechend führende Nationalspieler in diesem Land haben?

Herr Kimmich sagt ja auch, dass er sich nicht unsolidarisch verhalte, weil er sich alle zwei, drei Tage testen lasse und sich an Hygienemaßnahmen halte. Ist das für die Bundeskanzlerin solidarisch genug?

STS SEIBERT: Ich habe zu diesen Äußerungen von Joshua Kimmich das gesagt, was ich für die Bundesregierung zu sagen habe. Wir alle oder viele von uns kennen sein Corona-Engagement und schätzen es auch; insofern hat er eine durchaus überraschende Aussage gemacht. Ich habe hier nun dargelegt, dass es viele gute Informationen auch für jeden zugänglich gibt, die etwaige Fragen, etwaige Zweifel, die ja jeder haben kann, beantworten. Da ist sicherlich ein Fußballnationalspieler erst einmal nicht anders als jeder von uns, weil es eine sehr persönliche Entscheidung ist, sich impfen zu lassen. Gleichwohl gibt es Antworten auf die Fragen, die er ganz offensichtlich hat, und liegen Erkenntnisse vor. Die werden, hoffe ich, bei ihm noch einmal eine gewisse Wirkung entfalten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Die Kanzlerin ist ja bekannt dafür, Fan der Nationalmannschaft zu sein. Sie könnte sich ja auch persönlich bei ihm melden und ihm diese Erkenntnisse mitteilen.

Wie bewertet denn das Sportministerium diesen Fall? Ist es für führende deutsche Sportler angemessen, sich nicht impfen zu lassen?

STS SEIBERT: Sie haben das Sportministerium gefragt.

ZUSATZ JUNG: Ob die Kanzlerin sich persönlich bei Herrn Kimmich melden wird.

STS SEIBERT: Ach so. Das war ja eine Anregung von Ihnen, keine Frage.

ZUSATZ JUNG: Vielleicht hat sie das schon vor oder vielleicht wissen Sie das ja.

STS SEIBERT: Über vertrauliche Gespräche berichte ich ohnehin nicht. Wenn es für die Öffentlichkeit etwas zu berichten gäbe, dann würde ich das hier tun. Ich habe hier ja für die Bundeskanzlerin gesprochen.

ALTER: Der Bundesinnenminister ist seit Monaten der Überzeugung, dass das Impfen der einzige nachhaltige Weg aus der Pandemie ist. Wir haben, seitdem der Impfstoff verfügbar ist, dafür geworben, und haben auch versucht, über die Sportverbände, die eine große Wirkungsbreite auch in die Gesellschaft haben, zu überzeugen. Insofern ist die Position des Sportministeriums klar, und wenn wir auf diesem Wege Menschen erreicht haben, die durch ihre Bekanntheit, durch ihre Popularität dieses Anliegen weiter verbreiten, dann freut uns das. Das ist die Überzeugung, das ist die Position. Letztlich bleibt es dabei, dass jeder Einzelne für sich entscheiden muss, ob er das möchte oder nicht. Einen Impfzwang gibt es in Deutschland nicht. Insofern sind die Fakten, die zu diesem Thema vorliegen, sicherlich eine ganz wesentliche Erkenntnisquelle.

FRAGE JOLKVER: Ich habe zwei Fragen zum Thema Flüchtlinge und Belarus: Frau Sasse, hatten Sie oder hatte das Auswärtige Amt am Wochenende die Möglichkeit, Gespräche mit Airlines oder mit Staaten, die auf dem Fluchtweg aus Belarus liegen, zu führen und dabei irgendwelche Erfolge zu verzeichnen?

Herr Alter, haben Sie Daten vom Wochenende, wie viele Flüchtlinge an der deutsch-polnischen Grenze aufgegriffen wurden? Gibt es vielleicht ein Muster, an welchen Tagen die Zahl besonders hoch ist? Ist sie am Wochenende höher oder innerhalb der Woche?

SASSE: Was die Airlines angeht, kann ich Ihnen an dieser Stelle nichts Neues berichten. Herr Burger und Herr Alter hatten sich ja in der vergangenen Woche schon ausführlich zu diesem Thema geäußert. Wenn es da ein Update von unserer Seite gibt, dann melde ich mich dazu.

ALTER: Ich kann an das anknüpfen, was wir hier am Freitag besprochen haben. Wir hatten nach Angaben der Bundespolizei in diesem Jahr bis Ende letzter Woche über 6100 Feststellungen von unerlaubten Einreisen an der deutsch-polnischen Grenze mit einem Bezug zu Belarus. Das heißt, das sind nicht Leute, die aus anderen Ländern über Polen eingereist sind, sondern Leute, die ganz offensichtlich aus Belarus nach Deutschland gekommen sind. Die Aufgriffssituation pro Tag fragen Sie am allerbesten bei der Bundespolizei ab, weil dort die tagesaktuellen Zahlen vorliegen und auch notwendig sind.

Wir können insgesamt sagen, dass dieser Trend, den wir festgestellt haben also diese Aufgriffszahlen , nach wie vor ungebrochen ist. Ich habe hier jetzt allerdings keine Zahlen vom vergangenen Samstag und Sonntag parat.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Wie stellen Sie fest, dass es Menschen sind, die über die belarussische Route kommen? Haben alle einen Stempel vom Flughafen in Minsk im Pass, oder wie stellen Sie das fest?

ALTER: Es ist in der Tat eine Auffälligkeit in diesem Geschehen, dass es im Vergleich zu anderen Migrationsbewegungen beispielsweise im Jahr 2015/16, wo wir oft mit der Situation konfrontiert waren, dass die Betroffenen ihre Pässe nicht dabei hatten jetzt so ist, dass wir sehr häufig bzw. fast immer die Passdokumente auffinden und sich in diesen Dokumenten Einreisestempel aus Belarus befinden. Das heißt, es ist für die Bundespolizei in vielen Fällen sehr genau nachvollziehbar, wo die Einreise vor der EU-Grenze erfolgte.

FRAGE DR. RINKE: Herr Alter, wenn der Grenzabschnitt, an dem Sie im Moment diese Aufgriffe sehen, jetzt mit acht Hundertschaften verstärkt wird, gibt es dann Verlagerungseffekte? Stelle Sie zum Beispiel fest, dass jetzt verstärkt auch über die deutsch-tschechische Grenze oder ganz im Norden an der deutsch-polnischen Grenze in Mecklenburg-Vorpommern Personen kommen?

ALTER: Ich habe noch keine Informationen darüber, dass es solche Verdrängungseffekte gegeben hätte. Es ist ja so, dass wir nicht nur an der deutsch-polnischen, sondern auch an der deutsch-tschechischen Grenze zum Teil Feststellungen machen. Das geschieht auch ohne eine personelle Verstärkung an den anderen Dienststellen an den Grenzen, die ja 24 Stunden sieben Tage die Woche im Dienst sind. An der deutsch-polnischen Grenze ist eben dieses besondere Aufgriffsgeschehen im Moment existent, sodass wir mit etwa 800 Beamtinnen und Beamten verstärkt haben, die dort zu unterschiedlichen Zwecken im Einsatz sind. Da geht es einerseits um die tatsächliche Streifentätigkeit, um die Kontrolle des Grenzraums, aber natürlich auch um die Abarbeitung der Fälle, um die Registrierung und die Identifizierung; denn wir wollen ja jedenfalls diejenigen, die in Deutschland ein Asylverfahren durchlaufen, möglichst schnell aus Brandenburg in die anderen Bundesländer verteilen.

FRAGE BUSCHOW: Herr Alter, die Brandenburger Polizei hat am Wochenende eigenermächtigte Grenzpatrouillen aufgegriffen, zu denen offenbar die rechtsextreme Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ aufgerufen hatte. Die waren mit Macheten und Schlagstöcken bewaffnet, sagt die Polizei. Wie bewerten Sie das? Gab es so etwas schon einmal oder ist so etwas erstmals passiert? Was kann man dagegen tun?

ALTER: Die Position ist ganz klar: Das Gewaltmonopol liegt beim Staat, und für Selbstjustiz oder amtsanmaßendes Verhalten von Privaten besteht in unserem Rechtsstaat kein Raum. Grenzschutz ist allein Aufgabe des Staates. Der Bundesinnenminister hat in der vergangenen Woche und auch am Wochenende deutlich gemacht, welche Maßnahmen in Abstimmung mit dem Land Brandenburg und auch mit der polnischen Seite bereits veranlasst sind. Die Behörden haben die Situation vor Ort im Griff, und es ist gut, dass die Polizei in Brandenburg dieses Geschehen zur Kenntnis genommen und vor allen Dingen auch unterbunden hat und die Konsequenzen daraus zieht.

FRAGE JOLKVER: Herr Alter, noch eine technische Frage: Wie werden die Illegalen denn meistens aufgegriffen? Wenn sie zu Fuß laufen, in Kleinbussen oder Autos? Was ist sozusagen der Hauptweg?

ALTER: Da gibt es keine Muster, die man als zentrales oder überwiegendes Bewegungsmuster erkennen kann; das geschieht auf allen Wegen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, von Polen nach Deutschland zu kommen. Man kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, mit dem Privat-Pkw, in Bussen, in Lkws, zu Fuß. Das spielt alles eine Rolle, und deswegen ist es wichtig, dass wir dort im Grenzraum auch erfahrene Bundespolizisten haben die Polizei in Brandenburg ist in einem solchen Grenzraum ja auch erfahren , die in der Regel sehr gut informiert sind, welche Modi Operandi da zur Anwendung kommen.

FRAGE BUSCHOW: Am Sonntag beginn die UN-Klimakonferenz. Herr Seibert, plant die Kanzlerin, zur COP zu fahren, oder wer wird die Bundesregierung dort sonst oder zusätzlich vertreten?

STS SEIBERT: Es greift eigentlich unserem üblichen Ankündigungsrhythmus vor, aber in der Tat plant die Bundeskanzlerin nach Glasgow zu fahren. Details gebe ich noch bekannt.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Wird auch die Umweltministerin hinfahren?

VORS. FELDHOFF: Der Sprecher des Umweltministeriums nickt.

FRAGE JOLKVER: Ich hätte eine Frage an das Wirtschaftsministerium zu Nord Stream 2: Die Ukraine bietet Gazprom jetzt an, die Transitgebühren zu senken. Deutschland hatte ja versprochen, für die Weiterführung des Transitvertrages aktiv zu werden. Was wird in dieser Angelegenheit im Moment gemacht?

DR. BARON: Das, worauf Sie Bezug nehmen, kann ich natürlich nicht kommentieren, denn Transitgebühren sind zwischen den Vertragspartnern zu verhandeln.

Die Bundesregierung hat bereits im August den Kabinettsbeschluss gefällt, Graf Waldersee wieder als Sonderbeauftragten für den Ukraine-Russland-Gastransit einzusetzen, um eben auch die Erklärung mit den USA für die Verlängerung des Gastransits über die bisherige Phase bis 2024 hinaus umzusetzen. Diese Aufgabe nimmt Graf Waldersee wahr und führt dazu auch Gespräche. Mehr kann ich an dieser Stelle jetzt aber nicht dazu sagen.

ZUSATZFRAGE JOLKVER: Wann war der letzte Termin für solche Gespräche in Kiew oder in Moskau?

DR. BARON: Das ist ein andauernder Dialog, das kann ich Ihnen jetzt so nicht beantworten.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Seibert, die Bundesverteidigungsministerin hat mit ihren Äußerungen zu einem möglichen Atomwaffeneinsatz gegen Russland hohe Wellen geschlagen. Es gab Kritik vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, der diese Gedankenspiele als „verantwortungslos“ bezeichnet hat. Wie steht die Bundeskanzlerin dazu?

STS SEIBERT: Ich kommentiere ja grundsätzlich nicht Äußerungen aus dem parlamentarischen Raum. Aber die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung, die wir hier oft schon vertreten haben, ist unverändert. Wie auch Vorgängerbundesregierungen bleiben wir dem Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt verpflichtet. Dieses Ziel, „Global Zero“ genannt, also die vollständige nachprüfbare weltweite Abschaffung nuklearer Waffen, findet sich auch in den einschlägigen NATO-Dokumenten. Dafür arbeitet die Bundesregierung gemeinsam mit ihren Partnern in Europa, auch im transatlantischen Bündnis. Da sind wir uns mit allen Partnern einig.

Gleichwohl müssen wir ja gerade auch mit Blick auf signifikante Veränderungen in unserem Sicherheitsumfeld erkennen, dass von einigen Staaten nukleare Waffen nach wie vor als Mittel militärischer Auseinandersetzungen betrachtet werden. So lange das so ist so steht es im aktuellen Koalitionsvertrag, auch wieder in vollständiger Übereinstimmung mit unseren Bündnispartnern , besteht die Notwendigkeit zum Erhalt einer nuklearen Abschreckung im Rahmen der NATO fort. Zu der bekennt sich die Bundesregierung im Sinne der nuklearen Teilhabe.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Aus Sicht der Bundeskanzlerin gibt es nichts an dem zu kritisieren, was die Bundesverteidigungsministerin gesagt hat?

STS SEIBERT: Ich habe Ihnen die Haltung der Bundesregierung zum Thema der nuklearen Teilhabe dargelegt. Das steht auch so im Koalitionsvertrag, der für diese Bundesregierung ja ausschlaggebend ist. Da gibt es jetzt nichts Neues.

FRAGE JUNG: Eine Frage an das Verteidigungsministerium. Hatte die Ministerin bei ihrer ausgesprochenen Drohung in Sachen Einsatz von Atomwaffen auch an die in Deutschland lagernden Atomwaffen gedacht? Das würde ja automatisch ein Ziel der Gegenseite bedeuten und damit Deutschland auslöschen.

ROUTSI: Herr Jung, Sie wissen, dass wir uns zum Thema Nuklearpolitik nicht weiter einlassen. Das hat Geheimhaltungsgründe. Das ist hier eine gute Tradition, mit der ich nicht brechen werde.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber wenn Ihre Ministerin den Einsatz von Atomwaffen ins Spiel bringt, müssen Sie doch damit leben bzw. darauf antworten können, was mit den Waffen in Deutschland ist, weil sie damit ja Deutschland zum Ziel macht.

ROUTSI: Die Worte der Verteidigungsministerin stehen für sich. Sie können sie exakt im Deutschlandfunk-Interview nachlesen.

Darüber hinaus habe ich den Einlassungen des Regierungssprechers, der das alles noch einmal eingeordnet hat, nichts hinzuzufügen.

FRAGE HOENIG: Herr Seibert, morgen endet die Legislaturperiode und damit auch die Amtszeit der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung.

Erstens. Hat der Bundespräsident die Kanzlerin schon ersucht, dann geschäftsführend im Amt zu bleiben? Gibt es morgen nach der konstituierenden Sitzung des Bundestags quasi einen Termin im Schloss Bellevue? Was können Sie dazu sagen?

STS SEIBERT: Zunächst einmal kann ich Ihnen sagen, dass Sie verfassungsrechtlich im Wesentlichen das Richtige gesagt haben.

Wenn morgen der neue Bundestag zusammentritt, endet das Amt der Bundeskanzlerin wie auch der Bundesminister und Bundesministerinnen. So steht es in Artikel 69 Absatz 2 unseres Grundgesetzes.

Dann ist es voraussichtlich so, dass der Bundespräsident die Bundeskanzlerin gemäß Artikel 69 Absatz 3 des Grundgesetzes bitten wird, die Geschäfte vorläufig weiterzuführen. Auf Ersuchen der Bundeskanzlerin würden dann auch die Minister und Ministerinnen ebenfalls geschäftsführend ihre Tätigkeit fortsetzen. Gemäß § 4 Satz 3 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre bleiben in dem Fall dann auch die Parlamentarischen Staatssekretäre und -sekretärinnen im Amt.

Das alles wird morgen sozusagen durch das Zusammentreten des neuen Deutschen Bundestags in Gang gesetzt. Für Einladungen und Termine im Schloss Bellevue ist das Bundespräsidialamt zuständig.

ZUSATZFRAGE HOENIG: Wir haben hier, glaube ich, letzte Woche auch das Thema der Bundesbeauftragten behandelt. Sie hatten gesagt, die Bundesregierung arbeite an einem Beschluss, dass diese auch vorläufig im Amt bleiben. Hat die Bundesregierung mittlerweile einen solchen Beschluss gefasst?

STS SEIBERT: Die Abstimmung dazu konnte tatsächlich abgeschlossen werden. Die Zustimmung des Kabinetts dazu soll heute im Umlaufverfahren erfolgen.

FRAGE BUSCHWO: Die Zustimmung wozu? Dass sie im Amt bleiben?

STS SEIBERT: Es ist ja so ich habe es gerade beschrieben : Wenn der Bundespräsident die Bundeskanzlerin auffordert oder ersucht, geschäftsführend ihre Tätigkeit fortzusetzen, richtet sie das gleiche Ersuchen an die Minister. Das gilt dann auch für die Parlamentarischen Staatssekretäre und Staatssekretärinnen. Aber eine entsprechende Regelung für die Beauftragten der Bundesregierung, ebenfalls im Amt zu bleiben deren Amtszeit ist auch auf das Ende der Wahlperiode befristet , gibt es nicht. Daher soll das Kabinett heute im Umlaufverfahren einen entsprechenden Beschluss fassen, um den Beauftragten die vorläufige Fortsetzung ihrer Tätigkeit zu ermöglichen.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Sie sagten in der vergangenen Woche, dass das acht Beauftragte der insgesamt fast 40 Beauftragten der Bundesregierung betrifft. Können Sie sagen, welche das sind?

STS SEIBERT: Das konnte ich letzte Woche noch. Ich glaube, den entscheidenden Zettel habe ich nicht dabei. Das reichen wir nach. Entschuldigung!

FRAGE JUNG: Eine Frage an das Verteidigungsministerium, zu dem 32-Jährigen Bundeswehroffizier, der letzte Woche in NRW festgenommen wurde, der neben vielen Waffen auch radioaktives Material zu Hause gebunkert hatte. Er gehört einem Bundeswehrzentrum an, das für die Analyse selbstgebauter Sprengsätze und deren Abwehr zuständig ist. Gehört es zur Aufgabe von solchen Soldaten, auch zu Hause zu basteln, selbst mit Beständen, die nicht direkt von der Bundeswehr kommen?

Wie sicher sind Sie, dass nichts von dem, was er zu Hause hatte, nicht auch aus Bundeswehrbeständen stammt?

ROUTSI: Vielen Dank für die Fragen. Das erlaubt mir, den Komplex kurz einzuordnen.

Am 12. Oktober wurden bei einer Durchsuchung, die Sie gerade angesprochen haben das ist hier ja auch besprochen worden , bei einem Soldaten umfangreiche Waffen- und Munitionsbestände sichergestellt. Sie stammen nach erster Bewertung nicht aus Bundeswehrbeständen. Das ist das Erste, was wichtig ist.

Darüber hinaus sind eingestufte Dokumente gefunden worden, die nun Gegenstand weiterer laufender Ermittlungen sind.

Was diesen Soldaten angeht, wissen Sie, dass wir reglementiert sind. Wir dürfen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine Auskünfte darüber erteilen, um wen es sich hier handelt. Das möchte ich auch gar nicht. Ich kann Ihnen aber sagen, dass er zum Verantwortungsbereich des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr gehört.

Losgelöst von den Ermittlungen kann ich Ihnen sagen, dass die Bundeswehr über keinerlei derartige Munition verfügt. Es gibt Pyrotechnik, die wir beispielsweise nutzen. Ich gebe Ihnen einmal ein Beispiel: Wenn wir auf See sind und einen Seenotrettungsfall haben, gibt es Signalmunition. In dieser ist ein roter Farbstoff enthalten, der durch sehr geringe Mengen von Strontiumnitrat freigesetzt wird, das sich auch in unseren Beständen befindet. Das findet sich aber auch in handelsüblichen Feuerwerkskörpern und ist selbstredend nicht strahlend.

ZUSATZFRAGE JUNG: Eine Lernfrage: Kommen in irgendeiner Weise Offiziere aus dem Einsatzführungskommando an geheime BND-Papiere? Die wurden ja bei ihm gefunden.

ROUTSI: Erstens ist das eine sehr pauschale Frage, auf die ich Ihnen selbstredend keine Antwort geben kann.

Darüber hinaus sind das laufende Ermittlungen, zu denen ich mich nicht äußern darf.

FRAGE TOWFIGH NIA: Frau Sasse, eine Frage zu den Iran-Nukleargesprächen. Es soll letzte Woche Gespräche zwischen den E3+3 mit dem amerikanischen Iran-Beauftragten Robert Malley gegeben haben. Können Sie solche Gespräche bestätigen?

Gibt es schon einen Plan B, falls es nicht mehr zu Nukleargesprächen oder zu keiner Einigung kommt?

SASSE: Herr Towfigh Nia, das würde ich so handhaben, wie wir das in der Vergangenheit immer wieder getan haben. Ich habe an dieser Stelle das hat Herr Burger genauso getan immer wieder darüber berichtet, wenn Gespräche stattgefunden haben. Wir haben auch immer wieder deutlich gemacht, dass wir selbstverständlich all unsere Kraft weiterhin darauf richten, dass die Gespräche wieder aufgenommen werden. Das ist weiterhin unser Ziel.

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