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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 01. November 2021

Themen: COVID-19-Pandemie, Nuklearverhandlungen mit dem Iran, Einstufung sechs palästinensischer NGOs als terroristische Organisationen in Israel, Bericht des Umweltbundesamtes zu klimaschädlichen Subventionen, Flughafen BER, mögliches Treffen im Normandie-Format, mögliche Grenzkontrollen zu Polen, geplanter Ausbau der polnischen Grenzsicherung zu Belarus, Flug von Flugzeugen der Luftwaffe über das Westjordanland, Fall Julian Assange, Scheibenpachtamnestie, Jamal-Pipeline, gemeinsame Erklärung zum Völkermord an den Herero und Nama, Aufnahme afghanischer Ortskräfte in Deutschland

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:58 Impfungen
14:05 Atomstreit mit Iran

17:04 Klimakonferenz/Klimaschädliche Subventionen: Das Umweltbundesamt hat letzte Woche angemahnt, dass die letzten nachweisbaren klimaschädlichen Subventionen bei 65 Milliarden Euro im Jahr in Deutschland gelegen haben, und ein Ende gefordert. Mich würde interessieren, warum diese Bundesregierung das Ende der klimaschädlichen Subventionen nicht eingeleitet hat und warum diese jetzt sogar einen Höhepunkt erreicht haben, wenn Sie doch eine klimafreundliche Politik anstreben und so tun, als ob das so ist.
– Es geht ja um direkte und indirekte Subventionen. Sie als Bundesregierung hätten sich aber auf europäischer und internationaler Ebene einsetzen können. Das haben Sie nicht gemacht. Ist es aus der Sicht der Bundesregierung ein Scheitern ihrer Klimapolitik, wenn die klimaschädlichen Subventionen, auf 2018 bezogen das sind die letzten Zahlen , offenbar nicht heruntergegangen sind, so wie es sein muss?

24:52 Lernfrage: Sind die jährlichen Subventionen für Klimaschädliches höher als für Klimafreundliches in Deutschland? Eine Verständnisfrage an das BMF: Warum wurden die Steuerprivilegien für den Dieselkraftstoff nicht beendet?

30:11 Hans zu Polens Mauerbau zu Belarus

37:18 Ökostrom-Tricks der Konzerne
40:49 Was hat das BMF in den letzten Jahren gegen diese Tricks der Konzerne, um die Ökostromumlage jahrelang umgehen zu können, getan?

43:45 Völkermord an Herero & Nama: Es geht um die gemeinsame Erklärung mit Namibia und den Völkermord an den Herero und Nama. Glaubt die geschäftsführende Bundesregierung noch, dass dieses Abkommen innerhalb der Zeit ihrer Geschäftsführung zustande kommen wird, oder wird das ein Thema der neuen Bundesregierung werden?
– Hat die Bundesregierung in den letzten drei Monaten auf die namibische Seite eingewirkt, damit dieses Abkommen jetzt noch zustande kommen kann? Es gibt ja nicht nur dort, sondern auch hier massiven Protest gegen diese Art von Abkommen.

47:53 Afghanische Ortskräfte
1:01:10 Welches Verfahren gilt jetzt konkret für die Mitarbeiter des ehemaligen Einsatzgeschwaders?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 01. November 2021:

VORS. WOLF eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’IN DEMMER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

FRAGE POKRAKA: Ich habe eine Frage an das BMG, Herr Gülde. Herr Spahn ist ja dafür, die Impfzentren wieder zu öffnen. Gibt es bei Ihnen im Haus eine Idee, wie schnell das vonstattengehen kann und sollte? Gibt es möglicherweise Hilfen des Bundes an die Länder dafür?

GÜLDE: Wie Sie sicherlich wissen, haben einige Bundesländer ihre Impfzentren nach wie vor in Betrieb. Andere haben ihre Impfzentren auf „stand by“ geschaltet. Insofern müssten Sie die Frage, inwiefern die Impfzentren, die derzeit nicht in Betrieb sind, wieder in Betrieb genommen werden könnten, an die Länder richten.

Grundsätzlich ist es so, dass diese Dinge diese Woche auf der Gesundheitsministerkonferenz der Länder und des Bundes in Lindau besprochen werden. Die Details kann ich natürlich jetzt nicht vorwegnehmen.

ZUSATZFRAGE POKRAKA: Hat denn der Minister vor seinem Vorstoß schon einmal mit den Ländern gesprochen, ob denen dieser Tipp auch recht ist, oder kommt das wirklich genuin von ihm?

GÜLDE: Das Thema Auffrischungsimpfung beschäftigt uns schon eine ganze Weile. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich weiß jetzt das Datum nicht genau. Aber das ist meines Wissens das erste Mal im Juli in der Gesundheitskonferenz der Länder besprochen worden. Das haben wir auf die Agenda gebracht. Es gab mehrere GMKs. In der Zwischenzeit ist das immer wieder auf der GMK Thema gewesen.

VORS. WOLF: Ich nehme jetzt eine digitale Frage von der Kollegin Kotlyarova von RIA Novosti Deutschland. Sie fragt zu den Ängsten der Ungeimpften. In der Kimmich-Debatte und jetzt auch mit Blick auf die ungeimpfte Sahra Wagenknecht greifen einige impfskeptische Politiker, darunter Oskar Lafontaine, auf den geleakten Liefervertrag mit Pfizer als Argument gegen die Impfung zurück. In diesem Vertrag soll stehen ich zitiere :

„Der Käufer erkennt an, dass die langfristigen Wirkungen und die Wirksamkeit des Impfstoffs derzeit nicht bekannt sind und dass der Impfstoff unerwünschte Wirkungen haben kann, die derzeit nicht bekannt sind.“

Es hält viele Impfskeptiker offenbar auch der Punkt von einer Impfung ab, nachdem der Käufer Pfizer/BioNTech gegen alle Klagen und Bußgelder schadlos halten soll. Welche Gegenargumente könnte die Bundesregierung dieser Skepsis entgegenstellen?

GÜLDE: Zunächst einmal: Zu den Verhandlungsverträgen zwischen der EU-Kommission und den Herstellern können wir uns natürlich jetzt nicht äußern. Das müsste, wenn, dann die EU machen. Dazu kann ich jetzt tatsächlich nichts sagen.

Grundsätzlich ist es so: Wir behalten im Rahmen des Impfquotenmonitorings, aber auch der Pharmakovigilanz sehr genau im Blick, welche Nebenwirkungen es geben kann. Das Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht dazu auch regelmäßig die Sicherheitsberichte. Uns sind Wirkungen in einem sehr geringen Umfang bekannt. Das machen wir auch öffentlich. Das ist das, worauf sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen können.

SRS’IN DEMMER: Vielleicht kann ich das noch ergänzen. – Diese Impfungen werden überhaupt nur nach Studien zugelassen. Schon vorher gibt es umfassende Studien, nicht nur Zulassungsstudien, sondern auch begleitende Studien. Das heißt, es wird genau untersucht, ob es bei der Anwendung der Impfstoffe zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen kann. Dass es vereinzelt zu Nebenwirkungen kommen kann, das wissen wir. Ich möchte trotzdem noch einmal darauf hinweisen, dass wir genau wissen, dass es gravierende Langzeitfolgen geben kann, nämlich dann, wenn man an COVID-19 erkrankt. An die Folgen von „Long Covid“ möchte ich hier noch einmal erinnern. Da gibt es ein erhebliches Risiko. Davor schützt eine Impfung.

GÜLDE: Wenn vielleicht auch ich noch ganz kurz ergänzen darf, und zwar zum Thema Nebenwirkungen. Da gibt es eine ganz klare Trennung, auch was zum Beispiel das Haftungsrecht anbelangt. Sie haben möglicherweise darauf abgezielt. Aber wie gesagt: Das kann ich jetzt hier im Einzelnen nicht ausführen, weil mir die Verträge nicht vorliegen und die EU-Kommission das dann irgendwie bestätigen oder dementieren müsste.

Grundsätzlich ist es im Haftungsrecht so: Der Hersteller haftet nach wie vor für die sogenannte „good manufacturing practice“, also im anderen Sinne für Herstellungsfehler. Für eventuelle Impfschäden im Rahmen der ordnungsgemäßen Impfung haftet der Staat. Das ist eine ganz klare Aufteilung. Die gilt aber auch für andere Impfstoffe.

VORS. WOLF: Dann nehme ich der Vollständigkeit halber an dieser Stelle noch eine Frage von dem Kollegen Reitschuster digital dazu, der fragt: Schließt die Bundesregierung Langzeitnebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen kategorisch aus? Wer übernimmt, wenn es zu solchen kommt, dafür gegebenenfalls die Haftung?

GÜLDE: Ich kann nichts kategorisch ausschließen. Es ist natürlich ein rhetorisches Mittel ich sage es jetzt einfach einmal so , jetzt eine unerwartbare Erwartungshaltung hier von Herrn Reitschuster zu formulieren. So etwas kann man nie grundsätzlich ausschließen.

Wenn wir von Langzeitfolgen im Rahmen von Impfstoffen sprechen, dann geht es darum, dass gewisse Folgen von Impfnebenwirkungen in einem sehr, sehr geringen Umfang auftreten und dass sich das erst nach einer langen Zeit zeigt. Hintergrund des Ganzen ist: Wenn man Erkrankungen hat, für die es eine sehr geringe Hintergrundinzidenz gibt, also die in der Normalbevölkerung sehr selten auftauchen, dann sieht man auch bei sehr selten auftretenden Nebenwirkungen nicht sofort diesen statistischen Effekt. Das zeigt sich dann erst bei den Langzeitstudien; die sind damit auch gemeint. Dass es, ich sage einmal, erst Jahre nach einer Impfung plötzlich zu auftretenden Nebenwirkungen kommt, das gilt als unwahrscheinlich. Viele Immunologen halten das auch für ausgeschlossen.

FRAGE JESSEN: Herr Gülde, Sie haben eben gesagt: Mir liegen die Verträge nicht vor. Das mag man gern glauben. Aber liegen sie Ihrem Haus, dem Gesundheitsministerium, nicht vor? Kennt das Gesundheitsministerium nicht den Inhalt und gegebenenfalls den Wortlaut der Verträge, die die EU mit Pfizer geschlossen hat? Wenn sie Ihrem Haus tatsächlich vorliegen oder zugänglich sind, dann wäre es schön, wenn Sie auf dieser Basis eine Nachlieferung zu dem gefragten Inhalt machen könnten. Oder sagen Sie: „Unser Haus kennt das nicht“?

GÜLDE: Wie gesagt: Ich kann es Ihnen jetzt tatsächlich nicht sagen. Aber unabhängig davon: Wir äußern uns nicht zu den Verträgen, die die EU-Kommission mit den Herstellern geschlossen hat.

SRS’IN DEMMER: Ich kann noch darauf hinweisen: Herr Gülde hat ja die Frage letztlich beantwortet, dass die Formulierung, die hier zitiert worden ist, weil wir nicht konkret über Verträge reden können, aber dass jedenfalls das Haftungsrecht eine übliche Form Beziehungsweise Herr Gülde hat das Haftungsrechtliche ja gerade auseinandergesetzt und damit eigentlich auch die Frage beantwortet.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das würde ich als nicht hinreichend empfinden. Das Haftungsrecht macht ja nur Sinn, wenn ein realer Haftungsgrund zumindest für realistisch gehalten wird. Damit sind wir bei der Frage: Wie realistisch hält das Bundesgesundheitsministerium die im Haftungsrecht auszuschließenden Haftungs- bzw. Schadensfälle? Dazu habe ich jetzt noch keine Antwort gehört.

GÜLDE: Herr Jessen, ich habe gerade schon auf die Frage von Herrn Reitschuster geantwortet: Ich kann nichts kategorisch ausschließen. Ich kann natürlich nur auf die wissenschaftliche Erkenntnislage dazu hinweisen. Aber die Tatsache, dass man nichts kategorisch ausschließen kann, heißt ja, dass man sich auf dieses sehr gering einzuschätzende Risiko einstellen muss.

FRAGE STEINKOHL: Ich habe eine Frage zum Boosterimpfgipfel, den der Bundesgesundheitsminister im Kopf hat. Können Sie bitte einmal sagen, was da eigentlich genau besprochen werden soll?

An Frau Demmer die Frage: Plant die Kanzlerin ein solches schnelles Treffen mit den Ländern?

SRS’IN DEMMER: Ich kann das ganz kurz machen. Die Kanzlerin selbst hat sich gestern dazu geäußert. Auch die geschäftsführende Bundesregierung ist natürlich in den verbleibenden Wochen zu Gesprächen bereit. Ganz grundsätzlich stehen Bund und Länder ohnehin im Austausch. Es gibt den von Herrn Gülde beschriebenen Austausch zwischen den Gesundheitsministern. Selbstverständlich bleibt auch eine geschäftsführende Bundesregierung für Gespräche offen.

ZUSATZFRAGE STEINKOHL: Gibt es da konkrete Planungen, oder steht das nur im Raum?

SRS’IN DEMMER: Ich kann Ihnen jetzt hier keinen Termin ankündigen.

GÜLDE: Ich kann das gerne ergänzen. – Im Grunde genommen hat Herr Bundesminister Spahn schon zwei Themen skizziert. Eines hatten wir hier auch schon. Das ist die Wiedereröffnung der Impfzentren. Das zweite Thema, das besprochen werden soll, ist das Einladungsmanagement für Menschen über 60 Jahre.

VORS. WOLF: Dann bin ich wieder bei zwei digitalen Fragen. Der Kollege Krämer von Reuters fragt zu der geforderten Wiedereröffnung von Impfzentren: Wie viele Impfzentren gab es in Deutschland auf dem Höhepunkt der Impfkampagne? Wie viele davon sind geschlossen worden, und wie viele sind noch im Betrieb oder im Teilbetrieb?

GÜLDE: Ich muss ehrlich gestehen: Dazu liegen mir keine Zahlen vor, da die Bundesländer die Impfzentren in eigener Zuständigkeit betreiben. Ich weiß, dass wir, ich meine, im Juni/Juli dieses Jahres um die 400 Impfzentren hatten. Wie viele davon jetzt noch in Betrieb sind, das kann ich nicht sagen.

VORS. WOLF: Können Sie das nachreichen?

GÜLDE: Wie gesagt: Da die Bundesländer das in eigener Zuständigkeit betreiben, müsste ich diese Frage dorthin verweisen.

VORS. WOLF: Dann noch eine Frage von dem Kollegen Reitschuster: Trifft es zu, dass nach den Abrechnungsdaten der Krankenkassen nur jeder zweite Coronapatient wegen Coronaverdachts in Krankenhaus kam? Wenn ja, wie erklären Sie sich das?

GÜLDE: Ich muss sagen: Ich kann die Zahl, die Herr Reitschuster gerade genannt hat, jetzt nicht einordnen. Gegebenenfalls müssten wir das noch bilateral klären. Ich weiß jetzt nicht, worauf er sich da bezieht.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Frage zu der Boosterimpfung. Bei den Erwachsenen in Deutschland sind ungefähr 80 Prozent doppelt geimpft. In Afrika liegt die Impfquote unter 10 Prozent. Was kann getan werden, damit die Boosterimpfung nicht zu dem Phänomen führt, dritte Impfung in Europa oder Deutschland statt erste Impfung in Afrika? Ist sichergestellt, dass die zusätzlichen Dosen, die für das Boostern gebraucht werden, nicht etwa in Afrika oder anderen Weltregionen fehlen?

GÜLDE: Herr Bundesminister Spahn hat sich auch zu diesem Aspekt schon vielfach geäußert. Zum einen unterstützen wir die Impfstoffinitiative COVAX finanziell. Deutschland ist der zweitgrößte Geldgeber für diese Initiative. Zum anderen haben wir angekündigt, bis zum Jahresende 100 Millionen Impfstoffdosen für COVAX bzw. auch für Drittländer zur Verfügung zu stellen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das bedeutet, bei diesen 100 Millionen bleibt es, auch wenn jetzt bei den Boosterimpfungen zusätzliche Dosen verimpft werden? Die 100 Millionen Dosen sind fix?

GÜLDE: Ja.

FRAGE TOWFIGH NIA: Herr Burger, ich habe zwei kurze Fragen zu den Nuklearverhandlungen mit dem Iran. Ist weiterhin unklar, wann der Iran zu den Verhandlungen zurückkehrt? Sehen Sie eine Rolle für Russland und China, um den Iran an den Verhandlungstisch zu bewegen?

Eine zweite kurze Frage in diesem Zusammenhang: Der Iran hat gesagt, dass er einen Neustart der Verhandlungen möchte, das heißt, nicht aufgrund der Ergebnisse vom Juni, sondern einen Neustart in die Verhandlungen mit neuen Forderungen. Wie steht die Bundesregierung dazu?

BURGER: Sie haben mitbekommen: Am Wochenende gab es ein Treffen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs im Kreise der E3, auch mit den USA. Dies zeigt die Bedeutung, die wir gemeinsam der vollständigen Wiederherstellung der Nuklearvereinbarung mit dem Iran beimessen. Es unterstreicht gleichzeitig die große Sorge, die uns die fortdauernde nukleare Eskalation durch den Iran bereitet. Wir fordern den Iran auf, seinen Worten zu einem Verhandlungsbeginn im November nun auch Taten folgen zu lassen.

ZUSATZFRAGE TOWFIGH NIA: Sehen Sie irgendeine Rolle für China bzw. Russland? Es ist ja noch unklar, ob der Iran überhaupt an den Verhandlungen teilnimmt.

BURGER: Wie gesagt: Die iranische Regierung hat angekündigt, wieder zu den Verhandlungen zurückkehren zu wollen. Ein konkretes Datum für die Wiederaufnahme der Verhandlungen hat der Iran aber weiterhin nicht vorgeschlagen. Deswegen ist aus unserer Sicht jetzt der Iran am Zug. Der iranischen Ankündigung müssen nun bald auch Taten folgen.

FRAGE NEHLS: Ich habe eine Frage auch an Herrn Burger zu den verbotenen NGOs auf der palästinensischen Seite durch die israelische Regierung. Ich glaube, in erster Linie betrifft dies das Verteidigungsministerium. Wie sieht das Ihr Haus? Es sind ja jetzt dazu gab es ein paar Berichte auch deutsche Geldgeber berührt, die GIZ und ein paar parteipolitische Stiftungen, die diese NGOs unterstützt haben oder unterstützen. Was ist Ihre Sicht der Dinge? Sind das tatsächlich terroristische Organisationen, die auch von der deutschen Seite hier und da finanziert werden, oder ist es gerade umgekehrt, dass menschenrechtliche Bemühungen für Palästinenserinnen und Palästinenser zu Terrorismus erklärt werden?

BURGER: Dazu hat sich in der vergangenen Woche meine Kollegin Frau Sasse von dieser Stelle ausführlich geäußert. Darauf würde ich Sie gerne verweisen.

ZUSATZ NEHLS: Dann lese ich das nach.

FRAGE JUNG: Es geht um die Klimakonferenz. Dazu bräuchten wir das Umweltministerium und vielleicht das Finanzministerium. – Das Umweltbundesamt hat letzte Woche angemahnt, dass die letzten nachweisbaren klimaschädlichen Subventionen bei 65 Milliarden Euro im Jahr in Deutschland gelegen haben, und ein Ende gefordert. Mich würde interessieren, warum diese Bundesregierung das Ende der klimaschädlichen Subventionen nicht eingeleitet hat und warum diese jetzt sogar einen Höhepunkt erreicht haben, wenn Sie doch eine klimafreundliche Politik anstreben und so tun, als ob das so ist.

FICHTNER: Ich kann gerne beginnen. Nur einmal zur Einordnung

ZUSATZ JUNG: Die Frage hat sich erst einmal auf das BMF bezogen, das sich um die Subventionen, um das Geld kümmert.

DR. LAIADHI: Gut. Dann fange ich gerne an. – Ich würde Sie erst einmal darauf verweisen: Es gibt einen Subventionsbericht, der vor ca. zwei Monaten vom Kabinett beschlossen wurde. Darin können Sie das Ganze im Einzelnen nachvollziehen.

Ziel der Bundesregierung ist das ist auch im Klimaschutzplan festgehalten , unterschiedliche Subventionen abzubauen. Im Subventionsbericht ist auch dargelegt, was auch mit dem Klimaschutzsofortprogramm 2022 beschlossen wurde, dass der Fortbestand von bestimmten Steuervergünstigungen mit umwelt- und klimaschädlichen Nebenwirkungen auf Basis vorliegender Evaluierungsergebnisse überprüft werden soll.

FICHTNER: Ich kann vielleicht noch zur Einordnung der Zahlen des Umweltbundesamts sagen: Dabei handelt es sich um Zahlen von 2018. Das sind die letzten verfügbaren Zahlen, die das Umweltbundesamt benutzt hat. Auch das Umweltbundesamt sagt nicht, dass man diese 65 Milliarden Euro eins zu eins für Politik mobilisieren könnte, sondern einige davon ja. Für andere bräuchte man Änderungen auf europäischer Ebene, wiederum für andere Änderungen auf internationaler Ebene. Man sollte nicht den Fehler machen, die 65 Milliarden Euro eins zu eins für mobilisierbar zu halten.

ZUSATZFRAGE JUNG: Es geht ja um direkte und indirekte Subventionen. Sie als Bundesregierung hätten sich aber auf europäischer und internationaler Ebene einsetzen können. Das haben Sie nicht gemacht. Ist es aus der Sicht der Bundesregierung ein Scheitern ihrer Klimapolitik, wenn die klimaschädlichen Subventionen, auf 2018 bezogen das sind die letzten Zahlen , offenbar nicht heruntergegangen sind, so wie es sein muss?

FICHTNER: Da müsste man sich tatsächlich Beispiel für Beispiel anschauen, um das seriös zu machen. Wenn Sie das Beispiel Kerosinbesteuerung nehmen das ist ein großer Batzen : Da ist es tatsächlich gelungen, auf europäischer Ebene erste Schritte zu gehen. Wir haben jetzt einen Vorschlag der EU-Kommission, das europaweit anzugehen, das abzuschmelzen. Darüber debattieren derzeit die Mitgliedstaaten und das Europaparlament. Da ist seit 2018 Bewegung hineingekommen, um nur dieses Beispiel zu nennen.

FRAGE STEINER: Ich habe eine kurze Nachfrage dazu. Wenn die Zahlen vom UBA von 2018 sind, kann vielleicht einer der geschätzten Kollegen dort vorne erläutern, welche der in diesem Bericht genannten Subventionen zwischenzeitlich zurückgefahren wurden.

FICHTNER: Ein Beispiel: Eine der Subventionen im UBA-Bericht ist das Anpassungsgeld für den Steinkohlebergbau. Da kann man auch der Meinung sein, dass das nicht klimaschädlich ist, sondern dass das im Grunde dazu dient, aus dem Steinkohlebergbau auszusteigen. Aber gut, in dieser Definition ist es jetzt drin. Das ist etwas, was jetzt im Grunde perspektivisch wegfällt. Bezüglich anderer Beispiele müssten Sie mir helfen, wozu Sie Informationsbedarf haben.

Wir haben insgesamt in diesem Jahr erlebt, dass wir eine CO2-Bepreisung eingeführt haben, die natürlich auch die Unwuchten der jeweiligen Preisgefüge Schritt für Schritt angeht.

ZUSATZFRAGE STEINER: Kann das BMF dazu noch etwas ergänzen? Ansonsten freue ich mich gegebenenfalls auch über Nachlieferungen, wenn sich noch Subventionen finden, die seit 2018 abgebaut wurden.

DR. LAIADHI: Ich habe keine weiteren Ergänzungen.

FRAGE POKRAKA: Herr Fichtner, zu den Forderungen des Umweltbundesamtes: Die Kollegen haben ja bei einigen Punkten schon sehr eindeutig gesagt, dass sie diese Subventionen für falsch halten und sie zurücknehmen wollen, einmal unabhängig von der Frage, ob man das Geld jetzt eins zu eins zur Verfügung hätte. Inwiefern machen Sie sich das, was das Umweltbundesamt gesagt und vorgeschlagen hat, zu eigen? Ich zähle jetzt als Beispiel drei Punkte auf: die Pendlerpauschale, das Dienstwagenprivileg und die geringere Besteuerung von Diesel. Das sind ja Punkte, die Milliarden ausmachen. Sind auch Sie, wie das Umweltbundesamt, der Meinung, dass man eigentlich da heranmüsste, unabhängig davon, ob man das jetzt in der kurzen Zeit von Frau Schulze noch schafft?

FICHTNER: Ich habe das gerade mit Blick auf Kerosin auf europäischer Ebene gesagt. Ansonsten muss ich abstrakt bleiben. Das ist ein wissenschaftlicher Debattenbeitrag des UBA. Wir teilen das Grundanliegen, den Abbau umweltschädlicher Subventionen, auch wenn wir nicht in allen Einzelfragen und Definitionen übereinstimmen.

Ich will jetzt nicht auf diese drei Einzelpunkte eingehen, die Sie genannt haben, einfach deshalb, weil das nicht die Rolle der geschäftsführenden Regierung ist, sondern das ist die Aufgabe derjenigen, die jetzt Koalitionsverhandlungen führen.

FRAGE JESSEN: Sie haben eben gesagt, bei einem Teil von Änderungen bedürfe es auch europäischer Regelungen. Nach dem UBA beziehen sich die 65 Milliarden Euro auf Maßnahmen, die alleine in nationaler Verantwortung liegen.

FICHTNER: Das stimmt nicht. Bitte noch einmal nachlesen!

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wenn das Zitat nicht korrekt wiedergegeben wurde, dann hätte sich das UBA da offenbar Ihrer Auffassung nach geirrt. Da müsste man dann die Fakten checken. Teilen Sie aber die Einschätzung von Herrn Messner, der sagte, es sei paradox, wenn auf der einen Seite Milliarden in dieser Höhe für umweltschädliche Subventionen ausgegeben werden und man gleichzeitig sagt, man müsse sie abbauen? Man sagt politisch: „Wir müssen das abbauen“, und realpolitisch betreibt man es. Ist das ein Paradox? Teilen Sie diesen Begriff?

FICHTNER: In dieser Abstraktheit auf jeden Fall. Man darf sich jetzt allerdings auch nicht vorstellen, dass die Politik extra Subventionen eingeführt hätte, um dem Klima zu schaden. Das ist anders. Das sind althergebrachte Dinge, vor allem im Steuerrecht, Steuervergünstigungen, nicht direkte Zahlungen, sondern meistens Steuervergünstigungen. Die gibt es. Die dienten früher anderen guten Zwecken. Heute weiß man, sie stehen zum Teil im Konflikt mit dem Klimaschutz. Deswegen muss man dieses System angehen. Das teilen wir auf jeden Fall.

Stichwort „Faktencheck“. In der UBA-Pressemitteilung steht: „Einige wichtige umweltschädliche Subventionen lassen sich nur teilweise auf nationaler Ebene abbauen.“ Dann kommt ein Beispiel auf europäischer Ebene und auch das Beispiel der globalen Ebene. Diese Subventionen gibt es nur deshalb, weil wir die deutsche Industrie im internationalen Wettbewerb schützen wollen. Die gibt es, weil es Klimaschutzinstrumente wie den Emissionshandel gibt. Die werden zum Teil ausgeglichen, solange wir noch keine globale CO2-Bepreisung haben. Das heißt, auch da kann man gut begründet der Auffassung sein: Es ist besser, dass es diese Subventionen momentan gibt. Aber unser Ziel muss tatsächlich sein, sie durch globale CO2-Bepreisung überflüssig zu machen.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Lernfrage: Sind die jährlichen Subventionen für Klimaschädliches höher als für Klimafreundliches in Deutschland?

Eine Verständnisfrage an das BMF: Warum wurden die Steuerprivilegien für den Dieselkraftstoff nicht beendet?

FICHTNER: Zu der ersten Frage: Da denke ich an den Subventionsbericht, den die Bundesregierung vor ein paar Monaten verabschiedet hat. Ich glaube, dazu steht etwas drin.

DR. LAIADHI: Ich würde Sie auf den Subventionsbericht verweisen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das wissen Sie nicht? Das ist eine entscheidende Frage.

DR. LAIADHI: Ich kann Sie auf den Subventionsbericht verweisen. Dort können Sie das im Einzelnen nachvollziehen.

Zum Dieselaspekt: Bei Dieselkraftstoff ist es gegenüber Benzin so, dass er derzeit einem geringeren Energiesteuersatz unterliegt. Diesem stehen aber höhere Steuersätze für Pkw mit Dieselmotoren bei der Kraftfahrzeugsteuer gegenüber. Damit wird ein pauschaler Belastungsausgleich des energiesteuerlichen Vorteils für diese Fahrzeuge angestrebt.

Noch einmal: Für die Bundesregierung ist es wichtig, eine emissionsfreie und zukunftsfähige Mobilität zu fördern.

ZUSATZFRAGE JUNG: Können Sie bitte nachreichen, ob Sie aus Ihrer Sicht jährlich mehr Geld für Klimaschädliches als für Klimafreundliches ausgeben?

DR. LAIADHI: Ich habe Sie auf den Subventionsbericht verwiesen, in dem Sie das nachlesen können.

FICHTNER: Wenn Sie das Klimapaket und die klimawirksamen Investitionen aus dem Konjunkturpaket addieren, kommen Sie auf eine größere Summe.

VORS. WOLF: Wir haben noch eine Nachfrage des Kollegen Reitschuster zu Corona. Er bittet um eine Nachreichung auf eine Frage vom Montag vor einer Woche, in der es um die Kosten für Impfwerbung ging. Dazu wurde eine Nachreichung zugesagt. Herr Reitschuster bittet um diese Nachreichung. Das sei noch hinzugefügt.

FRAGE STEINKOHL: Ich habe eine Frage an das Finanz- und an das Verkehrsministerium zum Flughafen BER. Die Flughafenchefin hat vor Kurzem gesagt, dass der Flughafen frisches Geld brauche, weil die Liquidität nur noch bis in das erste Quartal 2022 reiche. Ich wüsste gern, wie Sie diese Aussage einschätzen und ob der Bund als Gesellschafter bereit ist, frisches Geld zuzuschießen.

DR. LAIADHI: Da würde ich wegen der Beteiligung an das BMVI verweisen.

ALEXANDRIN: Die Antwort auf diese Frage würde ich Ihnen nachreichen.

ZUSATZFRAGE STEINKOHL: Und die Finanzen, die finanzielle Seite?

DR. LAIADHI: Da müsste ich mich dem Kollegen anschließen.

VORS. WOLF: Dann bin ich noch einmal bei digitalen Fragen, und zwar von einem Kollegen von RIA Novosti an das Auswärtige Amt. Er fragt: Der russische Außenminister Lawrow hat gestern gesagt, dass Russland seine Vorschläge für ein mögliches Treffen im Normandie-Format an Paris und Berlin übermittelt habe. Kann das Auswärtige Amt bestätigen, dass es solche Vorschläge von Russland gibt, dass sie auf dem Tisch liegen? Wann wird Berlin darauf reagieren?

BURGER: Wenn wir dazu etwas nachzureichen haben, dann werde ich das gerne tun. Meinem Verständnis nach geht es hier aber um interne Absprachen bzw. vertrauliche diplomatische Kontakte. Deswegen möchte ich an dieser Stelle nicht versprechen, dass wir auf diesem Niveau der Vorsondierungen für mögliche Termine etwas nachreichen werden.

VORS. WOLF: Die Kollegin Kling von der „Schwäbischen Zeitung“ fragt zur Migration zwischen Belarus und Polen: Ist eine Entscheidung über Grenzkontrollen zu Polen noch in der Zeit der geschäftsführenden Bundesregierung zu erwarten?

LAWRENZ: Ich kann Ihnen eigentlich nur mitteilen, dass sich da seit den letzten Regierungspressekonferenzen nichts geändert hat.

VORS. WOLF: Sie fragt weiter: Wie entwickelt sich die Zahl der illegalen Einreisen nach Deutschland?

LAWRENZ: Auch dabei hat sich tatsächlich nichts geändert. Die Zahlen sind relativ hoch. Die tagesaktuellen Feststellungen müssten Sie bitte bei der Bundespolizei erfragen.

FRAGE JESSEN: Das polnische Parlament hat den Bau einer Mauer, einer Grenzbefestigung zu Belarus gebilligt. Hundert Kilometer, 350 Millionen Kosten, glaube ich. Wie bewertet das Auswärtige Amt diesen Beschluss und dieses Projekt? Darf die Sicherung der europäischen Außengrenze dazu führen, dass sie sozusagen auf dem Rücken der von Belarus genötigten Flüchtlinge ausgetragen wird?

BURGER: Dazu hatte ebenfalls Frau Sasse in der vergangenen Woche schon einmal ausführlich Stellung genommen. Vom Grundsatz her ist es aus Sicht der Bundesregierung so, dass internationale und europäische menschenrechtliche und flüchtlingsrechtliche Standards gewahrt werden müssen. Dazu hat sich auch die EU-Kommission in den letzten Wochen immer wieder geäußert.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das war, glaube ich, aber noch vor dem Mauerbeschluss. Sieht die Bundesregierung die von Ihnen angesprochenen Kriterien menschenrechtlicher Art noch gewahrt, wenn Maueranlagen dieser Art errichtet werden?

BURGER: Ich kann das jetzt nicht im Einzelnen kommentieren. Wie gesagt, hatten wir Ihnen die Prinzipien, die aus Sicht der Bundesregierung hier anwendbar sind, in der Vergangenheit schon genannt.

ALEXANDRIN: Sie hatten zur Finanzsituation in Bezug auf den BER gefragt. Das BMVI hat einen schriftlichen Bericht zum ersten Jahr des Betriebes des BER angefordert. Dazu gab es am Wochenende Berichterstattung. Zum einen soll der Flughafen darstellen, wie die betrieblichen Abläufe aussehen und wie sie verbessert werden können. Zum anderen soll aber auch die Finanzsituation thematisiert werden. Der Bericht soll bis zum 5. November vorliegen, wie auch in der Berichterstattung zu lesen war. Diesen würde ich erst einmal abwarten und dann noch einmal Stellung dazu nehmen.

FRAGE STEINKOHL: Heißt das, dass man erst dann, wenn dieser Bericht vorliegt, darüber entscheidet, ob der Bund weiteres Geld zuschießt?

ALEXANDRIN: Dem kann ich jetzt nicht vorgreifen. Wir haben, wie gesagt, den Flughafen dazu aufgefordert, einmal ausführlich darzustellen, wie sich die Situation ein Jahr nach der Eröffnung darstellt. Dieser Bericht bleibt erst einmal abzuwarten.

VORS. WOLF: Dann noch eine digitale Frage, die sich an das AA und das Verteidigungsministerium richtet: Der Kollege Warweg von RT Deutschland fragt: Am 17. Oktober sollen Kampfjets der deutschen und der israelischen Luftwaffe gemeinsam die von Israel besetzte Westbank überflogen haben, beispielsweise die Ortschaften Anata und (akustisch unverständlich). An das Verteidigungsministerium die Frage: Hat die Bundeswehr vor dem Überflug die palästinensische Autonomiebehörde um Erlaubnis gebeten?

BURGER: Ich kann das vielleicht abkürzen. Die völkerrechtliche Lage ist so, dass Israel die Luftverkehrskontrolle über den Luftraum der besetzten Gebiete ausübt. Das ist in den Osloer Verträgen auch so festgehalten.

VORS. WOLF: Damit hat sich, im Grunde genommen, die zweite Frage, die sich an das AA richtet, auch erübrigt, weil darin um eine völkerrechtliche Einschätzung gebeten wurde. Will das Verteidigungsministerium dazu ergänzen?

HELMBOLD: Nein, keine Ergänzung.

FRAGE NEHLS: Zum Falls von Julian Assange gibt es ein paar Meldungen. Sie wurden in deutschen Medien wenig dargestellt, aber ich habe es bei Al Jazeera vernommen, bei Euronews. Sorgenvolle Äußerungen zum Zustand von Herrn Assange und auch zu der Wertung der erneuten Forderung nach Auslieferung an die Vereinigten Staaten. Da sich die Bundesregierung punktuell um die eine oder andere politische Gefangene oder den einen oder anderen politischen Gefangenen in der Welt verdienstvollerweise sehr kümmert: Was sagt das Außenministerium zu einer möglichen Drehung in der Spirale Assange in dieser Beziehung?

BURGER: Die Haltung der Bundesregierung zum Fall Assange haben wir Ihnen hier immer wieder dargelegt. Aus unserer Sicht liegt dieser Fall in der Zuständigkeit der britischen Justiz. Die Bundesregierung kann, weil Herr Assange kein deutscher Staatsangehöriger ist, dort keine konsularische Unterstützung leisten und hat deswegen auch keine eigenen Erkenntnisse über seinen Gesundheitszustand. Gleichwohl verfolgt die Bundesregierung diesen Fall aufmerksam. In der Vergangenheit hat es ja auch eine Präsenz deutscher Vertreterinnen und Vertreter bei den Gerichtsverhandlungen gegeben.

ZUSATZFRAGE NEHLS: Es geht nicht nur um den Gesundheitszustand und die Haftbedingungen, sondern auch um die Qualität der erneuten Forderung dieser Regierung, ihn nach Amerika auszuliefern. Sind Sie da auch ich sage nicht: arglos hoffnungsvoll, dass das rechtspolitisch glatt über die Bühne geht, oder mahnen Sie? Gibt es darüber Gespräche im Hintergrund das werden Sie uns nicht sagen oder Bedenken, Sorgenfalten auf der einen oder anderen Stirn?

BURGER: Ich würde mir jetzt nicht gern Worte in den Mund legen lassen, sondern es gern bei dem belassen, was ich gesagt habe. Dieser Fall liegt in der Zuständigkeit der britischen Justiz. Deshalb hat die Bundesregierung diese Entscheidung nicht im Einzelnen zu kommentieren. Aus unserer Sicht bestehen grundsätzlich keine Zweifel daran, dass im britischen Justizwesen rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten werden.

ZUSATZFRAGE NEHLS: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

BURGER: Ich habe dazu gesagt, was ich dazu zu sagen habe.

ZURUF NEHLS: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

FRAGE LÜCKING: Sie sagten eben, in der Vergangenheit hätten Vertreter der Bundesregierung teilgenommen. Ist das weiterhin der Fall? War das also an den Verhandlungstagen in der vergangenen Woche der Fall, und wird das auch im Dezember wieder der Fall sein? Falls nicht, warum hat man die Präsenz dort beendet?

BURGER: Die Antworten sowohl auf die erste als auch auf die zweite Frage muss ich Ihnen nachreichen. Ich weiß tatsächlich nicht, wie der aktuelle Stand bei der Prozessbeobachtung ist.

FRAGE DAKE: Meine Frage geht an das Wirtschaftsministerium. Am Wochenende gab es eine Berichterstattung des „SPIEGEL“, wonach deutsche Industriekonzerne Milliardenzahlungen bei der EEG-Umlage umgangen haben sollen. Wird es eine Rückforderung geben? Wenn nicht, warum nicht?

DR. GÜTTLER: In dem Artikel, den Sie ansprechen, ging es um die sogenannte Scheibenpachtamnestie, die in das Erneuerbare-Energien-Gesetz aufgenommen wurde, nachdem der Gesetzentwurf das Kabinett passiert hatte. Die Änderung kam im parlamentarischen Verfahren hinein und wurde mit der Mehrheit des Bundestages angenommen. Aus unserer Sicht schafft sie einen Ausgleich, der mit der Vergangenheit abschließt und Rechtsfrieden schafft.

ZUSATZFRAGE DAKE: Heißt das, dass es keine Rückforderung geben wird?

DR. GÜTTLER: Zu etwaigen Rückforderungen kann ich Ihnen an dieser Stelle nichts berichten.

FRAGE STEINER: Sie haben gerade durchklingen lassen, dass das im parlamentarischen Verfahren so kam. Das heißt ja nicht, dass Sie innerhalb des BMWi keine eigene Einschätzung zu dem Thema haben. Dinge, die erst im parlamentarischen Verfahren eingeflossen sind, sind üblicherweise nicht auf Initiative des Ministeriums dort eingeflossen. Was ist Ihre Einschätzung im Ministerium? Gibt es die Möglichkeit für Nachforderungen oder nicht?

DR. GÜTTLER: Der Entwurf, den wir vorgelegt hatten, ist öffentlich verfügbar. Zu der Scheibenpachtamnestie gibt es unterschiedliche Rechtsmeinungen. Durch die gesetzliche Regelung, die, wie Sie noch einmal bestätigt haben, im parlamentarischen Verfahren Eingang gefunden hat, wird jetzt der Rechtsfriede hergestellt. Dazu, inwieweit noch einzelne Klageverfahren anhängig sind, kann ich mich jetzt nicht äußern.

ZUSATZ STEINER: Dann wäre ich sehr dankbar, wenn Sie sich im eigenen Hause noch einmal erkundigen könnten und nachlieferten, ob das BMWi selbst respektive eine der dem BMWi nachgeordneten Behörden noch entsprechende Klagetätigkeiten durchführen, vorbereiten oder was auch immer.

DR. GÜTTLER: Fragen Sie, ob das Bundeswirtschaftsministerium oder die nachgeordneten Behörden vor den Gerichten gegen diese Regelung vorgehen?

ZUSATZ STEINER: Nicht gegen diese Regelung, sondern ob sie möglicherweise derzeit noch aktiv Möglichkeiten, die womöglich noch offenstehen, abgesehen von dem per Gesetz natürlich vermutlich final beschlossenen Teil, nutzen oder es vorbereiten, diese zu nutzen.

DR. GÜTTLER: Das kann ich insoweit beantworten, dass ich Ihnen, da, wie ich eben schon ausgeführt habe, diese Regelung jetzt Rechtsfrieden herstellt, da nichts berichten kann. Ich kann Ihnen aber gern zusichern, dass ich es Ihnen nachreichen würde, sollten wir noch etwas anderes zu berichten haben.

FRAGE JUNG: Hierbei geht es ja um Milliardensummen. Was hat das BMF in den letzten Jahren gegen diese Tricks der Konzerne, um die Ökostromumlage jahrelang umgehen zu können, getan?

DR. LAIADHI: Das BMWi hat die Rechtslage und die Maßnahmen, die getroffen wurden, gerade beschrieben. Dem habe ich jetzt nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das ist klar. Aber haben Sie innerhalb der Bundesregierung darauf hingewirkt, dass diese Amnestie aufhören muss, dass das Geld, weil es um Milliardensummen geht, eingepreist werden muss? Hat das BMF irgendetwas dagegen getan, damit die Abzocke dieser Konzerne beendet wird?

DR. LAIADHI: Das BMWi als zuständiges Ministerium innerhalb der Bundesregierung hat gerade erläutert, was dafür getan wurde.

ZUSATZ JUNG: Ich habe das BMF gefragt. Sie sind nicht die Sprecherin des BMWi.

DR. LAIADHI: Ich habe als Sprecherin des BMF geantwortet.

ZUSATZ JUNG: Nein.

VORS. WOLF: Doch, das hat sie. Das sei zumindest dazugesagt. Das ist die Antwort.

FRAGE STEINER: Energiepreise: Seit gestern soll angeblich kein Gas mehr durch die Jamal-Pipeline durch Polen in Richtung Deutschlands oder Mitteleuropas fließen. Haben die zuständigen Ministerien irgendwelche Erkenntnisse hierüber? Welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen?

Herr Burger, gibt es diplomatische Aktivitäten, um vielleicht auch Polen rückzuversichern, dass auch dort die Gasversorgung im Winter weiterhin sichergestellt bleibt?

BURGER: Tagesaktuelle Kenntnisse über Gasflüsse gibt es im Auswärtigen Amt zumindest zu diesem Thema meines Wissens nicht. Sollte es anders sein, würde ich die Antwort gern nachreichen.

Vielleicht haben die Kolleginnen und Kollegen vom BMWi dazu mehr zu sagen.

DR. GÜTTLER: Von unserer Seite, vonseiten des BMWi, kann ich sagen, dass uns keine Erkenntnisse zu dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt vorliegen.

FRAGE JUNG: Es geht um die gemeinsame Erklärung mit Namibia und den Völkermord an den Herero und Nama. Glaubt die geschäftsführende Bundesregierung noch, dass dieses Abkommen innerhalb der Zeit ihrer Geschäftsführung zustande kommen wird, oder wird das ein Thema der neuen Bundesregierung werden?

BURGER: Über diese Frage ist in Namibia zu entscheiden. Denn der Vorschlag liegt auf dem Tisch. Darüber findet eine Debatte in Namibia statt. Davon hängt ab, wie es mit diesem Vorhaben weitergeht. Dazu möchte ich jetzt für die Bundesregierung keine Spekulationen und Prognosen abgeben.

ZUSATZFRAGE JUNG: Hat die Bundesregierung in den letzten drei Monaten auf die namibische Seite eingewirkt, damit dieses Abkommen jetzt noch zustande kommen kann? Es gibt ja nicht nur dort, sondern auch hier massiven Protest gegen diese Art von Abkommen.

BURGER: Wir nehmen mit großem Respekt zur Kenntnis, dass es in Namibia eine Meinungsbildung dazu gibt, eine intensive politische Debatte. Selbstverständlich sind wir über unsere Vertretung vor Ort mit verschiedenen namibischen Stellen in Kontakt. Aber diese Debatte muss, wie gesagt, in Namibia geführt werden. Die namibische Seite muss sich zu einer Position finden, wie es weitergehen kann. Unser Vorschlag dazu, der gemeinsam mit der namibischen Regierung entwickelte Vorschlag, ist ja bekannt.

FRAGE JESSEN: Nun hat sich die Situation objektiv dadurch gewandelt, dass Herr Rukoro, der von der namibischen Regierung benannte Verhandlungsführer, Mitglied des Stammes der Herero, verstorben ist. Er hatte sich noch zu Lebzeiten vehement gegen den Inhalt des Abkommens ausgesprochen, vor allem gegen die Summe. Liegt darin nicht doch eine Möglichkeit, auch für Deutschland, zu versuchen, die Verhandlungen neben der namibischen Regierung unter stärkerer Einbeziehung der Stammesorganisation, die es ja real gibt, zu führen, um sozusagen diesen Knoten zu durchschlagen und doch ein Abkommen zur Gültigkeit zu bringen?

BURGER: Es war von Anfang an in diesem Verhandlungsprozess das Interesse der Bundesregierung, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Nachkommen der Volksgemeinschaften der Nama und Herero intensiv einbezogen werden, dass dort breite Konsultationsprozesse stattfinden.

Wir haben aber zugleich immer deutlich gemacht, dass wir respektieren, dass es letztlich die namibische Seite ist, die darüber zu entscheiden hat, in welcher Form diese Konsultationsprozesse stattfinden. Das ist nichts, was wir von Deutschland aus aufoktroyieren oder zu bestimmen haben.

Dieser Grundsatz gilt auch weiterhin. Unser Interesse ist es, hier zu einer gemeinsamen Regelung zu kommen – nicht als Abschluss eines Prozesses, sondern als Auftakt zu einer nächsten Phase des gemeinsamen Verhältnisses.

Insofern: Ja. Das Interesse von deutscher Seite bleibt bestehen, mit diesem Prozess voranzukommen. Aber, wie gesagt, die dafür notwendigen Entscheidungen, die dazu notwendige Meinungsbildung und letztlich auch die Entscheidung darüber, in welcher Form dieser Prozess fortgeführt werden kann, müssen zunächst in Namibia getroffen werden.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ist Ihnen die Position der Vereinten Nationen bekannt, die sagt, es seien die Organisationen und Nachfahren der Geschädigten, die zu entscheiden hätten, wer sie in solchen Verhandlungen vertritt, und nicht die Regierung, die sich welche aussucht? Ist Ihnen diese Position bekannt, und wie verhalten Sie sich dazu? Sie steht ja doch im Widerspruch zu dem Weg, den Sie gerade skizziert haben.

BURGER: Mir persönlich ist die Äußerung nicht bekannt. Ich weiß nicht genau, welches Gremium der Vereinten Nationen Sie hier zitieren. Ich werde, wenn wir dazu eine Einschätzung haben, sie Ihnen aber gern zukommen lassen.

FRAGE LÜCKING: Eine Frage an Herrn Burger: Wie schätzt das Auswärtige Amt die Situation an der afghanisch-pakistanischen Grenze ein, insbesondere in Bezug auf die Visaerlangung? Gibt es Initiativen seitens der Bundesregierung, die weiterhin festsitzenden und versteckt lebenden afghanischen MitarbeiterInnen, die bei unterschiedlichsten Ministerien angestellt waren, irgendwie in der Situation zu unterstützen? Nach meinem Kenntnisstand warten immer noch sehr viele auf eine Visaerteilung und haben keine Möglichkeit, derzeit das Land zu verlassen.

BURGER: Ja. Ich glaube, man muss unterschieden zwischen dem Themenkomplex der Visaerteilung und der Voraussetzung, die gegeben sein muss, damit Menschen überhaupt Afghanistan verlassen und in eines der Nachbarländer kommen können.

Bei der Frage der Visaerteilung gibt es meines Wissens derzeit keinen Rückstau, sodass jeder, der es zu einer der deutschen Auslandsvertretungen in einem der Nachbarstaaten schafft, dort mehr oder weniger unverzüglich einen Termin zur Visabeantragung bekommt und die Visa dann auf Grundlage der vom BMI erteilten Aufnahmezusage auch sehr schnell erteilt werden.

Das Nadelöhr ist vielmehr die Ausreise aus Afghanistan und die Einreise in die Nachbarstaaten. Dazu ist derzeit der Status, dass sowohl die Machthaber in Afghanistan für die Ausreise als auch die Nachbarstaaten für die Einreise das Vorliegen eines afghanischen Passes verlangen. Da hat es in der Vergangenheit vereinzelt Möglichkeiten gegeben, eine Ausreise und eine Einreise auch mit anderen Dokumenten zu ermöglichen. Das ist ein Thema, an dem wir nach wie vor arbeiten und zu dem wir nach wie vor Gespräche sowohl mit den Taliban als mit den Nachbarstaaten führen.

Ich kann vielleicht einmal einen Zwischenstand geben, wie der Stand unserer Evakuierungsbemühungen derzeit ist. Zunächst einmal, bezogen auf deutsche Staatsangehörige: In der vergangenen Woche konnten mit drei Flügen über 70 Deutsche und deren afghanische Familienangehörige nach Doha ausfliegen. Insgesamt sind somit etwa 250 Deutsche und etwa 60 Afghaninnen und Afghanen über Doha aus Afghanistan ausreist.

Fast alle Deutschen, die sich noch in Afghanistan befinden und ausreisen möchten, sind von uns über konkrete Ausreisemöglichkeiten in den nächsten Tagen informiert worden. Auch heute findet wieder ein solcher Flug über Doha statt.

Die Ausreise auf dem Landweg, insbesondere für die afghanischen Staatsangehörigen, um die wir uns kümmern, ist derzeit schwieriger. Das habe ich gerade dargestellt. Das ist bisher von etwa 1200 afghanischen Staatsangehörigen genutzt worden. Unsere Visastellen in den Nachbarstaaten haben bisher etwa 1600 Visa für die Weiterreise nach Deutschland ausgestellt. Etwa 1100 Personen haben einen organisierten Weiterflug von Islamabad nach Deutschland in Anspruch genommen, den also die Bundesregierung dort zur Verfügung gestellt hat.

Ich möchte noch einmal betonen: Wir lassen in unserer Arbeit nicht nach, auch für die Menschen, die jetzt noch in Afghanistan sind, Ausreisemöglichkeiten zu schaffen. Das gilt sowohl für die Frage, wie eine leichtere Ausreise auf dem Landweg ermöglicht werden kann, als auch für die Arbeit daran, eine Ausreise auf dem Luftweg auch für diese Personengruppe zu ermöglichen. Da sind leider sehr viele, sehr komplizierte Fragen zu klären. Wir geben aber nicht auf, und wir bleiben weiter dran.

ZUSATZFRAGE LÜCKING: Offen bleibt aber die Frage, wie die ehemaligen MitarbeiterInnen unterstützt werden können? Nach meinem Kenntnisstand ist es auch nicht möglich, Passpapiere in Afghanistan zu bekommen, ohne sich der Gefahr auszusetzen, durch die Taliban gefoltert oder misshandelt zu werden. Auf welche Lösungen arbeitet da die Bundesregierung für ihre ehemaligen MitarbeiterInnen hin?

BURGER: Sie haben Recht: Derzeit ist es so, dass die Taliban diejenigen sind, die de facto an den Grenzübergängen kontrollieren genauso ist es an den Flughäfen , sodass letztlich die Taliban darüber bestimmen, wer zumindest auf offiziellem legalem Weg das Land verlassen kann und wer nicht. Im Moment wird dort, wie gesagt, verlangt, dass alle einen afghanischen Pass haben. Auch die Beantragung eines afghanischen Passes findet bei von den Taliban kontrollierten Passstellen statt. Das ist ein Problem. Der einzige Weg, daran etwas zu ändern, ist natürlich die Verhandlung mit den Taliban darüber, dass sie Menschen die Ausreise gestatten und sie Zusicherungen machen, dass ihnen dort keine Gefahr droht. Solche Zusicherungen sind dann gegenüber den Taliban eben auch nachzuhalten.

Das ist ein Thema, über das wir mit den Taliban auch weiterhin Gespräche führen. Unser Botschafter Potzel hat dazu beispielsweise am vergangenen Mittwoch mit dem amtierenden De-facto-Außenminister der Taliban, Amir Khan Muttaqi, gesprochen. Das ist ein Thema, das uns weiter beschäftigt. Aber es bleibt das Dilemma, dass in einem von den Taliban kontrollierten Land Menschen das Land auf offiziellem Weg nur mit Billigung der Taliban verlassen können.

FRAGE JESSEN: Herr Burger, die Frage war bereits in einer der vergangenen Pressekonferenzen in ähnlicher Form aufgetaucht. Dennoch stelle ich sie noch einmal: Sind aus Ihrer Sicht Mitarbeiter, die für die Flugsicherung gearbeitet haben, auch wenn sie nicht in einem direkten Vertragsverhältnis zur Bundeswehr oder zu Deutschland standen, besonders gefährdete Personen? Denn aus Sicht der Taliban haben sie ja gewiss daran mitgewirkt, dass Lufteinsätze geflogen wurden, und die Namen sind bekannt. Gehören sie also zu den besonders gefährdeten Personen, die Schutzanspruch haben?

BURGER: Die Fallkonstellation ist mir jetzt so nicht geläufig. Wenn es in der Form schon einmal geprüft wurde, dann reiche ich das gern nach.

Ich kann noch einmal sagen: Die beiden Gruppen von afghanischen Staatsangehörigen, um die wir uns intensiv kümmern, denen wir versuchen, eine Ausreise aus Afghanistan und Zuflucht nach Deutschland zu ermöglichen, sind zum einen die ehemaligen Ortskräfte der Bundesregierung und der Ressorts, der deutschen Institutionen vor Ort, und zum anderen eine Gruppe von Afghaninnen und Afghanen, die aufgrund ihres politischen Engagements, beispielsweise für Menschenrechte, aufgrund ihrer kulturellen Rolle und ihres politischen Engagements besonders gefährdet sind und denen wir bis zum Ende der militärischen Evakuierungsoperation Ende August eine Mitnahme, eine Evakuierung, zugesichert hatten. Wie gesagt: Innerhalb dieser letztgenannten Gruppe gibt es verschiedene Gruppen. Ob der von Ihnen genannte Personenkreis darunter subsumiert werden kann, das weiß ich tatsächlich nicht auswendig.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ich glaube, Herr Helmbold hatte in der letzten Sitzung dazu schon Stellung genommen. War es nicht so, dass Sie gesagt hatten, die Gruppen seien wegen des nicht direkten Vertragsverhältnisses nicht in Ihrem Kontingent enthalten?

HELMBOLD: Wir hatten das auf die Frage von Herrn Lücking nachgereicht. Wie Herr Burger richtig gesagt hat: Wir haben uns natürlich für die Ortskräfte verantwortlich gefühlt, weil für die Ortskräfte das entsprechende Verfahren nach § 22 Satz 2 Aufenthaltsgesetz vorhanden ist. Es gibt darüberhinausgehende Gruppen, für die dann andere Verfahren gelten müssten. Diese können wir natürlich von Seiten des BMVg nicht festlegen und auch nicht kommentieren.

FRAGE LÜCKING: Dann wäre aber die Frage an Herrn Helmbold, wer diese Gruppen definiert, warum sich afghanische ehemalige Beschäftigte so unterscheiden. Denn nach allgemeinverständlichem Dafürhalten sind sie alle derselben Gefahr ausgesetzt und sollten demnach auch ähnliche bzw. gleiche Angebote erhalten.

Eine Zusatzfrage noch in Richtung des Verteidigungsministeriums: Trifft es zu, dass diese Gruppe der Fluglotsen so nenne ich sie jetzt einmal keine Aufnahmezusage erhalten hat, aber dafür Einmalzahlungen, um im Land zu verbleiben?

HELMBOLD: Erst einmal zum Verfahren selber, zum Ortskräfteverfahren: Das Ortskräfteverfahren ist ja ressortgemeinsam festgelegt worden, unter Federführung des BMI. Der Grund für die Möglichkeit, privilegiert in Deutschland aufgenommen zu werden, also über die Möglichkeiten anderer gefährdeter Afghanen hinaus, liegt ja darin, dass zwischen Ortskräften und den Deutschen ein Arbeitsvertrag bestanden hat. Dieser Arbeitsvertrag macht einen Unterschied. Denn der Arbeitsvertrag verpflichtet die Kraft, die vor Ort diese Unterschrift geleistet hat, zu Dienstleistung, auch in einer gewissen Weise zu einer arbeitnehmerischen Treue. Umgekehrt verpflichtet es die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die jeweilige Institution, auch zur Fürsorge. Somit bestehen die Möglichkeiten nach § 22 Satz 2 Aufenthaltsgesetz. Genauere Dinge müsste das BMI dazu erläutern.

Es gibt weitere Personengruppen, die gefährdet sind. Es gibt weitere Personengruppen, die auch einen Deutschlandbezug aufweisen, für die dann aber andere Verfahren gelten müssen. Wie das zusammenhängt und welche Verfahren da möglich sind, das müsste Ihnen das BMI beantworten.

LAWRENZ: Es ist ja grundsätzlich so, dass jedes Ressort für sich selbst entscheidet, wer eine Ortskraft ist.

Zum Thema der Lufthelfer kann ich Ihnen da eigentlich nichts sagen.

ZUSATZFRAGE LÜCKING: Könnten Sie definieren, wie eine Ortskraft, die im Dienste der Bundeswehr gestanden hat, die für die Armee tätig gewesen ist und jetzt eine entsprechende Berechtigung bekommen hat, sich von einem Werkvertragsnehmer so hat es das Verteidigungsministerium in Bezug auf die Fluglotsen dargestellt unterscheidet. Sie suchen dieselben Örtlichkeiten auf, sprich Armeeräumlichkeiten oder Örtlichkeiten, die nahe am Flughafen sind. Ich glaube nicht, dass die Taliban so differenzieren, dass sie sagen: Oh, da war eine Person dauerhaft bei den ausländischen Truppen angestellt, und da war sie offensichtlich nur Werkvertragsnehmer.

LAWRENZ: Ich glaube, ich bin da der falsche Ansprechpartner für etwaige Ortskräfte des BMVg.

ZUSATZFRAGE LÜCKING: Sie haben aber ähnliche Situationen auch im BMI gehabt. Dann muss ich konkret die gesamte Bundesregierung ansprechen. Sie bemerken sicherlich, dass das formaljuristische Definitionen sind, die aber letztlich an der Gefährdungslage vor Ort nichts ändern.

HELMBOLD: Von unserer Seite habe ich ja gesagt, dass es sehr verschiedene Personengruppen gibt, die eine Gefährdung ausweisen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten und auch Grundlagen dafür, Menschen nach Deutschland zu bringen.

Für uns war es auf Basis der ressortübergreifenden Abstimmung zentral, dass wir Ortskräfte nach Deutschland bringen. Ortskräfte sind an dieses Beschäftigungsverhältnis gebunden. Die Bundeswehr hat von Anfang an, auch als klar wurde, dass die Bundeswehr Afghanistan verlassen würde, alles dafür getan, die vorhandenen Grundlagen auszuschöpfen, um so viele ehemalige Ortskräfte wie möglich nach Deutschland zu bringen. Deswegen hat ja auch ein sehr großer Anteil der ehemaligen Ortskräfte bereits mit Abflug der Bundeswehr und Verlassen der Bundeswehr im Juni dieses Jahres ihre Ausreisepapiere in die Hand gedrückt bekommen.

Dieses Verfahren wurde im Anschluss erweitert. Das ist Ihnen ja bekannt. Es gibt auf Basis des erweiterten Verfahrens eben noch Ortskräfte der Bundeswehr, die sich in Afghanistan befinden. Herr Burger hat noch einmal bestätigt, wie die Bemühungen sind. Sie wissen, wir sind über unsere Callcenter in Verbindung mit den Ortskräften. Wir versuchen dort ebenfalls die Beratung stattfinden zu lassen.

Wenn Sie jetzt darauf ansprechen, welche Personen darüber hinaus gegebenenfalls noch in Deutschland aufgenommen werden sollten, gibt es mit Sicherheit weitere Möglichkeiten, zu denen ich aber von Seiten des BMVg keine Stellung nehmen kann.

FRAGE JUNG: Welches Verfahren gilt jetzt konkret für die Mitarbeiter des ehemaligen Einsatzgeschwaders?

HELMBOLD: Sie meinen für die afghanischen Fluglotsen?

ZUSATZ JUNG: Ja.

HELMBOLD: Das kann ich nicht beantworten, da es sich nicht um ehemalige Ortskräfte handelt.

BURGER: Ich möchte noch eine Nachreichung machen. Ich war gefragt worden zu einer Kommunikation von Russland zur Frage der Terminierung eines Außenministertreffens im Normandie-Format. Ich kann dazu sagen, dass ich für das Auswärtige Amt den Eingang dieses Schreibens bestätigen kann. Das wird derzeit geprüft. Die Bundesregierung arbeitet weiterhin auf ein baldiges Treffen der N4-Außenminister hin.

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