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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 03. November 2021

Themen: Kabinettssitzung (Bundeszuschussverordnung 2022, Bericht der Bundesregierung zur internationalen Kooperation in Bildung, Wissenschaft und Forschung 2019 bis 2020, Klimaschutzbericht 2021), Lieferengpässe von Magnesium, Zahl der Suizide im Jahr 2020, Aufnahme von afghanischen Ortskräften in Deutschland COVID-19-Pandemie, gemeinsame Erklärung zum Völkermord an den Herero und Nama, Aufnahme afghanischer Ortskräfte in Deutschland, Lage in Äthiopien, Gaslieferungen aus Russland, Nord Stream 2

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
1:11 Kabinettsthemen
8:04 Thema Magnesium-Mangel
12:05 Gibt’s eine Magnesium-Reserve? Warum nicht dem Markt überlassen?
40:45 Hans zu Völkermord an Herero & Nama
45:15 Thema Afghanistan/Ortskräfte
51:11 „Bleibeprämie“-Zahlen?

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 03. November 2021:

VORS. WOLF eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS SEIBERT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

STS SEIBERT: Einen schönen guten Tag! Zunächst hat sich das Kabinett mit der Bundeszuschussverordnung 2022 befasst. Worum geht es? Es geht darum, dass sich durch die Coronapandemie und durch die dadurch ausgelöste Wirtschaftskrise bei den gesetzlichen Krankenversicherungen ein veränderter Finanzbedarf für 2022 ergeben hat. Diese Verordnung verfolgt nun das Ziel, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben den durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung 2022 bei 1,3 Prozent zu stabilisieren.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird, nachdem die Ergebnisse des Schätzerkreises ausgewertet worden sind, der ergänzende Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds für 2022 auf 14 Milliarden Euro festgesetzt, also um sieben Milliarden Euro erhöht. Das trägt zugleich dazu bei, die Sozialversicherungsbeiträge auch im kommenden Jahr bei unter 40 Prozent stabil zu halten. Das ist eine Verordnung, die der Zustimmung des Deutschen Bundestags bedarf.

Nächstes Thema war der Bericht der Bundesregierung zur internationalen Kooperation in Bildung, Wissenschaft und Forschung 2019 bis 2020. Das ist ein Bericht, der über die europäischen und internationalen Maßnahmen und Aktivitäten informiert, die von der Bundesregierung sowie von den Wissenschafts- und Mittlerorganisationen in diesem Zeitraum umgesetzt wurden.

Ich will es kurz machen. Wir alle wissen das zeigt sich tagtäglich : Bildung, Forschung und Wissenschaft leisten einen wesentlichen Beitrag zu Demokratie, Freiheit und auch zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das gilt im Inland wie auch weltweit. Deswegen hat die Bundesregierung 2017 eine sogenannte Internationalisierungsstrategie beschlossen, die den Rahmen für die Zusammenarbeit Deutschlands auf diesem Gebiet mit unseren internationalen Partnern bildet. Unser Ziel dabei war es, die vielen Aktivitäten und Initiativen, die es gibt, sichtbarer und wirksamer zu machen und ihnen verstärkt eine gemeinsame Richtung zu geben. Dieser Bericht zeigt nach unserer Überzeugung, dass die Bundesregierung diesem Ziel nähergekommen ist.

Natürlich können auch äußere Einflüsse die internationale Kooperation verändern. Die Pandemie ist das jüngste Beispiel. Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt: Bildung, Forschung und Innovation sind ein entscheidender Schlüssel, um eben eine solche globale Krise und Herausforderung zu bewältigen.

Die Mittel des Bundes, um die internationale Kooperation zu fördern, sind in den vergangenen Jahren weiter beständig gestiegen. Allein das BMBF hat im vergangenen Jahr dafür knapp 1,3 Milliarden Euro bereitgestellt.

Dann hat das Bundeskabinett den von der Bundesumweltministerin vorgelegten Klimaschutzbericht 2021 beschlossen. Unser Klimaschutzgesetz sieht ja vor, dass die Bundesregierung in einem solchen jährlichen Klimaschutzbericht über die Entwicklung der Treibhausgasemissionen in den verschiedenen Sektoren, über den Stand der Umsetzung des Klimaschutzprogramms und auch der Sofortprogramme berichtet. Gleichzeitig beinhaltet dieser Bericht auch noch eine Prognose der künftig zu erwartenden Treibhausgasminderung.

Einige Fakten: Zwischen den Jahren 1990 und 2020 sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland insgesamt um knapp 41 Prozent (genau 40,8 Prozent) auf rund 739 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gesunken. Gegenüber 2019 macht das rund 70 Millionen Tonnen weniger Treibhausgase aus, vor allem im Energiesektor. Das ist der größte jährliche Rückgang seit 1990. Der deutliche Emissionsrückgang der beiden Vorjahre hat sich also auch 2020 fortgesetzt. Damit hat Deutschland sein Klimaziel für 2020 erreicht. Das hatten ja auch schon die Daten gezeigt, die das Umweltbundesamt im März veröffentlicht hatte.

Was heißt das? Das heißt, dass die beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen wirken, auch wenn natürlich die Effekte der Coronapandemie ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Das Umweltbundesamt sieht es so, dass ein Drittel der Einsparung coronabedingt ist. Zwei Drittel sind im Wesentlichen auf die strukturellen Veränderungen durch Klimaschutzmaßnahmen zurückzuführen. Der überwiegende Teil der Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 wurde bereits umgesetzt.

Es ist dieser Bundesregierung vollkommen klar, dass wir uns darauf nicht ausruhen dürfen. Wir haben mit der Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes 2021 ein Minderungsziel festgesetzt, das noch ehrgeiziger ist. Wir haben es für das Jahr 2030 auf minus 65 Prozent gegenüber 1990 angehoben. Bis 2040 sollen mindestens 88 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden. Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland Treibhausgasneutralität erreicht haben.

Für die Berichterstattung an die EU hat die Bundesregierung die Treibhausgasentwicklung bis 2040 abschätzen lassen. Es gibt einen Projektionsbericht, den das BMU im Oktober veröffentlicht hat. Danach würden die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 allein mit den bis August 2020 beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen um 49 bis 51 Prozent sinken. Nicht berücksichtigt sind dabei die Maßnahmen, die nach August 2020 ergriffen wurden, und die Maßnahmen, die jetzt in der europäischen Diskussion im Zusammenhang mit dem Paket „Fit for 55“ stehen.

Ebenso noch nicht berücksichtigt wurde auch das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022, das die Bundesregierung in diesem Sommer beschlossen hat. Mit den darin beschlossenen zusätzlichen Investitionen im Umfang von acht Milliarden Euro wollen wir die Transformation hin zu einer dekarbonisierten Industrie, zu grünem Wasserstoff und grünem Stahl, energetischer Gebäudesanierung, klimafreundlichem Verkehr und Klimaschutz in Land- und Forstwirtschaft unterstützen. Soweit vielleicht dazu.

Das wäre der Bericht aus dem Kabinett.

FRAGE ECKSTEIN: Ich habe eine Frage an das Bundeswirtschaftsministerium zum Thema Magnesiummangel. Es gibt kritische oder sorgenvolle Berichte von Industrieverbänden, die vor massiven Produktionsausfällen gegebenenfalls schon dieses Jahr warnen, da es zu Lieferengpässen von Magnesium insbesondere aus China kommt. Teilen Sie diese Sorge? Falls ja, haben Sie Schritte unternommen, um Importe zu sichern?

DR. BARON: Wir beobachten die Lage sehr genau und sind im Austausch sowohl mit der Industrieseite als auch mit der EU und verschiedenen Arbeitsgruppen, die es auf EU-Ebene zum Thema Rohstoffe allgemein gibt. Magnesium ist ein sehr wichtiges Legierungselement in der Aluminiumproduktion und besitzt damit hohe Bedeutung für eine Vielzahl von Branchen, angefangen von der Automobilindustrie, aber auch dem Flugzeugbau und anderen Industriezweigen.

Es ist zutreffend, dass wir beobachten, dass es in China Entwicklungen gibt, wonach die Energienachfrage in bestimmten Bereichen gedrosselt werden musste, weil es eben eine sehr hohe Nachfrage gibt, die nicht in allen Bereichen bedient werden kann. Nun zählt Magnesium zu den Prozessen, die sehr viel Energie erfordern, also sehr energieintensiv sind. Insofern sind wir vor allem im Austausch mit der Deutschen Rohstoffagentur, auch mit der AHK in Peking sowie mit der Botschaft vor Ort.

In China wurde uns mitgeteilt, dass bereits Maßnahmen ergriffen wurden, dass also die Magnesiumproduktion in einigen Teilen des Landes wieder aufgenommen und verstärkt wurde und auch der Energiemarkt insgesamt in China stärker liberalisiert werden soll, damit diese aktuellen Probleme mittelfristig gelöst werden können.

Aktuell ist es so, dass die Lage angespannt bleibt. Es gibt, wie gesagt, wieder ein erstes Hochfahren der Produktion in bestimmten Teilen Chinas. Aber aktuell ist die Lage noch sehr angespannt und muss deswegen natürlich weiter genau verfolgt werden.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Es gibt die Forderung von Verbänden, dass die Bundesregierung in Form von diplomatischen Gesprächen mit der chinesischen Regierung darauf dringen sollte, wieder mehr Magnesium nach Europa zu liefern. Finden solche Gespräche statt, vielleicht auch in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt?

DR. BARON: Es gibt, wie gesagt, einen kontinuierlichen Austausch mit der Deutschen Rohstoffagentur, der AHK und der Botschaft vor Ort, um die Lage zu eruieren. Wichtig ist natürlich, dass sich alle der Lage bewusst sind und in der Wirtschaft selbst Lieferketten zunehmend diversifiziert werden. Das ist auch ein Anliegen, das die Europäische Kommission vorantreibt. Die Europäische Kommission veröffentlicht beispielsweise regelmäßig eine Liste mit sogenannten kritischen Rohstoffen, wo die Lieferungen einseitigen Abhängigkeiten unterliegen, um darauf aufmerksam zu machen, dass mittel- und langfristig bei privatwirtschaftlichen Verträgen geplant werden muss. Es gibt, wie gesagt, diesen kontinuierlichen Austausch mit der chinesischen Seite. Von dort wurde uns eben diese Mitteilung gemacht, dass Teile der Produktion von Magnesium bereits wieder hochgefahren wurden.

ZURUF ECKSTEIN: Ist das AA involviert?

BURGER: Die Kollegin hat ja unsere Botschaft in Peking erwähnt, die natürlich als deutsche Auslandsvertretung zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes gehört. Insofern würde ich auf diese Ausführungen verweisen. Falls wir für das AA zum Stand von Gesprächen mit China in dieser Sache noch etwas zu ergänzen hätten, würde ich das nachreichen.

FRAGE JUNG: Was das Erdgas angeht, wissen Sie ja immer, wie die Erdgasreserve in Deutschland aussieht. Wie sieht es mit der Magnesiumreserve in Deutschland aus? Haben Sie dazu Zahlen?

In Bezug auf das Erdgas betonen Sie immer, dass man das dem Markt überlässt. Warum überlassen Sie das hier nicht auch dem Markt? Warum mischen Sie sich da ein?

DR. BARON: In beiden Fällen, also weder bei Gas noch bei Magnesium, gibt es eine staatliche Reserve. In Deutschland gibt es diese Reserve in beiden Fällen nicht, sondern in beiden Fällen sind es Beziehungen und Marktfragen. Was Magnesium angeht, gibt es eben eine Arbeitsgruppe, die die Europäische Kommission zusammen mit der Industrie und AHKs eingerichtet hat. Diesen Austausch führen wir in diesem Zusammenhang.

Ich möchte aber noch einmal klarstellen, dass es weder bei Gas noch bei Magnesium eine strategische Reserve gibt. Der einzige Fall, wo es das in Deutschland gibt, ist das Thema Öl. Diesbezüglich gibt es eine strategische Bevorratung.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe nicht davon gesprochen, dass es eine staatliche Erdgasreserve gibt. Ich habe das erwähnt, weil Sie immer von Erdgas sprechen und uns dazu die Zahlen nennen können. Ist Ihnen denn bekannt, ob es vonseiten der Industrie Magnesiumreserven gibt oder ob Ende November hier in Deutschland kein Magnesium mehr zur Verfügung steht?

DR. BARON: Das sind private Lieferbeziehungen. Natürlich ist es richtig, dass China einer der weltweit größten Hersteller von Magnesium ist und damit natürlich viele Beziehungen zu China bestehen. Aber dies hier sind private Lieferbeziehungen und Lieferverträge, die unterschiedlich ausgestaltet sind und die wir vonseiten des Bundeswirtschaftsministeriums natürlich nicht beurteilen können.

VORS. WOLF: Der Kollege Reitschuster fragt digital an das BMG: Warum liegen die Suizidzahlen für das Jahr 2020 noch nicht vor? Wann ist mit diesen Zahlen zu rechnen?

GÜLDE: Ich weiß nicht, ob vielleicht der Kollege aus dem BMI dazu etwas sagen kann. Das Statistische Bundesamt hat meines Wissens im August oder September Zahlen zu Suiziden in Deutschland vorgelegt. Sie liegen also bereits vor.

VORS. WOLF: Soweit ich weiß, gibt es auf jeden Fall vorläufige Zahlen, die bereits im Juni oder Juli letzten Jahres bekannt geworden sind. So viel vielleicht ergänzend dazu.

ALTER: Ich prüfe das. Ich habe im Moment keine Zahl parat.

FRAGE LÜCKING: Die Frage geht an das Verteidigungsministerium. Es geht erneut um die Fluglotsen, die beim Einsatzgeschwader in Masar-e-Scharif beschäftigt waren. Arbeitsrechtler vertreten die Auffassung, dass die Verträge, die zwischen dem Verteidigungsministerium in Form der Einsatzwehrverwaltungsstelle und damit der Bundesrepublik Deutschland und diesen Fluglotsen geschlossen worden sind, nicht unter die Kategorie „Werkverträge“ fallen, da die Fluglotsen grundsätzlich dem Einsatzgeschwader zur Verfügung stehen mussten. Sowohl inhaltlich als auch terminlich erfolgte die Leistungserbringung nach Maßgabe des Einsatzgeschwaders. Arbeitsrechtler sagen, das erfüllt nicht mehr den Tatbestand eines Werkvertrags, sondern es ist de facto ein Arbeitsvertrag.

Wie sieht das das BMVg? Bleiben Sie bei der Ansicht, dass es sich um Werkverträge handelt?

HELMBOLD: Vielen Dank für die Frage. Man muss sich in der Tat bei Ortskräftefragen die Verträge im Einzelnen genau ansehen. Es gibt Werkverträge, die einem Beschäftigungsverhältnis sehr stark ähneln. Bei solchen Werkverträgen gibt es auch Möglichkeiten des Ermessens. Das sind Dinge, die in Prüfung sind. Das müssen wir uns bei jedem einzelnen Vertrag sehr genau ansehen.

Ich kann Ihnen bestätigen, dass bei einigen Fällen solche Prüfungen im Moment laufen. Ich kann aber im Moment zu einzelnen Verträgen keine Stellung nehmen.

ZUSATZFRAGE LÜCKING: Gehen Sie davon aus, dass die Verträge, die geschlossen worden sind, ordnungsgemäß beendet worden sind? Sprich, hat das Verteidigungsministerium angezeigt, dass dieser Einsatz enden wird und dass die Verträge enden werden?

HELMBOLD: Grundsätzlich gehe ich immer davon aus, dass die Verträge ordnungsgemäß geschlossen wurden und auch ordnungsgemäß beendet wurden, soweit es das Recht eben hergibt.

Mit Blick auf bestimmte Verträge kann ich im Moment keine Auskunft geben. Es gibt Prüfungen. In Bezug auf einige Bereiche kann ich Ihnen bestätigen, dass Prüfungen laufen; nicht unbedingt mit Blick auf die Rechtmäßigkeit der Verträge, aber mit der Frage, ob ein faktisches Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat.

FRAGE VATES: Herr Seibert, eine Frage zum Thema Corona. Angesichts der steigenden Inzidenzzahlen und der steigenden Belastung der Krankenhäuser haben wir ja heute Morgen schon die Pressekonferenz von Herrn Spahn usw. gehört. Es gibt aber auch Berichte, wonach die Bundeskanzlerin gestern in einer CDU-Sitzung gesagt haben soll, dass sie weitere starke Einschränkungen für Ungeimpfte erwartet. Trifft das zu?

Unabhängig davon, ob Sie jetzt diesen konkreten Sitzungsverlauf bestätigen können, die Frage: Trifft diese Aussage „starke Einschränkungen für Ungeimpfte“ angesichts der zunehmenden Belastungslage die Meinung der Bundeskanzlerin?

STS SEIBERT: Frau Vates, ich will vielleicht insgesamt ein bisschen über die Pandemielage und wie die Bundeskanzlerin sie wahrnimmt berichten. Ich komme aber dann zu Ihrer ganz konkreten Frage.

Wir sehen es ja an den täglichen Berichten des Robert-Koch-Instituts; wir haben es in der Pressekonferenz, die dieser vorangegangen ist, gehört; wir hören es aus vielen Krankenhäusern: Die Pandemie ist nicht etwa, wie mancher vielleicht im Sommer gedacht hat, am Abklingen, sondern sie fordert uns jetzt und in den kommenden Wochen wieder mit großer Wucht heraus. Wie Herr Wieler vom RKI vorhin sagte: Sie kann, wenn wir nicht gegensteuern, im Winter großes Leid auslösen. Das ist die klare Botschaft, die jeder, denke ich, begreifen sollte.

Die Zahl der Menschen, die mit Corona im Krankenhaus behandelt werden müssen, steigt seit Wochen. Die Zahl derjenigen, die sogar intensivmedizinisch behandelt werden müssen, liegt jetzt in etwa bei 2200 Menschen. Das ist ein Wert, wie wir ihn etwa vor einem Jahr, eingangs des Winters 2021, auch gemessen haben. Das ist von Bundesland zu Bundesland ganz unterschiedlich. Aber in einigen Regionen ist die Situation in den Kliniken schon wieder sehr zugespitzt. Dort stehen das medizinische und das Pflegepersonal schon wieder vor äußersten Belastungen. Man muss ja daran denken, dass diese Menschen die gesamte lange Coronazeit sowieso schon in den Knochen stecken haben. Wir müssen also diese Warnungen aus den Kliniken wirklich hören und beachten. Das macht der Bundeskanzlerin insgesamt große Sorgen.

Was ihr genauso große Sorgen macht, ist, dass wir weiterhin über 16 Millionen ungeimpfte Erwachsene in Deutschland haben, mehr als drei Millionen Ungeimpfte über 60 Jahre – trotz der nachweislichen Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe, trotz der für alle und jeden verfügbaren Informationen, trotz der Leichtigkeit, mit der man jetzt an den reichlich verfügbaren Impfstoff kommen kann. Für diese ungeimpften Mitbürger und vor allem für die, die schon älter sind, muss klar sein: Corona kann schwer krank machen. Es kann langwierige Folgen bescheren. Es kann töten. Gegen all das gibt das Impfen eine weitgehende Sicherheit.

Besonders erschütternd ist es, dass es jetzt immer wieder auch in Pflege- und Senioreneinrichtungen zu Todesfällen kommt. Jeder muss im Bereich seiner Verantwortung alles tun, was möglich ist, um zu verhindern, dass sich in solchen Einrichtungen Tragödien wie im vergangenen Jahr wiederholen. Dass es in Einzelfällen möglich ist, dass ungeimpfte Mitarbeiter ohne tagesaktuelle Testung in Kontakt mit Heimbewohnern sind, kann man ja im Grunde kaum verstehen.

Es gab schon im August – darauf hat der Bundesgesundheitsminister vorhin hingewiesen – einen Bund-Länder-Beschluss, wonach die besonders gefährdeten Bewohner von Alten- und Pflegeheimen eine Auffrischungsimpfung bekommen sollten. Heute, Anfang November, kann ja leider nicht davon die Rede sein, dass das für mehr als einen kleineren Teil dieser Bevölkerungsgruppe umgesetzt ist. Es ist also jetzt das Allerwichtigste, dass diese Auffrischungsimpfungen in den Einrichtungen mit Hochdruck gegeben werden. Jedes Pflegeheim sollte sich aktiv genau darum bemühen.

Es ist genauso wichtig, dass dort Testregeln umgesetzt werden, die sicherstellen können, dass ungeimpfte Mitarbeiter oder Besucher niemanden gefährden können.

Für die ganze Gesellschaft gilt aus Sicht der Bundeskanzlerin: Da, wo wir Zugangsregeln, 3G-Regeln, beschlossen haben, müssen sie auch eingehalten werden. Einhalten heißt: Sie müssen auch konsequent kontrolliert werden. Dass manche Gastwirte das vorbildlich tun, es andere aber gar nicht so richtig interessiert, macht natürlich dem Virus den Weg frei und verlängert die Pandemie für uns alle. Wenn wir die bestehenden Regeln wirklich zuverlässig einhalten, wenn wir Abstand halten, Masken tragen, wo das geboten ist, wenn wir die 3G-Regeln beachten, wäre damit schon viel erreicht.

Nun fragen Sie mich nach einer angeblichen Äußerung aus dem Vorstand. Ich berichte ja grundsätzlich nicht aus nichtöffentlichen Sitzungen von Parteigremien. Die Sorgen der Bundeskanzlerin habe ich hier vorgetragen. 55,6 Millionen Menschen in Deutschland sind jetzt vollständig geimpft. Niemand plant für sie jetzt weitere Beschränkungen. Wie gesagt, wenn die bestehenden Regeln konsequent eingehalten und auch konsequent kontrolliert werden, dann ist für diese Menschen persönlich wie auch für unsere gesamte Gemeinschaft ein guter Schutz erreicht. Wenn sich die pandemische Lage vor allem in den Krankenhäusern regional weiter zuspitzt, sind weitere Beschränkungen nur bei den nicht Geimpften möglich. Das führt dann logisch zu 2G-Regeln, zumindest regional. So, wie die Lage im Moment ist, ist das ja jetzt nicht national notwendig.

Einige Bundesländer haben für bestimmte Bereiche mit besonderem Ansteckungspotenzial das 2G-Optionsmodell eingeführt. Manche Bundesländer, die jetzt diesen wirklich rasanten Anstieg der Fallzahlen und der Krankenhausbelegungen verzeichnen, denken über eine Ausweitung der 2G-Regel nach. Es ist Sache der Länder in eigener Verantwortung, wie sie diese Bund-Länder-Beschlüsse umsetzen.

ZUSATZFRAGE VATES: Das heißt, man könnte dann bei einer Verschärfung der pandemischen Lage von einem Lockdown für Ungeimpfte sprechen?

STS SEIBERT: Ich habe jetzt versucht, zu sagen: Wie ist die Situation? Was sind unsere Möglichkeiten, um gegenzusteuern?

Die eine Möglichkeit ist, dass wir noch mehr Menschen über Informationen und Aufklärung erreichen können, dass sie sich entscheiden, sich impfen zu lassen, sich die Grundimpfung geben zu lassen. Wie gesagt, mehr als drei Millionen Menschen über 60, die wirklich damit rechnen müssen, dass eine Coronainfektion bei ihnen einen sehr schwierigen Verlauf nehmen könnte, sind noch ungeimpft. Die erste Möglichkeit ist also: Mehr Menschen lassen sich impfen.

Zweite Notwendigkeit: Wir kommen jetzt bei den Boosterimpfungen, also bei den Auffrischungsimpfungen, voran, auch wieder zuallererst gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission bei den Menschen über 70, bei den Menschen in den Alten- und Pflegeeinrichtungen. Aber auch darüber hinaus ist eine solche Auffrischungsimpfung sinnvoll und sollte gemacht werden.

Die dritte Option ist, dass wir dort, wo die 3G-Regel gilt, dafür sorgen, dass diese Regel aber auch konsequent eingehalten wird, was jeder von Ihnen weiß es, der unterwegs ist mal der Fall ist und mal nicht. So sollte das nicht sein.

Das ist das, was ich gesagt habe. Wenn es dann, weil sich regional wirklich schlimme Situationen ergeben, beispielsweise weil wir regional wieder an die Grenzen der Verfügbarkeit von Intensivbetten kommen, weitere Beschränkungen gibt, denken die Länder über 2G-Optionen nach. Das hat ja auch eine Logik.

ALTER: Wir hatten die Frage von Herrn Reitschuster nach der Todesursachenstatistik. Meine Kollegen haben mich auf die Webseite des Statistischen Bundesamtes unter www.destatis.de hingewiesen. Dort ist seit dem 8. Juli die vorläufige Statistik abrufbar. Darin werden einzelne Diagnosegruppen jährlich ausgewertet. Danach war im Jahr 2020 in über 30 000 Fällen eine COVID-19-Infektion todesursächlich. Diese Statistik enthält auch Angaben zu den Suiziden. Im Jahr 2020 lag diese Zahl bei 8565 und damit etwas niedriger als im Jahr zuvor.

Weil aber wichtige Informationen aus den Bundesländern noch fehlen, gibt es derzeit nur eine vorläufige Statistik und noch keine abschließende.

VORS. WOLF: Die Frage war auch, bis wann die Zahlen vorliegen. Können Sie das sagen?

ALTER: Das kann man schwer abschätzen, weil dies natürlich davon abhängt, wann die Bundesländer zuliefern. Dabei sind nicht nur die Gesundheitsämter in den Ländern gefragt, sondern auch die statistischen Landesämter, die diese Informationen aufbereiten und dann an das Statistische Bundesamt weiterleiten. Das ist noch nicht in jedem Fall geschehen.

VORS. WOLF: Dann machen wir mit dem Themenkomplex von Corona und einer Frage des Kollegen Goldszmidt digital von der Deutschen Welle Lateinamerika an das BMG weiter, die vorher noch nicht Thema war.

Aktuell bedeutet „voll geimpft“, dass eine Person zweimal geimpft ist außer beim Impfstoff von Johnson & Johnson. Wird „voll geimpft“ bald drei Impfungen bedeuten, zumindest für bestimmte Gruppen und Menschen, die schon vor mehr als sechs Monaten geimpft wurden?

GÜLDE: Nein. Zurzeit behalten wir die wissenschaftliche Erkenntnislage zum Thema der Boosterimpfung sehr aufmerksam im Blick. Gegenwärtig sind die Boosterimpfungen aber ein zusätzliches Angebot, das freiwillig in Anspruch genommen werden kann. Dies wirkt sich aber nicht auf den Impfstatus aus.

FRAGE ROSSBACH: Meine Frage geht gleichermaßen an Herrn Gülde und an Herrn Seibert. War es mit Blick darauf, wie sich das Infektionsgeschehen jetzt darstellt, auch was zum Beispiel Durchbruchinfektionen etc. angeht, rückblickend ein Fehler, die kostenlosen Coronatests, die Bürgertests, abzuschaffen?

GÜLDE: Herr Minister Spahn hat sich zu diesem Thema vielfach geäußert. Ich möchte nur grundsätzlich darauf hinweisen. Er hat gesagt, dass es der Allgemeinheit einfach nicht zumutbar sei, dass die Mehrheit nur deshalb, weil sich ein geringer Teil dafür entschieden habe, sich nicht impfen zu lassen, weiterhin steuerfinanziert diese regelmäßigen Tests finanzieren müsse.

Darüber hinaus gilt das, was Sie gerade beschrieben haben, nur für die Bürgertests. Anlassbezogene Tests sind nach wie vor möglich und werden auch finanziert.

STS SEIBERT: Das kann ich nur unterstreichen. Ich will noch einmal an die Grundwahrheit in der ganzen Sache erinnern, dass nämlich, wenn sich mehr Menschen impfen ließen, nur ein Bruchteil der Intensivbetten derzeit mit Coronapatienten belegt wäre. Das Impfen ist sicher; es ist wirksam; es ist milliardenfach praktiziert, und es steht jedem in diesem Land leicht und zugänglich zur Verfügung. In dieser Situation ist damals diese Entscheidung gefällt worden. Ich finde, dass man sich an diese Grundwahrheit noch einmal erinnern muss.

FRAGE ECKSTEIN: Zum Stichwort „Boosterimpfung“ habe ich eine Frage an das Gesundheitsministerium. Können Sie darlegen, wie Ihr Ministerium die Zahlen erfasst und sagen, wie viele Boosterimpfungen es schon gegeben hat?

GÜLDE: Ja, die Zahl kann ich Ihnen nennen. Das wird inzwischen auch im digitalen Impfquotenmonitoring erfasst. Mit Stand von heute gibt es insgesamt 2,2 Millionen Boosterimpfungen.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Könnten Sie ausführen, welches Verfahren Sie haben, wie Sie diese Zahlen also erhalten? Denn bei den Erst- und Zweitimpfungen gab es vor einigen Monaten zum Beispiel die Frage, wie aktuell die Zahlen waren. Werden sie Ihnen von den Krankenkassen gemeldet? Wie erhalten Sie die Zahlen?

GÜLDE: Nein, sie werden tatsächlich über die Leistungserbringer, also quasi die Impfzentren und die Ärzte, über das digitale Impfquotenmonitoring gemeldet. Diese Zahlen erhalten wir dann tagesaktuell.

FRAGE BLANK: Herr Seibert, rechnen Sie, nachdem mehrere Bundesländer eine MPK für die nächste Woche gefordert haben, es aber noch keinen Termin gibt, wohl aber die Kritik aus manchen Ländern, dass der Bund zu wenig anzubieten habe, mit einer Ministerpräsidentenrunde zu Corona in der nächsten Woche? Ist die Entscheidung darüber mittlerweile seit heute Morgen schon gefallen?

STS SEIBERT: Ich nehme an, dass sich auch der Bundesgesundheitsminister, als er vorhin hier saß, dazu bereits geäußert hat oder äußern sollte. Dabei hat er sicherlich darauf hingewiesen, dass morgen und übermorgen erst einmal die Gesundheitsministerkonferenz mit dem Bundesgesundheitsminister tagt. Das ist abzuwarten.

Grundsätzlich steht die Bundesregierung zu solch einer Beratung bereit, wenn die Länder es wollen. Eine Ministerpräsidentenkonferenz zusammen mit der Bundeskanzlerin kann Themen diskutieren, die eine Gesundheitsministerkonferenz außen vor gelassen oder übrig gelassen hat. Vor allem aber kann sie, insbesondere dann, wenn es zu einer einheitlichen Linie von Bund und Ländern kommt, für die Bürger eine gewisse Signalwirkung haben.

Aber erst einmal sind morgen und übermorgen die Gesundheitsminister dran. Das ist abzuwarten.

FRAGE DR. DELFS: Herr Seibert, die Parteien der anstehenden Ampelkoalition haben sich schon darauf verständigt, dass die Lockdownmaßnahmen auslaufen werden. Für wie sinnvoll hält die Kanzlerin diesen Plan angesichts der jetzt dramatischer werdenden Lage? Auch von der öffentlichen Wirkung her ist es etwas verwirrend für Bürger, wenn die alte Bundesregierung noch sagt: „Das alles ist ganz gefährlich, und wir müssen etwas tun“, während die kommende Bundesregierung die Lage offenbar für nicht so dramatisch hält.

STS SEIBERT: Es ist bekannt, und ich habe es hier zweimal, dreimal dargelegt, dass die Bundeskanzlerin die rechtliche Verbindung zwischen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, die der Bundestag feststellt, und den Anticoronamaßnahmen nach § 28 des Infektionsschutzgesetzes, die es gab, für bewährt und sinnvoll hielt. Das kann ich hier nur wiederholen. Es ist aber auch richtig und notwendig, wie es die Koalitionäre in spe, die jetzt gerade für eine Ampelkoalition verhandeln, auch deutlich gemacht haben, dass die allermeisten Infektionsschutzmaßnahmen als Möglichkeit erhalten bleiben. Das ist natürlich sehr wichtig.

Die Haltung der Bundeskanzlerin zur Pandemie, die uns jetzt wieder mit voller Wucht herausfordert, habe ich hier dargelegt.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Jüngst hat die Kanzlerin mit Herrn Scholz gemeinsam eine ganze Reihe von Terminen in Rom absolviert und ist auch gemeinsam mit ihm zurückgeflogen. Haben sich die beiden dabei über das Thema unterhalten? Hat die Kanzlerin versucht, Herrn Scholz, also den mutmaßlichen künftigen Bundeskanzler, dazu zu bewegen, etwas vorsichtiger zu agieren?

STS SEIBERT: Die Bundeskanzlerin hat zusammen mit dem Finanzminister und Vizekanzler in Rom im Übrigen auch eine Pressekonferenz zum Abschluss des G20-Gipfels gegeben. Nach meiner Erinnerung kam das Thema von Corona dort auch zur Sprache. Ansonsten steht sie in einem sehr engen und sehr regelmäßigen Austausch mit ihm. Rom gab noch einmal viel Gelegenheit zum Austausch. Dieser betrifft vielerlei Themen. Darüber berichte ich hier nicht.

VORS. WOLF: Kollege Reitschuster fragt, gerichtet an das BMG:

Dem RKI wird vorgeworfen, die Prozentzahlen der Ungeimpften auf Intensivstationen seien irreführend, weil Geimpfte nicht oder nicht so oft getestet würden und zudem angeblich nur dann als Coronapatienten gezählt würden, wenn sie wegen und nicht nur mit COVID-19 behandelt würden. Trifft das zu?

GÜLDE: Ich muss offen gestehen: Ich verstehe die Frage nicht. Ich habe zwar eine Idee, was Herr Reitschuster meinen könnte. Es gibt auch noch eine Nachreichung, die ich ihm heute hinausschicken werde. Diese liegt mir aktuell noch nicht vor.

Grundsätzlich zum Thema „mit oder an Corona erkrankt“: Herr Reitschuster meint vermutlich sogenannte Nebendiagnosen. Wenn sie wegen Corona in ein Krankenhaus eingeliefert werden, dann erhalten sie zum einen eine Nebendiagnose. Das ist dann eben der PCR-Test. Der wird als Nebendiagnose in den Abrechnungsdaten vermerkt. Zum anderen gibt es eine Hauptdiagnose. Dies ist quasi ihre Symptomatik. Ich vermute, dass Herr Reitschuster darauf anspielt. Bei dieser Symptomatik werden unterschiedliche Diagnosen vermerkt, je nachdem, was sie das sage ich jetzt einmal so salopp gerade bedrückt, ob es also eine Atemwegserkrankung ist oder ob es eine andere Symptomatik ist, die für COVID-19 typisch sein kann. Da gibt es ja unter anderem Magenprobleme. Ich will das jetzt gar nicht im Einzelnen ausführen; das ist ja im Steckbrief des RKI vermerkt. Je nachdem, welche Symptomatik als Hauptsymptomatik vermerkt wird, können unterschiedliche Dinge eine Rolle spielen. Ich glaube, dass Herr Reitschuster das als „an oder mit Corona“ missversteht.

VORS. WOLF: Ich versuche, es auseinanderzuklamüsern. Die Frage ist, ob Geimpfte auf Intensivstationen genauso häufig getestet werden wie nicht Geimpfte und deswegen möglicherweise die Zahlen der Coronapatienten unter Ungeimpften höher sind, weil sie einfach häufiger getestet werden und man es dort häufig feststellt, wenn eine COVID-19-Infektion vorliegt, alles bezogen auf Personen, die auf Intensivstationen liegen.

Ich habe versucht, das zu paraphrasieren, und er bestätigt es. Es ist das gemeint mit den (akustisch unverständlich)

GÜLDE: Ich kann natürlich nicht für jedes einzelne Krankenhaus und für jeden einzelnen Fall sprechen. Wenn sich ein Patient wegen einer anderen Symptomatik oder einer anderen Erkrankung auf einer Intensivstation befindet und plötzlich COVID-19-typische Symptome entwickelt, dann wird er auch auf COVID-19 getestet. Das ist einfach so, egal ob geimpft oder ungeimpft.

FRAGE LANGE: Ich möchte, Herr Seibert, an die Frage der Kollegin Vates anknüpfen. Die Frage, die im Raum steht, ist nach meinem Dafürhalten, ob es bei einer weiteren Verschärfung der Coronalage Sanktionen für Ungeimpfte geben soll, die noch nicht im Regelwerk vorhanden sind. 2G ist ja schon im Regelwerk vorhanden.

Sind Maßnahmen für Ungeimpfte geplant, die es bis jetzt noch nicht gibt? Sind dafür schärfere Sanktionen geplant?

STS SEIBERT: Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Bundesländer für die Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse, die vorliegen, in ihrer eigenen Verantwortung zuständig sind. In Reaktion auf die zugespitzte Lage in einigen Regionen denken jetzt einige Landesregierungen über eine Ausweitung der 2G-Regeln nach.

Ich kann Ihnen für die Bundesregierung von keinen solchen Pläne berichten. Aber es ist auch eine Länderentscheidung.

ZUSATZFRAGE LANGE: Die Kanzlerin hat ich denke, es war im März eine TV-Ansprache zum Coronathema gehalten. Ist so etwas für die nächste Zeit wieder geplant?

STS SEIBERT: Sie meinen März 2020?

ZUSATZ LANG: Ja.

STS SEIBERT: Ich kann Ihnen hier keine Ankündigung machen.

FRAGE BLANK: Herr Seibert, ich habe noch eine Frage zu den möglichen Einschränkungen für Ungeimpfte. Würden diese mit Blick auf Ungeimpfte in Schulen usw. möglicherweise, obwohl Kultusangelegenheiten natürlich Ländersache sind, auch Schüler oder Lehrer betreffen?

STS SEIBERT: Sie wollen, dass ich hypothetische Fälle mit Ihnen bespreche. Über 2G habe ich schon gesprochen. Ansonsten konzentrieren wir uns doch jetzt darauf, die Situation, die sich zuspitzt und in manchen Regionen schwer zuspitzt, wieder in den Griff zu bekommen. Ich habe die Möglichkeiten und die konkreten Maßnahmen angesprochen. Das hat mit Impfen zu tun. Das hat mit Auffrischungsimpfungen zu tun. Das hat mit der konsequenten Befolgung und Kontrolle der bestehenden 3G-Regeln zu tun. Das hat mit Testen zu tun. Wir sprachen über die Situation in Pflegeheimen und Alteneinrichtungen, wo Testregime gefunden werden müssen, die einzelne Einrichtungen natürlich schon lange gefunden haben und damit auch beispielhaft zeigen, wie es geht. Andere haben es offensichtlich noch nicht umgesetzt. Das sind die Dinge, auf die wir uns jetzt konzentrieren sollten.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern treffen sich morgen und übermorgen. Warten wir ab, was deren Analyse sein wird.

FRAGE JESSEN: Das ist eine Frage an das Auswärtige Amt zum Thema Namibia. Das hatten wir in den vergangenen Sitzungen. Ich danke zunächst, Herr Burger, für den Hinweis, dass ich einen Namen, Herrn Rukoro, falsch zugeordnet hatte.

Die Frage war, ob bei der Benennung des Vertreters von Stammesinteressen durch die namibische Regierung Resolutionen der Vereinten Nationen, in denen das geregelt ist, berücksichtigt wurden. Heute haben Sie nachgelegt und gesagt: Ja, die Bundesregierung kennt den Bericht des Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen aus dem Juni dieses Jahres. Ich hatte mich allerdings auf ein anderes Dokument bezogen, nämlich auf die UN-Resolution über die Rechte der indigenen Völker aus dem Jahr 2007, der Deutschland zugestimmt hat. Darin steht in Artikel 18:

„Indigene Völker haben das Recht, an Entscheidungsprozessen in Angelegenheiten, die ihre Rechte berühren können, durch von ihnen selbst gemäß ihren eigenen Verfahren gewählte Vertreter mitzuwirken“.

Das ist bei der Benennung von Vertretern durch die namibische Regierung nicht der Fall gewesen. Es gab keine Vertreter der Stammesinteressen der Nama und Herero, die entsprechend dieser Konvention der Vereinten Nationen, die Deutschland unterstützt hat, nominiert worden wären. Das ist der etwas komplizierte Sachverhalt.

Die Frage ist also: Was wird Deutschland tun, um den Kriterien des von Deutschland mitbeschlossenen Regelwerks das heißt also, dass die Stammesorganisationen selbst entscheiden können, wer ihre Interessen vertritt zur Durchsetzung zu verhelfen?

BURGER: Ich muss Ihnen zu diesem in der Tat recht komplexen Sachverhalt eine fundierte Einschätzung nachliefern.

Ich will auf das verweisen, was ich hier vorgestern gesagt habe. Aus unserer Sicht kann in einer respektvollen Beziehung zwischen zwei Staaten, wie es zwischen Deutschland und Namibia der Fall ist, nicht von deutscher Seite oktroyiert oder bestimmt werden, wie die namibische Seite die Einbeziehung der betroffenen Volksgruppen in den Verhandlungsprozess gestaltet.

Man sollte nicht einfach voraussetzen, dass eine Gruppe mit einer bestimmten Herkunft über einfache, von außen klar identifizierbare und in eindeutiger Form legitimierte Vertreterinnen und Vertreter verfügt. Das mag in bestimmten Fällen der Fall sein.

Für uns war immer klar, dass wir als Regierung zunächst einmal mit der namibischen Regierung verhandeln, und zwar auf Augenhöhe, und dass wir selbstverständlich ein Interesse daran haben, dass, was die Auswirkungen der Vereinbarung, die wir gern treffen wollen, für die namibische Gesellschaft und was die Vorteile, die daraus auch für die Herero und Nama und die Nachkommen der Opfer entstehen sollen, angeht, ein intensiver Konsultationsprozess auch mit diesen Gemeinschaften geführt wird. Aber die Art und Weise, wie dieser Konsultationsprozess zu führen ist, ist, wie gesagt, nach fester Überzeugung der jetzt noch geschäftsführenden Bundesregierung nicht von Deutschland zu bestimmen.

Zu der Rechtsfrage, die Sie gestellt haben, insbesondere auch zu der Frage, ob die Vorschrift, die Sie genannt haben, hier anwendbar ist und in welcher Form sie berücksichtigt worden ist, werde ich gern noch etwas nachreichen.

ZUSATZ JESSEN: Ich möchte es nicht vertiefen, sondern nur darauf hinweisen, dass es bei dem zitierten Artikel nicht darum ging, sozusagen eine deutsche Position einzubringen, sondern die von Deutschland getragene Position der Vereinten Nationen zu den Rechten der indigenen Völker anzuwenden. Das ist etwas anderes.

VORS. WOLF: Ich schließe noch eine Frage an das Auswärtige Amt und Sie, Herr Seibert, an. Herr Reitschuster fragt zum Thema der Migration:

Wie sehen Sie das Engagement der deutschen Seenotrettung unter anderem auch in Afghanistan? Welche Zusammenarbeit gibt es und welchen Informationsaustausch?

BURGER: Ich kann Ihnen dazu sagen, dass wir im Zuge unserer Bemühungen, Menschen, für die wir in Afghanistan Verantwortung tragen, in Sicherheit zu bringen, auch in einem Austausch mit einer ganzen Reihe von zivilgesellschaftlichen Organisationen stehen, die dort zum Teil eine ganz hervorragende und extrem engagierte Arbeit leisten. Es gibt Dinge, die ein Staat und eine Regierung besser können als Zivilgesellschaft. Aber es gibt auch Dinge, die Zivilgesellschaft besser kann. Deswegen ist das aus unserer Sicht ein durchaus begrüßenswertes Engagement solcher Gruppen.

Aus Sicht der Bundesregierung ist klar, dass die Zusage einer Aufnahme in Deutschland, die Aufnahmezusage, die das BMI ausspricht und auf deren Grundlage dann beispielsweise in den deutschen Auslandsvertretungen in den Nachbarstaaten Afghanistans Visa ausgestellt werden, natürlich nur für den Personenkreis gilt, der von der Bundesregierung identifiziert wurde. Es ist also nicht so, dass NGOs darüber bestimmen würden, wer in Deutschland aufgenommen wird, sondern diese Entscheidung hat die Bundesregierung. Wir wissen, dass es viele engagierte Menschen gibt, die dabei mithelfen, dass das auch tatsächlich umgesetzt werden kann.

FRAGE LÜCKING: Sie haben noch einmal betont, dass Sie der Verantwortung nachkämen. Deshalb stelle ich noch einmal die Gesamtfrage an die gesamte Bundesregierung, anknüpfend an die Verteidigungsministeriumsgeschichte. Wie viele Arbeitsverträge prüfen Sie derzeit auf mögliche Unstimmigkeiten? Ich müsste auch vom Verteidigungsministerium die Zahl der sich derzeit in Prüfung befindlichen Arbeitsverträge noch nachgeliefert bekommen. Denn es ist ja offensichtlich nicht so eindeutig.

VORS. WOLF: Diese Frage war nicht klar adressiert. Wer fühlt sich zu antworten berufen?

ZUSATZ LÜCKING: Es geht an die gesamte Bundesregierung, weil auch andere Ressorts Arbeits- oder Werkverträge abgeschlossen haben. Welche Prüfmechanismen sind in den Ministerien jetzt in Gang gesetzt worden, da offenkundig strittig ist, wie diese Verträge zu werten sind?

VORS. WOLF: Es wird jetzt nicht jedes Ressort einzeln antworten, aber das Verteidigungsministerium kommt noch einmal nach vorne. Ansonsten sind die Mikros offen.

ALTER: Ich könnte vielleicht, weil das ja eine sehr allgemeine Fragestellung ist, noch einmal zum Verfahren etwas sagen.

Hier an dieser Stelle ist mehrfach erklärt worden, dass wir vor der Aufgabe stehen, dass wir einerseits innerhalb der Bundesregierung ein für alle Ressorts verbindliches Verfahren bzw. zumindest Leitlinien benötigen. Dazu gab es innerhalb der Bundesregierung eine Verständigung auch nach der Evakuierungsphase , wie man jetzt mit den Menschen vorgeht, die noch in Afghanistan sind und die auf der Grundlage des Beschlusses der Bundesregierung jetzt in Deutschland eine Aufnahmezusage bekommen können. Das sind, wie Sie wissen, einerseits Ortskräfte und andererseits Menschen, die auf der sogenannten Menschenrechtsliste stehen. Es gibt keine Beschlusslage für ein darüber hinausgehendes Aufnahmeprogramm für afghanische Staatsangehörige im Allgemeinen, sondern die Entscheidung der Bundesregierung bezog sich auf diese Personengruppen.

Bei den Ortskräften gibt es unterschiedliche Fallgestaltungen, was die Vertragsgestaltung angeht. Nun ist es aber für kein Ressort möglich, sozusagen für die Bundesregierung übergreifend festzustellen, wer in diese Personengruppe hineingehört und wer nicht. Insofern ist das so abgestimmt, dass es in den Ressorts sogenannte Ressortbeauftragte gibt, die für ihre Ortskräfte oder für ihre Werkvertragsnehmer oder Angestellten in welcher Vertragsgestaltung auch immer prüfen, ob eine Zugehörigkeit zu der Beschlusslage der Bundesregierung existiert oder ob sie nicht existiert. Wenn der Ressortbeauftragte zu dem Ergebnis kommt „Diese Person und die Kernfamilie gehören dazu“, dann gibt es eine Information an das BMI und das BMI erteilt die Aufnahmezusage. So ist das Verfahren. Deswegen ist die Frage, die Sie stellen, von einem einzelnen Ressort für die gesamte Bundesregierung nicht zu beantworten.

VORS. WOLF: Möchte das Verteidigungsministerium ergänzen?

HELMBOLD: Ich hatte ja zu der Frage von Werkverträgen ausgeführt, die möglicherweise ein Beschäftigungsverhältnis beinhalten. Das sind Verträge, die existieren und die geprüft werden. Mir liegen jetzt keine Zahlen vor, und ich weiß auch nicht, ob ich die Zahlen nachliefern kann; denn wir haben ja bezogen auf die Ortskräfte bei jedem Antrag, bei jedem Kontakt, den wir haben, ein entsprechendes Verfahren. Wir versuchen Kontakt aufzunehmen, wir versuchen zu prüfen, was auf Basis des Ermessensspielraums, den das Verteidigungsministerium hat, möglich ist.

Ich habe im Moment keine Zahl und kann Ihnen auch nicht zusagen, ob wir diese Zahl haben und in welcher Form wir das erfassen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es für uns wesentlich ist, das tatsächlich zu prüfen und dass der Sachverhalt, der dargestellt worden ist nämlich dass es Werkverträge gibt, hinter denen Beschäftigungsverhältnisse stehen , besteht und dass es dazu im Moment Prüfungen gibt.

FRAGE JUNG: In diesem Zusammenhang eine Frage an das BMZ: Im August gab es ja auch die Debatte bzw. die Aufregung über die sogenannte Bleibeprämie, die das GIZ afghanischen Ortskräften gezahlt hat. Können Sie uns da Zahlen nennen, wie viele Afghaninnen und Afghanen die sogenannte Bleibeprämie also die Zahlung eines Jahresgehalts, damit sie nicht nach Deutschland kommen, sondern dort verbleiben angenommen haben?

WICKERT: Diese Zahlen liegen mir jetzt nicht vor, die müsste ich Ihnen nachreichen.

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt: Herr Burger, die Krise in Äthiopien spitzt sich gerade ziemlich dramatisch zu. Die Rebellen sind auf dem Vormarsch, die Regierung hat den Notstand ausgerufen und sogar die normalen Bürger gebeten, mitzukämpfen. Die Vereinten Nationen haben auch von Kriegsverbrechen auf beiden Seiten und extremer Brutalität berichtet. Wie bewerten Sie die Lage dort? Rechnen Sie mit einem möglichen blutigen Machtwechsel? Was wird die Bundesregierung tun, um eine weitere Zuspitzung der Lage möglichst zu verhindern?

BURGER: Vielen Dank für die Frage. Die Entwicklung in Äthiopien, die fortgesetzte militärische Eskalation im Norden Äthiopiens und darüber hinaus, besorgt uns zutiefst. Der Konflikt wird schon seit über einem Jahr bewaffnet geführt, und auch nach den jüngsten Entwicklungen ist klar, dass es dort keine militärische Lösung geben kann. Alle beteiligten Parteien müssen die Kampfhandlungen umgehend einstellen und eine politische Lösung des Konflikts suchen. Gerade ethnisch motivierter Hass und diskriminierende Rhetorik sind brandgefährlich für die Einheit Äthiopiens.

Angesichts des menschlichen Leids in Nordäthiopien und der wachsenden humanitären Notlage ist es wichtiger denn je, dass humanitäre Akteure ungehindert ihrer lebenswichtigen Arbeit nachgehen können. Wir unterstützen die Vereinten Nationen bei ihrer Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in Nordäthiopien, und die Bundesregierung setzt sich auf den ihr zur Verfügung stehenden öffentlichen und diplomatischen Kanälen für eine politische Lösung ein. Wir beraten mit unseren Partnern und den Vereinten Nationen, wie die verhärteten Fronten zum Einlenken bewegt werden können. Bereits in der Vergangenheit hat die Bundesregierung aufgrund dieses Konflikts Budgethilfe in Höhe von 100 Millionen Euro ausgesetzt. Unser humanitäres Engagement, also die Hilfe für notleidende Menschen, haben wir im letzten Jahr nahezu verdoppelt.

ZUSATZFRAGE: Was unternehmen Sie auf EU-Ebene, was sind die Möglichkeiten zwischen EU und AU in dieser Hinsicht? Was für Handlungsmöglichkeiten sehen Sie zwischen den beiden Seiten überhaupt?

BURGER: Derzeit ist in der Tat eine sehr intensive Abstimmung zu der Frage in Gang, wie wir als EU gemeinsam Einfluss auf die Konfliktparteien nehmen können, um sie zu einer politischen Lösung bzw. zunächst einmal wieder zu einer Suche nach einer politischen Bewegung zu bewegen. Wir haben auch gemeinsam mit der EU und anderen internationalen Partnern diese militärischen Auseinandersetzungen in den letzten Wochen mehrfach verurteilt. Wichtig ist dabei, dass unser Handeln gegenüber Äthiopien zielgerichtet sein muss und wir da nicht noch zusätzliche Härten für die Zivilbevölkerung schaffen wollen. Das ist auch eines der Prinzipien, die wir in unseren Verhandlungen und in unseren Gesprächen mit der EU ansetzen.

FRAGE JESSEN: Ich habe noch eine Frage zu Afghanistan. Herr Alter, da Sie sozusagen den allgemeinen Hintergrund der Verträge und der Fürsorgepflichten benannt haben: Welcher Zweifel kann denn bestehen und ich beziehe mich da auf den Fall, den der Kollege Lücking angesprochen hat , wenn mit einem afghanischen Fluglotsen ein Vertrag geschlossen wird, dessen Briefkopf lautet, der Vertragspartner sei Deutschland, die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Verteidigungsministerium bzw. eine militärische Einheit? Wenn es darin also heißt, dass dieser Vertragspartner einen Vertrag mit einem Fluglotsen abschließt, der das und das zu leisten hat, dann besteht doch ein direktes Vertragsverhältnis, in dessen Ausführung dieser Mensch selbstverständlich, da er militärische Flüge koordiniert hat, gegebenenfalls ins Raster der Taliban fällt. Es kann also doch kein Zweifel daran bestehen, dass vor diesem Hintergrund eine besondere Fürsorgepflicht besteht. Oder woraus wäre die abzuleiten? Das verstehe ich nicht.

ALTER: Ich muss ein Stück weit wiederholen, was ich eben gesagt habe: Wenn ein Vertragsverhältnis zu einem Ressort bestand, dann muss dieses Ressort prüfen, ob es unter die Kategorie „Ortskräfte und weitere“ es ist ja nicht nur auf unmittelbar Beschäftigte beschränkt, sondern es gibt in diesem Zusammenhang Entscheidungsspielraum fällt. Das jeweilige Ressort muss das prüfen und dann zu einem Ergebnis kommen. Wir haben innerhalb der Bundesregierung gemeinsam abgestimmt, dass es wohl nicht ausreichend ist, wenn mal ein Handwerker irgendeine Handwerksleistung für ein Institut erbracht hat, das der Bundesregierung zuzuordnen war oder ähnliches. Wenn also ein Fliesenleger mal ein Bad repariert hat, dann ist das sicherlich nicht etwas, was man unter diese Vertragsverhältnisse fassen kann. Aber darüber hinaus gibt es durchaus unterschiedliche Fallkonstellationen. Das wird aber nicht im BMI für andere Ressorts entschieden, sondern das BMI erteilt Aufnahmezusagen auf der Basis der Mitteilungen der Ressorts, dass diese oder jene Person zu diesem Kreis hinzugehört.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Der Hintergrund ist ja, dass Sie, Herr Helmbold, in einer vergangenen Sitzung gesagt hatten, dass diese Fälle, diese Fluglotsen, sozusagen aus der Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums heraus seien das war Ihre wörtliche Aussage. Wie können die aber angesichts dessen, was wir jetzt darüber gehört haben, da heraus sein? Wie können Fluglotsen, die mit der Bundesrepublik Deutschland einen Vertrag darüber schließen, dass sie militärische Flugoperationen sichern, und dadurch in Gefahr geraten, jetzt heraus sein? Das verstehe ich nicht. Oder habe ich Sie da falsch verstanden?

HELMBOLD: Wörtlich haben Sie es nicht wiedergegeben. Es ist so, wie ich es eben dargestellt habe. Ein Werkvertrag bedeutet ja grundsätzlich, dass jemand eine Dienstleistung anbietet Herr Alter hatte ein Beispiel dafür genannt. Nun kann sich hinter einem Werkvertrag aber ein Beschäftigungsverhältnis verbergen. Entsprechende Fälle das habe ich eben auch ausgeführt können wir prüfen, und in diesem Falle haben wir die Möglichkeit, jemanden in das Ortskräfteverfahren aufzunehmen. Solche Fälle sind augenblicklich auch in Prüfung.

VORS. WOLF: Der Kollege Esipov von der Deutschen Welle fragt digital zu den Gaslieferungen aus Russland: Wie bewertet die Bundesregierung ausbleibende Gaslieferungen durch die Jamal-Europa-Pipeline? Erfüllt Russland alle Lieferverträge? Wann kann man mit der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 rechnen?

DR. BARON: Ich kann zu diesen Fragen gern seitens des Bundeswirtschaftsministeriums Stellung nehmen. Ich möchte zunächst wieder betonen, dass die Gasversorgungssicherheit in Deutschland weiter hoch ist und wir in Deutschland aktuell keine Versorgungsengpässe zu verzeichnen haben. Die Speicherfüllstände liegen weiterhin bei rund 71 Prozent; da gab es in den letzten Tagen also keine größeren Veränderungen.

Was Ihre Frage hinsichtlich der Jamal-Pipeline betrifft, so liegen uns dazu keine Erkenntnisse vor. Es geht dabei wohl um die Fließrichtung von Gas, also darum, dass es nicht nur von Ost nach West fließt, wie das üblich ist, sondern aktuell von West nach Ost. Dazu liegen uns aber keine eigenen Erkenntnisse vor; dazu müssten Sie die zuständigen Transportnetzbetreiber für Gas oder die Gashändler am Markt befragen.

VORS. WOLF: Es war noch nach der voraussichtlichen Inbetriebnahme von Nord Stream 2 gefragt.

DR. BARON: Dazu läuft, wie bekannt, das Zertifizierungsverfahren bei der Bundesnetzagentur. Da kann ich jetzt keinen Zeitpunkt benennen. Das Gesetz nennt für das Zertifizierungsverfahren eine Dauer von vier Monaten; das hatte ich hier ja auch schon genannt. Fristbeginn war Anfang September, sodass der Fristlauf noch andauert und die Bundesnetzagentur das Zertifizierungsverfahren aktuell führt. Das Verfahren dauert also noch an.

FRAGE BLANK: An Herrn Seibert und hilfsweise an das Wirtschafts- und das Umweltministerium: Herr Wüst hat heute erklärt, Nordrhein-Westfalen sei bereit zum Kohleausstieg bis 2030. Ist die Bundesregierung auch bereit dazu?

STS SEIBERT: Für diese Bundesregierung gilt das, was wir gemeinsam vereinbart haben, und ich kann Ihnen dazu keinen neuen Stand nennen. Das gilt und muss gelten für uns als geschäftsführende Bundesregierung.

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