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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 15. Dezember 2021

Themen: Termin des Bundeskanzlers (Videokonferenz mit Soldatinnen und Soldaten in ausländischen Einsatzgebieten der Bundeswehr), Razzien im Zusammenhang mit Morddrohungen gegen den sächsischen Ministerpräsidenten, Regulierung des Messengerdienstes Telegram, Medienberichte über Drohbriefe im Zusammenhang mit der Debatte über die Einführung einer Impfpflicht, Vorwurf der Zensur in sozialen Netzwerken, Anschlag auf eine Moschee in Leipzig, COVID-19-Pandemie, NSU-Prozess, Urteil des Berliner Kammergerichts im Prozess um den Mord im Kleinen Tiergarten in Berlin, Waffenlieferungen an die Ukraine, Referendum in der Westsahara, Sezessionsbestrebungen des Landesteils Republika Srpska in Bosnien und Herzegowina, Venezuela, Fall Julian Assange

Themen/Naive Fragen zu:
00:00 Beginn
00:40 Videokonferenz Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) & Bundeswehr-Soldaten im Auslandseinsatz
01:42 Sachsen | Razzien nach Mordplänen gegen MP Kretschmer
04:13 Drohbriefe | Impfgegner
05:15 Telegram
10:41 Leipzig | Moschee-Angriff
11:39 Corona/COVID-19
25:18 NSU-Prozess
26:57 Tiergarten-Mord-Prozess
27:59 Ukraine
34:26 West-Sahara
35:58 Bosnien
38:26 Venezuela
40:01 Julian Assange
40:52 Ende

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 15. Dezember 2021:

VORS. WELTY: Einen guten Mittwoch wünsche ich. Liebe Kolleginnen liebe Kollegen, herzlich willkommen in der Bundespressekonferenz zur Regierungspressekonferenz. Ich begrüße die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien. Ich begrüße Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Er hat sein Team seit gestern Abend komplett. Neben Wolfgang Büchner wird Christiane Hoffmann für die Regierung sprechen, die eigentlich jetzt unser Gast sein wollte. Vielleicht stößt sie noch zu uns. Jedenfalls möchte ich sie an dieser Stelle auch herzlich begrüßen. Wir alle vom Vorstand freuen uns auf die Zusammenarbeit.

STS HEBESTREIT: Dies ist ein Mittwoch ohne Kabinettssitzung. Das haben Sie alle mitbekommen, weil heute die Regierungserklärung war und wir uns in einer Haushaltswoche befinden.

Ich habe eine aktuelle aktive Sache. Der Bundeskanzler wird am Freitag, den 17. Dezember, in einer Videokonferenz mit Soldatinnen und Soldaten in verschiedenen ausländischen Einsatzgebieten der Bundeswehr sprechen. Mit dieser Schalte möchte er seine besondere Wertschätzung für die im Ausland dienenden Frauen und Männer zum Ausdruck bringen. Damit setzt er die Tradition, die es bereits seit 15 Jahren gibt, fort, sich in der Vorweihnachtszeit mit den Truppen im Ausland in Verbindung zu setzen.

FRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, können Sie uns sagen, ob das öffentlich ist oder ob das ein vertrauliches Gespräch ist, das er mit den Soldaten führt?

STS HEBESTREIT: Das ist, wenn ich mich nicht irre, gewohnheitsmäßig ein vertrauliches Gespräch, eine Schalte, die er in die Einsatzgebiete macht.

FRAGE WOLF: Herr Wede, ich möchte nach den Razzien wegen der Morddrohungen gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer fragen, welche Erkenntnisse Sie nach jetzigem Stand darüber haben, wie weit die Mordpläne schon vorangeschritten waren.

DR. WEDE: Vielen Dank für die Frage. Diese Razzien zeigen, dass die Sicherheitsbehörden dieses Problem sehen und aktiv sind. Wie immer in diesen Fällen muss ich jetzt auf die laufenden Ermittlungen verweisen, die in diesem Fall durch die sächsische Polizei laufen. Ich würde Sie also bitten, bei Detailfragen auf die sächsische Polizei zuzugehen. Jedenfalls ist es eine sehr richtige und wichtige Erkenntnis, dass die Sicherheitsbehörden sehr intensiv an dem Problem dran sind.

ZUSATZFRAGE WOLF: Nach Recherchen wurden die Pläne auf dem Messengerdienst Telegram geschmiedet bzw. verbreitet. Die Ministerin hat sich zu diesem Dienst schon geäußert. Für wie umsetzbar halten Sie es, dass Telegram auch über das Netzwerkdurchsetzungsgesetz erfasst wird? Wie stehen Sie zu Geoblocking gegen Telegram, wenn Fristen der Löschung von Inhalten nicht eingehalten werden?

DR. WEDE: Im Grunde genommen, kann ich nur auf das verweisen, was wir hier auch schon am Montag dazu gesagt haben. BMI und BMJ haben dazu bereits Stellung genommen. Die Bundesinnenministerin hat sich klar dazu geäußert, dass sie dieses Problem priorisiere und jetzt angehen werde.

Wir haben keine fertigen Maßnahmenprogramme. Bei allen technischen Möglichkeiten, über die wir uns Gedanken machen, müssen wir natürlich auch immer sehen, dass das natürlich auch auf einer rechtlichen Basis stehen muss. Damit komme ich auf das zurück, was hier bereits am Montag gesagt wurde. Fertige Maßnahmenprogramme, seien sie rechtlicher Art oder technischer Art, liegen aktuell nicht auf dem Tisch.

FRAGE BUSCHOW: Ich sehe das in einem Sinnzusammenhang zu den Drohschreiben, über die es Berichte gibt, unter anderem an Abgeordnete, Journalisten und gegen andere öffentliche Institutionen. Inwieweit wurde das BMI darüber informiert? Wie bewerten Sie diese Drohschreiben, die offensichtlich im Zusammenhang mit der Debatte über die Impfpflicht stehen?

Gehört die Bundesregierung, gehören vielleicht einzelne Ministerinnen und Minister auch zu den Adressaten dieser Briefe mit unappetitlicher Beilage?

DR. WEDE: Mir sind Drohschreiben gegen das Bundesinnenministerium oder gegen andere Bundesressorts aktuell nicht bekannt. Sie können aber davon ausgehen, dass die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sehr intensiv zusammenarbeiten und sich über dieses Thema konstant und kontinuierlich austauschen.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Können Sie etwas zum Ausmaß sagen, also dazu, ungefähr wie viele dieser Drohschreiben unterwegs sind oder waren?

DR. WEDE: Darüber liegt mir jetzt keine Zahl vor.

VORS. WELTY: Ich möchte eine Onlinefrage von Boris Reitschuster mit einfügen. Es geht darin nämlich auch um Telegram. In den großen sozialen Medien, sagt er, werde umfassend zensiert. Das sei einer der Gründe dafür, dass viele Menschen auf Telegram gingen. Würde es da nicht Sinn machen, wenn die Bundesregierung endlich die Zensur auf Facebook, YouTube, Twitter und Co verurteilen würde?

STS HEBESTREIT: Ach, ich glaube, ich möchte mir die Unterstellung, dass es sich dabei um Zensur handele, die in der Frage Herrn Reitschusters mitschwingt, nicht zu eigen machen. Es gibt gesetzliche Regeln, die es zu befolgen gilt, und daran muss man sich halten. Das ist keine Zensur, sondern das ist unser Rechtsstaat.

FRAGE JESSEN: Herr Dr. Wede oder vielleicht auch Herr Hebestreit, Pia Lamberty, die Wissenschaftlerin, die sich mit Ursachen von Radikalisierung und Verschwörungstheorien befasst, hat gesagt, eine Regulierung von Telegram würde nicht die Menschen, die sich dort so äußern, wie sie sich äußern, aus der Welt schaffen. Sie wären weiterhin da. Unter Umständen bestehe die Gefahr, dass bei einem Verbot oder einem Eingriff in solche Plattformen dieser Radikalisierungsprozess eigentlich noch weiter voranschreite.

Wie reagieren Sie auf diese Gefahr? Gibt es in der Besprechung von Maßnahmen etwas, was zum Beispiel solche wissenschaftliche Positionen mit einbezieht?

STS HEBESTREIT: Ich denke, dass das Thema von Hass und Hetze im Netz diese Bundesregierung wie auch ihre Vorgängerin und uns alle massiv beschäftigt. Ich denke, dass es gar nicht allein darum geht, welche rechtlichen Maßnahmen man angehen kann, um dagegen vorzugehen, sondern es geht erst einmal darum, eine Aufmerksamkeit dafür zu schaffen, dass es auch Regeln im Netz gibt und auch der Umgang miteinander irgendwie geregelt werden muss. Dabei geht es nicht darum, Stimmen zu unterdrücken, sondern Telegram Ich bin kein Social-Media-Experte, aber die Abgrenzung zwischen Facebook und Twitter, die dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz unterliegen, und diesem sozialen Messengerdienst, der auch Hunderttausende von Nutzern mit einzelnen Nachrichten erreicht, ist ja fließend. Dass man sich anguckt, dass, wenn es diese Funktion erfüllt, auch die rechtlichen Regeln dafür gelten, ist, denke ich, nicht verwerflich, auch wenn man sich danach die Frage stellen muss, die ja auch den Kollegen vom Innenministerium gerade beschäftigt, wie man das auf rechtlich solider Basis und dann auch technisch möglich schafft.

Jetzt ist Ihre Frage: Was macht man, wenn man diese Stimmen vermeintlich unterdrückt? Darum geht es nicht. Diese Stimmen können sich immer äußern. Die Frage ist, ob man sich an die Regeln hält, die wir als Gesellschaft uns dafür gegeben haben. Zu Hass und Hetze aufzurufen ist etwas, was wir in unserer Gesellschaft so nicht akzeptieren wollen.

DR. WEDE: Keine Ergänzungen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Die Frage war konkret. Da die Übergänge, wie Sie es beschrieben haben, fließend sind, da es sich letztlich auch ein Stück weit um einen Eingriff in Informations- und Bürgerrechte handeln kann: Werden in der Überlegung, welche rechtlichen Maßnahmen ergriffen werden, zum Beispiel Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wie Frau Lamberty oder andere in den Prozess mit einbezogen, um sozusagen die Komplexität der Eingriffe und der Folgen und Ursachen mitzuberücksichtigen?

DR. WEDE: Herr Jessen, es handelt sich ja noch nicht um eine abgeschlossene Maßnahme, die wir jetzt schon beschlossen hätten. Das Problem, das Sie ansprechen, sehen natürlich auch wir. Aber der nächste Schritt, der jetzt geplant ist, ist ja nicht, dass wir Telegram in irgendeiner Form, wie auch immer, komplett abschalten oder verbieten, sondern es geht darum, Telegram zu regulieren. Das Netz-DG und auch die allgemeinen Gesetze sehen hierfür bereits Regelungen vor. Schritt eins unseres Anliegens ist also, dass sich Telegram an die bestehenden Gesetze hält, was aktuell nicht der Fall ist.

VORS. WELTY (zum Vorwurf der Zensur in sozialen Netzwerken): Boris Reitschuster möchte auch die Debatte um Rechtsstaat noch weiterführen. Er wendet sich noch einmal an Steffen Hebestreit. Rechtsstaat, das sei ja genau nicht der Fall, wenn nicht Gerichte die Meinungsfreiheit einschränken und die Netzwerke teilweise sogar Gerichtsentscheide ignorieren. Warum stellen Sie sich schützend vor die Netzwerke?

STS HEBESTREIT: Ich denke, ich habe mich nicht schützend vor die Netzwerke gestellt, sondern ich habe mich der Diktion von Herrn Reitschuster nicht angeschlossen.

FRAGE WOLF (zur Regulierung von Telegram): Herr Wede, Sie sagten, es gebe noch keinen abgeschlossenen Maßnahmenkatalog, er sei aber in Arbeit. Können Sie uns ein bisschen mitnehmen, wie da der Prozess läuft? Bis wann kann man denn mit konkreten Schritten rechnen?

DR. WEDE: Wie immer bei laufenden Gesprächen innerhalb der Bundesregierung möchte ich mich an dieser Stelle mit Aussagen zurückhalten.

VORS. WELTY: Dann wechseln wir das Thema. Erbil Basay, Nachrichtenagentur Anadolu, möchte wissen: Nach dem Angriff auf die Moschee in Leipzig: Wie bewerten das Innenministerium und der Bundeskanzler den Angriff auf eine Moschee in Leipzig am Montagabend?

STS HEBESTREIT: Der Bundeskanzler und die ganze Bundesregierung verurteilen solche Attacken, solche Anschläge auf Gotteshäuser, aber auch auf jede andere Einrichtung dieser Art. Das ist empörend, und das gilt es zu verfolgen und die Täter dingfest zu machen.

DR. WEDE: Ich kann das nur unterstreichen. Auch hierzu laufen ja bereits Ermittlungen der sächsischen Polizei. Das ist gut und richtig so. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen gilt es jetzt abzuwarten.

FRAGE JOACHIM: Herr Kautz, wir haben gestern vom Gesundheitsminister erfahren, dass wir offensichtlich nicht genug Impfstoff haben. Können Sie genau beziffern, wie viel zu wenig Impfstoff wir eigentlich haben? Gestern lagen dazu noch keine Zahlen vor. Wie viel Impfstoff wird jetzt noch geliefert?

Wie konnte es plötzlich überhaupt zu dieser Lücke kommen? Ich meine, mich zu erinnern, dass es immer von Herrn Spahn hieß, dass gerade für die Boosterimpfung eigentlich genug Impfstoff eingelagert wäre. Was ist da jetzt passiert?

KAUTZ: Zunächst einmal muss man sagen, dass die Impfstoffkampagne, die wir zurzeit machen, also die Boosterkampagne, sehr, sehr gut läuft. Wir registrieren Rekordzahlen. Es wird auch genug Impfstoff ausgeliefert, um das Ziel, das wir uns für dieses Jahr gesetzt haben 30 Millionen Boosterimpfungen zu erreichen. Es kann erreicht werden, wenn die ausgelieferten Dosen auch wirklich verimpft werden.

Was bei der Inventur herausgekommen ist, ist, dass in den ersten drei Monaten des Jahres deutlich weniger Impfstoff ausgeliefert werden kann, als das jetzt der Fall ist. Aber der Minister ist dabei, auf sämtlichen Kanälen zu versuchen, zusätzlichen Impfstoff zu beschaffen und wird Ihnen über diese Bemühungen sicherlich morgen berichten, wenn er in der Bundespressekonferenz ist.

ZUSATZFRAGE JOACHIM: Woran liegt es denn, dass in den ersten drei Monaten des nächsten Jahres weniger geliefert werden kann?

KAUTZ: Das sind die Zahlen, die wir haben. Im Vergleich zu jetzt ist es auf jeden Fall nicht genug. Gerade weil wir mit der Omikronvariante konfrontiert sind, müssen wir schnell viele Menschen impfen. Dafür brauchen wir mehr Impfstoff.

FRAGE DR. RINKE: Herr Kautz, ich hätte ganz gerne gewusst, ob das auch damit zusammenhängt, dass einige Lieferungen auf Dezember vorgezogen wurden. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt: Gibt es denn schon konkrete Gespräche des Ministers mit Firmen? Die hat er ja gestern angekündigt. Laufen die schon oder kommen die?

KAUTZ: Das hängt natürlich damit zusammen, dass Impfstofflieferungen vorgezogen werden. Ende des Jahres die Zahlen können Sie bei uns abrufen steht in den letzten beiden Kalenderwochen relativ wenig Impfstoff zur Verfügung. Die Gespräche mit den Impfstofffirmen laufen. Ich habe aber noch keine Ergebnisse, über die ich berichten kann.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Was ist die Folge davon? Wenn jetzt mehr ausgeliefert wird und mehr Impfstoff da ist, braucht man im Januar überhaupt so viel oder steht, unabhängig von den Lieferungen, für die tatsächlichen Impfungen dann genug Impfstoff zur Verfügung?

KAUTZ: Wir müssen ja mehrere Sachen sehen: Es geht zum einen darum, die Boosterkampagne sehr schnell zum Ziel zu führen und möglichst alle Erwachsenen, die ihre Zweitimpfung schon haben, auch dann zu impfen, natürlich im richtigen Abstand zur zweiten Impfung. Wenn Sie von Januar sechs Monate zurückzählen, kommen Sie in den Sommer, wo es hohe Impfzahlen gegeben hat. Die müssen wir halt bis Januar bzw. im Januar erreichen.

Die zweite Frage, Herr Rinke, war?

ZUSATZ DR. RINKE: Die Auswirkungen. Ob denn, unabhängig von den Lieferungen, genug Impfstoff da ist.

KAUTZ: Ob unabhängig von den Lieferungen genug Impfstoff da ist?

ZUSATZ DR. RINKE: Wenn sehr viel ausgeliefert wird und auch sehr viel im System ist, kann es ja sein, dass im Januar trotzdem genug Impfstoff zur Verfügung steht, auch wenn dann weniger an neuem Impfstoff ausgeliefert wird.

KAUTZ: Klar kann man damit rechnen, dass noch Impfstoff aus diesem Jahr übrigbleibt, dass nicht alles verimpft wird und dass das natürlich im nächsten Jahr entsprechend eingesetzt wird. Damit kann man natürlich auch kalkulieren. Das ist richtig.

VORS. WELTY: Andrea Thomas von „Dow Jones“ möchte wissen: Die Impfstofflücke im ersten Quartal 2022 liegt wohl bei fast 60 Millionen Dosen, berichtet das Magazin „Business Insider“. Stimmt das?

KAUTZ: Die Zahl kann ich nicht bestätigen.

FRAGE JESSEN: Konkrete Frage: Es gibt Menschen, die ihre Boostertermine bei den Hausärzten für Januar und Februar fix gemacht haben. Es gibt bei diesen Menschen zum Teil Überlegungen, ob man versuchen kann, Termine vorzuziehen, weil sie befürchten, dass trotz bestehender Termine der Arzt sagt: Sorry, ich habe die Impfdosis nicht erhalten. Ist das real so oder ist sichergestellt, dass für diejenigen, die jetzt schon Termine fest vereinbart haben, dann auch Impfstoff vorrätig sein wird?

KAUTZ: Das sind Einzelfälle, von den Sie jetzt berichten, Herr Jessen. Das ist eine Konstruktion, die ich so nicht bewerten kann.

ZUSATZ JESSEN: Ich weiß, dass es sie gibt. Es ist mehrfach so berichtet worden. Es gibt Fälle, die jetzt versuchen, ihre Termine vorzuverlegen.

KAUTZ: Herr Jessen, aber es hängt doch davon ab, ob sie darauf bestehen, einen besonderen Impfstoff zu bekommen, ob der Hausarzt, bei dem sie sind, über die Maßen viel Impfstoff bestellt, sodass er auf jeden Fall Patienten enttäuschen muss, ob der Arzt rechtzeitig bestellt usw. Es hängt also von ganz, ganz vielen Variablen ab.

Wie viel Impfstoff im Januar zur Verfügung steht, kann ich Ihnen Stand jetzt nicht sagen.

FRAGE DR. RINKE: In den letzten Wochen ist diskutiert worden, was eigentlich Priorität hat: die Impfung oder die Nutzung des Impfstoffs in Deutschland selbst oder die Spenden und Weitergabe an andere Länder. Wie wirkt sich diese Lücke für das erste Quartal 2022, die Sie jetzt erwähnt haben, auf die versprochenen Abgaben im nächsten Jahr aus? Hat Priorität, dass hier für die Bevölkerung der Impfstoff erst einmal genutzt wird, bevor er weitergegeben wird? Wie muss man sich das vorstellen?

KAUTZ: Wir wollen beides machen. In diesem Jahr wird an COVAX Impfstoff geliefert. Wie die Auswirkungen der aktuellen Impfkampagne auf die Lieferungen an COVAX im kommenden Jahr aussehen, ist auch Gegenstand der Bemühungen des Bundesgesundheitsministers, über die er sicherlich morgen auch berichten wird.

VORS. WELTY: Dann eine Onlinefrage von Boris Reitschuster. Er sagt, es gebe Informationen, wonach die Voreinstellung „positiv getestet“ etc. für die Gesundheitsämter bei der Erfassung der Patienten auf „ungeimpft“ eingestellt sei. Stimmt das?

KAUTZ: Das ist mir nicht bekannt.

VORS. WELTY: Eine Onlinefrage von Markus Pohl des ARD-Magazins „Kontraste“: Bundeskanzler Olaf Scholz hat kürzlich gesagt, er sei sehr skeptisch, ob es für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ein Impfregister brauche. Was ist der Grund für diese Skepsis?

STS HEBESTREIT: Der Bundeskanzler hat sich erst einmal dafür ausgesprochen, dass er für eine allgemeine Impfpflicht ist, wenn sie denn im Bundestag in einem Gruppenantrag initiiert werden würde. In Bezug auf das Impfregister stellen sich viele organisatorische Fragen, die vor allem das Projekt verzögern würden. Deswegen hat er eher Skepsis zum Ausdruck gebracht, ob man sich diesen organisatorischen Schwierigkeiten jetzt stellen oder besser erst einmal in die Impfungen und die Boosterungen investieren sollte.

FRAGE DR. RINKE: Herr Kautz, Herr Lauterbach hat sich gestern kritisch dazu geäußert, dass NRW vorgeprescht ist und schon vier Wochen nach der Zweitimpfung Boosterimpfungen ermöglicht. Er hat angekündigt, er wolle das prüfen und auch im Kreis der Gesundheitsminister ansprechen. Können Sie uns sagen, was dabei herausgekommen ist? Sieht er das jetzt weiter kritisch oder lehnt das sogar ab oder ist dieser NRW-Weg einer, den auch andere Länder gehen sollten?

KAUTZ: Er hat sich gestern dazu, glaube ich, relativ klar geäußert, dass das medizinisch für doppelt Geimpfte keinen Sinn macht, die nicht immunsupprimiert sind.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das heißt, andere Bundesländer sollten das nicht übernehmen und NRW sollte es lassen?

KAUTZ: Das folgt daraus.

FRAGE BUSCHOW: Ich würde gerne zum Thema Impfstoffmengen nachfragen, weil bislang noch keine Zahlen erwähnt wurden. Ich stelle mir bei einer Inventur vor, dass man gegenüberstellt, was wir brauchen und was wir haben. Jetzt haben Sie die 60 Millionen nicht bestätigt. Können Sie sagen, wie viel gebraucht wird und wie viel da ist?

KAUTZ: Ich kann Ihr Interesse verstehen, Frau Buschow. Aber Sie müssen sehen, dass es heute den ganzen Tag über Bemühungen gibt und Gespräche laufen, um zusätzlichen Impfstoff zu besorgen. Wenn ich Ihnen jetzt irgendeine Zahl nennen würde, könnte die eigentlich schon wieder hinfällig gewesen sein. Insofern macht es keinen Sinn, in irgendeiner Weise Zahlen zu nennen. Die Zahl 60 Millionen, von der Sie gesprochen haben, auch die Größenordnung, ist definitiv falsch.

ZUSATZFRAGE BUSCHOW: Dann versuche ich es mit einer Nachfrage anders: Es gilt ab Mitte März die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die ja bereits beschlossen ist. Das heißt, man muss, um die durchzusetzen, zumindest absichern können, dass die Leute, die das betrifft, bis dahin eine Erst- und Zweitimpfung bekommen. Ist die jetzt in Gefahr oder nicht?

KAUTZ: Frau Buschow, auch das ist eine Frage, die in die Zukunft gerichtet ist, die auch gerade das erste Quartal des kommenden Jahres betrifft. Das kann ich so nicht beantworten.

VORS. WELTY: Sascha Meyer von dpa: Zielen die Bemühungen des Ministers um mehr Impfstoff jetzt akut auf den Januar oder eher auf Februar und März?

KAUTZ: Primär geht es erst einmal darum, die ersten Wochen im Januar vernünftig zu gestalten. Aber natürlich geht es auch weitergehend darum, für das erste Quartal mehr Impfstoff insgesamt zu beschaffen.

FRAGE WOLF: Anschließend an die Frage von Frau Buschow würde ich es gerne noch einmal versuchen. Sie müssen uns ja nicht sagen, wie viele zusätzliche Dosen Sie jetzt versuchen zu bekommen. Aber die Aussage, dass die bei der Inventur festgestellte Menge nicht ausreicht, muss ja auf irgendwelchen Annahmen basieren. Wovon gehen Sie aus, wie viel im ersten Quartal gebraucht wird? Wie viele sind nach jetzigem Stand da?

KAUTZ: Das hängt davon ab, wie viele der ausgelieferten Dosen jetzt verimpft werden und wie viele kommen. Ich kann Ihnen dazu keine weiteren Angaben machen. Tut mir leid, Frau Wolf.

VORS. WELTY: Miriam Hollstein versucht es auch noch einmal: Ist genug da, um alle, die es wollen, boostern zu lassen? Wofür sind die zusätzlichen Impfdosen nötig? Für das Boostern oder für eine vierte Impfung?

KAUTZ: Ich hatte gerade schon gesagt, dass wir zwei Komponenten betrachten müssen: Die eine ist die Boosterimpfung, und das andere ist, die Impflücke zu schließen. Wir sprechen im nächsten Jahr darüber, eine Impfpflicht einzuführen. Wir haben eine Impfpflicht für besondere Einrichtungen beschlossen. Für alle drei Komponenten brauchen wir Impfstoff, und den versuchen wir zu beschaffen.

VORS. WELTY: Boris Reitschuster möchte wissen: Haben Sie Schätzungen, wie viele medizinische Mitarbeiter wegen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ihre Arbeit aufgeben werden? Wenn nein, warum wurden solche Schätzungen nicht angefertigt?

KAUTZ: Uns ist nicht bekannt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im größeren Stil die Pflegeheime verlassen hätten.

FRAGE JESSEN: Können Sie sagen, in welchem Bereich sich die Zusagen der angefragten Institutionen bewegen, zusätzlichen Impfstoff zu liefern?

KAUTZ: Nein.

VORS. WELTY: Auch diese Frage kommt von Boris Reitschuster: Wie viele Mitarbeiter der Bundeswehr haben eine COVID-Impfung abgelehnt, absolut und prozentual? Wie geht die Bundeswehr mit diesen Mitarbeitern weiter um?

COLLATZ: Dazu gab es umfangreiche Informationen, auch bereits von dieser Stelle aus. Es ist ja erst seit wenigen Tagen so, also seit Ende November, dass die Duldungspflicht in der Bundeswehr umfänglich eingeführt wurde. Es gibt noch keine vollständige Datenerhebung darüber, wo es zu Problemen kommt. Dazu müsste ich dann dementsprechend etwas nachliefern.

Hinsichtlich des möglichen disziplinarischen Geschehens für eine eventuelle Verweigerung verweise ich auch auf unsere Online-Seiten. Das wird dort gut dargestellt.

FRAGE JOACHIM: Es geht um das Urteil des Bundesgerichtshofs, dass gerade eben gesprochen wurde. Dabei geht es um die Generalstaatsanwaltschaft, die ja Revision gegen das Strafmaß von André Eminger eingelegt hat, einem Unterstützer des NSU, der zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Die wollte das Strafmaß gerne auf zwölf Jahre erhöhen. Das wurde jetzt, wie gesagt, verworfen. Deshalb gibt es die Befürchtung, dass auch die anderen Verfahren im NSU-Komplex damit wohl eingestellt werden und die juristische Aufarbeitung des Komplexes abgeschlossen sein könnte. Was sagt die Bundesregierung zu diesem Urteil? Wie will die Bundesregierung jetzt ihrem Aufklärungsversprechen nachkommen, das ja auch im Koalitionsvertrag festgehalten ist?

STS HEBESTREIT: Vielleicht zum Ersten: Es ist so, dass wir an dieser Stelle üblicherweise keine Urteile unabhängiger Richter kommentieren. Insofern kann ich Ihr Interesse an dieser Stelle verstehen, aber Sie müssen verstehen, dass wir das immer so halten.

Grundsätzlich ist es so, dass der NSU-Terror diese und auch vorangegangene Bundesregierungen in der Aufarbeitung intensiv beschäftigt hat. Gleichzeitig gibt es einen Rechtsweg, der unabhängig und unbeeinflusst von der Politik ist. Insofern gehen wir weiter mit den Bestrebungen voran, die wir haben, um diesen Komplex aufzuklären. Es gab mindestens zwei Untersuchungsausschüsse, wenn ich das richtig im Kopf habe, die das ermittelt haben. Es gibt auch Opferbeauftragte, wenn ich das richtig weiß. Da lassen wir also nicht nach. Aber ein Gerichtsentscheid ist ein Gerichtsentscheid.

VORS. WELTY: Es gibt zwei sich sehr ähnliche Online-Fragen zum Prozess wegen Mordes im Kleinen Tiergarten, und zwar von Manuel Bewarder von der „WELT“ und von Geir Moulson von AP. In beiden Fragen geht es um die Feststellung des Kammergerichts, dass der Tiergarten-Mord im Auftrag staatlicher Stellen Russlands erfolgt sei. Gibt es eine Stellungnahme der Bundesregierung dazu? Wie wir die Bundesregierung reagieren?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, dieses Urteil ist wenige Minuten alt. Ich habe das Urteil an sich auch nur per Kurzinformation auf dem Weg hierher gesehen, aber nicht die Begründung. Insofern ist es noch zu früh für eine Reaktion der Bundesregierung darauf.

VORS. WELTY: Inwiefern soll diplomatisches Personal aufgefordert werden, das Land zu verlassen?

STS HEBESTREIT: Das wäre ja eine Reaktion, von der ich gerade gesagt habe, dass es dafür noch zu früh ist.

VORS. WELTY: Dann geht es online um die Waffenlieferung an die Ukraine. Es wurde bereits am Montag die Blockierung der von der Ukraine bereits bezahlten Waffenlieferung durch die Regierung von Angela Merkel angesprochen. Wird die jetzige Regierung diese Blockade aufgeben?

BURGER: Ich muss wie schon am Montag um Verständnis dafür bitten, dass ich zu diesem Sachverhalt an dieser Stelle keine weitergehenden Auskünfte erteilen kann, weil die entsprechenden Verfahren der Vertraulichkeit im Bündnis unterliegen.

VORS. WELTY: Nachfrage von Nataliia Fiebrig von „1+1 TV“ aus der Ukraine: Erkennt die Bundesregierung das Recht der Ukraine zur Selbstverteidigung an? Wie ist die Position zu Waffenlieferungen an die Ukraine?

BURGER: Die Außenministerin und auch der Bundeskanzler haben sich in den letzten Tagen sehr eindeutig zu unserer Unterstützung für die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine geäußert. Das ist eine Position, die wir mit all unseren Partnern und Freunden in der EU, in der NATO und im G7-Kreis teilen. Wir haben auch sehr deutlich gemacht, dass wir bereit sind, Maßnahmen in dem Fall zu ergreifen, dass Russland erneut die territoriale Integrität der Ukraine verletzen würde, und dass das einen hohen wirtschaftlichen und diplomatischen Preis hätte. Wir haben aber auch deutlich gemacht, dass unser Ziel ist, eine Deeskalation zu erreichen, und dass es uns darum geht, wieder zu Gesprächen im Normandie-Format zu kommen, was das Format ist, in dem bisher über eine Entspannung in der Ostukraine verhandelt wurde. Das sind die Bemühungen, mit denen wir versuchen, dort zu einer Beruhigung der Lage beizutragen, und dabei ziehen wir mit all unseren internationalen Partnern an einem Strang.

FRAGE JESSEN: Geheimhaltungspflichten im Bündnis sind eine Sache. In der Vergangenheit hat die Regierung dies, wenn sie betreffende Informationen falsch waren, gleichwohl auch klargestellt. Dementieren Sie, Herr Burger, oder dementiert die Bundesregierung vor diesem Hintergrund den Teil der Berichterstattung, dass es an Deutschland gelegen habe, dass die Waffenlieferungen nicht erfolgt seien?

BURGER: Ich habe ja dargelegt, aus welchen Gründen ich mich zu diesem Vorgang gar nicht äußern kann.

ZUSATZ JESSEN: Ja, aber in der Vergangenheit konnte die Bundesregierung sehr wohl, wenn inhaltliche Vorwürfe falsch waren, sagen: Das ist inhaltlich falsch. – Damit wird ja sozusagen nicht eingegriffen oder keine Geheimhaltungspflicht verletzt. Wenn Sie das jetzt nicht tun, dann nehmen Sie in Kauf, dass in der Öffentlichkeit davon ausgegangen wird, dass der Berichtsinhalt wohl nicht falsch sei.

BURGER: Es tut mir sehr leid, Herr Jessen, aber ich kann über das hinaus, was ich Ihnen hier gerade schon gesagt habe, im Moment nichts mitteilten.

STS HEBESTREIT: Ich möchte gerne noch ergänzen, dass der Bundeskanzler heute Mittag ja gemeinsam mit dem französischen Präsidenten und dem ukrainischen Präsidenten Selensky am Rande des EU-Gipfels bzw. des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft in Brüssel treffen wird. Dabei werden all diese Fragen behandelt, also jetzt nicht die Fragen, die Sie direkt angesprochen haben, aber die Frage der ukrainischen Sicherheit, die Fragen, wie die Lage im ukrainischen Grenzgebiet aussieht, und die Frage, wie die Unterstützung Europas und der Alliierten aussehen kann.

Klar ist, und das hat Herr Burger ja auch sehr deutlich gemacht: Es geht im Augenblick um eine Deeskalation der Lage. Es geht darum, Transparenz in Bezug darauf zu schaffen auch durch die russische Seite , was diese Truppenbewegungen im Grenzgebiet sollen. Es geht um Informationen und nicht darum, jetzt noch weiter Öl ins Feuer zu gießen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wären, so gesehen, Waffenlieferungen weiteres Öl im Feuer, und würden sie dem Deeskalationsanspruch widersprechen?

STS HEBESTREIT: Ich bin ja neu hier, aber nicht so neu, dass ich nicht gelernt hätte, dass man auf hypothetische Fragen besser nicht antwortet.

VORS. WELTY: Boris Reitschuster meldet sich auch noch einmal zum Thema der Ukraine. Herr Burger, Sie sprechen für den Fall einer russischen militärischen Aggression von einem hohen wirtschaftlichen und diplomatischen Preis. Sind Sie sich darüber bewusst, dass dies in Moskau als Zusage aufgefasst werden könnte, dass es eben kein weiteres Eingreifen gibt, etwa in Form von Waffenlieferungen?

BURGER: Ich werde jetzt hier nicht mit Herrn Reitschuster über Interpretationen dessen diskutieren, was ich gesagt habe, was die Außenministerin gesagt hat, was der Bundeskanzler gesagt hat oder was wir auch im Kreis unserer Verbündeten und Partner in zahlreichen Statements in den vergangenen Tagen gesagt haben. Ich glaube, die Botschaft ist eigentlich eine sehr klare, nämlich dass wir geschlossen an der Seite der Ukraine stehen insbesondere, was ihre Souveränität und ihre territoriale Integrität angeht und dass wir als Partner und Verbündete auch entsprechend zu handeln bereit sind.

FRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, noch einmal zu dem Dreiertreffen, dass da stattfinden wird: Wird es dann irgendeine Art von Kommunikation geben?

Was genau ist das Ziel? Was ist dafür also außer der Information und dem Meinungsaustausch geplant? Verabreden die drei irgendetwas Neues, entweder eine diplomatische Initiative oder einen anderen Punkt?

STS HEBESTREIT: Auch da kann ich mich an die Floskeln von dieser Bank halten und sagen: Solchen Gesprächen greifen wir grundsätzlich nicht vor. Die treffen sich jetzt. Wenn es danach etwas zu verkünden oder zu informieren gibt, dann komme ich dem gerne nach, Herr Rinke, aber im Vorfeld wäre das kontraproduktiv.

VORS. WELTY: Dann habe ich noch eine Online-Frage von Javier Alonso von EFE zu einem neuen Thema: Wird die Durchführung eines Referendums in der Westsahara nach dem UN-Plan nach der Aktualisierung des Außenministeriums bezüglich der Beziehungen zwischen Deutschland und Marokko noch von der Bundesregierung unterstützt?

BURGER: Die Haltung der Bundesregierung zum Status der Westsahara hat sich nicht verändert. Insofern gibt es da auch keinen neuen Stand mitzuteilen.

VORS. WELTY: Nachfrage: Wird der von Marokko vorgelegte Autonomieplan für das Territorium als ausreichend erachtet, um die Ziele der Vereinten Nationen zu erreichen?

BURGER: Die Klärung des Status der Westsahara ist ein Prozess, der unter Führung der Vereinten Nationen stattfinden muss. Das ist der Prozess, dem wir verpflichtet sind. Wenn es dazu Vorschläge von marokkanischer Seite gibt, dann sind wir für Vorschläge aufgeschlossen. Aber das ist, wie gesagt, ein Prozess, der unter Federführung der Vereinten Nationen stattfinden muss, und insofern hat es keine Veränderung der deutschen Haltung und auch keine Veränderung der Völkerrechtsauffassung Deutschlands gegeben.

FRAGE DR. RINKE: Eine Frage an Herrn Burger zum Thema Bosnien: Gestern ist gesagt worden, dass es auf dem EU-Gipfel noch keine Beschlüsse geben werde, weil keine Sanktionen vorbereitet seien. Können Sie bitte noch einmal sagen, was der nächste Weg ist? Wenn man sagt als Bundesregierung, aber auch viele in der EU , jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, an dem man Herrn Dodik klarmachen müsse, welchen Preis er für seine Abspaltungstendenzen zahlen muss, wie wird das dann vorbereitet? Laufen da im Moment Gespräche zwischen den Außenministerien bzw. wann könnten die kommen?

BURGER: In der Tat, die Außenministerin hat im Anschluss an das Treffen der EU-Außenminister am Montagnachmittag auch gesagt, dass sie sich am Rande dieses Treffens gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen dafür eingesetzt hat, dass wir als EU ein klares Zeichen gegen solche Abspaltungsbemühungen setzen und dass wir auch sicherstellen, dass eine destruktive Politik von Herrn Dodik und der Republika Srpska nicht ohne Konsequenzen bleibt, weil das eine scharfe und gefährliche Attacke gegen die Einheit Bosnien und Herzegowinas und gegen den Frieden von Dayton darstellt. Deswegen ist für uns einerseits klar, dass wir bilaterale Unterstützung nicht in eine Entität lenken werden, die aktiv daran arbeitet, Bosnien-Herzegowina als Gesamtstaat zu zerstören, und dass wir uns auch auf EU-Ebene dafür einsetzen, bei der Projektmittelverteilung entsprechende Anpassungen vorzunehmen.

Wir möchten aber auch innerhalb der Europäischen Union über restriktive individuelle Maßnahmen der Europäischen Union gegen diejenigen, die die territoriale Integrität des Landes infrage stellen, diskutieren. Dazu sind wir jetzt im engen Austausch mit unseren europäischen Partnern, aber auch beispielsweise mit den USA und Großbritannien am Rande des G7-Treffens der Außenministerinnen und Außenminister. Insofern ist das ein Thema, zu dem jetzt Beratungen stattfinden. Was aus unserer Sicht das Ziel dieser Beratungen sein muss, hat die Außenministerin deutlich gemacht, nämlich solchen inakzeptablen abspalterischen Tendenzen ein klares Stoppschild zu setzen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Darf ich noch einmal nach der zeitlichen Perspektive fragen: Wie muss man sich das vorstellen? Werden noch in diesem Jahr Sanktionsvorschläge entweder vom Europäischen Auswärtigen Dienst oder von deutscher Seite vorbereitet, oder kommt das dann erst im neuen Jahr?

BURGER: Ich kann Ihnen dazu keinen präzisen Zeitplan nennen, weil das ja nicht allein in den Händen der Bundesregierung liegt, sondern natürlich auch eine Frage der Abstimmung mit den europäischen Partnern ist.

FRAGE GOLDSZMIDT: Ich habe eine Frage an Herrn Burger zur Position der neuen Bundesregierung zu Venezuela. Die Regierung Guaidós bröckelt und das Mandat Guaidós endet im Januar. Wie bewertet die neue Bundesregierung bzw. das Auswärtige Amt die bisher wenig erfolgreiche Strategie der Unterstützung Guaidós? Wird es eine neue Strategie oder neue Impulse diesbezüglich geben?

BURGER: Ich muss Sie um Verständnis bitte: Die neue Regierung ist jetzt wenige Tage alt und die Außenministerin hat beinahe die gesamte Zeit seit ihrer Amtsübernahme auf ihren Antrittsreisen verbracht; deshalb hatte ich noch keine Gelegenheit, mit ihr über diese Frage zu sprechen.

Im Grundsatz bleibt es natürlich bei der Haltung, dass Deutschland wie die gesamte Europäische Union dafür eintritt, dass die Venezolanerinnen und Venezolaner selbst über die politische Zukunft ihres Landes entscheiden können. Das bedeutet, dass es einen funktionierenden freien demokratischen Prozess in Venezuela braucht, in dem die Bürgerinnen und Bürger des Landes selbst entscheiden können, wer sie regiert.

FRAGE JESSEN: An das Bundeswirtschaftsministerium zum Fall Julian Assange: Herr Habeck hat im Lauf dieses Jahres öffentlich erklärt, ein faires Verfahren für Julian Assange bedeute für ihn die Forderung nach sofortiger Freilassung. Gilt diese Position für Herrn Habeck auch in der neuen Funktion, die er jetzt innehat, oder ist Minister Habeck jetzt anderer Meinung als der Parteivorsitzende Habeck?

EICHLER: Dazu kann ich Ihnen hier und heute nichts sagen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Dann würde ich Sie bitten, dazu etwas nachliefern; denn diese Frage richtet sich ja an die Person, und im Moment wüsste ich niemand anderen, der für diese Person sprechen könnte, als die Pressestelle des Wirtschaftsministeriums.

VORS. WELTY: Gibt es weiter Fragen? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann darf ich an dieser Stelle noch Christiane Hoffmann gleichzeitig verabschieden und begrüßen, die das Team derjenigen vervollständigen wird, die für die Regierung hier auf dieser Bank sitzen. Ansonsten wünsche ich einen guten Mittwoch!

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