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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 05. Januar 2022

Themen: Kabinettssitzung (Bericht der Bundesregierung über den Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und über das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen in Deutschland 2020, Ernennung von Beauftragten der Bundesregierung), Taxonomiepläne der EU, Fall Julian Assange, COVID-19-Pandemie, Ukraine-Konflikt, Feierlichkeiten in mehreren ukrainischen Städten anlässlich des Geburtstags von Stepan Bandera, Hassrede beim Messengerdienst Telegram, Zukunft der Deutschen Islamkonferenz, Auftrag der Bundeswehr zur Lieferung von Vektordaten in hoher Auflösung für das Gebiet der Russischen Föderation, Situation in Kasachstan, Kündigung der Energielieferverträge seitens mehrerer Stromanbieter, Einrichtung einer Kreditlinie der KfW für das Unternehmen Uniper SE

Themen/Naive Fragen zu:
00:00 Beginn
00:42 Bericht aus dem Kabinett
03:35 Beauftragte der Bundesregierung
04:29 EU-Klima-Taxonomie
05:51 Julian Assange
07:57 Beauftragte der Bundesregierung
10:37 Corona/COVID-19
40:36 Ukraine | Russland
46:33 Ukraine | Antisemitismus
48:35 Ukraine | Russland | EU
51:07 Telegram
54:47 Islamkonferenz
55:52 Bundeswehr | Russland
59:11 Kasachstan
01:00:14 Energiepreise
01:07:28 Uniper KfW-Kredit
01:08:35 Corona/COVID-19
01:10:19 Ende

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 05. Januar 2022:

STS HEBESTREIT: Wie üblich war heute, am Mittwoch, Kabinettssitzung. Ich möchte einen Tagesordnungspunkt kurz vortragen. Das ist der Bericht zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat dazu vorgetragen. Das ist der jährliche Bericht zur Lage und Entwicklung bei Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.

Im Coronajahr 2020 haben viele Beschäftigte, wie Sie alle wissen, im Homeoffice, in Kurzarbeit oder gar nicht gearbeitet. Diese Auswirkungen der Pandemie spiegeln sich auch in den Zahlen des SuGA-Berichts wider. Daher sind die in dem Bericht enthaltenen Zahlen auch nur beschränkt aussagefähig beziehungsweise vergleichbar mit denen der Vorjahre.

Insgesamt wurden 822 588 Arbeitsunfälle gemeldet. Das sind etwa 115 000 weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ist ebenfalls gesunken, nämlich von 626 auf 508. Die Unfallquote, also die Zahl meldepflichtiger Arbeitsunfälle je 1000 Vollbeschäftigte, liegt bei 19,4 Prozent.

Naturgemäß ist auch die Zahl der Wegeunfälle gesunken, und zwar auf rund 154 000. Das sind 34 000 Fälle weniger als zuvor. Die Zahlen der tödlichen Arbeits- und Wegeunfälle sind um ein Fünftel niedriger.

Es geht auch um die Situation an den Schulen, die 2020, wie wir alle wissen, auch lange Zeit geschlossen waren. Demzufolge ist auch dort ein Rückgang an Schulunfällen um 41,3 Prozent auf knapp 700 000 zu verzeichnen. Die Zahl der Schulwegeunfälle ist um 34 Prozent auf etwa 72 000 gesunken. Die Zahl der tödlichen Schulunfälle ist um 17 auf insgesamt 27 Fälle gesunken.

Die Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit sind um 31 Prozent auf 111 055 Fälle gestiegen. Dieser Anstieg gegenüber 2019 lässt sich vor allem mit der Anerkennung von COVID-19 als Berufskrankheit für Beschäftigte, die bei ihrer Tätigkeit einer Infektionsgefahr ausgesetzt sind, erklären. Demnach ist die Anzahl anerkannter Berufskrankheitenfälle auf ein Rekordhoch von 39 551 Fällen gestiegen. Das ist knapp eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr.

So weit der Bericht aus dem Kabinett.

Vielleicht ergänze ich noch eine Stelle. Es wurde eine Reihe von Beauftragten der Bundesregierung benannt. Die reichen wir nach. Das ist eine relativ lange Liste. Das können wir bei Bedarf machen.

VORS. BUSCHOW: Der Bedarf ist sicherlich vorhanden.

Frage DR. RINKE: Herr Hebestreit, ich darf bei dem letzten Punkt anknüpfen, bei den Beauftragten. Da gibt es ja traditionell immer eine ganz lange Liste. Anscheinend sind aber noch nicht alle Beauftragten ernannt worden. Gibt es eine Frist, bis wann das geschehen soll? Wird eigentlich bei allen Beauftragten nach dem Muster verfahren, dass sie in den Ministerien jeweils zu den Parteien gehören müssen, die auch die Ministerin oder den Minister stellen?

STS HEBESTREIT: Die Liste umfasst heute sieben Namen. Die Liste der Beauftragten ist, wie Sie richtig sagen, deutlich länger und wird in den nächsten Wochen vervollständigt werden.

Ihre zweite Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten. Mein Gefühl sagt mir, dass das in der Regel der Fall sein wird. Aber ob das so gesetzt ist, müsste ich nachreichen.

Frage DAKE: Waren die Taxonomiepläne der EU heute Thema im Kabinett?

STS HEBESTREIT: In der Kabinettssitzung waren sie kein Thema.

Zusatzfrage DAKE: Wie ist der Stand der Meinungsbildung dazu? Wird man sich in Brüssel enthalten oder dagegenstimmen?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, da gibt es gegenüber den sehr ausführlichen Ausführungen hier von vorgestern, von Montag, von mir keinen neuen Stand. Man guckt sich jetzt an, wie der Vorschlag des „delegated acts“ im Detail genau aussieht. Das prüft man in den einzelnen Häusern. Dann setzt man sich zusammen und entwickelt eine gemeinsame Haltung der Bundesregierung. Wenn die entwickelt ist, teilen wir sie auch mit.

Frage KÜFNER: Sie haben gesagt, die Taxonomie sei nicht Teil der Kabinettssitzung gewesen. Aber was ist denn mit der Vorabberatung? Können Sie zu Themen daraus berichten?

STS HEBESTREIT: Es ist das Schöne, dass ich sehr früh gesagt habe, die Vorabberatung des Kabinetts ist vertraulich. Darüber wird auch nicht berichtet.

Zusatzfrage KÜFNER: Die Themen auch nicht?

STS HEBESTREIT: Nein.

Frage JESSEN: Ist unter den Themen, die nicht verzeichnet worden sind, darüber gesprochen worden, dass Julian Assange heute seit genau 1000 Tagen in Haft sitzt? Hat die Bundesregierung irgendeine konkrete aktuelle Meinung dazu?

STS HEBESTREIT: Das Thema Julian Assange ist in der Kabinettssitzung heute nicht diskutiert worden.

Zusatzfrage JESSEN: Dann wäre die Frage, vor allem an das Auswärtige Amt, wenn ich das in die Richtung geben darf, und vielleicht auch an das Wirtschaftsministerium: Sind denn die beiden Amtsinhaber, der Minister und die Ministerin, die noch vor einem Jahr die sofortige Freilassung Julian Assanges als Bestandteil eines fairen Verfahrens gefordert haben, noch immer dieser Meinung? Als wir das letzte Mal, vor etwa, drei, vier Wochen, fragten, hieß es, man kenne in diesen Häusern die Urteilsbegründung noch nicht und könne deswegen nichts sagen. Das sollte inzwischen bekannt sein.

Burger: Ich glaube, es gibt schon einen etwas neueren Stand, den ich Ihnen vor drei Wochen auf Ihre Frage hin auch schon mitgeteilt hatte, als ich Ihnen darüber berichtet habe, dass die Außenministerin bei ihrer Teilnahme am Rande des Treffens der G7-Außenministerinnen und -Außenminister in Liverpool mit der britischen Außenministerin über diesen Fall gesprochen hat. Das ist ein Fall, der international viele Menschen bewegt. Das ist auch ein Fall, an dem die Außenministerin interessiert ist. Deswegen hat sie, wie gesagt, das Gespräch mit ihrer britischen Amtskollegin in Liverpool dazu gesucht.

Im Übrigen möchte ich noch einmal auf das verweisen, was ich Ihnen vor drei Wochen – ich glaube, so lange ist es her – auch zum Stand des Verfahrens gesagt habe.

VORS. BUSCHOW: Will das Wirtschaftsministerium ergänzen?

DR. SÄVERIN: Dazu kann ich nichts ergänzen. Herr Minister Habeck hat sich dazu geäußert. In dieser Frage kann ich keinen neuen Sachstand vermitteln.

VORS. BUSCHOW: Ich springe beim Kabinett noch einmal auf das Thema der Beauftragten zurück. Es gibt nämlich online die Bitte, die Beauftragten, die benannt wurden, zu nennen, wenn das möglich ist.

STS HEBESTREIT: Das mache ich natürlich sehr gerne; es sind ja auch nur sieben.

Ich fange mit Franziska Brantner an, die für die Dauer der Amtszeit als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz als Sonderbeauftragte der Bundesregierung für die Umsetzung der Extractive Industries Transparency Initiative in Deutschland benannt wird.

Anna Christmann, Mitglied des Deutschen Bundestages, wird die Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt.

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das noch keine Abkürzung hat, Michael Kellner, wird Beauftragter für den Mittelstand.

Claudia Müller wird Koordinatorin der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Tourismus.

Luise Amtsberg wird Beauftragte für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt.

Sven Lehmann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, wird Beauftragter für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, also Queer-Beauftragter.

Für das Amt des Beauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit der Bundesregierung wird im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Frank Schwabe beauftragt.

Frage ABBAS: Nach unseren Informationen soll es auch einen Rückführungsbeauftragten der Bundesregierung geben, der mit unkooperativen Herkunftsländern über Abschiebungen verhandeln soll. Wo soll diese Stelle angesiedelt werden? Wird das im Bundesinnenministerium oder im Auswärtigen Amt sein? Können Sie etwas zu dieser Stelle sagen? Wird es die geben? Wenn ja, wo?

Alter: Im Bundesinnenministerium liegen im Moment keine Informationen darüber vor. Dass dieser Themenbereich zu bedienen ist, ist klar. Seit Jahren gibt es im BMI einen Stab, der sich mit Rückkehrfragen beschäftigt. Aber ob es einen Beauftragten dafür geben soll, kann ich im Moment nicht beantworten.

VORS. BUSCHOW: Ich möchte jetzt in den Bereich weiterer Fragen einsteigen, die mir zum Teil schon vorab signalisiert worden sind. Das erste Thema ist Corona. Ich starte mit einer online eingereichten Frage von Rebecca Beerheide vom „Deutschen Ärzteblatt“: Wie sieht der Zeitplan für die MPK am 7. Januar aus? Wann beginnt die Sitzung? Welche Zusammensetzung ist geplant? – Ich glaube, dazu gab es am Montag noch keine Antwort. Vielleicht gibt es jetzt eine.

STS HEBESTREIT: Ich glaube, die Zusammensetzung der Ministerpräsidentenkonferenz ist klar. Das sind die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer und die Bundesregierung unter der Führung des Bundeskanzlers. Der Beginn der Sitzung am Freitag ist für 13 Uhr terminiert. Wenn Sie mich jetzt fragen, wann sie zu Ende sein wird und wann die Pressekonferenz ist, kann ich Ihnen das leider nicht sagen. Das liegt in der Natur der Dinge. Schauen wir mal.

Frage ABBAS: Wird es vor der MPK noch eine Stellungnahme des Expertenrats geben? Wenn ja, wann?

STS HEBESTREIT: Das weiß ich tatsächlich nicht. Ich habe mich das auch gefragt. Der Expertenrat tagt vertraulich. Das hat er gestern getan. Ich habe heute Medienberichte wahrgenommen, wonach für morgen noch eine Stellungnahme angekündigt worden ist. Das kann ich nicht bestätigen. Das heißt aber nicht, dass die nicht kommt. Aber der Expertenrat macht das unabhängig. Insofern müssen wir das abwarten.

Frage BÄSECKE: Ich habe eine Frage zum Thema Coronaschutzmasken. Da hatten wir ja anfangs der Pandemie eine Knappheit. Deswegen wurde die Herstellung auch in Deutschland subventioniert. Mittlerweile ist es aber so, dass die chinesischen Masken wohl ca. 5 Cent günstiger sind, weswegen die deutschen Masken hier auf Halde liegen und man weiter in China kauft. Die Frage ist: Warum werden die deutschen Masken nicht gekauft, wenn sie doch ursprünglich einmal subventioniert wurden? – Danke.

Gülde: Zurzeit werden unsererseits keine Masken weiter angekauft. Der Maskenankauf beziehungsweise die Versorgung erfolgt durch die Einrichtungen selbst. Insofern kann ich Ihnen jetzt im Augenblick keine Angaben dazu machen.

Zusatzfrage BÄSECKE: Wäre es für diesen Fall aus Ihrer Sicht vielleicht sinnvoll, dass der Preis nicht das einzige Kriterium für eine öffentliche Ausschreibung ist, sondern dass man dabei gesamtwirtschaftliche Maßstäbe ansetzt? Es gibt einzelne Betriebe, die dafür selbst sehr viel Geld in die Hand genommen haben und in denen jetzt Leute auf Kurzarbeit sitzen, während die Masken, die dort sind, nicht verkauft werden.

Gülde: Das kann ich Ihnen jetzt ad hoc nicht beantworten. Gegebenenfalls müsste ich das nachreichen. Eventuell müssten sich noch einige Ressorts dazu abstimmen.

Frage WOLF: Meine Frage geht vermutlich an das BMG. Ich habe eine Frage zu der Wirksamkeit beziehungsweise zu der Aussagekraft der Selbsttests beim Nachweis von Omikron. Dazu gab es Daten aus den USA. Zuletzt haben Sie darauf verwiesen, dass es Empfehlungen in Deutschland gibt, dass diese Tests bei Omikron durchaus wirksam sind. Der Gesundheitsminister wollte sich dahin gehend noch informieren. Haben Sie dazu einen neuen Stand?

Gülde: Nein. Aktuell habe ich dazu keinen neuen Stand. Gegebenenfalls müsste ich auch das noch nachreichen.

Zusatzfrage WOLF: Können Sie denn sagen, ob es in Deutschland vor dem Hintergrund der Infektionslage, wie sie bei uns speziell ist, weiterhin Untersuchungen dazu gibt, wie aussagekräftig diese Tests beim Omikronnachweis sind?

Gülde: Sie wissen ja, dass es auf der Webseite des BfArM eine Liste von für die Erstattung zugelassenen Antigenschnelltests gibt. Diese wird vor dem Hintergrund neu auftretender Varianten fortwährend evaluiert. Insofern wird diese nach wie vor aktualisiert, auch wenn neue Tests hinzukommen.

Frage : Der Gesundheitsminister hat für die MPK auch neue Kontaktbeschränkungen angekündigt. Jetzt wollte ich erst einmal wissen, ob das auch die Position der Bundesregierung insgesamt ist und ob Sie, Herr Hebestreit, vielleicht schon etwas Konkreteres dazu sagen könnten.

STS HEBESTREIT: Der zweite Satz macht mir die Antwort auf Ihre erste Frage leichter. Die MPK tagt am Freitag um 13 Uhr. Dann wird alles miteinander diskutiert. In der Regel ist es so, dass man sich in der Bundesregierung eng abstimmt. Insofern können Sie auch davon ausgehen, dass wir anhand der Zahlen, die wir haben, genau abwägen, welche Konsequenzen wir ziehen.

Es gibt eine enge Abstimmung mit dem Expertengremium, mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Herr Kroemer war heute auch im Kabinett und hat dort als Vorsitzender des Expertengremiums vorgetragen. Insofern gibt es da einen breiten Konsens über das, was jetzt zu tun ist. Aber das diskutieren wir erst im üblichen Verlauf.

Heute werden die Chefinnen und Chefs der Senats- und Staatskanzleien zusammengeschaltet. Parallel läuft meines Wissens eine Gesundheitsministerinnen- und Gesundheitsministerkonferenz von Bund und Ländern.

Am Freitag gibt es erst die Vorbesprechung. Dann besprechen sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung. Im Anschluss gibt es eine Pressekonferenz im Kanzleramt. Dann werden alle Ihre Fragen hoffentlich beantwortet werden können.

Frage DR. RINKE: Ich möchte auf das Maskenthema zurückkommen und Herrn Säverin etwas fragen. Das Wirtschaftsministerium hat ja damals die Förderung von heimischen Schutzmasken, FFP2-Masken, OP-Masken mit eigenen Förderprogrammen angeregt. Ich wollte gerne wissen, ob Sie uns eine Bilanz vorlegen können, zu wie viel Produktion das geführt hat und wie Sie die Aussage kommentieren, dass jetzt zunehmend wieder chinesische Masken eingekauft werden. Denn es war ja erklärtes Ziel der Bundesregierung gewesen, die Abhängigkeit von Importen, zum Beispiel aus China, durch eine heimische Produktion deutlich zu reduzieren. Ist dieser Versuch gescheitert, oder gibt es neue Initiativen, um das doch noch zu ändern?

DR. SÄVERIN: Vielen Dank. – Die Bundesregierung hat drei Förderprogramme für Vorprodukte im Zusammenhang mit der Coronapandemie initiiert. Das ist zum einen das Filtervlies für die Masken. Das ist zum anderen Borosilikatglas. Das sind die kleinen Fläschchen, in denen der Impfstoff transportiert wird. Das dritte Förderprogramm für Vorprodukte im Zusammenhang mit der Coronapandemie sind die Speziallipide. Dazu gab es gestern eine Pressemitteilung.

Der Begriff der Vorprodukte legt nahe, dass es tatsächlich nur um einen Schritt innerhalb der Produktion geht. Wir haben keine zuverlässigen Erkenntnisse darüber, wie viel Produktion dadurch wirklich angeregt wurde; denn nur die Förderung von Vorprodukten gibt noch keine klare Aussage darüber, wie viele Masken dann unter der Förderung produziert wurden. Ich kann mich gern erkundigen, ob wir aus der Branche Informationen darüber haben. Aber ich kann Ihnen momentan nichts dazu sagen.

Zusatzfrage DR. RINKE: Würden Sie sagen, dass das Ziel gescheitert ist, sich von chinesischen Importen unabhängiger zu machen?

DR. SÄVERIN: Die Absicht für diese Förderprogramme war, möglichst schnell reagieren zu können. Normalerweise reagiert der Markt auf Erhöhungen einer Nachfrage. Aber unter den besonderen Bedingungen der Coronapandemie war es erforderlich, Investitionsanreize und auch Investitionsunterstützungen zu geben.

VORS. BUSCHOW: Ich nehme eine online gestellte Frage an das Bundesgesundheitsministerium dazwischen: Bitte um Stellungnahme zum Anti-Corona-Medikament Molnupiravir von Merck. Die französische Regierung habe es schon vor Weihnachten wegen mittlerweile schlechter Ergebnisse abgewählt. In Deutschland ist es dagegen seit letztem Montag, wie geplant, erhältlich. Mich würde interessieren, was die Gründe für diese Entscheidung waren und was die zukünftigen Pläne der deutschen Regierung in Bezug auf Anti-Corona-Medikamente sind.

Gülde: Wie Sie wissen, sind wir permanent dabei, neu auf dem Markt befindliche Medikamente zur Behandlung von COVID-Patienten hinzuzukaufen. Wir hatten in der Vergangenheit zahlreiche Medikamente, unter anderem monoklonale Antikörper, beschafft. Dies gilt auch für weitere Medikamente, die auf den Markt kommen. Das ist eigentlich das, was ich dazu sagen kann.

VORS. BUSCHOW: Dann nehme ich noch eine zweite online gestellte Frage an Herrn Hebestreit dazu: Sie haben vorhin auf Medienberichte und den Expertenrat verwiesen, aber auch gesagt, dass Herr Kroemer heute im Kabinett war. Was genau hat er der Bundesregierung geraten? Zu welchem Empfehlungen ist das Gremium gekommen?

STS HEBESTREIT: Herr Kromer hat sich allgemein zur Situation in Deutschland eingelassen. Er stand den Kabinettsmitgliedern Rede und Antwort zu einer ganzen Bandbreite von Fragen. Aber wie ich schon gesagt habe: Die Kabinettssitzungen sind vertraulich. Daraus gibt es jetzt auch nichts an neuem Stand zu berichten.

Er hat nicht – das ist mir ganz wichtig zu betonen – die Position des Expertenrats zu irgendeinem Punkt dargelegt, sondern er hat einfach allgemein, auch aus seiner Erfahrung als Mediziner an der Charité, die Situation und auch seine Einschätzung zum Thema Omikron dargelegt.

Frage ABBAS: Ich habe eine Frage zu Omikron. Die Experten sagen ja, dass da eher mit milden Verläufen zu rechnen ist beziehungsweise dass man milde Verläufe beobachtet. Für wie gefährlich hält die Bundesregierung diese Virusvariante? Gibt es eine neue Einschätzung dazu?

STS HEBESTREIT: Der Bundesgesundheitsminister hat sich heute in einem Interview sehr breit dazu ausgelassen. Ich glaube, das beantwortet viele Ihrer Fragen. Deswegen habe ich schon an das Gesundheitsministerium verwiesen.

Gülde: Wie Sie schon richtig gesagt haben, ist davon auszugehen, dass es bei Omikron, zumindest bei Geimpften, eher zu milderen Verläufen kommt. Was uns allerdings Sorge bereitet, ist die explosionsartige Ausbreitung von Omikron. Diese Variante ist wesentlich ansteckender als die bisher aufgetretenen Varianten, auch Delta.

Nur um einmal eine Vergleichszahl zu haben: Wir haben innerhalb der vergangenen 24 Stunden weltweit 12,5 Millionen Neuinfektionen mit Omikron verzeichnen müssen. Um dazu einen Vergleichswert zu haben: Bei früheren Varianten waren das nie mehr als 1 Million. Das heißt, wir haben eine wesentlich höhere Zahl an täglichen Neuinfektionen. Das führt natürlich auch zu mehr Krankenhauseinweisungen, selbst wenn man dann unmittelbar mildere Verläufe hat. Das gefährdet auch die Funktionsfähigkeit der kritischen Infrastruktur. Das müssen wir gerade auch in anderen Ländern beobachten, unter anderem in den USA und in Großbritannien. Es gilt, sich auf diese Welle in Deutschland zeitnah vorzubereiten.

STS HEBESTREIT: Vielleicht darf ich dazu kurz ergänzen. – Wir sind jetzt genau in der Situation, dass wir auf Omikron blicken und dass wir eines wissen: Am besten vor Omikron und gegen eine Infektion schützt eine frische Boosterung. Das ist das Mittel, das einen auch längerfristig schützt, anders als zwei Impfungen. Die reichen am Ende nicht aus.

Deswegen haben wir seit 18. November eine massive Impf- und vor allem Boosterkampagne gefahren. Die war bis Heiligabend, bis Weihnachten sehr erfolgreich. Seither gibt es aber einen gewissen Knick. Das hat sicherlich mit den Feiertagen, mit Urlaubsreisen, mit Schließungen von Arztpraxen und Ähnlichem zu tun. Aber es ist ganz wichtig – deswegen auch noch einmal unsere massive Bitte, unsere Aufforderung, wer es noch nicht getan hat -: Lassen Sie sich boostern! Holen Sie sich die dritte Impfung! Das ist ein Schutz, der Sie über die nächsten Wochen und mehrere Monate hinweg vor einer Ansteckung schützt. Wenn Sie dennoch angesteckt werden, dann ist der milde Verlauf, von dem wir so locker reden, wahrscheinlicher. Es gibt ansonsten, auch bei einer zweifachen Impfung, noch immer die Sorge vor längerfristigen Folgen.

Wir haben bisher keine verlässlichen Daten, was mit Ungeimpften passiert, die Omikron erhalten. Das liegt auch daran, dass wir im internationalen Vergleich an gewissen Stellen bei den Impfungen hinterherhinken. Deswegen ist dieser Aufruf auch noch einmal – – – Wir haben ja gesagt, wir würden gerne bis Ende dieses Monats noch einmal weitere 30 Millionen Impfungen und Boosterungen schaffen. Dann hätten wir alle Geimpften einmal geboostert. Das wäre ein großer Schritt, um auch die Belastung für die kritische Infrastruktur im Griff zu behalten. Da noch einmal ein Appell an alle, diese Möglichkeiten zu nutzen. Der Impfstoff dafür ist vorhanden. Das haben der Bundesgesundheitsminister und viele andere immer wieder betont. Das ist tatsächlich ein Schutz.

Auch der mildere Verlauf, von dem wir schon mehrfach gehört haben, ist kein Pappenstiel. Das ist vielleicht nicht so dramatisch wie die schlimmsten Deltavarianten. Aber das ist noch immer eine schwere Erkrankung. Man ist krank, und man fällt für eine ganze Weile aus. Deswegen ist das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ich glaube, so kann ich auch das, was ich heute im Kabinett von mehreren Experten gehört habe, zusammenfassen.

Zusatzfrage ABBAS: War es angesichts dieser Einschätzung der explosionsartigen Ausbreitung so klug, die Testpflicht für Geboosterte an einigen Stellen wegfallen zu lassen? Überlegt man, sie wieder einzuführen, etwa in Restaurants?

STS HEBESTREIT: Solche Überlegungen kenne ich nicht.

Zusatzfrage ABBAS: Aber war es sinnvoll, sie wegfallen zu lassen?

STS HEBESTREIT: Da ich keine Überlegungen kenne, sie wieder einzuführen, gehe ich davon aus, dass man das für sinnvoll hält. Ja.

Gülde: Dem kann ich mich anschließen. Grundlage dafür sind entsprechende Untersuchungen seitens des RKI zur Transmissionswahrscheinlichkeit von geimpften Personen. Gerade bei Geboosterten sehen wir eine deutliche Verringerung der Transmissionswahrscheinlichkeit, also wenn diese sich selbst möglicherweise infiziert haben, auch andere zu infizieren.

VORS. BUSCHOW: Ich nehme zwei Fragen, die online gestellt wurden, zusammen, weil es bei beiden mehr oder weniger um die Diskussion geht, was die Verkürzung der Quarantänezeit angeht.

Boris Reitschuster fragt das Gesundheitsministerium: Auf welchen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht der Vorschlag, dass bei dreifach geimpften Menschen die Quarantänezeit ohne Test verkürzt werden soll?

Panajotis Gavrilis vom Deutschlandfunk fragt zur Corona-Warn-App: Wer eine rote Kachel hat, bei dem bleibt sie 14 Tage in der App vermerkt. Ist geplant, diesen Zeitraum zu verkürzen und die Implementierung eines negativen Tests zu ermöglichen, damit die Corona-Warn-App wieder auf Grün springt?

Gülde: Zur ersten Frage von Herrn Reitschuster: Dazu hat sich Herr Minister Lauterbach heute im RND-Interview geäußert. Die angedachte Verkürzung der Quarantäne basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Generationszeit. Wie lange ist die Phase, in der sich das Virus im Körper ausbreitet und die Phase, in der ein Mensch tatsächlich ansteckend ist? Bei Omikron ist diese Generationszeit viel kürzer. Insofern lässt sich bis zu einem gewissen Grad die Quarantänezeit verkürzen.

Zur zweiten Frage, was die Corona-Warn-App angeht: Bislang ist keine Verkürzung dieses Zeitraums angedacht. Hintergrund des Ganzen ist: Wenn Sie eine solche Warnmeldung haben, müssen Sie ja nicht automatisch in Quarantäne, sondern Sie sollen sich natürlich selbst beobachten, ob Sie Symptome entwickeln und Sie sollten sich entsprechend testen lassen. Wenn Sie eine solche rote Warnmeldung haben, ist das auch eine Indikation dafür, dass Sie diesen Test, beispielsweise einen PCR-Test, vornehmen lassen können. Insofern gibt es keine Pläne, diesen Zeitraum zu verkürzen.

Frage BUDRAS: Ich hätte eine Verständnisfrage zum Thema Quarantäne. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind die Quarantäneregeln eigentlich Ländersache. Dient dieses Treffen am Freitag auch einer gewissen Vereinheitlichung? Wenn das so ist, wie groß ist denn die Spreizung derzeit? Können Sie dazu irgendwelche Angaben machen? Offensichtlich scheint es da ja unterschiedliche Regelungen zu geben.

Gülde: Dazu kann ich keine Angaben machen. Aber ja, deshalb trifft man sich natürlich. Ich kann die Gespräche natürlich nicht vorwegnehmen. Ziel des Ganzen ist aber schon, dass man zu einem einheitlichen Verständnis kommt. Die Gespräche kann ich, wie gesagt, nicht vorwegnehmen.

Zusatzfrage BUDRAS: Zu den unterschiedlichen Regelungen in den Ländern – – –

Gülde: Ich müsste Sie leider bitten, sich an die Länder zu wenden.

STS HEBESTREIT: Ich glaube, an der Stelle muss man sagen: Es kommt mit Omikron ein neuer Faktor hinzu. Bisher ist es so, dass die 14-Tage-Regel aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse gilt, wie lange es dauert, bis Delta nicht mehr ansteckend ist, wenn man so will. Das, was das Bundesgesundheitsministerium ausgeführt hat, ist, dass sich Omikron schneller ausbreitet, aber dann auch wieder schneller – in Anführungszeichen – abklingen kann.

Dann muss man sich auch noch überlegen – das haben wir hier in der Vergangenheit gemacht -, dass wir die kritische Infrastruktur im Blick haben müssen. Wenn Sie nach England oder in die USA gucken, weiß man, was passieren kann, wenn diese starken Infektionszahlen unabhängig vom Krankheitsverlauf dafür sorgen, dass die Leute nicht zur Arbeit gehen können, sondern sich in häuslicher Quarantäne aufhalten sollen – ob sie Kontaktpersonen oder sogar Infizierte sind – und dass man an dem Punkt insbesondere für diejenigen, die nicht Teil der kritischen Infrastruktur sind, eine Regelung findet, die gesundheitlich zumutbar und zuverlässig ist und trotzdem diese Aufrechterhaltung ermöglicht. Darum geht es jetzt im Augenblick, und deshalb guckt man sich diese Quarantäneregeln neu an. Das wird am Freitag auch Thema bei der Ministerpräsidentenkonferenz sein.

Frage DR. RINKE: Herr Gülde, Sie haben eben auf die starke Ausbreitung von Omikron hingewiesen. Können Sie uns sagen, ob Omikron mittlerweile in Deutschland oder in Teilen von Deutschland dominant ist? Es gibt ja einige Bundesländer, zum Beispiel Berlin, die gemeldet haben, dass Omikron bei ihnen dominant sei. Was ist der Kenntnisstand, was die gesamte Bundesrepublik Deutschland angeht?

Gülde: Zurzeit gehen wir deutschlandweit von einem Omikronanteil von 25 Prozent aus. Wie Sie schon richtig gesagt haben, gibt es einige Bundesländer, insbesondere im Norden Deutschlands, in denen Omikron bereits die dominierende Variante ist. Insofern müssen wir eigentlich davon ausgehen, dass Omikron in kurzer Zeit – eigentlich in wenigen Tagen – bundesweit die dominierende Variante sein wird.

VORS. BUSCHOW: Hans von der Burchard von „POLITICO“ fragt mit Blick auf die französische Ratspräsidentschaft: Aus Paris ist zu hören, dass wegen der Coronasituation erwogen wird, keine Minister zu den informellen EU-Ministertreffen in Frankreich zu schicken beziehungsweise nur virtuell teilzunehmen. Gibt es diese Überlegungen? Gibt es dazu bereits Entscheidungen? Wird Außenministerin Baerbock nächste Woche am Gymnich-Treffen teilnehmen?

STS HEBESTREIT: Meines Wissens gibt es dazu bislang überhaupt keine Festlegungen.

Dann ist es ja so, wie wir das immer machen: Über die Termine der jeweiligen Ministerinnen, Minister und des Bundeskanzlers entscheiden wir zeitnah.

VORS. BUSCHOW: Hat das Auswärtige Amt etwas zu ergänzen?

Burger: Nein.

Frage KÜFNER: Herr Gülde, die amerikanische FDA hat den BioNTech-Impfstoff für Boosterimpfungen ab 12 Jahren freigegeben. Inwieweit gibt es diesbezüglich im deutschen Gesundheitsministerium Überlegungen? Macht man sich weiterhin von der EMA-Zulassung abhängig oder will man das auch unabhängig davon vorantreiben?

Gülde: Wir haben uns hier in Deutschland auf das Verfahren geeinigt, dass die EMA die Institution für die Zulassung von Impfstoffen ist. Das gilt auch für die Boosterimpfungen. Insofern müsste entsprechend die Entscheidung der Europäischen Arzneimittelbehörde abgewartet werden.

Dazu ist allerdings noch eines zu sagen: Grundsätzlich ist es ja so, dass, wenn ein Impfstoff für eine bestimmte Altersgruppe zugelassen ist, das durchaus eine Auffrischungsimpfung ermöglicht. In diesem Fall aber warten wir, wie gesagt, entsprechend die Zulassung ab.

Frage WOLF: Herr Alter, eine Frage zur Belastung der kritischen Infrastruktur. Mich würde interessieren, ob es in irgendeiner Weise eine bundesweite Koordinierung oder Empfehlung gibt, wie Notfallpläne erarbeitet werden können, beispielsweise bei den Wasser- oder Stromversorgern, oder setzt man da auf Landeskompetenzen, auf regionale Kompetenzen?

Inwiefern ist das BBK eingebunden? Kann das BBK überhaupt eingebunden werden?

Alter: Bei der Bewältigung von solchen Situationen, auch wenn sie im Moment noch theoretischer Natur sind, ist es immer klug, beides miteinander zu verbinden. Koordinierung ist sinnvoll auf zentraler Ebene. Aber die letztliche Umsetzung der notwendigen Maßnahmen muss natürlich vor Ort laufen, weil dort die Kenntnisse und auch die besten Kompetenzen vorliegen.

Das BBK ist inzwischen festes Mitglied im Krisenstab der Bundesregierung. Der Krisenstab beschäftigt sich intensiv mit der Frage der kritischen Infrastruktur. Es gab inzwischen eine Abfrage und entsprechende Rückmeldungen aus den Bundesländern, sodass ein erster Überblick über die derzeitige Situation besteht. Es wird auch die Frage diskutiert, in welcher Weise man die unterschiedlichen Bereiche der kritischen Infrastruktur – also vom Gesundheits- und Notfallwesen bis hin zur Ernährungswirtschaft, Finanzwirtschaft und Ähnlichem – priorisieren kann, sodass für den Fall des Eintretens einer Engstelle planmäßig vorgegangen werden kann. Das findet im Moment statt, und das BBK ist fest eingebunden.

Zusatzfrage WOLF: Verstehe ich es richtig, dass man momentan noch dabei ist, Erkenntnisse und Daten zu sammeln und auszuwerten, aber das BBK nicht aktiv beratend beteiligt ist?

Alter: Die Beratung findet in dieser Weise statt. Ich fange jetzt nicht an, sozusagen den Bereich der kritischen Infrastruktur neu zu definieren, sondern das sind Erkenntnisse, die bereits zusammengetragen wurden. Das sind Planunterlagen, die bereits beim BBK vorliegen. Aber jetzt wird es eben durch Omikron konkret und jetzt wird das, was an theoretischen Konzepten vorliegt, mit Leben gefüllt. Es werden Abfragen in den Bundesländern gemacht: Wie sieht es bei euch aus? Gibt es bereits Engpässe oder ist Moment noch alles funktionsfähig? Daraus werden Schlussfolgerungen gezogen und dann wird sozusagen priorisiert, wie man im Fall der Fälle vorgeht, was am Wichtigsten für die Gesellschaft ist und wo man vielleicht mit geringerer Priorität herangehen muss. Das ist im Prinzip die Konkretisierung des Theoretischen.

Zusatzfrage WOLF: Wenn es die Erkenntnis gibt, dass es lokal zu Engpässen kommt, was tut das BBK dann konkret?

Alter: Dann berät das BBK den jeweils betroffenen Bereich, was genau jetzt zu veranlassen ist. Eventuell wird auch mit Ressourcen unterstützt. Auch das ist ja in den Denkmodellen enthalten. Wenn in einem Bereich Personalausfälle in größerer Zahl stattfinden, muss das personell kompensiert werden. Auch das wird vorgedacht.

VORS. BUSCHOW: Es gibt noch eine Frage online von Boris Reitschuster, die sich an das Bundesgesundheitsministerium richtet. Er schreibt: Das Statistische Bundesamt melde seit Monaten eine Übersterblichkeit, die nicht mit Corona zu erklären sei. Im November sei sie noch einmal massiv angestiegen. Dann verweist er auf Äußerungen des Sprechers des Gesundheitsministeriums, dass man diese Zahlen sicherlich noch einmal bewerten wird und fragt jetzt nach: Haben Sie zwei Monate später Erkenntnisse?

Gülde: Nein. Letztlich ist es so: Die genauen Ursachen für diese Übersterblichkeit im Herbst müssen derzeit noch erörtert werden. Dafür müssen erst alle Krankassendaten ausgewertet werden. Das läuft zurzeit. Insofern kann ich zu dieser Frage noch keine Angaben machen.

Frage JESSEN: Herr Gülde, Sie haben ja beschrieben, dass Omikron zwar weniger schwer sei, aber das durch die explosionsartige Vermehrung der Fälle überlagert würde, sodass dann eben doch mehr Hospitalisierungsfälle anfallen. Haben Sie Zahlen, die diese Relation belegen können? Man kennt das als Rebound-Effekt. Wenn bei Automotoren der Spritverbrauch um ein Drittel sinkt, aber sich die Zahl der zugelassenen Wagen verdoppelt, wird unterm Strich mehr emittiert. Gibt es Berechnungen, die diese Relationen, die Sie sagen, darlegen?

Gülde: Ja, solche Berechnungen gibt es, Herr Jessen. Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann jetzt keine wirklich seriöse Zahl vor dem Hintergrund nennen, dass das von verschiedenen Faktoren abhängt.

Herr Hebestreit hat es ja auch gerade gesagt: Wir reden vor allem bei geimpften Personen beziehungsweise bei geboosterten Personen von einem milderen Verlauf. Was Ungeimpfte angeht, lässt sich noch nichts seriös sagen. Es liegen noch nicht genügend Daten vor. Aber wir erleben natürlich trotzdem in der Masse eine höhere Zahl an Krankenauseinweisungen. Es gibt Zahlen, die sich ungefähr im Bereich eins zu fünf abspielen. Das möchte ich aber, wie gesagt, an dieser Stelle gar nicht kommentieren.

Zusatzfrage JESSEN: Können Sie sagen, was eins zu fünf bedeutet?

Gülde: Eins zu fünf würde in dem Fall bedeuten, dass wir in Bezug auf Delta beziehungsweise Omikron mit fünf Krankenhauseinweisungen weniger rechnen müssen, um dieses Verhältnis dann wirklich herstellen zu können. Wenn wir jetzt eine geringere Wahrscheinlichkeit hätten, dass Menschen ins Krankenhaus müssten, würde dadurch die kritische Infrastruktur gefährdet werden. Wir reden jetzt immer davon, ab wann die kritische Infrastruktur gefährdet ist. Das wäre in dem Fall wirklich so, wenn im Verhältnis Delta und Omikron ein Mensch beziehungsweise fünf Menschen ins Krankenhaus müssten.

VORS. BUSCHOW: Das nächste Stichwort lautet Ukraine. Ich beginne mit Fragen, die online gestellt wurden.

Tim Braune von der „Rheinischen Post“ erkundigt sich nach dem geplanten Besuch des außenpolitischen Beraters Plötner in Moskau. Er fragt: Was erwartet die Bundesregierung vom Moskau-Besuch zur Ukraine? Ist ein zeitnahes Treffen im Normandie-Format auf Spitzenebene denkbar?

Ergänzend kommt die Frage von der Nachrichtenagentur TASS: Können Sie sagen, was genau auf der Tagesordnung stehen wird?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, ich kann es relativ kurz machen. Jens Plötner ist zu Gesprächen in Moskau. Über das, was dort auf der Tagesordnung steht, ist natürlich Vertraulichkeit vereinbart worden. Das gilt genauso für die Erwartungen.

Wir sind sehr froh, dass es zu diesen Gesprächen kommt. Vorher haben sich Frankreich und Deutschland mit der ukrainischen Seite über eine Videokonferenz verständigt und sich zusammengeschaltet. Jetzt ist man vor Ort in Moskau und spricht dort mit dem russischen Counterpart. Wir haben hier ja mehrfach betont, dass wir hoffen, die Situation in der Ukraine und im benachbarten Ausland, sage ich einmal vorsichtig, zu deeskalieren. Wir haben immer wieder gesagt: Es soll eine politische Lösung geben. Wir bemühen uns darum, dass alle die miteinander sprechen, die miteinander sprechen sollen. Insofern ist das ein erster Punkt.

Wir haben weitere: Für den 12. Januar ist der Nato-Russland-Rat anberaumt. Das wäre auch ein weiteres Gremium. Die OSZE soll auch wieder sprechen, und auch das Außenministerium ist sehr agil. Insoweit ist dies das, was wir zu diesem Zeitpunkt sagen wollen und können.

Frage KÜFNER: Herr Hebestreit, Herr Burger, die Außenministerin ist ja nach Washington aufgebrochen und hat gesagt, dass klar sein muss, dass das Handeln Russlands einen Preis haben muss. Auf welcher Ebene wird denn gerade eine Liste von möglichen Sanktionen besprochen?

Burger: Ich glaube, vergleichbare Äußerungen kennen Sie auch vom Bundeskanzler aus den vergangenen Wochen. Das ist in der Tat ein Thema, an dem wir innerhalb der Bundesregierung und eben auch mit den Partnern in Europa und auch mit den transatlantischen Partnern schon seit einigen Wochen im Gespräch sind. Das ist sicherlich auch Thema der Gespräche der Außenministerin in Washington. Die Außenministerin hat auch sehr deutlich gesagt: Entscheidend ist, dass wir da als Partner – auch als transatlantische Partner – an einem Strang ziehen.

STS HEBESTREIT: Vielleicht noch ergänzend: Ich glaube, Sie können immer davon ausgehen, dass wir in dieser Bundesregierung eng, vertrauensvoll und partnerschaftlich zusammenarbeiten, und auch in dieser sehr besonderen Frage tun wir das.

Zusatzfrage KÜFNER: Herr Burger, Sie hatten vor einigen Wochen, vor Weihnachten, auf meine Frage, ob andere Formate außer dem Normandie-Format angedacht sind, darauf verwiesen, dass das Ziel weiterhin bleibe, zum Normandie-Format zurückzukehren. Jetzt sehen wir sehr viele andere Formate. Sind Sie damit diesem Ziel nähergekommen oder ist der Eindruck des Außenministeriums, dass man weiter davon entfernt ist?

Burger: Die Außenministerin hat vor Aufbruch nach Washington auch gesagt – ich paraphrasiere -: Es gibt jetzt eine ganze Reihe von verschiedenen Formaten, aber entscheidend ist ja, dass wir in all diesen verschiedenen Gesprächen dieselbe gemeinsame Botschaft senden. Diese gemeinsame Botschaft ist klar, dass Grenzen in Europa unverletzlich sind und dass wir insofern als internationale Gemeinschaft und als europäische und transatlantische Partner zusammenstehen und dass jetzt der Weg zur Lösung des Konflikts nur über den Dialog führt. Es ist gut, dass es jetzt eine Reihe von verschiedenen Gelegenheiten dafür gibt – im Nato-Russland-Rat, in der OSZE. Es wird sicherlich auch weitere Gesprächsformate geben, an denen auch Deutschland beteiligt ist. Der Regierungssprecher hat gerade über die gemeinsamen Gespräche von Herrn Plötner mit seinem französischen Kollegen in Moskau und mit der Ukraine berichtet; das ist ein Beispiel. Auch im Auswärtigen Amt gibt es Pläne für weitere Gesprächsformate.

Überall, in all unseren Gesprächen – auch mit den westlichen Partnern und beispielsweise auch beim G7-Außenministertreffen in Liverpool – ist immer auch die Unterstützung für eine Fortsetzung der Gespräche im Normandie-Format zum Ausdruck gekommen. Das ist das etablierte Format, in dem von allen Seiten akzeptiert in der Vergangenheit über die Lösung des Konflikts in der Ostukraine gesprochen wurde und aus unserer Sicht und auch aus Sicht unserer Partner auch weiter gesprochen werden sollte. Sie haben mitbekommen, dass es in den Gesprächen, die jetzt geplant sind, auch um Fragen der europäischen Sicherheitsordnung geht, die über den Konflikt im Donbass hinausgehen. Auch das ist legitim. Wie gesagt, um Fortschritte bei der Umsetzung des Fahrplans von Minsk für die Ostukraine zu erreichen, ist und bleibt aus unserer Sicht das Normandie-Format das akzeptierte Format.

VORS. BUSCHOW: Eine Frage vom Kollegen Wiegold von augengeradeaus.net, bei dem, glaube ich, die Autokorrektur zugeschlagen hat. Ich vermute, er meint, Borrell habe eine EU-Trainingsmission in der Ukraine angesprochen, und fragt: Wie steht die Bundesregierung dazu?

Burger: Das ist eine Diskussion, die seit einiger Zeit in Brüssel läuft. Ich kann Ihnen da keinen aktuellen Diskussionsstand mitteilen, aber das ist etwas, was in den Brüsseler Gremien seit längerer Zeit diskutiert wird.

Frage WARWEG: Am 1. Januar kam es in Kiew und anderen ukrainischen Städten zu Feierlichkeiten anlässlich des Geburtstages des Nazi-Kollaborateurs und radikalen Antisemiten Stepan Bandera. Das israelische Außenministerium hat diese Fackelmärsche verurteilt und eine Aufklärung beziehungsweise Untersuchung von antisemitischen Manifestationen während dieser Märsche gefordert. Da würde mich interessieren: Teilt die Bundesregierung, teilt das Auswärtige Amt diese Einschätzung des israelischen Partners, was die Verurteilung des Marsches und die Aufklärung der antisemitischen Vorfälle während dieser Märsche angeht?

Burger: Die Bundesregierung verurteilt und stellt sich gegen jede Form von Antisemitismus und gegen jede Glorifizierung der Verbrechen der Nazis. Ich kann Ihnen ergänzend sagen, dass wir natürlich auch die von der Organisation Ukrainischer Nationalisten teilweise unter Leitung Banderas begangenen Verbrechen insbesondere an Zivilisten verurteilen. Ein erheblicher Anteil – das muss man im Kopf behalten – dieser Verbrechen wurde in Kollaboration mit deutschen Besatzungstruppen begangen.

Zusatzfrage WARWEG: Das israelische Außenministerium hat diese Verurteilung am 1. Januar formuliert. Wenn ich das richtig gesehen habe, hat das Auswärtige Amt bis jetzt, also bis zu dieser Regierungspressekonferenz, noch keine Stellung dazu genommen. Können Sie erläutern, wieso Sie eine Woche damit gewartet haben, das in dieser Form zu verurteilen?

Burger: Sie haben mir jetzt die Frage gestellt.

Zusatzfrage WARWEG: Also ohne Frage keine Verurteilung?

Burger: Ich kann nicht sagen, ob unsere Botschaft in Kiew dazu in irgendeiner anderen Form kommuniziert hat. Ich glaube, unsere Haltung dazu ist sehr klar.

Frage DR. RINKE: Herr Burger, ich möchte noch einmal zu der Borrell-Reise und der, wie Sie sagten, in Brüsseler Gremien diskutierten Ausbildungsmission in der Ukraine nachfragen: Unterstützt die Bundesregierung, dass die EU als solche auch so eine militärische Ausbildungsmission in der Ukraine unternimmt. Das hatten bisher noch nicht gesagt.

Burger: Wie gesagt, das ist etwas, das derzeit in Brüssel diskutiert wird, und da stellt sich natürlich auch die Frage, was überhaupt Parameter dafür sein können. Insofern ist es noch zu früh, um über eine Positionierung der Bundesregierung zu sprechen.

Zusatzfrage DR. RINKE: Aber gibt es denn irgendeine Haltung hier in Berlin, ob so eine Mission sinnvoll wäre, oder würde sich die Bundesregierung auf die Position stellen, dass das, wenn man das überhaupt macht, eher im Nato-Rahmen geschehen würde?

Burger: Ich muss jetzt wirklich noch einmal auf das verweisen, was ich gerade gesagt habe: Die Diskussionen dazu laufen in Brüssel, und es ist zum jetzigen Zeitpunkt zu früh, um sich dazu zu positionieren, ob das gut oder schlecht ist.

Frage : Die Bundesaußenministerin hat die jetzige Phase auch als eine entscheidende Phase bezeichnet. Was führt zu dieser Einschätzung? Was bedeutet das, wenn diese Gespräche jetzt scheitern würden? Sieht sie da tatsächlich die Möglichkeit eines militärischen Konflikts?

Noch einmal zu den Formaten: Ist eines der verschiedenen Formate dann eventuell auch ein direktes bilaterales Gespräch zwischen Scholz und Putin?

Burger: Ich möchte jetzt nicht Antworten auf hypothetische Fragen geben, „Was wäre, wenn…“. Die Außenministerin hat darauf hingewiesen, dass jetzt eine ganze Reihe von wichtigen Gesprächen anstehen. Ich werde jetzt auch nicht noch einmal wiederholen, welche das sind; das haben wir, glaube ich, alle parat. Natürlich ist es wichtig, dass es bei diesen Gesprächen gelingt, den Einstieg in konstruktive Lösungen zu finden. Daran arbeiten wir, daran arbeitet die Außenministerin jetzt bei ihren Gesprächen in den USA. Es ist auch eine ganze Reihe von weiteren Gesprächen, auch der Außenministerin, in Vorbereitung. Das ist das, was ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt dazu sagen kann.

Zu Terminen des Bundeskanzlers wird Herr Hebestreit sicherlich gleich das sagen, was er bei solchen Fragen meistens sagt.

STS HEBESTREIT: Soll ich es sagen oder haben Sie es sich gemerkt? – Alles Weitere zu gegebener Gelegenheit.

Frage DAKE: An das BMI und das BMJ zu Telegram: Recherchen von tagesschau.de haben gezeigt, dass es auf Telegram in verschiedenen Gruppen seit einigen Wochen täglich Tötungsaufrufe gegen Politiker, Medienvertreter, Wissenschaftler und andere gibt. Ist das aus Ihrer Sicht Grund, noch einmal verstärkt gegen Telegram vorzugehen?

Alter: Die Grundposition kennen Sie: Gewalt bleibt Gewalt und Drohungen bleiben Drohungen, egal ob sie im Gespräch oder über eine Telegram-Gruppe veröffentlicht werden. Wer das tut, muss damit rechnen, dass er strafrechtlich belangt wird. Ich hoffe, das ist allen bewusst. Die Polizei tut jedenfalls das Mögliche, um diejenigen, die so etwas tun, dann auch entsprechend zu verfolgen.

Wir haben hier schon vor einigen Wochen bekanntgegeben, dass wir der Auffassung sind, dass Telegram unter die Regelungen fällt, die bestimmte Pflichten für die Anbieter vorsehen. Das Justizministerium kann vielleicht noch zum aktuellen Stand ergänzen.

Bönnighausen: Ich kann mich den Äußerungen von Herrn Alter da nur anschließen und kann sagen, dass, wenn dort Straftaten begangen werden, diese natürlich auch konsequent verfolgt werden müssen, gleichzeitig aber eben auch die sozialen Netzwerke wie Telegram da in Verantwortung sind und wir da auch nicht die Hände in den Schoß legen, sondern tatsächlich auch die Verfahren, von denen hier schon mehrfach die Rede war, weiter vorantreiben werden.

Zusatzfrage DAKE: Gibt es dazu inzwischen Kontakte zu Telegram in den Emiraten? Gibt es da irgendeine Antwort?

Bönnighausen: Bisher noch nicht, aber wie ich schon gesagt habe, sind wir wirklich dabei, das weiter voranzutreiben.

Zusatzfrage DAKE: Inwiefern?

Bönnighausen: Das kann ich im Moment noch nicht sagen.

Alter: Wenn ich noch einen Satz ergänzen darf: Wir müssen das Thema ja aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Das eine ist sozusagen das behördliche Vorgehen in Bezug auf den Anbieter des Kommunikationsdienstes und das andere ist das behördliche Vorgehen gegen diejenigen, die Bedrohungen über Telegram aussprechen. Es gibt diese Fälle; die kennen Sie auch. Der prominenteste Fall war der mit der Drohung gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer. Die Behörden sind also durchaus aktiv und versuchen, über diese öffentlichen Inhalte auch an die dahinterstehenden Personen heranzukommen. Dann gibt es zwar nicht immer Festnahmen, aber zumindest Identitätsfeststellungen, die Voraussetzung dafür sind, dass man Strafverfahren einleiten kann.

VORS. BUSCHOW: Boris Reitschuster hat dazu eine Onlinefrage an das Justizministerium. Er schreibt, an Telegram habe sich selbst der Kreml die Zähne ausgebissen. Wie wollen Sie das effektiver machen als der Kreml?

Bönnighausen: Ich glaube, was der mit auch schon in der Vergangenheit gesagt hat, ist, dass wir da natürlich versuchen, eine gemeinsame europäische Lösung zu finden und eben auch beim Digital Services Act weiter voranzukommen, da wir den Eindruck haben, dass wir da eher vorankommen können, wenn wir da mit mehreren europäischen Ländern zusammenarbeiten.

VORS. BUSCHOW: Dann gibt es zu einem weiteren Thema eine online von Haitham Aiash an das Innenministerium gestellte Frage. Er fragt: Will die Bundesinnenministerin die Islamkonferenz wiederbeleben, und wenn ja, wann?

Alter: Der Dialog mit den Religionsgemeinschaften ist der Bundesinnenministerin wichtig – nicht nur aus ihrer eigenen politischen Erfahrung, die sie mitbringt, sondern insbesondere auch, weil das Thema Religionsgemeinschaften auch im Koalitionsvertrag an mehreren Stellen Platz gefunden hat. Die bisherige Form des Dialogs war die Islamkonferenz. Ob es dabei bleibt oder ob dieser Dialog in einer Weise weiterentwickelt wird, ist noch offen; dafür ist es im Moment noch sehr früh. Man kann aber, glaube ich, jetzt schon sagen: Allein aus dem Auftrag, den die Regierung sich im Koalitionsvertrag selbst gegeben hat, wird der Dialog zu den Religionsgemeinschaften – auch zu den Muslimen – sicherlich fortgeführt werden.

Frage WARWEG: An das Verteidigungsministerium: Die Bundeswehr hat noch letztes Jahr die Erstellung von Vektordaten in hoher Auflösung für das Gebiet der Russischen Föderation in Auftrag gegeben. Mit Vektordaten kann man detailliertes Kartenmaterial oder auch Geoinformationssysteme erstellen, was unter anderem auch Befahrbarkeit des Terrains etc. umfasst. Da würde mich interessieren: Aus welchem Grund gibt die Bundeswehr die Herstellung dieser Vektordaten in Auftrag, vor allem eingedenk der Tatsache, dass sie ja eigentlich als Verteidigungsarmee konzipiert wurde? Aus welchem Grund braucht man diese Vektordaten der Russischen Föderation?

Routsi: Herr , ich muss jetzt einfach einmal eine Rückfrage stellen: Auf was beziehen Sie sich, auf welchen Auftrag? Das, was Sie ansprechen, ist mir nicht bekannt; da bräuchte ich ein paar Informationen, um Ihnen zu antworten.

Zusatz WARWEG: Die Bundeswehr hatte im Herbst einen Auftrag zur Erstellung von hochauflösenden Vektordaten über das Gebiet der Russischen Föderation gegeben. Das wurde medial auch aufgegriffen; auch die „WELT“ hatte darüber berichtet. Ich denke, die Bundeswehr sollte darüber informiert sein – diese Auftragsvergabe ist auch öffentlich einsehbar. Mich interessiert einfach nur, aus welcher Motivation heraus eine Verteidigungsarmee detaillierte Vektordaten der Russischen Föderation haben möchte.

Routsi: Ich finde das ganz spannend, denn mir sagt das gar nichts. Wenn Sie so freundlich wären, mir das gerne auch im Nachklapp mit einer Quellenangabe zur Verfügung zu stellen, dann kann ich sehr gerne prüfen, ob wir dazu etwas zu sagen haben. – Danke.

Zusatzfrage WARWEG: Dazu noch eine Verständnisfrage: Man kann nicht alles wissen, aber eine öffentliche Auftragsvergabe, die auch öffentlich einsehbar ist und über die auch schon Medien – ich habe es gesagt: unter anderem die „WELT“ – berichtet haben – – –

VORS. BUSCHOW: Herr , Sie wollten eine Nachfrage stellen. Gerade wiederholen Sie einfach Ihre Frage von vorhin. Vielleicht können Sie einfach kurz die Nachfrage stellen; denn ich habe noch eine ganze Reihe anderer Themen und wir nähern uns der Stunde. Ich will einfach ein bisschen auf die Tube drücken, damit die anderen Kollegen auch zu ihrem Recht kommen.

Zusatz WARWEG: Dann verbleiben wir im Bilateralen, alles gut.

Routsi: Ich bleibe auch noch einmal dabei: Für mich gibt es da bilateral gar nichts zu klären. Wenn Sie eine Frage an das Ministerium haben, dann können Sie das gern auch an den Verteiler richten. Ich antworte gerne auf alles, was Sie wissen möchten, aber wenn mir die Grunddokumente nicht vorgelegt werden und wir von Hörensagen sprechen, dann kann ich Ihnen nicht helfen, tut mir leid.

Zusatz WARWEG: Von Hörensagen sprechen wir nicht, aber mit „bilateral“ meinte ich auch, dass ich Ihnen die Quellen dann gerne zur Verfügung stelle.

Routsi: Dann verbleiben wir so.

VORS. BUSCHOW: Es gibt noch eine Frage zu einem außenpolitischen Thema von Anton Dolgunov von TASS: Verfolgt die Bundesregierung die Situation in Kasachstan, wo es seit Tagen Massenproteste gibt, und wie besorgt ist sie über die Lage?

Burger: Ja, wir verfolgen die aktuellen Entwicklungen in Kasachstan sehr aufmerksam, auch durch unsere Botschaft in Nur-Sultan und das Generalkonsulat in Almaty, wo sich diese Proteste ja konzentrieren. Unsere Vertretungen sind natürlich in fortlaufendem Kontakt mit ihren Kontakten in Regierungen und auch in der Zivilgesellschaft, und wir stimmen uns auch eng mit unseren europäischen Partnern dazu ab, einschließlich einer gemeinsamen Reaktion der EU auf die jüngste Entwicklung. Aus unserer Sicht ist entscheidend, dass sich die Lage wieder beruhigt. Dass die Regierung mit Vertretern der Protestierenden dort in einen Dialog getreten ist, ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt dorthin.

VORS. BUSCHOW: Dann kommen wir noch einmal zu einem neuen Thema. Ich bin mir nicht sicher, welches Ministerium antworten kann, tippe aber auf das Wirtschaftsministerium. Es geht um Energiepreise. Zahlreiche Stromanbieter, zum Beispiel Stromio, hätten Energielieferverträge mit Kunden einfach gekündigt, und diese fielen dann in teure Ersatzversorgung zurück. Karsten Wiedemann von Energate fragt dazu: Hält die Regierung dieses Vorgehen für rechtmäßig beziehungsweise plant sie regulatorische Maßnahmen?

DR. SÄVERIN: Im Energiewirtschaftsgesetz ist vorgesehen, dass für Versorgungsgebiete sogenannte Grundversorger festgelegt werden, die die Kunden aufnehmen, die von ihren eigenen Versorgungsanbietern nicht mehr versorgt werden können. Es wird regelmäßig festgelegt, wer Grundversorger ist.

In einigen Fällen ist es jetzt dazu gekommen, dass Kunden auf die Grundversorgung zurückgebracht worden sind.

Das ist das, was ich dazu sagen kann.

Haufe: Wir sehen momentan nicht die Notwendigkeit, das neu zu regeln. Aber wir verweisen vor allem darauf – der Kollege hat die Ersatz- und Grundversorgung angesprochen, in der die betroffenen Kundinnen und Kunden dann fallen -, dass sie die höheren Preise, mit denen sie dann konfrontiert sind, nicht einfach so hinnehmen müssen. Der Versorger, der die Kündigung ausspricht, begeht aus unserer Sicht einen Vertragsbruch. Der Kunde und die Kundin haben das Recht, für den Strom den gleichen Preis zu zahlen, den er oder sie mit seinem oder ihrem ersten Lieferanten, dem Hauptlieferanten, ausgemacht hat. Er oder sie muss dann die Preiserhöhung, die der Grundversorger möglicherweise vornimmt, weil er einfach einen anderen Strompreis kassiert, nicht hinnehmen. Das ist eigentlich der wichtigste Vorgang, den die Kundinnen und Kunden hierbei beachten sollten.

VORS. BUSCHOW: Das war – ich sage es für den Kollegen, der uns online zuschaut – das Ministerium für Umwelt und – jetzt auch – Verbraucherschutz, richtig?

Haufe: Richtig. Aus Sicht des Verbraucherschutzministeriums, ja.

Frage DR. RINKE: Herr Haufe, vielleicht können Sie es noch ein bisschen genauer erläutern, weil es ein interessanter Punkt ist. Wem gegenüber können die Kunden diese Forderung dann stellen? Denn es geht ja auch um Unternehmen, die in Konkurs gegangen sind. Muss das dann aus der Konkursmasse bedient werden?

Würde der Staat, falls dort kein Geld mehr zur Verfügung steht, einspringen, um den Kunden den alten Preis zu garantieren?

Haufe: Erst einmal ist das innerhalb der Geschäftsbeziehung zu klären, also zwischen dem Stromkunden und seinem Stromlieferanten, der eine Kündigung ausgesprochen hat. Dieser Stromlieferant ist verpflichtet, dem Kunden eine Schadensersatzleistung zu zahlen, wenn der Kunde letztlich einen höheren Strompreis zahlen muss. Er hat einen doppelten Schaden: Einerseits hat er den Schaden, dass er seinen Stromlieferanten verliert. Es ist ein Vertragsbruch entstanden. Andererseits hat er den Schaden, dass der Preis plötzlich gestiegen ist, was er so nie ausgemacht hat. – Dann kann er gegenüber dem Stromlieferanten, der ursprünglich mit ihm einen Vertrag hatte, eine Schadensersatzforderung stellen.

Zu der Frage, was Überlegungen betrifft, ob sich der Staat mit Ausgleichszahlungen einschaltet, kann ich momentan keine Angaben machen. Aber bisher gibt es diese Überlegungen nicht.

Zusatzfrage DR. RINKE: Sie sagten, Sie sähen momentan keinen Handlungsbedarf. Nun gibt es die Kritik an einigen Billiganbietern von Strom und Gas, dass an sich klar gewesen sei, dass sie, wenn es Preisschwankungen gebe, ihre Billigangebote nie halten könnten und dass das ein Risiko für die Verbraucher sei.

Ist die Verbraucherschutzministerin der Meinung, dass solche Billiganbieter künftig anders reguliert werden sollten?

Haufe: Ich kann erst einmal nur darauf verweisen, dass die Verbraucherzentralen selbst immer wieder darauf hingewiesen haben, dass solche Billiganbieter durchaus Berechnungen vornehmen, die vielleicht nicht wirklich vertrauenswürdig und dauerhaft seriös sind. Das ist eigentlich keine neue Erkenntnis. Darauf haben, wie gesagt, gerade Verbraucherzentralen immer wieder hingewiesen.

Ihre Frage, ob wir hier eine Regulierungslücke sehen, betrifft, denke ich, nicht nur unser Haus, sondern auch das für Energie zuständige BMWK. Das müsste sicherlich noch besprochen werden. Aber ich kann momentan keine Auskunft dazu geben, ob eine solche, wie es teilweise heißt, schwerwiegende Regulierungslücke wirklich besteht. Eine Antwort müssten wir nachreichen.

Zusatz DR. RINKE: Ich würde die Frage dann gern weiterreichen.

VORS. BUSCHOW: An das BMWi?

DR. SÄVERIN: Durch die volatilen Gaspreise und nachfolgend die volatilen Energiepreise sind auch neue Erkenntnisse über das Funktionieren dieser Märkte und über das Reagieren auf erhöhte Nachfrage entstanden. Ob daraus abzuleiten ist, dass ein Regulierungsbedarf besteht, muss diskutiert werden. Dazu gibt es noch keine Erkenntnisse.

Zusatzfrage DR. RINKE: Herr Hebestreit, in der Regierung wurde auch diskutiert, ob man einen Ausgleich vor allem für gestiegene Gaspreise zahlt. Nun gehen nicht nur Firmen kaputt, sondern die Kunden stehen, wenn Gasverträge auslaufen – im Februar stehen wohl viele Neuberechnungen für Verträge an -, vor der Situation, dass sich die Höhe der Gasrechnungen möglicherweise verdreifachen könnte.

Plant die Bundesregierung deswegen, Personen, die von diesen extremen Steigerungen betroffen sind, weitere Hilfen über die angedachten 100 Euro hinaus – diese Überlegung gab es ja – zur Verfügung zu stellen?

STS HEBESTREIT: Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen nichts Befriedigendes darauf antworten. Wir beobachten die Situation sehr genau. Sie haben die Planungen der Bundesregierung präzise beschrieben. Ob man noch darüber hinaus tätig werden muss, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar. Aber ich nehme das gern auf und mit. Sollte es dazu einen neuen Stand geben, teile ich ihn auch gern mit.

VORS. BUSCHOW: Ich nehme noch die Frage von Erika Solomon von der „Financial Times“ dazu. Ich vermute, dass sie sich an das Wirtschaftsministerium richtet, lasse mich aber gern wieder eines Besseren belehren. Sie schreibt, die KfW habe Uniper eine Kreditlinie von bis zu zwei Milliarden Euro gewährt, und fragt: Ist es das erste Mal, dass solch eine staatliche Kreditgarantie für ein Energie- beziehungsweise Versorgungsunternehmen vereinbart wurde?

DR. SÄVERIN: Ich kann bestätigen, dass die KfW eine Kreditlinie für das Unternehmen Uniper gegeben hat. Uniper hat dazu am 4. Januar um 20.15 Uhr eine Ad-hoc-Mitteilung verschickt, in der genau dargelegt wird, worin der Bedarf besteht. Ich habe leider keine Erkenntnisse darüber, ob das schon öfter passiert ist. Wenn dazu Erkenntnisse vorliegen, werde ich das nachreichen.

VORS. BUSCHOW: Gern über uns an den ganzen Verteiler!

Gülde (zur COVID-19-Pandemie): Herr Jessen, zu Ihrer Frage nach möglichen Modellierungen, inwieweit ein möglicherweise milderer Krankheitsverlauf bei der Omikronvariante ins Verhältnis zur rasanteren Ausbreitungsgeschwindigkeit zu setzen ist: Ich fürchte, dass ich mich in meiner Antwort ein bisschen vergaloppiert habe. Ich bitte dafür um Entschuldigung und würde es an dieser Stelle gern noch einmal probieren.

Es bleibt dabei, dass derzeit nicht seriös zu sagen ist, inwieweit ein solches Verhältnis gezeichnet werden kann, auch deshalb nicht, weil das von unterschiedlichen Faktoren abhängig ist, unter anderem natürlich auch von der Einhaltung der AHA-plus-L-Regeln und der Maßnahmen zur Kontaktreduzierung. Aber wenn man davon ausgehen würde, dass es tatsächlich einen milderen Krankheitsverlauf gäbe, dann müsste er wirklich fünfmal milder sein. Es müsste also eine fünfmal geringere Wahrscheinlichkeit geben, mit einer SARS-CoV-2-Infektion ins Krankenhaus zu kommen, um den Vorteil eines milderen Krankheitsverlaufs in Bezug auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit wirksam werden zu lassen. Aber das sehen wir zurzeit nicht.

 

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