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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 31. Januar 2022

Themen: Ukraine-Konflikt, mögliche Beendigung der EEG-Umlage, Internetplattform Telegram, AWG-Prüfung zur Übernahme der Siltronic AG, COVID-19-Pandemie, tödliche Schüsse auf Polizisten bei einer Verkehrskontrolle in Rheinland-Pfalz, Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Finanzierung des Hochschulbaus, Kurzarbeitergeld, Nuklearverhandlungen mit dem Iran, KfW-Energieförderung, Präsidentenwahl in Italien, Versammlungsrecht, Olympische Winterspiele in China, antimuslimischer Rassismus, Mali, Auslieferung von Julian Assange an die USA, Klimageld

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:28 Thema Erdgas-Versorgung
2:22 Thema Russland/Ukraine
3:19 Hans zu Erdgas-Versorgung
8:28 Thema EEG-Umlage
10:26 Thema Telegram
11:49 Tilo zu Telegram/Apple
12:50 Thema Siltronic-Übernahme
15:46 Thema Impfstatus/Arbeitslosengeld
18:32 Thema Corona-Politik
19:26 Hans zu Impfstoff-Überangebot
21:29 Thema Expertenrat
25:15 Tilo zu Expertenrat-Empfehlung
29:05 Thema Impfziel der Regierung
36:29 Tilo zu Expertenrat/Digitalisierung
42:27 Hans zu Stiko
43:52 Thema Schüsse auf Polizisten in RLP
45:06 Thema Missbrauch in der Kirche
50:01 Thema NetzDG/Google/Meta
52:11 Thema Hochschulfinanzierung
54:25 Thema Iran-Verhandlungen
56:14 Thema KfW-Energieförderung
56:49 Thema Italien
58:24 Thema Olympia in China
59:37 Thema Antimuslimischer Rassismus
1:01:10 Tilo zum Fall Assange
1:03:50 Hans zum Fall Assange
1:05:22 Thema Klimageld

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 31. Januar 2022:

VORS. WELTY eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS HEBESTREIT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

FRAGE DR. RINKE: Ich hätte gerne mit dem Thema Russland und Ukraine, einem größeren Komplex, begonnen, und zwar mit einem besonderen Fall, nämlich der Gasversorgung. Eine Frage ans BMWK: Frau Baron, können Sie sagen, ob es Vorbereitungen gibt, LNG aus Katar hier als Alternative zu russischem Gas einzusetzen? Wie ist der Stand bei dem Bau eines LNG-Terminals?

DR. BARON: Vorab möchte ich klarstellen: An Spekulationen im Kontext von irgendwelchen Sanktionsregimes beteilige ich mich hier nicht. Das möchte ich vorwegschicken, da das in den Medienberichten, die Sie zitieren, immer etwas mitschwang.

Im Übrigen gilt das, was ich auch am vergangenen Freitag gesagt habe: Wir beobachten die Lage sehr genau. Die Versorgungssicherheit ist aktuell weiter gewährleistet. Natürlich tut die Bundesregierung das Notwendige, damit die Versorgung gesichert ist.

Wir haben ja auch schon deutlich gemacht, dass wir mittelfristig unsere Vorsorge für den kommenden Winter noch mal stärken werden und dafür auch rechtliche und gesetzliche Änderungen vornehmen werden.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das Wort „Katar“ fiel in der Antwort jetzt nicht. Ich möchte danach fragen, ob Sie Katar als möglichen Lieferanten sehen, unabhängig von irgendwelchen Presseberichten.

DR. BARON: Das kann ich im Einzelfall nicht beurteilen. Der LNG-Markt ist ein Markt, der über die Marktakteure funktioniert. In den letzten Wochen haben wir gesehen, dass LNG verstärkt aus den USA in Europa angelandet ist. Wie sich das für andere Produzentenländer verhält, ist, wie gesagt, eine Sache, die der Markt berücksichtigt, wozu wir keine Stellung nehmen können.

VORS. WELTY: Wir bleiben beim Thema Russland/Ukraine. Frau Timofeeva fragt: Unter welchen Bedingungen sollte der Westen neue Sanktionen gegen Russland verhängen?

STS HEBESTREIT: Dazu würde ich verweisen auf die Äußerungen der Ministerin in den vergangenen Wochen, auch die Äußerungen des Bundeskanzlers. Da ist, glaube ich, sehr deutlich geworden, unter welchen Bedingungen wir über solche Szenarien nachdenken müssen.

VORS. WELTY: Trotzdem noch einmal die Nachfrage: Sollen die Sanktionen im Zusammenhang mit der sogenannten Aggression gegen die Ukraine stehen oder präventiven Charakter haben? Wie steht die Bundesregierung dazu?

STS HEBESTREIT: Die Bundesregierung hat da eine ganz klare Haltung und sagt: Verletzungen der territorialen Integrität und der Souveränität der Ukraine werden harte und klare Maßnahmen nach sich ziehen. Sanktionen sind solche Maßnahmen.

FRAGE JESSEN: Eine Frage ans BMWK, keine spekulative, sondern eine Lernfrage: Das in Deutschland ankommende Erdgas wird zu 56 Prozent aus Russland geliefert. Wäre es technisch überhaupt möglich, dies bei einem Wegfall zu kompensieren?

DR. BARON: Die Zahlen sind richtig; wir beziehen Erdgas zu rund 54, 55, 56 Prozent das schwankt immer etwas aus Russland. Wir beziehen es darüber hinaus zu einem geringeren Teil aus anderen Ländern, aber die großen Lieferungen kommen aus Russland; das ist richtig. Deswegen gilt das, was ich gesagt habe: Wir müssen die Lage immer sehr genau beobachten. Aktuell ist die Versorgungssicherheit gewährleistet.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das beantwortet aber nicht die Frage, ob ein so großer Anteil, über 50 Prozent, überhaupt technisch kompensiert werden kann. Das müssen Sie ja wissen.

DR. BARON: Auch da wiederhole ich nur noch mal das Gesagte. Wir haben in den letzten Wochen gesehen, dass sich Lieferwege sehr stark verändert haben. Bislang sind aufgrund der Preisfrage keine großen Mengen an LNG in Europa angelandet. LNG ist in der Regel teurer als Pipelinegas.

In den letzten Wochen haben wir angesichts der hohen Preise aber die Entwicklung gesehen, dass LNG in Europa angelandet ist. Insofern gibt es hier sehr viele unterschiedliche Wege für Versorgung. Die Auslastung der LNG-Terminals in ganz Europa beträgt aktuell 71 Prozent. Das ist ein sehr hoher Anteil, den wir so in der Vergangenheit nicht gesehen haben.

FRAGE DR. RINKE: Wenn die Auslastung jetzt bei 71 Prozent liegt, wie steht es mit den Planungen für den Bau eines LNG-Terminals in Deutschland? Das war vorhin noch ein Teil meiner Frage. Ist das konkreter geworden, oder haben Sie das ad acta gelegt?

DR. BARON: Die regulatorischen Voraussetzungen dafür wurden in der vergangenen Legislatur geschaffen, was die Netzentgeltregulierung angeht. Die regulatorischen Erleichterungen dafür sind also geschaffen.

Im Übrigen gibt es dafür unterschiedliche Mittel, die zum Beispiel aus der regionalen Wirtschaftsförderung zur Verfügung stehen. Das sind aber meistens Fragen, die über die Länder erfolgen, beispielsweise die GRW-Mittel der Gemeinschaftsaufgabe, für regionale Wirtschaftsförderung.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Die Nachfrage geht an Herrn Hebestreit, denn Olaf Scholz hat als Finanzminister den USA schon mal Investitionen von rund einer Milliarde Dollar für den Bau eines LNG-Terminals angeboten. Vertritt er diese Position noch immer?

STS HEBESTREIT: Er vertritt auf jeden Fall die Position, dass auch die Bundesrepublik Deutschland einen oder mehrere LNG-Terminals haben sollte. Es gibt konkretere Planungen in Brunsbüttel. Es gibt aber auch Überlegungen, so etwas in Stade und in Wilhelmshaven anzusiedeln. Das sind größtenteils privatwirtschaftliche Investitionen, die aber auch staatlicherseits sekundiert werden können.

Das von Ihnen angesprochene Angebot gab es im Zuge einer anderen Diskussion, was meines Wissens damals aber nicht zum Zuge kam. Dass der Bundeskanzler weiterhin davon überzeugt ist, dass Deutschland auch eigene LNG-Terminals haben soll, das stimmt.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe noch eine Frage zu Russland, wahrscheinlich an Herrn Burger. Großbritannien hat heute seine Bereitschaft erklärt, Sanktionen zu verhängen, und ist anders als einige andere Regierungen da spezifischer geworden und hat gesagt: Sanktionen gegen kremlnahe Personen, die mit einer möglichen Aggression gegen die Ukraine verbunden sind.

Deswegen hätte ich gerne gewusst: Gibt es da eine gemeinsame Absprache zwischen den westlichen Alliierten, jetzt doch über konkrete Sanktionen zu sprechen, oder ist das ein britischer Ausrutscher gewesen?

BURGER: Ich werde das nicht weiter kommentieren. Die Art und Weise, wie wir uns dazu äußern, haben Sie in den vergangenen Wochen ja mitbekommen. Die Ministerin hat neulich in einem Interview auch noch mal klargemacht, dass uns die russische Seite nicht in die Karten schauen lässt und wir umgekehrt das genauso handhaben.

Dass es zwischen den Verbündeten im Rahmen der EU, mit den USA, mit Großbritannien, im G7-Kreis eine extrem enge Abstimmung zum Vorgehen bei der Erstellung solcher Sanktionspakete für den Fall einer erneuten russischen Aggression gegen die Ukraine gibt, haben wir in den letzten Wochen auch immer wieder unterstrichen.

FRAGE POKRAKA: Ich habe eine Frage zur Abschaffung der EEG-Umlage. Frau Baron, wie wichtig ist denn der Bundesregierung, dass die Abschaffung der EEG-Umlage auch tatsächlich bei den Leuten ankommt? Denn das ist ja keineswegs garantiert.

Als Lernfrage dazu: Kann man das überhaupt gesetzlich regeln? Ist es überhaupt möglich, dass es eine Garantie gibt, dass das tatsächlich beim Kunden ankommt?

DR. BARON: Zum Thema EEG-Umlage stehen die Ressorts der Bundesregierung im engen Austausch. Das Ziel ist hier, die EEG-Umlage so früh wie möglich abzuschaffen. Die Gespräche hierzu laufen.

Im Übrigen gibt es Transparenzvorgaben zu den Strompreisbestandteilen sowohl in Angeboten als auch in Verträgen. Die Bestandteile müssen ausgewiesen werden, sodass für den Kunden ersichtlich ist: Was geht auf Beschaffungskosten zurück? Was geht auf Steuern und Abgaben zurück? Was geht auf andere Abgaben an den Staat zurück? Dann ist im aktuellen Rechtsregime die Transparenz hergestellt, was eine Preisänderung für den Endkunden bewirkt.

ZUSATZFRAGE POKRAKA: Es gibt rechtlich also keine Möglichkeit, die Versorger zu zwingen, eine Abschaffung der Umlage auch in den Preisen sichtbar werden zu lassen? Man kann es nur über Transparenzvorgaben machen; es geht gar nicht anders.

DR. BARON: Es gibt diese Transparenzanforderungen, die ja noch mal verstärkt wurden. Wenn die EEG-Umlage auf eine neue Finanzierungsgrundlage gestellt wird das ist ja das Ziel der Gespräche, die wir führen , dann gibt es die EEG-Umlage als Preisbestandteil quasi nicht mehr. Sie fällt dann weg. Diesen Preis kann es dann als Element eines Strompreises für den Endverbraucher nicht mehr geben.

FRAGE REIFENRATH: Wie sieht der Kontakt zur Plattform Telegram aus? Wie hat Telegram auf das Bußgeldverfahren reagiert?

LAWRENZ: Die Bundesinnenministerin hat sich in den letzten Wochen immer wieder zu Hass und Hetze auf der Straße und im Netz geäußert. Der Rechtsstaat wird nicht zurückweichen und konsequent gegen Grenzüberschreitungen vorgehen. Zuletzt hat sich die Bundesinnenministerin am Freitag im Rahmen der Innenministerkonferenz zur Causa Telegram geäußert. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir da aus Perspektive des Innenministeriums nichts weiter hinzufügen.

HOSEMANN: Ich kann nur noch mal auf das hinweisen, was wir in der Vergangenheit schon gesagt haben: Das Bundesamt für Justiz führt zwei Bußgeldverfahren gegen den Anbieter Telegram durch, und zwar wegen der Nichtbenennung eines Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland und wegen der Nichteinrichtung von Meldewegen, wie sie nach dem NetzDG vorgeschrieben sind.

Im Rahmen dieses Bußgeldverfahrens wurden zwei Anhörungsschreiben an die Vereinigten Arabischen Emirate, an den Sitz von Telegram, übermittelt. Weitere Angaben machen wir während des laufenden Verfahrens nicht.

FRAGE JUNG: Herr Lawrenz, können Sie Berichte bestätigen, dass Apple Ihnen eine ladungsfähige Adresse Telegrams übermittelt hat? Ist das eine andere Adresse als die vom Sitz in Dubai und Katar?

LAWRENZ: Ich kann dazu nur auf die Äußerung von gerade eben verweisen. Wir sind in der Bundesregierung zum Thema Telegram im Austausch. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich Ihnen dazu keine Neuigkeiten verkünden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber diese Berichte sind ja in der Welt. Die könnten Sie ja auch dementieren.

LAWRENZ: Wir nehmen sie zur Kenntnis.

FRAGE DR. DELFS: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Frau Baron, heute um Mitternacht läuft die Übernahmefrist für Siltronic aus. Das heißt, es sind jetzt noch zwölf Stunden, innerhalb derer das Wirtschaftsministerium über das Angebot bzw. die Übernahme entscheiden kann. Ist noch damit zu rechnen, dass das bis heute um Mitternacht befürwortet wird, oder was ist der letzte Stand?

DR. BARON: Ich muss auch heute wieder auf das am Freitag Gesagte verweisen. Die Investitionsprüfung läuft. Sie dauert eben an, sodass ich bis zum Abschluss des Verfahrens um Verständnis bitte, dass ich aufgrund der berührten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse keine näheren Auskünfte erteilen kann.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Das heißt, wenn wir Sie morgen fragen würden, ist damit zu rechnen, dass die Antwort möglicherweise anders ausfällt? Wenn die Wertpapierhandelsfrist abgelaufen ist, macht eine Prüfung eigentlich keinen Sinn mehr. Sehen Sie das ähnlich?

DR. BARON: Für heute gilt das, was ich eben gesagt habe. Für alles Weitere kann ich jetzt noch nicht in die Zukunft blicken. Für heute gilt das gerade Gesagte.

FRAGE DR. RINKE: Frau Baron, könnten Sie bitte sagen, ob eine Entscheidung fallen soll? Diese Frage hatten wir letzte Woche schon mal gestellt. Ein Verfahren kann ja auch damit enden, dass überhaupt keine Entscheidung getroffen wird.

Wenn Sie sagen, dass die Prüfung noch andauert, möchte ich wissen: Ist zumindest egal, ob sie positiv oder negativ ausfällt mit einer Entscheidung des Ministeriums zu rechnen?

DR. BARON: Die Prüfung dauert aktuell an. Wenn es zu einer Beendigung der Prüfung kommt, dann werden wir sicher in der einen oder anderen Form darüber informieren. Für heute muss ich Ihnen sagen: Das ist heute der Sachverhalt. Die Prüfung dauert heute an.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Eine Lernfrage: Wäre das eigentlich das erste Mal, dass nach dem AWG die Übernahme eines börsennotierten Unternehmens untersagt würde?

DR. BARON: Das wäre jetzt eine Vorwegnahme eines Ergebnisses. Das kann ich nicht tun, denn das Verfahren dauert ja, wie gesagt, heute noch an.

FRAGE: Frau Baron, ist das Wirtschaftsministerium verpflichtet, eine Beendigung der Prüfung mitzuteilen, oder wäre es denkbar, dass sie stillschweigend beendet wird, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfahren würde?

DR. BARON: Auch das hängt jeweils vom Einzelfall ab. Haben Sie bitte etwas Geduld. Für heute verweise ich noch mal auf das laufende Verfahren.

FRAGE GAMMELIN (zur COVID-19-Pandemie): Ich würde gerne die Bundesregierung fragen, ob sie die Idee von Herrn Scheele, die er heute oder gestern in den Raum geworfen hat, dass die Zahlung des Arbeitslosengeldes an den Impfstatus geknüpft wird, mitträgt und wie das realisiert werden kann.

CHAGHERI: Danke für die Frage. Wir kennen die Aussagen von Herrn Scheele natürlich. Im Einzelnen kann ich sie hier jetzt nicht kommentieren. Ich kann Ihnen das mal allgemein erklären; dazu müsste ich ein bisschen ausholen.

Zu Sperrzeiten, auch in Verbindung mit Impfpflichten, kann man grundsätzlich sagen: Für die Frage, ob wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eine Sperrfrist nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung, auf die sich Herr Scheele ja bezogen hat, eintritt, muss erst mal geprüft werden, ob die arbeitslose Person durch arbeitswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat, also ob sie die Kündigung quasi selbst schuldhaft herbeigeführt hat. Wenn das der Fall ist, dann tritt eine Sperrzeit aber nur dann ein, wenn die arbeitslose Person für ihr Verhalten keinen wichtigen Grund hat.

Bei der Beurteilung, ob so ein wichtiger Grund vorliegt, muss man die Interessen der arbeitslosen Person dann mit den Interessen der Versichertengemeinschaft abwägen. Dabei müssen auch immer die Einzelfallumstände berücksichtigt werden. Bei dieser Abwägung ist mit Blick auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die demnächst eintreten wird, die Ablehnung einer Impfung wohl regelmäßig als wichtiger Grund anzuerkennen.

Eine Bewertung für den Fall einer Einführung einer allgemeinen Impfpflicht kann erst auf Grundlage der dann geltenden gesetzlichen Regelungen erfolgen. Sie wissen, das ist im Moment Thema im parlamentarischen Raum. Da sind sehr viele Punkte ungeklärt. Das kann ich heute nicht endgültig einordnen.

VORS. WELTY: Tilman Steffen, Zeit Online, fragt: Welche Daten oder Studien fehlen noch, um die bisher bedingte Zulassung der verschiedenen COVID-Impfstoffe in eine Vollzulassung umzuwandeln?

DEFFNER: Das kann ich an dieser Stelle gar nicht so konkret sagen. Die Zulassungen laufen ja über die EMA. Diese Frage müssten Sie dorthin richten.

VORS. WELTY: Das Paul-Ehrlich-Institut habe gesagt, es solle binnen Jahresfrist geschehen. Wann genau ist damit zu rechnen?

DEFFNER: Dazu liegt mir im Moment kein aktueller Hinweis vor.

FRAGE JESSEN: Treffen Berichte zu, dass teilweise vielleicht aus Versehen oder in bester Absicht mehr Impfdosen bestellt worden sind, als auch nach Berechnungen des Gesundheitsministers Karl Lauterbach Ende letzten Jahres nötig gewesen wären? Sie kennen die Berichterstattung.

DEFFNER: Sie können sich, glaube ich, alle noch ganz gut daran erinnern, dass es zum Jahresende so aussah, als könnten bestimmte Impfwillige nicht rechtzeitig geimpft werden, weil es einen zeitweisen Engpass bei den Impfstoffen gab.

Minister Lauterbach hatte sehr frühzeitig gesagt: Es kann nicht sein, dass es nicht flächendeckend ausreichend Impfstoffe gibt, damit sich jede und jeder, der sich impfen lassen möchte, das auch kann. Vor diesem Hintergrund wurde ausreichend Impfstoff beschafft und auch zusätzlich geordert.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das beantwortet aber nicht die Frage, ob deutlich mehr Impfstoff ich glaube, möglicherweise 60 Millionen Dosen mehr beschafft wurde, als selbst nach den damaligen Berechnungen und in der Hoffnung auf eine höhere Impfquote nötig gewesen wären. Schließen Sie das aus?

DEFFNER: Ich schließe aus, dass Impfstoff beschafft wurde, der nicht zielführend hätte eingesetzt werden können. Hintergrund ist doch gewesen, dass regional sehr unterschiedlich Impfstoffe nicht ausreichend zur Verfügung standen, während wir insgesamt eine möglicherweise ausreichende Menge zur Verfügung gehabt hätten. Es ging darum, diesen Widerspruch aufzulösen, und es wurde daraufhin ausreichend Impfstoff beschafft.

FRAGE: Ich habe eine Frage zur neuen Stellungnahme des Expertenrats von gestern Abend, möglicherweise an den Regierungssprecher und an das Gesundheitsministerium. Da wird sehr deutliche Kritik an der Krisenkommunikation in der Pandemie geübt, auch speziell in dieser Phase. Genannt wird ein Mangel an übereinstimmenden Informationen, es fehle eine Institution, die eine geschlossene Gesundheitskommunikation betreibe.

Meine Frage ist: Welche Konsequenzen will die Bundesregierung aus dieser Kritik ziehen? Sieht die Bundesregierung selbst Mängel in der Krisenkommunikation? Wenn ja, welche?

STS HEBESTREIT: Erst mal will ich Ihrer Zusammenfassung der Stellungnahme des Expertengremiums leicht widersprechen. Die Bundesregierung ist froh über solche Stellungnahmen. Sie nimmt sie auch immer sehr ernst. Ich habe die Stellungnahme so gelesen, dass das auch eine Bilanz der vergangenen 24 oder 23 Monate Pandemie ist. Da haben wir alle von den verschiedenen Funktionen her viel lernen müssen.

Ich habe der Stellungnahme entnommen, dass es weiterhin schwierig ist, gewisse Daten rechtzeitig und verlässlich zu erhalten. Da geht es um die Frage der Digitalisierung des Gesundheitssystems. Ich glaube, das ist etwas, was im Pflichtenheft der Bundesregierung und auch aller Landesregierungen steht und angegangen werden muss und auch angegangen wird.

Das Nächste ist ein Schritt, den diese Bundesregierung durch die Gründung dieses Expertengremiums bereits angegangen ist, nämlich dafür zu sorgen, dass die verschiedenen Fachleute zusammenkommen und möglichst abgestimmte, einheitliche Ratschläge erteilen, statt dass es unterschiedliche Ratschläge in unterschiedlichen Talkshows gibt.

Trotzdem ist nichts so gut, als dass es nicht besser werden kann. Aber wir sind in einer pluralistischen Gesellschaft mit unterschiedlichen Meinungen, die auch unterschiedlich laut vernommen werden. Insofern ist es immer ein frommer Wunsch, eine einheitliche Kommunikation hinzubekommen. Neben evidenzbasierter Kommunikation gibt es viele gefühlte Wahrheiten in dieser Pandemie. Auch dies müssen wir zur Kenntnis nehmen. Aber es ist ein wichtiger Hinweis; auch diese Stellungnahme des Expertengremiums wird genau beguckt.

ZUSATZFRAGE: Eine Forderung darin ist, eine Institution, die quasi aus einer Hand kommunizieren könne, solle aufgebaut werden. Wird die Bundesregierung diesen Vorschlag prüfen, oder will sie ihn sich zu eigen machen?

STS HEBESTREIT: Natürlich werden wir so etwas prüfen. Es ist nicht ganz einfach, dass eine unabhängige Institution, die dennoch staatsnah sein soll, über alle evidenzbasierten Informationen verfügt. Da muss man sich ein bisschen anstrengen und überlegen, wie so etwas aufgesetzt werden kann. Aber wenn das Expertengremium solche Ideen hervorbringt, ist es immer klug, glaube ich, dann in den direkten Austausch zu treten und zu schauen, ob man so etwas gründen kann.

Im Augenblick die Stellungnahme kam, glaube ich, gestern Abend ist es noch etwas früh, schon ein Ergebnis einer Prüfung zu formulieren.

VORS. WELTY: Zur 5. Stellungnahme des ExpertInnenrates fragt auch Boris Reitschuster: Warum ist diese 5. Stellungnahme mit der Zustimmung von 18 von 18 Mitgliedern veröffentlicht worden? Es waren doch mal 19 Mitglieder.

STS HEBESTREIT: Das haben Sie sehr genau gelesen. Nach meinen Informationen ist ein Experte im Urlaub und hat deswegen an der Gremiensitzung nicht teilgenommen und konnte deswegen auch nicht zustimmen.

FRAGE JUNG: Herr Hebestreit, erklären Sie mal bitte: Wie kommuniziert diese Bundesregierung jetzt eigentlich anders als die vorherige unter BPA-Chef Seibert?

STS HEBESTREIT: Da mache ich es mir leicht und sage: Es ist Ihre Aufgabe, zu beurteilen, ob wir anders kommunizieren. Es geht in diesem Zusammenhang gar nicht um das BPA oder darum, wie die Bundesregierung kommuniziert, sondern es geht um den Versuch, den wir bislang für geglückt halten, die Diskussionen im Vorfeld von wichtigen Treffen der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit dem Bundeskanzler insoweit vorzubereiten, dass es ein Expertengremium gibt, das in der Regel davor Stellungnahmen abgibt, dass es den Krisenstab gibt, der die aktuellen Erkenntnisse vorhält, dass es enge Absprachen zwischen den unterschiedlichen Ländern mit dem Bund dazu gibt.

Sie wissen auch, dass die Ministerpräsidentenkonferenzen oder die Treffen der Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen mit dem Bundeskanzler deutlich kürzer sind und am Ende doch eine sehr einhellige Stellungnahme hervorbringen.

Ob das immer allein das Verdienst dieser Bundesregierung ist oder ob es auch dem Umstand geschuldet ist, dass man nach knapp zwei Jahren Pandemie gewisse Erfahrungen miteinander gemacht hat, das lasse ich dahingestellt sein. Aber mein Empfinden das mögen Sie selbst einschätzen ist, dass es doch etwas klarer ist, auch im Umfeld solcher Treffen, was die Bürgerin, den Bürger erwartet und was dann am Ende herauskommt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich glaube, dem Expertenrat geht es nicht um die Kommunikation, wer wen trifft und was da herausgekommen ist, sondern um die Kommunikation an die Bevölkerung. Das ist ja noch ein anderer Teil.

Ist denn angesichts dieser Stellungnahme des Expertenrats die neue 60 Millionen Euro teure Impfkampagne jetzt schon für die Katz? Gab es dafür eigentlich eine Ausschreibung?

STS HEBESTREIT: Es gab dazu keine Ausschreibung, weil es im Zuge des normalen Verfahrens mit der Dachagentur des Bundesministeriums für Gesundheit verlaufen ist.

Das Zweite ist: Diese Kampagne hat vergangene Woche begonnen. Sie war zunächst eine mit Plakaten. Es wird noch Radiospots, es wird Fernseh- und Kinowerbung geben, und sie wird auch aus den sozialen Medien heraus spielen.

Es wäre mir jetzt etwas zu kurz gesprungen einige Ihrer Kollegen haben sie bereits am Dienstag für gescheitert erklärt , zu glauben, dass diese Kampagne gescheitert sei. Richtig ist, dass wir noch mal die Bedeutung des Impfens hervorheben, sowohl in der aktuellen Situation als auch mit Blick auf den kommenden Herbst.

Diese Einstellung von „mit Omikron ist die Pandemie vorbei, und wir haben wieder unbeschwerte Zeiten“ ist eine sehr hoffnungsfrohe, optimistische, aber diese Pandemie hat uns auch gelehrt, dass wir nicht zu sehr auf den Optimismus setzen sollten, sondern uns auch auf weniger optimistische Verläufe vorzubereiten haben. Da ist diese Kampagne neben vielen anderen Anstrengungen genau das, nämlich der Versuch, noch mal massiv dafür zu werben, dass es klug ist, sich impfen zu lassen.

VORS. WELTY: Boris Reitschuster fragt noch einmal nach, welcher Experte im Urlaub war und nicht an der Gremiensitzung teilgenommen hat.

STS HEBESTREIT: Das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht. Das können wir gerne nachliefern. Ich muss das einmal im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte dieses Kollegen oder dieser Kollegin klären, aber ansonsten, wenn Sie das interessiert, liefere ich das gerne nach.

FRAGE: Können Sie sagen, ob zum Beispiel Herr Wieler dabei war?

STS HEBESTREIT: Ich lasse es überprüfen.

FRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, heute ist der 31.01. Es gab das Impfziel der Bundesregierung, dass man 80 Prozent der Bevölkerung bis Ende Januar impft. Würden Sie diesen Teil der Impfkampagne für gescheitert erklären? Könnten Sie uns auch einen Grund dafür nennen?

STS HEBESTREIT: Da muss man klar sagen: Das Ziel, bis zum 31. Januar 80 Prozent der Bevölkerung mit mindestens einer Impfung zu versehen, ist verfehlt worden. Wir sind bei 75,8 Prozent. Das ist deutlich besser, als es vorher war, aber das sind keine 80 Prozent.

Insofern muss man auch fragen: Woran liegt es? Ich würde sagen, es liegt an der Impfwilligkeit, vielleicht auch an kommunikativen Schwächen; das weiß ich nicht. Aber die Impfwilligkeit spielt eine Rolle.

Wir müssen sagen: In den Wochen vor Weihnachten haben wir die 30 Millionen geschafft; ich glaube, einmal haben wir sogar 1,6 Millionen Impfungen an einem einzigen Tag geschafft. Diese Dynamik hat sich über die Weihnachtsfeiertage verlangsamt und ist auch mit dem Jahresbeginn nicht wieder in dem Maße gestiegen, wie wir uns das erhofft haben. Deswegen machen wir ja so etwas wie eine Impfkampagne und die Werbekampagne, um noch einmal für eine neue Dynamik zu sorgen.

Es wäre wichtig, die Impfzahlen zu steigern wie gesagt, nicht nur mit Blick auf die Omikronwelle, die wir aktuell erleben, sondern auch im Hinblick auf alles, was in Richtung Herbst kommen wird oder kommen kann. Aber man kann sagen: Das hat noch nicht geklappt.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ist einer der Gründe möglicherweise auch, dass auch Koalitionspolitiker über Lockerungen reden und sie damit möglicherweise ein Signal an die Bevölkerung geben, dass man eigentlich nur noch zwei oder drei Wochen durchhalten muss, wodurch die Impfbereitschaft mittlerweile auch erlahmt?

STS HEBESTREIT: Die beiden Themen würde ich schon voneinander trennen. Das eine ist, dass das Gefühl völlig nachvollziehbar ist. Das ist auch schon in dem Beschluss der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler am vergangenen Montag angelegt.

Zu Punkt 2, der Öffnungsperspektive: Ich glaube, dass man sich das genau ansehen muss. Das ist ja jetzt nicht aus Daffke passiert, was auch an Einschränkungen beschlossen worden ist, sondern es geht um den Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger. Es geht um den Schutz der Krankenhäuser und des Gesundheitssystems vor Überlastung. Wenn man jetzt erkennen könnte, dass sich diese Befürchtungen im Augenblick nicht bewahrheiten, dann könnte man auch über Lockerungen sprechen. Allerdings wird, wenn ich den Gesundheitsminister richtig im Ohr habe, der Höhepunkt dieser Welle erst Mitte Februar erreicht sein. Das heißt, wir sind noch in der Phase, in der es mit den Zahlen bergauf geht. Jeden Tag haben wir neue Rekordwerte bei den Inzidenzen. Insofern würde ich im Augenblick davor warnen, zu frühzeitig zu glauben, es sei schon vorbei. Trotzdem ist es richtig, sich darüber Gedanken zu machen. Denn wenn wir glimpflich durch diese Welle kommen, dann gibt es auch weniger Grund für harte Einschränkungen.

Ich glaube aber nicht das war ja Ihre ursprüngliche Frage , dass das etwas mit dem Impfen zu tun hat. Das Impfen ist ja jetzt nicht allein für die aktuelle Welle gedacht, sondern auch im Hinblick darauf darauf weisen uns zumindest die Fachleute hin , dass uns im Herbst noch weitere weniger schöne Varianten drohen könnten. Auf diesen Fall bereiten wir uns vor, damit wir nicht im Herbst hier sitzen und ich viele Fragen beantworten muss, warum wir uns darauf nicht vorbereitet haben und warum es nicht genügend Impfungen gibt. Deshalb gibt es auch die Diskussion um die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, die in der vergangenen Woche auch noch einmal im Bundestag geführt worden ist.

VORS. WELTY: In diesem Zusammenhang die Frage von Gernot Heller vom Korrespondentenbüro Herholz: Bereitet die Bundesregierung derzeit ein Lockerungskonzept für Ende Februar vor, also nach dem Höhepunkt der Omikronwelle?

STS HEBESTREIT: Das muss man immer im Zuge der weiteren Entwicklungen sehen. Da ist die Bundesregierung eng im Gespräch mit den Ländern, die dafür ja vor allem zuständig sind. Wie gesagt, noch sind wir nicht so weit.

FRAGE: Jetzt haben wir den Themenkomplex schon reichlich angeknabbert. Herr Hebestreit, ich würde doch noch einmal bei Ihnen mit Blick auf Lockerungen nachfragen: Wir haben den Einzelhandel, der sagt, 2G sei eigentlich nicht mehr haltbar. Dann haben wir eine Omikronwand, in der wir gerade hängen. Die Zahlen gehen durch die Decke. Das wissen alle. Die Krankenhäuser sind gut ausgelastet, aber sie sind nicht überlastet. Inwiefern glauben Sie, dass man den Menschen die im europäischen Vergleich doch recht harten Maßnahmen noch vermitteln kann? Müsste man ihnen nicht zeitnah auch eine ganz klare Perspektive?

Dann noch eine Frage mit Blick auf die nicht so gut laufende Impfkampagne: Haben Sie auch das Gefühl, dass das vielleicht damit zusammenhängen könnte diese Erfahrung macht ja jeder von uns , dass sich mittlerweile eigentlich alle anstecken, unabhängig davon, ob man geboostert oder geimpft ist? Irgendwie werden alle krank. Die Menschen sagen sich jetzt vielleicht einfach: Herrjeh, dann kriege ich es halt.

STS HEBESTREIT: Zum zweiten Teil, weil er einfach oder schneller zu beantworten ist, würde ich sagen da mag ich spekulieren : Das mag bei dem einen oder anderen so sein. Ich weiß aber auch, dass eine Boosterung vor einem schweren Verlauf deutlich besser schützt, als wenn man weniger geimpft ist, also wenn man nur eine Impfung oder zwei Impfungen hat oder man überhaupt nicht geimpft ist.

Beim vorderen Teil ich dachte, das hätte ich schon ein bisschen beantwortet geht es um die Frage: Wie viel Risiko wollen wir jetzt eingehen? Sie haben so schön gesagt, noch sind die Krankenhäuser nicht überlastet. Ich habe gerade heute ich weiß gar nicht wo ein Bericht über eine Pflegestation gesehen, in der eine Pflegerin sehr eindrücklich über ihre Belastung erzählt hat. Wir wissen, dass weiterhin in einigen Krankenhäusern auch Operationen, die verschiebbar sind, verschoben werden, um Platz freizuhalten. Das sind ja alles Punkte, die wir nicht ignorieren können.

Insofern: Im Moment ist der Höhepunkt dieser Welle noch nicht erreicht. Sie haben so schön gesagt, wir hängen in der Wand. Ich glaube, in dem Moment, wenn wir das Gefühl haben, verantwortlich lockern zu können, werden diese Bundesregierung und alle Landesregierungen genau diesen Schritt gehen. Aber im Augenblick ist es noch ein bisschen verfrüht, schon diesen zweiten Schritt zu machen. Aber da laufen ständig Gespräche. Das wird überprüft. Es gibt auch einzelne Länder, die mutiger sind so sage ich es einmal vorsichtig , schon Lockerungen anzugehen. Sie haben selber gesagt, wie hoch die Infektionszahlen sind. Das sollten wir auch weiterhin berücksichtigen bei all unseren Wünschen, dass es Lockerungen geben kann.

FRAGE SIPAR: Plant die Bundesregierung auch, mehrsprachige Kommunikation für migrantische Communities zu ermöglichen?

STS HEBESTREIT: Ja.

FRAGE JUNG: Weil wir vorhin noch beim Expertenrat waren. In der letzten Woche hatte er ja eine Stellungnahme abgegeben. Herr Deffner, da gab es auch Forderungen in Sachen Digitalisierung und Software. Wie bewertet denn Ihr Haus zum Beispiel die Forderungen, die Gesundheitsdaten vollständig in der elektronischen Patientenakte vorzuliegen haben oder dass DEMIS weiterentwickelt wird? Entsprechen diese Forderungen auch Ihren Vorstellungen? Werden diese Forderungen zum Beispiel auch mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten abgeglichen?

DEFFNER: Vielleicht die letzte Frage vorweggenommen: Sämtliche Datenfragen werden natürlich mit dem Datenschutzbeauftragten eng abgestimmt. Es ist eine breite Palette an Problemen, die wir in der Vergangenheit bei EDV-Anlässen gesehen haben ich glaube, das kann man auch selbstkritisch über alle Beteiligten sagen , angefangen von Meldungen, dass einzelne Gesundheitsämter noch per Fax gemeldet hatten usw. Da darf man sich also nichts vorlügen. Das läuft oder lief nicht immer reibungslos und perfekt. Aber gerade darum geht es ja, dass man diese Probleme anpackt, die gegebenenfalls noch vorhanden sind

Weil wir gerade auch das Thema Krankenhaus angesprochen hatten: Wir haben es ja ganz gut hinbekommen, die Intensivbelegung über das DIVI-Register sehr zeitnah abzudecken. Auch da gibt es Gespräche zwischen Bund und Ländern, das jetzt auch sehr zeitnah für die allgemeinen Stationen umzusetzen. Da spielen natürlich genau diese Fragen eine Rolle: Wie kann ich Daten zusammenführen, und zwar so schnell, dass ich sie in der Pandemie auch nutzen kann? Ein Datenfriedhof, der uns nicht zeitnah sagen wir einmal zu Wegen der Lösungen führt, bringt nichts. An all diesen Punkten wird intensiv gearbeitet.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist es denn auch Ihr Ziel nur ein Beispiel , dass die Gesundheitsdaten aller Menschen komplett in der elektronischen Patientenkarte vorzuliegen haben?

DEFFNER: Nein, das Konzept der elektronischen Patientenakte basiert ja vor allen Dingen auf Freiwilligkeit, dass jeder einzelne Patient und jede Patientin selbst entscheiden kann, welche Daten darauf gespeichert werden sollen und welche nicht. Vor diesem Hintergrund ist es sicherlich kein perfektes Instrument für eine Pandemiebekämpfung.

FRAGE POKRAKA: Wir haben gerade über die Impfziele gesprochen, die es ja aus gutem Grund gab. Es war die Rede von 30 Millionen und 80 Prozent. Wird es denn, obwohl diese Ziele jetzt verfehlt wurden, neue geben, weil es ja immer gut ist, wenn man sich Ziele setzt?

STS HEBESTREIT: Nein, ich glaube, die alten gelten weiter. Wir werden nur den 31. Januar nicht mehr schaffen. Aber natürlich haben all die Dinge, die wir gerade auf den Weg gebracht haben Herr Jung hat die Kampagne ja angesprochen , das Ziel, die Impfquoten weiter zu steigern. Ich glaube, es bringt jetzt wenig, wenn ich sage, wenn wir bei 75,8 Prozent sind, jetzt schaffen wir den 15. Februar. Dann sitzen wir am 16. Februar hier und Sie sagen, es sind aber nur 79 Prozent.

Klar ist: Im Augenblick ist alles darauf angestrebt, dass wir die Impfquoten insgesamt erhöhen wollen. Aber es gibt kein nächstes Datum, bei dem man das jetzt angeht. Die Hoffnung war, dass man den Schwung, den man im Dezember hatte, in den Januar hinein beibehalten kann. Das hat sich nicht bewahrheitet.

ZUSATZFRAGE POKRAKA: Aber die 80 Prozent waren ja auch nur ein Zwischenziel. Sie haben ja jetzt nicht gesagt: Wenn wir 80 Prozent haben, dann sind wir zufrieden, und dann ist alles wunderbar und die Pandemie ist beendet. Das heißt, es gibt jetzt das Ziel 80 Prozent, aber ohne Datum?

STS HEBESTREIT: Nein, Ziel ist, eine möglichst hohe Impfquote insgesamt in der Bevölkerung hinzubekommen. Da gibt es die Hoffnung, dass man das über Werben und Informieren über die Vernunft hinbekommt. Parallel dazu gibt es in Deutschland eine Diskussion, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen, eben weil der Teil derer, die nicht geimpft sind, noch zu hoch ist. Die meisten Fachleute sind sich einig, dass uns dann im Herbst, sollte es wieder ein verändertes Virus geben, gehörige Probleme drohen. Deswegen ist das Ziel jetzt erst einmal, so viele Leute wie möglich dazu zu bringen, sich impfen beziehungsweise boostern zu lassen. Da sind wir bei etwas über der Hälfte. Ich glaube, 52,4 Prozent sind es im Augenblick, die sich haben boostern lassen. Bei den über Sechzigjährigen haben wir eine Quote von über 73 Prozent erzielt. Das geht also in die richtige Richtung. Trotzdem geht an jeden noch einmal die Aufforderung oder der Wunsch, in seinem Umfeld dafür zu werben, dass es gut ist, sich impfen zu lassen.

VORS. WELTY: Peter Wütherich von afp fragt: Der Bundesgesundheitsminister hat für diese Woche die Vorlage einer neuen Testverordnung und neue Regeln zur Kontaktnachverfolgung angekündigt. Wie ist aktuell der inhaltliche Stand der Vorbereitung, und wann werden die Dokumente öffentlich gemacht?

DEFFNER: Heute Nachmittag findet die nächste Gesundheitsministerkonferenz statt. Da werden diese Themen ausführlich erörtert. Dann wird im Nachgang die Testverordnung so finalisiert werden können, dass sie dann zeitnah in Kraft tritt.

FRAGE JESSEN: Herr Deffner, trifft es zu, dass der ständigen Impfkommission STIKO zur Verbesserung ihrer Arbeit sechs oder sieben neue Planstellen zugewiesen oder zugebilligt wurden? Trifft es weiterhin zu, dass es sich dabei aber nicht um tatsächlich zusätzliche neue Planstellen handelt, sondern sie aus dem Bestand des Robert-Koch-Institutes herausgeschnitzt werden sollen?

DEFFNER: Nach meinem Kenntnisstand gibt es in den Haushaltsberatungen entsprechende Bestrebungen, das personell aufzustocken. Inwiefern das schon abschließend geklärt ist, weiß ich nicht. Da muss ich gegebenenfalls an das BMF verweisen.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Sonst frage ich nach. Für den Fall, dass es sich dann aber doch das ist mein Informationsstand um ein Nullsummenspiel handeln würde, würde ich gern wissen: Würde es der Effizienzstrategie der Bundesregierung entsprechen, wenn man eine Institution, die zum RKI-Zusammenhang gehört, personell besser ausstattet, aber durch Personal, das sozusagen an anderer Stelle dem RKI entnommen wird?

DEFFNER: Da müsste man sich auf jeden Fall die gesamte Effizienzstrategie ansehen.

VORS. WELTY: Dann wechseln wir das Thema. Mey Dudin von epd fragt: Gibt es inzwischen Erkenntnisse zu den Hintergründen der tödlichen Schüsse auf die Polizisten in Rheinland-Pfalz?

LAWRENZ: Ich kann Ihnen vielleicht ganz allgemein bei dieser Gelegenheit mitteilen Sie haben das ja alle vernommen , dass heute am frühen Morgen bei einer Kontrolle in Rheinland-Pfalz eine Polizistin und ein Polizist durch Schüsse tödlich verletzt wurden. Nähere Informationen zu den Hintergründen und den Umständen der Tat liegen bislang nicht vor und können nur bei den ermittelnden Behörden vor Ort erfragt werden.

Dazu hat sich die Bundesinnenministerin heute wie folgt erklärt:

„Unabhängig davon, welches Motiv der Tat zugrunde liegt: Diese Tat erinnert an eine Hinrichtung, und sie zeigt, dass Polizistinnen und Polizisten jeden Tag ihr Leben für unsere Sicherheit riskieren. Meine Gedanken sind bei den Familien, Freunden und Kollegen der Opfer. Wir werden alles tun, um die Täter dingfest zu machen. Ich habe dem rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz jede Unterstützt zugesagt, die für schnelle Festnahme und Ermittlungen gebraucht werden.“

FRAGE GAMMELIN: Zum Missbrauchsskandal der katholischen Kirche: Bisher ist auffällig, dass die Spitzenpolitik dazu schweigt. Deswegen die Frage an den Bundeskanzler: Was sagt er zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche? Kardinal Marx hat ja letzte Woche gesagt, die größte Schuld der Kirche bestehe darin, die Opfer übersehen zu haben. Schaut die Politik da jetzt genau hin? Hält der Bundeskanzler es für richtig, dass die Kirche den Skandal selber weiter in den Bistümern aufarbeitet? Wenn man vergleicht: VW hat den Dieselskandal ja auch nicht alleine aufgearbeitet.

STS HEBESTREIT: Der Bundeskanzler ist natürlich, wie viele andere auch, sehr erschüttert von den Erkenntnissen, die dort abermals, muss man ja sagen, zutage getreten sind. Es handelt sich um Erkenntnisse, die man so ähnlich ja schon aus anderen Zusammenhängen in den letzten Jahren erfahren konnte, und er dringt auf eine kläre Aufklärung der Vorwürfe. Mehr möchte ich dazu, glaube ich, zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

ZUSATZFRAGE GAMMELIN: Es gibt ja das Bestreben, eine unabhängige Wahrheitskommission im Bundestag einzusetzen. Würde der Bundeskanzler dem Bundestag empfehlen, eine solche Wahrheitskommission einzusetzen?

STS HEBESTREIT: Darüber habe ich mit ihm noch gar nicht gesprochen, insofern kann ich Ihnen hier keine belastbare Aussage dazu geben.

ZUSATZFRAGE GAMMELIN: Können Sie das nachreichen?

STS HEBESTREIT: Das werde ich versuchen.

ZUSATZFRAGE GAMMELIN: An das BMJ: Im Koalitionsvertrag ist ja die Ablösung von Staatsleistungen vorgesehen. Die Frage wäre: Wie schnell gehen Sie das an? Sehen Sie in diesem Zusammenhang, dass jetzt das Sexualstrafrecht verschärft werden muss?

HOSEMANN: Für die Frage der Ablösung von Leistungen an die Kirche ist das Bundesministerium der Justiz nicht zuständig.

Was das Sexualstrafrecht betrifft, möchte ich darauf hinweisen, dass das zuletzt in der vergangenen Legislaturperiode verschärft wurde, und zwar auch, was die Mindeststrafandrohungen anbelangt sexueller Missbrauch von Kindern ist ausnahmslos ein Verbrechen. Sichergestellt ist weiterhin, dass die strafrechtliche Verjährung nicht etwa einer Aufarbeitung von diesen entsetzlichen Missbrauchskomplexen entgegensteht. Die Verjährung ruht heute schon bis zum 30. Lebensjahr der Opfer und beginnt dann überhaupt erst zu laufen.

Bundesminister der Justiz Buschmann hat heute Morgen auch noch einmal darauf hingewiesen, dass das Strafrecht die Handhabe dafür bietet und es eben auch kein kirchliches Sonderrecht gibt, anders als Sie das zunächst suggeriert haben. Die Aufarbeitung dieser Missbrauchsskandale wird nicht allein der Kirche überlassen, sondern die Staatsanwaltschaften sind nach dem Legalitätsprinzip verpflichtet, Anhaltspunkten für Straftaten nachzugehen, und das tun sie auch. Es ist im Nachgang der jüngsten Enthüllungen ja auch deutlich geworden, dass die Staatsanwaltschaft München, wie der Presse zu entnehmen war, mehrere Dutzend Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter oder Würdenträger der katholischen Kirche führt.

ZUSATZFRAGE GAMMELIN: Wenn der Justizminister nicht für die Ablösung zuständig ist, möchte ich nur darum bitten, dass das zuständige Ministerium das beantwortet.

LAWRENZ: Vielleicht ganz allgemein weil das ja so ein bisschen dahintersteckt : Die Befassung mit Fragen des Religionsverfassungsrechts ist eine Aufgabe, die das BMI betreut. Ob wir zur Frage der Ablösung dieser Leistungen etwas nachliefern können, müsste ich aber noch einmal nachhorchen.

VORS. WELTY: Es gibt eine Frage von Johannes Kuhn vom Deutschlandfunk zum Thema Netzwerkdurchsetzungsgesetz an das Bundesjustizministerium: Wie begründet das Justizministerium die Stillhaltezusage gegenüber Google und Meta für die ab morgen geltende Pflicht der Weiterleitung an das BKA?

HOSEMANN: Vielen Dank. Zunächst ist richtig: Die Unternehmen Google und Meta haben vor dem Verwaltungsgericht Köln Rechtsschutz gegenüber dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz gesucht, sowohl im normalen Verfahren als auch im Eilrechtsverfahren. Um dem Gericht eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen, wurde eine solches Stillhaltezusage abgegeben, die nur in Bezug auf diese Unternehmen gilt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass diese überaus komplexe Rechtsfrage angemessen durch das Gericht entschieden werden kann.

VORS. WELTY: Was ist die rechtliche Grundlage dafür, will Johannes Kuhn noch wissen, dass de facto die Bindung an ein geltendes Gesetz am ersten Tag für zwei Firmen vorläufig aufgehoben wird?

HOSEMANN: Wir haben es hier sozusagen mit einer geltenden Rechtspflicht zu tun, und Verstöße gegen diese Rechtspflicht sind mit einer Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Im Ordnungswidrigkeitenrecht gelten andere Grundsätze als im Strafrecht, und dort ist es im Rahmen eines sozusagen normalen Gerichtsverfahrens durchaus möglich, dass die Behörde, die die Aufsicht über die Durchsetzungsbehörde hat, zunächst eine solche Zusage im Hinblick auf die Durchsetzung des Rechts trifft. Das wäre im Strafrecht nicht möglich, hier geht es aber durchaus.

VORS. WELTY: Holger Lührig vom zwd-POLITIKMAGAZIN hat eine Frage an das Bildungsministerium und an das Finanzministerium. Das Bildungsministerium ist heute nicht anwesend, die Kolleginnen und Kollegen hören aber bestimmt zu. Seine Frage lautet: Wie beurteilt der Finanzminister die Empfehlung des Wissenschaftsrates, dass der Bund angesichts eines Investitionsstaus von 60 Milliarden Euro wieder zur Mitfinanzierung des Hochschulbaus zurückkehren sollte?

DR. KALWEY: Dazu kann ich hier an dieser Stelle nur so viel sagen: Zum einen läuft gerade noch das Haushaltsaufstellungsverfahren, und in diesem Rahmen werden die einzelnen Investitionsvorhaben besprochen. Konkret zu dieser Stellungnahme oder Empfehlung des Wissenschaftsrates kann ich an dieser Stelle nichts sagen. Die Federführung dafür liegt beim BMBF.

VORS. WELTY: Michael Gabel, NBR, hat ebenfalls eine Frage an das Finanzministerium: Gibt es Überlegungen, beim Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld etwas zu ändern? Christian Lindner hatte vor seiner Zeit als Finanzminister laut darüber nachgedacht.

DR. KALWEY: Der Minister hatte sich, glaube ich, letzte Woche entsprechend dazu geäußert und hatte sich dahingehend positioniert, dass er vorschlagen wird, auf Grundlage des Progressionsberichts, der im Herbst vorgelegt wird, eine Anpassung des Progressionstarifs oder des Einkommenstarif vorzunehmen.

VORS. WELTY: Thomas Nehls hat eine Frage an das Auswärtige Amt: Was genau wird als Grund für die stockenden Verhandlungen mit dem Iran gesehen: die Untätigkeit des Iran oder gar das Gegenteil etwa die fortdauernde Anreicherung von Uran, also eine Missachtung früherer, allerdings ja durch die USA aufgekündigter Vereinbarungen?

BURGER: Vielen Dank. Ich nehme an, die Frage bezieht sich auf die Verhandlungen zur Wiederherstellung des JCPOA in Wien. Die achte Runde dieser Verhandlungen dauert seit Dezember an. Jetzt im Januar hatten wir die bislang intensivste Verhandlungsphase. Die Delegationen sind daraufhin zu Konsultationen in ihre Hauptstädte zurückgekehrt. Der Zeitpunkt der Fortsetzung wird wie üblich vom EAD als Koordinator des JCPOA bekanntgegeben. Wir haben mehrfach betont, dass wir nun in die finale Verhandlungsphase eintreten müssen. Damit werden natürlich auch weitreichende politische Entscheidungen notwendig, um die Verhandlungen zu einem Abschluss zu führen. Wir erwarten, dass wir bei der Rückkehr nach Wien die notwendigen substanziellen Fortschritte machen und zu einem Abschluss kommen können.

FRAGE DR. RINKE: Herr Burger, kurz nachgefragt: Sie bzw. die Bundesregierung hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass die Zeit ausläuft. Jetzt sprechen Sie von der „finalen Verhandlungsrunde“. Gibt es da einen Zeitraum, der für diese finale Runde angesetzt ist?

BURGER: Nein, ich habe ja gesagt: Der Zeitpunkt der Fortsetzung dieser Gespräche wird wie üblich vom EAD als Koordinator des JCPOA bekanntgegeben.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Mir ging es um die Phase, die danach kommt. Wenn der EAD die finale Runde aufruft, ist dann ein gewisser Zeitrahmen zwei Wochen, zwei Monate gesetzt? Wie gesagt, es gab ja immer wieder den Hinweis, dass die Zeit auslaufe. Irgendwann muss sie dann ja ausgelaufen sein.

BURGER: Auch dazu habe ich heute keine neuen Daten zu verkünden.

VORS. WELTY: Dann gibt es eine Frage von Hannes Koch von „Die Korrespondenten“ zur KfW-Energieförderung: Gibt es eine konkrete Ansage, wann welches Ersatzprogramm für die ausgesetzte Förderung kommt?

DR. BARON: Ich kann sagen, dass die betroffenen Ressorts mit Hochdruck hieran arbeiten. Es geht natürlich darum, zügig eine Anschlusslösung zu finden, und dazu sind wir in engem Austausch mit den betroffenen Ressorts, das heißt, vor allen Dingen mit dem Bundesfinanzministerium und mit dem Bundesbauministerium.

VORS. WELTY: Dann gibt es eine Frage von Rosa Pugliese von ANSA zum Thema Präsidentenwahl in Italien: Wie reagiert die Bundesregierung auf die Nachricht, dass in Rom Sergio Mattarella wiedergewählt worden ist? Herrscht auch in Berlin nach den letzten chaotischen politischen Tagen in Italien Erleichterung?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, naturgemäß äußern wir uns zu Fragen, wie wir so etwas einschätzen, grundsätzlich nicht. Der Bundespräsident hat Herrn Mattarella, der sein Gegenüber in Italien ist, bereits herzlich gratuliert. Die Zusammenarbeit zwischen der deutschen und der italienischen Regierung ist eng und vertrauensvoll, und insofern freut man sich, dass man diese enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit fortsetzen kann.

VORS. WELTY: Boris Reitschuster hat noch einmal eine Frage zum Versammlungsrecht an Steffen Hebestreit: Die Verwaltung im baden-württembergischen Ostfildern hält Proteste durch sogenannte Spaziergänger für derart gefährlich, dass sie die Androhung von Waffengewalt verhältnismäßig findet. Wie steht die Bundesregierung dazu?

STS HEBESTREIT: Ich kenne den Sachverhalt nicht und insofern kann ich den auch nicht kommentieren.

VORS. WELTY: Es gibt eine Frage von Thomas Wiegold von „Augen geradeaus!“ an das Verteidigungsministerium: Deutsche Sportler wurden vor der Teilnahme an den Olympischen Spielen in China vor möglichen Ausforschungen gewarnt. Gab es für die zahlreichen Sportsoldaten besondere Vorbereitungen, Belehrungen oder gegebenenfalls auch Einschränkungen über die allgemeinen Maßnahmen für deutsche Olympioniken hinaus?

COLLATZ: Darüber liegen mir hier keine Kenntnisse vor, ich müsste die Antwort also nachliefern.

LAWRENZ: Ich kann das bei der Gelegenheit vielleicht ergänzen oder erweitern: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat im Vorfeld der Spiele verschiedene Organisationen den DOSB, den Deutschen Behindertensportverband und vereinzelt auch Athletinnen und Athleten, die an den Winterspielen teilnehmen, zu Fragen der IT-Sicherheit beraten. Außerdem hat das BSI seinen Leitfaden zur IT-Sicherheit, der im vergangenen Jahr zur Sensibilisierung vor der Bundestagswahl erstellt wurde, angepasst und auch entsprechend an die Zielgruppen verteilt. Man ist da vonseiten der Bundesregierung also nicht untätig geblieben.

VORS. WELTY: Nalan Sipar, freie Journalistin, fragt zu einem anderen Thema: In Halle wurden in letzter Zeit mehrere Moscheen angegriffen. Was plant das Innenministerium, um den antimuslimischen Rassismus zu stoppen?

LAWRENZ: Das Bundesinnenministerium ist natürlich bestrebt, auch politischen Extremismus in der Ausprägung des antimuslimischen Rassismus entschieden zu bekämpfen, und die Bundesinnenministerin hatte in den letzten Wochen verschiedentlich angekündigt, dass sie bis Ostern einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorlegen wird. Dabei wird eine Schattierung wahrscheinlich auch dieses Problem sein.

VORS. WELTY: Thomas Wiegold gibt den Hinweis, das Verteidigungsministerium habe eine Nachlieferung zu Freitag versprochen gehabt.

COLLATZ: Dafür bräuchte ich einmal ein Stichwort.

VORS. WELTY: Steht hier leider nicht.

STS HEBESTREIT: Vielleicht liefert er das ja nach.

VORS. WELTY: Mali ist der Stichwort zu der Nachlieferung!

COLLATZ: Ich denke, wenn wir etwas nachzuliefern gehabt hätten, dann hätten wir es getan. Daher gehe ich davon aus, dass das nicht der Fall ist.

FRAGE JUNG: Ich hätte noch eine Frage zum Thema Assange. Herr Burger, ist der offene Brief der Schriftstellervereinigung PEN bei der Außenministerin angekommen?

Ich kenne ja die Haltung der Bundesregierung, dass man im Fall Assange auf das britische Justizsystem vertraut. Aber können Sie uns sagen, wie sich die Außenministerin persönlich für Herrn Assange einsetzt?

BURGER: Ja, das kann ich Ihnen gerne sagen. Die Außenministerin hat sich gleich in den ersten Tagen nach ihrem Amtsantritt darüber auch mit ihrer britischen Amtskollegin unterhalten, weil ihr das Thema wichtig ist und weil sie weiß, dass es international große Aufmerksamkeit für dieses Thema gibt. An ihrer persönlichen Haltung dazu hat sich auch nichts geändert. Es ist derzeit so, dass der Fall nicht im Entscheidungsbereich der britischen Exekutive, der Regierung, sondern im Entscheidungsbereich der britischen Justiz liegt und dass deswegen die Verfahren der britischen Justiz diejenigen sind, in denen darüber bestimmt wird, wie es mit Herrn Assange weitergeht.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich hatte nach dem offenen Brief von PEN gefragt. Ist der angekommen?

Verbinden das Auswärtige Amt und die Bundesregierung den Fall Assange eigentlich mit dem Thema der Pressefreiheit?

BURGER: Es ist ja die Natur eines offenen Briefes, dass er öffentlich gemacht wird bzw. über die Öffentlichkeit kommuniziert wird. Insofern haben wir den natürlich zur Kenntnis genommen.

Zur Einordnung dieses Falls: Ich glaube, das ist eine Frage, die über die Frage des Regierungshandelns hinausgeht. Ich habe Ihnen gesagt, dass sich die Außenministerin darüber mit ihrer britischen Amtskollegin bereits unterhalten hat. Natürlich sind bei der Bewertung dieses Falls das war ja auch bisher in den Gerichtsverhandlungen in Großbritannien der Fall zum einen die Frage des Gesundheitszustands von Herrn Assange und humanitäre Aspekte zu berücksichtigen gewesen, zum anderen natürlich auch menschenrechtliche Aspekte. Sie wissen, dass Großbritannien ein Unterzeichner der europäischen Menschenrechtskonvention ist und sich dadurch selbst auch an deren Standards gebunden hat. Deswegen gehen wir selbstverständlich davon aus, dass diese Garantien von der britischen Justiz entsprechend berücksichtigt werden.

FRAGE JESSEN: Herr Hebestreit, heute haben eine Reihe von Journalistenorganisationen an Bundeskanzler Scholz appelliert, er möge sich bei seinem Treffen mit Joe Biden dafür einsetzen, dass die US-Anklage gegen Julian Assange fallengelassen werde. Dies würde einer wertebasierten Außenpolitik entsprechen, der sich die Bundesregierung verpflichtet hat, weil bei einer weiteren Aufrechterhaltung der Verfolgung und Anklage dies eben negative Signale wären, zum Beispiel für die Arbeit von Whistleblowern, deren Nutzen ja auch die Bundesregierung erkennt. Wird sich der Kanzler diesem Appell anschließen? Wird er ihn vertreten?

STS HEBESTREIT: Herr Jessen, ich kenne diesen Appell nicht, sage aber grundsätzlich: Das würde ja nahelegen, dass das ein politisches Verfahren ist, das in den USA unter Einfluss des amerikanischen Präsidenten oder der amerikanischen Administration geführt wird, kein rechtliches Verfahren. Damit, dieser Grundlage zu folgen, tue ich mich schwer. Aber, wie gesagt, was der Bundeskanzler jetzt in der kommenden Woche, wenn er in Washington auf Joe Biden treffen wird, genau ansprechen wird, wird sich erst in den nächsten Tagen zurechtrütteln.

VORS. WELTY: Dann noch eine letzte Frage an das Ministerium für Klimaschutz und Wirtschaft von Jana Wolf von der „Rheinischen Post“: Ist die konkrete Umsetzung des Klimageldes schon in Arbeit? Was schwebte dem Minister dabei vor?

DR. BARON: Zum Klimageld gibt es ja Vorgaben im Koalitionsvertrag, und Minister Habeck hatte das auch bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsbericht angesprochen. Dabei geht es ja vor allem darum, zu klären, wie man so etwas klug auszahlen kann, also was der Mechanismus dafür ist. Ist das ein Steuermechanismus, ist das ein Abgabemechanismus? Dieses Thema liegt also jetzt nicht nur in unserem Zuständigkeitsbereich.

VORS. WELTY: Bis wann kann das Klimageld kommen?

DR. BARON: Wie gesagt: Das müssen dann auch noch andere Häuser beantworten, wenn die Fragen bezüglich des Mechanismus geklärt sind.

 

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