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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 18. Februar 2022

Themen: Flutkatastrophe im brasilianischen Petrópolis, Termine des Bundeskanzlers (Münchner Sicherheitskonferenz, Besuch des irischen Premierministers, Übergabe des Jahresgutachtens 2022 der Expertenkommission Forschung und Innovation, Kabinettssitzung, virtuelles Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7), Treffen der EU-Außenministerinnen und -Außenminister in Brüssel, Indopazifikforum in Paris, Situation des HDP-Politikers Demirtaş, EU-AU-Gipfel, deutscher Botschafter in Marokko, Menschenrechtslage in Polen, Corona, Aktion von Klimaaktivisten im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Russland-Ukraine-Konflikt, Nord Stream 2, Münchner Sicherheitskonferenz, geplante BAföG-Erhöhung, Videos auf dem Instagram-Kanal der Bundeswehr, Einschätzung des Bundeskartellamts in Bezug auf die Marktstellung des Stromerzeugers RWE, Verwandtschaftsbeziehung von Mitarbeitern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Medienbericht über eine Anzeige bei der Hamburger Staatsanwaltschaft gegen den Bundeskanzler im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften, Berichterstattung über mögliche Interessenkonflikte des Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz mit seiner Tätigkeit für die Beraterfirma Agora Strategy Group AG

Themen/Naive Fragen zu:
0:00 Beginn
0:33 Terminankündigung Scholz
3:36 Terminankündigung Baerbock
6:21 Terminankündigung BMBF
7:05 Demirtas-Glückwünsche
8:20 Afrika-Union
9:11 Marokko
9:40 Polnische Pushbacks
10:23 Corona-Komplex
11:20 Impfpflicht
12:55 Novavax
14:39 Tilo zu patentfreiem Impfstoff
16:30 Hans zu patentfreiem Impfstoff
21:31 Tilo zu Expertenrat-Empfehlung
22:14 Impfstoffzulassung
22:50 Hans zu Impfstoffzulassung
23:38 Nachreichung Expertenrat-Empfehlung
24:29 Tilo zu Schulen offen/Kindeswohl
26:22 Ukraine/Russland
30:45 “Klima”-Stiftung in MV
31:33 Hans zur “Klima”-Stiftung in MV
32:48 Münchner Sicherheitskonferenz I
35:01 Tilo zur Bafög-Reform
36:30 Hans zu Wohnungsneubau
40:49 Bundeswehr-Werbevideos
41:27 RWEs marktbeherrschende Stellung
43:03 Münchner Sicherheitskonferenz II
44:16 Hans zu Ischinger
48:14 Tilo zu Ischinger
49:00 Hans zu Ischinger
50:38 Nachreichung Wohnungsbau
51:26 Tilo zu Wegfall Sozialwohnungen

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 18. Februar 2022:

VORS. WOLF eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS BÜCHNER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS BÜCHNER: Ich möchte mit einer Kondolenz beginnen: Die Verwüstungen und die hohe Zahl an Todesopfern und Verletzten, die die Flutkatastrophe vom Dienstag in der Stadt Petrópolis unweit der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro hinterlassen hat, sind erschütternd und erfüllen uns mit großer Trauer. Unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen der Opfer. Den vielen Verletzten wünschen wir rasche und vollständige Genesung. Wir hoffen zugleich, dass es den Rettungskräften gelingt, noch möglichst viele der zahlreichen weiteren vermissten Menschen lebend zu finden und zu versorgen.

Ich komme jetzt wie immer freitags zu dem Überblick über die bereits geplanten Termine des Bundeskanzlers in der kommenden Woche. Nur zur Erinnerung: Am morgigen Samstag wird der Bundeskanzler an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnehmen und dort gegen 10.30 Uhr eine Rede halten.

Am Dienstag, den 22. Februar, empfängt der Bundeskanzler um 12 Uhr den Premierminister von Irland, Micheál Martin, mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt. Bei einem Gespräch im Rahmen eines Mittagessens werden die internationale Lage, vor allem der russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine, aber auch das Verhältnis EU/Großbritannien sowie bilaterale und europapolitische Themen im Mittelpunkt stehen. Im Anschluss an das Gespräch ist eine gemeinsame Pressekonferenz für ca. 13.15 Uhr geplant.

Ebenfalls am Dienstag überreicht die Expertenkommission Forschung und Innovation, EFI, um 14.45 Uhr ihr Jahresgutachten 2022 an den Bundeskanzler. Die EFI entwickelt aufbauend auf Stärken und Schwächen des deutschen Innovationssystems im internationalen Vergleich Handlungsempfehlungen für die nationale Forschungs- und Innovationspolitik. Kernthemen des diesjährigen Gutachtens sind Schlüsseltechnologien und technologische Souveränität, nachhaltige Mobilität, Innovationen bei digitalen Plattformen und die digitale Transformation im Gesundheitswesen. Der Termin ist presseöffentlich und wird im Internet auf www.bundesregierung.de live gestreamt.

Am Mittwochmorgen um 11 Uhr findet unter der Leitung des Bundeskanzlers die Kabinettssitzung statt.

Der Bundeskanzler hat dann am Donnerstag, den 24. Februar, von 15 bis 16.30 Uhr im Rahmen des deutschen G7-Vorsitzes zu einem virtuellen Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7 eingeladen. Das Treffen dient der Vorbereitung des G7-Gipfels, der vom 26. bis 28. Juni in Schloss Elmau in Bayern stattfinden wird. Es bietet zudem Gelegenheit zu einem Austausch mit den G7-Partnern zu aktuellen Themen, insbesondere zur geopolitischen Lage mit Blick auf die Situation an der russisch-ukrainischen Grenze. Im Anschluss an das Treffen ist eine Pressekonferenz des Bundeskanzlers geplant.

So weit zu den Terminen für die kommende Woche.

SASSE: Ich kann Ihnen ankündigen, dass Außenministerin Baerbock am kommenden Montag am Treffen der EU-Außenministerinnen und -Außenminister in Brüssel teilnehmen wird. Auf der Tagesordnung steht zum einen eine Aussprache zur europäischen Sicherheitslage. Dazu zählt natürlich die enge europäische Abstimmung angesichts des russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine. Geplant ist unter anderem ein Austausch der EU-Außenministerinnen und -Außenminister mit dem ukrainischen Außenminister Kuleba.

Des Weiteren steht auf der Tagesordnung ein Austausch zur Klimadiplomatie und zu der Umsetzung der Beschlüsse der COP26 auf internationaler Ebene. Es werden unter anderem Ratsschlussfolgerungen zum Thema Klimadiplomatie angenommen werden. Es steht auch ein Austausch zur Lage in Bosnien-Herzegowina an. Darüber hinaus gibt es wie immer bei diesen Treffen einen Tagesordnungspunkt „Aktuelle Angelegenheiten“. Im Rahmen dieses Tagesordnungspunkts wird es unter anderem um die Lage in Mali gehen. Außerdem ist ein Austausch der EU-Außenministerinnen und -Außenminister mit ihren Amtskollegen des Golfkooperationsrates geplant.

Die Außenministerin wird vor Beginn des Treffens, gegen 8.15 Uhr am Montag, ein Pressestatement abgeben, das wie immer auf dem Streamingdienst des Ratssekretariats übertragen wird.

Außerdem wird die Außenministerin von Brüssel aus direkt weiter nach Paris reisen, um dort am Dienstag am Indopazifikforum teilzunehmen. Dieses Forum findet auf Einladung des französischen Außenministers und des Hohen Vertreters der EU statt. Es werden sich in Paris die EU-Außenministerinnen und -Außenminister mit ihren Amtskollegen aus den Staaten des Indopazifikraums und auch mit Vertretern internationaler Organisationen treffen. Es ist das erste Außenministertreffen dieser Art.

Mit der Ausrichtung des Forums unterstreicht die EU die strategische Bedeutung, die der indopazifische Raum für Europa einnimmt. Wie in der europäischen Indopazifikstrategie von 2021 formuliert, bekräftigt die EU dadurch ihre Zusage, sich langfristig stärker im Indopazifikraum zu engagieren.

Am Dienstagabend wird die Außenministerin zurück nach Berlin reisen.

KOUFEN: Ich möchte zur Übergabe des Jahresgutachtens der Expertenkommission Forschung und Innovation am Dienstag ankündigen, dass Frau Bundesministerin Stark-Watzinger im Anschluss an die Übergabe im Kanzleramt um 15.30 Uhr im Foyer des BMBFs ein Pressestatement abgeben wird, das Sie sich über den Streamingdienst auf unserer Homepage www.bmbf.de gerne ansehen können.

FRAGE FRÜHAUF: Herr Büchner, eine außenpolitische Frage: Wie steht der Kanzler zu der Gratulation des inhaftierten HDP-Politikers Demirtaş zu seiner Wahl als Kanzler? Wie sieht er die Verurteilung Demirtaş’?

SRS BÜCHNER: Ich kann den Eingang eines Schreibens von Herrn Demirtaş an den Bundeskanzler bestätigen. Herr Demirtaş ist ja weiter in Haft und hatte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erfolgreich Klage gegen seine Verhaftung eingereicht. Die Bundesregierung verfolgt dieses Verfahren aufmerksam und hat wiederholt ihre Erwartung ausgedrückt, dass die Türkei ihren internationalen Verpflichtungen, wie sie sich unter anderem aus der Europäischen Charta für Menschenrechte ergeben, nachkommt und rechtsstaatliche Verfahren gewährleistet.

Dazu gehört natürlich auch, dass Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geachtet und umgesetzt werden. Insofern verweise ich auch auf das laufende Überwachungsverfahren nach Artikel 44 im Ministerkomitee des Europarats.

VORS. WOLF: Eine Frage von Herrn Aiash zur Außenpolitik: Die Afrikaner weigerten sich bei ihrem letzten Treffen, Israel in ihre Union aufzunehmen, und sie weigerten sich auch, dem jüdischen Staat einen Beobachterstatus zu gewähren. Gibt es da eine europäische Vermittlung während des aktuellen EU-Afrika-Gipfels in Brüssel?

SASSE: Herr Aiash, der EU-Afrika-Gipfel läuft ja noch. Deswegen können wir an dieser Stelle zu Ihrer Frage noch nicht Stellung nehmen. Wir kommen aber gerne darauf zurück.

VORS. WOLF: Kollege Alonso von EFE fragt zu Marokko: Können Sie den Namen des neuen deutschen Botschafters in Marokko bestätigen? Der ist hier nicht genannt und mir nicht parat. Wann ist seine Ankunft in Rabat geplant?

SASSE: Dazu kann ich an dieser Stelle keine Stellung nehmen. Wenn wir über Personalentscheidungen dieser Art zu berichten haben, werden wir das bei passender Gelegenheit tun.

VORS. WOLF: Kollegin Reifenrath aus dem ARD-Hauptstadtstudio fragt zu Flüchtlingen aus Polen: Pro Asyl kritisiert illegale polnische Pushbacks von Flüchtlingen nach Belarus. Wie bewertet die Bundesregierung die Menschenrechtslage in Polen?

SRS BÜCHNER: Ich glaube, wir haben hier schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass es wichtig ist, mit Schutzsuchenden gut umzugehen. Über die dazu bisher geäußerten Aussagen möchte ich jetzt hier nicht hinausgehen.

VORS. WOLF: Kollegin Frisch von der „Ärzte-Zeitung“ fragt zum Coronabonus für Medizinische Fachangestellte: Wird sich das BMG dafür einsetzen, dass Medizinische Fachangestellte doch noch einen steuerfreien Coronabonus bekommen? Wie weit ist das von Lauterbach angekündigte Bonussystem für Arztpraxen?

EWALD: Der Minister hat heute dazu den aktuellen Stand ausgeführt. Er hat gesagt, dass er in der nächsten Woche einen entsprechenden Gesetzesentwurf, einen Lösungsvorschlag dazu vorlegen wird. Er ist noch Gegenstand der Beratungen. Alle damit im Zusammenhang stehenden Fragestellungen können wir erst beantworten, wenn der Entwurf konsentiert ist.

VORS. WOLF: Kollegin Clasmann von der dpa fragt das BMG, das BMI und vielleicht auch das BMJ: Nach unserem Kenntnisstand sind zu den Gruppenanträgen Fragen an die Bundesregierung herangetragen worden. Es soll wohl verfassungsrechtliche Bedenken zu einigen Punkten geben. Da würde ich gerne wissen: Halten Sie es für möglich, eine wie auch immer ausgestaltete allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren vor der Sommerpause so zu verabschieden, dass sie vor Gericht Bestand hat? Wir wissen, dass es um den Schutz vor einer Coronawelle im Herbst geht, aber reicht diese Begründung dem Bundesverfassungsgericht aus?

DR. WENDT: Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat an der Ausarbeitung der Gruppenentwürfe zur Impfpflicht durch das BMG mitgewirkt und hält die Ausgestaltung beider Entwürfe für verfassungskonform.

EWALD: Ich kann das an dieser Stelle nicht ergänzen.

DR. ZIMMERMANN: Das Bundesjustizministerium unterstützt und berät den Deutschen Bundestag bei seinem Vorhaben, wenn der Bundestag das wünscht. Da es sich um ein Vorhaben des Deutschen Bundestages handelt, erfolgt die Unterstützung grundsätzlich vertraulich. Insofern muss ich Sie um Verständnis bitten, dass ich mich für das BMJ zu den Inhalten und Ergebnissen dieser Unterstützung und Beratung an dieser Stelle nicht äußern kann.

FRAGE BÄSECKE: Eine Frage an das Bundesgesundheitsministerium: Der Minister hatte sich heute früher am Tag unter anderem auch zur bevorstehenden Auslieferung von Novavax geäußert. Ich habe eine Frage zur Präzisierung: Wird Novavax erst mal ausschließlich zum Beispiel für Pflegeberufe angeboten, oder kann sich jeder damit impfen lassen, sobald es ausgeliefert wurde? Inwiefern gibt es da eine Richtlinie, oder ist das am Ende Ländersache?

EWALD: Der Minister hat darauf hingewiesen, dass es zwischen Bund und Ländern eine Vereinbarung gibt, dass der Impfstoff jetzt an die Länder ausgeliefert wird und prioritär für die Personen, die von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen sind, zur Verfügung gestellt werden soll.

ZUSATZFRAGE BÄSECKE: Haben Sie Erkenntnisse darüber, inwiefern durch die jetzt angekündigten Lockerungen die Nachfrage nach dem Totimpfstoff womöglich zurückgegangen ist? Viele haben ja den mRNA-Impfstoffen nicht getraut und haben gesagt: Wir warten auf den Totimpfstoff. Inwiefern ist da jetzt die Nachfrage vielleicht zurückgegangen?

EWALD: Dazu habe ich keine Informationen.

VORS. WOLF: Ich habe eine Zusatzfrage von Kollegin Reifenrath zu den Flüchtlingen aus Polen, die sich an das BMI richtet: Schließt das BMI Dublin-Rücküberstellungen nach Polen aus? Hat es dieser Art schon welche gegeben?

DR. WENDT: Dazu kann ich im Moment nichts sagen.

VORS. WOLF: Können Sie dazu vielleicht etwas nachreichen?

DR. WENDT: Das können wir dann gerne tun.

FRAGE JUNG: Ich habe eine Frage zu Impfstoffen; sie geht an das Entwicklungsministerium, gegebenenfalls auch an das Auswärtige Amt und das Gesundheitsministerium: Die WHO hat heute im Rahmen des EU-Afrika-Gipfels bekannt gegeben, dass in absehbarer Zeit patentfreier mRNA-Impfstoff in Ägypten, Kenia, Nigeria, Senegal und Tunesien hergestellt werden soll. Mich würde interessieren, ob die Bundesregierung diese Entwicklung begrüßt und wie man sie unterstützen wird?

VON EHRLICH: Wir begrüßen das auf jeden Fall. Das BMZ unterstützt den WHO-mRNA-Hub mit 3 Millionen Euro. Wir prüfen derzeit weitere Unterstützung. Ich kann auch gerne darauf verweisen, dass wir dazu gerade eine Pressemitteilung veröffentlicht haben. Sie finden sie sicherlich gleich bei uns auf der Webseite.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie ist es bei der Technologiehilfe? Dazu hat die WHO gesagt, dass man noch Unterstützung braucht. Sie haben jetzt nur von Geld gesprochen. Wie wird Deutschland technologisch unterstützen?

VON EHRLICH: Ich kann dazu nur noch sagen: Das BMZ unterstützt schon seit 2021 mit vielen diversen Projekten im Gesamtvolumen von 530 Millionen Euro den Ausbau der Impfstoffproduktion auf dem afrikanischen Kontinent.

Ziel ist es, die Rahmenbedingungen für die Impfstoffproduktion zu verbessern. Dazu gehören die Aus- und Fortbildung von Fachkräften für die Impfstoffproduktion, der Aufbau und die Ertüchtigung von Regulierungsbehörden für die Zulassung lokal produzierter Impfstoffe und Qualitätssicherung, Infrastruktur wie die Laborausstattung, IT und das Kühlkettenmanagement sowie Logistikketten und viele weitere Dinge.

FRAGE JESSEN: Ich glaube, die Frage geht an das Gesundheitsministerium. Als es in der Vergangenheit um die Frage ging, warum Deutschland sich gegen die Freigabe von Patenten sperrt oder sie nicht unterstützt, war die Argumentation immer, dass es nicht ausreiche, Patente freizugeben, sondern es müssten die Kapazitäten, das Know-how, die Produktionsbedingungen stimmen. Sie wurden speziell für Afrika seitens der Bundesregierung ja nicht gesehen. Revidiert die Bundesregierung jetzt ihre Haltung? Haben Sie sich also damals geirrt, als Sie sagten, Afrika sei zur großflächigen Produktion nicht in der Lage?

EWALD: Die Haltung der Bundesregierung zum Thema Patentfreigabe haben wir wiederholt vorgetragen. Da habe ich keinen neuen Stand für Sie.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Deswegen frage ich ja. Sie haben sie wiederholt vorgetragen, und Teil des Vortrags war immer, dass man daran zweifle, dass diese nicht einfachen Impfstoffe dort produziert werden können. Deswegen frage ich jetzt, ob angesichts der Tatsache, dass es wohl doch möglich ist, die Bundesregierung diese Position revidiert. Die Frage geht auch an das BMZ.

EWALD: Ich kann Ihnen hier für das Bundesgesundheitsministerium keine neue Positionierung dazu verkünden.

VORS. WOLF: Das BMZ hat dazu keine Ergänzungen.

Herr Reitschuster fragt an das BMG gerichtet: Der Corona-Expertenrat sorgt sich um das Kindeswohl wegen der Coronamaßnahmen. Wie wollen Sie auf diese Kritik reagieren?

SRS BÜCHNER: Ich kann an dieser Stelle gerne mal einspringen. Die Bundesregierung hat stets betont, welche enorme Bedeutung das Wohl von Kindern und Jugendlichen hat. Ihre Belange in den Fokus zu stellen und darauf zu achten, dass Kinder und Jugendliche unter guten Bedingungen aufwachsen können, ist unser Anspruch. Das gilt insbesondere in Zeiten der Pandemie.

Umso mehr liefert der Expertenrat mit seiner Stellungnahme sehr wichtige Impulse für die Arbeit der Regierung. Der Expertenrat weist mehr als zu Recht darauf hin, wie wichtig es ist, dass die gesamte Gesellschaft die besondere Situation von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie in den Blick nimmt und sie nachhaltig verbessert.

Die Stellungnahme zeigt in sehr eindringlicher Weise, dass die schwierige Zeit der Pandemie Kinder und Jugendliche aus vielfältigen Gründen besonders belastet. Neben der Krankheitslast an sich haben auch pandemiebedingte Beschränkungen vielfach zu psychischen und körperlichen Belastungen bei Kindern und Jugendlichen sowie zu Entwicklungsverzögerungen und Lernrückständen geführt. Ziel muss es daher sein, bestehende Belastungen abzubauen, weitere Belastungen für Kinder und Jugendliche zu vermeiden und sie gleichzeitig bestmöglich zu schützen.

Es ist insbesondere wichtig, den für Kinder und Jugendliche so wichtigen Präsenzbetrieb in Schulen und Einrichtungen der frühkindlichen Bildung zu ermöglichen, unter möglichst sicheren Bedingungen für ihre Gesundheit. Auch die außerschulischen Angebote und Freizeitangebote sind für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen von hoher Bedeutung, wie der Expertenrat auch noch einmal ausdrücklich betont hat.

Neben den Akutmaßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens ist es ebenso wichtig, Kinder und Jugendliche auch langfristig gut zu begleiten und ihnen bei der Bewältigung der Pandemiefolgen unterstützend zur Seite zu stehen. Zudem setzt sich der Expertenrat für eine zusätzliche, an Eltern, Kinder und Jugendliche gerichtete Informations- und Aufklärungskampagne zum Impfen ein. Zugleich macht der Expertenrat deutlich, dass die Impfung der Kinder und Jugendlichen nicht das Schließen von Impflücken bei den Erwachsenen ersetzt.

EWALD: Ich kann nur auf das verweisen, was Minister Lauterbach heute hier in der Bundespressekonferenz schon gesagt hat. Er hat ausdrücklich die Stellungnahme des Expertenrates und die Ableitungen begrüßt, und darauf verweise ich.

VORS. WOLF: Herr Reitschuster fragt zu Ihren Ausführungen, Herr Büchner, nach: Das waren salbungsvolle Worte. Ich zitiere ihn. Könnten Sie noch ganz konkrete Erleichterungsschritte für Kinder und Jugendliche anführen, die Sie planen?

SRS BÜCHNER: Sie wissen ja, dass insgesamt in der Konferenz des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen, den Regierungschefs der Länder, ein Plan entwickelt wurde, wie jetzt Maßnahmen zurückgenommen werden, was durch das zurückgehende Infektionsgeschehen möglich ist. Selbstverständlich werden in diesem Rahmen auch Maßnahmen zurückgenommen, die bisher die Freiheiten von Kindern einschränken.

FRAGE JUNG: Der Expertenrat wünscht sich die Wiedereinsetzung der interministeriellen Arbeitsgruppe mit Vertretern der Interessen von Kindern und Jugendlichen. Begrüßt das Bildungsministerium dies?

KOUFEN: Dazu müsste ich etwas nachreichen.

VORS. WOLF: Eine Frage von Herrn Reitschuster sie richtet sich an Sie, Herr Ewald : 14 Monate nach der ersten Impfung sind die Impfstoffe von BioNTech und Moderna immer noch ohne ordentliche Zulassung, weil essenzielle Studien fehlen. Wann ist mit einer ordentlichen Zulassung zu rechnen? Wird das BMG auf eine solche drängen?

EWALD: Die von Herrn Reitschuster erwähnten Impfstoffe sind zugelassen. Sie sind jeweils mit entsprechenden Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission hinterlegt. Insofern verstehe ich die Fragestellung dazu nicht.

FRAGE: Daraus resultiert eine Nachfrage. In der Frage taucht ja auf, es gebe offenbar so etwas wie eine nicht ordentliche Zulassung. Grundlage sei, dass Daten und Unterlagen und Studien fehlen. Können Sie sagen, ob das der Fall ist? Ist es nach Ihrer Kenntnis so, dass für Zulassungen notwendige Unterlagen von den Herstellern nicht eingereicht worden sind?

EWALD: Mir liegen dazu jetzt ad hoc keine Informationen vor; ich mache mich da gerne schlau. Der Zulassungsprozess ist ja ein komplexes Verfahren mit mehreren Prozessstufen. Ich mache mich da gerne schlau. Wenn ich dazu Erkenntnisse habe, werde ich sie Ihnen gerne mitteilen.

SRS BÜCHNER: Wenn Sie mögen, könnte ich noch zu den Handlungsempfehlungen der interministeriellen Arbeitsgruppe etwas nachtragen, Herr Jung. Da gilt ja, noch mal: Für uns hat oberste Priorität, die flächendeckende Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen zu vermeiden, ohne dabei die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu gefährden. Sport- und Bewegungsangebote sollen auch unter Pandemiebedingungen gemacht werden. Präventive Angebote der Gesundheitsförderung sollen Kindern und Jugendlichen verstärkt zugänglich gemacht werden. Es geht um besonders umfängliche und gezielte Unterstützung für bereits vor der Pandemie erhöhten gesundheitlichen Belastungen ausgesetzte Kinder und Jugendliche.

Ziel ist es, dass die Länder und Kommunen gemeinsam mit den Krankenkassen und anderen örtlichen Trägern Angebote für Kinder und Jugendliche wiederbeleben und ausbauen. Dazu zählen unter anderem Prävention und Bekämpfung pandemiebedingter Risiken wie Bewegungsmangel, Fehlernährung und auch Stresssymptome bei Kindern und Jugendlichen.

ZUSATZ JUNG: Danke dafür. Das ist ganz interessant. Das ist ja ein bisschen ein Widerspruch zu dem, was die allererste Empfehlung des Expertenrates ist. Sie sagten ja gerade: Die oberste Priorität ist, dass die Schulen offen bleiben.

SRS BÜCHNER: Ja.

ZUSATZ JUNG: Der Expertenrat sagt: Oberste Priorität hat das Kindeswohl zu sein. Das sind ja zwei verschiedene Dinge.

SRS BÜCHNER: Nein, da sehe ich keinen Widerspruch.

ZUSATZFRAGE JUNG: Warum? Zwischen „Schulen offen halten“ und „Kindeswohl über alles“ ist ein Unterschied.

SRS BÜCHNER: Es geht darum, die Schulen offen halten und die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu schützen. Wenn man das gemeinsam tut, dann dient das beides dem Kindeswohl. Deshalb sehe ich da keinen Widerspruch.

ZUSATZ JUNG: Aber wenn die Schulen offen bleiben und durch das Infektionsgeschehen das Kindeswohl gefährdet wird, dann ist das ein Widerspruch.

SRS BÜCHNER: Deshalb gibt es ja den doppelten Ansatz, die Schulen, Bildungseinrichtungen und die Betreuungseinrichtungen offen zu halten, weil es ganz wesentlich ist, was die sozialen Kontakte von Kindern und Jugendlichen angeht, dass sie auch unter Pandemiebedingungen möglich sind, und zugleich das ist uns in der Pandemie ja auch gelungen mit einem guten Konzept in den Schulen dafür zu sorgen, dass das dann möglich ist.

VORS. WOLF: Es gibt eine Frage an das BMEL, das, soweit ich das von hier aus sehe, heute nicht vertreten ist. Ich trage sie dennoch vor, mit der Bitte um eine Nachlieferung.

Kollegin Rosenfelder von der „Bild“ fragt: Wie teuer ist die Säuberung nach der Pferdemistattacke? Bezahlen das die Steuerzahler oder die Aktivisten? Wird Minister Özdemir die Aktivisten anzeigen?

Jetzt eröffne ich den Themenkomplex Ukraine und bin bei Kollegin Reifenrath vom ARD-Hauptstadtstudio: Die EU-Kommission geht bei einer Verschärfung der Ukraine-Krise von bis zu einer Million Flüchtlingen aus. Bereitet sich die Bundesregierung darauf vor? Wenn ja, wie?

SRS BÜCHNER: Ich kann gern einleitend sagen, dass wir uns natürlich jetzt hier nicht auf Spekulationen einlassen. Es ist wichtig, angesichts der extrem angespannten Lage weiter im Gespräch mit Russland zu bleiben. Der Dialog ist und bleibt der einzige gangbare Weg aus dieser Krise. Ich glaube, es führt hier nicht weiter, wenn wir über hypothetische Fragen in dieser Form spekulieren.

SASSE: Ich kann zu dieser konkreten Frage nichts hinzufügen.

DR. WENDT: Ich kann nur sagen, dass wir aktuell keine Anhaltspunkte für verstärkte Migrationsbewegungen nach Deutschland sehen. Wir beobachten aber die Lage natürlich sehr genau und sind sowohl mit der EU-Kommission als auch mit den entsprechenden EU-Mitgliedstaaten in regelmäßigem Austausch und beobachten die Situation und die Entwicklungen.

VORS. WOLF: Aus meiner Sicht, Frau Reifenrath, ist Ihre zweite Frage damit auch abgedeckt; sie ist thematisch so gut wie das Gleiche.

Dann mache ich weiter bei Herrn Nehls, freier Journalist: Teilt die Bundesregierung die Auffassung der USA, von Präsident Biden und Außenminister Blinken, der russische Rückzug habe teilweise gar nicht stattgefunden, eher das Gegenteil, und Russland benenne Fakes als mögliche Vorwände für eine Invasion, wie beispielsweise sogar einen Genozid im Osten der Ukraine? Was ist die Basis solcher Behauptungen? Satellitenaufnahmen oder anderes oder mehr?

Die Frage ist nicht adressiert. Deswegen gebe ich sie einfach an das Podium weiter.

SRS BÜCHNER: Dann fange ich gerne damit an, dass wir zunächst mal keinen Grund haben, an Angaben und Erkenntnissen unserer amerikanischen Partner zu zweifeln.

Wie war der zweite Teil der Frage?

VORS. WOLF: Die Frage bezieht sich auf die Auffassung der USA, dass der russische Rückzug nicht stattgefunden habe und Russland Fakes vorschiebe, um eine mögliche Invasion zu rechtfertigen. Als Beispiel nennt Herr Nehls die Aussage, vermutlich von Herrn Putin, eines Genozids im Osten der Ukraine.

Dann wurde gefragt nach der Basis von Behauptungen, wonach die Russen sich zurückziehen würden, ob dafür Satellitenaufnahmen die Grundlage bieten oder andere Erkenntnisse oder mehr.

SRS BÜCHNER: Wie schon öfter an dieser Stelle gesagt: Wir äußern uns natürlich nicht detailliert zu den Quellen von Erkenntnissen. Es ist jetzt an Russland, auch nachzuweisen, dass die Ankündigung eines Truppenrückzugs den Tatsachen entspricht.

SASSE: Ich kann das auch nur noch mal ins große Ganze einordnen und erklären: Staatspräsident Putin hat diesen Truppenabzug angekündigt. Wir haben das alle diese Woche zur Kenntnis genommen. Er hat im Gespräch mit dem Bundeskanzler bekräftigt, dass der Dialog fortgesetzt werden soll. Das begrüßen wir.

Aber es ist auch ganz klar das haben wir diese Woche mehrfach gesagt und auch beobachten können , dass durch diese Ankündigung die Gefahr einer Eskalation noch nicht gebannt ist.

Die Außenministerin selber hat bei verschiedenen Gelegenheiten unterstrichen, dass Russland seinen Ankündigungen auch Taten folgen lassen muss, wie Herr Büchner gerade ausgeführt hat. Diese Worte stehen für sich. Ich kann nur sagen, dass wir diese Taten jetzt auch tatsächlich erwarten.

Zu einem Rückzug von Truppen gehört natürlich auch die Rückkehr zu Gesprächen im Rahmen des NATO-Russland-Rates und natürlich auch bilateral und im Rahmen des Normandie-Formates und der OSZE.

VORS. WOLF: Der Kollege Jordans von AP hat eine zumindest themenverwandte Frage zu Nord Stream 2, die sich an das BMI richtet: Die Antikorruptionsorganisation Transparency hat diese Woche festgestellt, dass sich die Stiftung Klima- und Umweltschutz Mecklenburg-Vorpommern weiterhin weigert, im Transparenzregister des Bundesverwaltungsamts die hinter Nord Stream 2 stehenden Entscheidungsträger anzugeben, die gegebenenfalls Einfluss auf die Stiftung haben. Plant das Bundesverwaltungsamt, bei der Stiftung darauf zu drängen, oder wird das BMF aktiv?

DR. WENDT: Das muss ich nachreichen.

VORS. WOLF: Ich schaue jetzt einmal zum BMF. Okay, dann ist die Frage gestellt und die Antwort wird nachgereicht.

FRAGE JESSEN: Das würde vielleicht noch einen Nachreichungsaspekt beinhalten: Mich interessiert, ob die Bundesregierung davon ausgeht, dass die bekannten Financiers der Stiftung russische Privatwirtschaft in der Lage sind, auf das Stiftungsgeschehen substanziell Einfluss zu nehmen.

VORS. WOLF: Auch das wird Teil der Nachreichung.

Von Herrn Reitschuster kam noch eine Frage zur Ukraine an das Auswärtige Amt: Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob und wie viele russische Pässe an die Bewohner der besetzten Gebiete in der Ukraine ausgegeben wurden? Gab es eine Dynamik dieser Entwicklung, wurden in letzter Zeit also vermehrt Pässe ausgegeben?

SASSE: Da sind wir, glaube ich, nicht der richtige Ansprechpartner. Wir haben natürlich keinen Überblick über die Zahl russischer Pässe, weil die von den russischen Behörden ausgestellt werden. Im Übrigen haben wir uns zur Frage der Pässe in der Ostukraine an dieser Stelle schon einmal sehr grundsätzlich geäußert.

VORS. WOLF: Der Kollege Nehls fragt noch einmal an Herrn Büchner an Frau Sasse gerichtet das ist jetzt eine sehr allgemeine Frage, wenn ich das richtig sehe; ich nehme sie trotzdem an dieser Stelle dazu : Was wird von der Münchner Sicherheitskonferenz erwartet, auf der der Westen unter sich ist?

SRS BÜCHNER: Wie gesagt, der Bundeskanzler nimmt daran teil und wird dort auch eine Rede halten. Wie üblich greifen wir den Gesprächen und Beratungen aber nicht vor. Wir hoffen und erwarten, dass es dort gute Gespräche geben wird, und möglicherweise ergeben sich daraus auch wieder neue Ansätze, die wir verfolgen können, um diese Krise sozusagen zu deeskalieren.

SASSE: Ich kann vielleicht noch ergänzen aber auch da wäre die Münchner Sicherheitskonferenz natürlich der richtige Ansprechpartner : Ich möchte der Unterstellung, die Herr Nehls da in seiner Frage ein bisschen andeutet, entgegenwirken; denn es ist durchaus zum einen nicht so, dass der Westen bei dieser Konferenz unter sich ist. Es nehmen eine Vielzahl von Gesprächspartnern aus aller Welt an dieser Konferenz teil meines Wissens unter anderem zum Beispiel auch aus dem Nahen Osten und aus verschiedenen anderen Staaten, die nicht zum Westen gezählt werden.

Zum anderen ist es, soweit ich weiß, so aber auch da ist, wie gesagt, die Münchner Sicherheitskonferenz der richtige Ansprechpartner , dass auch Vertreter der russischen Regierung zu dieser Konferenz eingeladen waren. Wir bedauern als Bundesregierung sehr, dass es nicht zu einem Austausch mit russischen Vertretern im Rahmen dieser Konferenz kommen kann, weil dieser Einladung nicht gefolgt wurde.

FRAGE JUNG: An das Bildungsministerium: Es geht um die Ankündigung einer BAföG-Reform für den Winter. Was ich da noch nicht herausgelesen habe: Wie viele Mittel sollen für diese Reform bzw. diese Änderung des BAföG-Bezugs bereitgestellt werden?

VORS. WOLF: Vielleicht kann ich dazu kurz sagen: Frau Stark-Watzinger war in der vorhergehenden Pressekonferenz hier und wurde genau dazu auch gefragt.

ZUSATZFRAGE JUNG: Und die Antwort ist?

KOUFEN: Die Antwort ist, dass es einen Referentenentwurf gibt, der im Kanzleramt liegt, und ich zu den Details hier nichts vorweggreifen kann. Das Gesetz nimmt jetzt den dafür vorgesehenen Verlauf. Zur finanziellen Ausstattung kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts sagen. Das ist ja noch nicht einmal durch.

ZUSATZFRAGE JUNG: Halten Sie denn die Forderung des Deutschen Studentenwerkes nach zwei Milliarden Euro zusätzlichen Mitteln für realistisch und angebracht?

KOUFEN: Ich kommentiere hier keine einzelnen Zahlen.

FRAGE JESSEN: An das Bauressort: Die Ampelkoalition möchte pro Jahr, glaube ich, 400 000 Wohnungen neu bauen oder neu bauen lassen. Das wird jetzt von der beim DGB angesiedelten Mietenstopp-Initiative kritisiert. Es wird gesagt, es handle sich dabei eigentlich um eine Mogelpackung, weil Luxuswohnungen dem allgemeinen Wohnraummangel nicht abhelfen würden, und bei den 100 000 Sozialwohnungen handle es sich auch nur zum Teil um echte Sozialwohnungen zum Teil seien es Eigentumswohnungen. Wie reagieren Sie auf diese Kritik?

STEFFEN: Die Kritik an den Sozialwohnungen kann ich, glaube ich, ganz klar zurückweisen, und zwar insofern, als die für Personengruppen ausgewiesen werden müssen, die sich eine bestimmte Miete nicht leisten können. Das machen die Länder. Mir ist nicht bekannt, dass sich darunter Luxuswohnungen befinden würden.

Ansonsten: Das Ziel sind 400 000 Wohnungen pro Jahr, und ja, wir haben einen deutlichen Bauüberhang. Ich dachte, Sie würden vielleicht im Anschluss an die BAföG-Frage fragen, wie es um das städtische Wohnen oder so aussieht. Da kann ich schon einmal ankündigen, dass wir im Bündnis für bezahlbares Wohnen diesen Punkt auf jeden Fall aufgreifen werden und da auch in die Gespräche gehen. Wir halten aber an dem Ziel fest und werden das in den nächsten Monaten ausgestalten.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ich bin ja für proaktiven Input dankbar. Vielen Dank! Gleichwohl die Frage: Die 100 000 Sozialwohnungen unterstellt, es handele sich tatsächlich alles um echte belegbare Sozialwohnungen sind weniger, als pro Jahr aus der Sozialbindung herausfallen. Es gibt also im Grunde keinen Zuwachs von Sozialwohnraum, sondern im Saldo wird es weniger. Das ist ja nicht befriedigend. Was plant die Bundesregierung, dagegen zu tun?

STEFFEN: Das ist absolut nicht befriedigend. Das ist richtig, und das hat auch Frau Geywitz gestern unter anderem auf dem Wohnungsbau-Tag betont. Wir hatten einmal zwei Millionen Sozialwohnungen und sind jetzt bei ungefähr 1,14 Millionen. Wir werden irgendwann die neuen Zahlen vorlegen, wie viele Sozialwohnungen es eigentlich in Deutschland gibt. Es sind nicht genug. Das heißt, dort wird deutlich investiert werden müssen. Wir haben Ende des letzten Jahres eine Milliarde für die Länder auf den Weg gebracht, um in diesem Bereich zu bauen. Gestern konnte Frau Geywitz ankündigen, dass es eine weitere Milliarde für klimafreundlichen Bau im Sozialwohnungsbereich geben wird. Dort wird ein Standard von EH-55 angestrebt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das beantwortet aber eigentlich nicht die Frage, was Sie gegen die im Saldo negative Entwicklung vorhandener Sozialwohnungen tun wollen. 100 000 neue, aber es fallen mehr als 100 000 raus. Wie wollen Sie da in eine positive Bilanz kommen? Das sehe ich jetzt noch nicht beantwortet.

STEFFEN: Das erste Mittel der Wahl ist ja, zu fördern und Geld zu geben. Das haben wir in den letzten zwei, drei Monaten intensiv vorangetrieben. Frau Geywitz hat auch gesagt, dass das sicherlich nicht genug sein wird. Sie ist diesbezüglich in Gesprächen mit Herrn Lindner.

Die Wohnungen sind dann natürlich noch nicht sofort gebaut. Wir geben nicht das Geld und am nächsten Tag haben wir eine Sozialwohnung. Das ist der Stand, den ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt mitteilen kann.

VORS. WOLF: Herr Peter von „RIA Novosti Deutschland“ fragt: Wird die Bundesregierung die zeitlich befristete Sozialbindung im Wohnungsbau in eine zeitlich unbefristete Sozialbindung umwandeln?

STEFFEN: Ich muss gestehen: Dazu kann ich zum aktuellen Zeitpunkt nichts sagen.

VORS. WOLF: Vielleicht gibt es die Möglichkeit einer Nachreichung.

STEFFEN: Das mache ich gerne.

VORS. WOLF: Herr Lücking, „nd.Der Tag“ fragt vermutlich das Verteidigungsministerium zum Thema Werbung für die Bundeswehr: Welches Produktionsunternehmen hat für die Bundeswehr die zuletzt via Instagram veröffentlichten Videos produziert?

HELMBOLD: Dazu liegen mir im Moment keine Informationen vor. Die müsste ich nachreichen.

VORS. WOLF: Der Kollege Wiedemann von „Energate“ fragt das BMWK: Das Bundeskartellamt bescheinigt dem Stromerzeuger RWE in einer Meldung vom 17. Februar eine marktbeherrschende Stellung. Sieht das BMWK hier Handlungsbedarf, um der Entwicklung entgegenzuwirken?

DR. GÜTTLER: Das Bundeskartellamt hat gestern in Bezug auf den Markt für Stromerzeugung eine marktbeherrschende Stellung von RWE festgestellt. Das haben wir zur Kenntnis genommen.

VORS. WOLF: Die Frage war, ob Sie Handlungsbedarf sehen, dem entgegenzuwirken.

DR. GÜTTLER: Zunächst haben wir das zur Kenntnis genommen. Darüber hinaus kommentiere ich jetzt diese Entscheidung der unabhängigen Behörde nicht weiter.

VORS. WOLF: Eine Frage von Herrn Reitschuster, die sich auch an das Wirtschaftsministerium richtet: Zwei Staatssekretäre in Ihrem Haus sind verschwägert, weitere Familienmitglieder sind im Öko-Institut e.V. beschäftigt, das auch von Staatsgeldern lebt. Kritiker sprechen von Vetternwirtschaft. Wie wollen Sie mögliche Interessenkonflikte vermeiden?

DR. GÜTTLER: Grundsätzlich äußern wir uns an dieser Stelle nicht zu Personalfragen.

Zu dieser Verwandtschaftsbeziehung kann ich ausführen, dass sie bekannt ist und offengelegt wurde und innerhalb der Struktur des Ministeriums die Voraussetzungen geschaffen sind, dass Interessenkonflikte nicht entstehen.

VORS. WOLF: Herr Reitschuster stellt eine Frage an Sie, Herr Büchner, zum Thema Cum-Ex-Geschäfte: Trifft es zu, dass gegen den Bundeskanzler in Sachen Cum-Ex-Affäre eine Anzeige wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung erstattet wurde? Wie ist die Reaktion des Kanzleramts darauf?

SRS BÜCHNER: Olaf Scholz hat sich in der Angelegenheit mehrfach und umfassend geäußert. Seinen Äußerungen ist nichts hinzuzufügen. Folgerichtig sieht er allem Weiteren gelassen entgegen.

VORS. WOLF: Zurück zur Münchner Sicherheitskonferenz und zu einer nachträglichen Frage, die ich trotzdem aufrufen möchte. Der Kollege Jordans von AP fragt das Auswärtige Amt: Sind die jetzt berichteten Informationen über mögliche Interessenkonflikte von Herrn Ischinger bezüglich seiner diplomatischen und wirtschaftlichen Aktivitäten für das Auswärtige Amt neu oder wusste man im Haus schon vorher davon?

SASSE: Herr Jordans geht unter anderem auf einen Artikel ein, der gestern veröffentlicht wurde. Diesen haben wir zur Kenntnis genommen. Wie üblich kommentieren wir solche Berichterstattung an dieser Stelle nicht.

FRAGE JESSEN: Frau Sasse, Sie wollen den Artikel nicht kommentieren. Einer der Vorwürfe ist, im Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz solle über Waffenlieferungen gesprochen bzw. diese sollen verabredet werden. Hat die Bundesregierung eigene Erkenntnisse darüber, dass solche Art von Absprachen im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz stattgefunden haben oder stattfinden?

SASSE: Herr Jessen, zum einen muss ich da meine Aussage von vorhin noch einmal wiederholen, dass wir den Inhalt und den Artikel selbst nicht kommentieren, auch Details dieses Artikels nicht.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass Herr Ischinger bereits 2011 aus dem Auswärtigen Amt ausgeschieden ist, und zwar mit Erreichen der Regelaltersgrenze, und er seitdem andere Tätigkeiten wahrnimmt. Sie müssen sich dann mit Ihren Fragen direkt an Ihn wenden, was die Aktivitäten insbesondere auch im Rahmen der MSC selbst angeht.

ZUSATZ JESSEN: Herr Ischinger hat ja gestern bereits öffentlich dazu Stellung genommen. Deswegen frage ich Sie, weil Sie letztlich einer der wichtigen Stakeholder der Konferenz sind und wissen, was dort geschieht, ob Sie eigene Erkenntnisse über solche Gespräche haben. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass Sie die nicht beantworten möchten.

SASSE: Herr Jessen, ich muss auch noch einmal sagen: Wir sind kein Stakeholder dieser Konferenz. Das ist eine unabhängige Veranstaltung, die unter anderem unter Leitung von Herrn Ischinger ausgerichtet wird und an der Vertreter des Auswärtigen Amtes regelmäßig teilnehmen, ebenso wie Vertreterinnen und Vertreter aus aller Welt. Mehr kann ich an dieser Stelle inhaltlich nicht dazu beitragen.

Sie haben selbst darauf verwiesen: Herr Ischinger wird sich wahrscheinlich im Rahmen des heutigen Tages noch einmal äußern, und auf die Äußerungen, die er inzwischen zu dem Thema getätigt hat, haben Sie selbst auch verwiesen.

VORS. WOLF: Herr Jordans fragt digital noch einmal nach, an Sie gerichtet, Frau Sasse: Ist es korrekt, dass das Auswärtige Amt Herrn Ischinger erlaubt hat, sich weiterhin als Botschafter zu bezeichnen, und dass es die MSC finanziell gefördert hat?

SASSE: Ja, das ist richtig, was den Botschaftertitel angeht. Herr Ischinger darf diesen Botschaftertitel als Funktionsbezeichnung weiterhin tragen. Allerdings ist das zeitlich an seine Tätigkeit als Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz gebunden. Diese Regelung trägt der Bedeutung der Münchner Sicherheitskonferenz Rechnung, die sich ja in den letzten Jahrzehnten zu einer der weltweit wichtigsten Konferenzen für Sicherheitspolitik entwickelt hat und in erheblichem Maße auch zur Schärfung des internationalen Profils Deutschland beiträgt. Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, also im Moment Herr Ischinger, ist zur Durchführung der Konferenz auch mit protokollarischen Aufgaben betraut, und das sind protokollarische Aufgaben von erheblicher Bedeutung und erheblichem Umfang. Sie erfordern zahlreiche Reisen ins Ausland und Kontakte mit hochrangigen ausländischen Gesprächspartnern und Gesprächspartnerinnen. Vor diesem Hintergrund trägt Herr Ischinger weiterhin den Botschaftertitel, obwohl er bereits 2011 aus dem aktiven Dienst des Auswärtigen Amtes ausgeschieden ist.

VORS. WOLF: Der zweite Teil der Frage bezog sich auf die finanzielle Förderung der Sicherheitskonferenz.

SASSE: Dazu kann ich Ihnen im Moment keine konkreten Angaben liefern, würde das aber gerne nachreichen.

FRAGE JUNG: Frau Sasse, ist Herr Ischinger der einzige Ex-Botschafter Deutschlands, der noch den Titel des Botschafters trägt?

SASSE: Darüber habe ich im Moment keinen Überblick, Herr Jung, würde Ihnen das aber nachreichen, wenn wir darüber einen Überblick haben. Für die Tatsache, dass Herr Ischinger diesen Titel des Botschafters selbst noch führen darf, gibt es, wie gesagt, gute Gründe, und diese Gründe gibt es nur in Ausnahmefällen; so viel kann ich an dieser Stelle sagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Herr Heusgen als ehemaliger UN-Botschafter wird ja sein Nachfolger werden. Ist da auch schon klar, ob er dann den Botschaftertitel bekommen wird oder behalten darf?

SASSE: Im Moment hat Herr Heusgen noch eine andere Funktion inne bzw. im Moment ist Herr Ischinger noch Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle nur zu aktuellen Gegebenheiten äußern.

FRAGE JESSEN: Sie haben eben nun doch ausgeführt, inwiefern Herr Ischinger sozusagen durch das Auswärtige Amt legitimiert auch protokollarische Funktionen wahrnimmt. Das macht die Bundesregierung oder das AA doch zu einem mindestens informellen Stakeholder dieser Konferenz.

SASSE: Ich habe geschildert, welche Rolle die Münchner Sicherheitskonferenz als Konferenz hat, und ich habe erwähnt, dass sie unter anderem zur Schärfung des internationalen Profils Deutschland beiträgt. Das bedeutet nicht automatisch im Rückschluss, dass das Auswärtige Amt bei dem Ganzen ein Stakeholder ist. Ich habe von der Rolle Deutschlands gesprochen.

DR. WENDT: Es gab die Frage nach den Dublin-Überstellungen nach Polen. Die finden weiterhin statt, und die werden perspektivisch auch erst einmal nicht ausgesetzt. Die Bundesregierung äußert sich in diesem Zusammenhang regelmäßig dazu und erwartet, dass sich alle EU-Mitgliedstaaten an die humanitären Standards sowie europäisches und internationales Recht halten.

Dann gab es noch eine zweite Frage nach dem Schreiben von Transparency International (zu Nord Stream 2). Das liegt dem BMI vor und wird derzeit geprüft.

STEFFEN: Die Frage war, ob wir etwas dagegen tun wollen, dass die Sozialwohnungen aus der Belegungsbindung herausfallen. Dazu gibt es ein Urteil des Bundesgerichtshofs, das besagt, dass die Mietbindung nicht unendlich sein darf und an die Dauer der Förderung geknüpft sein muss. Um in diesem Bereich etwas zu tun, kann man die Wohngemeinnützigkeit einführen. Es steht auch im Koalitionsvertrag, dass wir das vorhaben und prüfen wollen. Bei dieser Aussage würde ich es belassen. Aber an der Thematik sind wir dran.

FRAGE JUNG: Wissen Sie denn, wie viele Sozialwohnungen dieses Jahr und in dieser Legislaturperiode aus der Förderung fallen werden, damit wir Ihre Pläne und die Realität gegenrechnen können?

STEFFEN: Zu unseren Plänen und der Realität: Es ist so, dass wir im Frühsommer dazu noch einmal eine aktuelle Zahl vorlegen wollen. Aber einen aktuellen Stand kann ich Ihnen da nicht nennen. 2020 wurden ungefähr 23 000 Wohnungen in diesem Segment bewilligt. Das heißt aber „bewilligt“, nicht „gebaut“. Dazu können wir neue Zahlen im Frühsommer vorlegen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Mir geht es ja um die vor Jahren gebauten, die jetzt aus der Förderung fallen, also um die Sozialbindung. Das müsste ja klar sein, oder?

STEFFEN: Da muss ich noch einmal nachschauen. Ganz aktuellen Zahlen, sozusagen die von 2021, habe ich, glaube ich, noch nicht; wenn, dann würde ich sie nachreichen.

Noch eine Ergänzung: Neben der Wohngemeinnützigkeit das habe ich jetzt auf meinem Handy so schnell nicht gefunden gibt es auch noch Erbbauverträge. Die regeln die Mietbindung dann für bis zu 100 Jahre. Auch das ist eine Möglichkeit.

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