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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 28. Februar 2022

Themen: Überfall Russlands auf die Ukraine, Medienbericht über die Ansetzung von ehemaligen CIA-Mitarbeitern auf den früheren DFB-Präsidenten Zwanziger, COVID-19-Pandemie

Themen/Naive Fragen zu:
00:00 Beginn
0:54 Ukraine/Russland
2:03 SWIFT/Sanktionen
9:28 Hans zu SWIFT/Gasimporte
17:05 Nukleare Drohung Putins
21:13 Aufrüstung der Bundeswehr
23:14 RT & Sputnik Verbot
25:06 100 Milliarden für Bundeswehr
28:54 Tilo zu versickertem Geld/Bundeswehr
36:24 Energieverbrauch in D
40:15 LNG-Terminals
46:14 Tilo zu MV-”Klimaschutz”-Stiftung
47:53 Ukrainische Geflüchtete
53:04 Hans zu EU-Beitritt Ukraine
54:51 Sozialleistungen für UKR-Geflüchtete
56:20 Weitere Waffenlieferungen für Ukraine
1:02:12 Normandie-Verhandlungen
1:08:45 Schalke 04/Gazprom
1:09:48 Hans zu Etat für Pflegebonus
1:13:40 Katar verfolgt WM-Kritiker
1:14:50 Corona

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 28. Februar 2022:

VORS. WELTY eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS HEBESTREIT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

VORS. WELTY: Gernot Heller vom Korrespondentenbüro Herholz fragt den Regierungssprecher online: Gibt es noch irgendwelche Gesprächskanäle mit Moskau, die derzeit von der Bundesregierung aktiv genutzt werden, und könnte nach Auffassung der Bundesregierung ein Vermittler helfen, die Ukrainekrise zu entschärfen?

STS HEBESTREIT: Im Augenblick gibt es große internationale Abstimmungen über alle Themen im Hinblick auf die schwere Krise, die durch den Überfall Russlands auf die Ukraine vom vergangenen Donnerstag ausgelöst worden sind. Ich will mich hier aber nicht zu Details einlassen.

Wir sehen, dass es heute auf niederer Verhandlungsebene im ukrainisch-belarussischen Grenzgebiet zu Verhandlungen, Gesprächen kommen soll. Das beobachten wir. Aber zu unseren Kontakten oder den Kontakten innerhalb der Europäischen Union und der Verbündeten zu Russland wollen wir uns hier nicht weiter einlassen.

FRAGE DR. RINKE: Ich weiß nicht genau, an wen meine Frage geht, wahrscheinlich an Frau Baron. Es geht um die Sanktionen und die Auswirkung im Zusammenhang mit SWIFT auf die Energiegeschäfte, die es mit Russland noch gibt. Können Sie uns erklären, wie diese Energiegeschäfte abgewickelt werden, wenn Russland aus SWIFT ausgeschlossen wird?

DR. BARON: Ich kann gern beginnen. Wenn die Kollegen zu SWIFT ergänzen wollen, können Sie das natürlich sehr gern tun.

In den letzten Tagen hat die Europäische Union gemeinsam mit der internationalen Staatengemeinschaft erweiterte Sanktionen beschlossen, darunter auch gezielte Sanktionen zu SWIFT, die die gelisteten russischen Banken vom System SWIFT abkoppeln. Dieses System wurde sehr bewusst, zielgerichtet und umfassend gewählt, damit die Sanktionen scharf treffen, damit aber auch Abrechnungen weiterhin möglich bleiben. Es gibt also Mittel und Wege, damit die Gasrechnungen weiterhin beglichen werden können.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Genau. Aber die Frage zielte genau darauf, was denn diese Mittel und Wege sind, wenn die Zahlungsabwicklung nicht mehr über russische Banken laufen kann.

DR. BARON: Zum einen sind sie, wie gesagt, bewusst so ausgestaltet, wie sie ausgestaltet sind, dass nämlich die gelisteten Banken von SWIFT abgekoppelt werden.

Zum anderen werden diese Möglichkeiten jetzt genau aufgeschlüsselt. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich jetzt nicht ins Detail gehen kann. Aber diese Struktur ist ja genau deswegen so gewählt worden, damit es möglich bleibt.

VORS. WELTY: Kann uns das Finanzministerium zu SWIFT weiterhelfen?

DR. KUHN: Ich kann nur unterstreichen, was die Kollegin gerade ausgeführt hat. Ziel dieser Maßnahmen ist es darauf hat die Bundesregierung mit den europäischen, den amerikanischen und den übrigen internationalen Partnern hingewirkt; Japan ist ja noch dazugestoßen , dass diese Maßnahmen so ausgerichtet werden, dass sie zielgerichtet sind. Das heißt, dass nicht der gesamte russische Bankenmarkt von SWIFT abgeschlossen wird, sondern die wichtigsten und die, die auch für den internationalen Verkehr wichtig sind, aber es auch die Möglichkeit gibt, dass genau diese Rohstoff- und Energielieferungen weiterhin bezahlt werden können.

SASSE: Vielleicht darf ich an dieser Stelle noch ergänzen, damit kein falsches Verständnis entsteht. Es geht nicht ausschließlich nur um die Energielieferungen. Es geht zum Beispiel auch darum, dass der Zahlungsverkehr mit Russland in verschiedenen anderen Bereichen in irgendeiner Form weiterfunktionieren muss. Das betrifft unter anderem humanitäre Hilfsleistungen; das betrifft legitime wirtschaftliche Geschäfte; das betrifft die Zivilgesellschaft. Es geht also weit über den Energiebereich hinaus.

Gerade deswegen haben wir uns am Wochenende dazu entschieden, uns für eine gezielte Abkopplung einzusetzen, wie es die Kollegen gerade schon beschrieben haben, anstelle einer vollumfänglichen Abkopplung Russlands, des russischen Bankengeschäfts von SWIFT.

VORS. WELTY: Ich füge die Onlinefrage von Julia Löhr von der „FAZ“ an: Welche Hilfen sind für die von den Sanktionen betroffenen Unternehmen geplant? Soll ein bestimmter Prozentsatz des entgangenen Umsatzes ersetzt werden? Wie viel Geld wird dafür ungefähr notwendig sein? Ich denke, die Frage geht an das Wirtschaftsministerium.

DR. BARON: Auch dazu hat sich der Minister gestern geäußert. Zunächst möchte ich noch einmal betonen, dass die Zielrichtung der Sanktionen klar ist. Es ist ein zielgerichtetes Paket gegen Russland, gegen die russische Wirtschaft, das dazu führen soll, dass die russische Wirtschaft von Modernisierung und vielen anderen Dingen abgehalten wird.

Es ist aber auch klar, dass es mittelbare Wirkungen für die deutsche Wirtschaft geben wird. Diese sind bei einem so umfassenden Sanktionspaket nicht zu vermeiden. Quantifizieren lassen sich diese mittelbaren Wirkungen aktuell nicht. Der Minister hat aber deutlich gemacht, dass man sich die Lage dann sehr genau anschauen muss. Wenn es eine starke Betroffenheit bei einzelnen Unternehmen gibt und ein Unternehmen angesichts der aktuellen Sanktionen und der aktuellen Lage quasi in die Knie gezwungen würde, dann ist völlig klar, dass man hier helfen muss.

Juristisch das will ich auch noch einmal klarstellen ziehen EU-Sanktionen keine Entschädigungspflicht nach sich. Das will ich an dieser Stelle noch einmal klarstellen. Aber natürlich ist umgekehrt auch klar, dass wir dann, wenn einzelne Unternehmen aufgrund einer starken Betroffenheit in die Knie gezwungen würden, unterstützen und helfen würden. Nähere Details hierzu kann ich zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht nennen.

FRAGE REITSCHUSTER: Ich habe eine Frage an Herrn Hebestreit und Herrn Dr. Kuhn. Kritiker sagen, dass diese Sanktionen bei SWIFT, dass der Ausschluss, wie er im Moment ausgeführt wird, potemkinsch sei, weil er nur bestimmte Banken betrifft und die Russen ihre Geschäfte über die anderen Banken weiterführen würden. Sie sagen auch, je mehr Zeit verfließe, desto mehr Maßnahmen könnten sie vorher dagegen ergreifen.

Also zwei Fragen: Wie stehen Sie zu der Kritik? Wann genau sollen die Maßnahmen, die geplant sind, greifen?

STS HEBESTREIT: Meines Wissens greifen die Sanktionsmaßnahmen, die beschlossen sind seit Freitag bzw. sollen Sanktionsmaßnahmen, die jetzt über das Wochenende getroffen wurden, im Laufe dieses Tages gültig werden, wenn man so sagen will.

Was die Kritik, die Sie kolportieren, angeht, so haben wir uns auch innerhalb Europas und innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft mit Kanada, Japan, den USA gezielt auf dieses Vorgehen verständigt, um eben sehr passgenaue Maßnahmen und Sanktionen zu schaffen, ohne dass das das habe ich hier am Freitag länglich ausgeführt dazu führt, dass es einen kompletten Abriss der Finanzbeziehungen zwischen der internationalen Staatengemeinschaft und Russland geben würde.

Wir haben außerdem auch noch Vorkehrungen getroffen, was die russische Zentralbank und ihre Wirkungsmöglichkeiten angeht. Wenn man sich die heutige Abwertung des Rubels und die Börsenwerte in Russland anguckt, dann muss man sagen, dass die Kritik, die Sie äußern, von den Fakten bislang zumindest nicht unterstützt wird.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: War das die Forderung der Bundesregierung, und wie viel Unterstützung welcher anderer Länder hatten Sie dafür, dass es keinen vollständigen SWIFT-Ausschluss gibt?

STS HEBESTREIT: Das haben alle Staaten gemeinsam genau so entschieden. Das waren, wenn ich es richtig im Kopf habe, die Europäische Kommission, die USA, Kanada, Japan, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich. Das wurde also unter großem, einhelligem Echo so beschlossen. Insofern wird so auch gemeinsam getragen.

FRAGE JESSEN: Meine Frage geht an Frau Dr. Baron, gegebenenfalls an Herrn Kuhn. Ich beziehe mich auf die Frage des Kollegen Rinke, die ich nicht beantwortet finde.

Ist mit der derzeitigen SWIFT-Ausschlussregelung gewährleistet, dass Zahlungsverpflichtungen, russische Gaslieferungen bei den Lieferanten tatsächlich ankommen? Es ist klar, dass Russland, wenn das nicht so wäre, sagen könnte: Ihr zahlt nicht. Wir stellen die Gaslieferung sofort ein.

Ist also gewährleistet, dass trotz diesen partiellen SWIFT-Aussetzungen Zahlungen bei den russischen Lieferanten ankommen können, jetzt?

DR. BARON: Ich wiederhole es noch einmal: Es ist genau so ausgestaltet, dass die Banken, die gelistet sind, von SWIFT abgekoppelt werden, und zwar diese Banken. Damit ist sichergestellt, dass Zahlungsverpflichtungen für Energie- oder Rohstofflieferungen möglich sind und auch ankommen.

STS HEBESTREIT: Vielleicht darf ich ergänzen. Im Sanktionspaket wurden Energielieferungen dezidiert ausgeschlossen. Diese werden also nicht sanktioniert. Insofern sind auch Zahlungsströme, die diese Energielieferungen betreffen, nicht Teil des Sanktionspaketes.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Ist es aber nicht ein Widerspruch in sich, auf der einen Seite den SWIFT-Zahlungsverkehr weitgehend abzukoppeln, dann aber auf dem großen Sektor der Energielieferung im Grunde doch wieder Geschäftstätigkeit wie in der Vergangenheit ich will nicht sagen „business as usual“ zu ermöglichen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

STS HEBESTREIT: Ich würde Ihrem Eindruck, dass das „business as usual“ sei

ZUSATZ JESSEN: Eben nicht!

STS HEBESTREIT: stark widersprechen. Es sind wahrscheinlich die härtesten Wirtschaftssanktionen, die jemals verhängt wurden, und zwar in sehr kurzer Zeit. Überlegen Sie: Etwa vor einer Woche kündigte der russische Präsident an, Luhansk und Donezk anzuerkennen. Wir haben den Überfall Russlands auf die Ukraine von Donnerstag. Heute ist Montag. Wir haben ein am Freitag zweites Sanktionspaket beschlossen, ein drittes jetzt über das Wochenende. Ich glaube also, „business as usual“ ist dafür nicht das richtige Wort.

Zu den Energielieferungen: Es wurde eben genau ich sprach das an anderer Stelle hier auch schon an über die Sanktionen, die man trifft Da braucht es eine gewisse Durchhaltefähigkeit. Es bringt nichts, eine Sanktion zu erlassen, die man nach wenigen Wochen wieder kassieren muss, weil man es selbst nicht durchhalten kann.

VORS. WELTY: Derek Scally von der „Irish Times“ fragt: Wie sehr oder wie wenig macht die Schweiz mit und mit welchen Folgen?

SASSE: Ich habe mich hierzu schon am Freitag eingelassen und dargestellt, dass wir mit der Schweiz natürlich in enger Abstimmung zu den Sanktionen stehen, die wir als EU gemeinsam mit unseren Partnern in der G7 verhängt und zu denen wir uns entschlossen haben. Sie haben vielleicht die Äußerungen aus der Schweiz von heute Morgen wahrgenommen. Ich kann nur sagen, dass wir zu diesem Thema mit der Schweiz weiterhin in sehr engem Gespräch stehen, dass aber zu den Maßnahmen, die die Schweiz selbst ergreifen wird, natürlich nur die Schweiz selbst Auskunft geben kann.

FRAGE DR. DELFS: Ich habe eine Frage an Frau Baron. Sie hängt auch mit dem Thema zusammen. In Großbritannien muss zum Beispiel BP seine Beteiligung an Rosneft aufgeben. Gibt es in Deutschland ähnliche Bestrebungen, auf deutsche Unternehmen einzuwirken, Beteiligungen an Firmen, an denen auch russische Energieunternehmen beteiligt sind, zwingend aufzugeben? Ich glaube, dafür könnte zum Beispiel die BASF-Beteiligung an Wintershall DEA infrage kommen, weil Wintershall, glaube ich, zu 30 Prozent einem russischen Oligarchen gehört.

DR. BARON: Das sind zunächst einmal Entscheidungen, die natürlich die Unternehmen selbst zu treffen haben. Ich will nur darauf hinweisen, dass, sollte es jetzt zu neuen Beteiligungs- oder Unternehmensübernahmegeschäften kommen, dann natürlich das Verfahren der Investitionsprüfung greift. So gibt es aktuell ja ein laufendes Investitionsprüfungsverfahren im Zusammenhang mit der Raffinerie Schwedt und Rosneft. Das ist das Instrumentarium, das das Recht kennt und mit dem die Prüfungen laufen, wenn es solche Vorgänge gibt.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Heißt das, dass die Bundesregierung nicht aktiv auf deutsche Unternehmen einwirken wird, solche Beteiligungen abzustoßen, wie das in Großbritannien ja offenbar möglich ist?

DR. BARON: Ich habe die Rechtslage geschildert. Es gibt die Möglichkeit bei Erwerbsvorgängen im Rahmen der Investitionsprüfung. Alles Weitere liegt dann in der Verantwortung der Unternehmen. Das ist zumindest das, was ich jetzt zum aktuellen Stand sagen kann.

VORS. WELTY: In Ergänzung dazu füge ich die Frage von Julia Löhr von der „FAZ“ an: Der vom Bund gestützte Reisekonzern TUI hat einen russischen Großaktionär. Können unter diesen Umständen die Hilfen für TUI weitergehen?

DR. BARON: Die Antwort auf diese Frage würde ich gern nachreichen.

FRAGE NOYAN: Ich habe eine Frage zu Indien. Letzte Woche hieß es, Sie hätten versucht, eigene Konsultationen mit Indien abzuhalten. In der Abstimmung im Sicherheitsrat gestern hat sich Indien aber der Stimme enthalten. Gibt es Überlegungen, Indien vielleicht wieder stärker einzubinden oder vielleicht auch davon zu überzeugen, sich stärker gegen Russland auszusprechen?

STS HEBESTREIT: Wir werben international natürlich für unsere Position, die in breiten Teilen Europas geteilt wird, aber auch in weiten Teilen der Vereinigten Staaten, Kanadas, Japans und anderen. Aber natürlich muss jeder Staat für sich selbst entscheiden, wie er sich in dieser Phase verhält. Wir bleiben bei unserer Position. Wir halten sie auch für richtig.

Lassen Sie mich diese Gelegenheit vielleicht auch noch einmal zum Anlass nehmen, zu sagen, dass wir auch von dieser Stelle aus Russland noch einmal eindringlich auffordern, die Kampfhandlungen einzustellen es gibt massive Opfer auch unter der Zivilbevölkerung; es wird viel zerstört , seine Truppen zurückzuziehen und mit diesem durch nichts gerechtfertigten Angriff auf die Ukraine unverzüglich aufzuhören. Das gehört auch dazu. Das haben verschiedene Vertreter der Bundesregierung, auch der Bundeskanzler gestern in der Regierungserklärung deutlich gemacht. Bei dieser Haltung bleibt es.

Sie haben den Sicherheitsrat angesprochen. Auch das hat der Bundeskanzler gestern in seiner Regierungserklärung dargelegt. Im Sicherheitsrat kann man so weit gehen die Kollegin Sasse möge mir das nachsehen : Eine Enthaltung ist in dem Sinne eine Zustimmung, weil es eine Sanktion, eine Verurteilung nicht verhindert hätte. Russland musste sein eigenes Vetorecht benutzen, um einer Verurteilung zu entgehen. Der Bundeskanzler nannte das eine Schande.

FRAGE DUNZ: Herr Hebestreit, unter der großen Überschrift „Wie sich Deutschland schützt“, will ich fragen, welche Vorkehrungen womöglich getroffen werden, wenn man auf den Aspekt schaut, dass Putin mit Atomwaffen gedroht hat. Gibt es dafür Vorkehrungen? Welche?

In dem Zusammenhang vielleicht eine Frage an Herrn Collatz: Können Sie etwas dazu sagen, wo diese Atomwaffen stationiert sind und wie weit sie reichen?

STS HEBESTREIT: Wir nehmen die Äußerung des russischen Präsidenten natürlich sehr, sehr ernst. Es ist auch klar, wie unverantwortlich allein schon eine solche Drohung ist.

Gleichzeitig haben im Bedrohungsszenario auch Nuklearwaffen immer eine Rolle gespielt und ist insoweit andererseits auch die Abwehr von Nuklearwaffen immer mitgedacht. Viel mehr will ich von dieser Stelle aus dazu nicht sagen.

COLLATZ: Ich kann dazu natürlich auch nur ergänzen das ist ja allgemein bekannt , dass die Bundeswehr nicht über Atomwaffen verfügt, sondern die Flugzeuge bereitstellt, um im Rahmen der nuklearen Teilhabe gegebenenfalls bei der Ausbringung der Mittel, wenn es soweit sein sollte, was hoffentlich nie der Fall sein wird, im Rahmen des Bündnisses eigene Leistungen zu erbringen.

ZUSATZFRAGE DUNZ: Sie meinen jetzt bei der Abwehr, oder? Ich hatte gefragt, ob Sie sagen können, wo die russischen Atomwaffen stationiert sind und wie weit sie reichen.

Dann eine Nachfrage zu Ihrer Ausführung: Was bedeutet das, was Deutschland dann machen würde?

COLLATZ: Wir sind im Rahmen der integrierten Luftverteidigung in das Bündnis eingebunden, bringen dazu unsere eigenen Mittel ein, zum Beispiel das Patriot-Abwehrsystem. Das ist immer eine integrierte Maßnahme, ein integriertes Bündnis, das dann zur Abwehr bereitsteht.

STS HEBESTREIT: Frau Dunz, zu Ihrer Frage, wo die russischen Atomwaffen stationiert sind und wie weit sie reichen: Da gibt es verschiedenste, von taktischen über substrategische bis hin zu strategischen. Das alles haben wir alle, die wir Kinder der 80er-Jahre sind, so wie ich, einmal in extenso gelernt. Insofern reden wir über mehrere tausend Gefechtsköpfe. Dafür würde selbst diese Regierungs-PK nicht ausreichen.

Grundsätzlich das hat Herr Collatz eben schon angedeutet ist dieses Bedrohungsszenario immer mitgedacht worden. Insofern gibt es auch gewisse Abwehrmaßnahmen dagegen. Aber wir werden sie hier nicht en détail ausführen.

ZURUF DUNZ: … (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

STS HEBESTREIT: Nein.

SASSE: Ich darf vielleicht ergänzen und politisch einordnen, dass die NATO selbst zu keinem Zeitpunkt eine Bedrohung für Russland dargestellt hat und natürlich auch weiterhin nicht darstellen wird. Im Gegenteil setzen sich die NATO und auch die USA selbst für eine Risikoreduktion und eine Vermeidung derartigen nuklearen Messagings, wie es Herr Putin gerade betrieben hat, ein. Insofern rufen wir Russland dazu auf, dies ebenfalls zu tun.

VORS. WELTY: Jan Dörner von der FUNKE Mediengruppe fragt: Gibt es inzwischen konkrete Planungen im BMVg, in der aktuellen Lage verstärkt Reservisten einzusetzen?

COLLATZ: Nein. Das Gerücht hält sich schon seit etwas Längerem. Dem kann ich begegnen: Wir werden derzeit keine anderen Maßnahmen bezüglich des Einsatzes von Reservisten vornehmen, als wir es ohnehin laufend tun. Reservedienstleistende sind ein wichtiges Element für die Leistungsfähigkeit der Streitkräfte. Angesichts der aktuellen Lage gibt es aber keine Notwendigkeit, dies anzupassen.

VORS. WELTY: Um welche Anzahl von Reservisten könnte es gehen? Für welche Aufgaben?

COLLATZ: Ich habe ja eben ausgeführt, dass es keine Änderung gibt. Deswegen gibt es über die bekannten Zahlen hinaus auch keine Änderungen.

FRAGE STUCHLIK: Herr Collatz, weil wir gerade beim Thema der nuklearen Teilhabe sind, die Frage: Es gibt Berichte, wonach die Mittel bereits voraufgeteilt seien und vorgesehen sei, 15 Milliarden Euro in die Erneuerung der Flugstaffel, sprich, in den Tornado-Nachfolger zu stecken. Können Sie das bestätigen?

COLLATZ: Nein.

ZUSATZFRAGE STUCHLIK: Halten Sie das für eine vernünftige Größenordnung?

COLLATZ: Netter Versuch! Ich kann das nicht bestätigen.

ZUSATZFRAGE STUCHLIK: Gibt es und dann höre ich auch auf; ich verspreche es – dementsprechende Planungen?

COLLATZ: Über die Nachfolge des Tornados wird als Gesamtpaket entschieden. Zu gegebener Zeit wird hier darüber berichtet.

FRAGE ABBAS: Ich habe eine ergänzende Frage an das Verteidigungsministerium zu der Alarmbereitschaft der Streitkräfte. Frau Lambrecht hatte angekündigt, dass es diesbezüglich Beratungen der NATO-Staaten geben soll. Können Sie sagen, wann diese Beratungen stattfinden und vielleicht skizzieren, welche Handlungsoptionen dann auf NATO-Ebene bestehen?

COLLATZ: Herr Thiels hat sich am Freitag sehr detailliert dazu geäußert, welche verschiedenen Kräftekategorien es in welchem Status der Bereitschaft gibt. Es gibt im Moment keinen Anlass, über weitere Maßnahmen hinaus zu planen. Es gibt laufend politische und auch militärisch-strategische Konsultationen. Wenn es darüber etwas zu berichten gibt, tun wir das hier sehr gerne.

ZUSATZFRAGE ABBAS: Extra Beratungen zu diesem Thema, also zu der Alarmbereitschaft der Streitkräfte, gibt es nicht?

COLLATZ: Dazu gab es ja schon Konsultationen, und diese werden auch fortgeführt. Schauen Sie bitte auf unsere Homepages. Wir können davon berichten, dass wir unsere Alarmmaßnahmen in den verschiedenen Kategorien zum Beispiel der NATO Response Force oder der VJTF, die Teil der NATO Response Force ist erhöht haben. Darüber hinaus habe ich keine Neuigkeiten mitzuteilen.

FRAGE: Eine Frage an das Auswärtige Amt und gegebenenfalls an BMI und Justizministerium.

Nach dem EU-Außenministertreffen hat Kommissionspräsidentin von der Leyen ein europaweites Verbot der russischen Staatssender RT, Sputnik und ihrer Tochtergesellschaften angekündigt. Können Sie mir sagen, wie dieses Verbot aussehen soll, wie die Bundesregierung dazu steht und wie das europaweit geschehen soll? Medienregulierung ist ja Sache der Nationalstaaten.

SASSE: Ich muss Sie um Verständnis bitten, dass ich Sie an die EU-Kommission und Kommissionspräsidenten von der Leyen selber verweisen muss, denn Sie gehen ja auf ihre Äußerungen ein. Wir haben diese Äußerungen zur Kenntnis genommen. Wir haben in der Vergangenheit an dieser Stelle immer wieder unsere Position zu den Aktivitäten von RT hier in Deutschland deutlich gemacht. In diesem Fall geht es um das europaweite Element. Da muss ich Sie tatsächlich an das Büro von Frau von der Leyen selber verweisen.

ZUSATZFRAGE: Plant die Bundesregierung ein derartiges Verbot in Deutschland?

SASSE: Wie gesagt, die Äußerungen der Kommissionspräsidenten von gestern Abend haben wir zur Kenntnis genommen. Wir werden gemeinsam mit unseren europäischen Partnern diese Äußerungen im Detail weiter besprechen.

VORS. WELTY: Stichwort „Europa“, Thomas Wiegold „Augen geradeaus!“: Der EU-Außenbeauftragte Borrell hat die Abgabe von Kampfjets an die Ukraine mitgeteilt, sofern es sich um MiG-29 aus ehemaligen NVA-Beständen handelt. War die Zustimmung der Bundesregierung nötig? Wurde sie erteilt?

STS HEBESTREIT: Es ist mir nichts dazu bekannt, dass sie aus NVA-Beständen stammen sollten.

COLLATZ: Keine Kenntnis.

FRAGE DR. RINKE: Ich hätte Herrn Collatz gerne im Anschluss an die Frage in Bezug auf die Tornados gefragt, ob Sie uns sagen können, ob es bei Ihnen Planungen gibt, wie dieses Sondervermögen von 100 Milliarden Euro überhaupt und in welchem Zeitraum ausgegeben werden kann. Reden wir davon, dass diese Mittel in den nächsten ich erfinde jetzt eine Zahl zwei, drei Jahren abfließen können oder muss man sich eher 20 Jahre vorstellen?

Gibt es bei Ihnen schon eine Prioritätenliste, was gerne als Erstes finanziert werden soll?

COLLATZ: Zu den Mechaniken des Haushalts würde ich gerne noch um Unterstützung des BMF bitten.

Ich kann nur so viel sagen, dass wir natürlich darauf bedacht sind, stets die Hoheit des Parlaments zu achten. Denn es darf nur Geld ausgegeben werden, wenn das Parlament gesagt hat, dass das in Ordnung ist.

Ansonsten ist dieses Sondervermögen, wie ich es verstanden habe, ein überjähriges. Natürlich laufen jetzt die Abstimmungen und Planungen auf Hochtouren. Einzelheiten kann ich hier nicht nennen.

STS HEBESTREIT: Vielleicht darf ich noch ergänzen: Heute ist Montag. Dieses Sondervermögen ist am Sonntag verkündet worden, und es ist in den Tagen davor entwickelt worden. Es wäre doch etwas kühn, jetzt schon konkrete Projekte und Aufteilungen zu erwarten.

Klar ist: Die Unterfinanzierung der Bundeswehr soll damit ein für alle Mal beendet werden. Man will langfristige Planungen ermöglichen. Klar ist: Das ist etwas, was Jahre brauchen wird. Deshalb wird man dieses Sondervermögen mit 100 Milliarden Euro versehen. Dann sollen auch langfristigere Planungen und Beschaffungen möglich sein, die ansonsten immer wieder an haushalterische Grenzen gestoßen sind. Das ist der Teil.

Eines darf ich auch noch klarstellen, weil es die eine oder andere Nachfrage gab: Dieses Sondervermögen soll im Grundgesetz abgesichert werden, nicht das Zwei-Prozent-Ziel. Ich hatte gestern dazu ein, zwei kritische Nachfragen. Ich kann hier klar sagen: Es geht um die 100 Milliarden Euro.

DR. KUHN: Ich kann das nur unterstützen. Unser Minister hat sich heute Morgen geäußert und hat gesagt, dass wir im Laufe dieses Jahrzehnts eine der handlungsfähigsten und schlagfähigsten Armeen in Europa bekommen, weil das der Bedeutung Deutschlands und unserer Verantwortung in Europa entspricht.

Der Vorteil des Sondervermögens ist – darauf wurde gerade schon hingewiesen , dass wir darüber langfristige Planungen absichern können, weil, anders als im normalen Kernhaushalt, im Sondervermögen überjährig geplant werden kann. Dadurch, dass es im Grundgesetz festgelegt wird, können wir diese Zweckbindung noch deutlich stärker ausgestalten.

Wie der Kollege des BMVg gesagt hat, arbeiten wir innerhalb der Bundesregierung mit Hochdruck an der Konzeption dieses Sondervermögens und werden zeitnah einen Vorschlag mit den Details vorlegen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, es gibt Berichte, dass die Kabinettsbefassung in Sachen Haushalt auf den 16. März verschoben wurde, weil es doch ein bisschen komplizierter ist. Stimmt das?

STS HEBESTREIT: Das kann ich von dieser Stelle noch nicht bestätigen.

VORS. WELTY: Tim Szent-Iványi, RND, fragt im Zusammenhang mit dem Sondervermögen: Welche Änderung im Grundgesetz ist nach Ansicht der Ampelkoalition für die Errichtung dieses Sondervermögens notwendig? Eigentlich reicht ja eine Kanzlermehrheit im Bundestag.

DR. KUHN: In der Tat können Sie ein Sondervermögen mit einem einfachen Gesetz errichten. Die Idee dahinter ist, dass man das tatsächlich auch für die kommenden Jahre langfristig absichert. Deswegen soll das per Grundgesetz abgesichert werden.

FRAGE JUNG: Herr Hebestreit hat gerade die sogenannte Unterfinanzierung der Bundeswehr angesprochen. Herr Collatz, das französische und britische Militär wird mit weniger Mitteln finanziert. Wie planen die Bundeswehr und Ihr Haus, dass künftig verhindert wird, dass Millionen, Milliarden an Steuergeldern nicht wie in der Vergangenheit versickern und nicht zuvorderst die Rüstungsindustrie davon profitiert?

COLLATZ: Ihre Aussagen zur Vergleichbarkeit mit anderen Streitkräften kann ich hier nicht teilen.

Für die ordnungsgemäße Verausgabung von Mitteln gibt es Gesetze, an die wir uns halten.

STS HEBESTREIT: Vielleicht darf ich noch ergänzen: Der Bundeskanzler sprach gestern von einer „Zeitenwende“. Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine ist das erste Mal seit vielen, vielen Jahren, Jahrzehnten ein Landkrieg in Europa wieder möglich geworden. Die westliche Welt reagiert darauf sehr entschlossen und geschlossen. Das heißt auch, dass gewisse Gewissheiten, die wir lange Zeit hatten, infrage gestellt worden sind. Darauf müssen wir reagieren. Deswegen müssen wir unsere Landesverteidigung so aufstellen, dass wir in der Lage sind, uns, unsere Bündnispartner und alle unsere Verbündeten gut zu verteidigen. Das ist der Teil, der jetzt wichtig ist, wichtiger werden und auch bleiben wird. Deswegen ist dieses Sondervermögen, mit 100 Milliarden Euro unterlegt, das, was uns grundsätzlich dazu in die Lage versetzt. Gleichzeitig das muss man sagen ist der Verteidigungsetat in den letzten Jahren deutlich aufgewachsen. Wir reden jetzt, wenn ich das richtig im Kopf habe, von einer Größe más o menos von 48 Milliarden Euro, vielleicht von etwas weniger.

Wenn wir 100 Milliarden Euro dazu packen, ist das überjährig ein ganz schöner Batzen. Es ist aber auch keine unglaubliche Summe. Sondern es geht einfach darum, die Fähigkeiten, die wir brauchen, relativ zügig und vor allem planungssicher zu beschaffen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Meine Zahl lag bei 50 Mal drei Milliarden Euro im Jahr 2022, Herr Hebestreit. Eine Gewissheit der letzten Jahre war ja, dass Geld immer wieder in der Bundeswehr versickert. Wie will es die Bundesregierung schaffen, dass das aufhört? Das ist ja das riesige strukturelle Problem der letzten Jahrzehnte innerhalb der Bundeswehr.

STS HEBESTREIT: Herr Jung, Ihren Vorwurf, dass Geld in der Bundeswehr versickere, mache ich mir hier ausdrücklich nicht zu eigen.

Grundsätzlich ist es so das hat Oberst Collatz hier eben dargelegt , dass man sich an Recht und Gesetz hält und dort, wo es Hinweise gäbe oder gibt, dass das nicht geschieht, geht man der Sache nach und stellt es ab.

FRAGE: Herr Hebestreit, ich habe noch nicht verstanden, worin der Vorteil liegt, das im Grundgesetz zu verankern. Ist es die Angst, dass eine künftige Regierung den Rest des Sondervermögens wieder einkassiert wird oder warum muss das Verfassungsrang bekommen?

STS HEBESTREIT: Die Entscheidung, das im Grundgesetz abzusichern, geht auch zurück Sie waren gestern vielleicht im Deutschen Bundestag. Als der Bundeskanzler diese Maßnahme verkündet hat, gab es doch relativ spontanen Applaus über breite Teile dieser Koalition hinweg. Man möchte dieses Signal der Geschlossenheit und der Gemeinschaft in diesem Sondervermögen begründen und es dadurch, weil es eine Ausnahme der Schuldenregel umfasst, im Grundgesetz manifestieren, wenn man so will. Dadurch will man den Wunsch des Gesetzgebers deutlich machen, dass man eine klare Ausnahme von der ansonsten grundgesetzlich gegebenen Schuldenregel haben will.

FRAGE WEFERS: Sondervermögen dürfen nach der Schuldenbremse ja keine Kredite aufnehmen, es sei denn, sie werden durch Bundestagsbeschluss sozusagen wie bei dem EKF dotiert. Heißt das, dass das für dieses Sondervermögen nicht gelten wird?

Die Frage, die ich eigentlich stellen wollte: Stehen dieses Sondervermögen von 100 Milliarden Euro und die NATO-Quote von zwei Prozent nebeneinander oder wird NATO-Quote von zwei Prozent aus dem Sondervermögen erfüllt?

STS HEBESTREIT: Die letzte Frage kann ich ganz einfach beantworten: Die zwei Prozent NATO-Quote werden natürlich aus dem Sondervermögen ergänzt, wenn man so will. Das ist also nicht on top. Ich weiß nicht, ob das Verteidigungsministerium gerade ganz sparsam guckt. Nein, Herr Collatz guckt fröhlich. Das ist klar.

Was Ihre Frage in Bezug auf die Kredite angeht, hoffe ich auf Christoph Kuhn.

DR. KUHN: Sondervermögen können grundsätzlich auch Kreditermächtigungen bekommen. Das ist möglich. Wir arbeiten jetzt, wie gesagt, an den Details. Der Minister hat sich dahingehend geäußert, dass die Kreditermächtigung schon in diesem Jahr erfolgt. Wie wir das technisch machen, werden wir dann im Detail vorstellen.

ZUSATZ WEFERS: Aber es geht ja um die Frage, ob das eine dauerhafte Kreditermächtigung ist, was Sondervermögen eigentlich nicht mehr bekommen, bzw. es wird in dem Bundeshaushalt verankert. Sie haben ja jetzt gerade die Berechnungsmethode dafür geändert, in welcher Periode das berechnet oder zugerechnet wird.

STS HEBESTREIT: Ich kann das aufklären, weil ich zum Glück eben in Seite zwei meines Sprechzettels geguckt habe. Es geht um eine Kreditaufnahme, die komplett im Jahr 2022 buchhalterisch fällig wird.

VORS. WELTY: Karsten Seibel, „WELT“, fragt nach dem Zeitplan für die Grundgesetzänderung und inwiefern sich dadurch die Haushaltsaufstellung verzögert.

STS HEBESTREIT: Ich glaube, die Frage zur Haushaltsaufstellung hatte Herr Rinke schon gestellt. Dazu hatte ich gesagt: Das kann ich nicht bestätigen. Ich weiß schlichtweg nicht, ob es eine Verzögerung gibt. Heute ist der 28. Februar. Das heißt, der 9. März ist in der nächsten Woche. Deshalb halte ich das nicht für unmöglich.

Zu der ursprünglichen Frage: So schnell wie möglich.

VORS. WELTY: Daniel Lücking, „nd.Der Tag“: Bis die Bundeswehr von den 100 Milliarden Euro Sondervermögen profitiert, werden militärische Fähigkeiten fehlen. Mit welchen Staaten ist Deutschland derzeit im Gespräch, wenn es darum geht, essenzielle deutsche Fähigkeitslücken im Rahmen der Landesverteidigung zu schließen?

STS HEBESTREIT: Die Bundesrepublik ist seit vielen, vielen Jahren Teil der Nordatlantischen Allianz, sprich der NATO. Im Sinne des „burden sharing“ und der damit verbundenen Aufgaben, die man übernommen hat, steht man nie alleine bei der Landesverteidigung. Das ist ja gerade der Clou bei der NATO. Insofern haben wir auch keine Fähigkeitslücken, die wir jetzt dringend schließen müssen. Trotzdem ist es so, dass jedes Bündnis so stark ist wie seine Teile. Wir wollen stärker werden, um auch das Bündnis zu stärken. Bei diesem Sondervermögen geht es jetzt darum, dass wir sagen: Wir wollen die NATO-Quote von zwei pro Prozent bereits in diesem Jahr erfüllen und, anders als im Jahr 2014 zugesagt, nicht erst 2024. Darum geht es.

VORS. WELTY: Frank Jordans fragt: Welche Sofortmaßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um den Energieverbrauch in Deutschland signifikant zu reduzieren und damit den Geldfluss des Russlandkriegs in der Ukraine finanziell zu schmählern? Werden zum Beispiel die Thermostate in Bundesliegenschaften heruntergedreht?

DR. BARON: Zum Thema Versorgungssicherheit hatte sich Minister Habeck ja auch in der vergangenen Woche mehrmals geäußert. Die Versorgungssicherheit ist aktuell gewährleistet. Natürlich müssen wir die Lage genau beobachten. Was den Vorsorgeplan angeht, wie wir uns künftig besser aufstellen und von russischen Energieimporten unabhängiger machen, hatten wir ja schon Maßnahmen vorgestellt und Vorschläge gemacht. Ganz oben auf der Agenda steht natürlich, die Energiewende so sehr voranzutreiben, wie wir das können, den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben und unsere Energieversorgung so auf robustere Säulen zu stellen.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist damit auch eine Sicherheitsfrage, wie wir in der aktuellen Lage sehen. Genau hier arbeiten wir ja schon an Vorschlägen für eine umfassende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die Teil des Osterpakets sein wird. In Kürze werden aktuelle Vorschläge vorgelegt werden.

VORS. WELTY: Und die Temperatur in den Bundesliegenschaften?

DR. BARON: Es ist mir nicht bekannt, welche Effekte das hätte. Ich glaube auch nicht, dass das jetzt eine der wichtigen Fragen ist.

VORS. WOLF: Frank Jordans fragt nach: Überlegt man, ein befristetes allgemeines Tempolimit einzuführen?

DR. BARON: Das wäre nicht unser Zuständigkeitsbereich.

Ich habe das dargelegt, was wir jetzt tun. Das sind eben große Pakete, um den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben.

VORS. WELTY: Kann das Verkehrsministerium dazu etwas sagen?

STS HEBESTREIT: Bei allem Verständnis für die Frage: Im Augenblick gibt es diese Diskussion nicht. Vielleicht hat Herr Jordans sie jetzt mit seinen Fragen ausgelöst. Das haben wir bisher noch nicht.

Weil ich nebenbei noch mein Handy checken darf, kann ich allerdings sagen, dass der Kabinettsbeschluss für die Eckwerte für den Haushalt 2023 und der Finanzplan bis 2026 aus den eben genannten Gründen auf den 16. März verschoben worden ist.

FRAGE: Herr Hebestreit, vielleicht können die anderen beteiligten Ministerien auch etwas dazu sagen: Sie haben davon gesprochen, dass die Idee für dieses Sondervermögen in den vergangenen Tagen zustande gekommen ist. Vielleicht können Sie schildern, in welchen Runden die Idee entwickelt worden ist und welche Ministerien beteiligt waren. Offenbar gab es im Bundestag, in dem es gestern Beifall in der Opposition gegeben hat, durchaus erstaunte Blicke in anderen Fraktionen, die diese Regierung tragen. Wie weit waren die Fraktionen, wie weit waren die Parteien eingebunden?

STS HEBESTREIT: Die Bundesregierung hat das gemeinsam beschlossen und diskutiert. Die sie tragenden Parteien sind über die Bundesregierung ja auch eingebunden.

ZUSATZFRAGE: Können Sie etwas zum zeitlichen Verlauf sagen? Ist das am Freitag

STS HEBESTREIT: Ich glaube, dazu habe ich mich schon geäußert. Ich habe gesagt: über das Wochenende, seit Freitag.

FRAGE DR. ZWEIGLER: Ich wollte gerne zur Energiepolitik zurückkommen. Gestern hat der Bundeskanzler die zwei Flüssiggasterminals, die in Brunsbüttel und Wilhelmshaven gebaut werden sollen, angesprochen. Ich hätte gerne gewusst, was die Bundesregierung dort genau plant. Ist möglicherweise daran gedacht, dass man die Genehmigungsverfahren beschleunigt?

Wenn ich das richtig verfolgt habe, ist das in Brunsbüttel noch gar nicht angelaufen.

DR. BARON: Es ist zunächst richtig, dass wir wiederum zur Stärkung unserer Vorsorge und, um die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren, erneut die Frage der LNG-Terminals angehen. Das sind die zwei von Ihnen genannten, also Brunsbüttel und Wilhelmshaven. Dazu laufen jetzt Gespräche auf verschiedenen Ebenen, natürlich auch mit den Vertretern der Länder, um die Prozesse voranzutreiben und zu schauen, wie und womit der Staat hier unterstützen kann.

ZUSATZFRAGE DR. ZWEIGLER: Denkt denn der Bund daran, dort selbst mit einzusteigen oder bleiben dann rein private Unternehmen, um die Terminals zu bauen und zu betreiben?

VORS. WELTY: In Ergänzung dazu möchte ich die Frage von Andreas Lochner-Montel mit einschieben: Wie genau plant die Bundesregierung, den Bau von LNG-Terminals sicherzustellen? Bis wann sollen sie in Betrieb gehen?

DR. BARON: Ich bitte um Verständnis: Inbetriebnahmedaten kann ich jetzt nicht nennen, weil dazu natürlich verschiedene verfahrens- und genehmigungsrechtliche Fragen usw. zu klären sind. Das sind alles Prozesse, die jetzt aufgenommen werden, über die aber auch im Austausch mit den Ländern Vereinbarungen getroffen werden müssen, weil natürlich auch Landeszuständigkeiten berührt sind.

Insgesamt müssen wir schauen, wie wir hier unterstützen können. Ich hatte schon wiederholt darauf hingewiesen, dass es ein Instrument der regionalen Strukturförderung gibt. Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist sicher ein Instrument. Ob darüber hinaus weitere Unterstützungen notwendig oder möglich sind, müssen wir jetzt prüfen und genau Schritt für Schritt abarbeiten.

ZUSATZ DR. ZWEIGLER: Es war offengeblieben, ob der Bund sich dort selbst beteiligen wird. Kritische Infrastruktur sieht man ja inzwischen anders als noch vor ein paar Tagen.

DR. BARON: Wie gesagt, wir prüfen aktuell, welche Möglichkeiten mit der regionalen Strukturförderung oder eben anderen finanziellen Unterstützungsmaßnahmen möglich sind. Das ist der Stand der Arbeiten. Mehr kann ich aktuell noch nicht dazu sagen.

FRAGE LEHMANN: Eine Frage an das BMZ oder an die Finanzpolitiker. Im Koalitionsvertrag ist verankert, dass auf Grundlage des Haushalts 2021 die Ausgaben für Krisenprävention, Entwicklungszusammenarbeit etc. im Maßstab eins zu eins wie die Ausgaben für Verteidigung steigen. Gilt das noch? Die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen hat sich per Twitter dazu schon geäußert und hat gesagt, dass das für sie noch gilt. Wie sieht das die Regierung?

STS HEBESTREIT: Wenn Sie das jetzt auf das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro beziehen: Dazu gilt das natürlich nicht. Trotzdem hat natürlich der Bundeskanzler gestern auch deutlich gemacht, dass man neben dem Aufwuchs der Mittel für die Bundeswehr und für die Verteidigung auch die klassischen Mittel der Außenpolitik die Diplomatie, die Entwicklungszusammenarbeit , aber auch die Cyberabwehr und ähnliches weiterhin im Blick haben wird.

ZUSATZFRAGE LEHMANN: Das heißt, die Eins-zu-eins-Erhöhung des Haushalts gilt dann nicht mehr, das wird dann sozusagen abgekoppelt?

STS HEBESTREIT: Das Sondervermögen ist ja ein Sondervermögen und nicht ein normaler Haushaltstitel.

FRAGE: Als dritter Standort war ja immer Stade im Gespräch. Ist da eine Vorentscheidung gefallen? Der Bundeskanzler hat jetzt ja nur noch von Brunsbüttel und Wilhelmshaven gesprochen.

DR. BARON: Aktuell sind wir bei den Prüfungen bei Brunsbüttel und Wilhelmshaven, das ist der Stand. Ich kann die Zukunft nicht vorhersehen, aber aktuell sind es Brunsbüttel und Wilhelmshaven, wir jetzt näher prüfen.

ZUSATZFRAGE: Die also Unterstützung der Bundesregierung bekommen können?

DR. BARON: Wo wir die Prozesse vorantreiben müssen. Bei Genehmigungsverfahren gibt es ja keine Bundeszuständigkeit, sondern da können wir nur, ich sage einmal, flankierend und unterstützend mit den Ländern arbeiten. Es geht eben auch darum zu prüfen: Was muss der Bund unterstützend dafür tun? Das betrifft zum aktuellen Stand diese beiden Standorte.

VORS. WELTY: Dann gibt es noch zwei Fragen zur Energiesicherheit. Karsten Wiedemann von energate fragt: Denkt das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz darüber nach, die kommenden Ausschreibungen für den Steinkohleausstieg bzw. den Ausstiegsfahrplan bei den Braunkohlekraftwerken auszusetzen, damit die Anlagen länger am Netz bleiben können?

DR. BARON: Ich glaube, auch dazu hat sich der Minister geäußert. Unsere Priorität muss jetzt natürlich sein, auf der einen Seite die Vorsorge zu stärken. Dazu hatten wir schon angekündigt, dass wir auch beim Thema Gasspeicher regulativ agieren werden, um die Vorsorge zu steigern, dass wir aber eben auch den Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen wollen. Dazu gehört auch, den Kohle- und Gasausstieg voranzutreiben; denn letztlich würden beide Sachen die Abhängigkeit nur vertiefen und verlängern.

FRAGE JUNG: Zum Thema Energieversorgung und Gazprom: Herr Hebestreit, gibt es ein Statement von Ihnen zum angekündigten Ende der sogenannten Klimaschutzstiftung von Frau Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern?

STS HEBESTREIT: Nein, das ist eine Landesstiftung. Dazu hat sich die Bundesregierung meines Wissens nie geäußert, und das werde ich auch jetzt nicht ändern.

VORS. WELTY: Jens Peter Paul von Statement TV fragt: Herr Hebestreit, unterstützt der Bundeskanzler die Überprüfung einer Laufzeitverlängerung der verbliebenen drei Atomkraftwerke oder geht eine solche sogar auf sogar auf seine Anregung zurück?

STS HEBESTREIT: Dass wir aufgrund der aktuellen Situation vieles infrage stellen und prüfen und auch Optionen entwickeln, versteht sich von selbst. Das hat auch der Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck deutlich gemacht und das haben auch andere gesagt, und auch der Bundeskanzler sieht sich in dieser Reihe. So weit sind wir aber längst noch nicht. Viel mehr will ich dazu im Augenblick nicht sagen, außer dass im Augenblick natürlich geschaut wird, wie man sich auf alle Eventualitäten vorbereiten kann von denen wir aber alle hoffen, dass sie nicht eintreten werden.

VORS. WELTY: Jens Peter Paul fragt nach: Wäre eine solche Verlängerung rein technisch über den Jahreswechsel 2022/23 hinaus möglich und gibt es dazu Rücksprache mit den Betreibern?

STS HEBESTREIT: Da habe ich bislang nichts weiter an Informationen mitzuteilen.

FRAGE THURAU: Zum Thema Flüchtlinge: Wie viele Menschen aus der Ukraine sind hier schon angekommen?

Es gab ja schon vor dem Krieg sehr viele Flüchtlinge aus Belarus, die in die Ukraine gelangt sind. Haben Sie Erkenntnisse, ob und, wenn ja, wie viele von denen sich auf den Weg in den Westen gemacht haben?

KALL: Zu belarussischen Flüchtlingen, die in der Ukraine waren, bzw. Menschen aus Belarus habe ich keine aktuellen Erkenntnisse, die ich Ihnen nennen könnte. In den letzten Tagen sind 1800 aus dem Kriegsgebiet geflüchtete Menschen in Deutschland festgestellt worden. In unseren Nachbarstaaten waren das natürlich um ein Vielfaches mehr Menschen Sie kennen die Zahlen des UNHCR und des IOM.

VORS. WELTY: Zum Thema Geflüchtete fragt Mey Dudin von epd: Was plant die Bundesregierung an humanitärer Hilfe für die Menschen in der Ukraine? Wie viel Geld soll in ein solches Hilfspaket fließen?

SASSE: Die Außenministerin hat sich gestern unter anderem in ihrer Rede im Bundestag zum Thema humanitäre Hilfe geäußert und gesagt:

„Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen in der Ukraine schnell mit dem Nötigsten versorgt werden, mit medizinischen Gütern, mit sicheren Unterkünften.“

Das Auswärtige Amt hat den humanitären Hilfsfonds der Vereinten Nationen für die Ukraine um 5 Millionen Euro aufgestockt. Auf diesen Fonds können beispielsweise internationale Organisationen wie das Flüchtlingshilfswerk selbst, das Welternährungsprogramm und auch lokale Organisationen zugreifen, und das ermöglicht praktisch schnelle Hilfe vor Ort. Außerdem hat das Auswärtige Amt dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes, das ja in der Ukraine und auch in den Nachbarstaaten aktiv ist und Hilfe leistet, 10 Millionen Euro kurzfristig bereitgestellt.

Insgesamt ist das Ausdruck dessen, dass wir uns als Bundesregierung über verschiedene humanitäre Hilfskanäle sehr stark darum bemühen, der Situation der Flüchtlinge Rechnung zu tragen und da Milderung zu verschaffen.

KALL: Vielleicht kann ich für das BMI ganz kurz ergänzen: Das war gestern auch Thema der Beratungen der EU-Innenministerinnen und Innenminister in Brüssel. Auch wir in Deutschland, was unsere Hilfsorganisationen angeht, stoßen die Hilfe gerade an. Das betrifft zum Beispiel das THW, das sich auf Transporte vorbereitet, das Hilfsgüter bereits beschafft, und auf der europäischen Ebene reden wir darüber, wie wir in unmittelbarer Grenznähe zur Ukraine Hubs einrichten können, in denen man erst einmal Hilfe, medizinisches Material, Ausstattung usw. bündeln kann. Das sind alles Hilfen, die jetzt gerade anlaufen sowohl für die Ukraine als auch für die Nachbarstaaten, die jetzt besonders von den Fluchtbewegungen betroffen sind.

SASSE: Ich kann noch einen Punkt ergänzen, den ich vorher vergessen hatte: Genau was diese Situation an den Grenzen angeht, unterstützen wir auch das Deutsche Rote Kreuz bei den Nothilfemaßnahmen, die an der Grenze ergriffen werden, mit einer Million Euro.

VORS. WELTY: Olga Tanasiichuk von der ukrainischen Nachrichtenagentur fragt: Gibt es Pläne, die Gültigkeitsdauer von Visa für Ukrainer/Ukrainerinnen, die sich jetzt in Deutschland aufhalten, zu verlängern?

KALL: Diese Visa gelten ja für 90 Tage, was erst einmal eine sehr unproblematische, unkomplizierte Einreise ermöglicht.

In diesem Zusammenhang kann ich vielleicht noch etwas zu den Ergebnissen der Beratungen der EU-Innenminister gestern Abend in Brüssel sagen: Erstmals überhaupt haben die europäischen Innenminister gestern Abend verabredet, ein gemeinsames, schnelles, unbürokratisches Verfahren zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen anzuwenden und die Europäische Kommission gebeten, bis zum regulären Innenrat, zu dem sich die Innenministerinnen und Innenminister diese Woche Donnerstag wieder treffen, diesen Vorschlag auszuarbeiten. Das heißt, alle EU-Mitgliedstaaten haben sich bereiterklärt, Kriegsflüchtlinge aufzunehmen und alle werden das gleiche Verfahren anwenden, nach einer EU-Richtlinie, die nach den Balkankriegen genau für einen solchen Fall einer großen Fluchtbewegung innerhalb Europas geschaffen wurde, aber bisher nie angewandt wurde. Das passiert jetzt zum ersten Mal.

Entsprechend haben wir jetzt einerseits über die Visafreiheit die Möglichkeit der ganz unbürokratischen Einreise, und auch danach wird es eine ganz unbürokratische Aufnahme sein, weil eben keine Asylverfahren notwendig sind. Der Aufenthaltsstatus und der sogenannte temporäre Schutz, der bis zu drei Jahren reichen kann, ergeben sich dann aus dieser gemeinsamen europäischen Regelung und eben unseren entsprechenden deutschen Vorschriften, die daran anknüpfen.

FRAGE JESSEN: An Herrn Hebestreit und gegebenenfalls Frau Sasse: Frau von der Leyen hat gestern im Hinblick auf die EU-Perspektive der Ukraine wörtlich gesagt: Sie gehören zu uns und wir wollen sie drin haben. Umfassen dieses „uns“ und das „wir“ auch die Position der Bundesregierung?

STS HEBESTREIT: Dazu kann ich auf die Ratsschlussfolgerung vom 24. Februar, also vom Donnerstag das war der Abend nach dem Überfall auf die Ukraine verweisen. Darin heißt es: Wir erkennen Zitat „die europäischen Bestrebungen der Ukraine und ihre Entscheidung für Europa, wie sie im Assoziierungsabkommen zum Ausdruck kommen, an.“ Genau dazu steht auch die Bundesregierung.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Bedeutet das eine positive Stellungnahme zu dem, was auch Selensky jetzt noch einmal aktuell gefordert hat, nämlich die Aufnahme der Ukraine in die EU möglicherweise nach einem beschleunigten Verfahren? Denn das ist ja eine Konkretisierung des Prozesses. Unterstützt die Bundesregierung dies?

STS HEBESTREIT: Im Augenblick stellen sich, glaube ich, ganz andere Fragen. Wir sind dabei, die Ukraine nach Kräften in ihrem Kampf gegen Russland und gegen die Invasorenarmee zu unterstützen.

Klar ist auch, dass die Bundesregierung aus vollem Herzen den langfristigen europäischen Weg der Ukraine unterstützt. All die Fragen, die sich dann daran anschließen und die Sie eben auch aufgeworfen haben, werden sich im Laufe der Zeit stellen und dann auch beantwortet werden müssen.

VORS. WELTY: Claudia Kling von der „Schwäbischen Zeitung“ fragt an das Innenministerium: Ukrainische Flüchtlinge sollen einen Sonderstatus bekommen, der ihnen einen Aufenthalt ohne Asylantrag ermöglicht. Mit welchen Hilfen zum Lebensunterhalt können ukrainische Flüchtlinge in Deutschland rechnen?

KALL: Das ist eher eine Frage an das Bundesarbeits- und sozialministerium.

EHRENTRAUT: Wir haben ja in Deutschland das Asylbewerberleistungsgesetz, das entsprechende Unterstützungsleistungen vorsieht. In diesem speziellen Fall würde ich etwas nachreichen.

VORS. WELTY: Frau Kling möchte auch noch wissen: Dürfen die ukrainischen Flüchtlinge arbeiten und Sprachkurse besuchen?

KALL: Hinsichtlich der Arbeitserlaubnisse kann ich Ihnen antworten: Ja, die Arbeitserlaubnisse können erteilt werden.

FRAGE DR. DELFS: Noch zum Thema Waffenlieferungen: Herr Collatz, sind seitens der Bundeswehr eigentlich noch weitere Waffenlieferungen an die Ukraine geplant? Gibt es da noch weitere Anfragen?

Können Sie vielleicht, ohne dass Sie ins Detail gehen, erklären, auf welchem Wege die Waffen dann eigentlich in die Ukraine gelangen? Gibt es da irgendein Zeitfenster, innerhalb dessen es noch möglich ist und danach möglicherweise auch nicht mehr?

COLLATZ: Vorgestern haben wir bekannt gegeben, dass wir die Lieferung von Panzerfäusten Typ 3 und von Stinger-Flugabwehrraketen vereinbart haben. Ich kann Ihnen sagen, dass wir auf gutem Wege sind, kann Ihnen aber auch für den allgemeinen Fall und für die Zukunft sagen, dass es natürlich schwierig ist, die Details jeweils mit der ukrainischen Seite abzusprechen. Wir werden hierzu zukünftig auch keine Angaben mehr machen. Sie werden von uns natürlich unmittelbar informiert, wenn es gelungen ist, das jeweilige Material dorthin zu bringen, wo es gebraucht wird.

ZUSATZFRAGE DR. DELFS: Ist geplant, weitere Waffen zu liefern?

COLLATZ: Wir berichten dann darüber, wenn das Material, das gebraucht wird, dort angelangt ist.

FRAGE BUSCH: Noch einmal zum Sondervermögen, weil mir ein Punkt noch nicht ganz klar geworden ist: Herr Lindner hat heute gesagt, er wolle nicht über die 99,7 Milliarden Euro hinausgehen, die sowieso an Schulden geplant waren. Sind diese Schulden jetzt also keine neuen Schulden, die sozusagen über die bereits geplanten Schulden hinausgehen?

DR. KUHN: Da müssen Sie differenzieren. Das eine ist da der Kernhaushalt; auf den hat sich der Minister bezogen, und da hat er sich auch auf die Grenze bezogen, die im vergangenen Jahr schon von seinem Vorgänger, vom damaligen Bundesminister und heutigen Bundeskanzler Scholz, gezogen wurde. Da waren die 100 Milliarden Euro vorgesehen, und an denen wollte er sich weiterhin orientieren und die gelten auch weiter; das hat er heute Morgen betont. Das betrifft also den Kernhaushalt.

Jetzt sprechen wir über ein Sondervermögen, also einen extra Haushalt, der parallel zum Kernhaushalt besteht, und für den werden 100 Milliarden über Neuverschuldung besorgt.

ZUSATZFRAGE BUSCH: Das bedeutet auch, dass der normale Wehretat nicht in diesen 100 Milliarden Euro drin ist, sondern die kommen dann wirklich noch on top?

DR. KUHN: Genau. Der Wehretat hat dann zukünftig, wenn das Sondervermögen errichtet ist, quasi zwei Quellen: einerseits den Kernhaushalt und andererseits das Sondervermögen.

FRAGE DUNZ: Herr Collatz, zu der Formulierung, dass es schwierig sei, die Details mit der Ukraine abzusprechen, wollte ich fragen, wie es darum bestellt ist: Können die Ukrainer mit den Waffen umgehen oder müssen deutsche Soldaten vor Ort oder wo auch immer Anleitungen geben?

COLLATZ: Frau Dunz, es tut mir leid, dazu kann ich keine Angaben machen, und ich kann Ihnen auch nicht versprechen, dass ich dazu in Zukunft Angaben werde machen können.

SASSE: Dazu vielleicht eine kleine Anmerkung, die Hoffnung macht, Frau Dunz: Ich kann Ihnen berichten, dass der Ukraine jetzt beispielsweise auch sondergeschützte Fahrzeuge zur Verfügung gestellt werden und dass einige dieser sondergeschützten Fahrzeuge bereits heute Morgen übergeben werden konnten. Es gibt also durchaus Möglichkeiten, diese Lieferungen, die wir nun unternehmen werden, tatsächlich auch ins Land zu schaffen.

FRAGE: Herr Collatz, hat Ihre Zurückhaltung damit zu tun, dass Herr Putin in seiner Erklärung damit drohte, etwas noch nie Dagewesenes in der Geschichte denen zukommen zu lassen, die sich einmischen. Wenn Sie da jetzt also in das Land reinfahren ob mit dem Zug oder mit dem Flugzeug , um Waffensysteme dorthin zu liefern, wird das dann als eine solche Einmischung gewertet werden können?

COLLATZ: Da überinterpretieren Sie. Wir werden nicht in das Land fahren, da wird es andere Modalitäten geben, um dieses Material zu übergeben. Das hängt einfach damit zusammen, dass sicherlich auch im gesamten Informationsraum betrachtet wird, welche Möglichkeiten der Verteidigung die Ukraine hat. Es ist nicht unbedingt immer hilfreich, wenn alle Informationen offen gehandelt werden.

VORS. WELTY: Dazu vielleicht noch die Frage von Sebastian Huld von n-tv: Stellt die Bundesregierung den ukrainischen Verteidigungskräften Erkenntnisse aus der Aufklärung durch deutsche Dienste und Bundeswehr zur Verfügung?

STS HEBESTREIT: Es ist ja grundsätzlich so, dass wir uns zu solchen Themen, was die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten angeht, nie öffentlich äußern, und das behalten wir hier auch bei.

VORS. WELTY: Trotzdem die Nachfrage: Plant die Bundesregierung, die Ukraine aktiv mit Aufklärung und militärischer Beratung zu unterstützen?

STS HEBESTREIT: Da bleibe ich bei dem, was ich auf die erste Frage geantwortet habe. Ich glaube, daraus ergibt sich auch die Antwort auf die zweite Frage.

FRAGE DR. RINKE: An das Auswärtige Amt zu den Verhandlungen im Normandie-Format: Ein Argument dafür, dass man keine Waffen geliefert hat, war ja auch gewesen, dass man neutral ist, also dass Deutschland und Frankreich nur zwischen der Ukraine und Russland vermitteln. Nun hat die Ministerin gestern gesagt, dass man in diesem Konflikt nicht neutral sein könne, und hat auch noch einmal die Waffenlieferungen begründet. Heißt das im Umkehrschluss, dass man jetzt eigentlich auch das Normandie-Format aufgibt?

SASSE: Wenn ich zu Ihrer Ausgangsfrage zurückkehren darf: Das Normandie-Format beschäftigt sich ja unter anderem damit, den Minsker Vereinbarungen zur Umsetzung zur verhelfen. In den Minsker Vereinbarungen haben sich die Parteien unter anderem darauf verständigt, keine schwere Artillerie zum Einsatz zu bringen. Diese Vereinbarung hat Russland nun offensichtlich verletzt, wie viele andere Elemente der Minsker Vereinbarungen auch. Das ist natürlich der Hintergrund unserer Äußerungen, auch was das Normandie-Format angeht. Wir haben das in den vergangenen Wochen hier immer wieder deutlich gemacht, und mehr kann ich Ihnen an dieser Stelle zum Normandie-Format und möglichen Gesprächen nicht mitteilen.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Hat sich durch die Entscheidung der Bundesregierung am Samstag, dass man der Ukraine jetzt Waffen liefern möchte, nicht etwas verändert? Damit hat man doch Partei bezogen ob zu Recht oder zu Unrecht und kann jetzt nicht mehr damit argumentieren, dass man ein neutraler Vermittler ist.

SASSE: Grundsätzlich: Natürlich hat sich etwas verändert. Ich glaube, das ist an dieser Stelle sehr, sehr deutlich geworden, und daran haben wir auch keine Zweifel gelassen, weder am Wochenende noch heute in dieser Regierungspressekonferenz. Dass wir in diesem Konflikt nicht mehr neutral sein können, hat die Außenministerin selber gesagt, wie Sie zu Recht festgestellt haben.

Was die Frage nach Gesprächen angeht: Die gab es ja schon vor einer gewissen Zeit in dieser Regierungspressekonferenz, und die hat Herr Hebestreit beantwortet. Da kann ich Ihnen über das hinausgehend, was Herr Hebestreit bereits gesagt hat, im Moment keine näheren Details geben.

VORS. WELTY: Diese Frage hatte auch Gernot Heller: Was ist zwischen Freitagnachmittag und Sonntag geschehen, was den Sinneswandel der Bundesregierung in Sachen Swift und Waffenlieferungen begründet hat?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, die Erkenntnis, was das, was der Bundeskanzler als Zeitenwende bezeichnet hat das hat er, glaube ich, bereits am Donnerstag in einer ersten Stellungnahme getan , am Ende für uns alle bedeutet, war ein Prozess, der auch europäisch und dann international abgelaufen ist. Im Zuge dieses Prozesses ist man innerhalb der Bundesregierung zu sehr klaren neuen Bewertungen gekommen, die man dann auch sehr schnell umgesetzt hat. Das Nötige dazu hat der Bundeskanzler und haben dann auch verschiedene Minister gestern in der Sondersitzung des Deutschen Bundestages dargelegt, und ich glaube, das spricht für sich.

FRAGE REITSCHUSTER: Herr Hebestreit, in Russland gibt es ja viele Menschen, die gegen diesen Krieg protestieren es gibt in Russland eine Zivilgesellschaft, und Putin ist nicht unumstritten. Haben Sie irgendwelche Pläne, haben Sie irgendwelche Ideen, um diese Menschen zu unterstützen, zum Beispiel indem man sagt: Wir wollen Russland in die EU einbinden, aber ohne Putin, wenn es demokratisch wird. Haben Sie hier irgendwelche Pläne und Ideen?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, wenn Sie der Regierungserklärung des Bundeskanzlers gestern genau gelauscht haben, haben Sie gehört, dass er sehr klar differenziert hat. Er hat den Angriff „Putins Krieg“ genannt. Er hat auf die deutsch-russische bzw. deutsche-sowjetische Aussöhnung nach Ende des Zweiten Weltkriegs abgehoben. Er hat die Demonstrationen angesprochen, die Sie ansprechen, die es in Sankt Petersburg und in anderen Städten gab, sicherlich auch unter hohem persönlichen Einsatz derer, die dort demonstriert haben, und gesagt, dass das kein Krieg oder Konflikt Russlands gegen irgendwen ist, sondern es ist der russische Präsident, der diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat. Das ist auch derjenige, der im Zentrum unserer Sanktionsmechanismen und auch unserer Kritik steht, nicht das russische Volk. Dass wir jetzt aber, wie Sie unter anderem vorgeschlagen haben, Russland eine europäische Perspektive oder Ähnliches anbieten würden, hielte ich im Augenblick für verfrüht.

VORS. WELTY: Dann eine Online-Frage: Es finden jetzt Verhandlungen zwischen Russland, der Ukraine und Belarus statt, „im Grenzgebiet“ ergänze ich jetzt. Was sagt die Bundesregierung über diesen Schritt?

STS HEBESTREIT: Die Bundesregierung begrüßt erst einmal grundsätzlich, dass geredet wird. Diplomatische Lösungen sind immer die einzig sinnvollen. Militärisch ist das immer schwierig. Aber gleichzeitig wissen wir natürlich auch, dass das sehr schwierige Gespräche sein werden und sie sich hinziehen könnten.

VORS. WELTY: Frau Pugliese von ANSA sagt: Der italienische Ex-Premierminister Matteo Renzi hat die frühere Kanzlerin Angela Merkel als Vermittlerin gegenüber dem russischen Präsidenten vorgeschlagen. Was hält die Bundesregierung davon?

STS HEBESTREIT: Ich glaube, diese Frage gab es hier in Bezug auf unterschiedliche Punkte in den letzten Tagen schon mehrfach. In dem Moment, in dem wir etwas mitzuteilen haben, teilen wir es mit. Im Augenblick habe ich das nicht.

VORS. WELTY: Viacheslav Filippov von der Nachrichtenagentur TASS fragt: Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um mögliche soziale Spannungen in der Gesellschaft zu vermeiden? Er spricht von einem möglichen Mobbing von hier lebenden Russen und Russinnen zum Beispiel in den Schulen.

STS HEBESTREIT: Auch da kann ich auf die Regierungserklärung des Bundeskanzlers verweisen, der ja gestern auch noch einmal deutlich gemacht hat, dass wir viele russischstämmige und auch ukrainischstämmige Deutsche im Lande haben. Auch da gilt noch einmal: Das ist ein Konflikt, ein Krieg, der vom russischen Präsidenten vom Zaun gebrochen worden ist, von niemandem anderes.

FRAGE ABBAS: Der Verein Schalke 04 hat sich ja wegen der russischen Invasion von seinem Hauptsponsor Gazprom getrennt. Haben die Bundesregierung bzw. das Bundessportministerium eine Haltung dazu?

KALL: Ja, wir haben eine Haltung, und die Bundesinnenministerin hat auch schon gesagt, dass der Sport jetzt auch eine Verantwortung dafür trägt, im Angesicht dieses russischen Angriffskrieg auch Flagge zu zeigen und Position zu beziehen. Insofern begrüßen wir es, wenn Sportverbände darauf jetzt auch eine klare Reaktion zeigen.

ZUSATZFRAGE ABBAS: Sollten aus Ihrer Sicht andere Sportvereine dem Beispiel folgen?

KALL: Ich möchte mich jetzt nicht zu einzelnen Vereinen äußern. Wir stehen zum Beispiel mit dem Deutschen Olympischen Sportbund in Kontakt. Wir begrüßen die Position, dass internationale Wettkämpfe nicht länger in Russland ausgetragen werden können. Das sind die Themen, mit denen wir uns bisher beschäftigten.

FRAGE JESSEN: Herr Hebestreit, auch zum Thema der sozialen Spannungen: Mit einem Prozent des Sondervermögens für die Bundeswehr könnte man den Sonderetat für Pflegekräfte in der Coronakrise glatt verdoppeln. Wenn 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr möglich sind, denkt die Bundesregierung dann auch daran, zum Beispiel eine Milliarde Euro zusätzlich zur Ausschüttung oder zur Verteilung an Pflegekräfte aufzuwenden? Dann müsste nicht diese Abstufung gemacht werden, die jetzt der Gesundheitsminister vornehmen muss und über die viele nicht sehr glücklich sind.

STS HEBESTREIT: Herr Jessen, Sie sprechen da einen wichtigen Punkt an. Es ist natürlich so, dass wir all die Maßnahmen, die sowieso in diesem Lande nötig sind, die wir umsetzen und für die diese Bundesregierung und die Koalition stehen, umsetzen müssen. Die werden wir auch fortsetzen. Nebenbei müssen wir zusätzlich aufgrund der veränderten weltpolitischen Lage Maßnahmen ergreifen. Deswegen ist das ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro, was ein großer Batzen ist, den man dafür aufwendet. Dazu, daraus jetzt wieder abzuleiten, was man zusätzlich noch im normalen Haushalt machen muss, der ja sowieso schon nicht klein ist, hat, glaube ich, heute der Finanzminister deutlich gemacht, dass man im Rahmen dessen bei einer Neuverschuldung von 99,7 Milliarden Euro bleiben möchte, um eben auch in den nächsten Jahren weiterhin das stemmen zu können, was man sich jetzt vorgenommen hat. Insofern ist jede einzelne Maßnahme sicherlich diskussionswürdig und Diskussion berechtigt, aber das muss am Ende, und das ist die vornehmste Aufgabe des Finanzministers, alles zusammenpassen und sich rechnen. Insofern kann man jetzt zu jeder einzelnen Maßnahme sagen: Wenn es für die Verteidigung ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro gibt, dann muss doch für dieses oder jenes auch noch Geld da sein. Aber das Wort „Sonder-“ ist in diesem Fall entscheidend. Die Haushaltsverhandlungen werden ansonsten innerhalb der Bundesregierung geführt und die Ergebnisse, wie ich jetzt gelernt habe, am 16. März hier auch verkündet werden. Dann können Sie all die Fragen, die Sie bewegen, auch stellen.

ZUSATZ JESSEN: Gleichwohl bedeutet ein Sondervermögen schlicht und einfach auch eine zusätzliche Kreditaufnahme. Darauf läuft das hinaus. Dann ist, finde ich, die Frage legitim, ob, wenn es möglich ist, zu einen Zweck 100 Milliarden Euro durch eine Beschlussveränderung im Grunde von einem Tag auf den anderen zu akquirieren, es dann nicht möglich sein sollte, ein Prozent dieser Summe zur Finanzierung einer in der Gesellschaft nicht unbedingt geringeren Aufgabe und Herausforderung aufzuwenden.

STS HEBESTREIT: Das war jetzt ein Kommentar zu meiner Antwort, oder?

ZUSATZFRAGE JESSEN: Nein. Das war die Frage, ob die Bundesregierung, der Kanzler vorweg, der ja in der Lage ist, wie mehrfach Ich meine, der Begriff „Bazooka“ verbietet sich in diesem Zusammenhang mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr. Aber er hat in der Vergangenheit mehrfach sehr große Summen akquirieren können. Deswegen stelle die Frage: Denkt er auch im Hinblick, und das ist die konkrete Frage, auf die Zahlung an Pflegekräfte an die Akquirierung einer zusätzlichen Summe?

STS HEBESTREIT: Da bleibt die Koalition bei den Planungen, auch bezüglich des Pflegebonus, die sie miteinander verabredet hat. Der Pflegebonus kommt, er ist gut und er ist richtig, und daran hat sich auch in den letzten 72 Stunden nichts geändert.

FRAGE JUNG: Die Frage geht an das Auswärtige Amt. Es geht um Katar. Sie werden am Wochenende ja die Berichterstattung darüber verfolgt haben, das herausgekommen ist, dass das katarische Regime unter anderem Ex-CIA-Agenten eingesetzt hat, um unter anderem prominente deutsche Stimmen gegen die WM Vergabe an Katar einzuschüchtern und umzustimmen, unter anderem den Ex-DFB-Präsidenten Theo Zwanziger. Die Frage: Wie bewerten Sie diese Maßnahmen seitens Katar, und wie bewertet das Sportministerium diese Einmischung und diese Verfolgung von Sportverbandspräsidenten?

SASSE: Herr Jung, die Antwort auf diese Frage würde ich Ihnen gerne bei der nächsten Regierungspressekonferenz nachreichen.

KALL: Das geht mir auch so. Ich müsste das auch nachreichen; tut mir leid.

FRAGE REITSCHUSTER: Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium zu Coronaimpfungen. Herr Ewald, die BKK ProVita hat einen Brandbrief an das Paul-Ehrlich-Institut geschrieben. Sie sagte, sie habe ihre Daten analysiert, und sie habe dann hochgerechnet, dass die Zahl der Impfnebenwirkungen in Deutschland in Wirklichkeit bei 2,5 Millionen bis 3 Millionen liege. Ist Ihnen dieser Brief bekannt? Was ist Ihr Kommentar dazu?

EWALD: Ja, wir haben das zur Kenntnis genommen. Es gab ja auch schon eine Berichterstattung darüber. Es geht ja darum, dass die BKK im Zusammenhang mit Krankmeldungen infolge von Impfungen eigene Daten ausgewertet hat. Die BKK hat dabei aber sozusagen alle Meldungen erfasst, also auch den Fall, dass sich jemand schlapp gefühlt hat und nicht zur Arbeit gegangen ist. Das entspricht aber nicht der Definition von Impfreaktionen. Insofern muss man das abgrenzen, und das PEI hat sich ja auch schon dazu geäußert.

ZUSATZFRAGE REITSCHUSTER: Verstehe ich das richtig, dass Abgeschlagenheit oder Schlappheit, die zur Krankmeldung führt, nicht als Impfreaktion geführt wird?

EWALD: Das ist richtig. Es gibt sozusagen eine Legaldefinition nach ICD-Klassifikation, und das gehört eben nicht dazu. Das muss man auseinanderhalten. Dann gibt es in dem Zusammenhang auch andere Zahlen.

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