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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 25. April 2022

Themen: russischer Angriff auf die Ukraine, Beschaffung von Transporthubschraubern für die Bundeswehr, COVID-19-Pandemie, Entlastungspakete, Präsidentschaftswahl in Frankreich, antiisraelische und propalästinensische Demonstrationen in Berlin, Nachfolge für den Präsidenten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Themen/Naive Fragen:
00:00 Beginn
00:27 Tilo zu deutschen Diplomaten in Ukraine
01:19 Ukrainische Geflüchtete
03:09 Scholz im Verteidigungsausschuss
03:58 Geflüchtete & Jobcenter
05:18 Hans zu Geflüchteten
07:20 Waffenlieferungen
09:44 Tilo zu Waffenlieferungen
10:13 Außenministertreffen in Ramstein
11:12 Kampf gegen russische Oligarchen
14:55 Hans zu Sanktionen & Banken
17:20 Scholz in Japan
19:05 Nord Stream 2
19:55 Hubschrauber für die Bundeswehr
20:40 Corona-Einreiseverordnung
23:35 Lindner in Washington DC
23:56 Entlastungspaket II
24:31 Hans zu Mehrwertsteuer & Lebensmittel
27:53 ÖPNV
33:55 Tilo zur Wiederwahl Macron
37:09 Hans zu Macron
39:10 Anti-Israel-Demos in Berlin
42:20 Tilo zu Nachfolge im Katastrophenschutzamt
44:16 Hans zu Geflüchtete

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 25. April 2022:

VORS. BUSCHOW eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS HEBESTREIT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

FRAGE (zum russischen Angriff auf die Ukraine): Frau Sasse, die USA haben angekündigt, dass US-Diplomaten in die Ukraine zurückkehren werden. Was ist mit deutschen?

SASSE: Wir haben die Meldungen zur Kenntnis genommen. Ich kann Ihnen dazu heute nur mitteilen, dass wir die Lage natürlich kontinuierlich im Blick haben und auch stetig neu bewerten, auch mit Blick auf die Frage, wie und wann wir mit eigenem diplomatischen Personal wieder vor Ort sein werden.

ZUSATZFRAGE JUNG: Könnten Sie uns vielleicht einen Überblick darüber geben, wie viele Diplomaten bzw. Beamte von deutscher Seite aktuell in der Ukraine sind? Es wird ja immer noch einige geben.

SASSE: Sie wissen, dass wir die Botschaft evakuiert haben. Dementsprechend ist die Botschaft im Moment nicht besetzt. Wir haben Teams, die von anderen Orten außerhalb der Ukraine aus arbeiten.

FRAGE ZAVAREH: Es geht um die Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtlinge. In letzter Zeit wurde in den Medien, unter anderem auch im „SPIEGEL“, darüber berichtet, dass Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien und eventuell auch anderen Ländern aufgefordert werden, ihre Unterkünfte binnen 48 Stunden zu räumen, damit ukrainische Flüchtlinge dort untergebracht werden können.

Wie lange wird diese Praxis fortgesetzt werden?

KALL: Das kann ich für das Bundesinnenministerium erst einmal nicht bestätigen. Für die Flüchtlingsaufnahme sind die Länder und Kommunen zuständig. Deshalb würde ich, sollte es dazu gekommen sein, dass Geflüchtete aus anderen Staaten, zum Beispiel aus Afghanistan, darum gebeten worden sind, in andere Unterkünfte umzuziehen, Sie bitten, sich bei den dort zuständigen lokalen oder Landesbehörden zu erkundigen.

ZUSATZ ZAVAREH: Der „SPIEGEL“ hat am 19. April exakt darüber mit der Angabe der Achtundvierzigstundenfrist berichtet. Auch „FOREIGN POLICY“ und andere Medien haben darüber berichtet.

KALL: Wie gesagt, kann ich das für das Bundesinnenministerium nicht bestätigen. Zuständig für die Aufnahme von Flüchtlingen sind die Länder und Kommunen. Insofern würde ich Sie, wie gesagt, darum bitten, dort nachzuhören. Wenn ich von dieser Stelle etwas nachreichen kann, dann werde ich das gern tun.

FRAGE GAVRILIS: Herr Hebestreit, am Freitag war nicht ganz klar, ob der Bundeskanzler der Einladung des Verteidigungsausschuss des Bundestages für Mittwoch nachkommen wird. Wissen Sie jetzt mehr? Wird Herr Scholz am Mittwoch in den Verteidigungsausschuss kommen?

STS HEBESTREIT: Herr Scholz wird der Einladung des Verteidigungsausschusses folgen, allerdings nicht an diesem Mittwoch, weil dies aus terminlichen Gründen nicht zu bewerkstelligen war. Aber man ist in Gesprächen mit der Vorsitzenden des Ausschusses und dem Ausschusssekretariat. Im Augenblick wird der 11. Mai angestrebt. Das ist noch nicht ganz final, aber darauf wird es wohl hinauslaufen.

FRAGE COERPER: An das Arbeitsministerium: Die aus der Ukraine Geflüchteten sollen ab Juni durch die Jobcenter betreut und versorgt werden. Braucht es dazu eine rechtliche Grundlage, und bis wann wird sie Ihrer Einschätzung nach vorliegen?

EHRENTRAUT: Danke für die Frage. Sie sprechen die Einigung zwischen Bund und Ländern über den sogenannten Rechtskreiswechsel an, also darüber, dass Flüchtlinge aus der Ukraine ab dem 1. Juni nicht mehr über das Asylbewerberleistungsgesetz versorgt werden, sondern über das SGB II. Wir sind derzeit in der Vorbereitung. Ja, es bedarf einer rechtlichen Umsetzung. Diese werden wir schnellstmöglich vornehmen. Das wird nicht mehr lang dauern.

ZUSATZFRAGE COERPER: Die Jobcenter sagen uns, sie bräuchten einen Vorlauf von mindestens vier Wochen, um das organisatorisch überhaupt über die Bühne zu bringen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Leute im Juni auch wirklich an Geld kommen?

EHRENTRAUT: Sie können sich dessen sicher sein, dass die Jobcenter schon im Vorfeld eingebunden sind und entsprechende Vorkehrungen treffen können. Wir setzen natürlich alles daran, dass dies dann auch möglichst einwandfrei umgesetzt wird.

FRAGE JESSEN: Herr Ehrentraut, wenn sozusagen diese Ausnahme- und zügigen Regeln für Ukraine-Flüchtlinge möglich sind, warum dann nicht auch für andere Geflüchtete, die ja sozusagen rechtlich denselben Status haben? Warum geht es da nicht?

EHRENTRAUT: Sie müssten mir sagen, welche anerkannten Flüchtlinge Sie meinen. Wenn jemand als anerkannter Flüchtling hier in Deutschland lebt, dann kommt er ins SGB II, hat vollen Arbeitsmarktzugang und bekommt auch SGB-II-Leistungen.

ZUSATZ JESSEN: Ich spreche von Geflüchteten, Kriegsflüchtlingen, die im Grunde in einer ähnlichen Situation wie die Ukraine-Flüchtlinge sind. Von dieser Situation ausgehend Relativ lange, wenn ich das richtig sehe, bekommen sie keine Arbeitserlaubnis und sitzen da. Ist es nicht sinnvoll, den Status dann auch auf diese auszuweiten?

EHRENTRAUT: Sie sprechen jetzt, denke ich, zwei verschiedene Dinge an. Wenn der Titel „anerkannter Flüchtling“ vorliegt, dann wird jeder gleichbehandelt, dann hat jeder vollen Arbeitsmarktzugang, auch schon vorher.

Sie sprechen Flüchtlinge an, die im Asylbewerberverfahren stecken. Da wird tatsächlich nach Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt. Aber wie wir in der Vergangenheit auch gesehen haben, sind diese Verfahren auch verkürzt worden. Dazu könnte vielleicht das BMI noch etwas sagen.

Unter dem Strich werden alle anerkannten Flüchtlinge gleichbehandelt und haben auch sofortigen Arbeitsmarktzugang, wenn der Titel vorhanden ist, aber auch schon im Asylbewerberleistungsverfahren.

VORS. BUSCHOW: Online liegen mir mehrere Fragen zum Thema von Waffenlieferungen vor. Der Kollege Wiegold fragt: Schweizer Medien berichten, dass die Lieferung von Rüstungsgütern und insbesondere von Munition aus der Schweiz blockiert werde, wenn diese zur Weitergabe an die Ukraine bestimmt sei oder sein könnte. Inwieweit sind, fragt er, zum einen mögliche deutsche Lieferungen an die Ukraine und gegebenenfalls zum anderen deutsche Munitionsbestände davon betroffen?

Ich nehme eine Frage von Bettina Ramseier vom Schweizer Radio und Fernsehen, SRF, dazu. Sie fragt zu diesem Aspekt, genau welche Waffen- bzw. Munitionslieferungen Deutschland bei der Schweiz beantragt hatte und ob und gegebenenfalls wann der Antrag mit der Option eines Ringtausches neu gestellt werden wird.

COLLATZ: Tatsächlich handelt es sich hierbei nicht um eine Anfrage der Bundesregierung für den Export, sondern um eine Anfrage der Industrie. Auch in der Schweiz besteht offensichtlich eine ähnliche Auflage wie bei uns mit Endverbleibsklauseln. Dort wurde offensichtlich negativ beschieden.

Welche indirekten Auswirkungen dies auf deutsche Munitionsbestände hat, vermag ich hier nicht zu sagen. Aber Zwanzigmillimetermunition im NATO-Standard ist weit verbreitet und wird auch an vielen Orten produziert, sodass ich nicht davon ausgehe, dass sich direkte Auswirkungen auf die Bewirtschaftung in der Bundeswehr ergeben.

VORS. BUSCHOW: Eine Frage von Kai Küstner, die online gestellt wurde, nehme ich noch dazu: Von Ampelpolitikern hieß es zuletzt, mit dem Ringtausch mit NATO-Partnern bei der Lieferung von Panzern an die Ukraine werde es nun schnell gehen.

Er fragt: Was heißt „schnell“? Ist diese Woche eine Entscheidung zu erwarten?

SRS HEBESTREIT: Wie üblich das ist auch hier geübte Praxis, nicht immer zu ihrer größten Freude informieren wir darüber sehr, sehr zurückhaltend. Wenn es etwas gibt, über das zu informieren ist, tun wir das. Aber wichtig ist das hat die Verteidigungsministerin deutlich gemacht; das haben aber auch andere Politiker deutlich gemacht, auch der Bundeskanzler in einem großen Interview am Wochenende , dass es einen solchen Ringtausch geben wird. Das muss man jetzt irgendwie so hinkriegen, dass das möglichst schnell geht. Was dann „schnell“ ist, werden wir in den nächsten Tagen sehen.

FRAGE JUNG: Die Bundesregierung spricht ja nicht so gern über Zahlen im Zusammenhang mit den Waffenlieferungen. Aber, Herr Collatz, es kommen ja trotzdem einige an die Öffentlichkeit. Können Sie bestätigen, dass zum Beispiel 100 000 Handgranaten an die Ukraine geliefert wurden?

COLLATZ: Nein. Außer den genannten Dingen, die wir, so meine ich, im März kommuniziert haben, ist es bewährte Politik der Bundesregierung, dazu keine weiteren Angaben zu machen.

FRAGE RATZ: Herr Collatz, morgen treffen sich ja die NATO-Verteidigungsminister auf Einladung der USA in Ramstein. Können Sie sagen, welche Erwartungen Sie an das Treffen haben und inwieweit es dort auch um eine Koordinierung von Waffenlieferungen gehen wird?

COLLATZ: Die Bundesministerin ist eingeladen und freut sich, teilnehmen zu können. Nach unserem Empfinden wird es, so wie Sie sagen, darum gehen, das, was im Moment läuft, und das, was eventuell noch machbar ist, auf den Tisch zu bringen und zu koordinieren. Dabei geht es auch um weitere Synergieleistungen, die sich ergeben. Aber ich kann den Gesprächen insgesamt natürlich nicht vorgreifen.

VORS. BUSCHOW: Arne Delfs von Bloomberg fragt zu dieser Konferenz: Wer wird von deutscher Seite aus an der Konferenz teilnehmen?

COLLATZ: Die Ministerin das sagte ich eben mit so nehme ich an einer kleinen Delegation. Das war eine kurzfristige Einladung. Weitere Einzelheiten kann ich dazu nicht nennen. Die Ministerin freut sich, teilnehmen zu können.

FRAGE PAULI: Ich versuche, mich auch in den Ukraine-Komplex einzufädeln. Es geht nicht um Waffen, aber es geht um einen nicht minder wichtigen Punkt im Kampf gegen Putin und sein System, nämlich um den Kampf gegen ihm nahestehende Oligarchen. Es wurde eine Taskforce eingerichtet. Erste Ergebnisse sind schon bekannt. Frage an Wirtschafts- oder Finanzministerministerium: Können Sie diese kurz zusammenfassen? Wo sehen Sie die Schwierigkeiten im Kampf gegen Oligarchen? Wo gibt es noch Defizite?

Wie schnell könnte es gehen, dass man wirksam umschwenkt, dass man dieser Herrschaften habhaft wird oder ihnen Schaden zufügen kann? Danke.

DR. GÜTTLER: Die genannte Taskforce hat die Arbeit aufgenommen. Jetzt wird mit allen zuständigen Ministerien, Behörden und der Bundesbank koordiniert, was ein möglicher Reformbedarf in den Strukturen sein kann, um die Sanktionsdurchsetzung weiter zu stärken. Hier soll unter anderem ein Sanktionsdurchsetzungsgesetz erarbeitet werden. Über die schon genannten Zwischenergebnisse hinaus kann ich heute allerdings keine weiteren Ausführungen machen.

ZUSATZFRAGE PAULI: Es ist ja wichtig, dass auch das schnell geht, damit das eben ein so wichtiger Baustein sein kann, um Putin unter Druck zu setzen oder dafür zu sorgen, dass seine Oligarchen ihn unter Druck setzen. Dafür kann man sich nicht lange Zeit lassen. Einen zeitlichen Horizont gibt es nicht, wie schnell man so etwas durchsetzen kann, damit man zum Beispiel eine Rechtsgrundlage hat das ist ja scheinbar das Problem , dieses sanktionierte Vermögen überhaupt aufzuspüren?

DR. GÜTTLER: Es wird natürlich mit Hochdruck daran gearbeitet, denn die Bedeutung dessen ist allen Beteiligten selbstverständlich bewusst.

Das Sanktionsdurchsetzungsgesetz umfasst verschiedene legislative und exekutive Maßnahmen und soll in zwei Teile aufgeteilt werden. In einem ersten Teil sollen sofort umsetzbare Rechtsänderungen vorgelegt werden. Dafür ist der Zeithorizont, den ich Ihnen nennen kann, voraussichtlich spätestens Juni. In einem zweiten Teil sollen schwierigere Änderungen, die nicht ganz so schnell umsetzbar sind, die möglicherweise auch Vollzug durch die Länder betreffen, so schnell wie möglich erarbeitet werden.

COLLATZ: Ganz kurz ein Nachtrag zu einer vorherigen Frage: Mir wurde eben zugerufen, dass ich nicht aufmerksam war. Bei dem morgigen Treffen handelt es sich nicht um ein NATO-Treffen, sondern es ist ein Treffen auf Einladung der Vereinigten Staaten und auch NATO-Staaten, aber auch anderen, die bereit sind, der Ukraine Unterstützung zukommen zu lassen. Das nur zur Konkretisierung der Frage von eben.

FRAGE JESSEN: Zur Feststellung, ob Sanktionen eingehalten oder nicht eingehalten werden, dient ja das Instrument der Selbstauskunft. Die Banken müssen das selber anzeigen. Man könnte sagen: Vertrauen ist gut, Kontrolle wäre besser. Auf die Frage, wie viele Verstöße gegen Sanktionen angezeigt worden sind, antwortete die Bundesbank, das sei Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, das könnten sie nicht machen. Hat das Finanz- oder das Justizministerium Hinweise darauf, wie hoch die Zahl dieser Verstöße ist?

DR. KALWEY: Ich würde jetzt ungern etwas kommentieren, was Ihnen die Bundesbank mitgeteilt hat.

Es ist natürlich richtig, dass die Bundesbank für den Themenkomplex Finanzsanktionen zuständig ist und für das Thema Sanktionsverstöße die Strafverfolgungsbehörden zuständig sind. Uns als BMF liegen dazu aber keine Erkenntnisse vor.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das heißt, Sie können nicht monitoren, in welcher Zahl, in welchem Umfang deutsche Banken Verstöße gegen die Sanktionsvorschriften angezeigt haben? Das ist Ihnen nicht bekannt?

DR. KALWEY: Wie gesagt, für die Einhaltung und Umsetzung der Finanzsanktionen ist die Bundesbank zuständig. Mir liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Inwieweit der Bundesbank Erkenntnisse dazu vorliegen, kann ich Ihnen nicht sagen.

VORS. BUSCHOW: Eine Frage der Schweizer Kollegin an das Verteidigungsministerium zum Thema Waffenlieferungen: Könnten Sie näher ausführen, wann der Antrag an die Schweiz zur Weitergabe von Waffen gestellt wurde? Im Sinne des Ringtausches oder ging es um direkte Lieferungen an die Ukraine?

COLLATZ: Da der Antrag nicht von der Bundeswehr gestellt wurde, kann ich die Frage nicht beantworten. Soweit ich das verstanden habe, ging es um Munition und nicht um Waffen.

VORS. BUSCHOW: Gesine Denker von der japanischen Tageszeitung „Yomiuri Shimbun“ fragt Herrn Hebestreit oder das Auswärtige Amt zum Thema Reise des Bundeskanzlers nach Japan: Der Kanzler reist diese Woche nach Japan und wird dort sicher auch über die Ukraine sprechen. Welche konkrete Form der Zusammenarbeit könnte es in diesem Bereich geben? Welche Art der Unterstützung erhofft sich der Kanzler von Japan?

STS HEBESTREIT: Es ist hier gute Tradition, dass man solchen Gesprächen, solchen Reisen nicht vorgreift. Der Hauptpunkt für diese Reise ist der anstehende G7-Gipfel Ende Juni in Elmau. Es ist gute Tradition, dass der Gastgeber vorher die einzelnen Gastländer trifft. Das hat der Bundeskanzler nahezu schon komplett absolviert. Der Premierminister von Kanada war dankenswerterweise sowieso auf Europa-Reise und in Berlin, alle anderen wurden in den letzten Monaten besucht. Japan ist das letzte Gastland auf der Liste.

Gleichzeitig ist es so, dass auch in der Ukraine-Frage eine enge Koordinierung mit Japan in den Formaten stattfindet, zu denen beispielsweise der amerikanische Präsident einlädt. Ich erinnere mich aber auch an ein G7-Treffen am Rande des EU-Gipfels in Brüssel vor einigen Wochen, für das der japanische Ministerpräsident extra angereist war. Insofern sieht man sich da sowieso in enger Kooperation. Das wird auch wieder eine Rolle bei den Gesprächen spielen, die, wenn ich das richtig im Kopf habe, Ortszeit am Donnerstag stattfinden werden.

FRAGE RATZ: Noch eine Frage zum Thema Waffen. Herr Hebestreit, Frau Güttler, Rheinmetall hat beantragt, 100 Marder an die Ukraine liefern zu dürfen. Ich frage einmal ganz naiv: Bis wann kann man denn mit einer Entscheidung rechnen?

STS HEBESTREIT: Ich würde sagen: zeitnah.

VORS. BUSCHOW: Im weitesten Sinne zum Thema Ukraine eine Frage von Carsten Kloth von „energate“ an das BMWK: Können Sie bestätigen, dass im Rahmen der neuen Versorgungssicherheitsanalyse der endgültige Stopp der Pipeline Nord Stream 2 entschieden wurde?

DR. GÜTTLER: Zu dem Stand rund um Nord Stream 2 haben wir uns und hat sich vor allem auch der Regierungssprecher hier in der Regierungspressekonferenz bereits mehrfach geäußert. Hierzu gibt es keinen neuen Stand.

VORS. BUSCHOW: Frank Specht vom „Handelsblatt“ fragt zum Thema Hubschrauber für die Bundeswehr: Ist es zutreffend, dass sich das BMVg für den Typ Boeing CH-47F Chinook entschieden hat? Wann ist mit einer finalen Entscheidung über die Anschaffung zu rechnen?

COLLATZ: Nein, nicht korrekt. Bald.

FRAGE ABBAS (zur COVID-19-Pandemie): Ich habe eine Frage zur Coronavirus-Einreiseverordnung, die am 28. April ausläuft. Ist überhaupt eine Verlängerung geplant? Wenn ja, für wie lange, unter welchen Voraussetzungen bzw. mit welchen Vorgaben?

EWALD: Für uns das haben wir auch schon deutlich gemacht bleibt es wichtig, sich vor dem zusätzlichen Eintrag des Virus durch Einreisende zu schützen. Deshalb ist es unser Ziel, die gültige Einreiseverordnung bis Ende Mai zu verlängern. Sie wissen vielleicht, dass die aktuelle Verordnung bis Ende April gültig ist. Die Verordnung ist aber gerade noch in der Abstimmung. Insofern kann ich keine weiteren Details nennen.

FRAGE LANGE: Herr Ewald, ich hätte noch eine Frage zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Die Kritik der Länder reißt nicht ab, dass es diesbezüglich noch Vollzugsfragen zu klären gäbe. Der Minister hat, wenn ich mich richtig erinnere, auch eingeräumt, dass man vielleicht noch nachbessern muss. Wie ist der Stand? Sehen Sie Nachbesserungsbedarf? Wenn ja, was passiert da gerade? Danke.

EWALD: Um das noch einmal in Erinnerung zu rufen: Wir haben die Länder zu jedem Zeitpunkt bei der Umsetzung unterstützt. Es gibt einen Leitfaden, was Rechtsfragen, operative Fragen angeht, und der im Austausch mit den Ländern permanent aktualisiert wird. Die Hilfestellungen, die wir hier als BMG, als Bund geben können, werden weiterhin geleistet. Aber es bleibt dabei: Die Umsetzung liegt bei den Ländern.

FRAGE ABBAS: Sie sagten, die Einreiseverordnung soll bis Ende Mai verlängert werden. Warum diese kurze Verlängerung? Können Sie dazu etwas sagen?

EWALD: Wir haben ja jetzt eine Pandemiesituation, in der man in kürzeren Abständen auch schauen muss, was lageangepasst richtig ist. Insofern haben wir jetzt sozusagen erst einmal das Ziel „Ende Mai“ gewählt, um dann weiter zu schauen. Das wird natürlich auch in der Begründung zu der Verordnung entsprechend hinterlegt werden. Aber ich bitte um Nachsicht, dass ich Ihnen jetzt noch keine detaillierte Einordnung nennen kann.

ZUSATZ ABBAS: Aber das wird ja dann in den nächsten Tagen entschieden.

EWALD: Genau, es wird entschieden, und dann werden wir das sicherlich auch noch im Detail einordnen.

FRAGE RATZ: Frau Kalwey, wann wird denn mit der Rückkehr des Ministers nach Berlin gerechnet? Gibt es da etwas Neues?

DR. KALWEY: Nein, da gibt es keinen neuen Stand. Das richtet sich natürlich nach den Bestimmungen. Es richtet sich auch danach, wie das Testergebnis des Ministers ausfällt, und dazu kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen.

ZUSATZFRAGE RATZ: Frau Kalwey, mich würde noch interessieren, ob das zweite Energieentlastungspaket jetzt am Mittwoch vom Kabinett behandelt werden wird.

DR. KALWEY: So ist zumindest der vorhergesehene Zeitplan. Ich glaube, der Minister hatte sich auch so geäußert, dass das jetzt in das Kabinett kommen soll.

FRAGE JESSEN: Das hat auch etwas mit Entlastung zu tun. Die Mehrwertsteuereinnahmen des Bundes sind ja im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um mehr als 30 Prozent gestiegen. Das hat etwas mit der Inflation zu tun. Erwägt das Finanzministerium die Aussetzung der Mehrwertsteuer mindestens auf Grundnahrungsmittel? Im Moment sieht es nämlich so aus, dass der Bundeshaushalt faktisch von den Folgen des Ukraine-Kriegs und anderer Preiserhöhungen, durch die mehr Steuern hereinkommen, profitiert. Soll das nicht an die Bürger zurückgegeben werden?

DR. KALWEY: Ganz grundsätzlich kann ich noch einmal zum Thema der Entlastung sagen: Wenn ich es richtig verstanden habe, haben sich sowohl der Regierungssprecher als auch mein Kollege, der am Freitag hier vorne saß, am Freitag bereits zu dem allgemeinen Thema der Entlastung geäußert.

Vielleicht speziell zu den Steuereinnahmen noch ein Hinweis: Es gibt ja auch den monatlichen Monatsbericht. In dem sind die aktuellen Zahlen noch einmal enthalten und mit einigen Erläuterungen versehen. Es ist zu beachten, dass die Vergleichsbasis, wenn man sich die Zahlen anschaut es geht ja immer um den Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum , für die ersten beiden Monate des ersten Quartals des Vorjahrs noch aufgrund der Umsatzsteuersenkung aus dem zweiten Halbjahr 2020 niedriger ist. Die niedrigen Einnahmen im Jahr 2020 erklären also einen Teil dieses starken Anstiegs.

Dazu möchte ich noch sagen, dass es natürlich grundsätzlich nicht so ist, dass sich der Staat an steigenden Steuereinnahmen bereichert. Er hat Ausgaben zu tätigen. Er Sie haben ja vorhin das zweite Entlastungspaket angesprochen entlastet die Bürgerinnen und Bürger in großem Umfang. Wenn man weiter in die Zukunft schaut, muss man sich auch anschauen, wie die konjunkturelle Entwicklung ist und dass es hier möglicherweise zu gegenläufigen Effekten bei den Steuereinnahmen in Bezug auf Ausgleichsreaktionen in anderen Steuerbereichen und, wie gesagt, die zusätzlich gestiegenen Staatsausgaben kommt.

ZUSATZ JESSEN: „Bereicherung“ war auch nicht meine Wortwahl gewesen. Faktisch ist der Staat aber Nutznießer der erhöhten Steuereinnahmen. Die Frage ist, weil eben gerade Menschen mit niedrigeren Einkommen die Verteuerung in besonderer Weise spüren, ob da nicht dann doch das befindet sich ja in der politischen Diskussion eine mindestens temporäre Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel ein gezieltes Entlastungsinstrument wäre. Ist das bei Ihnen in der Diskussion bzw. Planung oder nicht?

DR. KALWEY: Wie gesagt: Ich kann hier nur noch einmal darauf verweisen, was ich bereits gesagt habe und was hier auch schon an anderer Stelle gesagt worden ist, nämlich dass die Bürgerinnen und Bürger mit dem ersten und dem zweiten Entlastungspaket entlastet werden, auch einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger. Das ist das, was ich Ihnen in diesem Moment von hier aus dazu sagen kann.

FRAGE ABBAS: Ich habe eine Frage, die noch mit dem Entlastungspaket zusammenhängt, und zwar an das Finanzministerium und vielleicht auch an das Bundesverkehrsministerium. Der Bund will die Mittel für den Nahverkehr um 3,7 Milliarden Euro erhöhen. 2,5 Milliarden Euro sollen für das geplante 9-Euro-Ticket im Rahmen des Entlastungspakets investiert werden. Die Länder fordern dafür wesentlich mehr Geld. Was sagen Sie als Finanzministerium bzw. als Verkehrsministerium dazu?

DR. KALWEY: Ich würde die Aussagen der Länder an dieser Stelle jetzt nicht kommentieren wollen. Ich kann mich jetzt auch nicht zu einzelnen Größenordnungen äußern. Es ist richtig, dass die Koalition beschlossen hat, das 9-Euro-Ticket einzuführen. Zu welchen Kosten oder Minder- bzw. Mehreinnahmen das führen wird, kann ich Ihnen zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. – Jetzt sehe ich, dass der Kollege sich bereit macht. Der kann Ihnen vielleicht noch mehr dazu mitteilen.

ALEXANDRIN: Zum einen muss man ja sagen: Das ist ein laufendes Verfahren. Wie die Kollegin schon sagte, rechnen wir für Mittwoch mit der Kabinettsbefassung. Danach geht das in den Bundestag. Danach muss es noch durch den Bundesrat. Das heißt, wir befinden uns hierüber weiter im permanenten Austausch mit den Ländern.

Klar ist aber auch, dass wir von Anfang an gesagt hatten: Wir haben einen Finanzrahmen gesetzt. Den haben wir durch die Länder erhalten, nämlich indem wir abgefragt haben, wie hoch denn die Ticketausfälle sind. Als Prognose für 2022 wurden uns rund 10 Milliarden Euro genannt. Das heißt, wenn man das auf das Quartal herunterbricht, was eben diese drei Monate wären, dann liegen wir bei den 2,5 Milliarden Euro für die Finanzierung des 9-Euro-Tickets.

VORS. BUSCHOW: Nadine Lindner vom Deutschlandfunk hatte eben auch nach dem 9-Euro-Ticket gefragt. Vielleicht ist die Frage teilweise schon beantwortet. Ich stelle sie trotzdem noch einmal komplett. Sie verweist auch auf den Vorwurf von Ländern, dass der Bund die Kosten teilweise auf die Länder abwälze und fragt: Wie soll die Rückerstattung welches Betrags an die Länder genau funktionieren? Bleibt es bei der Gültigkeit ab Juni?

ALEXANDRIN: Dazu, wie das Ganze passieren soll, kann ich vielleicht noch einmal etwas ergänzen. Das erfolgt über eine Änderung bzw. Anpassung des Regionalisierungsgesetzes. Das Regionalisierungsgesetz ist in Deutschland dafür da, die Bundesmittel an die Länder zu verteilen, und die Länder bestellen dann eben aus diesen Mitteln den ÖPNV. Die liegen aktuell bereits bei rund 10 Milliarden Euro. Das heißt, alles, über das wir jetzt sprechen, kommt on top.

Dann muss man im weiteren Verlauf etwas auseinanderhalten. Es gibt verschiedene Forderungen seitens der Länder und der Verkehrsunternehmen. Jetzt reden wir über das 9-für-90-Ticket. Das ist eine ganz konkrete Maßnahme aus dem Entlastungspaket. Die soll dazu dienen, eben kurzfristig die Menschen zu entlasten und gleichzeitig auch einen klimapolitischen Anreiz zu setzen.

Dann standen wir mit den Ländern ohnehin im Gespräch, was die regulären Erhöhungen der Regionalisierungsmittel angeht. Diese Gespräche laufen. Die Länder sind auch dabei, uns konkrete Vorschläge dazu vorzulegen, wie sie auf ihrer Seite noch Effizienzen schaffen können.

Dann geht es ja noch um die Entlastung in Bezug auf erhöhte Energiepreise im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Diesbezüglich schafft das Entlastungspaket ja auch an einer anderen Stelle Entlastung, nämlich durch die Senkung der Mineralölsteuer sowie den Wegfall der EEG-Umlage, von der natürlich auch die ÖPNV-Unternehmen profitieren werden.

VORS. BUSCHOW: Dann war noch die Frage nach der Gültigkeit ab Juni Bestandteil der Frage.

ALEXANDRIN: Ja, dazu hat sich der Minister auch vor Kurzem noch einmal relativ eindeutig geäußert und gesagt, dass der Eindruck, den er aus den Gesprächen gewinnt, ist, dass man durchaus positiv auf einen Start zum 1. Juni blicken kann.

FRAGE: Ich habe noch eine Frage zur Höhe oder der Erhöhung der Mittel um 3,7 Milliarden Euro. Verstehe ich Sie richtig, dass die nicht in Stein gemeißelt ist bzw. noch darüber verhandelt wird?

ALEXANDRIN: Ich sagte es ja: Das muss man relativ gut auseinanderhalten, weil hier verschiedene Dinge miteinander vermischt werden. Zum einen reden wir über die Kosten für das 9-für-90-Ticket. Das sind eben die 2,5 Milliarden Euro. Dann bringen die Länder eben die gestiegenen Energiepreise im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ins Spiel. Dafür machen sie ja 1,5 Milliarden Euro geltend. Dazu sagte ich, dass wir im Entlastungspaket eine andere Maßnahme vorgesehen haben, die auch bei den ÖPNV-Unternehmen für Entlastung sorgen wird.

Dann geht es ganz grundsätzlich um die Erhöhung der Mittel. Das war eine der ersten Aktionen, die der Minister gemacht hat, nämlich sich in einer Sonderverkehrsministerkonferenz mit den Ländern zusammenzusetzen, um zu schauen, wie man den öffentlichen Personennahverkehr auch langfristig neu aufstellen kann. Dafür war aber eine Bestandsanalyse der Länder erforderlich, weil der Bund bei den Ländern auch noch durchaus Verbesserungspotenzial sieht, was die Organisation beispielsweise die Vielzahl der Verkehrsverbünde oder auch die Beschaffungen angeht, hinsichtlich der es verschiedene Punkte gibt, die man angehen kann. Das heißt, die Länder wollten uns eine Rückmeldung geben, wie sie auf ihrer Seite Effizienzen schaffen können. Dann wird man eben noch einmal schauen, wie man den ÖPNV langfristig neu aufstellen kann.

ZUSATZ: Diese Rückmeldung ist also noch nicht da.

ALEXANDRIN: Sie ist noch nicht da, genau. Das war eine gesonderte Debatte, die darüber ablief. Jetzt sind in dem aktuellen Regionalisierungsgesetz eben das 9-für-90-Ticket und zusätzlich weitere Mittel für den coronabedingten ÖPNV-Rettungsschirm vorgesehen.

FRAGE JUNG: Herr Hebestreit, wie hat der Kanzler die Wahlnacht in Frankreich gestern verfolgt? Wie bewertet die Bundesregierung, dass über 41 Prozent der Franzosen eine Rechtsextremistin gewählt haben?

SRS HEBESTREIT: Der Bundeskanzler hat das gestern Abend am Handy verfolgt und hatte auch relativ früh Kontakt mit dem neu gewählten französischen Präsidenten. Sie haben telefoniert und er hat ihm sehr herzlich gratuliert. Er hat diese Wahl auch als ein starkes Zeichen für ein geeintes Europa verstanden. Sie haben auch vereinbart, dass sie möglichst schnell zusammenkommen werden nach der Formalisierung dieses Wahlaktes, der aber, glaube ich, noch ein paar Tage braucht.

Ansonsten haben Sie die Situation der letzten Wochen genau verfolgt. Der Bundeskanzler hat gemeinsam mit seinem spanischen und seinem portugiesischen Kollegen in der vergangenen Woche auch noch einmal sehr auf die Bedeutung dieser Wahl hingewiesen und darauf hingewiesen, wie wichtig es für ein geeintes Europa ist, dass dort keine Kräfte Rückenwind bekommen, die eher auf einen Nationalismus setzen. Insofern ist er sehr froh über den Ausgang dieser Wahl.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber wenn wir uns das Ergebnis von vor fünf Jahren angucken, dann stellen wir fest, dass die Rechtsextremistin deutlichen Rückenwind bekommen hat und ihr Ergebnis fast verdoppelt hat. Macht der Bundesregierung diese Entwicklung, also der Aufstieg von Rechtsextremisten in Europa, Sorgen?

SRS HEBESTREIT: Grundsätzlich guckt die Bundesregierung immer sehr genau auf die Entwicklung auch des Rechtspopulismus in Europa und stärkt die Kräfte, die eher auf Gemeinsamkeit setzen. Gestern, muss man sagen, war aber ein guter Tag für Europa, und das französische Volk hat eine gute Wahl getroffen.

VORS. BUSCHOW: Zu den Wahlen in Frankreich gibt es auch zwei Fragen online. (akustisch unverständlich) fragt, wann Emmanuel Macron für seinen Antrittsbesuch nach Berlin kommt. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es dafür noch keinen Termin?

SRS HEBESTREIT: Dazu habe ich noch nichts mitzuteilen.

VORS. BUSCHOW: Zweite Frage: Was werden die gemeinsamen Prioritäten der beiden Regierungen in Frankreich und Deutschland zum Thema Europa sein?

In eine ähnliche Richtung fragt auch eine Kollegin von AFP: In welchen Bereichen wird Macrons europäische Führungsrolle, die Scholz letzte Woche in einem Gastbeitrag gelobt hat, hilfreich sein?

SRS HEBESTREIT: Ich glaube, der französische Staatspräsident und der deutsche Bundeskanzler arbeiten schon lange gut und eng zusammen. Schon in der früheren Funktion als Bundesfinanzminister hatte Scholz sowohl mit seinem französischen Kollegen Bruno Le Maire, aber auch mit Staatspräsident Macron zu tun. Man hat gemeinsam die Recovery and Resilience Facility zum Kampf gegen die Coronapandemie aus der Taufe gehoben und man hat sich in den letzten Monaten massiv abgesprochen in all den Fragen, die mit Corona, aber auch mit der Ukrainepolitik zu tun gehabt haben und zu tun haben. Ich glaube, sie sind sich auch beide einig darin, dass Europa souveräner und stärker werden muss. Die dafür nötigen Initiativen ergreifen sie beide, fördern sie beide innerhalb der Institutionen der Europäischen Union und darüber hinaus.

FRAGE JESSEN: In seiner ersten Rede nach der Wahl hat Macron gestern andere Schwerpunkte gesetzt als bei der vorherigen Wahl. Wie analysiert die Bundesregierung dies? Sieht sie da neue Ansatzpunkte für eine noch engere Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich? Es war ja ein Trio von Aufgaben- und Schwerpunktsetzungen, sodass man im Grunde sagen könnte, dass sich das so ähnlich wie Ampelankündigungen anhörte.

SRS HEBESTREIT: Herr Jessen, ich habe ja nicht ganz umsonst darauf hingewiesen, dass die Zusammenarbeit sowohl zwischen Deutschland und Frankreich als auch zwischen der Bundesregierung und dem französischen Staatspräsidenten und seinen Ministerinnen und Ministern eng, vertrauensvoll und offen ist. Wir gehen fest davon aus, dass sich das auch in der nächsten Wahlperiode in Frankreich fortsetzen wird.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wird es so etwas wie ein gemeinsames deutsch-französisches Programm mit diesen Schwerpunkten geben, indem man das noch einmal explizit formuliert, oder sagen Sie „Wir sind alle like-minded“?

SRS HEBESTREIT: Ich weiß zumindest nichts von einem deutsch-französischen Programm, wie Sie es angekündigt haben. Sollte sich da etwas entwickeln, teile ich es hier gerne mit.

FRAGE RATZ: Mittelbar dazu an Herrn Hebestreit: Es gibt Forderungen im öffentlichen Raum, dass der Bundeskanzler und der wiedergewählte französische Präsident jetzt gemeinsam nach Kiew reisen sollten, um ein Signal, ein Zeichen zu setzen. Gibt es entsprechende Überlegungen im Kanzleramt?

SRS HEBESTREIT: Sie wissen ja, dass wir über die Reisen des Bundeskanzlers grundsätzlich dann informieren, wenn sie spruchreif sind.

VORS. BUSCHOW: Dann würde ich jetzt das Thema wechseln und komme zu einer Onlinefrage von Herrn Kissler von der NZZ an das BMI zu den Ausschreitungen am Wochenende in Berlin. Die NZZ fragt: Wie groß schätzt das Innenministerium die Gefahr des muslimischen Antisemitismus ein?

Zum gleichen Thema gibt es eine Frage von Christian Vollradt von der „Jungen Freiheit“: Das BKA stuft antisemitische Straftaten, bei denen kein Tatverdächtiger ermittelt wird, als rechtsmotiviert ein. Viele Betroffene und Fachleute kritisieren dies. Sieht das BMI angesichts der Vorfälle bei Pro-Palästina-Demonstrationen am Wochenende einen Bedarf, die Erfassung solcher Straftaten zu ändern?

KALL: Dazu kann ich für das BMI sagen, dass die Bundesinnenministerin die Ausschreitungen und die antisemitischen und israelfeindlichen Parolen, die am Wochenende hier in Berlin kundgetan worden sind, gestern scharf verurteilt hat. Das Bundesinnenministerium und die Sicherheitsbehörden beobachten den Antisemitismus in allen Bereichen und das heißt eben auch im Islamismus sehr genau. Die Sicherheitsbehörden sprechen dort von islamistischem Antisemitismus, da Islamismus als politischer Extremismus einzuordnen ist und es dort eben immer wieder auch zu antisemitischen Straftaten und antisemitischen Vorfällen kommt.

Wir treten auch dieser Form des Antisemitismus in aller Entschiedenheit entgegen und benennen diese Gefahr auch ganz ausdrücklich öffentlich, zuletzt im Lagebild des Bundesamts für Verfassungsschutz zum Antisemitismus, das in der vergangenen Woche kurz nach Ostern veröffentlicht worden ist. Dort finden Sie ein ganzes Kapitel „Antisemitismus im Islamismus“ von 20 Seiten, in denen auch die Vorfälle des letzten Jahres sehr genau dokumentiert worden sind. Wir gehen davon aus, dass im vergangenen Jahr die Anzahl der Straftaten in diesem Bereich gestiegen ist und werden das auch in den Statistiken zur politisch motivierten Kriminalität dokumentieren, die wir Mitte Mai für das Jahr 2021 herausgeben werden.

Zur Einordnung muss man allerdings auch sagen, dass der Anteil der antisemitischen Straftaten, die religiös begründet eben auch islamistischer Antisemitismus oder aufgrund einer ausländischen Ideologie motiviert waren, bisher bei rund drei Prozent lagen. Das heißt, der ganz überwiegende Teil ist weiterhin dem Rechtsextremismus zuzuordnen. Zu der Frage der statistischen Einordnung: Da geht es uns und konkret dem Bundeskriminalamt, das diese Statistiken der Länder zusammenführt, natürlich darum, so genau wie möglich diese Straftaten zu erfassen. Deswegen werden die Kriterien auch immer wieder überarbeitet, um da ein genaues Bild zu haben.

Der ganz überwiegende Teil ist, wie gesagt, dem Rechtsextremismus zuzuordnen, aber das heißt überhaupt nicht, dass man andere antisemitische Phänomenbereiche wie eben den Antisemitismus, den es im Islamismus gibt, irgendwie unterschätzen würde. Im Gegenteil: Das ist etwas, was die Sicherheitsbehörden sehr genau auf dem Schirm haben, was wir sehr klar verurteilen und was ja auch zu Strafverfahren führt, wie wir an den zwei Festnahmen, die es in Berlin am Samstag gegeben hat, und an den eingeleiteten Ermittlungsverfahren auch sehen können.

FRAGE JUNG: Auch an das BMI: Haben Sie schon eine Nachfolge für den Präsidenten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gefunden? Wenn ja, wer ist das?

KALL: So wie immer bei Personalien können wir das verkünden, wenn es soweit ist. Das heißt, noch nicht, aber sobald es dazu etwas zu verkünden gibt, werden wir das natürlich tun.

ZUSATZFRAGE JUNG: Wie lange müssen wir darauf warten?

Ist der Abgang von Herrn Schuster aus Ihrer Sicht eigentlich ein Verlust?

KALL: Es geht um einen sehr, sehr wichtigen Bereich, dessen Bedeutung in den letzten Wochen und Monaten noch einmal sehr viel deutlicher wurde. Angefangen in der Coronakrise, dann bei der Flutkatastrophe des letzten Sommers und jetzt angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hat der Bevölkerungsschutz stark an Bedeutung gewonnen. Das unterlegen wir ja auch entsprechend mit zusätzlichen finanziellen Mitteln, mit zusätzlichen Stellen und mit deutlichen Investitionen in diesem ganzen Bereich der Katastrophenvorsorge und auch der Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, an Extremwetterereignisse, an Krisen und auch beim Zivilschutz aufgrund der kriegerischen Gefahr. Insofern geht es darum, ein Bundesamt, dessen Bedeutung in den letzten Monaten gewachsen ist, eben auch schnell mit einem neuen Präsidenten oder einer neuen Präsidentin zu besetzen.

FRAGE JESSEN: Ich möchte noch einmal an ein vorheriges Thema anknüpfen, nämlich das Thema Afghanistan. Herr Kall, treffen Berichte zu, dass Afghanistan-Flüchtlinge aus ihren aktuellen Unterkünften verlegt worden sind, um Platz für Ukraine-Flüchtlinge zu schaffen? Wenn ja: In welchem Umfang und auf welcher Grundlage geschieht das, und wohin sind die Afghanistan-Flüchtlinge verbracht worden.

VORS. BUSCHOW: Herr Jessen, diese Frage hatten wir heute schon zweimal.

ZUSATZFRAGE JESSEN: In dieser Form?

VORS. BUSCHOW: Ja. Aber Herr Kall kann gerne noch einmal die Antwort geben.

KALL: Ich würde mir wünschen, dass ich jetzt eine ausführlichere Antwort für Sie hätte. Ich habe Ihrem Kollegen vorhin geantwortet, dass für die Aufnahme von Flüchtlingen und auch für die Organisation von Unterkünften die Länder und Kommunen zuständig sind. Ich kann diese Berichte für das BMI nicht bestätigen. Wenn ich da etwas nachreichen kann das habe ich vorhin schon gesagt , dann tue ich das gerne. Ansonsten würde ich darum bitten, sich an das jeweils zuständige Bundesland zu wenden, wenn es solche Berichte gibt.

ZUSATZ JESSEN: Ich bitte um Entschuldigung für meine Unaufmerksamkeit.

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