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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 8. Juni 2022

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf der Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften), Treffen der Wissenschaftsministerinnen und minister der G7-Staaten, Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen, Abstandsregeln für Windkraftanlagen, Medienberichte über einen möglichen Einstieg des Bundes beim Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW, Treffen der G7-Wissenschaftsminister, Tankrabatt, Übergewinnsteuer, Angriff Russlands auf die Ukraine, COVID-19-Infektion der Bundesaußenministerin, Fahrt eines Autos in eine Personengruppe in Berlin, Reise des Bundeskanzlers nach Kosovo, Serbien, Griechenland, Nordmazedonien und Bulgarien; Besuch der Präsidentin der Republik Moldau in Berlin, Nuklearabkommen mit dem Iran

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 8. Juni 2022:

VORS. DETJEN eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’IN HOFFMANN sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS’IN HOFFMANN (zur Kabinettssitzung): Guten Tag erst einmal! Die Bundesregierung hat heute einen Beschluss gefasst, der die Energieversorgungssicherheit weiter stärken soll. Zu diesem Zweck hat das Bundeskabinett heute den Entwurf der Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften beschlossen. Mit diesem Gesetz soll befristet bis zum 31. März 2024 eine Gasersatzreserve eingerichtet werden und sofern erforderlich Gas in der Stromerzeugung eingespart werden. Dafür werden Kohle- und Ölkraftwerke, die bereits heute in Reserven sind, ertüchtigt. So können sie kurzfristig und auf Abruf in den Markt zurückkehren. Ziel ist es, bei einer drohenden Gasmangellage die Stromerzeugung aus Gas möglichst weitgehend vorübergehend durch die Stromerzeugung mit anderen Energieträgern, Öl und Kohle, zu ersetzen. Dies ist besonders vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der angespannten Situation auf den Energiemärkten wichtig.

Das Ziel, den Kohleausstieg in Deutschland idealerweise bis 2030 zu vollenden, und die Klimaziele bleiben bestehen.

DR. ESCHER: Das Ministerium für Bildung und Forschung hat eine Terminankündigung im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft zu machen. Auf Einladung von Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger treffen sich die G7-Wissenschaftsministerinnen und minister vom 12. bis zum 14. Juni in Frankfurt am Main. Die Schwerpunktthemen des Treffens sind, erstens, der Schutz der Freiheit, Integrität und Sicherheit von Wissenschaft und Forschung, zweitens, Forschung zur Bekämpfung des Klimawandels, insbesondere zur Kohlendioxidentnahme aus der Atmosphäre und, drittens, Forschung zu Post-COVID.

Angesichts des weiterhin andauernden Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine rücken auch die Fragen der Sicherheit und Integrität der Wissenschaft ebenso wie der Wissenschaftsgemeinschaft in den Fokus. Daher wird auch der ukrainische Wissenschaftsminister, Professor Schkarlet, eingeladen, um dieses wichtige Thema gemeinsam zu diskutieren. Ich habe gerade die Meldung bekommen, dass er virtuell zugeschaltet wird.

Wir haben zu dem presseöffentlichen Termin bereits eingeladen. Am Montag, den 13. Juni wird es um 10.30 Uhr ein Pressestatement der Forschungsministerin geben. Ebenso wird sich die Ministerin am gleichen Tag um 17 Uhr zu den Ergebnissen äußern. Beide Pressetermine werden auf unserer Website bmbf.de/livestream live gestreamt.

FRAGE JORDANS (zum Entwurf einer Formulierungshilfe für ein Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz): Frau Hoffmann, Sie sagten, dass die Kohle- und Ölkraftwerke praktisch als Notreserve ertüchtigt würden, dass Sie aber weiterhin am Kohleausstieg für die Klimaziele festhalten wollten. Wie soll das gehen, wenn Sie offensichtlich jetzt noch nicht auf dem Pfad sind, diese Klimaziele zu erreichen? Die neuesten Zahlen zeigen, dass Kohle im ersten Quartal weiterhin der Energieträger war, der den größten Anteil an der Stromproduktion in Deutschland hatte.

SRS’IN HOFFMANN: Bei diesem Gesetz geht es darum, für den Fall einer Gasmangellage vorzusorgen und dafür die Kohlekraftwerke oder andere Energieträger, Kohle und Öl, vorzuhalten, damit sie im Falle einer solchen Notlage sozusagen für das ausbleibende Gas einspringen könnten. Insofern ist der Kohleausstieg davon nicht betroffen.

Aber vielleicht kann Frau Baron dazu noch ergänzen.

DR. BARON: Das kann ich gern tun. Ich denke, dass man zwei Fragen trennen muss. Zum einen hat das Kabinett heute die konkrete Regelung mit dem komplizierten Namen des Ersatzkraftwerkebereitstellungsgesetzes beschlossen. Es geht, wie der Name sagt, um die Bereitstellung für den Notfall. Für den Fall einer drohenden Gasmangellage werden also Kraftwerke in bestehenden Reserven länger ertüchtigt.

Sie laufen in diesen Reserven aber nicht und erzeugen damit auch keine zusätzlichen CO2-Emissionen am Strommarkt. Das heißt, das ist ein Vorhaben in der Reserve und für den Fall der Fälle, dass eine Gasmangellage droht, die dann auch noch durch Rechtsverordnung festgestellt werden muss. Dann würden diese Kohlekraftwerke zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit dienen. Durch den heutigen Beschluss wird Vorsorge getroffen. Aber es laufen keine der bestehenden in Reserve befindlichen Kraftwerke zusätzlich am Strommarkt.

VORS. DETJEN: Zusatzfrage, Herr Jordans, dann Herr Rinke!

ZUSTZFRAGE JORDANS: Sie müssen ja wahrscheinlich nicht nur das Kraftwerk bereitstellen, sondern auch die dafür notwendige Kohle bzw. das Öl. Heißt das, dass es so etwas wie eine Gesamtmenge an möglicherweise bis 2030 zu verfeuernder Kohle gibt? Wenn sie wegen einer Gasmangellage früher verfeuert werden muss, wird dann später weniger verfeuert, aber im Ganzen nicht mehr als bisher vorgesehen?

DR. BARON: Ich würde gern noch meinen vorigen Satz zu Ende sprechen. Das ist also erst einmal zu trennen. Es geht um eine Reservehaltung für den Fall einer Gasmangellage.

Daneben stehen natürlich die anderen Anstrengungen, die wir unternehmen. Natürlich sind wir bei unseren Klimazielen nicht da, wohin wir wollen. Natürlich müssen wir mehr tun, um die Lücke zu schließen. Das war einer der ersten Auftritte in der Amtszeit von Minister Habeck hier bei seiner Eröffnungsbilanz. Genau deswegen gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die sich mittlerweile schon im parlamentarischen Verfahren befinden: das Osterpaket zum Vorantreiben des Erneuerbarenausbaus, das das größte Beschleunigungspaket seit Bestehen des EEG ist, und Maßnahmen auch zur Reduktion des Energieverbrauchs, die wir im Arbeitsplan Energieeffizienz ja bereits angestoßen haben.

Insofern müssen die verschiedenen Handlungsfelder und verschiedenen Zahnräder ineinandergreifen, damit wir die Klimaziele erreichen. Das kann man nicht auf den Bereich der Reserven zurückführen.

Aber richtig ist, dass wir diese Reserven natürlich verlängern. Einige davon wären sonst ausgelaufen. In Bezug auf die Netzreserve bleiben Kraftwerke jetzt länger in der Reserve und müssen deswegen auch länger betriebsbereit gehalten werden. Das ändert aber nichts daran, dass das Ziel des Kohleausstieges bestehen bleibt und wir auf den anderen Handlungsfeldern umso mehr machen müssen, um voranzukommen. Ein wichtiger Handlungspunkt dabei ist, dass wir umso mehr und umso schneller auch beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft vorankommen müssen, um damit Ausgleich an anderer Stelle zu schaffen.

FRAGE DR. RINKE: Frau Baron, wie ist der Stand der Bemühung, die Kohlelieferungen aus Russland durch Lieferungen aus anderen Ländern zu ersetzen? Ist das mittlerweile abgeschlossen? Haben Sie die Gesamtmenge jetzt schon durch Lieferanten aus anderen Ländern ersetzt? Könnten Sie uns sagen, welche Länder dies sind?

DR. BARON: Es gilt weiterhin der Stand des zweiten Fortschrittsberichts von Ende Mai, den wir veröffentlicht haben, dass wir bei Kohle weit vorangekommen sind, dass also in der Zusammenarbeit mit der Industrie die Lieferverträge diversifiziert wurden. Genaue Angaben müssten Sie, wie gesagt, bei den Unternehmen erfragen. Um auch andere Lieferländer zu bekommen, haben die Unternehmen ihre Lieferverträge, sofern sie kündbar waren, entweder beendet oder auf andere Lieferländer umgestellt, also zum Beispiel auf Länder in Südamerika, aber auch auf andere Länder. Die genauen Daten dafür liegen aber bei den Unternehmen.

FRAGE JOLKVER: Frau Baron, eine Verständnisfrage: Bedeutet das Wort „ertüchtigen“, dass diejenigen Kraftwerke, die schon in Reserve sind, einfach länger in Reserve bleiben? Zielt das Gesetz einfach darauf, dass diese Kraftwerke nicht demontiert werden?

DR. BARON: Genau. Sie müssen betriebsbereit gehalten werden so heißt es in der technischen Sprache , während sie in der Reserve sind, damit sie im Falle einer Gasmangellage wieder angeworfen werden und im Strommarkt aktiv sein könnten.

VORS. DETJEN: Ich habe von außen eine Frage von Karsten Wiedemann zur Reduzierung der Gasverstromung: Aus der Energiebranche kommt Kritik an dem Pönale, also der Strafe, für Gasverstromung, unter anderem, weil diese die Wärmeerzeugung verteuere. Auch die Bedingungen dafür, wann dieses Pönale greift, werden als unkonkret kritisiert. Haben Sie diese Kritikpunkte aus der Anhörung im Kabinettsbeschluss berücksichtigt?

DR. BARON: In dem Gesetz geht es um verschiedene Elemente, zum einen um die angesprochenen Reserven und zum anderen um Verordnungsermächtigungen, um auch die Stromerzeugung der Gaskraftwerke zu reduzieren, um also auch Maßnahmen zu ergreifen, damit Gaskraftwerke nicht zum Einsatz kommen. Nach der normalen „merit order“ des Strommarktes würden sie sonst zum Einsatz kommen. Dafür sehen wir in bestimmten Fällen vor, dass Pönalien gezahlt werden müssen, die dann durch weitere Verordnungsermächtigungen konkretisiert werden müssen. So ist es in der Systematik des Gesetzes angelegt. Damit nennt das Gesetz den Rahmen und müsste für den Fall der Fälle durch eine entsprechende Rechtsverordnung des Ministeriums ohne Zustimmung von Bundestag und Bundesrat in einem weiteren Schritt konkretisiert werden. Das ist die Systematik dieses Gesetzes.

VORS. DETJEN: Wollen Sie noch etwas zu der konkreten Frage zum Stichwort „Anhörung“ ich kenne das nicht im Detail , ob da etwas Konkretes eingeflossen ist, sagen?

DR. BARON: … (akustisch unverständlich) verschiedentlich vorgetragen. Es gab die Seiten, die die Pönalienregelung kritisiert haben. Es gab auf der anderen Seite aber auch Aussagen, dass diese Regelung, um zu einer Reduktion von Gas zu kommen, begrüßt werde. Es gab also wie immer in einer Anhörung Stellungnahmen in jede Richtung. Wir haben in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass die Verordnungsermächtigung und die Verordnung das im Zweifel ausbuchstabieren müssen.

FRAGE JORDANS: Frau Dr. Baron, Sie haben jetzt nur von Öl, Gas und Kohle gesprochen. Es gibt aber weiterhin Stimmen aus der Opposition und in den Medien, die einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke in Deutschland oder sogar den Neubau verlangen. Hat sich diesbezüglich an der Position der Bundesregierung irgendetwas geändert?

DR. BARON: Zum Punkt der Atomkraftwerke hat sich unsere Position nicht geändert. Wir haben dazu gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium eine Prüfung vorgenommen und die Prüfergebnisse am 8. März veröffentlicht. Sie sind also öffentlich zugänglich. Da ist unsere Haltung dargestellt. Es wurden verschiedene Szenarien mit Blick darauf geprüft, ob ein Weiterbetrieb von Kernkraftwerken in der aktuellen Lage dazu dienen kann, Versorgungsengpässe vor allem im nächsten Winter auszugleichen. Das Ergebnis der Prüfung ist, dass das nach unserer Einschätzung, der gemeinsamen Einschätzung von Bundeswirtschafts- und Umweltministerium, nicht der Fall ist, da eine Verlängerung von Laufzeiten nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Lösung gerade für den kommenden Winter, für den die Vorsorge ja am höchsten sein muss, leisten kann. Dagegen stehen aber sehr hohe verfassungsrechtliche und sicherheitstechnische Risiken, die wir nicht für verkraftbar halten. In der Abwägung dieser Interessen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass nach unserer Einschätzung eine Verlängerung nicht möglich ist.

Vielleicht lassen Sie mich dies auch mit einer Zahl belegen. In Deutschland befinden sich nur noch drei Atomkraftwerke am Netz. Sie tragen lediglich fünf Prozent zur deutschen Stromproduktion bei. Diese fünf Prozent, also eine eher überschaubare Menge, muss man in der Interessenabwägung den sehr hohen Sicherheitsbedenken und der Risiko- und Güterabwägung gegenüberstellen.

FRAGE DR. RINKE: Zum Thema der Atomkraftwerke: Würden Sie sagen, dass die Prüfung der Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke durch die beiden von Grünen geführten Ministerien auch die abschließende Meinung der Bundesregierung ist, oder gibt es innerhalb der Bundesregierung noch weiteren Beratungsbedarf dazu?

SRS’IN HOFFMANN: Für die Bundesregierung gilt der Stand, den wir jetzt im Moment haben. Das ist das, was Frau Baron vorgetragen hat, nämlich die Prüfung, die die beiden Ministerinnen durchgeführt haben und die ergeben hat, dass das aktuell nicht empfohlen wird. Das ist der Stand für die Bundesregierung.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Kann man also sagen, dass das abschließend ist? Denn die Debatte kommt alle paar Wochen wieder. Aber es gibt ein abschließendes Urteil der Bundesregierung, oder?

SRS’IN HOFFMANN: Eine Laufzeitveränderung steht nicht auf der Tagesordnung. Das kann man sagen.

FRAGE GEUTHER: Ich habe eine Frage zum Gesetz zur Rehabilitierung wegen Verurteilung nach § 175 StGB und anderen Taten. Sie geht an das BMJ. Die Antragsfrist wurde ja verlängert. Können Sie sagen, wie viele Anträge bisher eingegangen sind?

Die Antragsmöglichkeit bestand ja schon eine ganze Weile. Haben Sie Erkenntnisse darüber, warum Personen, die dafür in Frage kommen, den Antrag bisher noch nicht gestellt haben könnten?

HOSEMANN: Dazu muss ich gleich sagen: Das können wir zu klären versuchen. Die Anträge müssen beim Bundesamt für Justiz gestellt werden, nicht beim BMJ. Wenn es dazu aktuelle Zahlen oder Erkenntnisse über Motive für die Nichtbeantragung einer Zahlung gibt, dann liefern wir das gern.

FRAGE LANGE: Frau Hoffmann, ich hätte noch eine Frage zum Kabinett, und zwar zum Thema Windkraft und Abstandsregeln. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge wollte die Bundesregierung heute einige Gesetzesänderungen auf den Weg bringen, um die Abstandsregeln zu lockern. Ist das eventuell im Kabinett passiert, oder sollte es dort passieren und ist verschoben worden?

SRS’IN HOFFMANN: Dazu kann ich nichts sagen, dazu habe ich keine Informationen. Vielleicht die Kollegin Baron? Ja, das habe ich mir gedacht.

DR. BARON: Das kann ich schnell aufklären: Wir haben heute die Ressortabstimmung zu zwei wichtigen Gesetzesentwürfen eingeleitet, und zwar zum sogenannten Wind-an-Land-Gesetz, das in der gemeinsamen Federführung unseres Hauses und des Bauministeriums liegt, und zum Bundesnaturschutzgesetz in Federführung der Kollegen aus dem Umweltministerium. Heute ist sozusagen die Einleitung der Ressortabstimmung. Ich kann ganz kurz sagen: Das Wind-an-Land-Gesetz dient eben zur Umsetzung des Zwei-Prozent-Flächenziels bzw. dazu, dieses Ziel mit Blick auf die Fragestellung herunterzubrechen, was das für die einzelnen Bundesländer heißt, was jedes Bundesland leisten muss und wie die Fläche erhöht werden kann, damit der Ausbau der Windenergie an Land vorangeht.

FRAGE: Frau Baron, eine Nachfrage zu dem Wind-an-Land-Gesetz bzw. zu der Formulierungshilfe: Wenn ich das richtig sehe, sollen mit der Ausbaufläche von zwei Prozent, die vorgeschrieben wird, gegebenenfalls auch Länderregeln ich sage es einmal so drastisch gebrochen werden, die verhindern, dass dieses Ziel erreicht wird. Können Sie erläutern, wie dieses Vorgehen, bei dem Bundesregeln Länderregeln überschreiben, genau funktionieren sollen?

DR. BARON: Ich kann es nur umreißen, weil wir ja noch in der Phase der Ressortabstimmung sind. Wie gesagt, es gibt jetzt ein Windflächenbedarfsgesetz, in dem Länderziele vorgegeben werden die befinden sich auch in der Anlage zum Gesetz , die vorgeben, was das Flächenziel ist, das jedes Land leisten muss. Das muss das jeweilige Land dann umsetzen.

Dann stellt sich natürlich die Frage: Was bedeutet das vor allem mit Blick auf bestehende Windabstandsregeln es gibt in einigen Bundesländern ja bestehende Windabstandsregeln und wie muss mit denen umgegangen werden. Diese müssen jedenfalls angepasst werden, und zwar bis zum 1. Juni 2023, weil sich in der Systematik jetzt etwas ändert. Ich konnte mir bislang sozusagen Flächenziele setzen und dann eine Abstandsregelung wählen, und die Abstandsregelung hat die Flächenziele sozusagen geschlagen oder getrumpft. Diese Systematik ändert sich jetzt; jetzt hat das Windflächenziel, das eingehalten und erreicht werden muss, den Vorrang. Wenn ich dieses einreiche, dann sind Abstandsregelungen weiter möglich, um den Länder hier auch Flexibilität zu gewährleisten. Aber es müssen eben im Ergebnis die Flächenziele eingehalten werden, und die Länder müssen eben berichten, wie sie diese einhalten. Wenn die Länder ihre Flächenziele einhalten, dann können sie, wie gesagt, diese Flexibilitäten auch weiter nutzen. Wenn das Flächenziel des Landes nicht erreicht würde, dann würde eben auch die Abstandsregelung dieses Landes unanwendbar bleiben.

ZUSATZFRAGE: Es ist ja erwartbar, dass einige Länder Bayern beispielsweise von so einer Regelung nicht begeistert sein werden. Es gab jetzt erste Berichte, dass das Gesetz so gestaltet werden soll, dass es im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sein wird, obwohl es Länderregeln betrifft. Ist das korrekt?

DR. BARON: Es ist korrekt, dass das Gesetz in seiner Systematik im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist. Das ändert aber nichts daran, dass das Gesetz nach der Kabinettsbefassung dem Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet wird und dort von den Ländern besprochen und diskutiert werden kann. Es ist im Bundesrat aber nicht zustimmungspflichtig.

VORS. DETJEN: In dem größeren Zusammenhang eine Frage von Herrn Wiedemann: Laut Medienberichten erwägt der Bund einen Einstieg beim Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW. Können Sie das kommentieren?

DR. BARON: Das kann ich nicht kommentieren. Hier gilt wie üblich, dass wir zur Kenntnis nehmen, dass es unternehmerische Überlegungen gibt, die Netzgesellschaften zu veräußern oder andere Beteiligungen dafür zu suchen. Das nehmen wir zur Kenntnis, aber wir kommentieren solche unternehmerischen Überlegungen wie üblich nicht.

VORS. DETJEN: Dann stelle ich an dieser Frage die Frage von Herrn Reuter aus dem ARD-Hauptstadtstudio an das Forschungsministerium zum Treffen der G7-Wissenschaftsminister ab dem 12. Juni: Wird bei dem Treffen auch die Berliner Erklärung der Leibniz-Naturforschungsmuseen eine Rolle spielen, in der sie Deutschland auffordern, bei G7 seiner Verantwortung in der Zwillingskrise aus Artensterben und Klimawandel gerecht zu werden?

DR. ESCHER: Ich habe ja eine Terminankündigung gemacht. Es gibt eben den einen großen Schwerpunkt Klima, und da werden natürlich solche Themen angesprochen werden. Ob diese Erklärung dann auch im Abschlusskommuniqué zutage tritt, kann ich nicht vorwegnehmen.

VORS. DETJEN: Dann habe ich noch eine Nachfrage von Herrn Kliss an Frau Baron zum Wind-an-Land-Gesetz: Sind die Zeitvorgaben, die Windvorrangflächen auszuweisen, dem Umstand geschuldet, dass der Bund, namentlich Robert Habeck, findet, dass die Länder beim Windausbau zu langsam sind?

DR. BARON: Die Regelungen, die wir treffen, dienen der Umsetzung des Koalitionsvertrages und der Umsetzung des Zwei-Prozent-Flächenziels. Im Gesetz ist angelegt, dass verschiedene Zwischenziele möglich sind Zwischenziele bis 2026, finale Ziele bis 2032. Das berücksichtigt eben auch, dass die Vorplanung von Flächen und die Flächenplanung bzw. Raumordnungspläne natürlich Zeit kosten. Deswegen soll in dieser zeitlichen Stufung vorgegangen werden so der Vorschlag, der jetzt in der Ressortabstimmung ist.

FRAGE: Frau Baron, noch eine Nachfrage zum Zeitplan: Gehen Sie davon aus, dass das nächste Woche schon im Kabinett sein wird, oder ist das zu ehrgeizig?

DR. BARON: Wie gesagt, wir sind jetzt in der Ressortabstimmung bzw. parallel startet die Länder- und Verbändeanhörung. Wir wollen damit so schnell wie möglich im Kabinett sein, aber das ist jetzt nicht ganz in unseren Händen, sondern in den Händen all derjenigen, die wir jetzt beteiligen.

FRAGE JESSEN: Vielleicht an Frau Baron, vielleicht aber auch an Frau Hoffmann: War heute eigentlich auch die Woche Erfahrung, die inzwischen mit dem Benzinrabatt und der Nichtweitergabe an Kunden vorliegt, Thema im Kabinett? Wenn nein, warum nicht? Ist das kein relevantes Thema für die Bundesregierung?

SRS’IN HOFFMANN: Wir berichten hier ja üblicherweise nicht aus diesen internen Kabinettssitzungen bzw. darüber, was da Thema war. Wir stellen Ergebnisse vor, wenn im Kabinett Beschlüsse gefasst wurden; wir äußern uns hier aber nicht im Detail dazu, was im Kabinett in welcher Weise besprochen wurde. Grundsätzlich haben wir aber schon öfter gesagt, dass die Preisentwicklung die Energiepreisentwicklung, aber auch die erhöhten Preise jenseits von Energiepreisen aus Sicht der Bundesregierung ein wichtiges Thema ist, dass die Bundesregierung das im Auge hat und natürlich verfolgt und dass sie da auch eine Reihe von Maßnahmen ergriffen hat, zu denen auch die Absenkung der Steuer gehört.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Nur als Anmerkung: Es ist in der Vergangenheit ja schon häufiger berichtet worden, was im Kabinett diskutiert wurde, ohne dass es in einem Beschluss mündete. Das ist also kein völliges Neuland.

Aber der Punkt ist ja, dass der Rabatt offenbar nicht weitergegeben wurde, das heißt, dass er eher in Formen von zusätzlichen Gewinnen bei den Mineralölkonzernen landet, wogegen ja auch die Tankstellenpächter protestieren. Was plant die Bundesregierung, um dieser eigentlich nicht im Sinne der Erfindung gedachten Tatsache entgegenzutreten?

SRS’IN HOFFMANN: Die Bundesregierung beobachtet das im Moment sehr genau und hat ja, was das Kartellrecht angeht, bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht. Das ist der Stand, den ich hier mitteilen kann. Weitere Maßnahmen, nach denen Sie gefragt haben, kann ich hier nicht ankündigen.

FRAGE DR. RINKE: Frau Hoffmann, ich möchte im Zusammenhang mit den hohen Preisen, die Sie erwähnt haben, auch nach den Übergewinnen fragen. Mich interessiert gar nicht so sehr, ob das jetzt im Kabinett diskutiert wurde, sondern ob es dazu eine einheitliche Meinung gibt. Offensichtlich ist das ja nicht der Fall, denn der Finanzminister lehnt dies ab, aber der Wirtschaftsminister hat es heute wieder als eine gute Idee, an der gearbeitet werden müsse, bezeichnet. Können Sie uns sagen, was der Bundeskanzler dazu denkt?

SRS’IN HOFFMANN: Sie haben recht, das Thema Übergewinne wurde vor allem außerhalb des Kabinetts diskutiert. Grundsätzlich ist eine Übergewinnbesteuerung auf der Grundlage des Koalitionsvertrags der Ampelkoalition derzeit nicht vorgesehen. Gleichwohl werden alle wesentlichen Argumente und Gegenargumente zur Frage dieser sogenannten Übergewinnsteuer in der Bundesregierung erörtert.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Das mit dem „Erörtern“ war jetzt sehr allgemein. Ist das in dem Sinne gemeint, dass man es dann eventuell doch machen möchte, oder ist das eine rein theoretische Debatte?

SRS’IN HOFFMANN: Wenn man sagen würde, man will es machen, dann wäre das ja keine Erörterung, sondern eine Entscheidung. Wie gesagt, das ist grundsätzlich auf der Grundlage des Koalitionsvertrags nicht vorgesehen, aber in der aktuellen Lage werden die Argumente, also das Pro und Contra, die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, innerhalb der Bundesregierung erörtert. Ich kann Ihnen jetzt aber kein Ergebnis dazu mitteilen, sondern kann nur sagen, dass es im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen ist.

FRAGE JORDANS: Meine Frage schließt daran an, geht aber an das BMF: Gestern hat der Minister ja eines der Argumente vorgetragen, die aus seiner Sicht gegen so eine Übergewinnsteuer sprechen, nämlich die Möglichkeit, dass es zu Lieferschwierigkeiten kommen könnte, wenn die Ölfirmen entscheiden, dass sie in Deutschland lieber nicht Öl liefern, weil sie ja dann möglicherweise zusätzliche Steuern zahlen müssten. Jetzt würde ich gerne fragen: Haben Sie irgendwelche Zahlen oder Fakten, die diese Bedenken belegen? Denn andere Länder Großbritannien zum Beispiel sind ja schon konkret dabei, solche Übergewinnsteuern einzuführen; da gibt es solche Bedenken also offensichtlich nicht.

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Vielen Dank für die Frage. Frau Hoffmann hat sich ja schon grundsätzlich dazu eingelassen. Sie sprechen das Interview des Bundesfinanzministers gestern in der ARD an, in dem er sich zu diesem Aspekt ja sehr detailliert geäußert hat. Unter anderem hat er insgesamt drei wesentliche Punkte angesprochen, die hier zu bedenken sind. Der Punkt, den Sie ansprechen, ist einer davon. Am wichtigsten war ihm aber vor allem auch der Grundsatz des deutschen Steuerrechts, dass nicht unterschieden wird. Er hat sich dazu, glaube ich, sehr deutlich und detailliert geäußert; da habe ich nichts zu ergänzen und habe hier auch keine Zahlen zu nennen.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Könnten Sie die nachliefern? Er hat in seinem Statement gestern ja sehr stark vorgetragen, dass das Risiko bestehe, dass es zu einer Verknappung des Öls in Deutschland kommen könnte, wenn so eine Steuer eingeführt wird.

NIMINDÉ-DUNDADENGAR: Der Bundesfinanzminister hat Argumente dargelegt, die hier zu berücksichtigen sind. Vor diesem Hintergrund habe ich hier nichts nachzureichen. Vielmehr wären in etwaigen Gesprächen oder Erörterungen, die gegebenenfalls kommen könnten, eine Vielzahl von Argumenten auszutauschen und zu bewerten. Zu denjenigen, die der Minister genannt hat, habe ich hier nichts hinzuzufügen und auch nichts nachzureichen.

FRAGE: An Frau Hoffmann: Es gibt ja durchaus auch Kritik von SPD und Grünen und ernste Forderungen, man müsse den Tankrabatt eigentlich stoppen. Deswegen möchte ich fragen: Gibt es in der Bundesregierung irgendwelche Pläne, bei diesem Tankrabatt noch einmal nachzubessern?

An Frau Baron: Das Bundeskartellamt prüft ja, ob die Mineralölkonzerne da möglicherweise Preisabsprachen getroffen haben könnten. Was wird denn daraus folgen, wenn das Bundeskartellamt feststellt, dass es Preisabsprachen gegeben hat? Was folgt dann am Ende ganz konkret daraus?

SRS’IN HOFFMANN: Ich möchte gerne noch einmal grundsätzlich sagen, dass es die Bundesregierung umtreibt, wie die gestiegenen Kosten für Energie wo wir natürlich wissen, dass das viele Menschen belastet und viele Menschen besorgt abgemildert werden können. Konkrete Pläne zum Tankrabatt gibt es im Moment aber nicht.

DR. BARON: Wir hatten das Thema Bundeskartellamt hier schon, deshalb nur kurz: Es ist richtig, das Bundeskartellamt führt diese Sektoruntersuchungen durch, und parallel dazu ist ja auch ein Gesetz im parlamentarischen Verfahren, das die Datengrundlage und die Befugnisse erweitern soll, auch die Lieferkette insgesamt abzufragen und da auch Durchsuchungsbefugnisse zu bekommen. Die Konsequenz ist: Wenn eine kartellwidrige Absprache oder der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nachgewiesen wird, dann sind in einem ersten Schritt Bußgelder möglich, aber es wären auch weitere Eingriffe und Vertragsgestaltungen möglich aber immer unter der Prämisse, dass der Missbrauch oder die kartellrechtswidrige Absprache nachgewiesen ist. Dass dieser Missbrauch nachgewiesen wird, sieht das deutsche Kartellrecht so vor. Dann sind eben in erster Linie Bußgelder, aber auch Vorgaben für Vertragsgestaltungen oder andere Auflagen möglich.

ZUSATZFRAGE: Frau Baron, können Sie sagen, wie hoch diese Bußgelder sind?

DR. BARON: Welcher Anteil des Jahresumsatzes maximal an Bußgeldern möglich ist, führt das Kartellamt auf seiner Webseite auf. Das müsste ich im Zweifel nachreichen, die Zahl habe ich nicht im Kopf.

FRAGE JESSEN: Frau Hoffmann, teilt der Bundeskanzler als politisch nicht neutrale, sondern parteilich verankerte Persönlichkeit die Auffassung seiner beiden Parteivorsitzenden im Hinblick auf die Übergewinnsteuer? Die haben sich ja beide im Grunde recht deutlich dafür positioniert. Teilt Olaf Scholz diese Position?

SRS’IN HOFFMANN: Der Bundeskanzler hat sich dazu ja in der letzten Regierungsbefragung im April eingelassen und hatte dabei gesagt, dass in Deutschland Gewinne, und zwar alle Gewinne, besteuert werden, auch übermäßige Krisengewinne. Das gehöre, so sagte er, zu unserer Steuerordnung dazu. Es gehe nicht darum, Steuern neu zu entwickeln. Das war seine Einlassung zu diesem Thema.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Wie Sie sagten, war das im April. Wir haben jetzt eine neue Debatte. Die Äußerungen der beiden SPD-Parteivorsitzenden stammen aus den vergangenen Tagen, vor allem angesichts eines neuen Hintergrundes. Heißt das, die Position des Bundeskanzlers nimmt die veränderte Lage und die Äußerungen seiner Parteivorsitzenden nicht auf, sondern bleibt wie im April?

SRS’IN HOFFMANN: Ich wüsste nicht, dass sich die Position des Bundeskanzlers geändert hat.

FRAGE DR. RINKE: Frau Baron, eines von drei Argumenten von Herrn Lindner ist ja eben erwähnt worden, die Sorge um eine Versorgungsverknappung, wenn es Übergewinne gibt. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob Ihr Minister eigentlich die Sorge teilt, dass Übergewinne den Effekt haben könnten, dass dann weniger Treibstoff als bisher nach Deutschland kommt.

DR. BARON: Ich kann dem Gesagten nicht viel hinzufügen. Die Haltung unseres Ministers in der Sache hat er ja geäußert. Natürlich müssen alle Aspekte in eine Abwägungsentscheidung einfließen. Natürlich ist es so, dass es ja auch auf europäischer Ebene in europäischen Beschlüssen Prüfaufträge der Kommission gibt, diesen Fragen nachzugehen und eben alle Fragen zu prüfen, wenn man über Übergewinnsteuern nachdenkt. Das ist dann zu tun. Seine Haltung zu der Frage, wie er das einordnet, hat mein Minister ja aber deutlich gemacht.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Darf ich noch einmal nachfragen? Vielleicht habe ich es übersehen, aber genau zu diesem einen spezifischen Punkt, dass es dann Lieferengpässe geben könnte und ja nun auch der zuständige Minister dafür ist, genau diese Lieferengpässe abzustellen, hat er doch noch nicht Stellung genommen. Deswegen stelle ich die Frage, ob er diese Sorge teilt, ob das eine der möglichen Folgen sein könnte.

DR. BARON: Wie gesagt, wenn man zu einer Entscheidung kommt, muss sie natürlich eine ausgewogene Entscheidung sein, und sie darf natürlich nicht die Versorgungssicherheit gefährden. Aber dafür tun wir ja an allen Stellen eine Menge. Wir tun ja auf allen Kanälen alles dafür, um Abhängigkeiten von russischen fossilen Importen bzw. russischen Ölimporten zu reduzieren, und diese Schritte greifen dann auch ineinander. Je stärker die Abhängigkeit reduziert werden kann, desto mehr Entscheidungsspielraum haben wir uns beispielsweise auch bei der Frage eines Kohleembargos oder bei der Diskussion um Öl auf europäischer Ebene erarbeitet.

FRAGE GEUTHER: Ich habe nach dem heutigen Vorfall nahe der Gedächtniskirche eine Frage an Frau Hoffmann und vielleicht auch Herrn Kall, nämlich ob es Erkenntnisse gibt, die Sie mit uns teilen können, und ob es schon eine Reaktion der Bundesregierung gibt.

SRS’IN HOFFMANN: Ja, die Bundesregierung hat natürlich von diesem schrecklichen Vorfall in Berlin heute erfahren und ist darüber sehr betroffen und erschüttert. Wie Sie wissen, sind die Einsatzkräfte vor Ort und versorgen die Verletzten. Die Gedanken der Bundesregierung und unser Mitgefühl sind bei den Verletzten und ihren Angehörigen. Bezüglich der Hintergründe dieses Vorfalls liegen mir im Moment noch keine Informationen vor.

KALL: Das kann ich für die Bundesinnenministerin nur unterstreichen. Die Bundesinnenministerin ist erschüttert über diesen schrecklichen Vorfall von heute Vormittag. Unser Mitgefühl gilt den Betroffenen. Vor allen Dingen ist unsere Hoffnung, dass die Schwerverletzten und Verletzten wieder vollständig genesen. Unser Dank gilt den Einsatzkräften vor Ort. Sie haben gesehen, wie sich die Berliner Polizei zum bisherigen Kenntnisstand geäußert hat und dass sich die Berliner Feuerwehr jüngst auch noch einmal zur Zahl der Verletzten geäußert hat.

Was die Ermittlungen und die Aufklärung angeht: Das läuft natürlich unter Hochdruck. Es ist zu früh, jetzt über Hintergründe zu spekulieren. Die Bundesinnenministerin hat heute schon mehrfach mit der Berliner Innensenatoren gesprochen, und die Sicherheitsbehörden stehen natürlich auch in einem ganz engen Kontakt, was einerseits die Berliner Ermittlungsbehörden angeht, aber auch die Sicherheitsbehörden des Bundes, um einen solchen Vorfall schnellstens aufzuklären. Aber zum jetzigen Zeitpunkt können wir uns zu Hintergründen noch nicht äußern.

FRAGE DR. RINKE: Nur um es noch einmal zu präzisieren, Herr Kall: Heißt das, dass nicht ausgeschlossen ist, dass es etwas anderes als ein Unfall war?

KALL: Die Berliner Polizei hat sich dazu geäußert darauf möchte ich gerne verweisen , dass der Hintergrund dessen, ob es eine bewusste, vorsätzliche Tat oder ein Unfall war, eben Gegenstand der Ermittlungen ist. Das ist aufzuklären. Es ist zu früh, sich jetzt dazu zu äußern.

FRAGE LANGE: Frau Hoffmann, hat die Regierung während der Kabinettssitzung von diesem Vorfall erfahren, oder wann?

SRS’IN HOFFMANN: Das war schon vor der Kabinettssitzung. Wenn ich mich recht erinnere, ist das ja gegen 10.30 Uhr bekannt geworden. Das war also schon vor der Kabinettssitzung, unmittelbar davor.

FRAGE SHUKA: Ich wollte gerne nach der Reise des Bundeskanzlers in verschiedene Länder des westlichen Balkans fragen. Gibt es detailliertere Informationen als das, was am Freitag hier vorgetragen wurde? Um welche Themen geht es?

SRS’IN HOFFMANN: Nein, leider habe ich keine detaillierteren Informationen. Am Freitag hatte mein Kollege ja gesagt, in welche Länder die Reise gehen wird: Kosovo, Serbien, Griechenland, Nordmazedonien und Bulgarien. Ein sehr wichtiges Thema der Gespräche wird der Beitrittsprozess dieser Länder zur EU sein, die Annäherung an die EU. Sie wissen ja, dass es dem Kanzler ein sehr wichtiges Anliegen ist er hat das ja an mehreren Stellen deutlich gemacht , dass Deutschland und die EU diesen Prozess begleiten und diese Länder der EU beitreten. Er hält das für einen auch sicherheitspolitisch wichtigen Punkt für die Sicherheit nicht nur der Region, sondern der gesamten EU.

ZUSATZFRAGE SHUKA: Der Beitrittsprozess wird von den bilateralen Konflikten zwischen Serbien und Kosovo sowie der Blockade zwischen Nordmazedonien und Bulgarien blockiert. Sieht der Kanzler einen Spielraum dafür, diese Blockade zu lösen? Welcher wäre das?

SRS’IN HOFFMANN: Das sind natürlich alles Themen der Gespräche, die er dort führen wird, und deshalb möchte ich dem hier jetzt nicht vorgreifen.

FRAGE JOLKVER: Ich habe auch eine Terminfrage. Am Freitag wird ja die Präsidentin von Moldau zu Herrn Steinmeier nach Berlin kommen. Eine Frage an die Ministerien: Gibt es auch Pläne, dass sie sich mit jemandem von der Regierung oder Regierungsvertretern trifft? Ich weiß nicht, an wen ich diese Frage jetzt richten soll, aber vielleicht kann sich das Ministerium melden, das sich mit ihr treffen möchte.

SRS’IN HOFFMANN: An mich kann die Frage ja nicht gehen, da der Bundeskanzler nicht da sein wird.

FRAGE GEUTHER: Es geht mir um die heutige Stellungnahme des Corona-Expertenrates, die zu erwarten ist. Deswegen ist das eine Frage, die sicherlich an das Gesundheitsministerium und es tut mir leid möglicherweise auch noch einmal an das Justizministerium geht, da sich Herr Buschmann heute geäußert hat. Vielleicht signalisieren Sie, dass Sie nichts dazu zu sagen haben, aber ich will die Rochade jetzt nicht unnötig verursachen. – Wir haben heute einerseits die Ankündigung gehört, dass es um die Maßnahmen für oder die mögliche Vorbereitung auf Herbst und Winter gehen soll. Auf der anderen Seite gibt es nun den angekündigten Termin 30. Juni des andere Gremiums, des Sachverständigenrates, der sich ja eigentlich mit der Vergangenheit beschäftigen soll, aber auf den nun eben vor allen Herr Buschmann, aber auch Herr Lindner verweisen, wenn es um die Frage geht, welche Maßnahmen dann für Herbst und Winter nach der Sommerpause beschlossen werden könnten. Mir geht es einfach noch einmal um das Verhältnis dieser beiden Aussagen, wenn der Expertenrat, der sich ja eigentlich mehr mit der Zukunft beschäftigen soll als der Sachverständigenrat, heute zu möglicherweise anderen Aussagen oder jedenfalls zu der Aussage kommt, dass Maßnahmen sinnvoll wären. Es zeichnet sich ja ab, dass da möglicherweise kein Gleichlauf herrscht. Wie ist das Verhältnis dieser beiden Gremien, und wie werden die beteiligten Häuser damit umgehen?

DEFFNER: Wir werden natürlich die Stellungnahme heute Nachmittag abwarten. Ebenso werden wir es mit dem Evaluationsbericht tun, der für Ende Juni angekündigt ist. Beides muss man natürlich betrachten, und das BMG wird sich beides selbstverständlich sehr genau und intensiv anschauen. Für die weiteren Vorbereitungen auf den Herbst brauchen wir natürlich beides.

HOSEMANN: Ich kann in der Sache nichts ergänzen, sondern vielleicht nur noch einmal darauf verweisen, dass sich Minister Buschmann ja immer darauf bezogen hat, dass auch im Infektionsschutzgesetz selbst diese Evaluierung festgeschrieben ist, die dann Teil der faktenbasierten, evidenzbasierten Politik sein soll.

DEFFNER: Vielleicht ergänzend zum Verständnis und zum Prozedere: Wir werden ja ein Gesetzgebungsvorhaben brauchen, das wir jetzt anstoßen und dann über den Sommer hinweg und in Vorbereitung auf den Termin des 23. Septembers, wenn die Regelungen im Infektionsschutzgesetz auslaufen, angehen werden.

ZUSATZ GEUTER: Sie sagen, dass wir jetzt anstoßen, während ja Herr Lindner und Herr Buschmann sagen, vor dem 30. Juni bräuchte man damit gar nicht anzufangen, weil wir ja noch nicht wissen, was vorgeschlagen wird. Deswegen hatte ich ja eben auch meine Frage nach der Relevanz der heutigen Stellungnahme des Expertenrates gestellt.

DEFFNER: Unser Minister hat ja gesagt: Wir werden das noch vor der Sommerpause angehen. Das widerspricht auch nicht dem, was Herr Buschmann gesagt hat, soweit ich das einschätzen kann, weil genau das das Verfahren ist. Wir brauchen das Gesetz, das wird eine Weile dauern, und das wird dann rechtzeitig verabschiedet werden.

FRAGE DR. RINKE: Ich hätte Frau Hoffmann ganz gerne noch einmal nach dem Telefonat des Kanzlers mit dem ukrainischen Präsidenten gefragt. Dabei gibt es zwei Aspekte. Der eine ist, dass der ukrainische Präsident noch ein anderes Thema in seiner Stellungnahme auf Twitter erwähnt hat, nämlich dass über Gefangenenaustausch gesprochen wurde. Könnten Sie das vielleicht präzisieren, weil es ja heute auch Meldungen aus Russland darüber gab, dass 1000 ukrainische Soldaten in Mariupol gefangen genommen wurden und jetzt nach Russland überführt werden?

Das Zweite ist der etwas ungewöhnliche Umstand, dass der Kanzler den ukrainischen Präsidenten heute über ein Gespräch mit Putin informiert hat, das schon zehn Tage zurückliegt. Ist es eigentlich üblich, dass da so große Zeitunterschiede bestehen?

SRS’IN HOFFMANN: Ich fange mit der ersten Frage an. Es gab ja in diesem Telefonat eine größere Bandbreite von Themen, und das Telefonat, das der Kanzler und der französische Präsident mit Wladimir Putin geführt hatten, war ja nur ein Aspekt dieses Telefonats. Es ging ganz allgemein auch um die militärische und humanitäre Lage in der Ukraine und vor allem auch um die Frage des Getreideexports sowie um weitere Themen. Dieser Aspekt war also wirklich nur ein Aspekt in diesem ausführlichen Telefonat.

Was die Frage der Behandlung von Gefangenen angeht, so haben wir an dieser Stelle schon mehrfach die Besorgnis geäußert, dass sich Russland hinsichtlich der ukrainischen Kriegsgefangenen an das Völkerrecht halten soll. Das ist ein dringender Appell und eine Aufforderung an Russland, sich an die Vereinbarungen des Völkerrechts auch zu halten.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Wenn das Thema angesprochen wurde, möglicherweise ja von Herrn Selensky, soll Deutschland dann dabei eine Art Vermittlerrolle zwischen Russland und der Ukraine spielen?

SRS’IN HOFFMANN: Dazu habe ich keine Informationen.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Außenministerin Baerbock ist ja gestern in Pakistan positiv auf Corona getestet worden. Wenn die Berichterstattung zutrifft, dann befindet sie sich jetzt offenbar auf dem Rückflug. Welche Auswirkungen hat das auf die Amtsgeschäfte in den nächsten sieben bis zehn Tagen? Welche wichtigen Termine fallen entweder weg oder werden von anderen wahrgenommen oder werden online wahrgenommen? Können Sie uns darüber einen Überblick geben?

WAGNER: Sie haben der Presseberichterstattung ja schon entnommen, dass die Außenministerin seit gestern Abend deutliche Grippesymptome hat. Insofern hoffen wir natürlich, dass sie jetzt schnell genesen wird. Ich kann jetzt sozusagen nicht darüber spekulieren, wie sich das auf die Termine der nächsten Tage und Wochen auswirken wird. Aber in Zeiten von virtuellen Arbeitsweisen kann man ja auch vieles per Telefon und so machen. Aber, wie gesagt, erst einmal geht es jetzt darum, dass sie gesund und heil wieder nach Deutschland zurückkommt und diese Infektion übersteht.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Die Tatsache, dass sie sich derzeit auf dem Rückflug befindet, ist aber korrekt?

WAGNER: Ja, das stimmt. Das kann ich bestätigen.

FRAGE DR. RINKE: Frau Hoffmann, es geht um Waffenlieferungen an die Ukraine. Es gibt jetzt Medienberichte darüber, dass es zu erheblichen Verzögerungen bei den von der Bundesregierung und dem Bundeskanzler zugesagten Waffensystemen kommt. IRIS-T ist das eine. Das andere ist der Ringtausch mit Griechenland, über den es in den letzten Tagen auch schon Berichte gab, dass das möglicherweise nicht so schnell wie eigentlich von der Bundesregierung beabsichtigt ablaufen könnte. Ich wollte nur fragen: Können Sie bestätigen, dass es zu Verzögerungen kommt, die dazu führen, dass man möglicherweise erst in einigen Monaten die Ukraine beliefern kann?

SRS’IN HOFFMANN: Ich kann mich zu diesen Berichten hier nicht äußern, und das BMVg auch nicht, wenn ich das Kopfschütteln richtig verstehe.

ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Eine Nachfrage dazu, wie ich das interpretieren kann: Sie können sich nicht äußern, weil Sie dazu keine Informationen haben oder weil Sie

SRS’IN HOFFMANN: Ich habe keine Informationen dazu.

FRAGE JESSEN: Eine Frage an Frau Hoffmann oder ein anderes Regierungssprechermitglied: Warum kann Norwegen in relativ kurzer Zeit 22 schwere Panzerhaubitzen liefern und Deutschland kommt mit seinen 7 Zugesagten nicht hinterher?

SRS’IN HOFFMANN: Die Frage müssten Sie möglicherweise an Norwegen richten.

Wir haben hier erklärt, dass wir in der Vorbereitung für die Lieferung der Panzerhaubitze 2000 sind, dass eine Ausbildung an dieser Panzerhaubitze stattfindet und wir diese schnellstmöglich liefern werden.

Vielleicht noch zu Herrn Rinke: Die Frage einer Verzögerung ist ja immer relativ zu einem festgesetzten Datum. Wir haben uns nie zu festgesetzten Daten geäußert, an denen irgendetwas geliefert wird. Also tue ich mich mit diesem Begriff überhaupt schwer. Klar ist, dass wir alles, was wir beschlossen und hier mitgeteilt haben, schnellstmöglich liefern.

FRAGE JOLKVER: Frau Hoffmann, war die Bundesregierung in die mögliche Lieferung von deutschen Panzern des Typs Leopard 2 A4 aus Spanien in die Ukraine involviert?

SRS’IN HOFFMANN: Der Bundeskanzler hat gestern gesagt, dass ihm dazu kein Antrag vorliegt. Das ist auch der Stand heute.

FRAGE JORDANS: Herr Wagner, ich habe eine Frage zu den Nuklearverhandlungen in Wien. Es gibt wohl Berichte, dass die Europäer eine Resolution unterstützen, wonach Iran für sein Verhalten gegenüber der IAEA kritisiert werden soll. Ich wollte fragen, ob Sie das Risiko sehen, dass die Nuklearverhandlungen als Ganzes platzen könnten oder ob diese Resolution im Zuge der Erhöhung des Drucks auf Teheran eingebracht wird.

WAGNER: Sie sprechen die Medienberichterstattung über diese sogenannten Safeguards an. Vielleicht zum Hintergrund: Hierbei geht es um die fehlende Aufklärung Irans hinsichtlich des Verbleibs von Nuklearmaterial, welches in der Vergangenheit an mehreren nicht deklarierten Stätten im Iran nachgewiesen worden ist. Die IAEO hatte, wie Sie auch sagen, in einem Bericht, der letzte Woche an die Mitgliedstaaten verteilt worden ist, festgestellt, dass Iran seinen Verpflichtungen zur Beantwortung nicht nachgekommen ist.

Wir hätten hier natürlich eine deutlich konstruktivere Haltung Irans erwartet und haben deshalb, wie wir es ja schon öfter gefordert haben, gemeinsam mit den E3-Partnern und den USA eine Resolution eingebracht, die Iran aufruft, hier nun endlich angemessen zu kooperieren und technisch glaubwürdige Antworten zu liefern.

Man muss allerdings diesen Vorgang, der mit den Safeguards zu tun hat, von den JCPOA-Verhandlungen trennen. Was diese Verhandlungen angeht das habe ich ja hier schon vorgetragen , hat sich die Haltung der Bundesregierung nicht geändert. Es gibt einen Entwurf, der auf dem Tisch liegt. Wir sind weiterhin jederzeit bereit, die in Wien verhandelte Vereinbarung umzusetzen. Eine baldige Umsetzung wäre aus unserer Sicht im Interesse aller Parteien.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Hätte diese Resolution irgendwelche Konsequenzen oder hat sie nur Signalwirkung, wenn sie beschlossen wird?

WAGNER: Na ja, so eine Resolution ist ein gemeinsamer kollektiver Aufruf der Mehrheit der Mitglieder im Gouverneursrat. Das hat schon eine andere Qualität als nur eine nationale Erklärung einzelner Mitglieder. Es ist schon ein sehr deutliches Signal an den Iran in dieser Frage.

FRAGE JESSEN: Noch einmal zu den Panzerhaubitzen: Frau Hoffmann, wenn man Ihrer Empfehlung folgt und bei Norwegen anfragt, warum sie eigentlich liefern können und Deutschland noch nicht, wäre die Antwort mit Sicherheit: Das müssen Sie schon die deutsche Bundesregierung fragen, warum die nicht liefern können. Das tue ich hiermit, vor allem vor dem Hintergrund, dass ja auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den von Norwegen gelieferten Panzerhaubitzen in Deutschland stattfand, wenn die Berichterstattung zutrifft. Warum kann Norwegen dieses zugesagte schwere Gerät schneller liefern als Deutschland? Was behindert die Lieferung von Deutschland aus?

SRS’IN HOFFMANN: Wir sind an einer raschen Lieferung interessiert. Wir sind dabei, auszubilden, dieses Gerät zur Verfügung zu stellen und es auch so schnell wie möglich zu liefern.

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