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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 15. Juni 2022

Themen: Kabinettssitzung (EUFOR Althea, Erklärung „Planungen und Genehmigungen beschleunigen, Transformation voranbringen“, Entwurf einer Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land, Entwurf einer Formulierungshilfe für eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von nitratbelasteten und eutrophierten Gebieten, Bundesbericht Energieforschung 2022), COVID-19-Pandemie, Spannungen zwischen der Türkei und Griechenland, Nahostkonflikt, Medienberichte über eine mögliche Reise des Bundeskanzlers nach Kiew, Treffen des Bundesverkehrsministers mit Vertretern der Luftfahrtbranche, Neubauförderung für energieeffiziente Gebäude, Gaslieferungen durch Russland, Digitalstrategie der Bundesregierung, Angriff Russlands auf die Ukraine, geplantes Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland, Schließung und Verfüllung der Schachtanlage Gorleben, Kredite der Bundesregierung für das Unternehmen GAZPROM Germania, G7-Gipfel, Medienberichte über Rückforderungen im Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket für Hartz IV-Empfänger, Maßnahmen der Bundesregierung zur Planungsbeschleunigung, Inhaftierung eines spanisch-russischen Journalisten in Polen, Konferenz gegen die drohende Hungerkrise

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 15. Juni 2022:

VORS. WOLF eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS HEBESTREIT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

STS HEBESTREIT: Herzlich willkommen auch von mir zu später Stunde. Angesichts des großen Interesses frage ich mich, ob wir die Mittwochspressekonferenz immer um diese Zeit machen sollten. Dann hätte ich etwas mehr Zeit, mich nach den langwierigen Kabinettssitzungen vorzubereiten. Aber das können wir später angehen.

Die Bundesregierung hat heute die Wiederaufnahme der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Sicherheitsoperation in Bosnien und Herzegowina, kurz EUFOR Althea, beschlossen. Das ist eine Nachfolgeeinheit nach SFOR, woran sich die Älteren von uns noch erinnern werden. Die Sicherheitsoperation soll längstens bis 30. Juni nächsten Jahres dauern. Sie setzt natürlich noch die Zustimmung des Deutschen Bundestages voraus.

Stabilität und Sicherheit in Bosnien und Herzegowina sowie auf dem gesamten Westbalkan haben für die EU und ihre Mitgliedstaaten essenzielle politische Bedeutung. Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund innenpolitischer Spannungen in Bosnien und Herzegowina ist ein verstärktes deutsches Engagement ein klares Bekenntnis zur nachhaltigen Stabilisierung von Bosnien und Herzegowina auf dem Weg in die euro-atlantischen Strukturen. Die derzeitige politische Krise dort erhöht das Risiko für Destabilisierung und Spannung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen des Landes. Gerade mit Blick auf die Wahlen in Bosnien und Herzegowina im Oktober 2022 sind Stabilität und Sicherheit von essenzieller Bedeutung für die demokratische Zukunft des Landes. Der deutsche Beitrag soll dabei helfen.

Dann haben wir das wurde Ihnen eben schon von, so meine ich, drei Ministerinnen und Ministern dargelegt drei Entscheidungen, die ich jetzt einmal unter die Überschrift „Planungsbeschleunigung“ setzen will.

Ich beginne mit einer Erklärung zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung. Ein wichtiges Ziel der Bundesregierung ist, wie Sie wissen, die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland erheblich zu beschleunigen. Damit schaffen wir eine zentrale Voraussetzung, um unsere Verpflichtungen und Ziele zum Klimaschutz erreichen zu können. Gleichzeitig werden die Rahmenbedingungen gesetzt, damit die Transformation zur Modernisierung und Digitalisierung unseres Landes sowie der Umbau unserer Energieversorgung gelingen können. Auch das hat mit Blick auf Abhängigkeiten von Energieimporten nicht an Priorität verloren.

Das Kabinett hat heute die Erklärung „Planungen und Genehmigungen beschleunigen, Transformation voranbringen“ beschlossen. In dieser Erklärung nimmt die Bundesregierung Bezug auf ihre Initiativen zur Verfahrensbeschleunigung, auf das bereits beschlossene Planungsbeschleunigungspaket I, bekannter unter dem Titel „Osterpaket“, und auf das Planungsbeschleunigungspaket II, „Sommerpaket“. Der erste Teil dieses Sommerpaketes ist heute im Kabinett verabschiedet worden. Der zweite Teil soll Anfang Juli folgen. Für den Herbst bereitet die Bundesregierung ein weiteres umfassendes Beschleunigungspaket mit Fokus auf Verbesserung der Verwaltungsabläufe, Digitalisierung und persönlicher Ausstattung vor.

Die Erklärung im Wortlaut sollte Ihnen per Pressemitteilung zugegangen sein.

Zugleich hat das Bundeskabinett heute den von Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und von der Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vorgelegten Entwurf einer Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land beschlossen. Das hat den schönen Kurztitel „Wind-an-Land-Gesetz“. Darüber sind Sie hier von Herrn Habeck, Frau Geywitz und Frau Lemke bereits umfassend informiert worden.

Der Gesetzentwurf bildet zusammen mit den ebenfalls heute vom Kabinett beschlossenen Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes den ersten Teil des Beschleunigungspakets II des Sommerpaketes. Wie Sie wissen, hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2030 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen sollen. Dabei spielt die Windenergie eine wichtige Rolle. Hierbei wollen wir zügig vorankommen. Das Gesetz ist der zentrale Baustein, um den Ausbau der Windenergie an Land deutlich zu beschleunigen. Im Wesentlichen geht es um die gesetzliche Umsetzung der Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag über ein Zwei-Prozent-Flächenziel für Windenergie an Land. Dafür sollen künftig insbesondere Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt sowie die notwendigen Flächen bereitgestellt werden.

Dann zur bereits angekündigten Änderung im Bundesnaturschutzgesetz: Die Bundesregierung hat heute den von Bundesministerin Lemke vorgelegten Entwurf über eine Änderung beschlossen. Der Entwurf stellt wie der Wind-an-Land-Gesetzentwurf eine Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen dar, die noch im Juni in den Bundestag eingebracht werden soll, damit das parlamentarische Verfahren noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden kann. Eine Befassung des Bundesrates ist nach der Sommerpause vorgesehen.

Der Gesetzentwurf wurde in enger Abstimmung mit dem Wirtschafts- und Klimaschutzministerium erarbeitet und dient der Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land. Angesichts von Klimakrise und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist ein zügiger Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere von Windenergie, sehr wichtig. Neben dem Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 geht es der Bundesregierung auch darum, möglichst schnell unabhängig von russischen Energieimporten zu werden.

Der beschlossene Entwurf sieht eine Reihe von Vereinfachungen und Ergänzungen im Bereich des Artenschutzes vor. Ziel ist es, Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an Land zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Dann hat das Kabinett heute ebenfalls die Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von nitratbelasteten und eutrophierten Gebieten beschlossen. In diesen Gebieten gelten zum Schutz von Grundwasser sowie Oberflächen- und Küstengewässern strengere Vorschriften für die Düngung. Mit der Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift wird die von der Europäischen Kommission im Juni vergangenen Jahres beanstandete Vorgehensweise bei der Ausweisung der sogenannten roten Gebiete geändert und weiter vereinheitlicht. Damit wird das Düngerecht nun im Einklang mit der EU-Nitratrichtlinie umgesetzt, und die deutsche Landwirtschaft erhält einen verlässlichen Handlungsrahmen.

Der letzte Punkt aus der heutigen Kabinettssitzung ist der Bundesbericht Energieforschung 2022. Im Jahr 2021 hat der Bund rund 1,3 Milliarden Euro und damit fast acht Prozent mehr als im Vorjahr für die Erforschung innovativer Energietechnologien aufgewendet. Die Bundesregierung setzt damit den positiven Trend fort, ihre Investitionen in die Energieforschung zu steigern. Das geht aus dem Bundesbericht Energieforschung 2022 hervor, den das Bundeskabinett heute beschlossen hat. Innovative, CO2-arme und hocheffiziente Energietechnologien sind notwendige Voraussetzung für eine langfristige, sichere, wirtschaftliche sowie klima- und umweltverträgliche Energieversorgung. Um den Transfer dieser Technologien in die Anwendungspraxis zu beschleunigen, hat die Bundesregierung im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms neue Projektformen wie die Reallabore der Energiewende oder die Wasserstoffleitprojekte geschaffen. Zudem wurde mit Blick auf die zentrale Rolle von Wasserstoff in der künftigen Energieversorgung das Forschungsfeld der Wasserstofftechnologien weiter ausgeweitet. Neben Forschungseinrichtungen werden insbesondere Unternehmen gefördert, die in Energieforschung und Innovation investieren.

FRAGE ECKSTEIN: Herr Hebestreit, wie viele Bundeswehrsoldatinnen und soldaten sollen an der Mission in Bosnien-Herzegowina teilnehmen?

STS HEBESTREIT: Die Mandatsobergrenze ist auf 50 angelegt.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Wann soll es losgehen

STS HEBESTREIT: Erst einmal muss es der Bundestag beschließen. Dann so schnell wie möglich. Das Mandat ist bis zum 30. Juni nächsten Jahres befristet. In der Regel dauert so etwas ein Jahr. Insofern gehe ich davon aus, dass wir das noch vor der Sommerpause beschließen.

FRAGE JORDANS: Ich weiß nicht, ob Sie oder ob das BMVg das beantworten kann. Die Zahl von 50 ist ja relativ niedrig für Bundeswehrmissionen. Warum werden nur 50 gebraucht, und welche Rolle werden sie erfüllen?

HELMBOLD: Herr Jordans, erst einmal vielen Dank für die Frage. Ich beginne mit den Aufgaben, die vor Ort wahrgenommen werden sollen. Es wird erst einmal mit einer Zahl begonnen, die noch nicht einmal bei 50, sondern etwas darunter liegen wird. Zwei wesentliche Aufgaben werden wahrgenommen. Die eine ist: Einzelpersonal im Hauptquartier der Operation in Sarajewo. Zusätzlich gibt es noch zwei Beobachtungs- und Verbindungsteams, die im Land wirken werden. Das sind immer Teams, die in Städten oder Ortschaften sozusagen Auge und Ohr für die Mission sind, die auch gleichzeitig leicht bewaffnet vor Ort sind und für den Fall, dass es dort etwas gibt, was gegebenenfalls Anlass ist, um noch weitere Kräfte nachzuziehen, dann rechtzeitig vorhanden sind und gleichzeitig dann verstärkt werden können. Das ist insgesamt ein bewährtes Prinzip. Die Bundeswehr hat das auch in der Vergangenheit bereits gemacht. Das bedeutet, insgesamt mag der Ansatz klein wirken, aber wir sind dort in einer internationalen Gemeinschaft. Wir machen das mit anderen zusammen, und diese Gemeinsamkeit hat in der Vergangenheit getragen, und das wird sie auch in Zukunft.

FRAGE JESSEN: Herr Helmbold, der NATO-Generalsekretär hat am Wochenende sein Wording im Ukrainekonflikt insofern erweitert, als er sagte, der Westen, auch die NATO, werde weiterhin die Ukraine unterstützen, aber es müsse klar sein, dass für einen Frieden die Ukraine auch Zugeständnisse an Russland machen würde, auch territoriale. Das ist ein neuer Klang.

Ist das auch die Auffassung der Bundesregierung?

HELMBOLD: Ich würde die Frage erst einmal an das Auswärtige Amt weitergeben.

STS HEBESTREIT: Nein, das kann ich klar sagen. Der Bundeskanzler hat das ja mehrfach formuliert. Er sagt: Die Ukraine entscheidet selbst und eigenständig, welche Lösung sie in dem Konflikt mit Russland anstrebt. Da ist niemand, der von der Seitenlinie Tipps gibt. Es liegt einzig und allein bei den Ukrainerinnen und Ukrainern, dem Präsidenten, dem dortigen Parlament, der Öffentlichkeit, zu akzeptieren oder zu fordern, was sie für einen gangbaren Weg halten. Dabei werden keine Forderungen von anderer Seite erhoben.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Heißt das also, dass die Bundesregierung und der Kanzler diesen, so will ich einmal sagen, dezenten Wink, den Herr Stoltenberg gegeben hat, auch, so meine ich, mit dem Hinweis darauf, dass es auch eine Art Kriegsmüdigkeit im Westen bei den Unterstützernationen geben könne, ausdrücklich nicht teilen?

STS HEBESTREIT: Der Bundeskanzler und auch die Bundesregierung haben ihre Haltung dazu mehrfach dargelegt. Ich habe sie jetzt zweimal genannt. Ersparen Sie mir ein drittes Mal!

FRAGE JUNG: Herr Helmbold, die Ministerin war ja zu Besuch im Zentrum Cyber-Operationen. Ich habe eine Frage zum Thema offensiven Hackings. Jede Operation, die das Eindringen in fremde Netze erfordert, muss von der Leitung, also von der Ministerin bzw. von der Ebene der Staatssekretäre, genehmigt werden.

Wie oft ist das schon passiert?

HELMBOLD: Die Antwort müsste ich gegebenenfalls nachliefern.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ist das also nicht geheim?

HELMBOLD: Das kann ich im Moment nicht sagen. Wenn es etwas nachzuliefern gibt, dann werden wir es tun.

VORS. WOLF: Der Kollege Heller fragt: Welche Konsequenzen hat es, wenn Gesundheitsminister Lauterbach inzwischen von der laufenden Corona-Sommerwelle spricht? Sind irgendwelche Beschränkungen in Sicht? Ist eine Neuauflage der Impfkampagne angedacht?

GÜLDE: In der Tat sehen wir zurzeit, dass die Inzidenzen steigen. Sie steigen deutlich. Deswegen hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach zusätzliche Impfungen für diejenigen empfohlen, für die die vierte Auffrischungsimpfung tatsächlich empfohlen wird, und außerdem zur Vorsicht gemahnt. Zum einen geht es darum, dass jede und jeder Einzelne die Dinge tatsächlich auch selbst in der Hand hat, beispielsweise das Tragen medizinischer Masken im Innenraum, aber natürlich unter Umständen auch notwendige Kontaktbeschränkungen vorzunehmen.

Ich darf vielleicht ganz kurz aus einem Statement des Ministers für die „Rheinische Post“ zitieren: Die angekündigte Sommerwelle ist leider Realität geworden. Das bedeutet auch für die nächsten Wochen wenig Entspannung. Weil die aktuelle Virusvariante sehr leicht übertragbar ist und weil fast alle Vorsichtsmaßnahmen ausgelaufen sind, verpufft in diesem Jahr der Sommereffekt in der Pandemie. Älteren und Vorerkrankten empfehle ich daher dringend, sich noch einmal impfen zu lassen. Das verhindert nicht unbedingt eine Infektion, aber es verhindert schwere Krankheitsverläufe.

Darüber hinaus das hatte ich bereits am Montag deutlich gemacht sind wir auch in den Vorbereitungen auf den Herbst. Dazu finden Gespräche statt. Darüber hinaus gibt es hinsichtlich irgendwelcher zusätzlicher Beschränkungen jetzt aber von uns noch keine neueren Dinge, die wir verkünden könnten.

VORS. WOLF: Sie waren auch angesprochen, Herr Hebestreit. Wollen Sie ergänzen?

STS HEBESTREIT: Dem muss ich nichts hinzufügen.

FRAGE HOENIG: Ende Juni laufen die kostenlosen Bürgertests aus. Inwieweit ist der Minister, wenn er jetzt diese Sommerwelle rollen sieht, dafür, dass das Angebot dieser kostenlosen Bürgertests über Ende Juni hinaus verlängert wird?

GÜLDE: Vielleicht einmal grundsätzlich: Bürgertests helfen, das aktuelle Pandemiegeschehen zum einen zu erfassen und tatsächlich zu überblicken, und zwar besser, als dies eine „surveillance“ tun kann, weil das tatsächlich eine aktuelle Momentaufnahme ist und nicht erst im Nachhinein das Pandemiegeschehen erfasst. Zum anderen helfen diese Bürgertests auch, das Pandemiegeschehen einzudämmen. Wer früh erfährt, dass er sich infiziert hat, der steckt natürlich auch weniger Menschen an.

Insofern setzen wir uns für eine Anschlussregelung ein. Wie sie konkret aussehen kann, ist zurzeit noch Gegenstand laufender Gespräche.

ZUSATZFRAGE HOENIG: Sie sprechen von einer Anschlussregelung. Bedeutet das, dass Sie dafür sind, dass es über Ende Juni hinaus kostenlose Bürgertests gibt? Bis wann? Bis in den Herbst hinein? Bis in den Winter? Bis in das nächste Frühjahr?

GÜLDE: Nochmal: Das ist zurzeit Gegenstand laufender Gespräche. Zu konkreten Einzelheiten kann ich hier noch nichts sagen.

FRAGE JORDANS: Ebenfalls zu Tests: Für viele Menschen ist es inzwischen sehr schwierig, an PCR-Tests zu kommen. Sie werden von Arztpraxen abgewiesen oder dürfen gar nicht erst dorthin. Versucht das BMG dafür eine Lösung zu finden? Denn wenn keine positiven PCR-Tests mehr gemeldet werden und die Menschen trotzdem krank sind, dann birgt das ja das Risiko, dass es zu einer starken Untererfassung von neuen Fällen kommt.

GÜLDE: Die Anspruchsberechtigungen auf einen PCR-Test sind klar beschrieben. Auch ich kenne tatsächlich solche Einzelberichte. Ein flächendeckendes Problem, dass es keine Möglichkeit gäbe, sich mit einem PCR-Test testen zu lassen, ist mir nicht bekannt. Insofern kann ich zu dem Umfang einer möglichen Untererfassung aufgrund einer nicht erfolgten Testung nichts sagen.

Es ist natürlich auch nicht auszuschließen, Herr Jordans, dass sich Menschen, die von einer Infektion beispielsweise durch einen Selbsttest wissen, von sich aus isolieren und dann im Weiteren keine PCR-Testung veranlassen. In dem Fall da haben Sie recht findet dann eine Untererfassung statt, weil dieser Test dann natürlich nicht gemeldet wird.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Versuchen Sie denn zumindest, herauszufinden, beispielsweise über das Robert-Koch-Institut, ob es eine größere Untererfassung gibt?

GÜLDE: Das ist tatsächlich Gegenstand der fortlaufenden Untersuchungen seitens des Robert-Koch-Instituts. Sie erinnern sich möglicherweise daran, dass sich das RKI im vergangenen Jahr mehrfach zu einer möglichen Untererfassung und auch dem möglichen Raum dieser Untererfassung, also der Frage, wie groß diese Untererfassung ist, geäußert hat. Zur aktuellen Zahl kann ich Ihnen jetzt aber keine Angaben machen. Gegebenenfalls kann ich das aber nachreichen.

VORS. WOLF: Ich setze mit einer digitalen Frage zu dem Themenkomplex von Griechenland und der Türkei fort, die sich vermutlich an Herrn Wagner richtet. Die Kollegin Karaviti von der Athener Nachrichtenagentur fragt: Gestern hat in Berlin ein Highleveltreffen zum bevorstehenden NATO-Gipfel stattgefunden. Vertreter verschiedenster Länder waren dabei. Laut Mitteilung des türkischen Präsidialamtes hat die Türkei auf diesem Treffen auch die Entwicklung in der Ägäis und im Mittelmeer zur Sprache gebracht und betont, dass Zitat die Türkei keine Kompromisse bezüglich ihrer Rechte in der Ägäis und im Mittelmeer eingehen werde. Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu? Plant die Bundesregierung wie in der jüngeren Vergangenheit eine Vermittlungsinitiative zwischen Griechenland und der Türkei?

WAGNER: Wir haben uns dazu ja schon mehrfach eingelassen. Grundsätzlich kann ich noch einmal sagen, dass wir die Aussagen, die in den letzten Tagen und Wochen getätigt worden sind, natürlich zur Kenntnis genommen haben und dass sie einem konstruktiven Dialog und der Stabilität in der Region nicht zuträglich sind. Insbesondere die aggressive Rhetorik sowie die türkische Verletzung des Luftraums von Griechenland geben Anlass zur Sorge. Die Bundesregierung setzt sich natürlich zusammen mit den Partnern intensiv für Dialog und Deeskalation im östlichen Mittelmeer ein. Das hatten wir in dem Abflugstatement vor Abreise der Bundesaußenministerin der Griechenlandteil ist ja leider der Coronainfektion zum Opfer gefallen auch noch einmal deutlich gemacht.

VORS. WOLF: Ich bleibe bei dem erweiterten Themenkomplex. Die Kollegin Kyranoudi von der griechischen Redaktion der Deutschen Welle bezieht sich auf Berichte griechischer und türkischer Medien, wonach gestern ein Besuch des Vertreters der türkischen Präsidentschaft, Herrn Kalıns, in Berlin stattgefunden habe, und fragt: Welche Themen wurden dabei besprochen? Wie kommentiert die Bundesregierung das anhaltende Beharren der türkischen Regierung auf der Verteidigung ihrer Hoheitsrechte in der Ägäis? Das schließt sich jetzt an, aber vielleicht können Sie auf die Themen des Treffens eingehen.

WAGNER: Dazu habe ich keine Details und würde auf das verweisen, was ich eben grundsätzlich zur Einlassung gesagt habe.

FRAGE BAŞAY: Wie ordnet die Bundesregierung die Militarisierung der griechischen Inseln ein?

WAGNER: Dazu habe ich mich eben eingelassen. Da es jetzt so viele Nachfragen gibt, kann ich das Abreisestatement der Außenministerin vom 6. Juni zitieren, in dem sie gesagt hat, dass Griechenland eine wichtige Rolle spiele, wenn es um die Sicherheit im Mittelmeerraum gehe. „In einer Zeit, in der Europas Sicherheitsordnung grundlegend von Präsident Putin infrage gestellt wird, müssen wir als NATO-Verbündete und europäische Partner geschlossen und einig zusammenstehen.“ Anschließend an das, was ich eben schon ausgeführt habe, heißt es darin weiter: „Dabei gilt es, Probleme in Gesprächen zu lösen, nicht durch die Eskalation von Spannungen.“

FRAGE JUNG: An das Auswärtige Amt: Human Rights Watch hat gestern auf den 15. Jahrestag der Abriegelung Gazas hingewiesen und führt auch aus, warum aus seiner Sicht mit Blick auf Gaza von einem Freiluftgefängnis zu sprechen ist. Da Gaza nach internationalem Recht weiterhin als von Israel besetzt gilt, würde mich interessieren: Wie setzt sich die Bundesregierung aktuell für das Ende der Blockade Gazas ein? Was machen Sie eigentlich anders als vorherige Bundesregierungen?

WAGNER: Ich kenne den spezifischen Bericht von Human Rights Watch nicht, aber Sie wissen ja, dass wir das habe ich hier auch schon mehrfach betont natürlich alle Berichte zur Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten ernst nehmen und diese auch fortlaufend in unseren Gesprächen mit den Partnern vor Ort thematisieren.

ZUSATZFRAGE JUNG: Ich habe mich jetzt aber nicht auf den Bericht bezogen, sondern gefragt, was Sie tun. Sie sind ja auch gegen diese Blockade in Gaza. Was tun Sie bei den Israelis, um die Blockade zu beenden? Was sind Ihre Handlungen?

WAGNER: Auf Ihre Rückfragen hin durfte ich hier schon öfter ausführen, dass wir mit der israelischen Regierung solche Berichte und spezifisch auch die Anwendbarkeit humanitären Völkerrechts auf die besetzten palästinensischen Gebiete und die Völkerrechtswidrigkeit von Siedlungen besprechen und immer wieder thematisieren. Das tun wir.

FRAGE KOCK: Herr Hebestreit, ich will es noch einmal versuchen: Morgen ist Donnerstag. Können Sie vielleicht schon sagen, ob der Bundeskanzler morgen eventuell doch nach Kiew reist ja, nein, vielleicht?

STS HEBESTREIT: Herr Kock, ich kann Ihnen bestätigen, dass morgen Donnerstag ist, und ich gehe fest davon aus, dass übermorgen Freitag sein wird. Ansonsten habe ich keinen neuen Stand in dieser Angelegenheit.

ZUSATZ KOCK: Vielen Dank für die Antwort.

STS HEBESTREIT: Vielen Dank für die Frage.

FRAGE JORDANS: Was macht der Bundeskanzler morgen denn, Herr Hebestreit?

STS HEBESTREIT: Herr Jordans, wir haben ja eine gute Tradition hier, dass wir die öffentlichen Termine des Bundeskanzlers, die wir für mitteilungswürdig halten, hier mitteilen. Das passiert immer am Freitag der Vorwoche. Insofern können Sie das sehen, und mehr habe ich hierzu nicht mitzuteilen.

ZUSATZFRAGE JORDANS: Also keine öffentlichen Termine morgen oder Freitag?

STS HEBESTREIT: Alle Termine, von denen ich hier sprechen kann, habe ich Ihnen mitgeteilt.

FRAGE DIEKMANN: Herr Hebestreit, was sagen Sie zu der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der AfD durch die Äußerung der damaligen Kanzlerin Merkel in Südafrika ein Nachteil entstanden ist? Wie bewerten Sie das?

STS HEBESTREIT: Erst einmal nehmen wir das Urteil natürlich zur Kenntnis, wie sich das gehört. Dann gehört es sich auch, dass die Bundesregierung Urteile des Verfassungsgerichtes nicht weiter kommentiert. Wir prüfen das jetzt, auch auf etwaige Auswirkungen, die das ja auch für Künftiges haben kann. Ansonsten habe ich aber keine weiteren Mitteilungen dazu.

ZUSATZFRAGE DIEKMANN: Das wäre meine Anschlussfrage: Was bedeutet das denn in Zukunft für Regierungschefs, wenn sie sich parteipolitisch einlassen wollen?

STS HEBESTREIT: Erst einmal haben wir jetzt ein Urteil. Das ist umfänglich, das muss ausgewertet werden, und dann müssen die von Ihnen berechtigt aufgeworfenen Fragen beantwortet werden. Das kann ich aber nicht mit einem Vorlauf von einer halben Stunde oder einer Dreiviertelstunde und aus der Lamäng heraus. Das ist aber eben genau das, was man jetzt prüfen muss. Grundsätzlich gilt natürlich immer ein Gebot der Zurückhaltung der Bundesregierung und der Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung, was parteipolitische Themen angeht. Wo da die Linie verläuft, das ist jetzt im Moment der Streit.

FRAGE RATZ: An das Verkehrsministerium: Herr Alexandrin, es gab heute Vormittag offenbar ein Treffes des Ministers mit Vertretern der Luftfahrtbranche zu dem befürchteten Chaos, kann man vielleicht sagen, zur Sommerreisezeit. Mich würde interessieren, was bei dem Gespräch herausgekommen ist.

ALEXANDRIN: Vielen Dank für die Frage. Wie ich diese Woche bereits gesagt habe, ist die Lage im Luftverkehr äußerst angespannt. Während der letzten zwei Jahre kam es eben im Zusammenhang mit der Coronapandemie zu einem extremen Weggang der Mitarbeiter bei allen Systempartnern im Luftverkehrsbereich. Aktuell gehen die Branchenvertreter von einem Defizit von rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Gleichzeitig haben wir nach der Wiederaufnahme des Luftverkehrs deutliche Steigerungsraten im Luftverkehr, sodass jetzt an verschiedenen Stellen Engpässe bestehen, die zu langen Wartezeiten und teils auch Streichungen von Flügen führen.

Bundesminister Wissing hat sich darum heute mit den Vertretern der Branche darüber ausgetauscht, wie den Problemen am besten begegnet werden kann, insbesondere wie kurzfristig Personal gewonnen werden kann. Die Branche hat bereits einige Maßnahmen ergriffen und arbeitet unter Hochdruck daran, die Personalengpässe zu lösen. Die Bundesregierung wird eine ressortübergreifende Koordinierungsgruppe auf Staatssekretärsebene einrichten, um mögliche Maßnahmen zur kurzfristigen Abhilfe in dieser Situation zu erörtern.

Gleichzeitig ist das Ganze, wie Sie der Berichterstattung wahrscheinlich auch entnommen haben, kein rein deutsches Problem, sondern wir sehen diese Problematik überall an europäischen Flughäfen. Darum sind wir sehr froh, dass sich auch die Europäische Kommission dieser Herausforderung angenommen hat und heute angekündigt hat, in den nächsten Tagen ebenfalls zu einem Austausch mit den Mitgliedstaaten und der Industrie einzuladen.

ZUSATZFRAGE RATZ: Vielleicht auch an das Innenministerium und das Arbeitsministerium: Es gibt aus der Branche Pläne bzw. Forderungen, die 2000 fehlenden Arbeiter es sind meist Arbeiter im Vorfeld aus der Türkei zu akquirieren. Da würde mich interessieren: Ist das realistisch, auch angesichts der erforderlichen Sicherheitskontrollen, die man bei diesen Mitarbeitern durchführen muss?

LAWRENZ: Zu der konkreten Forderung, die Sie ansprechen, kann ich Ihnen aktuell keinen Sachstand mitteilen.

PRÜHL: Für das Arbeitsministerium bin ich bezogen auf diese konkrete Forderung eigentlich auch die verkehrte Ansprechpartnerin, weil wir ja erst einmal nur im deutschen Arbeitsrecht und für EU-Ausländer bestimmte arbeitsrechtliche Regelungen haben. Bei der Türkei handelt es sich um einen Drittstaat, und damit sind wir sofort wieder bei aufenthaltsrechtlichen Fragen, die dann beim BMI liegen.

STS HEBESTREIT: Vielleicht kann ich noch an einer Stelle etwas ergänzen: Herr Ratz hat ja schon richtigerweise darauf hingewiesen, dass das ein sensibler, ein sicherheitsrelevanter Bereich ist und dass es deswegen nicht nur um aufenthaltsrechtliche Fragen geht, sondern jeder dieser Beschäftigten ob er nun aus Deutschland oder aus dem EU-Ausland stammt diese Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen muss. Klar ist auch das haben Sie ja auch gesehen , dass es in erster Linie kein Problem der Politik oder des Bundes ist; vielmehr sind es privatrechtliche Firmen, die dort tätig sind. Es fehlt jetzt also nicht an Bundespolizisten, die dort nicht kontrollieren würden oder die Koffer nicht einladen oder ausladen würden, sondern das ist privatrechtlich geregelt. Trotzdem bemühen wir uns nach Kräften auch mit dem Staatssekretärsausschuss , da jetzt eine Lösung zu finden, aber einfach wird das nicht.

FRAGE ECKSTEIN: Herr Alexandrin, habe ich Sie und Herrn Hebestreit gerade richtig verstanden, dass es bei diesem Treffen nicht nur darum ging, dass sich der Verkehrsminister informiert hat, sondern auch darum, wie der Bund konkret helfen kann, die Situation an den Flughäfen gegebenenfalls zu verbessern?

ALEXANDRIN: Richtig. Wie Sie der Darstellung entnehmen konnten, sind es sehr verschiedene Problematiken oder Herausforderungen, vor denen wir hier momentan stehen. Zum einen ist es eben dieser besondere Personalsituation bzw. der Personalmangel, und zum anderen sind es eben organisatorische Sachen. Die Systempartner sind hier eben dabei, selbstständig Maßnahmen zu ergreifen, und die Bundesregierung wird, wo sie kann, eben mithilfe des angesprochenen Staatssekretärsausschusses klären, wie man weiter unterstützen kann.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Es gibt ja den Vorwurf, dass viele der Unternehmen zu viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen hätten. Wie wollen Sie sicherstellen, dass der Bund hier jetzt nicht wieder Fehler von Unternehmen finanziell ausbügelt?

ALEXANDRIN: Ich glaube, das ist einen Schritt zu weit gedacht. Wir sind momentan dabei zu eruieren, wie wir hier systemisch helfen können. Zum einen sind das ganz klare Abläufe. Beispielsweise prüfen die Airlines, wie sie die Engpässe oder die Flaschenhälse an den Sicherheitskontrollen besser über den Tag verteilen können, indem beispielsweise Vortags-Check-ins kostengünstiger oder kostenlos erledigt werden, und wie man die Ströme an den Flughäfen anders managen kann. Das sind systemische Sachen und um die geht es gerade.

FRAGE HOENIG: Herr Alexandrin, Sie haben den Staatssekretärsausschuss angesprochen und von möglichen Maßnahmen gesprochen. Ich habe das noch nicht verstanden: Welche Maßnahmen wären denn seitens des Bundes möglich?

ALEXANDRIN: Wir haben hier gerade ja zwei Thematiken angesprochen. Bei der einen geht es eben um arbeitsrechtliche Fragen; bei der anderen geht es um die Organisation der Sicherheitskontrollen an den Flughäfen. Hier stimmen wir uns eben ressortübergreifend ab.

STS HEBESTREIT: Aber vielleicht muss man dazusagen: Der Staatssekretärsausschuss wird jetzt geschaffen und dann wird genau das, was Sie nachfragen was gibt es da an Lösungen? miteinander diskutiert und gesucht. Es ist also nicht so, dass man einen Staatssekretärsausschuss gründet und gleich die Lösung mit dabei hat, denn dann könnte man sich den Spaß sparen.

VORS. WOLF: Herr Kuhn vom Deutschlandradio fragt an das BMI gerichtet: Inwiefern gibt es bei der Bundespolizei noch Kapazitäten, private Dienstleister bei der Passagiersicherheitskontrolle zu unterstützen?

LAWRENZ: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir die Gelegenheit, einen Aspekt der Probleme, die die Luftfahrtbranche momentan zu bewältigen hat, einmal klarzustellen: Das ist der Aspekt der Sicherheitskontrollen. Die Kontrolle von Passagieren und ihrem Gepäck wird nach dem Luftsicherheitsgesetz an zwölf deutschen Flughäfen von privaten Luftsicherheitsdienstleistern im Auftrag der Bundespolizei durchgeführt. An den weiteren, eher kleineren Regionalverkehrsflughäfen erfolgt dies durch private Luftsicherheitsdienstleister im Auftrag der Länder. Momentan kommt es, wie Sie alle das den Medienberichten entnehmen können, an einzelnen Flughäfen zu Wartezeiten. Überlastungssituationen bei Luftsicherheitskontrollen treten typischerweise zu Zeiten besonders hohen Passagierandrangs auf.

Die Frage, die da häufig mit im Raum steht, ist die Frage, wie man künftig die Aufgabenwahrnehmung an den Sicherheitskontrollen ausgestaltet. Das ist auch Gegenstand laufender Überlegungen in der Bundesregierung. Momentan schöpfen wir da aber alle Möglichkeiten aus, um die privaten Sicherheitsdienstleister bei ihrer Arbeit zu unterstützen.

VORS. WOLF: Dann nehme ich die Frage noch einmal auf: Inwiefern hätte die Bundespolizei Kapazitäten dafür?

LAWRENZ: Wichtig ist vielleicht noch einmal der Hinweis, dass es nicht Aufgabe der Bundespolizei als solcher ist, diese Sicherheitskontrollen durchzuführen. Die Sicherheitsdienstleister führen das in eigener Zuständigkeit im Auftrag der Bundespolizei durch. Diese Sicherheitsdienstleister, die die Kontrollen machen, sind dafür besonders befähigt und haben dafür auch eine eigene Sicherheitsüberprüfung durchlaufen.

FRAGE PREUSS: Vor dem Hintergrund von Medienberichten, dass das KfW-Programm „EH40 Nachhaltigkeit“, also das Bauförderprogramm, nach zwei Monaten Laufzeit bereits zu mehr als der Hälfte ausgeschöpft ist, aber bis Ende des Jahres laufen soll, möchte ich das BMWK fragen: Inwiefern können Sie sicherstellen, dass dieses Programm bis Ende des Jahres finanziert ist und ein abrupter Abbruch, wie wir ihn im Januar gesehen haben, vermieden werden kann?

DR. BARON: Der Haushalt 2022 wurde beschlossen, sodass das Verfahren der vorläufigen Haushaltsführung in den nächsten Tagen sicherlich aufgehoben werden wird; aber aktuell sind wir noch im Verfahren der vorläufigen Haushaltsführung. Da ist es so, dass für das Programm „Effizienzhaus 40 Nachhaltigkeit“, das Sie ansprechen, im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung aktuell 300 Millionen Euro für 2022 zur Verfügung stehen. Es ist richtig, dass bereits Anträge mit einem Volumen von 165 Millionen Euro gestellt wurden. Alles Weitere muss sozusagen im Rahmen des endgültigen Haushalts geklärt werden.

Parallel laufen ja auch die Haushaltsverhandlungen für 2023, sodass ich dem jetzt nicht vorgreifen kann. Da laufen auch noch die Verhandlungen rund um das Thema Gebäudeförderung. Ich wiederhole: Im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung sind es die 300 Millionen Euro für 2022.

ZUSATZFRAGE PREUSS: Gibt es denn eine Vorstellung im BMWK, welche Summe voraussichtlich bis Ende des Jahres erforderlich wäre?

DR. BARON: Das kann ich Ihnen nicht beziffern. Wir hatten hier aber schon einmal ausgeführt, dass das Programm „Effizienzhaus 40 Nachhaltigkeit“ bisher für das Jahr 2022 sozusagen eine Zwischenstufe im Bereich der Neubauförderung ist es ist das einzige Neubauförderprogramm, das es aktuell gibt , um dann ab 2023 die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude noch einmal komplett auf neue Füße zu stellen und zu überarbeiten. In dieser Zwischenstufe sind die Kriterien für dieses Nachhaltigkeitsprogramm deutlich höher, deutlich stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichtet; es muss eben das „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ nachgewiesen werden, was eine deutlich klarere und strengere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit bedeutet als beim Vorläuferprogramm, bei dem wir die sehr hohen Abrufzahlen gesehen hatten.

FRAGE NIENABER: Herr Hebestreit, inwieweit teilt der Bundeskanzler die Einschätzung von Wirtschaftsminister Habeck, dass die seit gestern festgestellte Drosselung der Gaslieferungen durch Nord Stream 1 politisch motiviert ist? Falls er diese Einschätzung teilt: Hat diese politische Motivation aus dem Kreml vielleicht mit dem für morgen anstehenden Besuch des Kanzlers in Kiew zusammenhängt?

STS HEBESTREIT: Der zweite Teil wäre reine Spekulation, deswegen möchte ich mich daran nicht beteiligen. Zumindest nach Informationen, die der Bundesregierung vorliegen, liegt der Schluss nahe, den der Bundeswirtschaftsminister getätigt hat, und insofern habe ich dem nichts hinzuzufügen.

ZUSATZFRAGE NIENABER: Kanzler Scholz teilt also die Einschätzung, dass es politisch motiviert ist?

STS HEBESTREIT: Kanzler Scholz folgt in dieser Frage und in allen anderen der Einschätzung des zuständigen Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz.

FRAGE DIEKMANN: Ich habe eine Frage an das BMDV und an das Kanzleramt: Es gibt Medienberichte, wonach nach zwei Monaten Erarbeitungszeit jetzt ein Papier aus dem Kanzleramt vorliegt, das de facto bedeutet, dass das Budget für die Digitalstrategie bzw. für das große Themenfeld Digitalisierung aufgeteilt wird und dass der Komplex Digitalisierung aufgeteilt wird und der Kanzleramtschef quasi als Instanz etabliert wird. Das wird als eine Teilentmachtung des Ministers bewertet. Mich würde interessieren, wie das zu dem ehrgeizigen Vorhaben dieser Bundesregierung passt, es besser zu machen als etliche Bundesregierungen vorher.

STS HEBESTREIT: Frau Diekmann, da erwischen Sie mich komplett auf dem falschen Fuß. Ich habe davon noch nicht einmal etwas gehört, und ich würde mich auch wundern, wenn ein Minister durch den Kanzleramtsminister entmachtet würde. Die Bundesregierung arbeitet eng und vertrauensvoll zusammen. Ich weiß, dass es die Fragen gab, wie man die Digitalisierung, die in der vorherigen Administration in Teilen im Kanzleramt angesiedelt war, jetzt überführt. Ich mache mich aber gerne schlau und komme dann gerne noch einmal auf Sie zu.

ZUSATZFRAGE DIEKMANN: Dann hoffe ich auf die Antwort des Ministeriums und dass man da mehr weiß, freue mich aber auch schon darauf, dass Sie es nachreichen vielen Dank.

ALEXANDRIN: Gerne. Grundsätzlich ist der Sachverhalt ja nicht neu, sondern es war von Anfang an klar, dass das Thema Digitalisierung auch innerhalb der Bundesregierung ein Querschnittsthema ist. Wir engagieren uns da als Ministerium gerne als Taktgeber der Bundesregierung in der Digitalpolitik. Die konkreten fachlichen Zuständigkeiten bleiben aber dort, wo die Ressorts für den jeweiligen Politikbereich zuständig sind. Das war von Anfang an ganz klar kommuniziert; deswegen ist mir der Bruch, den Sie jetzt machen, nicht ganz verständlich.

ZUSATZFRAGE DIEKMANN: Dann habe ich es vielleicht nicht deutlich genug ausgedrückt. Diesem Papier zufolge ist das Mitspracherecht ich nenne das jetzt einmal so des Kanzleramtsministers relativ neu. Das würde ja die Definition von Taktgeber doch ein bisschen infrage stellen, oder?

ALEXANDRIN: Das denke ich nicht, weil hier von Anfang an eine ganz klare Linie da war. Es geht hier, glaube ich, auch nicht darum, dass man jemandem irgendetwas wegnimmt, sondern es war von Anfang an sehr klar ausgemacht, dass das BMDV in der Digitalpolitik selbstverständlich ein Taktgeber ist, dass Digitalisierung aber selbstverständlich auch in allen einzelnen Ressorts und in allen Fachthemen vertreten und gelebt werden muss. Dementsprechend sind dort auch die Verantwortungen wiederzufinden.

FRAGE KÜFNER: Ich habe noch eine Frage zu der Feststellung der politischen Motivation hinter der Reduzierung der Gasmenge in Nord Stream 1: Ist das etwas, was die Bundesregierung einfach zur Kenntnis nimmt, oder hat das irgendeine Konsequenz? Gibt es irgendeine neue Qualität dadurch, dass bei dieser doch wirklich herausragend bedeutenden Pipeline jetzt eine Reduzierung der Gasmenge vorliegt?

Herr Hebestreit, wie hat der Bundeskanzler auf den Vorwurf von Wolodymyr Selensky reagiert, dass es einen Spagat zwischen der deutschen Politik gegenüber der Ukraine und der deutschen Politik gegenüber Russland gibt?

STS HEBESTREIT: Zu Nord Stream kann vielleicht erst einmal das Wirtschaftsministerium antworten, und dann komme ich zu dem anderen Thema.

DR. BARON: Der Minister hat sich hier in der vorhergehenden Pressekonferenz ja dazu geäußert. Wir sind mit der Bundesnetzagentur natürlich dabei zu versuchen, den Sachverhalt näher zu erörtern. Ob uns das weiter gelingt, weiß ich nicht. Es ist aber so, dass es die Meldungen zu Siemens und den Gasturbinen gab. Siemens hat seinerseits auch bestätigt, dass es da eine Lieferung aus Kanada gibt, die noch nicht eingetroffen ist. Ob es aber einen Kausalzusammenhang zwischen dieser Gasturbine und der großen Menge an Lieferreduzierung gibt, ist nach unseren Informationen eben nicht verifizierbar. Das ist dann eben die Schlussfolgerung, die der Minister gezogen hat.

Wie gesagt, wir sind weiter dabei, den Sachverhalt zu prüfen, und vor allem auch die Bundesnetzagentur ist da im Austausch. Wir sehen heute im Markt, dass es erste Rückgänge von Lieferungen gibt, die die Unternehmen aber anderweitig am Markt beschaffen können, sodass die Versorgungssicherheit aktuell weiter gewährleistet ist.

Bezüglich des Punktes mit Kanada besteht bereits ein Austausch mit Kanada, um die Fragen, die da im Raum sind, zu klären. Nach unseren Informationen auch das hat der Minister dargelegt geht es dabei eben um die Lieferung von Gasturbinen zu Reparatureinsätzen. Nach unseren Informationen sind diese Reparatureinsätze aber für den Herbst angedacht.

Das sind die Sachverhaltsinformationen, die wir kennen und aktuell haben.

STS HEBESTREIT: Dann vielleicht noch zu dem Teil, den Sie mich gefragt haben: Die Bundesregierung steht ganz eng an der Seite der Ukraine; daran hat sie nie einen Zweifel entstehen lassen. Am 24. Februar hat der Bundeskanzler sich in einer TV-Ansprache dazu geäußert. Es gab eine Regierungserklärung am 27. und seitdem viele, viele Wortmeldungen; das ist klar. Daher kann man, glaube ich, nicht in Zweifel ziehen, wo er steht und wo die Bundesregierung steht. Die Unterstützung für die Ukraine ist mannigfaltig finanziell, humanitär und auch mit militärischen Gütern.

FRAGE HOENIG: Zum Thema Nord Stream: Frau Baron, inwieweit wird es denn schwieriger und teurer, die Gasspeicher aufzufüllen, wenn Nord Stream jetzt gedrosselt ist?

DR. BARON: Das ist natürlich eine Frage, die wir uns in den nächsten Tagen anschauen müssen. Nach heutigem Stand wird noch weiter eingespeichert und liegen die Gasspeicherstände bei rund 56 Prozent. Aber natürlich müssen wir das in den nächsten Tagen weiter genau beobachten. Die Anstrengungen an dieser Stelle werden nicht geringer, das ist richtig.

VORS. WOLF: Ich mache mit einer Frage von Herrn Vollradt von der „Jungen Freiheit“ weiter, die sich an Sie, Herr Hebestreit, richtet: Die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, Frau Zupke, fordert unter anderem, dass 2023 zum 70. Jahrestag des Volksaufstands in der DDR endlich der Grundstein des Denkmals für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft gelegt wird. Können Sie namens der Kulturbeauftragten mitteilen, in welchem Stadium sich die Realisierung befindet? Steht zumindest schon ein Standort fest?

STS HEBESTREIT: Ich habe hier eine relativ dicke Mappe mit Vorbereitungen für die Regierungspressekonferenz, aber dieses Thema ist in der Mappe nicht enthalten gewesen. Insofern würde ich bitten, dass wir uns bei Claudia Roth schlaumachen und das ihm dann zurückmelden dürfen.

FRAGE JESSEN: Ich habe eine Frage an das BMUV. Ich glaube, gestern hat das Ministerium als alleiniger Teilhaber der Bundesgesellschaft für Endlager den Auftrag erteilt, das Salzbergwerk Gorleben endgültig zu schließen und zu verfüllen. Ist das jetzt eigentlich immer noch ein technisches Nachbeben der ganzen Gorleben-Geschichte oder eine signifikante letzte Etappe? Welche Auswirkungen hat dieser Beschluss praktisch?

STOLZENBERG: Dass Gorleben geschlossen und stillgelegt wird, steht ja schon seit Längerem fest. Das ist jetzt im Prinzip die Abwicklung. Was auch feststeht, ist, dass Gorleben als Endlager eben nicht infrage kommt. Das steht schon viel länger fest. Insofern kann ich an der Stelle eigentlich nur noch auf unsere Pressemitteilung verweisen, die diese technische Abwicklung beschreibt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Dieser Beschluss, dieser Auftrag ist ja die Voraussetzung dafür, dass die Umsetzung der Schließung im physischen Sinne tatsächlich stattfinden kann. In welchem Zeitraum wird jetzt was passieren? Wann ist Gorleben also im Wortsinn dicht und geschlossen?

STOLZENBERG: Den ganz genauen Zeitplan muss ich nachliefern, sofern ich das kann. Aber das ist genau das, was jetzt passiert. Gorleben wird jetzt geschlossen und stillgelegt, sodass es tatsächlich an der Stelle keine weiteren Aktivitäten mehr gibt, außer diese Abwicklung.

FRAGE: Frau Baron, gestern gab es die Meldung, dass GAZPROM Germania von der Bundesregierung Milliardenkredite benötigt. Wofür wird das Geld konkret gebraucht?

Welche Pläne gibt es mit GAZPROM Germania darüber hinaus?

DR. BARON: Wir haben gestern in der Tat dazu gemeinsam in der Bundesregierung kommuniziert und haben mitgeteilt, dass die Treuhandschaft der GAZPROM Germania verlängert und auf neue rechtliche Füße gestellt wird, nämlich auf das Energiesicherungsgesetz. Dieses Gesetz erlaubt, es länger in Treuhandverwaltung zu haben.

Zum Zweiten wird es ein KfW-Darlehen geben, das nötig ist, um die Insolvenz zu vermeiden. Es war ja so, dass am 11. Mai 2022 Russland Sanktionen gegen die GAZPROM Germania und fast alle ihre Töchter verhängt hat, die dazu geführt haben, dass nicht mehr Gaslieferungen an die GAZPROM Germania erfolgen und Mittel am Markt beschafft werden müssen und dies natürlich zu höheren aktuellen Marktpreisen. Insofern dient das KfW-Darlehen der Sicherung der Liquidität der GAZPROM Germania bzw. der Securing Energy for Europe GmbH, wie der neue Name heißen wird, sowie der Sicherung von Kosten für Ersatzbeschaffung zu aktuellen Marktpreisen.

ZUSATZFRAGE: Gibt es Pläne darüber hinaus, wie es künftig mit diesem neuen Unternehmen weitergehen soll? Wie lange soll das in Treuhandverwaltung bleiben?
Gibt es schon eine Suche nach neuen Eigentümern?

DR. BARON: Das wird man sehen müssen. Erst einmal ist es in Bezug auf die Treuhandschaft wichtig, diese Möglichkeit zu haben und über die Treuhandschaft eben auch die Möglichkeit zu haben, die Hand auf diese wichtige kritische Infrastruktur zu haben, die dahintersteht. Dann muss weiter über das Energiesicherungsgesetz entschieden werden, das die Rechtsgrundlage für die Anordnung der neuen Treuhandverwaltung bildet. Es sieht vor, dass eine Treuhandverwaltung auf sechs Monate befristet, aber verlängerbar ist. Das ist auch der Unterschied zur aktuellen Rechtsgrundlage im Außenwirtschaftsrecht, wo sie nur einmalig sechs Monate erfolgen kann. Auf Basis des Energiesicherungsgesetztes muss eine Treuhandverwaltung immer auf sechs Monate angeordnet werden, kann dann aber auch mehrmals verlängert werden, sodass wir in den nächsten Monaten sehen und beobachten müssen, wie weiter vorgegangen werden kann.

VORS. WOLF: Die Kollegin Denker von der japanischen Tageszeitung „The Yomiuri Shimbun“ fragt zum G7-Gipfel: Die deutsche G7-Präsidentschaft hat Indonesien, Indien, Argentinien, Südafrika und Senegal als Gastländer eingeladen. Welche Bedeutung haben gerade diese Länder für die G7 in der aktuellen Situation? Sie fragt ganz speziell zu Argentinien und Südafrika.

STS HEBESTREIT: Der Bundeskanzler hat diese fünf Länder als Partnerländer dazu geladen, weil es große Demokratien mit eigenen Herausforderungen sind die G7 ist die Gruppe der vielleicht sieben wirtschaftlich stärksten Demokratien der Welt und man so weitere Demokratien an sich bindet, in denen man nicht in allen Fragen übereinstimmt, aber an die man sich annähern will. So ist dann die Wahl auf Indien, Indonesien, Südafrika – ein großes mächtiges Land , den Senegal als Vorsitzland der Afrikanischen Union und Argentinien, das im Augenblick den Vorsitz der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten innehat, gefallen.

FRAGE LEHMANN: Frau Prühl, es geht um Medienberichte, nach denen eventuell auf Hartz IV-Empfänger Rückzahlungen zukommen könnten. In Folge der Einführung des 9-Euro-Tickets sind die Kosten für die Schülermonatskarten gesunken. Die werden im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets von den Ländern übernommen. Mein Stand ist, dass die betreffenden Länder gebeten werden sollen, auf entsprechende Rückzahlungen zu verzichten. Können Sie das bestätigen?

Wenn die Länder dem nicht nachkommen ich glaube, es handelt sich um Thüringen, Bayern und Niedersachsen , würde eventuell eine gesetzliche Nachbesserung in Erwägung gezogen werden?

PRÜHL: Ich kann erst einmal bestätigen, dass es tatsächlich bedauerlicherweise eine unterschiedliche Rechtsauffassung zwischen Bund und Ländern gibt. Das BMAS hat sich frühzeitig dafür ausgesprochen, dass Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für die Schülerbeförderung trotz des 9-Euro-Tickets eben nicht von den Familien zurückgefordert werden. Das ist aus unserer Sicht einfach sozialpolitisch sachgerecht, vermeidet unnötigen Verwaltungsaufwand und lässt sich aus dem SGB II rechtlich herleiten.

Die Idee des Bürgertickets ist es, dass es allen Bürgern zugutekommt und eben nicht nur speziell Schülern. Es ist auch nicht das Ziel, die Kosten der Schülerbeförderung zu senken, sondern alle Bürger von Verkehrskosten zu entlasten. Deswegen bedauert das BMAS, wenn ein Teil dennoch auf diese Rückforderung besteht. Es ist richtig, dass sich der Minister mit einem Schreiben an alle Landesminister wenden wird, die Rechtsauffassung des BMAS darlegen und die Länder darum bitten wird, diese zu berücksichtigen. Es ist allerdings auch so, dass die Verantwortung für die Umsetzung des Bildungspakets bei den Ländern und den Kommunen liegt und diese in ihrer eigenen Verantwortung entscheiden müssen.

ZUSATZFRAGE LEHMANN: Wenn es eine unterschiedliche Rechtsauffassung gibt, könnte man sich dann in dem Fall auch auf einen Rechtstreit einlassen?

PRÜHL: Es stehen im SGB II quasi zwei Regeln nebeneinander und nicht die eine über der anderen. Bund und Länder – ich sage es einmal vereinfacht berufen sich jeweils auf einen Bereich. Wir können als BMAS die Länder tatsächlich nicht anweisen, weil, wie gesagt, die Verantwortung für die Umsetzung bei den Ländern und den Kommunen liegt. Aber wir werden darum bitten und Argumente für diese Rechtsauslegung darlegen.

FRAGE LANDWEHR: Herr Hebestreit, Herr Alexandrin eine Frage zum Thema Planungsbeschleunigung. In der Pressemitteilung steht sehr viel über was, was heute im Kabinett beschlossen wurde, dass es zum Beispiel ab 6. Juli kommen soll. Was ich nicht gesehen hatte, ist das Thema Stichtagsregelung, was ja auch im Koalitionsvertrag steht und was wiedereingeführt werden sollte.

Die zweite Frage ist, ob dieses Gesetzespaket mit der bestehenden Gesetzgebung, die aus dem ehemaligen BMVI gekommen war, verzahnt wird. Wenn ja, auf welche Art und Weise?

STS HEBESTREIT: Zu diesem konkreten Punkt kann ich jetzt nichts sagen. Ich weiß nicht, ob Herr Alexandrin sprechfähig ist.

ALEXANDRIN: Bedingt. Das würde ich auch gerne nachreichen.

VORS. WOLF: Ein Kollege von der Deutschen Welle Lateinamerika fragt zum Thema Pressefreiheit: Der spanisch-russische Journalist Pablo González sitzt mehr als hundert Tagen in Polen in U-Haft. Die polnischen Behörden werfen ihm Spionage für Russland vor, haben aber bisher keine Beweise vorgelegt. Journalistenorganisationen haben seine Freilassung gefordert. Ist die Bundesregierung über diesen Fall informiert? Was ist Ihre Position dazu?

WAGNER: Mir sagt der Fall jetzt nichts, was aber nicht heißen muss, dass wir das nicht wissen. Deshalb würde ich die Antwort nachreichen.

VORS. WOLF: Die Kollegin Schröder von NHK, japanisches Fernsehen, fragt gerichtet an AA und BMEL zur Konferenz gegen die Hungerkrise am 24. Juni: Wer wird teilnehmen? Werden Beschlüsse bzw. konkrete Maßnahmen erwartet oder ist das eine reine Geberkonferenz?

HAUCK: Vielen Dank für die Frage. Ich kann dazu Folgendes sagen: Die deutsche Bundesregierung sieht sich als Vorsitz der G7 als einer der Champions der von dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, ins Leben gerufenen Global Crisis Response Group. Die Bundesministerinnen und Bundesminister des Auswärtigen, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie für Ernährung und Landwirtschaft wollen im Schulterschluss auf die vielfachen Herausforderungen der multidimensionalen Krisensituation Antworten finden. Deshalb wurde zu dieser Konferenz eingeladen. Näheres – dafür bitte ich um Verständnis – werden wir noch im Vorfeld der Konferenz kommunizieren.

VORS. WOLF: Können Sie sagen, ob dort konkrete Beschlüsse oder Maßnahmen geplant oder aufs Gleis gesetzt werden?

HAUCK: Da bitte ich um Verständnis: Ich kann der Konferenz jetzt nicht vorgreifen.

FRAGE NIENABER: Frau Baron, wird durch die Drosselung der Gaslieferung durch Nord Stream 1 die zweite Stufe des Notfallplans in dieser Woche wahrscheinlich?

DR. BARON: Darüber kann ich nicht spekulieren. Das ist immer eine Lageeinschätzung. Genau deswegen gibt es ja die täglichen Lageberichte der Bundesnetzagentur. Ich wiederhole noch einmal: Aktuell sind die Mengen, die ausfallen, anderweitig am Markt zu beschaffen, sodass es keine Engpässe bei der Versorgung gibt und die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet ist. Das ist der Stand. In den nächsten Tagen müssen wir die Dinge beobachten. Aber aktuell gibt es keine Hinweise auf Engpässe.

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