Themen: Konferenz „Uniting for Global Food Security“, Energieversorgungssicherheit, Parlamentswahl in Frankreich, Förderung von Elektroautos und Plug-in-Hybrid-Autos, Auslieferungsanweisung der britischen Regierung im Fall Julian Assange, Sicherheitskonzept des G7-Gipfels
Themen/Naive Fragen:
00:00 Beginn
00:30 Terminankündigung BMZ | Globale Ernährungssicherheit
01:58 Getreide aus der Ukraine (Hans)
09:22 Gas & Kohleausstieg
10:57 Notfallplan Gas
13:07 Gas | Energiesparmaßnahmen
21:36 Gas | Kohle als Substitution
25:11 Gas | Atomkraft als Substitution (Hans)
32:16 Gasreserve
34:57 Gas | Atomkraft als Substitution
36:57 Gas | Kohle als Substitution
39:58 Klimaziele der Bundesregierung
44:45 Kohleausstieg
45:25 Russische Öl-Exporte
46:16 Frankreich | Wahlergebnis
47:56 Globale Ernährungssicherheit
48:48 Elektroautos Förderung
52:17 Julian Assange | Auslieferung an die USA
55:53 Hans zu Julian Assange
58:21 G7-Gipfel
59:27 Ende
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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 20. Juni 2022:
VORS. WEFERS eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt STS HEBESTREIT sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.
SCHÖNECK: Ich würde gerne für das AA, das BMEL und das BMZ eine Terminankündigung machen. Mit Außenministerin Baerbock und Landwirtschaftsminister Özdemir wird auf gemeinsame Einladung mit Entwicklungsministerin Schulze am Freitag, den 24. Juni, eine internationale Konferenz „Uniting for Global Food Security“ in Berlin stattfinden.
Die Bundesregierung engagiert sich insbesondere als G7-Vorsitz darum, gemeinsam Antworten auf die bedrohliche weltweite Hungerkrise zu finden, die Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst hat. Die Konferenz setzt hiermit unmittelbar vor dem G7-Gipfel am kommenden Wochenende ein Zeichen, hebt das Thema noch einmal auf die Agenda und macht deutlich, dass ein Kreis von Partnern sowohl von Staaten als auch internationalen Organisationen gemeinsam an einer Lösung arbeitet. In diesem Sinne wird es auch darum gehen, weitere Partner für unser Bündnis für globale Ernährungssicherung zu gewinnen, das von uns als G7-Vorsitz initiiert wurde.
Die Konferenz selbst wird am Freitag von 14 Uhr bis 17 Uhr im Auswärtigen Amt stattfinden und auch live auf UNTV gestreamt werden. Am Vormittag wird es um 10 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz der Ministerinnen und des Ministers hier in der Bundespressekonferenz geben.
FRAGE JESSEN: Die Situation leidet ja auch darunter, dass in ukrainischen Häfen Getreide lagert, das aber nicht exportiert werden kann, auch wegen Minenfeldern, die, glaube ich, von der Ukraine selbst vor den Häfen gelegt worden sind. Gibt es mit der Ukraine und vielleicht auch mit Russland Gespräche bzw. Vereinbarungen darüber, dass diese Minenfelder geräumt werden bzw. freie Wasserstraßen geschaffen werden und dass diese dann eben nicht von Russland für Invasionsmaßnahmen genutzt werden? Das wäre ja ein praktischer Schritt, um den Abtransport des lagernden Getreides zeitnah zu befördern. Findet das statt?
SCHÖNECK: Für das BMZ kann ich nur sagen, dass es sicherlich zentral und wichtig ist, hierfür an einer Lösung zu arbeiten. Unsererseits sind wir vor allem dafür engagiert, jetzt auch die Partnerländer unmittelbar zu unterstützen und nachhaltig krisenfester zu machen. Bezüglich der Frage würde ich vielleicht die Kollegen vom Landwirtschaftsministerium oder Auswärtigen Amt bitten, sich dazu konkreter zu äußern.
HAUCK: Vielen Dank, Herr Jessen. Sie haben es schon gesagt: Die Schwarzmeerhäfen sind blockiert, der Export über die Schwarzmeerhäfen ist extrem eingeschränkt. Es ist wichtig, der Ukraine freien Zugang zu den Weltmärkten zu gewährleisten. Gerade der Agrarsektor ist für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Ukraine unverzichtbar. Der ukrainische Minister hat Minister Özdemir bei seinem Besuch in der Ukraine berichtet, dass die Steuereinnahmen deshalb um bis zu 50 Prozent eingebrochen sind. Sie wissen ja auch: Die Ukraine braucht dringend Geld für Infrastruktur und auch für den Kampf gegen Russland.
Es ist eine internationale Gemeinschaftsaufgabe, neue und dauerhafte Exportwege für ukrainisches Getreide zu etablieren. Wir engagieren uns hierfür gemeinsam mit unseren europäischen Partnern. Sie wissen: Die Europäische Union hat einen Aktionsplan für sogenannte „Solidarity Lanes“ aufgelegt, um das ukrainische Getreide außer Landes zu bringen. Wir haben konkret zugesagt, der Ukraine mit 500 000 Euro für den Aufbau von Laborkapazitäten am Hafen von Ismail das ist an der Grenze zu Rumänien zu helfen, um eben gerade den Druck von der Grenze nach Polen zu nehmen. Im Moment wird viel Getreide über die Schiene und über die Straße exportiert. Der Aufbau von zusätzlichen Laborkapazitäten soll dabei helfen, dass eben viel mehr Getreide auch dauerhaft über die Donau richtig Rumänien exportiert werden kann.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Können Sie uns einen Anhaltspunkt dafür geben, wie viel Prozent des blockierten Getreides über diese alternativen Routen exportiert werden kann? Ist das ein Viertel, ein Drittel, die Hälfte?
HAUCK: Ich kann Ihnen vielleicht noch einmal einen Überblick darüber geben, wie die Situation vor dem Krieg war. Die Ukraine hat über alle möglichen Wege ungefähr 5 Millionen Tonnen Getreide pro Monat exportiert. Im März waren es dann nur 300 000 bis 350 000 Tonnen. Sie sehen also: Das ist extrem eingebrochen. Dank aller Bemühungen der Europäischen Union und der internationalen Staatengemeinschaft konnten über die Schiene und über die Donau im Mai 1,7 Millionen Tonnen Getreide exportiert werden. Das ist natürlich noch weit von 5 Millionen Tonnen entfernt, aber deshalb geht es ja auch um dauerhafte Wege, über die Donau und vielleicht auch über das Baltikum zu exportieren. Das sind Schritte, die jetzt angegangen werden. Ich kann Ihnen noch nicht genau sagen, wie viele Millionen Tonnen Getreide da exportiert werden können. Aber Sie sehen: Die internationalen Bemühungen haben schon dazu geführt, dass das zu Kriegsbeginn eingebrochene Exportkontingent deutlich erhöht werden konnte.
VORS. WEFERS: Ich habe dazu noch eine Frage von Paul-Anton Krüger von der „Süddeutschen Zeitung“, der fragt, ob Sie bezüglich der genannten Konferenz Erwartungen an konkrete Ergebnisse umreißen könnten.
HAUCK: Dazu hatte ich letzte Woche schon etwas ausgeführt. Ich bitte um Verständnis, dass wir den Ergebnissen der Konferenz nicht vorgreifen können.
VORS. WEFERS: „Erwartungen“, war die Frage.
HAUCK: Der Kollege hat ja schon gesagt, mit welcher Erwartung wir an die Konferenz gehen. Es geht darum, eben im Schulterschluss unsere gemeinsamen Aktivitäten zu bündeln. Sie wissen: Wir haben einfach einen unterschiedlichen Fokus, was die Welternährung angeht. Dazu kann vielleicht die Kollegin aus dem AA oder der Kollege aus dem BMZ noch etwas sagen. Für uns ist es wichtig, dass die Expertise im Bereich der Agrar- und Ernährungspolitik das heißt, was gerade die Hilfe zur Selbsthilfe in den Staaten angeht, die im Moment extrem unter dem Klimawandel leiden in den Fokus gerät. Das wird unser Beitrag zu dieser Konferenz sein.
SASSE: Ich kann bezüglich des Themas für das Außenministerium vielleicht noch ergänzen, dass sich die Außenministerin heute Morgen vor Beginn des Außenministertreffens in Luxemburg zu dem Thema und auch zu unseren Erwartungen geäußert und deutlich gemacht hat, dass wir bei der Konferenz natürlich zum einen darauf abzielen, das Getreide, das Sie selbst erwähnt haben, Herr Jessen, aus der Ukraine herauszubekommen, und zum anderen darauf, die humanitäre Situation zu verbessern und perspektivisch auch die Lebensmittelversorgung auf stabilere Füße zu stellen. Sie hat dann noch Weiteres ausgeführt. Ich möchte das hier an dieser Stelle nicht wiederholen, sondern Sie einfach auf die Äußerung verweisen.
Sie wissen, dass sich die Außenministerin seit Monaten sehr stark für das Thema engagiert und auch in enger Abstimmung mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen steht. Sie war auch in New York auf Einladung von Außenminister Blinken und hat dort an einer Konferenz zu dem Thema teilgenommen. Außenminister Blinken wird erfreulicherweise auch am Freitag an unserer Konferenz hier teilnehmen können. All das zeigt wie auch die Tatsache, dass wir uns hier aus verschiedenen Ressorts bezüglich dieses Themas einlassen, dass wir als Bundesregierung wirklich mit aller Kraft darum bemüht sind, alle unterschiedlichen Optionen, die hier zur Debatte stehen der Seeweg, der Landweg, der Weg über Schienen oder andere Transportwege , auszuloten und zu versuchen, sie so und bestmöglich dafür zu nutzen, dass das Getreide, das in der Ukraine lagert, eben ausgeführt werden kann.
VORS. WEFERS: Ich hätte noch die Frage von Anke Schröder von NHK, ob dann nach der Konferenz darüber unterrichtet wird. Ich weiß nicht, ob diese Pressekonferenz vor, während oder nach der Konferenz stattfindet.
HAUCK: Die Pressekonferenz wird am Morgen der Konferenz stattfinden, also tatsächlich vor der Konferenz. Es wird danach, wenn ich richtig informiert bin, ein gemeinsames Papier geben, das dann auch veröffentlicht werden wird.
VORS. WEFERS: Aber dann keine Presseunterrichtung mehr?
HAUCK: Ja, die Presseunterrichtung mit Blick auf die Konferenz wird morgens stattfinden.
FRAGE HOENIG: Herr Haufe, nachdem der Minister gestern Maßnahmen vorgestellt hat, um den Gasverbrauch zu senken, und auch Kohlekraftwerke jetzt wieder schnellstmöglich reaktiviert werden sollen, inwieweit wackelt aus Ihrer Sicht der Kohleausstieg 2030?
HAUFE: Der Kohleausstieg 2030 wackelt überhaupt nicht. Es ist wichtiger denn je, dass er 2030 über die Bühne geht; so ist unsere Auffassung. Da wir ja jetzt in eine Situation geraten, in der wir möglicherweise Kohlekraftwerke anwerfen müssen und dann natürlich auch mehr CO2-Emissionen aus Kohlekraftwerken verzeichnen werden, ist es umso wichtiger, dass wir grundsätzlich an unserem Zeitplan, idealerweise 2030 auszusteigen, festhalten, damit wir unsere Klimaziele erreichen.
Ich will in diesem Zusammenhang noch auf einen Punkt hinweisen. Es gibt ein europäisches Cap. Das heißt, es gibt eine europäisch festgelegte Menge an CO2-Emissionszertifikaten. Das ist Ihnen sicherlich bekannt. Das heißt, auch wenn wir jetzt natürlich Kohlekraftwerke nutzen würden, bewegten wir uns innerhalb des Rahmens der Menge der vorgegebenen Zertifikate, die es im Emissionshandel gibt und die auch Grundlage unserer Klimaziele ist.
FRAGE: Herr Haufe, Italien überlegt derzeit, die Frühwarnstufe oder Alarmstufe 2 auszurufen. Da stellt sich die konkrete Frage: Wie wenig Gas muss jetzt nach Deutschland kommen, damit auch das BMWK diesen Schritt tut?
HAUFE: Eine Ausrufung einer Alarmstufe ist nicht davon abhängig oder, sagen wir einmal, nicht nur davon abhängig, wie viel Gas nach Deutschland kommt. Das ist nicht das alleinige Kriterium. Für eine Alarmstufe gibt es im Gasnotfallplan, würde ich sagen, sechs oder sieben Kriterien; ich kann gleich noch einmal nachschauen. Ein Kriterium ist zum Beispiel auch die Frage: Wie sind die Speicherfüllstände? Bekommen wir weiterhin die Speicherung hin? – Das heißt, wir entscheiden über die Ausrufung der Alarmstufe nicht allein nach dem Kriterium der Gaszuflüsse. Das ist nicht die Grundlage.
ZUSATZFRAGE: Warum hat Deutschland vergleichsweise spät die Frühwarnstufe 1 ausgerufen? Italien hat das beispielsweise bereits am 27. Februar getan.
HAUFE: Sie haben jetzt ein Land genannt, das die Frühwarnstufe ausgerufen hat. Es gibt auch eine Menge europäischer Länder, die die Frühwarnstufe später oder gar nicht ausgerufen haben, sodass das jetzt auch kein Kriterium ist. Wir sind mehr als ein Land oder zwei Länder in der Europäischen Union, die diese Maßnahme treffen können. Ich sehe jetzt nicht den Grund, warum man das nur mit Italien vergleichen müsste. Wir haben eine andere Struktur des Gasmarktes, als sie die Italiener haben. Das ist sicherlich auch ein wichtiges Kriterium. Wir schauen ja jetzt nicht, ob ein Land die Frühwarnstufe ausruft, und dann machen wir das auch. Nein, wir müssen immer schauen, wie die Situation auf unserem Gasmarkt ist und wie die Situation der direkten Nachbarn ist. Daran orientieren wir uns, ebenso an den Kriterien im Gasnotfallplan. Es geht, wie gesagt, nicht um ein Kriterium dafür, eine Alarmstufe oder eine Frühstufe auszulösen, sondern es ist immer ein Set von mehreren Kriterien, das wir beachten müssen.
FRAGE DR. RINKE: Herr Haufe, ich habe noch eine Nachfrage zu dem, was der Minister gestern vorgestellt hatte, also diese Maßnahmen. Vielleicht können Sie uns noch sagen, wie groß Sie das Einsparvolumen durch diese Gasauktion zwischen den Firmen einschätzen. Kann man dafür eine Größenordnung nennen?
Ist es Zufall, dass es jetzt gar keine Maßnahmen für den Privatbereich gibt? Es gab ja letzte Woche eine intensivere Diskussion über Heiztemperaturen in Wohnungen. Hat der Wirtschaftsminister diesen Maßnahmen jetzt also abgeschworen, oder kommen die dann im nächsten Schritt?
HAUFE: Zuerst zur Frage des Auktionsmodells, das Sie ansprechen: Ich kann Ihnen heute keine Angabe dazu machen, wie viel Gas von den Großverbrauchern und von Unternehmen zur Gaseinspeicherung wieder in den Gasmarkt zurückverkauft werden wird. Wir haben so ein System bisher noch nicht gehabt. Auch alle Kriterien sind noch nicht ganz klar. Alle Details sind noch nicht so weit, dass ich dazu eine Auskunft geben könnte. Die Bundesnetzagentur wird sich noch heute dazu äußern. So hat sie es, glaube ich, gestern angekündigt.
Wir machen diesen Schritt ja, um vor allen Dingen Versorgungssicherheit unter den Unternehmen zu gewährleisten. Wie Sie vielleicht wissen, ist es so, dass Großverbraucher bzw. Unternehmen ja keine geschützten Kunden sind. Privatverbraucher dagegen sind geschützte Kunden, Krankenhäuser zum Beispiel auch. Das heißt, als Staat und als Wächter des Gasmarktes, der die Bundesnetzagentur ist, gilt es, genau diesen Grundsatz so ist es in der GasSV dargelegt einzuhalten. Umso mehr müssen wir schauen ich komme wieder zum Verbrauchsmarkt der Wirtschaft zurück , dass dort untereinander Versorgungssicherheit garantiert wird.
Genau dafür ist dieses Auktionsmodell notwendig bzw. eine Maßnahme, die wir als sinnvoll empfinden. Dabei erhält dann ein Unternehmen, das eine Gasmenge wieder dem Markt zurückgibt, eben Wir schaffen einen Anreiz dafür, dass ein Unternehmen wieder eine Gasmenge in den Markt zurückbringt. Das wird aber unter den Gasmarktteilnehmern selbst organisiert. Die Trading Hub Europe GmbH, also der Marktgebietsverantwortliche, wie es heißt, der die Infrastruktur des Gasmarkts organisiert, bezahlt dann diese Gasmenge, die zurückgegeben wird. Es gibt eine Preisspanne, die ich Ihnen aber heute nicht benennen kann und die sicherlich auch noch festgelegt werden muss.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Sind Maßnahmen für den Privatsektor nicht mehr geplant?
HAUFE: Ich hatte Ihnen gerade die Unterschiede zwischen dem Gasmarkt, der die Unternehmen betrifft, die Großverbraucher, und dem Markt, der die Verbraucher betrifft, erklärt. Verbraucher nehmen nicht am Gasmarkt teil. Deswegen kann man auch nicht ähnliche Maßnahmen treffen. Ich denke, Sie beziehen sich jetzt auf die Äußerungen, die hinsichtlich möglicher Prämienzahlungen gemacht worden sind. Ist es das, was Sie meinen?
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Dabei geht es natürlich nicht um das Auktionsmodell. Das ist für Unternehmen, wie Sie eben ausgeführt haben. Aber Habeck hat ja nun auch einen Anreiz zur Füllung der Gasspeicher gegeben oder festgesetzt. Davon profitieren ja alle. Wir hatten letzte Woche und auch Freitag hier die Diskussion über die Heiztemperatur in Wohnungen und darüber, ob die gesetzlich verändert werden sollte. So eine Maßnahme tauchte in dem Paket, das er gestern vorgestellt hat, nicht auf. Deswegen habe ich die Frage: Kommen noch Maßnahmen für den Privatsektor, die auch den betreffen, oder ist das jetzt nicht mehr geplant?
HAUFE: Der Minister hat gesagt, dass es im Rahmen einer Gesamtschau auch der energiepreisbezogenen Inflation weitere Maßnahmen geben kann, und das ist, denke ich, auch unsere Vorgehensweise. Wir hören uns die vielen Vorschläge, die es gerade gibt, an und beziehen die in unsere Entscheidung ein. Aber das ist ja auch eine Frage der gesamten Regierung. Es ist ja nicht eine Frage eines Ministeriums, wie wir an dieser Stelle weiter vorgehen. Insofern wiederhole ich noch einmal: Das müssen wir in einer Art Gesamtbetrachtung entscheiden. Ich kann heute an dieser Stelle nicht zu einzelnen Maßnahmen oder einzelnen Plänen oder Gedankenspielen Stellung nehmen.
VORS. WEFERS: Ich habe eine Frage von Malte Kreutzfeldt von der „taz“ zu diesem Auktionsverfahren für den Verzicht auf Gas durch Unternehmen. Er fragt: Wie viel Geld ist dafür ungefähr eingeplant, und wer trägt diese Kosten?
HAUFE: Zu den Kosten kann ich Ihnen heute keine Angaben machen. Das können wir, glaube ich, heute noch nicht seriös beziffern. Dabei, wer die Kosten trägt, kommt es auch darauf an, wie das System ausgestaltet ist. Ich hatte bereits angedeutet, dass sich das zuständige Unternehmen, die Trading Hub Europe GmbH, der Marktgebietsverantwortliche, über Entgelte seiner Kunden, also seiner Unternehmen, seiner Gashändler, die mit ihm Verträge abgeschlossen haben, selbst finanziert und dann quasi eben auch Maßnahmen bzw. Produkte finanziert, die zur Versorgungssicherheit im unternehmerischen Gasmarkt beitragen. Das heißt, die Finanzierung erfolgt erst einmal unter den Gasmarktteilnehmern.
FRAGE NIENABER: Das ist eine Frage, die sich an Herrn Haufe und Herrn Hebestreit richtet. Zum einen ist von Gazprom in der vergangenen Woche bis zu 60 Prozent weniger Gas angekommen. Wie hat sich das am Wochenende und heute entwickelt? Können Sie ein Update geben, ob es sich entspannt hat oder ob es zu weiteren Drosselungen gekommen ist?
Herr Hebestreit, verbunden mit der geringeren Gasmenge, die ankommt, ist der Gaspreis ja in die Höhe geschossen. Kann sich die Bundesregierung vor diesem Hintergrund vorstellen, diesen Vorschlägen einer Preisdeckelung beim Gas doch zuzustimmen? Wäre das vielleicht auf größerer, internationaler Ebene auch ein Thema, das bei der G7 den Weg ins Abschlusskommuniqué finden könnte?
HAUFE: Was die heutige Gasmenge anbetrifft, wird die Bundesnetzagentur im Laufe der nächsten Stunde die aktuellen Daten angeben. Dem, wie sich der Gasfluss heute entwickelt, würde ich jetzt nicht vorweggreifen wollen. Dazu gibt es das tägliche Lageupdate.
STS HEBESTREIT: Mit dem Vorweggreifen kann ich mich dem Kollegen anschließen: Das Kommuniqué wird in Elmau diskutiert und verabschiedet werden, und was darin stehen wird, wird sich dann in der Pressekonferenz voraussichtlich am Dienstagmittag nächster Woche zeigen. Alle weiteren Fragen, die sich aus den aktuellen Entwicklungen ergeben, muss man im Lichte dieser bewerten.
ZUSATZFRAGE NIENABER: Generell zur Position der Bundesregierung können Sie ja heute bestimmt schon etwas sagen. Hat sich daran etwas geändert, oder lehnt der Bundeskanzler diese Idee eines Preismechanismus weiterhin ab?
STS HEBESTREIT: Ich glaube, wir saßen hier vor knapp zwei Stunden in einem Briefing „unter zwei“. Darin hat sich der zuständige Staatssekretär im Bundeskanzleramt dazu geäußert, und diesen Äußerungen würde ich mich anschließen und nichts hinzufügen wollen.
ZUSATZFRAGE NIENABER: Dann sind diese Äußerungen jetzt „unter eins“?
STS HEBESTREIT: Die sind „unter zwei“. Das war ein Briefing „unter zwei“.
ZUSATZ NIENABER: Deswegen frage ich ja „unter eins“.
STS HEBESTREIT: Deswegen bleibe ich dabei. Es ist eine lustige Nummer, aus einem Briefing etwas „unter eins“ ziehen zu wollen!
VORS. WEFERS: Es ist schon schön, wenn wir die Regeln, die wir uns selbst setzen, auch respektieren.
ZUSATZ NIENABER: Ich habe mich ja sozusagen nicht auf das Briefing bezogen.
VORS. WEFERS: Ja, aber Sie haben versucht, es „unter eins“ zu ziehen.
FRAGE WOLF: Ich würde gerne noch einmal zu der Substitution durch Kohle fragen, und zwar Herrn Haufe. Ich bin gerade über eine Formulierung von Ihnen gestolpert. Sie sagten, wenn wir Kohlekraftwerke benutzen würden, dann würde sich das im Rahmen der Zertifikatemenge, die auf EU-Ebene festgelegt wird, bewegen. Lässt sich daraus schließen, dass der Einsatz von und die Substitution durch Kohle noch nicht sicher sind, also, dass es dazu kommt? Können Sie einmal quantifizieren, wovon Sie jetzt ausgehen, was durch Kohle substituiert werden muss?
HAUFE: Wir bzw. der Gesetzgeber es wird ja am Ende der Bundestag entscheiden geben den Unternehmen die Möglichkeit, dass sie Kohlekraftwerke sowohl Steinkohlekraftwerke als auch Braunkohlekraftwerke , die momentan entweder in der Netzwerkreserve oder in der Stabilitätsreserve stehen, wieder an den Markt bringen können. Es ist nicht so, dass sie die Kraftwerke an den Markt bringen müssen, sie können es. Deswegen habe ich auch im Konjunktiv gesprochen. Das wird man dann eben entscheiden, je nachdem, wie die Verbrauchssituation ist. Das ist das eine.
Dazu, welche Mengen wir da am Ende sehen werden, kann ich Ihnen nichts sagen. Ich kann gleich noch einmal nach den Zahlen nachschauen. Für mehrere Kraftwerke wird jetzt die Möglichkeit eröffnet. Aber die Menge, die dann am Ende in Megawattstunden gebraucht wird, hängt ja davon ab, wie groß der Verbrauch ist und was auf dem Markt angeboten wird. Das kann ich Ihnen hier heute nicht sagen.
ZUSATZFRAGE WOLF. Können Sie einmal sagen, welche Kohlekraftwerke das betrifft? Können Sie die einfach benennen?
HAUFE: Ich kann Ihnen nicht die Namen benennen, aber ich kann Ihnen gleich die Anzahl nennen. Das kann ich gleich machen, Moment. – In der Netzreserve befinden sich derzeit zehn Steinkohlekraftwerksblöcke mit einer Leistung von 4,3 Gigawatt und sechs mit Mineralöl betriebene Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von 1,6 Gigawatt. Diese könnten also bei Bedarf wieder zur Verfügung stehen. Dann werden weitere neun Steinkohleblöcke und drei Braunkohlekleinanlagen mit einer Leistung von 2,6 Gigawatt in die Netzreserve überführt. Dann gibt es noch eine Sicherheitsbereitschaft von fünf Kraftwerksblöcken mit einer Leistung von rund 1,9 Gigawatt, die ebenfalls wieder mobilisiert werden könnte.
FRAGE JESSEN: Sie hatten vorhin gesagt, die Grenze werde durch das Cap gebildet, also die Höchstmenge an CO2. Kohleverbrennung greift aber das Cap sozusagen stärker an, weil mehr CO2 freigesetzt wird. Es wird schneller erschöpft. Das kann dann zu der logischen Überlegung oder Notwendigkeit führen, in anderer Weise Energieerzeugungskapazitäten zu nutzen. Das läuft bei manchen dann wieder auf die längere Laufzeit vorhandener Kernkraftwerke hinaus. Verschließt sich Ihr Haus dieser logischen Überlegung, oder sagen Sie „Dann müssten wir eben auch darüber nachdenken“?
HAUFE: Bei Atomkraftwerken ist es so, dass sie ja nur einen sehr kleinen Anteil an der Strom- bzw. Energieerzeugung haben. Der liegt im Moment bei weniger als 5 Prozent. Das heißt, es ist eine kleine Menge, um die es hier geht. Das ist auch überhaupt nicht Teil unserer Überlegungen. Ich denke, warum wir die Atomkraftwerke nicht mehr einbeziehen, haben wir ja hinlänglich erklärt, vor allen Dingen eben auch wegen der bestehenden Sicherheitsbedenken.
Ich würde heute noch zwei Punkte nennen. Einerseits ist ja eine unserer wichtigsten Bemühungen, unabhängig von russischen Energieträgern zu werden. Wenn wir jetzt weiter auf Atomkraftwerke setzen, dann sind wir natürlich wieder von einem russischen Energieträger abhängig; denn Russland gehört zu den wichtigsten Uranhändlern, und gerade russische Unternehmen sind es, die auch Brennstäbe herstellen. Insofern erschließt sich die Debatte schon aufgrund dieses Punktes aus unserer Sicht nicht.
Der andere Punkt ist, auch noch einmal im Energiemarkt zu schauen, wozu man Gaskraftwerke und wozu man Atomkraftwerke braucht. Atomkraftwerke sind dafür da, im Grunde genommen ständig, durchgehend, permanent auf etwa gleichem Niveau Strom zu liefern. Gaskraftwerke setzt man vor allen Dingen ein, um Energiespitzen abzudecken. Das kann man gar nicht mit Atomkraftwerken tun. Insofern ist auch das ein Grund, rein aus Sicht des Energiemarktes, warum uns Atomkraftwerke in dieser Lage gar nicht helfen, weil mit ihnen keine Spitzen abzudecken sind. Das können eher Kohlekraftwerke. Wir brauchen bei der Energieerzeugung eben auch Kraftwerke, die diese besonderen Spitzen abdecken können. Dabei helfen uns Atomkraftwerke nicht.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Meine Frage zielte ja aber eben auf die Relation von Kohle, CO2 und dem Cap. Bedeutet das, der auch vom Koalitionspartner FDP neu aufgemachten Überlegung, Atomkraftwerke dann sozusagen doch länger laufen zu lassen und sie eine Renaissance erleben zu lassen, nähern Sie sich auf gar keinen Fall?
HAUFE: Der haben wir uns nicht genähert. Wir haben sie geprüft. Ich glaube, wir haben eine Prüfung gemacht. Dabei haben wir uns dem Aspekt quasi noch einmal genähert. Die Entscheidung ist bekannt. Wenn ich den Bundeskanzler richtig verstanden habe, wird das, glaube ich, auch ähnlich gesehen.
STS HEBESTREIT: Ich kann das noch einmal bestätigen. Es gab gestern dazu ein Interview, das heute erschienen ist, glaube ich, mit dem „Münchner Merkur“. Darin wurde er danach gefragt und hat auf die Fachleute hingewiesen, die thematisiert haben, dass Brennstäbe innerhalb absehbarer Zeit gar nicht so schnell zu organisieren seien, aber auch auf die Sicherheitsaspekte und darauf, dass die Sicherheitsüberprüfung der Anlagen anstehen würde, die ja eigentlich zum Jahresende abgeschaltet werden sollen und die bis dahin auch so betrieben werden, dass dann abgeschaltet werden wird. Bei denen würde ein umfangreicher Sicherheitscheck anstehen. Die würden also auf absehbare Zeit nicht helfen, sagen uns die Fachleute. Diese Argumente haben auch diejenigen, die im Augenblick eine Renaissance der Atomkraft, wie Sie es genannt haben, oder auch ein Weiterbetrieben der Atomkraftwerke anregen, noch nicht widerlegen können. Insoweit ergibt es im Augenblick wenig Sinn, sich mit der Frage zu beschäftigen, wenn sie uns in der akuten Phase nicht hilft.
VORS. WEFERS: Herr Heller vom Korrespondentenbüro Herholz fragt nach dem Weiterbetrieb: Ist die Entscheidung gefallen, dass der Weiterbetrieb nicht passieren wird?
STS HEBESTREIT: Ich habe das ja insoweit qualifiziert, dass ich gesagt habe: Wenn es niemanden gibt, der die Einwände der Fachleute, die ja nicht gering sind, entkräften kann, und der Kollege vom BMWK hat das auch noch einmal um die Frage ergänzt, woher diese Brennstäbe, um die es geht, denn dann kommen, dann ergibt es keinen Sinn, sich länger mit dieser Frage zu beschäftigen.
Der Bundeskanzler hat in dem Interview in einer hypothetischen Überlegung auch gesagt: Wenn wir jetzt keinerlei Schwierigkeiten hätten, was den Betrieb und die Versorgung mit Brennstäben angeht, würde im Augenblick sicherlich niemand die Verlängerung um ein oder zwei Jahre verweigern. Aber da diese Option nach Aussage der Fachleute nicht besteht, gibt es sie eben nicht.
FRAGE BAESECKE: Die Frage war eigentlich durch die Frage von Herrn Jessen schon beantwortet. Vielleicht nur noch im Nachgang, falls sich das BMUV dazu äußern möchte: Wenn ich es richtig verstanden habe, wäre theoretisch technisch ein Weiterbetrieb möglich?
STS HEBESTREIT: Nein. Es gibt regelmäßig turnusgemäß umfangreiche Sicherheitschecks. Dann müssen die Kraftwerke vom Netz genommen werden, was mehrere Monate bis zu einem Jahr dauert. Diese sind jetzt so orchestriert worden, dass man das bis zum regulären Abschalten der Atomkraftwerke hinbekommt. Wenn man jetzt ihre Laufzeit verlängern würde, müsste ein solcher umfangreicher Sicherheitscheck durchgeführt werden so habe ich zumindest die Aussagen und Wertungen aus dem gemeinsamen Papier von BMU und BMWK von Anfang März verstanden , und dadurch stünden die Atomkraftwerke auch nicht zur Verfügung.
ZUSATZ BAESECKE: Was den Sicherheitsaspekt angeht, würde mich vonseiten des BMUV interessieren, ob Sie noch Ergänzungsbedarf haben.
STOLZENBERG: Ich kann den sehr richtigen Ausführungen des Regierungssprechers und meines Kollegen nur zustimmen und als Perspektive ergänzen: Selbst die Betreiber der Atomkraftwerke sagen: Wir können diese Atomkraftwerke nur mit Abstrichen in Bezug auf die Sicherheit weiterlaufen lassen. Das ist etwas, was sie selbst nicht eingehen wollen und sich auch nicht mehr dafür einsetzen, diese Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen. Ich denke, es ist eine wichtige Perspektive, dass diejenigen, die selber davon profitieren könnten, nicht vorhaben und auch keine Pläne haben, das tatsächlich weiterzuführen.
VORS. WOLF: Delphine Nerbollier fragt zur Gasreserve: Diese wird bald abgerufen. Welche Folgen hat das für die CO2-Bilanz des Landes? Gibt es dazu Prognosen?
Außerdem möchte sie wissen, wie viele Gaskraftwerke ab Juli „stillgelegt“ werden können. Wer kann da weiterhelfen?
HAUFE: Was den CO2-Ausstoß angeht, habe ich mich auf das bestehende europäische Cap im europäischen Emissionshandel bezogen. Das ändert sich ja nicht. Wir bewegen uns in diesem Cap. Das ist unser Deckel für die CO2-Emissionen in Europa, und der gilt nach wie vor. Gerade in so einer Situation zeigt das, wie wichtig diese Vereinbarung ist.
Im Übrigen ist es nach der letzten Reform des ETS-Handels so, dass dieses Cap sinkt. Es sinkt jedes Jahr. Es ist momentan – Stichwort „Marktstabilisierungsreserve“ – so, dass bestimmte Zusatzmengen an Zertifikaten gelöscht werden. Dort ändert sich durch den Einsatz zusätzlicher Kraftwerke erst einmal nichts.
VORS. WEFERS: Stichwort „Stilllegung“?
HAUFE: Zur Stilllegung von Gaskraftwerken kann ich mich jetzt nicht genau äußern. Ich kann von hier aus nicht sagen, wo und wie ein Gaskraftwerk stillgelegt werden könnte. Ich kann darauf verweisen, dass es eine Möglichkeit gibt, Gaskraftwerke – so soll es jedenfalls in dem entsprechenden Gesetz stehen, wenn es durch den Bundestag beschlossen ist – vom Netz nehmen zu lassen, damit sie eben nicht laufen. Das kann man auch mit einer Art zusätzlicher Strafgebühr belegen. Das müsste man aber dann festlegen, wenn die Situation eintreten würde. Es ist nicht so, dass diese Ministerverordnung schon da ist und alles festgelegt ist. Wir haben im Grunde genommen ein zusätzliches Instrument, dass man die Betreiber der Gaskraftwerke dazu bewegen kann, diese vom Netz zu nehmen. Wir haben auch die Möglichkeit eines Druckmittels. Das ist das, was ich dazu sagen kann.
FRAGE KURMAYER: Herr Haufe, als Sie vorhin die Situation der Brennelemente erwähnt haben, haben Sie den Eindruck erweckt, als ob russische Brennelemente in deutschen Atomkraftwerken die Energie liefern würden. Können Sie bestätigen, dass das so ist oder sagen, woher die Brennelemente in deutschen Atomkraftwerken kommen?
Es ist im Rahmen des Gassparplans nicht das erste Mal, dass die deutsche Bundesregierung Trading Hub Europe mit Geld ausstattet, um Gas einzukaufen. Können Sie bestätigen, dass die damalige Ausstattung von, glaube ich, einer Milliarde zu einem Einkaufsvolumen von ungefähr 950 Millionen Kubikmetern geführt hat?
Könnten Sie anhand der derzeitigen Gaspreise ungefähr einen Ausblick geben, was die kolportierten 15 Milliarden an Gasvolumen angeht und zu welchen Einspeicherungen das in Deutschland führen würde?
HAUFE: Frage eins ist eine Frage, die an das BMUV als zuständiges Ministerium gehen müsste.
Ich habe darauf hingewiesen, dass wir mit Russland einen der wichtigsten Uranhändler der Welt haben und es natürlich auch Wirtschaftsbeziehungen auf dieser Ebene zwischen Deutschland und Russland gegeben hat. Ich kann jetzt aber nicht für jedes Atomkraftwerk die Brennstäbe durchzählen. Da ist das BMUV kompetenter.
Frage zwei: Ja, das kann ich bestätigen.
Frage drei: Was die 15 Milliarden, die Sie ansprechen, angeht, kann ich Ihnen keine exakte Menge an Gas nennen, die dahintersteht. Das Ziel ist, dass wir das Unternehmen Trading Hub Europe liquide halten, damit es weiter Gas einspeichern kann. Das ist das Hauptziel dieser zusätzlichen Finanztranche, die aber erst noch vom Haushaltsausschuss des Bundestags genehmigt werden muss.
FRAGE DR. RINKE: Herr Haufe, eine Nachfrage zum Thema Kohle. Ich habe nicht richtig verstanden – vielleicht können Sie es präzisieren , ob der Umstieg von Gas- auf Kohlekraftwerke nur eine Option ist – so habe ich Sie verstanden –, wenn doch das oberste Ziel im Moment ist, die Gasspeicher zu füllen. Wieso macht die Regierung dann nicht die Vorgabe, dass jetzt zumindest für einen Übergangszeitraum Kohle statt Gas genutzt werden müsste, wenn, wie gesagt, die Einspeicherung das oberste Ziel ist, das man im Moment erreichen will?
Habe ich es richtig verstanden, dass Sie jetzt die 15 Milliarden vom Volumen her bestätigt haben? Das war ja bisher nur eine Angabe aus Regierungskreisen.
HAUFE: Die Summe habe ich damit bestätigt.
Bezüglich der Kohlekraftwerke kann ich sagen: Wir können ja nicht genau vorschreiben, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt dieses und jenes Kohlekraftwerk hochgefahren wird. Das ist eine Frage des Energiemarktes und der Versorgungssituation. Wir haben trotz weniger Gas aus Russland eine ganze Menge Gaszuflüsse über die Leitungen aus Belgien, aus der Nordsee über Norwegen. Die Gasspeicher sind zusätzlich vor allen Dingen für die Situation gedacht, dass gar kein Gas oder insgesamt extrem wenig Gas fließt.
Wir haben aber eine ganze Menge Gaszuflüsse, gerade in Westdeutschland. Insofern ist auch das ein Grund, warum wir nicht sagen: Wir nehmen alles Gas raus und betreiben nur noch Kohlekraftwerke, sondern das sind Entscheidungen, die technischer Art sind, die getroffen werden müssen, und bezüglich derer die Betreiber für sich entscheiden müssen, wie sie ein Kraftwerk wieder ans Netz bringen. Vor allen Dingen ist der Beschluss jetzt wichtig, damit sich die Kraftwerksbetreiber darauf vorbereiten können. Es braucht seine Zeit, bis man so ein Kraftwerk wieder ans Netz bringen kann. Bei Braunkohlekraftwerken dauert das etwas länger als bei Steinkohlekraftwerken. Deswegen würden potentiell erst einmal Steinkohlekraftwerke und danach wieder Braunkohlekraftwerke ans Netz gehen. Das ist aber, wie gesagt, eine Entscheidung, die die Betreiber je nach Versorgungslage und sicherlich auch in Abstimmung mit der BNetzA, der Bundesnetzagentur, treffen müssen.
FRAGE: Ich habe eine Frage zum Thema Gaspreise. Liegt die Preiscap-Debatte auf dem Tisch des BMWK, oder ist das kein Thema?
HAUFE: Ich glaube, zu der Frage hat sich vorhin der Regierungssprecher geäußert.
STS HEBESTREIT: Die Antwort habe ich bereits gegeben.
FRAGE WOLF: Ich habe eine Frage zu den klimapolitischen Folgen. Herr Haufe, Sie haben sich auf die europäische Cap bezogen. Nichtsdestotrotz, was bedeutet denn die Option, Kohlekraftwerke für die Einhaltung der deutschen Klimaschutzziele wieder hochzufahren?
Herr Hebestreit, wenn Deutschland in einer Lage, in der wirtschaftliche Einbrüche drohen, wieder verstärkt auf fossile Energiequellen und dann auch auf Kohle setzt, was noch einmal schmutziger ist als Gas, welches Signal sendet man damit international in dem Bemühen aus, international stärker beim Klimaschutz voranzukommen?
STS HEBESTREIT: Vielleicht darf ich gleich anfangen: Ich glaube, Frau Wolf, an der einen Stelle geht es darum, die Versorgungssicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern. Es geht nicht um den – wie haben Sie das genannt – wirtschaftlichen Wohlstand, sondern es geht darum, dieses Land am Laufen zu halten. Dabei geht es um das Heizen, um die industrielle Basis dieses Landes. Dabei geht es darum, sich vor Versuchen Russlands zu schützen, die Lage in Deutschland zu beeinflussen.
Das tun wir mit hoher Verantwortung. Sie wissen, dass wir uns massiv darum kümmern, beispielsweise LNG-Terminals an den norddeutschen Küsten zu etablieren, auf dass wir Flüssiggas von dort importieren und einführen können. Wir haben gerade das Wind-an-Land-Gesetz auf den Weg gebracht, um den Ausbau erneuerbarer Energien massiv voranzutreiben. Auch das schafft eine größere Unabhängigkeit. Gleichzeitig gibt es keinen Knopf, den man drücken kann und alles ist gut. Deswegen müssen wir uns für die Phase wappnen, in der uns einerseits, wie Sie zu Recht sagen, etwas weniger CO2-belastendes Erdgas womöglich nicht zur Verfügung steht, aber wir trotzdem den Laden hier am Laufen halten müssen.
Dafür haben wir gewisse Möglichkeiten, die wir hier schon einmal, glaube ich, diskutiert haben. Die Kohle ist eine Variante, die natürlich, was den Klimaschutz angeht – na klar ihre Nachteile hat. Aber wenn wir die Kraftwerke nicht anfahren und die Versorgungssicherheit hier gefährden würden, hätte das ganz andere Auswirkungen. Insofern, glaube ich, hat die internationale Gemeinschaft vielen in Europa geht es nicht anders als uns – volles Verständnis dafür, welche Prioritäten man im Augenblick setzt. Gleichzeitig machen wir das kurzfristig, um natürlich mittel- und langfristig unsere Klimaschutzziele und den Umbau unserer Energieversorgung voranzubringen.
HAUFE: Ich möchte noch kurz ergänzen: Minister Habeck hat immer wieder betont, dass das, was wir jetzt speziell in Bezug auf die Kohlekraftwerke machen, eine kurzfristige Maßnahme ist. Die Reservehaltung, also die Tatsache, dass wir jetzt zusätzlich Kohlekraftwerke betriebsbereit halten, ist auf 2024 begrenzt. Es ist ganz bewusst keine Maßnahme, die lange andauern soll. Nein, sie ist kurzfristig und genau begrenzt, damit wir auch da das Signal setzen: Der Kohleausstieg steht nicht zur Debatte. Er soll so erfolgen, wie im Koalitionsvertrag beschlossen.
Der zusätzliche Einsatz von fossilen Energieträgern muss auf einen möglichst geringen Zeitraum begrenzt bleiben. Dazu gehört auch, dass wir im Grunde genommen in der zweiten Phase dieser Dekade schneller grünen Wasserstoff einsetzen müssen. Darauf laufen ja unsere parallelen Bemühungen ebenso hinaus.
Wenn Sie sich den G7-Kontext anschauen, dann bemühen wir uns dort ja auch um eine möglichst klare Perspektive für einen Kohleausstieg, der eben nicht von Verzögerung, sondern von zusätzlicher Ambition geprägt ist. Also auch dort kein Nachlassen zum Abstellen eines der problematischen fossilen Energieträger.
Ich will bei einer Sache konkreter werden: Herr Rinke fragte nach den Kraftwerken. Es geht darum, dass wir Kraftwerke zusätzlich betriebsbereit halten, sie also nicht an den Markt zu bringen, sondern dass sie einfach zusätzlich in der Reserve stehen und schnell angeworfen werden können. Diese Möglichkeit eröffnen wir den Betreibern.
VORS. WEFERS: Noch eine Online-Frage von Delphine Nerbollier. Sie möchte wissen: Werden Kohlekraftwerke, die dieses Jahr stillgelegt werden sollten, länger in Bereitschaft gehalten, zum Beispiel die Blöcke E und F des Kohlekraftwerks Jänschwalde?
HAUFE: Ich kann nichts dazu sagen, ob Jänschwalde länger in Bereitschaft gehalten wird. Das ist eine Entscheidung, die der Betreiber treffen muss.
VORS. WEFERS: Die Frage, ob die länger in Bereitschaft gehalten werden?
HAUFE: Es wird Braunkohlekraftwerke geben, die länger betriebsbereit gehalten werden. Ja, das ist so. Ich kann Ihnen aber heute kein genaues Kraftwerk benennen.
VORS. WEFERS: Thomas Nehls fragt das Auswärtige Amt oder das BMWK: Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, ob das Vorrücken Russlands zum angeblich größten Ölexporteur nach China dauerhaft geplant ist und auf wessen Kosten das geht, also wer diese Mengen bisher nach China geliefert hat?
SASSE: Dazu habe zumindest ich keine Informationen. Ich weiß nicht, ob es bei den Kollegen anders ist.
HAUFE: Ich habe auch keine Informationen dazu.
STS HEBESTREIT: Ich habe die Agenturmeldung gelesen. Ich glaube, der zweite Teil von Herrn Nehls Frage, wer bisher mehr Öl nach China geliefert hat, findet sich in der Agenturmeldung.
FRAGE DR. RINKE: Herr Hebestreit, eine Frage zur Wahl des neuen französischen Parlaments. Ich hätte ganz gerne gewusst, wie Sie den Ausgang beurteilen. Sehen Sie den Partner Macron durch das Wahlergebnis geschwächt? Was heißt das für die deutsch-französische Zusammenarbeit?
STS HEBESTREIT: Ich möchte mich zu dem Ausgang der Parlamentswahlen in Frankreich gar nicht intensiver einlassen. Wir müssen jetzt erst einmal das amtliche Endergebnis und dann auch die Regierungsbildung abwarten, die dann ja auch vonstattengehen kann. Grundsätzlich – das haben Sie in der letzten Woche anhand der gemeinsamen Reise von Emmanuel Macron, Olaf Scholz, Mario Draghi und dem rumänischen Präsidenten Präsident Klaus Johannis gesehen, ist die Zusammenarbeit eng, vertrauensvoll und gut. Man versteht sich persönlich gut; man arbeitet politisch gut und eng zusammen. So wird es auch weitergehen.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Ich verstehe, dass Sie das amtliche Endergebnis abwarten wollen. Es wird sich aber nicht viel daran ändern, dass Macron einfach keine Mehrheit mehr hat. Sehen Sie seinen Bewegungsspielraum – und darauf zielte die Frage bei den deutsch-französischen Abstimmungen künftig als begrenzt an?
STS HEBESTREIT: Ich verstehe Ihre Frage. Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich jetzt erst einmal abwarte, wie sich das weiterentwickeln wird. Es geht ja auch um die spannende Frage, die Sie zu Recht aufgebracht haben, wie sich zum Beispiel jetzt die Zusammenarbeit zwischen Parlament und Präsident gestalten wird. Wir müssen sehen, wie man dabei vorankommt, und dann kann ich das beurteilen. Aber nicht jetzt auf Grundlage eines vorläufigen amtlichen Endergebnisses vom Vorabend.
VORS. WEFERS: Claudia Otto von CNN fragt: Wird US-Außenminister Blinken persönlich oder virtuell an der Konferenz am Freitag teilnehmen?
SCHÖNECK: Die persönliche Teilnahme ist geplant.
SASSE: Die amerikanische Regierung wird es selbstverständlich noch selber verlautbaren. Aber Außenministerin Baerbock hat es heute Morgen schon selber in Luxemburg angekündigt, und deswegen kann ich an dieser Stelle wiederholen: US-Außenminister Blinken wird persönlich an der Konferenz am Freitag teilnehmen.
FRAGE HOENIG: Bundesfinanzminister Lindner hat sich dafür ausgesprochen, dass die staatliche Förderung für Elektroautos und Plug-in-Hybrid-Autos bald komplett ausläuft. Wie ist dazu die Position des Verkehrs- und Wirtschaftsministeriums?
ALEXANDRIN: Ich würde den Kollegen des BMWK beginnen lassen. Es ist ja originär die Förderung des Wirtschaftsministeriums.
HAUFE: Die Förderung des Verkaufs von E-Autos ist für die Verkehrswende relevant. Das ist ein ganz wichtiger Baustein. Wir haben deswegen vorgeschlagen, wie eine E-Auto-Förderung ab 2023 laufen könnte. Über diesen Vorschlag sind wir in der Regierung nach wie vor in der Abstimmung. Das ist das, was ich dazu sagen kann.
ALEXANDRIN: Ich kann im Grunde nicht viel ergänzen, außer dass sich der Minister bereits in den vergangenen Wochen dazu geäußert hat. Dabei ging es vor allen Dingen darum, dass wir einen Hochlauf der Elektromobilität sehen und man eben schauen muss, inwieweit man die bestehenden Förderprogramme ausgestaltet. Aber auch ich kann hier der laufenden regierungsinternen Abstimmung nicht vorgreifen.
ZUSATZFRAGE HOENIG: Herr Hebestreit, es gibt offensichtlich einen Dissens unter den verschiedenen Ministerien, was die E-Auto-Förderung angeht. Die Autoindustrie verweist darauf, dass die Kunden Planungssicherheit brauchen, weil viele Anträge ja schon gestellt sind. Wie ist die Position des Bundeskanzlers zu dem wichtigen Thema der Förderung von E-Autos?
STS HEBESTREIT: Die Position des Bundeskanzlers ist so, wie wir es gerade gehört haben. Das befindet sich im Augenblick innerhalb der Bundesregierung in Abstimmung. Sobald diese Abstimmung abgeschlossen ist, gibt es auch eine Information. Vorher äußern wir uns zu so etwas generell nicht, weil es einer Kompromissfindung auch wenig dienlich ist.
FRAGE: Herr Haufe, bleibt es bei dem Ziel, der im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, 2025 die Förderung auslaufen zu lassen?
HAUFE: Ich kann nur das bekräftigen, was Herr Hebestreit gerade gesagt hat. Wir diskutieren nicht hier auf dieser Bank, wie sich die Regierung am Ende entscheiden wird. Ich habe das gesagt, was ich dazu gesagt habe.
FRAGE KURMAYER: Es ist so, dass im Deutschen Aufbau- und Resilienzplan die Förderung für E-Autos und Hybride eine Mindestforderung der Grünen darstellt. Wie ist die Einschätzung des BMWK? Reißt das ein Loch in diese 33-Prozent-Grenze des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans, wenn das dann einmal wegfallen würde?
HAUFE: Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe: Wir können hier jetzt nicht Details einer möglichen Entscheidung der Bundesregierung diskutieren. Sie nennen Aspekte, die bei der Entscheidungsfindung wichtig sind. Diese beziehen wir in die Entscheidungsfindung ein. Das ist Teil der Ressortabstimmung. So läuft es. Das kennen Sie.
FRAGE SCHULZE: Am Freitag meinte Frau Hoffmann hier, die Entscheidung in Fall Julian Assange sei noch zu frisch, um sie im Detail bewerten zu können. Daher Frage an Herrn Hebestreit: Wie bewertet die Bundesregierung inzwischen die drohende Auslieferung?
Wird sie sich gegenüber den USA und Großbritannien für Herrn Assange einsetzen, auch am Rande der Treffen, die in den nächsten ein, zwei Wochen stattfinden?
STS HEBESTREIT: Da würde ich gerne das AA bitten, das sich zu dieser Angelegenheit immer wieder geäußert hat.
SASSE: Frau Hoffmann und Herr Wagner haben sich ja am Freitag geäußert, wie Sie schon festgestellt haben, Herr Schulze. Dem, was die beiden gesagt haben, habe ich an dieser Stelle eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich kann noch einmal wiederholen, dass es so ist, dass gegen die Entscheidung der britischen Innenministerin Patel weiterhin der Rechtsweg möglich ist da gibt es eine gewisse Frist, auf die die Kollegen am Freitag schon eingegangen sind , und es gibt auch noch eine sehr begrenzte Zahl anderer Rechtsmittel, die offenstehen. Das heißt, die endgültige Entscheidung liegt noch nicht vor. Solange werden wir bei unserer Haltung, die wir hier immer wieder dargelegt haben, bleiben.
Ich kann vielleicht noch ergänzen, dass Außenministerin Baerbock den Fall selbstverständlich weiterhin sehr eng verfolgt und dazu auch mit ihrer britischen Kollegin weiter in Kontakt ist. Die Staatsministerin für Europaangelegenheiten, Frau Lührmann, wird sich heute auch mit Angehörigen von Herrn Assange hier in Berlin treffen.
ZUSATZFRAGE SCHULZE: Ist der Bundeskanzler dazu auch in Kontakt mit der US-Regierung oder der britischen Regierung?
STS HEBESTREIT: Nein, der Bundeskanzler hat volles Vertrauen in den Rechtsstaat, insbesondere auch in das britische Rechtssystem. Da läuft jetzt das dazu übliche Verfahren. Die Kollegin Sasse hat das jetzt auch ausgeführt. Von persönlichen, direkten Kontakten des Bundeskanzlers zu Familienmitgliedern von Herrn Assange oder Ähnlichem ist mir nichts bekannt.
ZUSATZFRAGE SCHULZE: Nein, ich meine mit den Regierungen, die beteiligt sind, also den Regierungen von Großbritannien und der USA?
STS HEBESTREIT: Das ist ja ein Rechtsverfahren. Ich wüsste jetzt nicht, wie man da im Rechtstaat auf politischer Ebene intervenieren sollte.
ZUSATZ SCHULZE: Es ist ja die Entscheidung der britischen Regierung, ob sie
STS HEBESTREIT: Es ist meines Wissens die Entscheidung des britischen Rechtssystems, und da hat die britische Regierung ein Mitspracherecht. Das ist aber schon ein Rechtsakt, der sich da vollzieht, und da wäre ich doch etwas vorsichtig, einfach so von politischer Intervention daherzureden. Dass das ein besonderer Fall ist, gebe ich gerne zu, aber ansonsten habe ich von Beginn an gesagt: Es gibt einen Rechtsweg, das britische Rechtssystem, und dort werden die Entscheidungen gefällt. Wir schauen natürlich darauf, das hat Frau Sasse noch einmal deutlich gemacht, das Auswärtige Amt hat in den letzten Monaten und Jahren immer einen Blick darauf gehabt, und das werden wir weiterhin so tun.
VORS. WEFERS: Ich habe dazu noch eine Frage von Paul-Anton Krüger von der „Süddeutschen Zeitung“, die sich sehr stark deckt mit der Ihren, aber noch den Aspekt beinhaltet, ob aus Sicht der Bundesregierung eine Aufnahme von Herrn Assange in Deutschland denkbar wäre.
STS HEBESTREIT: Ich glaube, dafür sind die Voraussetzungen nicht da. Er könnte nur aufgenommen werden, wenn er hier ist, wenn ich das richtig weiß. Ich sehe auch nicht, dass es um die Frage geht, ob er irgendwohin aufgenommen werden wird. Vielmehr steht, wenn ich es richtig sehe, eine Auslieferung an die USA im Raum, und da läuft ein Rechtsverfahren.
FRAGE JESSEN: An Herrn Haufe: Herr Habeck hat vor einem Jahr gesagt, er fordere die Freilassung von Julian Assange als Bestandteil eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Gilt diese Position immer noch?
An Frau Sasse: Frau Hoffmann hat hier am Freitag die Abwägung der Geheimhaltungsinteressen gegen die Interessen der Öffentlichkeit an der Aufdeckung auch von Kriegsverbrechen in der Causa Assange angesprochen. Deckt das Geheimhaltungsinteresse hier eine Auslieferung, wiegt das also höher als die ja auch durch Assanges Tätigkeit erfolgte Aufdeckung von Kriegsverbrechen?
HAUFE: Ich kenne keine andere Äußerung des Ministers als die, die Sie dargelegt haben.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Die gilt immer noch?
HAUFE: Davon gehe ich aus.
SASSE: Was die Abwägung angeht, Herr Jessen, haben die Kollegen ja am Freitag schon dazu ausgeführt, und auch ich selber habe zu dieser Abwägung auf eine Frage von Ihnen hin vor ein paar Wochen hier an dieser Stelle Stellung genommen. Dem habe ich an dieser Stelle nichts hinzuzufügen. Wie die Abwägung ausfällt, ist, wie Herr Hebestreit zu Recht gesagt hat, eine Entscheidung der britischen Justiz, und die ist jetzt abzuwarten.
ZUSATZFRAGE JESSEN: Nein, pardon, das ist ja erfolgt. Die britische Justiz hat die Ausweisung verfügt, das ist mit der Unterschrift der britischen Innenministerin bestätigt worden. Das heißt, die Abwägung ist da erfolgt. Deswegen frage ich jetzt: Teilt die Bundesregierung die offensichtliche Höhersetzung von Geheimhaltungsinteressen über die Aufdeckung von Kriegsverbrechen, also das Ergebnis dieser in Großbritannien schon erfolgten Abwägung?
SASSE: Ich glaube, wir haben jetzt mehrfach deutlich gemacht, dass der Rechtsweg noch nicht erschöpft ist. Insofern kommentieren wir das an dieser Stelle nicht.
FRAGE HOENIG: Herr Lawrenz, das war ja gestern schon Thema: Im Internet sind vertrauliche Dokumente über den G7-Gipfel in Elmau 2015 aufgetaucht. Inwieweit muss aus Ihrer Sicht jetzt das Sicherheitskonzept für den anstehenden Gipfel überarbeitet werden bzw. welche Folgen hat das Ganze?
LAWRENZ: Vielen Dank für die Frage. Sie haben es ja gerade schon selbst gesagt: Das sind Dokumente, die sich auf den G7-Gipfel von 2015 beziehen, also keine aktuellen Dokumente. Wir haben das zur Kenntnis genommen und können uns natürlich auch zu den veralteten Dokumenten wegen einer Einstufung nicht äußern.
ZUSATZFRAGE HOENIG: Verstehe ich das richtig: Das hat keine Auswirkungen auf das aktuelle Sicherheitskonzept?
LAWRENZ: Die Bundesinnenministerin ist heute in Elmau vor Ort, trifft dort auch den bayerischen Innenminister und informiert sich und auch die Öffentlichkeit in einem Pressestatement über die Sicherheitsvorkehrungen rund um diesen Gipfel. Der Gipfel ist sicher, die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sind da seit Wochen mit Hochdruck an der Arbeit. Über die Details informiert das BMI zeitnah mit einer Pressemitteilung und die Ministerin noch am Nachmittag mit einem Statement.
FRAGE DR. RINKE: Herr Lawrenz, es geht um ukrainische Kriegsflüchtlinge: Können Sie uns den aktuellen Stand derjenigen sagen, die sich hier haben registrieren lassen, und derjenigen, von denen Sie Kenntnis haben, dass sie auch wieder zurückgekehrt sind?
LAWRENZ: Wir haben dazu eine aktuelle Zahl: Momentan sind rund 865 000 Datensätze im Ausländerzentralregister erfasst. Wir haben in der Vergangenheit auch schon darüber informiert, dass die Interpretation dieser Zahl nicht so ganz einfach ist, weil Menschen in die Ukraine zurückkehren und weil es womöglich Doppelerfassungen durch die fortschreitende Registrierung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine gibt. Durch den Bezug von staatlichen Leistungen, den Besuch von Schulen durch die Kinder usw. entsteht zunehmend ein vollständigeres Bild derjenigen Personen, die, ich sage einmal, mittelfristig in Deutschland bleiben werden. Die Zahlen werden auch regelmäßig aktualisiert.
ZUSATZFRAGE DR. RINKE: Und was wäre die Zahl?
LAWRENZ: Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass wir 865 000
ZUSATZ DR. RINKE: Aber Sie haben ja dann gesagt, diese Zahl sei nicht so einfach zu interpretieren, und aus dem gesamten Lagebild ergebe sich dann eine Zahl.
LAWRENZ: Wir haben eine Registrierungszahl von rund 327 000 Personen. Davon sind aber Minderjährige ausgenommen. Das heißt, das ist eine relativ hohe Quote von bereits registrierten Personen.