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Bundesregierung für Desinteressierte: BPK vom 24. Juni 2022

Themen: Termine des Bundeskanzlers (G7-Gipfel in Elmau, Zusammentreffen mit US-Präsident Biden, NATO-Gipfel in Madrid, Kabinettssitzung), Situation an deutschen Flughäfen, Rücktritt des DB-Aufsichtsratsvorsitzenden, Maßnahmen der Bundesregierung zur Energieeinsparung und zur Entlastung von Energiekosten, G7-Außenministertreffen, Lage in Tunesien, Streichung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche, Aufnahme afghanischer Ortskräfte in Deutschland

Themen/Naive Fragen zu:
00:00 Beginn
00:15 Termine des Kanzlers
02:41 Chaos an Flughäfen
04:45 Energie sparen
07:21 Tilo zu Energie sparen
10:22 Weitere Entlastungen
12:13 Lindner fordert mehr Überstunden
13:19 Tilo zu mehr Überstunden
14:26 Nachreichung zum Energie sparen
16:05 Buechners Einwurf zum Energie sparen
18:43 Hans zu Öl & Indien
20:10 Wirksamkeit von Sanktionen
21:51 Preisdeckel für russisches Öl
23:14 Enteignung von Nord Stream 2
24:17 AKW-Laufzeitverlängerung
28:07 Gas aus Katar
29:58 Außenministertreffen
32:06 Hans zu Ernährungssicherheit
34:35 Tunesien
35:57 Tilo zu Abtreibung §218
37:20 Ortskräfteverfahren/Afghanistan
42:00 Hans zu Ortskräfte
42:33 Tilo zu Ortskräfte
44:01 Nachreichungen BMWK
44:22 Hans zu Embargo-Umgehung

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Komplettes BPK-Wortprotokoll vom 24. Juni 2022:

VORS. WEFERS eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS BÜCHNER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS BÜCHNER: Auch wenn Sie viele Termine des Bundeskanzlers in der nächsten Woche schon kennen, will ich noch einmal kurz erwähnen, dass von diesem Sonntag, dem 26. Juni, bis Dienstag, dem 28. Juni, mittags, der G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs unter deutscher Präsidentschaft in Schloss Elmau stattfindet. Dazu hatten wir Sie bereits in der vergangenen Woche sowie am Montag hier im Briefing ausführlich informiert.

Einen Termin kurz vor Beginn des G7-Gipfeltreffens möchte ich Ihnen ebenfalls ankündigen. Bundeskanzler Scholz wird am Sonntag, dem 26. Juni, vormittags, mit US-Präsident Joe Biden in Elmau zu einem bilateralen Gespräch zusammenkommen. Im Mittelpunkt der Unterredung wird neben unseren bilateralen Beziehungen die ganze Bandbreite der Themen stehen, die beim G7-Gipfel und auch beim anschließenden NATO-Gipfel beraten werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz wird vom 28. bis zum 30. Juni auch das ist Ihnen schon bekannt am NATO-Gipfel in Madrid teilnehmen und dabei von Bundesministerin Baerbock und Bundesministerin Lambrecht begleitet werden. Im Mittelpunkt des Treffens stehen die Annahme eines neuen strategischen Konzepts und die notwendigen langfristigen Anpassungen für die Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses angesichts der dramatisch geänderten Sicherheitslage für den euro-atlantischen Raum.

Schließlich Herr Hebestreit hatte das am Mittwoch schon anklingen lassen findet die Kabinettssitzung in dieser Woche wegen des genannten NATO-Gipfels ausnahmsweise am Freitag um 11 Uhr, wie üblich unter der Leitung des Bundeskanzlers, statt.

VORS. WEFERS: Alexander Ratz von Reuters fragt das Verkehrs- aber auch das Innen- und das Arbeitsministerium zum Chaos an den Flughäfen: Gibt es Fortschritte bei der Staatssekretärsrunde, die sich mit dem Problem befassen will?

ALEXANDRIN: Die Gespräche laufen, sowohl mit der Branche als auch in der von Herrn Ratz angesprochenen Runde auf der Ebene der Staatssekretäre. Weiterhin wird konstruktiv geprüft. Sobald es Neuigkeiten gibt, werden wir diese selbstverständlich mitteilen.

DR. WEDE: Ich kann mich dem nur anschließen. Konkrete Vorschläge liegen auf dem Tisch. Diese prüfen wir zurzeit sehr konstruktiv. Ich gehe auch davon aus, dass wir Ihnen die Ergebnisse zeitnah mitteilen werden.

VORS. WEFERS: Auch Sascha Meyer hat eine Frage an das Verkehrsministerium. Darin geht es um die Bahn: Strebt der Bund als Eigentümer eine schnelle Nachfolge für Aufsichtsratschef Odenwald noch im Sommer an, oder dauert das länger, und welches Anforderungsprofil gibt es für den Aufsichtsratschef?

ALEXANDRIN: Wir haben uns gestern zur Entscheidung von Herrn Odenwald in dem Sinne geäußert, dass Bundesverkehrsminister Wissing diese akzeptiert und respektiert. Herr Odenwald verdient für seine Leistungen im Aufsichtsrat in den vergangenen zehn Jahren, die sehr turbulent waren, unsere hohe Wertschätzung. Die Bahn steht allerdings auch derzeit vor großen Herausforderungen, die der Minister mit einem neuen Konzept gemeinsam mit dem neuen Vorstand entschlossen angehen wird. Sie können davon ausgehen, dass die gleichen Maßstäbe angelegt werden wie für vorherige Personalbesetzungen und dass schnellstmöglich entschieden werden wird.

FRAGE LANGE: Minister Habeck hat gestern zum Einsparen von Energie aufgerufen. Vom Wissenschaftsministerium weiß ich, dass man die Temperatur heruntergeregelt hat. Das hat Herr Haufe hier gesagt. Ich hätte gern vom Kanzleramt und den anderen Ministerien gewusst, ob es auch dort Bemühungen gibt, Energie zu sparen.

SRS BÜCHNER: Der Kanzler hat am vorigen Wochenende deutlich gesagt, dass wir uns auf alle Eventualitäten vorbereiten und die jeweils richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt treffen müssen. Energieeinsparungen leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit. Um über den Winter zu kommen, sind alle zum Energiesparen aufgefordert, Industrie, öffentliche Einrichtungen und private Haushalte. Energiesparen kann dazu beitragen, unseren Energieverbrauch zu senken und den Bedarf von Gas, Kohle und Öl zu verringern. Das BMWK hat dazu eine Kampagne gestartet, um über Energiesparmöglichkeiten zu informieren. Auf „energiewechsel.de“ finden Sie mehr dazu. Mit zahlreichen Maßnahmen, Energieberatung und Fördermaßnahmen, unterstützt die Bundesregierung private Haushalte und Unternehmen beim Energiesparen.

ZUSATZFRAGE LANGE: Herr Büchner, darüber hinaus lautete die Frage, ob das Kanzleramt mit gutem Beispiel vorangeht und die Temperatur z. B. nach italienischem Vorbild regelt. Dort dürfen Klimaanlagen meines Wissens nicht mehr auf weniger als 27 Grad heruntergeregelt werden.

SRS BÜCHNER: Da sich dieser Appell auch an öffentliche Einrichtungen richtet und das Kanzleramt eine öffentliche Einrichtung ist, können Sie getrost davon ausgehen, dass sich auch dieses beteiligen wird. Ich kann Ihnen jetzt keine Details nennen. Wenn uns solche Details vorlägen, würde ich sie Ihnen nachreichen.

GRAVE: Das Wirtschaftsministerium hat sich schon sehr ausführlich dazu geäußert und auch etwas dazu veröffentlicht. Es geht nicht nur um die Kühlung, sondern auch um die Heizung und um die Beleuchtung. Das finden Sie auf unserer Homepage.

FRAGE JUNG: Die Regierung kann nicht nur appellieren, sondern auch Dinge regeln oder verordnen. Frau Grave, was haben Sie denn bisher verordnet, damit Energie gespart wird? Der Wirtschaftsminister hat diesbezüglich einige Möglichkeiten.

GRAVE: Dazu gibt es einige Möglichkeiten. Wir haben auch einiges zum Thema Energieeffizienz gemacht. Einen Moment, bitte. Ich suche einmal die Liste heraus. In Sachen Energie ist es momentan gerade ein bisschen viel.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das ist fast schon wieder ein anderes Thema. Ich habe nach den konkreten Energiesparmöglichkeiten gefragt. Es gibt ja das Energiesicherungsgesetz und dazu einige Dinge auf dem Verordnungsweg.

GRAVE: Es gibt das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz und all die Dinge, um Gas einzusparen. Energieeffizienz ist eine Möglichkeit, Gas einzusparen, sprich: Energieeffizienz ist erst einmal Einsparung. Insoweit gibt es eine Menge, was wir tun. Ich suche gerade meine Liste dazu. Ich habe mich auf den Gasbereich, die Notfallpläne und all jene Dinge, die wir gestern getan haben, vorbereitet, aber leider nicht auf die einzelnen Einsparmaßnahmen und bitte darum, diese Frage zurückzustellen.

VORS. WEFERS: Mir liegt eine Frage für das Finanzministerium, auch zum Thema Energie, von Christian Krämer von Reuters vor. Er fragt: Gibt es Pläne in Ihrem Ministerium, energieintensive Betriebe auch in den Jahren 2023 und 2024 zu entlasten? Was würde das kosten?

DR. KALWEY: Der Minister hat sich dazu geäußert und erklärt, dass es sein Ziel ist, den sogenannten Spitzenausgleich, der ja grundsätzlich noch vorgesehen ist, noch einmal für zwei Jahre, also für die Jahre 2023 und 2023, zu verlängern. Ich weiß nicht, ob ich zu den Kosten schon etwas sagen kann. Auf jeden Fall ist dies angekündigt und bereits im Haushalt eingeplant.

FRAGE ECKSTEIN: Herr Büchner, Frau Kalwey, gibt es denn angesichts der weiter steigenden Energiepreise und der hohen Inflation mittlerweile neue Überlegungen innerhalb der Bundesregierung zu Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen? Dies war hier schon ein paar Mal Thema, und Sie hatten nach meiner Erinnerung gesagt, wenn es etwas mitzuteilen gäbe, würden Sie dies tun.

SRS BÜCHNER: Bundeskanzler Scholz hat angesichts der steigenden Preise immer wieder betont, dass wir die Menschen in Deutschland nicht allein lassen und dass wir deren Sorgen sehr ernst nehmen. Wir wissen, wie viel teurer vor allem Lebensmittel und Energie geworden sind, und wir sind uns bewusst, dass diese Preissteigerungen für viele Menschen eine existenzielle Zumutung sind. Allerdings hat die Bundesregierung früh und entschlossen auf diese Entwicklung reagiert und bereits zwei große Entlastungspakete geschnürt. Ich will noch einmal daran erinnern, dass diese weit über 30 Milliarden Euro schwer sind. Jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin, jeder und jede Selbstständige erhält eine Energiepreispauschale von 300 Euro. Für jedes Kind kommen 100 Euro hinzu. Davon profitieren vor allem kleine und mittlere Einkommen. Außerdem haben wir einen befristeten Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket eingeführt und den Heizkostenzuschlag erhöht.

Wir sind davon überzeugt, dass alle diese Maßnahmen wirken, dass sie den Menschen helfen und dass sie einen großen Teil des inflationsbedingten Kaufkraftverlusts in diesem Jahr ausgleichen.

Im Rahmen der Konzertierten Aktion werden wir jetzt darüber sprechen, wie wir gut durch diese Situation kommen. Es geht darum, sich unterzuhaken und gemeinsam einen guten Weg durch diese schwierige Phase zu finden. Diesen Gesprächen des Bundeskanzlers möchte ich jetzt allerdings nicht vorgreifen.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Ich habe eine Nachfrage an das Bundesfinanzministerium. Es geht ja auch darum, wie die hohen Kosten finanziert werden können. Ich erinnere an die Debatte um einen sogenannten Kriegs-Soli. Finanzminister Lindner hat sich gerade eben auf Twitter noch einmal sehr entschieden dagegen ausgesprochen. Er sagte, um unseren Wohlstand zu sichern, brauchten wir keinen Soli, sondern mehr Gründungen und mehr Überstunden. Könnten Sie ausführen, was mit „mehr Überstunden“ gemeint ist?

DR. KALWEY: Ich würde die Aussagen des Ministers, die er jetzt gerade auf Twitter getätigt hat, ungern kommentieren. Aber seine grundsätzliche Haltung und sein Ansatz sind so hat er sich ja quasi ausgedrückt , dass wir die Wirtschaft nicht strangulieren können, sondern die wirtschaftliche Entwicklung durch andere Maßnahmen am Laufen halten müssen. In diesem Zusammenhang hat er sich so geäußert, wie er sich geäußert hat.

FRAGE JUNG: Ich möchte vom BMAS wissen, ob wir auch mehr Überstunden brauchen. Ist dieser Wunsch also mit dem Sozialministerium vereinbar?

HEIM: Zum Thema Überstunden liegen mir aktuell keine Anfragen vor. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen.

ZUSATZFRAGE JUNG: Im Kabinett gibt es ja offenbar diese Diskussion, und es werden Überstunden gefordert. Was sagt denn Ihr Minister oder Ihr Ministerium? Ist das für die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verkraftbar?

HEIM: Ich kenne die Diskussion, aber aktuell kann ich dazu nicht mehr sagen, als dass derzeit eine Erhöhung der Überstunden aus unserer Sicht nicht diskutiert wird.

GRAVE: Jetzt kann ich etwas zur Energieeffizienz, zum Energiesparen, sagen. Wir haben Mitte Mai den Arbeitsplan Energieeffizienz vorgelegt. Diesen hatte ich jetzt nicht mehr auf dem Schirm, weil mittlerweile vier Wochen vergangen sind und in der Zwischenzeit sehr viel passiert ist. Darin ist eine konkrete Liste von Maßnahmen, die wir planen, enthalten. Ich lese ein paar Stichpunkte vor.

Es geht einmal um die energetische Sanierung. Die Förderung für energieeffiziente Gebäude soll also neu ausgerichtet werden. Es geht um die Beteiligung von Vermietern an Heizkosten. Es geht um mehr Wärmepumpen und deren Förderung. Es geht darum, mehr erneuere Energien in Wärmenetze zu integrieren. Es geht darum, Klimaschutzverträge für die Industrie zu entwickeln, sodass dort Energie und vor allem CO2 eingespart wird. Es gibt die Energieeffizienzvorgabe für Neubauten und die Vorgaben für Heizungen. Daneben gibt es in Bezug auf die öffentliche Hand den Appell, sich eigene Sparziele zu setzen.

Parallel dazu das ist das, was jetzt aktuell ist gibt es die Energiesparkampagne energiewechsel.de, die vorhin schon genannt wurde.

ZUSATZFRAGE JUNG: Danke dafür. Ich hatte gefragt, was Sie bisher beschlossen haben. Das sind Ihre Pläne; die kennen wir ja. Ich wollte wissen: Was haben Sie bisher verordnet, damit es zu Einsparungen kommt?

GRAVE: Wie Sie wissen, sind das Prozesse, die immer ein bisschen länger dauern. Wir haben die Prozesse angestoßen.

ZUSATZ JUNG: Verordnungen können sofort erlassen werden.

GRAVE: Wir haben an dieser Stelle die Gesetze angefasst, aber Verordnungen haben wir nicht erlassen. Wichtig sind an dieser Stelle die Gesetze, nicht Verordnungen.

SRS BÜCHNER: Vielleicht kann ich einen Aspekt ergänzen: Minister Habeck hat sich dazu gestern geäußert und hat an die Verantwortung jedes Einzelnen in diesem Land appelliert. Ich glaube, es ist ein guter Ansatz, an die Verantwortung und den Beitrag aller zu appellieren. Es ist, glaube ich, immer ein guter Ansatz, zunächst einmal an den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Verantwortung jedes Einzelnen zu appellieren, bevor man immer wieder mit neuen Verordnungen und Gesetzen reagiert. Ich finde, das ist für die gesamte Bundesregierung ein vernünftiges Vorgehen.

GRAVE: Soweit ich weiß, ist beispielsweise die Vorgabe, dass die Neubauförderung „EH40“ Gesetz wird, bereits beschlossen. Wenn man ein Gesetz als eine verordnende Maßnahme ansieht, ist das eine Verordnung, die wir getroffen haben. Es geht aber um Gesetze. Wir ändern hier tatsächlich Gesetze.

VORS. WEFERS: Frank Jordans von AP fragt: Herr Büchner, die Frage nach den Einsparungen der Ministerien wurde hier schon vor Monaten gestellt, aber es wurden keine konkreten Maßnahmen genannt. Wie wollen Sie der Bevölkerung erklären, dass jetzt alle Bürger sparen müssen, wenn die Regierung trotz der wachsenden Energiekrise weiterhin auf Steuerzahlerkosten nachts das Licht brennen lässt?

SRS BÜCHNER: Wie ich gerade schon gesagt habe: Sobald ich Details habe, wie das beispielsweise im Bundeskanzleramt geregelt wird, werden wir das gerne nachliefern. Wir versuchen das im Laufe des heutigen Tages.

GRAVE: Wie gesagt, den Arbeitsplan haben wir vorgelegt. Wir haben erste Gesetze angefasst, und das geht jetzt weiter.

DR. KALWEY: Ich kann ganz allgemein sagen, dass das BMF einige Sofortmaßnahmen ergriffen und adressiert hat, die zum einen das energiebewusste Nutzerverhalten fördern. Aber auch bei Maßnahmen im Bereich des Wärmeverbrauchs gibt es den Grundsatz, dass es zum Beispiel kein Warmwasser mehr in den Sanitärräumen gibt. Im Bereich Strom gibt es die Nachrüstung mit Bewegungsmeldern für die Raumbeleuchtung, derzeit vor allem für die Kopierräume. Insgesamt sind alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu einem energiebewussten Verhalten angehalten.

FRAGE JESSEN: Frau Grave, eine Frage zum Energieträger Öl. Was das angeht, wird das EU-Embargo möglicherweise sehr effektiv unterlaufen oder ausgehebelt. Indien hat seine Ölimporte aus Russland seit Beginn des Kriegs verdreifacht, raffiniert offenbar diese Produkte und verkauft sie auf dem Weltmarkt weiter, auch in die EU, sodass über diesen Umweg auf einmal das russische Öl dann doch wieder bei uns landet. Kennen Sie diesen Mechanismus? Was können Sie dagegen tun, dass einfach durch einen Wechsel des Zwischenhändlers das Embargo ausgehebelt wird?

GRAVE: Es gibt konkrete Maßnahmen, was das Thema Öl angeht. Das Beispiel, das Sie genannt haben, ist mir jetzt gerade nicht bekannt. Es gibt Vorgaben, an die wir uns halten. Wir schauen natürlich, ob es solche Umwege gibt oder ob das Embargo unterlaufen wird. Das werden wir uns anschauen. Ich kann Ihnen dazu jetzt gerade nichts sagen.

ZUSATZ JESSEN: Vielleicht können Sie das nachliefern. Das ist aus den USA über „Wallstreet“ usw. berichtet und kommuniziert worden. Es handelt sich offensichtlich um ein global funktionierenden ich nenne es jetzt einmal so Indien-Umweg, mit dem das Embargo ausgehebelt wird.

VORS. WEFERS: Ich glaube, der Wunsch ist angekommen.

FRAGE ECKSTEIN: Ich möchte zur Wirksamkeit der Sanktionen fragen. Es gab die Berichte, die der Kollege angesprochen hat, aber auch andere. Ist die Bundesregierung denn weiterhin davon überzeugt, dass die Sanktionen im Energiesektor wirken? Die Frage richtet sich an Herrn Büchner.

SRS BÜCHNER: Ja, davon ist die Bundesregierung nach wie vor überzeugt. Die Sanktionen sind sehr wirksam und sogar zunehmend wirksam, je länger sie dauern, weil dann bestimmte wichtige Produkte, die auch in Russland benötigt werden, dort nicht mehr ankommen. Die Wirkung der Sanktionen baut sich sogar über die Zeit auf.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Sie sagen, die Sanktionen seien sehr wirksam. Ziel der Sanktionen ist es, Russland dazu zu bewegen, diesen Krieg zu beenden. Woran stellen Sie denn fest, dass die Sanktionen wirksam sind? An dem Einfluss auf die russische Wirtschaft?

SRS BÜCHNER: Ja, exakt das. Die russische Wirtschaft leidet sehr unter diesen Sanktionen. Es gibt einen starken Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Es ist auch eine stark angestiegene Inflation zu verzeichnen, die deutlich höher als in der EU und bei unseren Verbündeten ist. Insofern ist durchaus das Ziel erreicht, dass diese Sanktionen dem Aggressor mehr schaden als uns selbst.

VORS. WEFERS: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium zum Preisdeckel für russisches Öl von Guy Chazan von der „Financial Times“: Es sieht so aus, als ob ein bisschen Bewegung in diese Frage im Vorfeld des G7-Gipfels gekommen ist und die USA das Konzept in Verbindung mit einem begrenzten Verbot von Versicherungen für die Verschiffung von Öl vorantreiben. Können Sie sagen, wie Deutschland zu diesem Vorschlag steht?

GRAVE: Wenn es um eine deutsche Position geht, muss ich leider an das Bundeskanzleramt verweisen.

VORS. WEFERS: Das sind Sie, Herr Büchner.

SRS BÜCHNER: Ja, aber dazu habe ich momentan keine Informationen.

VORS. WEFERS: Ich kann aus der Pressekonferenz davor referieren, dass das Thema Versicherungen in dem Fall Getreidelieferungen ein Thema ist. Das wird, glaube ich, im BMZ und im Auswärtigen Amt betrieben, wenn ich das richtig verstanden habe. Vielleicht wäre es wert, dort nachzufragen.

FRAGE LENZ: Frau Grave, der „SPIEGEL“ berichtet von Überlegungen Ihres Hauses, den auf deutschen Boden liegenden Teil der Pipeline Nord Stream 2 zu enteignen, inklusive der Gasanlandestationen, um mutmaßlich später diese Infrastruktur für einen Seeanschluss, ein Terminal für LNG-Anlieferungen in das deutsche Gasnetz nutzen zu können. Können Sie das bestätigen und die Frage beantworten, wie konkret diese Überlegungen sind und ob diese Darstellung des „SPIEGEL“, dass das im Zusammenhang mit LNG-Ausbau und Infrastrukturausbau steht, zutrifft?

GRAVE: Das kann ich tatsächlich an dieser Stelle nicht kommentieren. Ich kann das weder bestätigen noch dementieren.

FRAGE ECKSTEIN: Frau Grave, Mitte der Woche war hier schon einmal die Frage Thema, ob es eine neue Überprüfung der Möglichkeit einer Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken geben wird. Die Debatte läuft ja weiter. Es gab verschiedene Stellen, die sich geäußert und durchaus signalisiert haben, dass es aus ihrer Sicht die Möglichkeit geben würde, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Sie hatten das ja sehr grundsätzlich ausgeschlossen. Deswegen noch einmal die Frage: Gibt es a) Bewegung und wird das b) vonseiten Ihres Hauses neu überprüft werden?

GRAVE: Das wurde an dieser Stelle ja schon sehr, sehr häufig intensiv, breit und in allen Variationen diskutiert. Wir haben deshalb auf unserer Homepage eine FAQ-Liste veröffentlicht, um die einzelnen Nachfragen zu beantworten. Je nachdem, welches Detail Sie adressieren möchten, finden Sie dort normalerweise eine Antwort. Ansonsten sind wir natürlich gerne bereit, zu detaillierten Fragen Stellung zu nehmen. Aber die Debatte ist, glaube ich, an dieser Stelle schon sehr, sehr weit und breit geführt und eigentlich abschließend beantwortet worden.

ZUSATZ ECKSTEIN: Es ging mir weniger um die Debatte, sondern mehr darum, ob es bei Ihnen einen Zusammenzug von Expertinnen und Experten gibt, um die Frage zu klären, ob ein Weiterbetrieb über den Dezember hinaus vielleicht doch möglich wäre. Ich nehme wahr: Nein, das wird nicht noch einmal geprüft.

GRAVE: Es wird noch einmal in allen Variationen darauf hingewiesen, warum das so ist. Die Prüfung hat im März stattgefunden. Diese Prüfung wird nicht noch einmal aufgemacht.

FRAGE LENZ: Herr Büchner, ich finde es etwas verunsichernd, wenn der Wirtschaftsminister mehrfach sagt „Das ist geprüft und mit negativem Ergebnis abgeschlossen“ und der Finanzminister immer wieder sagt, dass es keine Denkverbote beim Weiterbetrieb dieser drei verbliebenen AKWs geben darf. Ist das nicht ein Fall ich sage es einmal ins Unreine formuliert für ein Machtwort des Kanzlers, um diese öffentliche Diskussion, in welche Richtung auch immer, einfach einmal klar zu entscheiden oder zu beenden? Danke.

SRS BÜCHNER: Ich glaube, es ist in einer Koalitionsregierung eine ziemliche normale Situation, dass es unterschiedliche Debattenbeiträge und unterschiedliche Vorstellungen zu verschiedenen Themen gibt. Wie Sie aber erlebt haben und auch weiterhin erleben werden , hat die Bundesregierung für alle diese Fragen bisher immer gute Antworten und Lösungen gefunden. Das wird auch zukünftig so sein.

FRAGE ECKSTEIN: So, wie ich das verstehe, ist ja nicht mehr viel Zeit. Entweder man trifft jetzt eine Entscheidung, um noch einmal zu prüfen, oder man trifft sie eben nicht. Sie sagen jetzt, es sei ganz normal, dass es unterschiedliche Debatten gebe. Aber wir haben eine Konstellation, wo das Wirtschaftsministerium sagt „Ist geprüft; ist nicht möglich“ und einen Finanzminister, der sagt „Ist doch möglich; man sollte es noch einmal prüfen“.

SRS BÜCHNER: Ich habe jetzt das gesagt, was ich dazu sagen kann.

ZUSATZFRAGE ECKSTEIN: Aber wäre es dann nicht die Aufgabe des Bundeskanzlers, sich hierzu zu verhalten?

SRS BÜCHNER: Wie gesagt, die Bundesregierung diskutiert alle Fragen ob es um Entlastungen usw. geht – miteinander. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in allen Fragen rechtzeitig zu den richtigen Entscheidungen kommen. Wie gerade schon die Sprecherin des BMWK gesagt hat, wurden hier die fachlichen Fragen schon am Montag und Mittwoch sehr ausführlich diskutiert.

ZUSATZ ECKSTEIN: Das heißt, der Finanzminister liegt falsch.

SRS BÜCHNER: Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, es ist ein normaler Vorgang, dass über solche Fragen diskutiert wird.

FRAGE LANGE: Frau Grave, eine Frage zum Thema Gas aus Katar. Ich weiß, dass wir zu dem Thema hier am Mittwoch nachgefragt haben. Es gab inzwischen einen Bericht der „Börsen-Zeitung“, wonach Katar einen 20 Jahre laufenden Liefervertrag abschließen möchte. Was können Sie denn dazu sagen?

GRAVE: Ich kann vor allem sagen, dass die Verträge am Ende zwischen Unternehmen geschlossen werden, also je nachdem, was da am Ende passiert. Wenn es gerade Verhandlungen gibt, gibt es Verhandlungen. Wenn diese noch nicht abgeschlossen sind, kann ich sie nicht kommentieren. Ansonsten gilt das, was hier am Mittwoch gesagt wurde.

ZUSATZFRAGE LANGE: Die spannende Frage ist ja: Wann kommt das Gas aus Katar? Dann stelle ich die Frage allgemeiner: Haben wir bald Gas aus Katar zu erwarten, damit sich in Deutschland die Lage auf dem Gasmarkt entspannt? Danke.

GRAVE: Ich glaube, diesbezüglich gibt es Gespräche. Bevor das nicht verkündet werden kann, kann ich hierzu auch nichts sagen.

VORS. WEFERS: Eine Frage von Frau Rossbach, die zurück zu der Frage des Spitzenausgleichs für energieintensive Industrien geht, sich aber an das Wirtschaftsministerium richtet: Trifft das auf die Zustimmung des Wirtschaftsministeriums? Ich verstehe das so, dass es um die Verlängerung für diese beiden Jahre geht.

GRAVE: Wenn das ein Beschluss der Regierung ist, ist das natürlich auch die Position des Wirtschaftsministeriums.

VORS. WEFERS: Ich habe noch eine Frage, die sich an das Auswärtige Amt richtet. Die kommt aus Japan. Dabei geht es um ein Außenministertreffen, nach dem von Gesine Denker von der Tageszeitung „The Yomiuri Shimbun“ gefragt wird. Die japanischen Medien berichten von einem heutigen G7-Außenministertreffen in Berlin. Ist das richtig? Findet das im Rahmen der Ernährungskonferenz statt, oder ist das ein separates Treffen? Was steht auf der Agenda? Wer nimmt teil? Wer ist persönlich da und wer nimmt online teil? – Vielleicht kann Frau Sasse weiterhelfen.

SASSE: Das tue ich gerne. Ich kann bestätigen, dass ein solches Außenministertreffen der G7-Außenministerinnen und -Außenminister heute hier in Berlin stattfindet. Es ist zum Teil physische und zum Teil virtuelle Teilnahme vorgesehen.

Anlass ist das hat die Fragestellerin schon richtig erkannt natürlich die große Konferenz, die wir heute am Nachmittag zum Thema der Ernährungssicherheit ausrichten. Zu diesem Anlass reisen ja unterschiedliche Außenministerinnen und Außenminister, Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen und anderen Institutionen sowie selbstverständlich auch andere Ministerinnen und Minister an. Wir richten diese Konferenz ja gemeinsam mit dem BMEL und dem BMZ aus.

Aus diesem Anlass sind, wie gesagt, auch unterschiedliche Regierungsvertreterinnen und vertreter hier in Berlin. Deswegen ist der Anlass gut, auch ein G7-Außenministertreffen zu arrangieren. Das findet, glaube ich, gerade parallel zu dieser Regierungspressekonferenz statt. Einige der G7-Außenministerinnen und Außenminister nehmen, wie gesagt, physisch teil, andere virtuell. Den genauen Stand dessen, wer physisch und wer virtuell teilnimmt, müsste ich Ihnen nachliefern. Das kann ich aber gerne noch tun.

Was die Agenda angeht, ist natürlich das Thema des Ukrainekriegs und der Ernährungssicherheit ein Hauptpunkt auf der Agenda. Aber es gibt natürlich auch weitere Fragen, die in diesem Kreis regelmäßig diskutiert werden, und aktuelle Themen, die heute auch wieder diskutiert werden.

FRAGE JESSEN: Wird es im Hinblick auf Ernährungssicherung und die Rolle Russlands und Putins eine gemeinsame Erklärung, eine konkrete Forderung oder ein konkretes Angebot der G7-Außenminister an die russische Regierung geben, Schritte für eine Lösung dieser Nahrungsmittelkrise zu finden?

SASSE: Zunächst einmal möchte ich an dieser Stelle noch einmal festhalten, dass es Russland ist, das diesen Angriffskrieg auf die Ukraine führt. Dementsprechend ist es in erster Linie Russland, das Schritte zur Lösung dieser Krise und zur Beendigung auch dieses Kornkriegs unternehmen müsste. Insofern ist die Prämisse Ihrer Frage vielleicht schon etwas missverständlich formuliert.

Ich kann den Gesprächen der G7-Außenministerinnen und Außenminister hier nicht im Detail vorgreifen. Aber ich möchte an dieser Stelle ich habe das in der Vergangenheit schon einmal getan auch noch einmal deutlich machen, dass diese Ernährungskrise nicht eine Krise ist, die von den Staaten des Westens oder anderen Akteuren herbeigeführt wurde, sondern es ist eine unmittelbare Folge des Angriffskriegs, den Russland in der Ukraine führt.

ZUSATZFRAGE JESSEN: Das sollte auch nicht in Zweifel gezogen werden. Wir knüpfen ja jetzt an die Diskussion an, die wir vorhin schon mit den drei Ministerinnen und Ministern geführt hatten. Aber wenn das jetzt sozusagen der G7 Rahmen ist, dann habe ich doch eine Frage. Ausgehend davon, dass Russland der Verursacher und Verantwortliche für diesen Kornkrieg, wie Sie es nennen, ist, kann man dennoch die Möglichkeit sehen, dass es konkrete Schritte oder Forderungen an Russland gibt, die über die allgemeine Schuldfeststellung hinausgeht? Das war der Kern der Frage.

SASSE: Herr Jessen, da muss ich Sie trotzdem um Verständnis bitten. Das Treffen läuft parallel, und da ich nicht in dem Treffen bin, sondern hier, kann ich natürlich auch nicht sagen, über was sich die Außenministerinnen und Außenminister der G7 genau unterhalten und auf was sie sich im Detail verständigen. Die Konferenz steht ebenfalls noch bevor; die wird heute Nachmittag stattfinden. Dann ist auch mit Ergebnissen zu rechnen. Es gab hier in diesem Format auch schon mehrfach die Frage nach Erwartungen an die Konferenz. Ich denke, darüber werden Sie vielleicht im Laufe des heutigen Tages noch mehr hören. Ansonsten werde ich dazu gerne nächste Woche noch einmal Stellung nehmen.

VORS. WELTY: Dann habe ich eine Frage, die auch das Auswärtige Amt betrifft, aber Tunesien betrifft, und zwar von Haitham Aiash, der auf willkürliche Verhaftungen und Entführungen abhebt, zuletzt die Entführung des ehemaligen Ministerpräsidenten Hamadi Jebali in Tunesien, und fragt: Verzweifeln wir an Tunesien?

SASSE: Das ist eine sehr offene Frage. Herr Aiash hatte ja auch schon in der Vergangenheit immer wieder nach der Lage in Tunesien gefragt. Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass wir die Lage mit sehr großer Sorge beobachten und auch das hatte ich an dieser Stelle schon einmal deutlich gemacht selbstverständlich erwarten, dass alle beteiligten Akteure zu einer verfassungsmäßigen Ordnung zurückfinden.

FRAGE JUNG: Es geht um Abtreibung. Die Familienministerin feiert heute zu Recht die Streichung des § 219a, also des Werbeverbots. Ich glaube, sie ist aber auch der Meinung, dass § 218, also die Kriminalisierung der Abtreibung, gestrichen gehört. Das ist bisher nicht Plan der Ampel. Wie soll es denn dabei weitergehen? Ist diese Familienministerin auch jetzt im Amt gegen § 218?

SCHÄFER: Die Ministerin hat sich ja heute im Bundestag sehr ausführlich zu dem ganzen Thema geäußert. Sie hat sich auch zum Thema des § 218 geäußert und hat darauf verwiesen, dass es dazu eine Kommission geben wird.

ZUSATZFRAGE JUNG: Das weiß ich. Was ist ihre Position? Ist ihr Ziel, das § 218 auch fällt?

SCHÄFER: Wie gesagt: Die Ministerin hat sich dazu verhalten. Ich werde jetzt ihre Worte nicht interpretieren oder weiterführen. Dazu hat sie sich heute Morgen im Bundestag eindeutig verhalten.

VORS. WEFERS: Dann habe ich Fragen zu Ortskräften und Afghanistan vorliegen. Die kommen von Tobias Schulze und Daniel Lücking und beziehen sich auf die Reform des Verfahrens. Ich trage die beide einmal zusammen vor, weil die ineinandergreifen. Sie richten sich an das BMI, das Innenministerium und das Auswärtige Amt.

Tobias Schulze von der „taz“ fragt: Will die Bundesregierung das Ortskräfteverfahren weiterhin reformieren? Falls ja, was ist der aktuelle Stand, und wann gibt es ein Ergebnis? – Frau Baerbock blieb dazu auf ihrer PK zum Aktionsplan Afghanistan etwas vage, meint er.

Daniel Lücking von „nd.Der Tag“ fragt: Hält die Bundesregierung bei der Neuregelung des Ortskräfteverfahrens daran fest, dass nur Ortskräfte betrachtet werden, die vor 2019 eine Gefährdungsanzeige gestellt haben, oder ist eine Regelung geplant, die allen jetzt bedrohten Menschen eine Ausreiseperspektive geben wird?

SASSE: Ich fange gerne an. Ich will aber an dieser Stelle für Herrn Jung und Herrn Jessen sowie auch für die Kollegin aus Japan, die angefragt hatte, was die Teilnahme am G7-Außenministerinnen- und Außenministertreffen angeht, noch kurz etwas nachreichen. Physisch nehmen US-Außenminister Blinken, die französische Außenministerin Collona, der italienische Außenminister Di Maio und natürlich auch Außenministerin Baerbock das versteht sich von selbst teil und virtuell der japanische Außenminister, die kanadische Außenministerin und die britische Außenministerin.

Jetzt komme ich zu Afghanistan. Eingangs kann ich vielleicht noch einmal darauf verweisen, dass Außenministerin Baerbock gestern Nachmittag eine Pressekonferenz zu diesem Thema gegeben hat, in der sie sich umfassend eingelassen hat. Soweit ich weiß, haben Herr Schulze und andere Kolleginnen und Kollegen auch an dieser Pressekonferenz teilgenommen. Insofern werde ich Äußerungen der Ministerin nicht weiter interpretieren. Dafür bitte ich Sie um Verständnis.

Ich kann aber vielleicht noch einmal sehr grundsätzlich sagen, dass wir uns der Situation der Ortskräfte in dem Fall in Afghanistan sehr bewusst sind, auch im Bereich des Auswärtigen Amtes sofort mit einer ganzen Reihe praktischer Veränderungen begonnen haben und so die Aufnahme von Ortskräften massiv beschleunigt haben. Vielleicht noch einmal zu den Zahlen, aber auch das hat die Außenministerin gestern sehr deutlich gemacht: 75 Prozent der afghanischen Ortskräfte haben wir auf diesem Weg bereits in Sicherheit gebracht. Wir haben außerdem sehr große Bemühungen angestellt, gemeinsam mit dem BMI auch das Verfahren zu vereinfachen. Wir haben uns beispielsweise auf eine realistischere Handhabung des Begriffs der Kernfamilie verständigt. Das alles sind Schritte, die deutlich machen sollen, und das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal betonen, dass wir dabei Hand in Hand arbeiten und weiterhin mit aller Energie und Kraft darum bemüht sind, die Lage der Ortskräfte in Afghanistan zu verbessern.

DR. WEDE: Ich kann mich dem nur anschließen. Vielleicht eine Ergänzung, nur zur Klarstellung; möglicherweise gehen die Dinge hier sonst ein bisschen durcheinander: Es gibt, worüber wir hier auch schon oft diskutiert hatten, das Ortskräfteverfahren, das das liegt in der Natur der Sache eben auf Ortskräfte und ihre Familienangehörigen beschränkt ist. Das, was zurzeit auch noch darüber hinausgehend diskutiert wird, ist eben ein Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghanen. Das geht dezidiert über Ortskräfte hinaus, umfasst also beispielsweise Journalisten und Aktivisten. Das ist sozusagen davon zu trennen. Das sind Gespräche zwischen BMI, AA, aber auch anderen Akteuren, beispielsweise NGOs, die aktuell sehr konstruktiv laufen.

VORS. WEFERS: Mir scheint diese Frage mit der Gefährdungsanzeige vor oder nach 2019 noch nicht ganz beantwortet.

SASSE: Wir können hier an dieser Stelle jetzt noch keine Auskunft über genauere Timelines geben. Wir sprechen, wie gesagt, darüber, welche Schritte unternommen werden können und bemühen uns um weitere Vereinfachungen und Regelungen. Aber was eine Timeline angeht, wie es Herr Lücking in seiner Frage formuliert hat, kann ich an dieser Stelle noch nichts sagen.

FRAGE JESSEN: Wenn ich es richtig gehört habe, sagten Sie, 75 Prozent der direkten Ortskräfte seien in Sicherheit. Ist das richtig? Wen verstehen Sie in diesem Kontext unter direkten Ortskräften? Wie ist der Kreis dann insgesamt, oder wie hoch wäre der Prozentsatz hinsichtlich aller Ortskräfte, also inklusive der indirekten?

SASSE: Herr Jessen, da haben Sie mich, glaube ich, falsch verstanden. Ich habe von 75 Prozent der afghanischen Ortskräfte gesprochen. Ich habe keine Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Ortskräfte vorgenommen.

FRAGE JUNG: Der Punkt ist ja: Sie haben sonst immer nur von den Ortskräften gesprochen, die direkt für das Verteidigungsministerium und andere deutsche Organisationen gearbeitet haben. Das war ja immer der Punkt: Die indirekten werden ja anders behandelt oder wurden immer nur in Einzelfällen in Sicherheit gebracht. Was ist mit denen? Zählen die zu den 75 Prozent?

SASSE: Sie haben das Stichwort Einzelfall gerade selbst erwähnt, Herr Jung. Die Aufnahme von Ortskräften ist eine Frage, die sich oftmals nach Einzelfallkriterien richtet. Ich bitte um Verständnis, dass ich an dieser Stelle keine pauschalierte Kategorisierung vornehmen kann.

ZUSATZFRAGE JUNG: Aber wenn Sie uns jetzt sagen, 75 Prozent der Ortskräfte seinen in Sicherheit, sprechen wir dann nur von den direkt beschäftigten Ortskräfte, nicht den indirekten?

SASSE: Ich verweise Sie da noch einmal auf die umfassenden Äußerungen von Außenministerin Baerbock von gestern, in denen sie unter anderem auch zu dieser Zahl Stellung genommen hat.

GRAVE: Zu der Überprüfung der Spitzensteuer: Dazu gibt es scheinbar noch keine Beschlussfassung. Aber die Überprüfung wird jährlich durchgeführt, so auch in diesem Jahr. Dementsprechend befinde man sich darüber gerade in Ressortgesprächen, und die laufen.

Dann gibt es hinsichtlich der Umgehung des Ölembargos noch die Nachlieferung, dass Teil der Sanktionen eben auch das Verbot für EU-Unternehmen ist, Transport- und Versicherungsdienstleistungen zu erbringen. Das behindert Umgehungsmöglichkeiten massiv. Das ist das, was wir regeln können.

FRAGE JESSEN: Eine Problematik dieser Umgehung liegt, glaube ich, darin, dass Indien nicht ausweist, in welchem Maße und ob überhaupt russisches Öl in den raffinierten Produkten enthalten ist. Wie will man dann, wenn man die Lieferkette sozusagen nicht nachvollziehen kann, Sanktionen durchsetzen?

GRAVE: Noch einmal: Das, was wir regeln können, haben wir so geregelt. Teil der Sanktionen ist das Verbot für EU-Unternehmen, Transport- und Versicherungsdienstleistungen zu erbringen. Indische Unternehmen liegen nicht innerhalb unserer Regelungsebene.

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